Sterbehilfe: BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an
Das Bundesverfassungsgericht hat erneut eine die Sterbehilfe betreffende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Für Menschen, die selbstbestimmt sterben und dafür Hilfe in Anspruch nehmen wollen, dürfte dies ein harter Rückschlag sein. Denn im Februar 2020 hat zwar das Bundesverfassungsgericht § 217 des Strafgesetzbuchs (StGB), der die geschäftsmäßige Förderung der Sterbehilfe unter Strafe gestellt hat für nichtig erklärt. In der Gesetzgebung hat sich bisher jedoch wenig getan, so dass insbesondere der Zugang zu schmerzlindernden, den Tod verursachenden Arzneimitteln weiterhin erschwert bis unmöglich ist.
Streifler&Kollegen - Dirk Streifler - Rechtsanwälte Berlin
Gesundes Ehepaar will selbstbestimmt sterben
Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerde sind die in den Jahren 1937 und 1944 geborenen Eheleute, die bereits im Jahr 2014 eine Erlaubnis zum Erwerb von jeweils 15 Gramm Natriumpentobarbital zum Zweck des gemeinsamen Suizids beantragt haben. Beide Eheleute sind ihrem Alter entsprechend fit und gesund. Das tödliche Medikament wollen sie als Vorrat für die Zukunft für den Fall, dass sie schwer erkranken und leiden müssen, aufbehalten. Zur Begründung, weshalb sie trotz ihrer guten Gesundheitszustands Zugang zu tödlichen Medikamenten anstreben, verwiesen sie auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts des letzten Jahres, in der der Zweite Senat ausführte, dass der Anspruch auf Suizidhilfe nicht von dem gesundheitlichen Zustand abhängig gemacht werden dürfe.
Der Erwerb von Natriumpentobarbital ist nur durch die ärztliche Verschreibung oder eine behördliche Genehmigung möglich.
Mit der Verfassungsbeschwerde wollte das Ehepaar sich gegen die Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte wehren. Dieses weigerte sich erneut, dem älteren Paar eine Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis des Arzneimittels zu erteilen.
Trotz der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 02.03.2017, Az. 3C), indem die Richter klargestellt haben, dass der Staat schwer kranken und sterbewilligen Menschen den Zugang zu Betäubungsmitteln zum Zwecke eines schmerzfreien Suizids nicht verwehren dürfe, ist keiner der 209 der beim BfArM eingegangenen Anträge bisher angenommen worden. So wurde auch der Antrag des Ehepaares abgelehnt. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist dessen Grundentscheidung aus dem Jahr 2017, als eine nur in Ausnahmefällen in Betracht kommende reale Möglichkeit für schwer kranke Menschen zu sehen. Das Ehepaar sei jedoch gegenwärtig gesund, so dass dieser Ausnahmefall für sie eben nicht in Betracht komme. Vielmehr sei die Aushändigung eines tödlichen Medikaments „auf Vorrat“ nicht möglich, stellte der 3 Senat mit Urteil vom 28.05.2019, Az. 3 C 6.17 klar.
Nach einer weiteren Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urt. v. 26.02.2020, Az. 2 BvR 2347/15 ; 2 BvR 651/16; 2 BvR 1261/16) im letzten Jahr sollte der Weg des Paares zum selbstbestimmten Sterben endlich geebnet sein. Denn das höchste Gericht hat im Februar 2020 entschieden, dass § 217 des Strafgesetzbuchs (StGB), der die geschäftsmäßige Tätigkeit privater Sterbehilfeorganisationen verbot, gegen das Recht auf selbstbestimmtes Sterben verstoße und damit nichtig sei. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts sind der Ansicht der Weg zum Betäubungssuizid sei aufgrund ihrer Grundsatzentscheidung für das Ehepaar eröffnet.
Keine tatsächliche Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Sterbehilfe
Die Eheleute meinen sie hätten nach wie vor keine Chance ihr Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu verwirklichen und führen aus, dass die Hilfe zum Suizid aus strafrechtlicher Perspektive zwar angeboten werden dürfe, in tatsächlicher Hinsicht, eine Möglichkeit diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, jedoch nicht bestehe. Insbesondere verbietet das ärztliche landesstandesrecht die Verschreibung tödlicher Medikamente. Aus diesem Grund habe sich ihr Anliegen infolge der Rechtsprechung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts von 26. Februar 2020 gerade nicht erledigt, denn grundsätzlich ist einer Hilfeleistung zwar infolge des Urteils nicht mehr strafbar, dennoch findet sich tatsächlich kein Arzt, der bereit ist die tödliche Dosis zu verschreiben.
Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Verfassungsbeschwerde jedoch ab und trug zur Begründung vor, dass den Beschwerdeführern insbesondere infolge der Nichtigkeitserklärung des § 217 Strafgesetzbuch, zugemutet werden könne nach medizinisch kundigen Suizidhelfern und verschreibungswilligen- und berechtigten Personen zu suchen. Die Möglichkeit zur Schaffung der Voraussetzungen für einen selbstbestimmten Tod sei nicht aussichtlos, da Hilfe zum Suizid nicht mehr unter Strafe gestellt werde.
Grundsatz der Subsidiarität nicht gewahrt
Deshalb sei der Grundsatz der Subsidiarität nicht gewahrt und die Verfassungsbeschwerde dadurch unzulässig geworden. Der Subsidiaritätsgrundsatz des § 90 Absatz 2 Bundesverfassungsgerichtgesetz (BVerfGG) gibt vor, dass Bürgerinnen und Bürger vor der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde jegliche ihnen zumutbare Möglichkeiten und Rechtsbehelfe ausschöpfen müssen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts habe jedoch das Urteil des Zweiten Senats aus Februar 2020 eben weitere Möglichkeiten und Rechtsbehelfe eröffnet, indem es die Nichtigkeit des § 217 Strafgesetzbuch erklärte und aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einen Anspruch auf selbstbestimmtes Sterben ableitete.
Ob die Eheleute eine Person finden werden, die die gewünschte Hilfeleistung erbringen kann, liegt nun in ihren eigenen Händen. Hoffnung dürften ihnen zwei neue Gesetzentwürfe verschiedener Bundestagsfraktionen machen.
Rechtsanwalt
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(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.
Tenor
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Die Ablehnung des Richters Müller wegen Besorgnis der Befangenheit wird für begründet erklärt.
Gründe
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A.
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Der Beschwerdeführer ist ein Sterbehilfeverein, der unter anderem den Zweck verfolgt, Mitgliedern, die aus dem Leben scheiden wollen, einen begleiteten Suizid zu ermöglichen. Seine Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 217 Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2177). Die Vorschrift lautet:
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§ 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
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(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.
- 2
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Der Beschwerdeführer lehnt den Richter Müller wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
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I.
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1. In einer Kanzelrede, die er am 9. Dezember 2001 in der evangelischen Christuskirche in Dormagen hielt, bekannte sich Richter Müller, damals Ministerpräsident des Saarlands, zum Grundsatz der "Nichtverfügbarkeit des Lebens", lehnte aktive Sterbehilfe ab und forderte zugleich mehr Begleitung und Hilfe für Sterbende.
- 4
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2. Am 7. März 2006 fand ein Treffen der saarländischen Landesregierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Müller mit Vertretern der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche der Pfalz statt. Eine anschließende Presseerklärung gab das Ergebnis des Treffens wie folgt wieder:
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"Einmütig verurteilen Land und Kirchen die mit der in Niedersachsen erfolgten Gründung des Vereins 'Dignitas Deutschland' einhergehende geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung. Gemeinsam mit Thüringen will das Saarland nach Gründung des Vereins gegen die Zulassung solcher aktiven Sterbehilfe vorgehen und für die Schaffung eines entsprechenden Straftatbestandes eintreten".
- 5
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Mit Schreiben an den Bundesratspräsidenten vom 27. März 2006 übersandte Ministerpräsident Müller den von Saarland, Hessen und Thüringen getragenen Entwurf eines Gesetzes zum Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung. Dieser sah vor, folgenden neuen § 217 in das Strafgesetzbuch einzufügen:
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§ 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
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Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit vermittelt oder verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.
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Der Bundesrat verwies den Entwurf in seiner Sitzung am 7. April 2006 in die Ausschüsse (BRDrucks 230/06). Nachdem sich weder für diesen noch für einen alternativen Entwurf (BRDrucks 436/08) eine Mehrheit fand, beschloss der Bundesrat am 4. Juli 2008, die Beratung der Vorlage zu vertagen und die Ausschussberatungen fortzusetzen. Ferner fasste er eine Entschließung, wonach ein gesetzgeberisches Handeln noch im laufenden Jahr geboten sei. Diese Entschließung wurde in der Plenarsitzung des Bundesrats vom 11. April 2014 für erledigt erklärt.
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3. § 217 StGB in seiner verfahrensgegenständlichen Fassung beruht auf einer Initiative mehrerer Abgeordneter des Deutschen Bundestags, die den Gesetzentwurf am 1. Juli 2015 eingebracht hatten (BTDrucks 18/5373). Dieser Gesetzentwurf nimmt mehrfach auf den von Ministerpräsident Müller vorgelegten Gesetzentwurf aus dem Jahr 2006 und dessen Begründung (BRDrucks 230/06) Bezug.
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II.
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Zur Begründung seiner mit Schriftsatz vom 20. Februar 2017 erklärten Ablehnung des im November 2011 vom Bundesrat zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählten Richters Müller wegen Besorgnis der Befangenheit hat der Beschwerdeführer ausgeführt: Die Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Bundesrat im Jahre 2006 sei für den jetzigen Richter Müller keine Routine exekutiven Handelns, sondern ein Ausnahmevorgang gewesen, für den er sich persönlich engagiert habe. Richter Müller sei politischer Initiant und geistiger Urheber eines Gesetzgebungsverfahrens gewesen, das auf ein strafrechtliches Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung abgezielt habe. Eine Besonderheit liege in der gesellschaftspolitischen Brisanz der Regelungsmaterie, die eine auch von taktischen Erwägungen geprägte intensive Abstimmung der drei an der Gesetzesinitiative beteiligten Landesregierungen und ihrer Ministerpräsidenten nahelege. Auch die Pressekonferenz vom 7. März 2006 anlässlich des Treffens des saarländischen Kabinetts mit der Evangelischen Kirche zeige das persönliche Engagement des damaligen Ministerpräsidenten Müller.
- 9
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Der am 27. März 2006 von Ministerpräsident Müller in den Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf bilde hinsichtlich seiner rechtspolitischen Zielsetzung, Tatbestandsbeschreibung, strafrechtsdogmatischen Struktur und der wesentlichen Begründungsmuster das Referenzmodell für alle nachfolgenden Gesetzentwürfe, einschließlich des nunmehr verfahrensgegenständlichen § 217 StGB. In dem Gesetzentwurf zu diesem Straftatbestand werde an fünf Stellen auf den früheren Gesetzentwurf Bezug genommen. Dieser habe in erheblichem Ausmaß, insbesondere bei der Gesetzesbegründung, als Vorbild gedient.
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Der damalige Gesetzentwurf und der verfahrensgegenständliche § 217 StGB stimmten in ihrer tatbestandlichen und dogmatisch-strukturellen Ausgestaltung nahezu vollständig überein. Aufgrund dieser weitgehenden Deckungsgleichheit seien beide Gesetzentwürfe derart aufeinander bezogen, dass es denkunmöglich sei, sie bei Zugrundelegung derselben verfassungsrechtlichen Maßstäbe unterschiedlich zu beurteilen. Damit müsste sich Richter Müller selbst attestieren, dass er seinerzeit ein verfassungswidriges Strafgesetz im Bundesrat eingebracht habe. Zudem müsste er eine komplette innere Kehrtwende vollziehen, die in Widerspruch zu seinen über Jahre hinweg öffentlichkeitswirksam vorgetragenen rechtspolitischen Bestrebungen gegen organisierte Suizidassistenz stünde. Die Gesamtwürdigung dieser Umstände begründe die nachvollziehbare Sorge des Beschwerdeführers, dass Richter Müller bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 217 StGB schon so festgelegt sei, dass er sich kein unvoreingenommenes Urteil über die vom Beschwerdeführer vorgetragenen verfassungsrechtlichen Argumente mehr bilden könne.
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III.
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Richter Müller hat zu dem Ablehnungsgesuch am 11. April 2017 Stellung genommen. Er selbst sehe sich auch angesichts der in seinem damaligen politischen Amt vorgenommenen und - soweit verfahrensrelevant - mehr als zehn Jahre zurückliegenden Positionierungen in der Lage, der Erwartung des Verfassungs- und Gesetzgebers zu entsprechen, seine Aufgabe als Richter des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden Fall unvoreingenommen und unabhängig von seiner früheren politischen Tätigkeit wahrzunehmen. Davon sei allerdings die für das Vorliegen der Besorgnis der Befangenheit maßgebliche Frage zu unterscheiden, ob aus der Sicht eines Dritten Anlass bestehe, an dieser Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Zwar sei insoweit von der gesetzgeberischen Wertung auszugehen, dass selbst die Beteiligung am Verfahren zum Erlass der entscheidungserheblichen Vorschrift - die vorliegend nicht gegeben sei - weder die Ausschließung noch die Besorgnis der Befangenheit eines Richters begründe. Allerdings könnte hier eine abweichende Bewertung angesichts der mit der beschlossenen Fassung des § 217 StGB weitgehend inhaltsgleichen Bundesratsinitiative des Saarlands möglicherweise deshalb in Betracht kommen, weil die zu entscheidenden verfassungsrechtlichen Fragen wie etwa die Reichweite des aus der Menschenwürde fließenden Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen, die Unverfügbarkeit menschlichen Lebens sowie daraus folgender staatlicher Schutzpflichten von ethischen Vorverständnissen nicht vollkommen abgelöst werden könnten und Problematiken wie diejenige, ob dem Anspruch auf menschenwürdiges und selbstbestimmtes Sterben durch palliative medizinische Versorgung hinreichend Rechnung getragen werden könne, wertungsfreier Erkenntnis vielleicht nicht zugänglich seien.
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B.
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Richter Müller ist nicht gemäß § 18 BVerfGG kraft Gesetzes von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen (I.). Jedoch ist die Ablehnung des Richters Müller gemäß § 19 BVerfGG wegen Besorgnis der Befangenheit begründet (II.).
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I.
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Richter Müller ist nicht kraft Gesetzes von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen (§ 18 BVerfGG).
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1. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist ein Richter des Bundesverfassungsgerichts von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen, wenn er in derselben Sache von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist. Die Ausschlussregelung ist als Ausnahmetatbestand konzipiert und deshalb eng auszulegen. Das Tatbestandsmerkmal "in derselben Sache" in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist - in Übereinstimmung mit den Ausschlussregelungen anderer fachgerichtlicher Verfahrensordnungen - stets in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinne zu verstehen. Zu einem Ausschluss kann deshalb regelmäßig nur eine Tätigkeit in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren selbst oder in dem diesem unmittelbar vorausgegangenen und ihm sachlich zugeordneten Verfahren führen (vgl. BVerfGE 47, 105 <108>; 72, 278 <288>; 78, 331 <336>; 82, 30 <35 f.>; 109, 130 <131>; 133, 163 <165 f. Rn. 6>; 135, 248 <254 Rn. 16>). Nicht als eine solche Tätigkeit gelten die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren (§ 18 Abs. 3 Nr. 1 BVerfGG) oder die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann (§ 18 Abs. 3 Nr. 2 BVerfGG).
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2. Richter Müller war zum einen vor dem Antritt seines Richteramtes nicht "in derselben Sache" tätig (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG). Der von ihm am 27. März 2006 in den Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf fand keine Mehrheit; das verfahrensgegenständliche Gesetz beruht auf einer neuen, eigenständigen Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestags ohne seine Beteiligung. Zum anderen gilt eine Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren nach § 18 Abs. 3 Nr. 1 BVerfGG nicht als Tätigkeit in derselben Sache.
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II.
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Die Ablehnung des Richters Müller nach § 19 BVerfGG wegen Besorgnis der Befangenheit ist begründet.
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1. Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters des Bundesverfassungsgerichts nach § 19 BVerfGG setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 82, 30 <37>; 101, 46 <50 f.>; 108, 122 <126>; 142, 18 <21 Rn. 11>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist allein, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 73, 330 <335>; 82, 30 <38 f.>; 98, 134 <137>; 102, 122 <125>; 108, 122 <126>; 135, 248 <257 Rn. 23>; 142, 18 <21 Rn. 11>). Bei den Vorschriften über die Besorgnis der Befangenheit geht es auch darum, bereits den "bösen Schein" einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit zu vermeiden (vgl. BVerfGE 108, 122 <129>).
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a) Den Bestimmungen über die Wahl von Richtern des Bundesverfassungsgerichts (Art. 94 Abs. 1 GG, §§ 3 ff. BVerfGG) liegt als selbstverständlich, sogar als erwünscht, zugrunde, dass auch Personen, die als Repräsentanten von Parteien politische Funktionen in den Parlamenten ausgeübt oder politische Ämter in den Regierungen bekleidet haben, zu Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts gewählt und ernannt werden können, um ihre politischen Erfahrungen für die Verfassungsrechtsprechung fruchtbar zu machen. Damit geht die Erwartung des Verfassungs- und Gesetzgebers einher, dass Richter des Bundesverfassungsgerichts über jene Unabhängigkeit und Distanz verfügen, die sie befähigen, in Unvoreingenommenheit und Objektivität zu entscheiden (vgl. BVerfGE 35, 171 <173 f.>), und dass sie ihre Rolle als Richter unabhängig von früheren parteipolitischen Auseinandersetzungen ausüben werden (vgl. BVerfGE 99, 51 <56 f.>; 142, 18 <21 f. Rn. 14>). Wenn ein Richter zuvor Aufgaben politischer Gestaltung zu erfüllen hatte und in diesem Zusammenhang am Wettstreit unterschiedlicher politischer Auffassungen teilnahm, genügt dies für sich genommen nicht, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. BVerfGE 99, 51 <56>). Die Kundgabe politischer Meinungen, die ein Richter zu einer Zeit geäußert hat, als er noch nicht Mitglied des Bundesverfassungsgerichts war und daher den besonderen Anforderungen dieses Richteramtes in seinem Verhalten noch nicht Rechnung zu tragen hatte, rechtfertigt eine Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGE 99, 51 <56 f.>; 142, 18 <21 f. Rn. 14>).
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b) Zweifel an der Objektivität eines Richters des Bundesverfassungsgerichts können allerdings berechtigt sein, wenn sich aufdrängt, dass ein innerer Zusammenhang zwischen einer - mit Engagement geäußerten - politischen Überzeugung und seiner Rechtsauffassung besteht (vgl. BVerfGE 35, 246 <253 f.>; 73, 330 <337>; 142, 18 <22 Rn. 15>), oder wenn frühere Forderungen des Richters nach einer Rechtsänderung in einer konkreten Beziehung zu einem während seiner Amtszeit beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren stehen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Oktober 1986 - 2 BvR 508/86 -, NJW 1987, S. 429; BVerfGK 19, 110 <117 f.>). Entscheidend ist, dass sein Verhalten den Schluss zulässt, dass er einer der seinigen widersprechenden Rechtsauffassung nicht mehr frei und unvoreingenommen gegenübersteht, sondern "festgelegt" ist (BVerfGE 142, 18 <22 Rn. 15>; Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 19 Rn. 9 [Mai 2017]).
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c) Bei der Anwendung des § 19 BVerfGG sind ferner die gesetzgeberischen Wertungen der Vorschrift zum Mitwirkungsausschluss (§ 18 BVerfGG) zu berücksichtigen. Eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 19 BVerfGG kann nicht aus den allgemeinen Gründen hergeleitet werden, die nach der ausdrücklichen Regelung des § 18 Abs. 2 und 3 BVerfGG einen Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes nicht rechtfertigen. Es wäre ein Wertungswiderspruch, könnte gerade wegen dieser Gründe dennoch über eine Befangenheitsablehnung ein Richter von der Mitwirkung ausgeschlossen werden. Daher bedarf es zusätzlicher Umstände, die über die bloße Mitwirkung am Gesetzgebungsverfahren hinausgehen, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. BVerfGE 82, 30 <38 f.>; 102, 122 <125>; 108, 122 <126>; 135, 248 <257 Rn. 24>). Sie müssen eine besonders enge Beziehung des Richters zu dem zur verfassungsrechtlichen Prüfung anstehenden Gesetz geschaffen haben, wie dies etwa der Fall sein kann, wenn sich der Richter als ehemaliger Politiker für ein politisch stark umstrittenes Gesetz in der Öffentlichkeit besonders engagiert (vgl. Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 19 Rn. 8 [Mai 2017]) oder in einer Weise inhaltlich klar positioniert hat, die das nunmehr anhängige Verfahren unmittelbar betrifft (vgl. Heusch, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 19 Rn. 23).
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2. Der vorliegende Fall ist durch solche besonderen, zusätzlichen Umstände gekennzeichnet, die über eine bloße Mitwirkung des Richters Müller in einem Gesetzgebungsverfahren deutlich hinausreichen und die Besorgnis seiner Befangenheit begründen.
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a) Richter Müller war zwar nicht an demselben, sondern an einem früheren, letztlich gescheiterten Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Jedoch sind der Entwurf eines § 217 StGB, den er als damaliger Ministerpräsident des Saarlands in den Bundesrat eingebracht hat (BRDrucks 230/06), und der verfahrensgegenständliche § 217 StGB (BGBl I 2015, S. 2177) weitgehend deckungsgleich. § 217 StGB in der hier zur verfassungsrechtlichen Prüfung anstehenden Fassung unterscheidet sich von dem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2006 lediglich in der weiteren Tatbestandsvariante des (unmittelbaren) Gewährens, im nunmehr reduzierten Strafmaß sowie im - in seinem Anwendungsbereich indes geringen (vgl. Brunhöber, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl. 2017, § 217 Rn. 78; Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 217 Rn. 12) - persönlichen Strafausschließungsgrund des Absatzes 2. Auch nimmt die Gesetzesbegründung des verfahrensgegenständlichen § 217 StGB an mehreren Stellen ausdrücklich auf den früheren Gesetzentwurf und dessen Begründung Bezug (BTDrucks 18/5373, S. 12 f., 16, 18).
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b) Der von Richter Müller als früherem Ministerpräsidenten eingebrachte Gesetzesantrag war mit einer Begründung versehen, die dezidiert verfassungsrechtlich argumentierte: Die Straflosigkeit der Selbsttötung und der Teilnahme hieran bedeute nicht, dass ein Recht auf Selbsttötung grundrechtlich anerkannt wäre (BRDrucks 230/06, S. 1). Ein mit Strafe bewehrtes Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung sei zwingend erforderlich, mildere Maßnahmen, etwa eine Zulassungs- oder Kontrollpflicht oder eine unabhängige Beratung des Suizidwilligen, seien nicht ausreichend. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Schutz des Lebens nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein "Höchstwert der Verfassung" sei, der den Gesetzgeber verpflichte, sich schützend und fördernd vor das Leben zu stellen und es vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter zu bewahren. Dem würde es nicht entsprechen, die eigentlich abgelehnte Praxis geschäftsmäßig handelnder Sterbehilfeorganisationen mit einem "Gütesiegel" staatlicher Kontrolle zu versehen (a.a.O., S. 6 f.).
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Richter Müller spielte als damaliger Ministerpräsident des Saarlands nicht nur eine untergeordnete Rolle im Sinne einer bloßen "Mitwirkung" im Gesetzgebungsverfahren (etwa als einzelner Abgeordneter oder als Referent, vgl. BTDrucks 1/788, S. 41). Vielmehr hat er sowohl den politischen Anstoß für das Gesetzgebungsverfahren gegeben als auch das Gesetzgebungsverfahren förmlich initiiert, sich - gemeinsam mit der Evangelischen Kirche - persönlich für ein politisch sehr umstrittenes Gesetz in der Öffentlichkeit besonders engagiert und dabei auch ausdrücklich gegen Sterbehilfevereine gewandt. Bereits mit seiner Kanzelrede im Jahr 2001 hatte Richter Müller aktive Sterbehilfe abgelehnt. Im Jahr 2006 verurteilte er "die mit der Gründung des Vereins 'Dignitas Deutschland' einhergehende geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung" und kündigte an, dass das Saarland gemeinsam mit Thüringen "gegen die Zulassung solcher aktiven Sterbehilfe vorgehen und für die Schaffung eines entsprechenden Straftatbestandes eintreten" wolle. So hat sich Richter Müller in seiner vor der Wahl zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ausgeübten Funktion als Ministerpräsident in einer klaren inhaltlichen, das nunmehr anhängige Verfahren unmittelbar betreffenden Art und Weise positioniert und - ersichtlich vor diesem Hintergrund - nur wenige Tage darauf auch den Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht.
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In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, dass das von Richter Müller maßgeblich initiierte Gesetzesvorhaben nicht zeitnah verwirklicht, sondern erst einige Jahre danach durch einen späteren Gesetzentwurf umgesetzt worden ist. Ist ein Richter in einer Weise an einem Gesetzgebungsverfahren beteiligt gewesen, die eine besonders enge, nicht nur aus einem früheren politischen Amt, sondern auch aus seiner persönlichen Überzeugung abzuleitende Verbindung zu dem zur Prüfung vorliegenden Gesetz begründet hat, und stimmt dieses - wie hier - inhaltlich weitgehend mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf überein, so lässt auch selbst ein größerer zeitlicher Abstand diese besondere Verbindung nicht wieder entfallen.
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c) Unter diesen Umständen ist die Besorgnis des Beschwerdeführers nachvollziehbar, Richter Müller werde die zu entscheidenden, in hohem Maße wertungsabhängigen und von Vorverständnissen geprägten Rechtsfragen möglicherweise nicht mehr in jeder Hinsicht offen und unbefangen beurteilen können (vgl. BVerfGE 72, 296 <298>; 95, 189 <192>; 135, 248 <259 Rn. 27>).
Tenor
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Die Selbstablehnung des Richters Müller wegen Besorgnis der Befangenheit wird für begründet erklärt.
Gründe
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A.
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I.
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1. Der Senat hat in diesem und in zehn weiteren Verfahren über Verfassungsbeschwerden zu entscheiden, die sich gegen § 217 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2177) richten. Die Vorschrift lautet:
-
§ 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
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(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.
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2. In dem Verfahren 2 BvR 651/16 hat der Senat auf Antrag des dortigen Beschwerdeführers die Ablehnung des Richters Müller wegen Besorgnis der Befangenheit durch Beschluss vom 13. Februar 2018 (abzurufen über juris) für begründet erklärt.
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a) In seinem vormaligen Amt als Ministerpräsident des Saarlandes hatte sich Richter Müller wiederholt öffentlich zum Grundsatz der "Nichtverfügbarkeit des Lebens" bekannt und gegen aktive Sterbehilfe ausgesprochen. Ferner war er im Jahr 2006 federführend in eine vom Saarland, von Hessen und Thüringen getragene Gesetzesinitiative des Bundesrates eingebunden, die auf die Einführung einer mit § 217 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2177) weitgehend inhaltsgleichen Strafnorm gerichtet war (BRDrucks 230/06). Dabei positionierte sich Richter Müller als Initiator des damaligen Gesetzgebungsvorhabens auch mittels verfassungsrechtlicher Argumentation in einer klaren inhaltlichen Art und Weise gegen geschäftsmäßige Sterbehilfe, die eine besonders enge, nicht nur aus einem früheren politischen Amt, sondern auch aus seiner persönlichen Überzeugung abzuleitende Verbindung zu der zur Prüfung gestellten Vorschrift des § 217 StGB erkennen ließ. Schließlich nahm der Gesetzentwurf mehrerer Abgeordneter des Deutschen Bundestags, auf dem § 217 StGB in seiner aktuellen Fassung beruht (BTDrucks 18/5373), mehrfach auf die Begründung des damals von Richter Müller als Ministerpräsident des Saarlandes vorgelegten Gesetzentwurfs Bezug. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom 13. Februar 2018 - 2 BvR 651/16 - (a.a.O., Rn. 3-7) verwiesen.
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b) Diese besonderen Umstände, die über die bloße Mitwirkung an einem Gesetzgebungsverfahren hinausgingen, begründeten in dem Verfahren 2 BvR 651/16 zwar nicht den Ausschluss von Richter Müller von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes (§ 18 BVerfGG). Weder die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren noch die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann, stellen nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 18 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 BVerfGG) eine den Ausschluss fordernde Tätigkeit "in derselben Sache" (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG) dar (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2018 - 2 BvR 651/16 -, juris, Rn. 13-15). Das frühere politische Engagement des Richters Müller ließ aber die Besorgnis des dortigen Beschwerdeführers nachvollziehbar erscheinen, Richter Müller werde die zu entscheidenden, in hohem Maße wertungsabhängigen und von Vorverständnissen geprägten Rechtsfragen möglicherweise nicht mehr in jeder Hinsicht offen und unbefangen beurteilen können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den im Verfahren 2 BvR 651/16 ergangenen Beschluss des Senats vom 13. Februar 2018 (a.a.O., Rn. 16-26) Bezug genommen.
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II.
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1. Auf seine im Verfahren 2 BvR 651/16 für begründet erklärte Ablehnung hin hat Richter Müller sich im vorliegenden sowie den weiteren anhängigen Verfahren, in denen über die Vereinbarkeit des § 217 StGB mit dem Grundgesetz zu entscheiden und in denen er von den Verfahrensbeteiligten nicht abgelehnt worden ist, mit Schreiben vom 22. März 2018 gemäß § 19 Abs. 3 BVerfGG selbst für befangen erklärt. Dazu hat Richter Müller ausgeführt, dass nach seiner Auffassung in diesen Verfahren für eine gegenüber dem Verfahren 2 BvR 651/16 abweichende Beurteilung der Besorgnis der Befangenheit seiner Person kein Raum sei.
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2. Die Verfahrensbeteiligten haben von der Gelegenheit, zur Selbstablehnung des Richters Müller Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht.
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B.
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I.
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Richter Müller ist aus den im Beschluss des Senats vom 13. Februar 2018 - 2 BvR 651/16 - dargelegten Gründen (a.a.O., Rn. 13-15) auch in diesem Verfahren nicht bereits gemäß § 18 BVerfGG kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen.
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II.
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Die Selbstablehnung des Richters Müller, über die der Senat von Amts wegen zu entscheiden hat (§ 19 Abs. 1 und 3 BVerfGG), ist hingegen begründet.
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1. Für die Entscheidung über die Selbstablehnung eines Richters gelten die gleichen Maßstäbe wie im Fall seiner Ablehnung durch Verfahrensbeteiligte (vgl. Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 19 Rn. 11 [September 2017]). Entscheidend ist demnach, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 73, 330 <335>; 82, 30 <38 f.>; 98, 134 <137>; 102, 122 <125>; 108, 122 <126>; 135, 248 <257 Rn. 23>; 142, 18 <21 Rn. 11>).
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2. Dies ist hier in Bezug auf die Person des Richters Müller der Fall.
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Die besonderen Umstände, die im Verfahren 2 BvR 651/16 die Besorgnis der Befangenheit des Richters Müller begründet haben, lagen in dessen früherem, von persönlicher Überzeugung getragenen politischen Engagement für ein strafbewehrtes Verbot organisierter Suizidhilfe. Dieses begründet nicht nur verfahrensspezifisch, sondern allgemein die Besorgnis, Richter Müller werde die zu entscheidenden, in hohem Maße wertungsabhängigen und von Vorverständnissen geprägten Rechtsfragen, die sich in allen zu § 217 StGB geführten Verfahren gleichermaßen stellen, möglicherweise nicht mehr in jeder Hinsicht offen und unbefangen beurteilen können (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2018 - 2 BvR 651/16 -, a.a.O., Rn. 21-26 m.w.N.). Die Besorgnis der Befangenheit ist damit nicht individuell mit der Person des Beschwerdeführers im Verfahren 2 BvR 651/16 verbunden, sondern auf die besondere Thematik zurückzuführen, wie sie allen anderen gegen § 217 StGB gerichteten Verfassungsbeschwerden ebenso zugrunde liegt. Dies erfordert eine einheitliche Beurteilung der möglichen Befangenheit des Richters.
(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.