Zivilprozessrecht: Der Bundesgerichtshof über die Befangenheit von Richter in Zivilverfahren

originally published: 19/01/2021 21:20, updated: 19/10/2022 17:16
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Im strittigen Verfahren hatte der Bundesgerichtshof Ablehnungsgesuche einzelner Richter zu überprüfen, die jeweils eine mit dem Beklagten berufliche Verbindung aufwiesen. Er gab damit vor, dass zwischen unterschiedlichen Graden von persönlicher und beruflicher Beziehung zum Richter unterschieden werden müsse, um über seine Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Eine allgemeine Geschäftsbeziehung zwischen Richter und Beklagten reiche jedenfalls nicht aus, um eine Befangenheit begründen zu können – Streifler & Kollegen, Dirk Streifler


Die Grenzziehung zwischen berechtigter und nicht mehr berechtigter Besorgnis der Befangenheit eines Richters erscheint auf den ersten Blick schwer. Durch abgeurteilte Fälle ermöglicht die Rechtsprechung uns die Heranziehung von Präzedenzfällen, an denen wir uns für eine solche Abgrenzung orientieren können – so auch der vorliegende Fall, wo im Verfahren eine Vielzahl von Richter beteiligt waren, die zum Beklagten jeweils gewisse berufliche Verbindungen aufgewiesen haben: 

Der strittige Fall – Richterschaft war mit dem im Prozess Beklagten in beruflicher Art und Weise verbunden

Das strittige Verfahren hatte die von einem Kläger behauptete Verletzung von Sorgfaltspflichten des Insolvenzverwalters zum Inhalt – er verklagte diesen auf Schadensersatz. Vor dem Bundesgerichtshof saß der Kläger einer Reihe von Richtern gegenüber, von denen jeder in unterschiedlicher Weise eine mit dem Beklagten Insolvenzverwalter berufliche Verbindung aufwies. 

Der Insolvenzberater zeichnete als Mitherausgeber eines Standardkommentars zum Insolvenzrecht mit – an diesem Kommentar war insbesondere auch ein am nun Verfahren involvierter Richter beteiligt.
Die anderen am Prozess beteiligten Richter waren für den vom Beklagten gegründeten Verlag tätig - zum Teil als Autoren oder Mitherausgeber oder im Rahmen einer Vortragstätigkeit.
 
Zum Anlass seines 70. Geburtstages des Beklagten Insolvenzverwalters hatte der vorsitzende Richter ein Geleitwert dessen Person und Lebenswerk in außerordentlicher Art und Weise gewürdigt. Er bezeichnete den Beklagten als jemanden „der sich wie kein zweiter in vielfältiger Weise um das Insolvenzrecht und die angrenzenden Rechtsgebiete verdient gemacht habe“ und der „zu der seltenen Spezies Insolvenzverwalter gehört, die unternehmerisches Denken mit scharfsinniger juristischer Analyse verbinden können“. 
Zwei der anderen Richter hatten vielmehr einen jeweils sehr langen Fachbeitrag zu dieser Festschrift geschrieben.

Aus diesen Umständen ergebend, hielt der Kläger die Richter für befangen. Da das Gericht offensichtlich mit dem Berufsfeld des Beklagten unmittelbar verbunden war, wollte er die betreffenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Verfahren ausgeschlossen sehen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Der Senat (IX ZA 16/17) prüfte die Befangenheit der einzelnen Richter stets getrennt und kam dementsprechend auch zu unterschiedlichen Ergebnissen, ob eine solche vorlag. Ausgangspunkt für eine solche Prüfung war § 42 II ZPO. Diese gibt uns die Voraussetzungen für die Annahme der Befangenheit eines Richters vor:

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
 
Betont hat der Senat außerdem, dass es nicht darauf ankomme, ob der abgelehnte Richter tatsächlich unvoreingenommen ist. Vielmehr sei maßgeblich, ob aus Sicht einer vernünftigen Prozesspartei plausible und verständliche Zweifel an einer objektiven Einstellung des Richters bestehen. 
Das heißt, es soll neben der tatsächlichen und objektiven Befangenheit auch stets der Anschein einer richterlichen Befangenheit vermieden werden.

Begründung der Befangenheit bezüglich der Richter, die am Geleitwort der Festschrift des Kommentars mitwirkten 

Daraus schloss der Senat im strittigen Fall, dass Zweifel an der Befangenheit des vorsitzenden Richters begründet seien, denn er lobte in seinem Geleitwort zu dessen Festschrift den Beklagten in vielfältiger Weise. Der in seinen geschriebenen Worten zum Ausdruck gebrachte Respekt des vorsitzenden Richters vor der Person des Insolvenzverwalters und seinem Lebenswerk könnten bei einer Prozesspartei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände den Anlass verleihen, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln. 
 
Ebenso gelte dies gemäß der Ansicht des Senates für die beiden Richter, die in der Festschrift je einen ausführlichen Fachartikel verfassten. Durch die Mitwirkung an der Festschrift könne für eine Prozesspartei der Anschein einer speziellen Verbundenheit gefolgert werden – schließlich betone das Geleitwort zur Festschrift das gemeinsame Anliegen von Herausgeber und Autoren, die Person und das Lebenswerk des Beklagten besonders zu achten und zu preisen. 

Verneinung der Befangenheit bezüglich der restlichen – an der Herausgabe des Kommentars beteiligten - Richter 

Die vom Kläger befürchtete Befangenheit der restlichen Richter, die als Autoren, Mitherausgeber und Vortragende in dem Verlag des Insolvenzverwalters tätig waren bestätigte der Senat aber nicht. 
Hierzu führte er aus, dass allgemeine berufliche Kontakte eines Richters zu einer Partei ohne besondere Nähe oder Intensität zur Bejahung der richterlichen Befangenheit nicht ausreiche. Die Autorenschaft im herausgegebenen Kommentar des Beklagten oder die Vortragstätigkeit oder Mitherausgabe gewisser Richter begründe keine nahe persönliche oder geschäftliche Beziehung. Eine vernünftige Prozesspartei würde hierauf keinen Rückschluss auf Voreingenommenheit schließen.

Fazit 

Der Bundesgerichtshof brachte in der vorliegenden Entscheidung, dass zwischen den einzelnen Richter, die dem Vorwurf der Befangenheit unterliegen, zu differenzieren ist. Ob sich der Richter selbst für befangen hält oder ob er es tatsächlich ist, ist irrelevant – denn auch der Anschein der Unvoreingenommenheit eines Richters soll durch 42 II ZPO vermieden werden. 

Maßgeblich ist eine vernünftige Prozesspartei, aus deren Sicht plausible und verständliche Zweifel an einer objektiven Einstellung des Richters bestehen. Dies stellt eine Herausforderung dar, da zwischen unterschiedlichen Graden von persönlicher und beruflicher Nähe unterschieden werden muss. Eine allgemeine Geschäftsbeziehung zwischen Richter und Beklagten reicht zumindest nicht aus, um eine Befangenheit begründen zu können. 

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[E.K.]

Der BGH entschied am 7.11 2018 folgendes:

Tenor
 
Die Ablehnungsgesuche der Kläger gegen den Vorsitzenden RichterProf. Dr. Kayser und die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Prof. Dr. Pape werden für begründet erklärt.

Die Ablehnungsgesuche der Kläger gegen die Richterinnen und RichterGrupp, Lohmann, Möhring, Dr. Schoppmeyer und Meyberg werden für unbegründet erklärt.

Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richtereine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. nur BGH Beschluss vom 2. November 2016 - AnwZ (Brfg) 61/15 - NJW-RR 2017, 187 Rn. 4 mwN).

Nach diesen Maßstäben liegt ein Ablehnungsgrund in Bezug auf den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser und die Richter Prof. Dr. Pape und Prof. Dr. Gehrlein vor, nicht aber in Bezug auf die weiteren abgelehnten Richterinnen und Richter.

1. Die Kläger meinen zu Recht, eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kayser ergebe sich daraus, dass dieser als Mitverfasser eines Geleitworts zu einer Festschrift anlässlich des 70. Geburtstags des Beklagten dessen Person und Lebenswerk in heraushebender Weise gewürdigt hat. In dem Geleitwort bezeichnet der abgelehnte Richter den Beklagten als einen Mann, "der sich wie kein zweiter in vielfältiger Weise um das Insolvenzrecht und die angrenzenden Rechtsgebiete verdient gemacht" habe; der "zu der seltenen Spezies Insolvenzverwalter gehört, die unternehmerisches Denken mit scharfsinniger juristischer Analyse verbinden können", der "unternehmerisch mit dem bestmöglichen Bemühen um die Sanierung als die ökonomisch vorzugswürdige Lösung" vorgehe, "mit seinen Publikationen seine Qualifikation als Vordenker für die Praxis" beweise und "den Acker «Insolvenz und Sanierung» in sehr unterschiedlichen, einander aber immer wieder befruchtenden Funktionen bestellt und daraus reiche Ernte hervorgebracht" habe.
Die damit verlautbarte Hochachtung nicht nur von Person und Lebenswerk des Beklagten, sondern auch seiner besonderen insolvenzrechtlichen Treffsicherheit und seiner Vorbildfunktion für Insolvenzverwalter, kann bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, in einem Rechtsstreit, in dem der Beklagte wegen angeblicher Pflichtverletzung bei der Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die persönliche Verwendung zu Ehren des Beklagten tatsächlich Ausdruck einer besonderen Nähebeziehung ist oder ob die Laudatio etwa nur geschäftsmäßig verfasst oder gar lediglich mitunterzeichnet wurde. Denn maßgeblich ist die Sicht der ablehnenden Partei, die bei vernünftiger Würdigung der äußeren Umstände Zweifel daran haben darf, dass das mit dem Geleitwort zum Ausdruck Gebrachte hinter seinem objektiven Wortsinn zurückbleibt.

2. Ebenso begründet sind die Ablehnungsgesuche gegen die Richter Prof. Dr. Pape und Prof. Dr. Gehrlein, welche jeweils einen umfangreichen Fachbeitrag zu der Festschrift geleistet haben. Gegenstand dieser Beiträge war zwar zuvorderst eine Teilnahme am wissenschaftlichen Diskurs über ein insolvenzrechtliches Thema; allerdings war der äußere Anlass hierfür durch die mit der Festschrift vorzunehmende Ehrung des Beklagten gesetzt. Auch wenn die Fachbeiträge der Richter Prof. Dr. Pape und Prof. Dr. Gehrlein für sich genommen keine persönliche Würdigung des Beklagten enthalten, der Aufsatz von Prof. Dr. Gehrlein sogar eine unabhängige Zweitverwertung in NZI 2015, 577 gefunden hat, darf die ablehnende Partei bei vernünftiger Würdigung der äußeren Umstände davon ausgehen, dass sich die Autoren mit ihrer Teilnahme an der Festschrift in den Dienst einer Sache gestellt haben, die auf eine Ehrung des Jubilars unter Hervorhebung außergewöhnlicher Verdienste ausgerichtet war. Diese Sichtweise wird auch durch das Geleitwort vermittelt, an dessen Ende versichert wird, dass gemeinsames Anliegen der Herausgeber und Autoren die Würdigung von Person und Lebenswerk des Beklagten sei.

Aus Sicht der ablehnenden Partei kann dies Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit der Richter bei der hier vorzunehmenden Beurteilung einer möglichen Pflichtwidrigkeit des Beklagten bei der Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter zu zweifeln.

3. Hingegen ergibt sich keine Besorgnis der Befangenheit des RichtersDr. Schoppmeyer daraus, dass er als einer von insgesamt zwanzig Autoren an einem vom Beklagten mitherausgegebenen Kommentar zur Insolvenzordnung mitwirkt. Die dadurch vermittelte Verbindung vermag bei vernünftiger Würdigung aller Umstände keinen Anlass zu geben, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung zu zweifeln. Allgemeine berufliche Kontakte des Richters zu einer Partei ohne besondere Nähe oder Intensität genügen dafür nicht (BGH Beschluss vom 10. Juni 2013 - AnwZ (Brfg) 24/12 - NJW-RR 2013, 1211 Rn. 8). Grundsätzlich sind nur nahe persönliche (oder geschäftliche) Beziehungen zwischen dem Richter und einem Verfahrensbeteiligten geeignet, die Unparteilichkeit eines Richters in Frage zu stellen. Deshalb kann selbst ein Kollegialitätsverhältnis, das in der Regel mit häufigeren persönlichen Begegnungen als eine bloße Mitautorenschaft verbunden ist, nur dann eine Ablehnung rechtfertigen, wenn damit eine sehr enge berufliche Zusammenarbeit verbunden ist. Für eine derartige enge berufliche Zusammenarbeit sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Eine Mitautorenschaft als solche begründet weder enge berufliche noch nahe persönliche Kontakte zwischen den Mitautoren und -herausgebern (vgl. BGH Beschluss vom 31. Januar 2005 - II ZR 304/03 - BGHReport 2005, 1350). Aus der Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei besteht daher kein Anlass, deswegen an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.

Aus vorgenannten Gründen ergibt sich ein Ablehnungsgrund gegen die Richterinnen und Richter Grupp, Lohmann, Möhring, Dr. Schoppmeyer und Meyberg nicht aus deren Autoren-, Herausgeber- oder Vortragstätigkeit für den (vom Beklagten gegründeten) RWS Verlag.

4. Ebenso wenig sind die Richter Grupp, Dr. Schoppmeyer und Meyberg aufgrund ihrer Mitwirkung am früheren Verfahren IX ZR 260/15, an dem die Kläger nicht beteiligt waren, aus Sicht der verständigen Partei darin beeinträchtigt, dem Sachverhalt des hier vorliegenden Rechtsstreits unbefangen gegenüberzutreten.
 
 
 

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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 304/03
vom
31. Januar 2005
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 31. Januar 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 24. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:


Das Ablehnungsgesuch der Klägerin ist nicht begründet. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Besorgnis der Befangenheit ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen (arg. § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Als Umstände in diesem Sinne kommen dabei nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (BGH, Beschl. v. 14. März 2003 - IXa ZB 27/03, NJW-RR 2003, 1220, 1221; Zöller/Vollkommer, ZPO 25. Aufl. § 42 Rdn. 9 m.w.Nachw.).
Derartige Gründe liegen nicht vor. Sie ergeben sich nicht daraus, daß Richter am Bundesgerichtshof Kraemer ebenso wie der Beklagte Mitautoren
eines Kommentars sind und sich aufgrund dieser Tätigkeit gelegentlich persönlich begegnet sind. Grundsätzlich sind nur nahe persönliche (oder geschäftliche ) Beziehungen zwischen dem Richter und einem Verfahrensbeteiligten geeignet , die Unparteilichkeit eines Richters in Frage zu stellen. Deshalb kann selbst ein Kollegialitätsverhältnis, das in der Regel mit häufigeren persönlichen Begegnungen als eine bloße Mitautorenschaft verbunden ist, nur dann eine Ablehnung rechtfertigen, wenn damit eine sehr enge berufliche Zusammenarbeit verbunden ist (Zöller/Vollkommer aaO, Rdn. 12 a m.w.Nachw.). Für eine derartige enge berufliche Zusammenarbeit sind aus der Anzeige von Richter am Bundesgerichtshof Kraemer keine Anhaltspunkte ersichtlich. Eine Mitautorenschaft als solche begründet weder enge berufliche noch nahe persönliche Kontakte zwischen den Mitautoren. Aus der Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei besteht daher kein Anlaß, an der Unvoreingenommenheit von Richter am Bundesgerichtshof Kraemer zu zweifeln.
Röhricht Goette Gehrlein
Strohn Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 260/15 Verkündet am:
16. November 2017
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gefasste
Beschlüsse der Gläubiger einer Schuldverschreibung können nur durch das
Insolvenzgericht aufgehoben werden.
Ein Opt-in-Beschluss über die Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes 2009
kann noch getroffen werden, nachdem ein Insolvenzverfahren über das Vermögen
des Schuldners eröffnet wurde.
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - IX ZR 260/15 - OLG Dresden
LG Leipzig
ECLI:DE:BGH:2017:161117UIXZR260.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, Dr. Schoppmeyer und Meyberg

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 9. Dezember 2015 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Leipzig vom 16. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren fallen dem Kläger zur Last.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Verwalter in dem am 1. April 2014 über das Vermögen der F. KGaA (nachfolgend: Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Kläger erwarb von der Schuldnerin eine am 8. Januar 2007 ausgestellte Orderschuldverschreibung der Orderschuldverschreibungstranche … in Höhe von 7.000 €. Der Gesamtbetrag der Order- schuldverschreibungstranche, an der fünf Anleger beteiligt sind, beläuft sich auf 47.000 €. Das Insolvenzgericht berief mit Beschluss vom 2. April 2014 Versammlungen aller Orderschuldverschreibungsgläubiger (nachfolgend: Gläubiger ) für den 13. Mai 2014 ein. Durch Beschluss vom 4. Juli 2014, der im Internet veröffentlicht wurde, bestimmte das Insolvenzgericht Termin zur Fortsetzung des Termins über die Beschlussfassung der Gläubiger auf den 22. Juli 2014. In dieser Versammlung wurden der Kläger von Rechtsanwältin B. und drei Anleger von Rechtsanwalt G. (Nebenintervenient zu 1) vertreten. Die Gläubiger beschlossen zunächst, für die Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 zu optieren. Anschließend wurde Rechtsanwalt G. mit den Stimmen der von ihm vertretenen drei Anleger bei einer Gegenstimme zum gemeinsamen Vertreter der Gläubiger (Nebenintervenient zu 2) dieser Serie bestellt.
3
Der Kläger beantragt Im Wege der Anfechtungsklage, den Beschluss der Gläubiger vom 22. Juli 2014 über die Bestellung des Nebenintervenienten zu 1 zum gemeinsamen Vertreter für nichtig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss nichtig ist. Nach Abweisung der Klage als unzulässig durch das Landgericht (vgl. NZI 2015, 342) hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung festgestellt, dass der Beschluss vom 22. Juli 2014 nichtig ist, und die Revision zugelassen. Der Beklagte begehrt mit seiner Revision die vollständige Abweisung der Klage, der Kläger im Wege der Anschlussrevision, den Beschluss vom 22. Juli 2014 für nichtig zu erklären.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Beklagten führt unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

I.


5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die unter anderem in ZInsO 2016, 278 abgedruckt ist, ausgeführt:
6
Die Anfechtungsklage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SchVG 2009 sei nicht statthaft, weil diese Regelung auf die von dem Kläger erworbenen Schuldverschreibungen nicht anwendbar sei. Vor dem 5. August 2009 ausgegebene Schuldverschreibungen unterlägen dem Schuldverschreibungsgesetz des Jahres 1899. Allerdings eröffne § 24 Abs. 2 SchVG 2009 die Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger mit Zustimmung des Schuldners für die Anwendung des Schuldverschreibungsgesetzes des Jahres 2009 zu optieren. Die Möglichkeit eines Opt-in-Beschlusses sei den Anleihegläubigern indes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gegeben. Die Anleihegläubiger seien gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG 2009 nur befugt, durch Mehrheitsbeschluss einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger zu bestellen. Weitere Mehrheitsentscheidungen wie die Änderung der Anleihebedingungen seien nicht mehr zulässig. Folglich könnten die Anleihegläubiger nach Verfahrenseröffnung nicht für die Anwendung des neuen Rechts optieren.
7
Die von dem Kläger erhobene Feststellungsklage habe Erfolg, weil das Schuldverschreibungsgesetz des Jahres 1899 keinen eigenen Rechtsbehelf gegen Gläubigerbeschlüsse vorsehe. Eine Beschlusskontrolle nach § 78 InsO komme nicht in Betracht, weil das Altrecht des Jahres 1899 keinen Vorrang des Insolvenzrechts vorsehe. Der Beschluss über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters sei unwirksam, weil er in der nicht ordnungsgemäß einberufenen Gläubigerversammlung vom 22. Juli 2014 gefasst worden sei.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
9
Der Beschluss der Gläubigerversammlung vom 22. Juli 2014 über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters unterliegt der Beschlusskontrolle nach § 78 InsO. Der Kläger hat diesen Weg nicht beschritten. Seine im streitigen Verfahren erhobene Klage erweist sich als unzulässig.
10
1. Wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG (nachfolgend stets des Jahres 2009) ein gemeinsamer Vertreter bestellt, kann der Beschluss gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG, § 78 Abs. 1 InsO nur von dem Insolvenzgericht aufgehoben werden.
11
a) Beschlüsse der Gläubiger können wegen Verletzung des Gesetzes oder der Anleihebedingungen gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SchVG durch Klage angefochten werden. Diese Kontrollmöglichkeit folgt aus der Anlehnung des Verfahrens an das Aktiengesetz und die aktienrechtliche Anfechtungsklage (BTDrucks. 16/12814, S. 25).
12
b) Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so unterliegen Beschlüsse der Gläubiger nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG den Bestimmungen der Insolvenzordnung. Dies gilt insbesondere für nach Verfahrenseröffnung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG getroffene Beschlüsse über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters. Der Gesetzgeber ist ausdrücklich davon ausgegangen, dass die Regelungen der Insolvenzordnung dem Schuldverschreibungsgesetz in der Insolvenz vorgehen, soweit nicht ausnahmsweise § 19 Abs. 2 bis 4 SchVG etwas anderes vorschreibt (BTDrucks. 16/12814, aaO; Hopt/Seibt/Knapp, Schuldverschreibungsrecht, 2017, § 19 SchVG Rn. 5; Veranneman/Rattunde, SchVG, 2. Aufl., § 19 Rn. 6). Entsprechend diesem Rangverhältnis hat nur die Einberufung der Versammlung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SchVG nach den Vorschriften des Schuldverschreibungsgesetzes zu erfolgen. Mangels eines Verweises auf § 20 SchVG richtet sich hingegen die Beschlusskontrolle nach § 78 InsO (Hopt/Seibt/Knapp, aaO § 19 SchVG Rn. 53; Veranneman/Rattunde, aaO § 19 Rn. 63 mwN; Preuße/ Scherber, SchVG, 2010, § 19 Rn. 31; Bliesener/Schneider in Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl., 17. Kapitel § 19 SchVG Rn. 17; HmbKomm-InsO/Knof, 6. Aufl., Anh. zu § 38 Rn. 70; Schmidt/Westpfahl /Seibt, Sanierungsrecht, 2016, Anh. zu § 39 Rn. 57; Thole, ZIP 2014, 293, 297; Ampferl in FS Kübler, 2015, S. 11, 13; Kienle, NZI 2015, 344; a.A. Friedl in Friedl/Hartwig-Jacob, SchVG, 2013, § 19 Rn. 43; Kuder/Obermüller, ZInsO 2009, 2025, 2028).
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c) Die Antragsberechtigung nach § 78 InsO beschränkt sich auf die Gläubiger der betreffenden Schuldverschreibung (Veranneman/Rattunde, aaO; HmbKomm-InsO/Knof, aaO; Schmidt/Westpfahl/Seibt, aaO). Diesen steht sowohl gegen die Aufhebung des Beschlusses als auch gegen die Ablehnung des Antrags auf Beschlussaufhebung gemäß § 78 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und 3 InsO die sofortige Beschwerde offen (Hopt/Seibt/Knapp, aaO § 19 SchVG Rn. 54), die nach § 570 Abs. 1 ZPO insbesondere im Falle der Versagung der Beschlussaufhebung keine aufschiebende Wirkung entfaltet (Hopt/Seibt/Knapp, aaO; Schmidt/Westpfahl/Seibt, aaO). Die Anwendung des § 78 InsO stellt sicher , dass einem Rechtsbehelf gegen den Beschluss über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nicht die aufschiebende Wirkung des § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7 Rn. 18 zu einer Anordnung nach Maßgabe des § 246a AktG) und mithin die einzelnen Anleihegläubiger mangels Handlungsfähigkeit des gemeinsamen Vertreters selbst gehalten wären, ihre Forderung anzumelden und ihre Befugnisse in einer Gläubigerversammlung wahrzunehmen (Hopt/Seibt/Knapp, aaO; Schmidt/Westpfahl/Seibt, aaO; Preuße/Scherber, aaO; Thole, ZIP 2014, 293, 297).
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2. Die Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG, § 78 Abs. 1 InsO ist hier nicht deswegen unanwendbar, weil die in Rede stehende Schuldverschreibung vor dem 5. August 2009 ausgegeben wurde. Gläubiger solcher Schuldverschreibungen sind berechtigt, gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG im Einverständnis mit dem Schuldner einen Opt-in-Beschluss zu treffen, um die Geltung des neuen Rechts zu verwirklichen.
15
a) Der Gesetzgeber hat das außer Kraft gesetzte Schuldverschreibungsgesetz des Jahres 1899 als nicht mehr hinreichend flexibel und verfahrensrechtlich veraltet angesehen. Das Schuldverschreibungsrecht sollte international üblichen Anforderungen soweit wie möglich angepasst werden (BT-Drucks. 16/12814, S. 1). Dabei wurde ausdrücklich die Notwendigkeit betont, den Gläubigern gerade in der Krise und der Insolvenz des Schuldners die Möglichkeit zu bestimmten Änderungen der Anleihebedingungen zu eröffnen (BT-Drucks.
16/12814, aaO). Zu diesem Zweck sollten die Befugnisse der Gläubiger gestärkt werden, mit Mehrheit über die Anleihebedingungen zu entscheiden (BTDrucks. , aaO S. 13). Der Gesetzgeber hat es als unverzichtbar bezeichnet, dass die Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners durch Mehrheitsentscheidung auf die verbrieften Rechte einwirken können (BT-Drucks., aaO S. 13).
16
b) Mit Rücksicht auf die sachlichen Vorzüge des neuen Rechts verleiht der Gesetzgeber den Gläubigern vor dem 5. August 2009 ausgegebener Schuldverschreibungen durch § 24 Abs. 2 SchVG die Befugnis, mit Zustimmung des Schuldners durch Mehrheitsbeschluss für die Anwendung des neuen Rechts zu optieren (BT-Drucks., aaO S. 27). Für diesen Beschluss gelten die Vorschriften des neuen Rechts (§ 24 Abs. 2 Satz 2 SchVG).
17
aa) Zwar war im Streitfall das Altrecht nach § 1 Abs. 1 SchVG 1899 nicht anwendbar, weil der Ausgabebetrag weder mindestens 300.000 Mark noch die Zahl der Gläubiger mindestens 300 beträgt (vgl. Ansmann, SchVG 1899, 1933, § 1 Anm. 38; Koenige, SchVG 1899, 1922, Einleitung vor § 1). Ein Beschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG ist jedoch auch zulässig, wenn die vor dem 5. August 2009 ausgegebenen Schuldverschreibungen nicht dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 unterfielen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7 Rn. 9 ff).
18
bb) Zur Anwendung des Neurechts können die Gläubiger vor dem Stichtag ausgegebener Schuldverschreibungen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG mit Zustimmung des Schuldners entweder eine Änderung der Anleihebedingungen oder den Austausch der Schuldverschreibungen gegen neue Schuldverschreibungen mit geänderten Anleihebedingungen beschließen. Soll - wie hier - das Neurecht durch eine Änderung der Anleihebedingungen für anwend- bar erklärt werden, stehen den Gläubigern hierfür im Wesentlichen zwei Vorgehensweisen offen. Zum einen können die Gläubiger einen isolierten Opt-inBeschluss fassen, durch den das Neurecht in seiner Gesamtheit auf die inhaltlich unveränderte Anleihe für anwendbar erklärt wird (Bliesener/Schneider in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl., 17. Kapitel § 24 Rn.11; Artzinger-Bolten/Wöckener in Hopt/Seibt, Schuldverschreibungsrecht , 2017, § 24 SchVG Rn.11). Dieser Grundlagenbeschluss kann auch durch einen pauschalen Verweis auf §§ 5 bis 21 SchVG geschehen (Hartwig-Jacob/ Friedl in Friedl/Hartwig-Jacob, SchVG, 2013, § 24 Rn. 14). Als Alternative können die Gläubiger einen Grundlagenbeschluss treffen, um die Geltung des Neurechts in seiner Gesamtheit anzuordnen, und in Ausführung dieses Beschlusses durch einen weiteren Beschluss über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters oder eine Änderung der konkreten Anleihebedingungen befinden. Beide Beschlüsse können in einem einheitlichen Abstimmungsverfahren ergehen (Artzinger-Bolten/Wöckener, aaO § 24 SchVG Rn. 12; Veranneman, SchVG, 2. Aufl., § 24 Rn. 8; Bliesener/Schneider, aaO 17. Kapitel § 24 Rn. 10, 12 f; Hartwig-Jacob/Friedl, aaO § 24 Rn. 28 f; Kusserow, WM 2011, 1645, 1646 f). Im Streitfall haben sich die Gläubiger über einen Grundlagenbeschluss zwecks Anwendung des Neurechts verständigt und darauf aufbauend, ohne die konkreten Anleihebedingungen zu modifizieren, einen gemeinsamen Vertreter bestellt.
19
3. Zwar wurde der Opt-in-Beschluss im Streitfall von den Gläubigern mit dem Einverständnis des Insolvenzverwalters auf der Grundlage des § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gefasst. Dies steht seiner Wirksamkeit aber nicht entgegen. Die Gläubiger konnten auch nach Verfahrenseröffnung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG im Einverständnis mit dem Insolvenzverwalter durch ei- nen Grundlagenbeschluss mehrheitlich für die Anwendung des neuen Rechts optieren.
20
a) Die Wirksamkeit eines Opt-in-Beschlusses scheitert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts (in diesem Sinne ebenfalls Veranneman, SchVG, aaO § 24 Rn. 7 unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/12814, S. 25) nicht daran, dass das Gesetz den Gläubigern nach Verfahrenseröffnung eine Beschlussfassung über die Änderung der Anleihebedingungen verwehrt.
21
Der Gesetzgeber hat beiläufig geäußert, die Gläubiger seien nach Verfahrenseröffnung abweichend von § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG nur noch befugt, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen (BT-Drucks, aaO). Dieser Hinweis könnte allenfalls mittelbar dahin zu deuten sein, dass die durch § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG eröffnete Möglichkeit einer Änderung der Anleihebedingungen nach Verfahrenseröffnung verschlossen ist. Da nur § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG erwähnt wird, ist der Äußerung schon nicht zu entnehmen, dass auch eine nach § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG zwecks Anwendung des Neurechts erforderliche Änderung der Anleihebedingungen unzulässig ist. Ferner hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzentwurfs die Notwendigkeit einer Änderung der Anleihebedingungen gerade in Krise und Insolvenz betont (BT-Drucks., aaO S. 1, 13) und es als "unverzichtbar" bezeichnet, dass die Gläubiger zur Sanierung oder in der Insolvenz des Schuldners auf die verbrieften Rechte einwirken können (BTDrucks. , aaO S. 13; BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7 Rn. 10). In Einklang hiermit ist der Gesetzgeber bei Schaffung des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2582) ausdrücklich von der Möglichkeit einer die Anleihebedingungen betreffenden (BT-Drucks., aaO S. 18) Beschlussfassung nach § 5 Abs. 3 Nr. 5 SchVG ausgegangen (BT-Drucks. 17/5712, S. 31; zutreffend Bren- ner/Moser, NZI 2016, 151). Darum wird auch im Schrifttum die Möglichkeit einer Beschlussfassung über eine Änderung der Anleihebedingungen nach Verfahrenseröffnung nicht grundsätzlich ausgeschlossen (Hopt/Seibt/Knapp, SchVG, 2017, § 19 Rn. 44, 59; Paul in BK-InsO, Stand 2017, § 19 SchVG Rn. 20). Vor diesem Hintergrund kann den Gesetzesmaterialien kein durchgreifender Hinderungsgrund dafür entnommen werden, nach Verfahrenseröffnung auf der Grundlage des § 24 Abs. 2 SchVG einen Opt-in-Beschluss zu fassen.
22
b) Auch die weitere Auslegung ergibt, dass der Gesetzgeber für die Anwendung des Neurechts in § 24 Abs. 2 SchVG eine von § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG abweichende eigenständige Regelung geschaffen hat (Brenner/Moser, NZI 2016, 151; Paul, aaO).
23
aa) In § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG ist vorgesehen, dass die Gläubiger mit Zustimmung des Schuldners, dessen Rechte nach Verfahrenseröffnung der Insolvenzverwalter wahrnimmt, eine Änderung der Anleihebedingungen oder den Austausch der Schuldverschreibungen gegen neue Schuldverschreibungen mit geänderten Anleihebedingungen beschließen können, um von den durch das Gesetz gewährten Neuregelungen Gebrauch machen zu können. Aus Wortlaut und Sinnzusammenhang des § 24 Abs. 2 SchVG lässt sich keine Einschränkung für die Zulässigkeit eines Opt-in-Beschlusses auf den Zeitraum vor einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners entnehmen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7 Rn. 11). Nach Verfahrenseröffnung eingreifende Beschränkungen einer Beschlussfassung über Anleihebedingungen betreffen allenfalls § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG, aber nicht § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG. Die Gläubiger können ohne Verankerung in den Anleihebedingungen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG) in der Insolvenz des Schuldners gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SchVG einen gemeinsamen Vertreter bestellen (Veranneman/Rattunde, SchVG, 2. Aufl., § 19 Rn. 49). In Übereinstimmung hiermit kann ebenso allein auf der Grundlage des § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG zugunsten des Neurechts optiert werden (vgl. BGH, aaO).
24
bb) Für die Beschlussfassung gelten gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchVG die Vorschriften dieses Gesetzes. Aufgrund der umfassenden Verweisung (Hartwig-Jacob/Friedl in Friedl/Hartwig-Jacob, SchVG, 2013, § 24 Rn. 15; Dippel/Preuße in Preuße, SchVG, 2011, § 24 Rn. 9) nimmt § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchVG auch § 19 SchVG in seinen Anwendungsbereich auf, der eine Spezialregelung für nach Insolvenzeröffnung zu treffende Beschlüsse der Gläubigerversammlung vorsieht. Der Verweis auch auf § 19 SchVG als Sondervorschrift für Beschlussfassungen im Zeitraum nach Verfahrenseröffnung wäre inhaltsleer, wenn ein Opt-in-Beschluss in der Insolvenz des Schuldners stets an der damit verbundenen Änderung der Anleihebedingungen scheitern müsste. Vielmehr ist die Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang dahin zu deuten, dass eine Änderung der Anleihebedingungen, die sich auf die Anwendung des Neurechts beschränkt, noch nach Verfahrenseröffnung mehrheitlich beschlossen werden darf.
25
cc) Zudem beschränkt sich der gemäß § 24 Abs. 2 SchVG zufassende Opt-in-Beschluss als Grundlagenbeschluss allein darauf, das Neurecht für anwendbar zu erklären, ohne die für die jeweilige Schuldverschreibung konkret vereinbarten Anleihebedingungen (§ 2 SchVG) zu modifizieren.
26
(1) Unter den Anleihebedingungen versteht § 2 Satz 1 SchVG die Bedingungen zur Beschreibung der Leistung sowie der Rechte und Pflichten des Schuldners und der Gläubiger. Die Änderung der Anleihebedingungen setzt grundsätzlich einen gleichlautenden Vertrag zwischen dem Schuldner und je- dem Gläubiger voraus. Zu einem solchen Vertrag können die Gläubiger gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG mit Mehrheit ihre Zustimmung erklären (BT-Drucks. 16/12814, S. 18).
27
(2) Die konkreten Anleihebedingungen, deren gläubigerfreundliche Modifizierung nach Verfahrenseröffnung Bedenken aufwerfen könnten (vgl. Friedl in Friedl/Hartwig-Jacob, SchVG, 2013, § 19 Rn. 36; Thole, ZIP 2013, 293, 295), werden durch einen isolierten Opt-in-Beschluss nicht berührt, der auf die unveränderte Schuldverschreibung lediglich das Neurecht für anwendbar erklärt. Soweit § 19 Abs. 1 SchVG Beschlüsse über eine Änderung der Anleihebedingungen verbietet, ist insbesondere der Regelungsbereich des § 2 SchVG gemeint, den § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG Mehrheitsentscheidungen unterwirft. Folglich können § 19 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG verletzt werden, sofern die Gläubiger im Anschluss an einen Opt-in-Beschluss durch einen Ausführungsbeschluss die konkreten Anleihebedingungen umgestalten. Hingegen besteht kein Hinderungsgrund, gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG nach Verfahrenseröffnung - wie im Streitfall - durch einen Grundlagenbeschluss in Verbindung mit der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters ohne Änderung der Anleihebedingungen isoliert für das Neurecht zu optieren.
28
dd) Schließlich wünscht der Gesetzgeber eine weite Geltung der neuen Regelungen, um den Schwächen des Schuldverschreibungsgesetzes des Jahres 1899 abzuhelfen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR, 381/13, BGHZ 202, 7 Rn. 10). Durch die Anwendung des Neurechts werden die Gläubiger nicht begünstigt , sondern nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers verstärkt in die Verantwortung genommen (BT-Drucks. 16/12814, S. 1, 13). Nach dem Schuldverschreibungsgesetz des Jahres 1899 kam in der Insolvenz des Schuldners nur eine Ermäßigung der Zinsen und eine Stundung der Hauptfor- derung in Betracht, befristet zudem auf drei Jahre. Ein Verzicht auf die Hauptforderung war jedoch ausgeschlossen. Das genügte nach Auffassung des Gesetzgebers ersichtlich nicht, wenn andere Gläubiger aus wirtschaftlichen Gründen ebenfalls auf Teile ihrer Forderungen verzichten müssen (BT-Drucks., aaO S. 13). Daraus folgt kein unzulässiger rückwirkender Eingriff in die Rechte der Anleihegläubiger. Es wird kein abgeschlossener Sachverhalt geregelt, sondern während eines Dauerschuldverhältnisses das anwendbare Recht geändert. Eine solche unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung ist verfassungsrechtlich zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - II ZR 381/13, BGHZ 202, 7 Rn. 12). Vor diesem Hintergrund ist die Befürchtung nicht gerechtfertigt , dass die Schuldverschreibungsgläubiger durch die Anwendung des Neurechts im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern eine Sonderbehandlung erfahren. Die Belange des Schuldners, dessen Zustimmung § 24 Abs. 2 Satz 1 SchVG verlangt, werden durch den Insolvenzverwalter wahrgenommen.
29
4. Da im Streitfall ein grundsätzlich möglicher Opt-in-Beschluss gefasst wurde, richtet sich seine Wirksamkeitskontrolle einschließlich der Einsetzung eines gemeinsamen Vertreters nach § 78 Abs. 1 InsO. Danach kann das Insolvenzgericht den Beschluss aufheben, wenn dies einer der Anleihegläubiger beantragt. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde eröffnet. Diesen Weg hat der Kläger indes nicht beschritten. Die gemäß § 20 SchVG erhobene Anfechtungsklage erweist sich damit als unzulässig. Ebenso kommt eine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) nicht in Betracht.

III.


30
Da sich die Revision des Beklagten als begründet darstellt, ist unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers die angefochtene Entscheidung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Infolge Entscheidungsreife (§ 563 Abs. 3 ZPO) ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Damit wird das Ersturteil des Landgerichts wiederhergestellt.
Kayser Gehrlein Grupp
Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 16.01.2015 - 2 HKO 2542/14 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 09.12.2015 - 13 U 223/15 -