Strafprozessrecht
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Strafprozessrecht
Strafprozessrecht
Das Strafprozessrecht ist das Verfahrensrecht - und damit die Grundlage - für den Strafprozess.
Es ist wie das materielle Strafrecht ein Teil des öffentlichen Rechts.
Der Prozess dient der Gewinnung einer richterlichen Entscheidung über Schuld und Strafe hinsichtlich einer vorgeworfenen Tat. Ziel ist nicht die Überführung des Angeklagten (histor. Inquisitionsprozess) sondern die Prüfung ob die verfassungsrechtlich vorausgesetzte Unschuldsvermutung (siehe Art. 6 Abs. 2 Europäische Menschenrechtskonvention) widerlegt oder bestätigt wird. Dabei soll das Verfahrensrecht eine Ordnungsfunktion haben die dem Rechtsstaatsprinzip gerecht wird und menschliches Irren möglichst in Schranken gehalten wird.
Das Rechtsstaatsprinzip als Grundlage des dt. Strafverfahrensrecht soll die Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit gewährleisten. Dazu gehört aber auch dass das Strafverfahrensrecht prozessuale Rechte wie z.B. das Zeugnisverweigerungsrecht oder Beschlagnahmeverbote kennt. Es kennt darüber hinaus den gesetzlichen (d.h. im Voraus bestimmbarer/zuständiger) und unabhängigen Richter, der die gewährleisteten Grundrechte beachtet. Der Angeklagte hat das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren.
Der Prozess hat den, in der durch Kläger erhobenen Anklage, geltend gemachten Tatvorwurf und den Urteilausspruch zum wesentlichen Inhalt. Nebenzweck des Prozesses soll aber auch die Rehabilitation des Verletzten oder des unschuldig Angeklagten sein.
Jedem Betroffenen soll die Gelegenheit gegeben werden sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen („rechtliches Gehör“, Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz). Ebenso hat er aber auch nicht die Verpflichtung sich selber anklagen oder Zeugnis ablegen zu müssen. („nemo tenetur se ipsum accusare, se ipsum procedere)
Anders als z.B. im amerikanischen Strafprozess, wo der Richter sich von der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft die relevanten Beweise vorlegen lässt, gilt im deutschen Strafprozessrecht der Grundsatz dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht zur Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichtet sind.
Der Strafprozess läuft nach bestimmten Grundsätzen (Verfahrensmaximen) ab:
Das Legalitätsprinzip
Die deutschen Strafverfolgungsbehörden haben demnach eine Verpflichtung ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wenn sie Kenntnis von einer Straftat erlangen (Verfolgungszwang). Darüber hinaus auch Anklage zu erheben, wenn die Voraussetzungen dazu bestehen (Anklagezwang).
Die Offizialmaxime
Die Strafverfolgung obliegt grundsätzlich dem Staat und nicht dem einzelnen Bürger. Die Staatsanwaltschaft hat demnach ein Anklagemonopol. Ausnahmen bestehen für die Privatklageverfahren.
Anklagegrundsatz (Akkusationsprinzip)
Nur auf Anklage kann es zu einer gerichtlichen Untersuchung kommen. Anklageorgan und Urteilsorgan sind strikt zu trennen.
Ermittlungsgrundsatz
Die Ermittlung des wahren Sachverhalts ist demnach das zentrale Anliegen des Strafprozesses. Die Amtsaufklärungspflicht begründet einen unverzichtbaren Anspruch darauf, dass z.B. die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und alle erlaubten Beweismittel erstreckt wird, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
In der mündlichen Verhandlung vor Gericht gelten zusätzlich der Öffentlichkeitsgrundsatz und der Mündlichkeitsgrundsatz.
Der Strafprozess lässt sich grob in das Erkenntnisverfahren und das Vollstreckungsverfahren gliedern
Erkenntnisverfahren
Es lässt sich selbst in das Ermittlungsverfahren (Ermittlung des „hinreichenden“ Tatverdachts und Anklageerhebung), das Zwischenverfahren (gerichtl. Überprüfung des „hinreichenden Tatverdachts“, u.U. Ermittlungsergänzungen, Eröffnungsbeschluss zum Hauptverfahren) und das Hauptverfahren vor Gericht (Wahrheitsermittlung, Freispruch oder Verurteilung) unterscheiden.
Vollstreckungsverfahren
Das Strafverfahrensrecht regelt darüber hinaus, wann die Beteiligten als Subjekte (auch der Beschuldigte) des Verfahrens das Recht oder die Pflicht haben, sich in das Verfahren einzuschalten, und welche Möglichkeiten ihnen für die eigene Prozessgestaltung zustehen.
Dies beinhaltet das Recht des Beschuldigten/Angeklagten sich selbst persönlich gegen strafrechtliche Vorwürfe zu verteidigen. Es soll verfahrensrechtliche „Waffengleichheit“ zwischen dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft gewahrt werden.
Das wohl wichtigste Recht des Beschuldigten besteht deshalb darin , sich durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu dürfen (vgl. § 137 StPO).
Zur Herstellung dieser Waffengleichheit ist der Beschuldigte aber in eigener Person regelmäßig nicht fähig (BVerfGE 110, 226).
Der Verteidiger ist verpflichtet, alle zugunsten des Beschuldigten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte geltend zu machen (BGH 9, 20).
Gerade die fachliche Kompetenz, v.a. im materiellen Strafrecht und dem Strafprozessrecht, durch die gleiche Ausbildung, gewährleistet eine effektive Durchführung der Verteidigung. Diese Kompetenz setzt bestimmte rechtliche, strategische und kommunikative Fähigkeiten voraus. So zum Beispiel sachdienliche Anträge an das Gericht stellen zu können oder entlastende Stellungnahmen abzugeben.
Schon vor einem möglichen Verfahren, in einem Erstgespräch nach einer polizeilichen Ladung kann der Verteidiger Hilfestellungen geben (z.B. das grds. keine Nachteile entstehen, wenn der Beschuldigte nicht bei der Polizei erscheint und keine Aussage macht).
Manchmal ist aber auch einfach die erforderliche Distanz zu dem Fall hilfreich. Zum Beispiel klingen kritische Fragen an Zeugen von dem Beschuldigten evtl. anmaßend oder sind peinlich wenn es um die Auskunft persönlicher Dinge geht.
Meistens kennt der Beschuldigte auch einfach nicht den feinen und wichtigen Unterschied zwischen dem „law in action“ und dem „law in books“, d.h. manchmal die Möglichkeit informeller Entscheidungen oder im Strafprozess von erheblicher Bedeutung, Beweisverbote.
Die Ausübung zahlreicher Befugnisse gibt das Gesetz zwar Verteidiger und Beschuldigten, jedoch andere Befugnisse stehen dagegen nur dem Verteidiger zu.
Aufgaben und Verteidigerwerkzeuge sind u.a.:
- Aufklärung und Beratung über die materielle und formelle Rechtslage (z.B. Gesetzesauslegung, Straferwartung)
- Stellungnahmen für den Beschuldigten
- Wahrnehmung bestimmter Verfahrensrechte, die auch dem Beschuldigten zustehen können (Beweisantragsrecht)
- Vertretung des Beschuldigten
- Spezifische Verteidigerrechte: z.B. Akteneinsicht, Kreuzverhör
- Möglichkeit eigene Ermittlungen durchzuführen
- Einreichen von Anträgen, Rügen, Widersprüchen, Rechtsbehelfen (z.B. Rechtsmittel der Berufung o. Revision)
- strafverfahrensrechtliche Absprachen ( sog. „Deals“)
In bestimmten Fällen ist die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig und dem Beschuldigten ggf. ein Pflichtverteidiger zu stellen (vgl. §§ 140 ff. StPO).
Weitere Rechtsquellen des Strafprozessrechts sind das Gerichtsverfassungsgesetz, das Verfassungsrecht, die Europäische Menschenrechtskonvention, das Jugendstrafgesetz und das Strafegesetzbuch.
Große Bedeutung hat in letzter Zeit vor allem das Internationale Recht durch die fortschreitende Globalisierung und Vernetzung und damit auch das internationale Strafverfahrensrecht gewonnen. Es umfasst die im Inland unmittelbar geltenden Rechtsvorschriften mit Bezug zum Ausland und behandelt Fragen über die Verfolgung vieler Straftaten durch Prozesshandlungen in mehreren Staaten (Ausnahme sind zwischenstaatliche Lösungen).
Besonders und praxisrelevant ist ebenso das Strafverfahren im Steuerrecht, welches gesondert in der Abgabenordnung (§§ 385 – 408 AO) geregelt ist und einige Abweichungen aufweist.
Anstelle der Staatsanwaltschaften tritt hier z.B. die Finanzbehörde auf. Es läuft zudem meist parallel zu dem eigentlichen Strafverfahren ab.
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