Strafrecht: Selbstbelastungsfreiheit und vernehmungsähnliche Befragung durch einen verdeckten Ermittler
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Die deutsche Strafprozessordnung enthält nur wenig ausdrückliche Beweisverwertungsverbote. Es bedarf demzufolge richterliche Rechtsprechung zur Verfestigung, ab wann die Erkenntnisse von verdeckten Ermittlungspersonen ein solches Verwertungsverbot zur Folge haben.
Ein Orientierungsmaßstab kann die folgende Entscheidung des Bundesgerichtshofes bilden, die die Befugnisse von V-Personen präzisiert: Der Angeklagte, der von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, darf nicht unter Ausnutzung des aufgebauten Vertrauensverhältnisses zu Angaben gedrängt werden.
1.Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit – nemo tenetur
Die Selbstbelastungsfreiheit trägt in der folgenden Entscheidung eine maßgebliche Rolle. Aus diesem Grund ist es notwendig, dessen Bedeutung an dieser Stelle hinreichend zu erklären.
Der Grundsatz nemo-tenetur aus dem römischen Recht, auch sog. Selbstbelastungsfreiheit, ist ein Recht des Beschuldigten. Normiert ist er in § 136 I sowie in § 163 StPO.
Er besagt, dass einem Beschuldigten grundsätzlich die Freiheit zugesprochen wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht auszusagen. Er darf nicht dazu verpflichtet werden, zu seiner eigenen Überführung bzw. Verurteilung aktiv beizutragen. Ein solcher Grundsatz, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht und insoweit ein Schweigerecht besteht, ist notwendig Bestandteil eines fairen Verfahrens. Macht ein Angeklagter von seinem Schweigerecht Gebrauch, so darf dies nicht zu seinem Nachteil gewertet werden.
2. Gegenstand des Urteils; Entscheidung des Landgerichtes
Nach den Feststellungen des Landgerichtes betäubte der Angeklagte in seiner Wohnung auf der Insel Mallorca ein 15-jähriges Mädchen mit Betäubungsmittel. In der Folge starb sie.
Der Angeklagte bestritt seither den Mordvorwurf und machte vielmehr mehrfach deutlich, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wollte. Weitere Ermittlungen waren vergeblich.
In der Folge wurde gegen den Angeklagten ein verdeckter Ermittler angesetzt. Im Laufe eines Jahres gewannen die beiden ein Vertrauensverhältnis zueinander. Während eines Hafturlaubs (die Vertrauensperson befand sich in der Zeit in Strafhaft) lenkte die V-Person das Gespräch gezielt auf die Tat des Angeklagten – insb. des Tatvorwurfs- und drängte ihn zu Angaben. Der Angeklagte gab die Täterschaft an der Tat zu und gab – auf Nachfrage der Person – zahlreiche Einzelheiten zur Tat Preis.
Das Landgericht hatte den Angeklagten - aufgrundlage der Erkenntnise durch die V-Person - wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
3.Entscheidung des Bundesgerichtshofes - Beweisvertungsverbot liegt vor
Der Angeklagte erhob Revision in Form einer Verfahrensrüge. Die Revision vor dem Bundesgerichtshof hatte Erfolg.
Der Senat hob die Entscheidung aus dem Grund auf, dass ein Verwertungsverbot bezüglich der Angaben des Angeklagten zum Tatgeschehen bestanden. Die Angaben wurden dem Angeklagten von einem verdeckten Ermittler entlockt und waren nach Ansicht des BGH für seine Überführung von zentraler Bedeutung – allerdings unterliegen diese einem Verwertungsverbot.
Der 3. Senat des BGH führte in seiner Entscheidung aus, dass der Einsatz eines verdeckten Ermittlers zwar im Grundsatz zulässig sei. Er betonte allerdings, dass eine V-Person den Angeklagten, welcher sich vorher auf sein Schweigerecht berufen hat, unter Ausnutzung des geschaffenen Vertrauensverhältnisses keinesfalls zu einer Aussage drängen darf. Vielmehr darf er den Angeklagten in einer solchen vernehmungsähnlichen Befragung nicht zu Angaben auffordern, die ohne die Täuschung – bei einer förmlichen Vernehmung – nicht zu gewinnen gewesen wäre.
Ein solches Vorgehen verletzt den Grundsatz der Aussagefreiheit. Der BGH verwies die Sache zurück an das Landgericht zur erneuten Entscheidung.
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Der BGH (3 StR 104/07) hat am 26.07 2007 folgendes entschieden:
Zum Sachverhalt:
Nach den Feststellungen des angegriffenes Urteils betäubte der Angekl. am 1. 8. 2002 in seiner Wohnung auf Mallorca ein 15 Jahre altes Mädchen, das danach verstarb. Von zentraler Bedeutung für die Beweiswürdigung der StrK zur Täterschaft des Angekl. waren dessen Angaben gegenüber einem Verdeckten Ermittler und seine Aussagen in einer anschließend von Kriminalbeamten durchgeführten Beschuldigtenvernehmung. Mit seiner Verfahrensrüge machte der Angekl. geltend, dass diese Angaben unverwertbar seien. Ihr liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Im Januar 2003 leitete die StA gegen den Angekl., der sich zu dieser Zeit in anderer Sache in Strafhaft befand, ein Ermittlungsverfahren wegen Mordverdachts ein. Der Angekl., der durch Presseberichte von dem gegen ihn bestehenden Verdacht erfahren hatte, bestritt gegenüber einem Kriminalbeamten die Tat und teilte mit, er werde auf Anraten seines Verteidigers von seinem Schweigerecht Gebrauch machen und erst nach Akteneinsicht umfassend aussagen. Zu einer förmlichen Vernehmung des Angekl. kam es zunächst nicht. Nachdem sich der gegen den Angekl. bestehende Verdacht trotz umfangreicher polizeilicher Ermittlungen nicht hatte erhärten lassen und weitere erfolgversprechende Ermittlungsansätze nicht bestanden, genehmigte das AG auf Antrag der StA mit Beschluss vom 28. 10. 2003 den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers. Die Genehmigung wurde mehrfach verlängert.
Auf Grund der Beschlüsse wurde vom 16. 12. 2003 bis 7. 1. 2005 ein Verdeckter Ermittler gegen den Angekl. eingesetzt. Ein erster Gesprächskontakt fand im Rahmen eines arrangierten Gefangenentransports statt. In der Folgezeit besuchte der Verdeckte Ermittler den Angekl. bis Anfang Januar 2005 13 mal in der Justizvollzugsanstalt. Später begleitete er ihn auf zwei Ausgängen sowie zwei eintägigen Hafturlauben, die auf Initiative der Strafverfolgungsorgane bewilligt worden waren. Im Laufe der Zeit fasste der Angekl. Vertrauen zu dem Verdeckten Ermittler. Dieser war seine einzige Kontaktperson außerhalb der Justizvollzugsanstalt; als solche benötigte der Angekl. ihn auch für Vollzugslockerungen. Der Angekl. erzählte dem Verdeckten Ermittler von den gegen ihn geführten Ermittlungen sowie den ihn belastenden Indizien und überließ ihm Kopien der Ermittlungsakten zur Einsichtnahme. Dabei bestritt er, die Tat begangen zu haben. Anfang 2005 wurde dem Angekl. ein einwöchiger Hafturlaub bewilligt. In diesem Urlaub, den er in einer ihm vom Verdeckten Ermittler zur Verfügung gestellten Wohnung verbrachte, sprach dieser ihn am 6. 1. 2005 gezielt auf den Tatvorwurf an. In einem teilweise erregt geführten Gespräch bedrängte der Verdeckte Ermittler den Angekl. unter Hinweis auf das zwischen ihnen bestehende Vertrauensverhältnis, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Der Angekl., der sich im Hinblick auf die weitere Haftzeit und geplante gemeinsame Geschäfte das Vertrauen des Verdeckten Ermittlers erhalten wollte, räumte schließlich seine Täterschaft ein.
Er schilderte auf zahlreiche Nachfragen des Verdeckten Ermittlers Einzelheiten des Tatgeschehens, das er allerdings beschönigend darstellte, und beschrieb insbesondere detailliert die Beseitigung der Leiche sowie der Tatspuren. Am nächsten Tag ergänzte er seine Angaben. Die Gespräche wurden auf der Grundlage von Beschlüssen des AG abgehört und auf Tonträgern aufgezeichnet. Nachdem der am 7. 1. 2004 vorläufig festgenommene Angekl. über den Einsatz des Verdeckten Ermittlers und die Gesprächsaufzeichnungen informiert worden war, machte er nach Belehrung über seine Rechte als Beschuldigter in einer förmlichen Vernehmung im Wesentlichen dieselben Angaben wie gegenüber dem Verdeckten Ermittler. Vor der Vernehmung hatte ein Kriminalbeamter dessen Vorgehen als rechtlich einwandfrei und die dabei erlangten selbst belastenden Äußerungen als gerichtsverwertbar bezeichnet. In der Hauptverhandlung hat die Verteidigung einer Verwertung der Angaben des Angekl. gegenüber dem Verdeckten Ermittler und bei der Beschuldigtenvernehmung widersprochen.
Das LG hat den Widerspruch zurückgewiesen. Es hat den Angekl. wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und gegen ihn unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem rechtskräftigen Urteil eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verhängt.
Die hiergegen gerichtete Revision der StA, mit der die Ablehnung eines bedingten Tötungsvorsatzes gerügt wurde, blieb ohne Erfolg; die Revision des Angekl. führte zur Aufhebung des angegriffenes Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
Aus den Gründen:
B. Revision des Angeklagten
II. Die Rüge, dass die Angaben des Angekl. gegenüber dem Verdeckten Ermittler und seine Aussagen in der anschließenden Beschuldigtenvernehmung nicht hätten verwertet werden dürfen, ist begründet.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass gegen den Angekl. ein Verdeckter Ermittler eingesetzt worden ist. Die Voraussetzungen für den Einsatz lagen unter den gegebenen Umständen vor (§ 110a I4 StPO). Die nach § 110b II Nr. 1 StPO erforderliche richterliche Zustimmung war eingeholt worden.
Dementsprechend sind im Grundsatz die von dem eingesetzten Verdeckten Ermittler gewonnenen Erkenntnisse verwertbar. Es hätten etwa keine Bedenken bestanden gegen die Verwertung von Wahrnehmungen, die dieser bei Begegnungen mit dem Angekl. gemacht, oder von Beweismitteln, die er im Rahmen seines Einsatzes gefunden hätte. Insbesondere hätten auch der Verwertung von Äußerungen des Angekl. keine rechtlichen Hindernisse entgegengestanden, die dieser – jedenfalls außerhalb bestimmter Haftsituationen (vgl. dazu BGHSt 34, 362 = NJW 1987, 2525 = NStZ 1989, 33; BGHSt 44, 129 = NJW 1998, 3506 = NStZ 1999, 147) – auf Grund des von dem Verdeckten Ermittler geschaffenen Vertrauensverhältnisses diesem gegenüber von sich aus gemacht hätte. Dass ein Verdeckter Ermittler nicht gehalten ist, den Beschuldigten, gegen den er eingesetzt ist, über sein Schweigerecht zu belehren, wenn dieser dazu ansetzt, über die Tat zu berichten, versteht sich aus dem Wesen des von der Strafprozessordnung zugelassenen Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und begegnet auch mit Blick auf die verfassungsmäßigen und prozessualen Rechte des Beschuldigten keinen Bedenken. Solange der Verdeckte Ermittler den Beschuldigten zu selbstbelastenden Äußerungen nicht drängt oder ihm solche nicht in anderer Weise – insbesondere durch gezielte Befragungen – entlockt, dürfen diese verwertet werden. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen ist bei wertender Betrachtung die Situation keine andere, als wenn der Beschuldigte sich einem Freund, Bekannten oder sonstigen Dritten, denen er sein Vertrauen schenkt, in der irrigen Annahme offenbart, dieser werde die belastenden Informationen für sich behalten und nicht an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben.
2. Verfahrensrechtlich unzulässig wurde der Einsatz des Verdeckten Ermittlers hier dadurch, dass er den Angekl., der sich für das Schweigen zum Tatvorwurf entschieden und dies einem Polizeibeamten mitgeteilt hatte, unter Ausnutzung des geschaffenen Vertrauens zu einer Aussage gedrängt und in einer vernehmungsähnlichen Weise zu den Einzelheiten befragt hatte.
a) Ein solches Verhalten beinhaltet allerdings keinen Verstoß gegen §§ 163a, 136 I StPO. Diese Vorschriften sind nicht unmittelbar anwendbar, weil zum Begriff der Vernehmung im Sinne der Strafprozessordnung gehört, dass der Vernehmende der Auskunftsperson (also dem Beschuldigten, Zeugen oder dem Sachverständigen) in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihr Auskunft (eine „Aussage”) verlangt (BGHSt [GSSt] 42, 139[145 f.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502). Sie sind nach ihrem Sinn und Zweck, den Beschuldigten vor der irrtümlichen Annahme einer Aussagepflicht zu bewahren, auch nicht entsprechend anzuwenden. Mit der Erwägung, es handle sich um eine „vernehmungsähnliche Situation”, lässt sich eine entsprechende Anwendung nicht rechtfertigen (BGHSt 42, 139 [146 ff.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502). Schließlich stellt sich das in Frage stehende Verhalten des Verdeckten Ermittlers auch nicht als eine unzulässige Umgehung der §§ 163 a, 136 I StPO dar (vgl. näher BGHSt 42, 139 [148 f.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502).
b) Entgegen der Ansicht des Bf. sind seine Angaben gegenüber dem Verdeckten Ermittler auch nicht nach § 136a III 2 StPO unverwertbar. In der das Ermittlungsinteresse nicht aufdeckenden Befragung durch den Verdeckten Ermittler liegt kein Verstoß gegen die – unmittelbar oder entsprechend angewandte – Regelung der §§ 163aIII, 136 a I StPO. Das ergibt sich aus einer systematischen, die anderen in § 136a I StPO aufgeführten verbotenen Mittel berücksichtigenden Betrachtung. Mit der Beeinträchtigung der Willensentschließungsfreiheit durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln oder Quälerei lässt sich eine verdeckte Befragung des Beschuldigten nicht vergleichen (vgl. BGHSt 42, 139[149] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502).
c) Schließlich lässt sich die Unzulässigkeit der Befragung des Angekl. zum Tatvorwurf durch den Verdeckten Ermittler auch nicht mit der Erwägung begründen, dass das Bild der Vernehmung des Beschuldigten nach der Strafprozessordnung das eines offenen, den amtlichen Charakter der Befragung und das Ermittlungsinteresse offenbarenden Vorgangs ist. Indem die Strafprozessordnung etwa vorschreibt, dass der Beschuldigte zu seiner Vernehmung schriftlich zu laden ist, dass ihm zu Beginn seiner Vernehmung zu eröffnen ist, welche Tat ihm zur Last gelegt wird, und dass er über seine Aussagefreiheit zu belehren ist, untersagt sie den Strafverfolgungsbehörden nicht zugleich (mittelbar) jede andere Art und Weise der „Kommunikation mit einem Tatverdächtigen”. Die Ausgestaltung der Vernehmung als eines „offenen” Vorgangs durch die Strafprozessordnung ist nicht Ausdruck eines dem Gesetz als allgemeines Prinzip zu Grunde liegenden Grundsatzes, nach dem Ermittlungen und speziell Befragungen des Beschuldigten nicht heimlich, das heißt ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht, erfolgen dürften (BGHSt 42, 139[149 ff.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502, mit näherer Begr.).
d) Unter den hier gegebenen Umständen verstößt die Befragung des Angekl. zu den Tatvorwürfen durch den Verdeckten Ermittler aber gegen den Grundsatz, dass niemand verpflichtet ist, zu seiner eigenen Überführung beizutragen, insbesondere sich selbst zu belasten („nemo tenetur se ipsum accusare”).
aa) Die Selbstbelastungsfreiheit (vgl. BGHSt 42, 139 [151f.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502; BGHSt 38,
214 [220] = NJW 1992, 1463 = NStZ 1992, 294; BGHSt 36, 328[332] = NJW 1990, 1426; BGHSt 34, 39 [46] = NJW 1986, 2261) zählt zu den Grundprinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Sie hat in der Strafprozessordnung in den §§ 55, 136 I, 136a I und III, 163a III sowie § 243 IV 1 Niederschlag gefunden und in Art. 14III lit. g des Internationalen Paktes vom 19. 12. 1966 über bürgerliche und politische Rechte in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz zu diesem Pakt vom 15. 11. 1973 (BGBl II 1973, 1533; PBPR) eine ausdrückliche gesetzliche Verankerung erfahren. Sie ist verfassungsrechtlich abgesichert durch die gem. Art. 1, 2 I GG garantierten Grundrechte auf Achtung der Menschenwürde sowie der freien Entfaltung der Persönlichkeit (BVerfGE 56, 37 [43 ff.] = NJW 1981, 1431) und gehört zum Kernbereich des von Art. 6 EMRK garantierten Rechts auf ein faires Strafverfahren (EGMR, StV 2003, 257 [259]). Die Selbstbelastungsfreiheit entspricht der prozessualen Stellung des Beschuldigten im Strafprozess, der Beteiligter und nicht Objekt des Verfahrens ist, und hat Vorrang vor der ebenfalls im Verfassungsrang stehenden Pflicht des Staates zu einer effektiven Strafverfolgung (vgl. BVerfGE 80, 367 [375] = NJW 1990, 563 = NStZ 1990, 89). Dabei gilt sie unabhängig von der Schwere des Tatvorwurfs; die Strafprozessordnung zwingt nicht zur Wahrheitserforschung um jeden Preis (vgl. BGHSt 14, 358 [365] = NJW 1960, 1580).
bb) Über Inhalt und Reichweite des Nemo-tenetur-Grundsatzes im Einzelnen besteht – zwischen Literatur und Rechtsprechung, aber auch innerhalb der Rechtsprechung – noch keine Einigkeit.
Nach seinen bislang in der Rechtsprechung des BGH anerkannten Ausprägungen beinhaltet der Nemo-tenetur-Grundsatz das Verbot von Zwang. Im Strafverfahren darf – so auch die Formulierung in Art. 14 III lit. g I PBPR – niemand gezwungen werden, sich selbst durch eine Aussage einer Straftat zu bezichtigen und damit zu seiner Überführung beizutragen oder anders als durch Äußerungen zum Untersuchungsgegenstand aktiv an der Aufklärung des Sachverhalts (etwa durch Teilnahme an Tests oder Tatrekonstruktionen) mitzuwirken (BGHSt 42, 139 [151 f.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502). In der grundlegenden Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen heißt es dazu:
„Gegenstand des Schutzes des Nemo-tenetur-Grundsatzes ist die Freiheit von Zwang zur Aussage oder zur Mitwirkung am Strafverfahren. Die Freiheit von Irrtum fällt nicht in den Anwendungsbereich dieses Grundsatzes” (BGHSt 42, 139 [153] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502).
Der EGMR hat demgegenüber festgestellt, dass das Recht zu schweigen und der Schutz vor Selbstbelastung zwar in erster Linie dazu dienten, den Beschuldigten gegen unzulässigen Zwang der Behörden und die Erlangung von Beweisen durch Methoden des Drucks zu schützen; jedoch sei „der Anwendungsbereich des Rechts nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Beschuldigte Zwang widerstehen musste”. Das Recht, das zum Kernbereich des fairen Verfahrens gehört, „dient prinzipiell der Freiheit einer verdächtigen Person zu entscheiden, ob sie in Polizeibefragungen aussagen oder schweigen will” (EGMR, StV 2003, 257 [259] – Allan/Großbritannien).
Diese Erwägungen des EGMR könnten mit Blick auf andere Fallgestaltungen Anlass zur Prüfung geben, ob an der – anscheinend restriktiveren – Bestimmung der Reichweite des Nemo-tenetur-Prinzips durch den Großen Senat für Strafsachen festgehalten werden kann und welche Konsequenzen sich insbesondere für Fälle der Art ergeben, wie sie in dem damaligen Ausgangsverfahren zur Beurteilung anstanden.
cc) Dies kann hier indes dahinstehen.
α) Der zu beurteilende Sachverhalt wird wesentlich dadurch geprägt, dass der Angekl. gegenüber einem Polizeibeamten erklärt hatte, er werde auf Anraten seines Verteidigers zurzeit von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Wenn der Einsatz des Verdeckten Ermittlers nicht schon von vornherein darauf angelegt war, so diente er jedenfalls in der entscheidenden Phase des Hafturlaubs im Januar 2005 aber gerade dazu, dem Angekl. unter Ausnutzung der geschaffenen Vertrauensstellung Aussagen zum Tatgeschehen und seiner Beteiligung zu entlocken und durch gezielte Fragen des mit den Ermittlungsergebnissen vertrauten Verdeckten Ermittlers selbstbelastende Angaben zu erhalten; auf diese Weise sollte in Verbindung mit den vorhandenen anderen Beweismitteln seine Überführung sichergestellt werden.
ß) Erklärt der Beschuldigte, wie hier der Angekl., in einem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren gegenüber den Ermittlungsbehörden, schweigen zu wollen, so verdichtet sich der allgemeine Schutz, den ihm der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit bietet, in der Weise, dass die Strafverfolgungsbehörden seine Entscheidung für das Schweigen grundsätzlich zu respektieren haben. Es kann dahingestellt bleiben, was daraus für das Verhalten von Vernehmungspersonen, die dem Beschuldigten in amtlicher Eigenschaft offen gegenübertreten, im Einzelnen folgt, insbesondere, welchen Grenzen Versuche unterliegen, den Beschuldigten zu einem Überdenken seiner Entscheidung zu veranlassen. Mit dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist es jedenfalls nicht vereinbar, dem Beschuldigten, der sein Schweigerecht in Anspruch genommen hat, in gezielten, vernehmungsähnlichen Befragungen, die auf Initiative der Ermittlungsbehörden ohne Aufdeckung der Verfolgungsabsicht durchgeführt werden, wie etwa durch Verdeckte Ermittler, selbstbelastende Angaben zur Sache zu entlocken.
γ) Nur diese Bewertung entspricht der Auffassung des EGMR, dessen Auslegung der innerstaatlich im Range eines einfachen Bundesgesetzes geltenden Europäischen Konvention für Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Anwendung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfGE 111, 307 = NJW 2004, 3407[3409]; Meyer-Goßner, Vorb. Art. 1 MRK Rdnrn. 3 ff. m.w. Nachw.). Sie weicht auch nicht von der Rechtsprechung anderer Senate und insbesondere der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachenaus dem Jahre 1996 ab.
Der EGMR hat in der bereits zitierten Entscheidung Allan/Großbritannien ausgeführt, dass die zum Schweigerecht und zum Schutz vor Selbstbelastungsfreiheit gehörende freie Entscheidung, auszusagen oder zu schweigen, „effektiv unterlaufen (wird), wenn die Behörden in einem Fall, in dem der Beschuldigte, der sich in der Vernehmung für das Schweigen entschieden hat, eine Täuschung anwenden, um dem Beschuldigten Geständnisse oder andere belastende Aussagen zu entlocken, die sie in der Vernehmung nicht erlangen konnten, und die so erlangten Geständnisse oder selbst belastenden Aussagen in den Prozess als Beweise einführen”. Ob das Schweigerecht in einem solchen Maße missachtet wird, dass eine Verletzung von Art. 6 der Konvention vorliegt, hängt – wie der Gerichtshof weiter ausgeführt hat – zwar von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine solche Verletzung muss aber nach den weiteren Erwägungen der Entscheidung angenommen werden, wenn der Informant – wie bei einem Verdeckten Ermittler unzweifelhaft der Fall – als Agent des Staates handelt und die fraglichen Beweise als vom Informanten entlockt anzusehen sind. Dies wiederum hängt „von der Art der Beziehung zwischen dem Informanten und dem Beschuldigten und davon ab, ob sich das Gespräch des Informanten mit dem Beschuldigten als funktionales Äquivalent einer staatlichen Vernehmung darstellt” (EGMR, StV 2003, 257 [259]).
Der Rechtsprechung des BGH scheint zwar in der Tendenz ein engeres Verständnis vom Regelungsgehalt des Nemo-tenetur-Grundsatzes zu Grunde zu liegen. Dafür spricht insbesondere die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen, die – wie dargestellt – hervorhebt, dass der Grundsatz die Freiheit von Zwang zur Aussage beinhaltet (BGHSt 42, 139 [151 ff.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502). Indes hat auch der Große Senat ausdrücklich die rechtsstaatlichen Grenzen betont, die der vernehmungsähnlichen Befragung von Tatverdächtigen ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht – wegen ihrer Nähe zum Nemo-tenetur-Prinzip (BGHSt 42, 139 [156] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502) – gesetzt sind (BGHSt 42, 139 [154ff.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502). Aus dieser Nähe sowie aus dem Rechtsstaatsprinzip, speziell dem Grundsatz des fairen Verfahrens, könne sich eine heimliche Befragung im Einzelfall auch unter Berücksichtigung des Gebots einer effektiven Strafverfolgung als unzulässig erweisen (vgl. BGHSt 42, 139 [156 f.] = NJW 1996, 2940= NStZ 1996, 502). Abgesehen von diesen ganz allgemein bestehenden – durch Abwägung im Einzelfall zu ermittelnden – Grenzen steht nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen aber auch außer Frage, dass in verschiedenen Sachverhalten die heimliche Befragung von Tatverdächtigen aus rechtsstaatlichen Gründen von vornherein unzulässig ist (BGHSt 42, 139 [154 f.] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502). Als Beispiele aus der älteren Rechtsprechung werden in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Fälle erwähnt, dass einem Untersuchungshäftling ein Spitzel in die Zelle gelegt (BGHSt 34, 362 = NJW 1987, 2525 = NStZ 1989, 33; vgl. auch BGHSt 44, 129 = NJW 1998, 3506 = NStZ 1999, 147) oder das gesprochene Wort verbotswidrig fixiert wurde (BGHSt 31, 304 = NJW 1983, 1570; BGHSt 34, 39 = NJW 1986, 2261). Der Große Senathat als weiteren möglichen Anwendungsfall einer aus rechtsstaatlichen Gründen absolut unzulässigen heimlichen Befragung des Beschuldigen den der gezielten Anbahnung eines Liebesverhältnisses zur Gewinnung von Informationen genannt und daran anschließend weiter ausgeführt, dass „auch an einen Fall gedacht werden kann, in dem der Beschuldigte durch eine Privatperson befragt wurde, obwohl er zuvor in einer Vernehmung ausdrücklich erklärt hatte, keine Angaben zur Sache machen zu wollen” (BGHSt 42, 139 [155] = NJW 1996, 2940 = NStZ 1996, 502).
Diese Ausführungen betreffen zwar unmittelbar nur die Befragung des Tatverdächtigen durch eine Privatperson, die auf Veranlassung der Ermittlungsbehörden tätig wird. Mit Blick auf den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und den Sinn und Zweck dieses Prinzips kann aber für eine Befragung durch einen Verdeckten Ermittler nichts anderes gelten.
d) Gegen die Beschränkungen, die sich nach alledem für das Vorgehen der Ermittlungsbehörden ergeben – sei es unmittelbar aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz, sei es aus den mit Blick auf ihn zu stellenden Anforderungen an ein faires, rechtsstaatliches Verfahren –, haben diese mit der Befragung des Angekl. durch den Verdeckten Ermittler verstoßen.
Der Angekl. hat gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten erklärt, er wolle auf Anraten seines Verteidigers von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Dass er diese Erklärung nicht in einer förmlichen Vernehmung nach Belehrung über sein Schweigerecht abgegeben hat und es überhaupt zu einer förmlichen Vernehmung in dieser Sache zunächst nicht gekommen ist, ist für die rechtliche Bewertung nach dem Sinn und Zweck des Nemo-tenetur-Grundsatzes ohne Bedeutung. Desgleichen ist ohne Belang, dass sich der Angekl. nach seiner Erklärung, schweigen zu wollen, bei der Kriminalpolizei immer wieder nach dem Ermittlungsstand erkundigt, sich ungefragt zur Tat sowie den Ermittlungen geäußert und mehrmals eine mögliche Aussage – nach Akteneinsicht und Absprache mit seinem Verteidiger – in Aussicht gestellt hat. Sein wenig konsequentes Verhalten hätte es allerdings gerechtfertigt, jeweils nach einer das Ermittlungsverfahren und den Tatvorwurf berührenden Äußerung nachzufragen, ob er hinsichtlich seiner Entscheidung für das Schweigen anderen Sinnes geworden und nunmehr zur Äußerung bereit sei. Ohne eine solche Nachfrage und ohne eine entsprechende Erklärung des Angekl. hat sich aber nichts daran geändert, dass er unter Berufung auf sein Schweigerecht deutlich erklärt hat, zur Sache keine Angaben machen und sich insbesondere keiner Vernehmung mit gezielten Nachfragen durch den Vernehmungsbeamten stellen zu wollen.
[34] Die Entscheidung des Angekl. für die Inanspruchnahme seines Schweigerechts haben die Strafverfolgungsorgane durch die Art und Weise der Informationsgewinnung seitens des eingesetzten Verdeckten Ermittlers massiv verletzt. Dieser hat sich nicht darauf beschränkt, das zwischen ihm und dem Angekl. geschaffene Vertrauen dafür zu nutzen, Informationen aufzunehmen, die der Angekl. von sich aus zum Tatgeschehen oder ermittlungsrelevanten Umständen machte. Gegen eine Verwertung solcher Erkenntnisse werden in der Regel auch dann keine Bedenken bestehen, wenn der Beschuldigte sich vorher ausdrücklich für das Schweigen entschieden und dies erklärt hat. Da ein solches Vorgehen von den gesetzlichen Vorschriften über den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers gedeckt ist, berührt die mit ihr verbundene Täuschung das Nemo-tenetur-Prinzip nicht in relevanter Weise. Hier hat der Verdeckte Ermittler dem Angekl. aber durch beharrliche Fragen und unter Hinweis auf das vorgetäuschte Vertrauensverhältnis selbst belastende Äußerungen entlockt, zu denen er bei einer förmlichen Vernehmung nicht bereit gewesen wäre. Die Befragung durch den Verdeckten Ermittler war, wie die Aufzeichnungen belegen, in einer Weise intensiv, dass sich – in den Worten des EuGH – „das Gespräch als funktionales Äquivalent einer staatlichen Vernehmung darstellt”.
Die Missachtung des Rechts des Angekl., selbst frei zu entscheiden, ob er aussagen oder schweigen wollte, wiegt dabei hier umso schwerer, als die Strafverfolgungsbehörden gezielt die besonderen Belastungen der Haftsituation ausnutzten, um ihm Täterwissen zu entlocken. Der Angekl. befand sich in anderer Sache in Strafhaft. Nach den Feststellungen war der Verdeckte Ermittler die einzige Person außerhalb der Justizvollzugsanstalt, mit der er Kontakt hatte. Damit er Vollzugslockerungen wie Ausgang oder Hafturlaub erhalten konnte, war er auf die Mitwirkung des Verdeckten Ermittlers angewiesen. Dieser stellte ihm zudem gemeinsame Geschäfte und damit eine Lebensperspektive nach Haftverbüßung in Aussicht. Zusammengefasst konnte sich der Angekl. den Einwirkungen des Verdeckten Ermittlers nur beschränkt entziehen. Auch wenn die zur Aufdeckung seiner Täterschaft führende Befragung letztlich außerhalb der Justizvollzugsanstalt während eines Hafturlaubs stattfand, war die Entscheidungsfreiheit des Angekl. so stark eingeschränkt, dass seine Situation der besonderen Zwangssituation eines Untersuchungshäftlings nahekam, dem ein Polizeispitzel in die Zelle gelegt wird (vgl. BGHSt 34, 362 = NJW 1987, 2525 = NStZ 1989, 33). Das gilt umso mehr, als sich der Verdeckte Ermittler bei den entscheidenden Befragungen nicht darauf beschränkte, das ihm vom Angekl. entgegengebrachte Vertrauen für Fragen auszunutzen, sondern diesen massiv – unter anderem mit der Ankündigung, die für den Angekl. einzige Beziehung in die Welt außerhalb der Vollzugsanstalt abzubrechen – zu Angaben drängte. Insofern ist es für die rechtliche Beurteilung unerheblich, dass der Angekl. zu Beginn des Kontakts mit dem Verdeckten Ermittler kurzfristig in Erwägung gezogen hatte, dieser könne ein Polizeispitzel sein; denn er ging anschließend von einer vertrauensvollen Beziehung auf privater Ebene aus.
3. Die nach alledem unzulässige Beweisgewinnung durch den Verdeckten Ermittler hat – wegen des gravierenden Eingriffs in die prozessualen Rechte des Angekl. – ein Beweisverwertungsverbot zur Folge.
Dieses Beweisverwertungsverbot erstreckt sich auch auf die Aussage des Angekl. bei der polizeilichen Vernehmung. Zwar wurde dieser vor der Vernehmung gem. §§ 136 I 2, 163a IV 2 StPO ordnungsgemäß über sein Schweigerecht und sein Recht zur Verteidigerkonsultation belehrt, jedoch wirkte bei der Vernehmung die rechtsstaatswidrige Beweisgewinnung durch den Verdeckten Ermittler fort. Die Äußerungen zum Tatgeschehen waren dem Angekl. kurze Zeit zuvor entlockt worden, ein Kriminalbeamter bezeichnete sie ihm gegenüber als gerichtsverwertbar. Da er unter diesen Umständen davon ausgehen musste, seine Angaben gegenüber dem Verdeckten Ermittler könnten ohnehin gegen ihn verwendet werden, war er sich seiner Entscheidungsmöglichkeit, zur Sache auszusagen oder zu schweigen, nicht bewusst. Dies hat die Fortwirkung des Beweisverwertungsverbots zur Folge (vgl. BGHSt 17, 364 [367 f.] = NJW 1962, 1972; BGHSt 37, 48, [53] = NJW 1990, 2633 = NStZ 1990, 446; BGH, NStZ 1988, 41; Boujong, in: KK-StPO, 5. Aufl., § 136 Rdnr. 29 u. § 136a Rdnrn. 40 f.; Meyer-Goßner, § 136 Rdnr. 30).
4. Da das LG bei der Beweiswürdigung entscheidend auf die selbst belastenden Äußerungen des Angekl. abgestellt hat, beruht das Urteil auf dem aufgezeigten Verfahrensfehler. Über die Sache ist deshalb neu zu verhandeln und zu entscheiden.
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(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.
(2) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.
(3) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Ersten Buches entsprechend. Die eidliche Vernehmung bleibt dem Gericht vorbehalten.
(4) Die Staatsanwaltschaft entscheidet
- 1.
über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen, - 2.
über eine Gestattung nach § 68 Absatz 3 Satz 1, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität zu machen, - 3.
über die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Absatz 2 und - 4.
bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung des Zeugen über die Verhängung der in den §§ 51 und 70 vorgesehenen Maßregeln; dabei bleibt die Festsetzung der Haft dem nach § 162 zuständigen Gericht vorbehalten.
(5) Gegen Entscheidungen von Beamten des Polizeidienstes nach § 68b Absatz 1 Satz 3 sowie gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 und 4 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten jeweils entsprechend. Gerichtliche Entscheidungen nach Satz 1 sind unanfechtbar.
(6) Für die Belehrung des Sachverständigen durch Beamte des Polizeidienstes gelten § 52 Absatz 3 und § 55 Absatz 2 entsprechend. In den Fällen des § 81c Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt § 52 Absatz 3 auch bei Untersuchungen durch Beamte des Polizeidienstes sinngemäß.
(7) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.