BGH: Zu den Anforderungen an das Merkmal „Verüben eines Angriffs“

published on 18/05/2016 22:23
BGH: Zu den Anforderungen an das Merkmal „Verüben eines Angriffs“
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Anwalt für Verkehrsstrafrecht - BSP Rechtsanwälte in Berlin Mitte
Zur Erfüllung des Tatbestandes des § 316a StGB muss der Täter einen Angriff auf Leib, Leben oder die Entschlussfreiheit des Opfers verübt haben. Problematisch können hierbei zwei Fälle sein.
Zunächst ist fraglich, ob ein Angriff im Sinne des § 316a StGB vorliegt, wenn das Opfer zum Zeitpunkt der Nötigungshandlung noch nicht Führer eines Kfz war. Für eine Strafbarkeit nach § 316a StGB ist in diesem Fall erforderlich, dass der Angriff auf das Opfer nicht vor Beginn der Fahrt abgeschlossen sein darf. Schutzzweck und Wortlaut fordern vielmehr, dass die Täter das Opfer zum Führer des Fahrzeuges nötigen und die Verkehrsbeeinträchtigung ausnutzen (BGH 4 StR 338/07 – Beschluss vom 25.09.2007).
Zudem stellt sich die Frage nach den Anforderungen an das Merkmal „Angriff“, wenn auf das Opfer mit einer List eingewirkt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes reicht es für das Merkmal „Verüben eines Angriffs“ hierbei nicht aus, wenn auf den Führer eines Kfz mit einer List eingewirkt wird, um ihn in eine Situation zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll, so z.B. die täuschende Angabe eines vermeintlichen Fahrzieles. Hiervon abzugrenzen sind jedoch Situationen in denen dem Führer des Kraftfahrzeuges kein Ermessensspielraum bleibt. Erforderlich ist eine nötigungsgleiche Wirkung, die in Fällen von vorgetäuschten Polizeikontrollen vorliegt.


Im Einzelnen hat der BGH mit dem Beschluss vom 23.07.2014 (2 StR 104/14) Folgendes entschieden:

Die Sache wird zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs abgegeben.


Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in drei Fällen sowie wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft sowie die Revision des Angeklagten. Aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft ist auch die Annahme des Landgerichts zur Nachprüfung gestellt, dass kein Fall des § 316a StGB vorliege; hierfür ist der Senat nicht zuständig.

I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen der Angeklagte sowie die gesondert Verfolgten Z. , S. , M. Mi. und S. M. am 18. Dezember 2011 den Nebenkläger, der einen Lastkraftwagen der Firma C. auf einer Transportfahrt führte.

Der Angeklagte sowie die gesondert verfolgten S. und S. M. folgten in einem PKW dem vom Nebenkläger geführten Lastkraftwagen nach dessen Beladung am Flughafen Frankfurt am Main auf die Bundesautobahn A 3. Die Täter fuhren kurz vor dem Rastplatz auf der mittleren Fahrspur der Autobahn neben den LKW. S. , der den PKW führte, gab Hupzeichen; der Angeklagte gab vom Beifahrersitz aus dem Nebenkläger, der den LKW führte, bei geöffnetem Fenster per Handzeichen zu verstehen, er solle rechts herausfahren. Der Nebenkläger nahm – wie von den Angeklagten beabsichtigt – an, dass es sich um eine Polizeistreife in Zivil handele und eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt werden solle. Er lenkte daher den LKW auf den Rastplatz, hielt an und stellte den Motor ab. Der Angeklagte und die gesondert verfolgten S. und S. M. hielten ebenfalls an. Der Angeklagte ging auf die Fahrertür des LKW zu und rief: „Polizeikontrolle! Papiere bitte!“. Während der Nebenkläger nach den Fahrzeugpapieren und Frachtunterlagen griff, streifte sich der Angeklagte eine Unterziehhaube über das Gesicht, öffnete die Fahrertür des Lastkraftwagens und bedrohte den Nebenkläger mit einer Pistole. Er zwang ihn, sich auf das Bett in der Kabine hinter dem Fahrersitz zu legen, wo er ihn fesselte. Dann fuhr er mit dem Lastkraftwagen zu einem für das Umladen der Beute vorgesehenen Platz. Dort warteten die gesondert verfolgten M. Mi. und Z. mit einem angemieteten Fahrzeug, auf das die Täter Waren im Wert von rund 450.000 Euro umluden.

II.
Das Landgericht hat eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer (§ 316a Abs. 1 StGB) nicht erwogen. Im ebenfalls beim Senat anhängigen Verfahren gegen die gesondert verfolgten Z. , S. und M. Mi. (2 StR 105/14) hat es eine Strafbarkeit der Angeklagten gemäß § 316a Abs. 1 StGB verneint, da sie nicht, wie es hierfür erforderlich wäre, die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs zum Angriff auf den Führer eines Kraftfahrzeugs ausgenutzt hätten. Das Herauswinken des fahrenden Lastkraftwagens sei noch kein räuberischer Angriff gewesen; die Bedrohung mit der Waffe sei dagegen erst erfolgt, als der Nebenkläger den Lastkraftwagen angehalten und den Motor abgestellt habe; zu diesem Zeitpunkt sei er daher nicht mehr „Führer“ des LKW gewesen.

Die Revision der Staatsanwaltschaft zwingt zur revisionsrechtlichen Nachprüfung dieser rechtlichen Bewertung. Dafür ist nicht der 2. Strafsenat, sondern der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs zuständig.

1.
Eine Verweisung käme nicht in Betracht, wenn die Annahme, es sei ein räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gegeben, von vornherein fern läge. Dies ist aber nicht der Fall; vielmehr erscheint es nach vorläufiger Prüfung des Senats nahe liegend, dass der Tatbestand des § 316a StGB erfüllt ist.

Für die hier entscheidungserhebliche Frage, ob der Nebenkläger „Führer“ eines Kraftfahrzeugs im Sinne von § 316a Abs. 1 StGB war, kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt der „Angriff“ der Angeklagten erfolgte. Nach Ansicht des Senats war der Beginn des Angriffs nicht erst in dem Moment gegeben, als der Angeklagte den Nebenkläger auf dem Rastplatz bedrohte. Vielmehr begann der Angriff bereits mit dem Herauswinken auf der BAB 3, also zu einem Zeitpunkt, als der Nebenkläger den LKW führte.

Nach der (neuen) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herrschender Meinung reicht es für das Merkmal des „Angriffs“ nicht aus, wenn auf den Führer eines Kraftfahrzeugs mit List eingewirkt wird, um ihn in eine Situation zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll. Dies ist etwa der Fall, wenn ein vermeintlicher Fahrgast gegenüber einem Taxifahrer ein falsches Fahrziel angibt; ebenso bei Vortäuschen eines Unfalls oder einer sonstigen Notlage, um einen Kraftfahrzeugführer zum Anhalten zu bewegen.
Hiervon abzugrenzen sind Handlungen, welche auf den Führer eines Kfz eine objektiv nötigungsgleiche Wirkung haben (vgl. dazu im einzelnen Fischer, StGB, 61. Aufl., § 316a Rn. 6; Lackner/Kühl, StGB 28. Aufl. § 316a Rn. 2; Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl., § 316a Rn. 5; jew. mit weiteren Nachweisen). Es kommt hierfür nicht darauf an, ob diese Wirkung vorgetäuscht ist oder ob der objektiv Genötigte von einer Rechtswidrigkeit der Einwirkung ausgeht.

Fälle einer vorgetäuschten Polizeikontrolle unterscheiden sich daher substanziell von bloßen Vortäuschungen allgemein motivierender Umstände (vorgetäuschte Panne; Anhalter); sie entsprechen vielmehr Fällen der Straßensperre. Denn dem Kraftfahrzeugführer ist bei der Einwirkung durch Haltezeichen durch Polizeibeamte kein Ermessen eingeräumt; er ist vielmehr bei Androhung von Geldbuße (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 1 StVO) verpflichtet, Haltezeichen Folge zu leisten, und befindet sich daher objektiv in einer (irrtümlich als gerechtfertigt angesehenen) Nötigungssituation.

Auf die Entschlussfreiheit eines Kraftfahrzeugführers wird daher bereits dann eingewirkt, wenn vom Täter eines geplanten Raubs eine Polizeikontrolle vorgetäuscht wird und sich der Geschädigte dadurch zum Anhalten gezwungen sieht (vgl. auch Geppert, DAR 2014, 128, 130; Sander in MünchKomm, StGB, 2. Aufl., § 316a Rn. 11; Steinberg, NZV 2007, 545, 550; LK-Sowada, StGB, 12. Aufl., § 316a Rn. 11).

2.
Kommt demnach die Anwendung des § 316a StGB ernstlich in Betracht, so ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2014 (S. 16) für diese Prüfung ausschließlich der 4. Strafsenat zuständig, auch wenn der Tatbestand mit anderen Straftaten zusammentrifft.
Der Senat hat die Sache daher an den 4. Strafsenat abzugeben. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt wurde. Aus Ziffer VI. 1. b der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan, die – anders als Ziffer VI. 1. a – für Strafsachen gilt, ergibt sich, dass eine Spezialzuständigkeit eines Senats nicht durch Verfahrensbeschränkungen aufgehoben werden kann, unabhängig davon, ob eine solche außerhalb oder innerhalb einer Hauptverhandlung erfolgt. Dem liegt ersichtlich der Gedanke zugrunde, dass der Gesetzliche Richter unabhängig von solchen Verfahrenszufälligkeiten zu bestimmen ist. Soweit Ziffer VI. 1. a der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan vom Verfahren „vor einer mündlichen Verhandlung“ spricht, ist damit schon in der Terminologie das Verfahren der Zivilsenate gemeint. Aus der Regelung eines Verfahrens für die Abgabe vor der mündlichen Verhandlung folgt überdies nicht, dass eine solche in oder nach mündlicher Verhandlung nicht möglich wäre. Schließlich ist die Verweisung der genannten Regelung auf die „Zweckmäßigkeit“ ersichtlich auf die Abgrenzung zwischen den Sachgebieten der Zivilsenate zugeschnitten, weil sich dort relativ häufig Überschneidungen von Rechtsgebieten ergeben. Für die Bestimmung des gesetzlichen Richters in Strafsachen kann es auf eine nicht näher bestimmte „Zweckmäßigkeit“ im Einzelfall nicht ankommen.
 
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(1) Wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 0 4 / 1 4
vom
23. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Juli 2014

beschlossen:
Die Sache wird zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs abgegeben.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in drei Fällen sowie wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft sowie die Revision des Angeklagten. Aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft ist auch die Annahme des Landgerichts zur Nachprüfung gestellt, dass kein Fall des § 316a StGB vorliege; hierfür ist der Senat nicht zuständig.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen der Angeklagte sowie die gesondert Verfolgten Z. , S. , M. Mi. und S. M. am 18. Dezember 2011 den Nebenkläger, der einen Lastkraftwagen der Firma C. auf einer Transportfahrt führte.
3
Der Angeklagte sowie die gesondert verfolgten S. und S. M. folgten in einem PKW dem vom Nebenkläger geführten Lastkraftwagen nach dessen Beladung am Flughafen Frankfurt am Main auf die Bundesautobahn A 3. Die Täter fuhren kurz vor dem Rastplatz auf der mittleren Fahrspur der Autobahn neben den LKW. S. , der den PKW führte, gab Hupzeichen; der Angeklagte gab vom Beifahrersitz aus dem Nebenkläger, der den LKW führte, bei geöffnetem Fenster per Handzeichen zu verstehen, er solle rechts herausfahren. Der Nebenkläger nahm – wie von den Angeklagten beabsichtigt – an, dass es sich um eine Polizeistreife in Zivil handele und eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt werden solle. Er lenkte daher den LKW auf den Rastplatz, hielt an und stellte den Motor ab. Der Angeklagte und die gesondert verfolgtenS. und S. M. hielten ebenfalls an. Der Angeklagte ging auf die Fahrertür des LKW zu und rief: „Polizeikontrolle! Papiere bitte!“. Während der Nebenkläger nach den Fahrzeugpapieren und Frachtunterlagen griff, streifte sich der Angeklagte eine Unterziehhaube über das Gesicht, öffnete die Fahrertür des Lastkraftwagens und bedrohte den Nebenkläger mit einer Pistole. Er zwang ihn, sich auf das Bett in der Kabine hinter dem Fahrersitz zu legen, wo er ihn fesselte. Dann fuhr er mit dem Lastkraftwagen zu einem für das Umladen der Beute vorgesehenen Platz. Dort warteten die gesondert verfolgten M. Mi. und Z. mit einem angemieteten Fahrzeug, auf das die Täter Waren im Wert von rund 450.000 Euro umluden.

II.

4
Das Landgericht hat eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer (§ 316a Abs. 1 StGB) nicht erwogen. Im ebenfalls beim Senat anhängigen Verfahren gegen die gesondert verfolgten Z. , S. und M. Mi. (2 StR 105/14) hat es eine Strafbarkeit der Angeklagten gemäß § 316a Abs. 1 StGB verneint, da sie nicht, wie es hierfür erforderlich wäre, die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs zum Angriff auf den Führer eines Kraftfahrzeugs ausgenutzt hätten. Das Herauswinken des fahrenden Lastkraftwagens sei noch kein räuberischer Angriff gewesen; die Bedrohung mit der Waffe sei dagegen erst erfolgt, als der Nebenkläger den Lastkraftwagen angehalten und den Motor abgestellt habe; zu diesem Zeitpunkt sei er daher nicht mehr „Führer“ des LKW gewesen.
5
Die Revision der Staatsanwaltschaft zwingt zur revisionsrechtlichen Nachprüfung dieser rechtlichen Bewertung. Dafür ist nicht der 2. Strafsenat, sondern der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs zuständig.
6
1. Eine Verweisung käme nicht in Betracht, wenn die Annahme, es sei ein räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gegeben, von vornherein fern läge. Dies ist aber nicht der Fall; vielmehr erscheint es nach vorläufiger Prüfung des Senats nahe liegend, dass der Tatbestand des § 316a StGB erfüllt ist.
7
Für die hier entscheidungserhebliche Frage, ob der Nebenkläger „Führer“ eines Kraftfahrzeugs im Sinne von § 316a Abs. 1 StGB war, kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt der „Angriff“ der Angeklagten erfolgte. Nach An- sicht des Senats war der Beginn des Angriffs nicht erst in dem Moment gegeben , als der Angeklagte den Nebenkläger auf dem Rastplatz bedrohte. Vielmehr begann der Angriff bereits mit dem Herauswinken auf der BAB 3, also zu einem Zeitpunkt, als der Nebenkläger den LKW führte.
8
Nach der (neuen) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herr- schender Meinung reicht es für das Merkmal des „Angriffs“ nicht aus, wenn auf den Führer eines Kraftfahrzeugs mit List eingewirkt wird, um ihn in eine Situation zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll. Dies ist etwa der Fall, wenn ein vermeintlicher Fahrgast gegenüber einem Taxifahrer ein falsches Fahrziel angibt; ebenso bei Vortäuschen eines Unfalls oder einer sonstigen Notlage , um einen Kraftfahrzeugführer zum Anhalten zu bewegen.
9
Hiervon abzugrenzen sind Handlungen, welche auf den Führer eines Kfz eine objektiv nötigungsgleiche Wirkung haben (vgl. dazu im einzelnen Fischer, StGB, 61. Aufl., § 316a Rn. 6; Lackner/Kühl, StGB 28. Aufl. § 316a Rn. 2; Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl., § 316a Rn. 5; jew. mit weiteren Nachweisen). Es kommt hierfür nicht darauf an, ob diese Wir- kung vorgetäuscht ist oder ob der objektiv Genötigte von einer Rechtswidrigkeit der Einwirkung ausgeht.
10
Fälle einer vorgetäuschten Polizeikontrolle unterscheiden sich daher substanziell von bloßen Vortäuschungen allgemein motivierender Umstände (vorgetäuschte Panne; Anhalter); sie entsprechen vielmehr Fällen der Straßensperre. Denn dem Kraftfahrzeugführer ist bei der Einwirkung durch Haltezeichen durch Polizeibeamte kein Ermessen eingeräumt; er ist vielmehr bei Androhung von Geldbuße (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 1 StVO) verpflichtet, Haltezeichen Folge zu leisten, und befindet sich daher objektiv in einer (irrtümlich als gerechtfertigt angesehenen) Nötigungssituation.
11
Auf die Entschlussfreiheit eines Kraftfahrzeugführers wird daherbereits dann eingewirkt, wenn vom Täter eines geplanten Raubs eine Polizeikontrolle vorgetäuscht wird und sich der Geschädigte dadurch zum Anhalten gezwungen sieht (vgl. auch Geppert, DAR 2014, 128, 130; Sander in MünchKomm, StGB, 2. Aufl., § 316a Rn. 11; Steinberg, NZV 2007, 545, 550; LK-Sowada, StGB, 12. Aufl., § 316a Rn. 11).
12
2. Kommt demnach die Anwendung des § 316a StGB ernstlich in Betracht , so ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2014 (S. 16) für diese Prüfung ausschließlich der 4. Strafsenat zuständig, auch wenn der Tatbestand mit anderen Straftaten zusammentrifft.
13
Der Senat hat die Sache daher an den 4. Strafsenat abzugeben. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt wurde. Aus Ziffer VI. 1. b der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan , die – anders als Ziffer VI. 1. a – für Strafsachen gilt, ergibt sich, dass eine Spezialzuständigkeit eines Senats nicht durch Verfahrensbeschränkungen aufgehoben werden kann, unabhängig davon, ob eine solche außerhalb oder innerhalb einer Hauptverhandlung erfolgt. Dem liegt ersichtlich der Gedanke zugrunde, dass der Gesetzliche Richter unabhängig von solchen Verfahrenszufälligkeiten zu bestimmen ist. Soweit Ziffer VI. 1. a der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan vom Verfahren „vor einer mündlichen Verhandlung“ spricht, ist damit schon in der Terminologie das Verfahren der Zivilsenate gemeint. Aus der Regelung eines Verfahrens für die Abgabe vor der mündlichen Verhandlung folgt überdies nicht, dass eine solche in oder nach mündlicher Verhandlung nicht möglich wäre. Schließlich ist die Verweisung der ge- nannten Regelung auf die „Zweckmäßigkeit“ ersichtlich auf die Abgrenzung zwischen den Sachgebieten der Zivilsenate zugeschnitten, weil sich dort relativ häufig Überschneidungen von Rechtsgebieten ergeben. Für die Bestimmung des gesetzlichen Richters in Strafsachen kann es auf eine nicht näher bestimm- te „Zweckmäßigkeit“ im Einzelfall nicht ankommen. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng

(1) Wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 0 5 / 1 4
vom
8. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2014 beschlossen:
Das Verfahren wird zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat abgegeben.

Gründe:

I.

1
Am 23. Juli 2014 fand in der Sache 2 StR 105/14 auf Antrag des Generalbundesanwalts eine Hauptverhandlung statt, in der lediglich - ohne dass in der Sache verhandelt wurde - die Frage der funktionellen Zuständigkeit des Senats erörtert wurde. Nach einem Hinweis des Vorsitzenden hatten alle Anwesenden Gelegenheit zur Stellungnahme, ob es sich vorliegend um eine Verkehrsstrafsache handeln könnte, die in die ausschließliche Zuständigkeit des 4. Strafsenats fällt. Durch in der Hauptverhandlung verkündeten Beschluss vom 23. Juli 2014 hat der Senat die Sache zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat abgegeben. Auf den Inhalt dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
2
Durch Beschluss vom 9. September 2014 - 4 ARs 20-2/14 - hat der 4. Strafsenat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt, weil die Abgabe verspätet erfolgt sei. Der Abgabebeschluss des 2. Strafsenats sei für den 4. Strafsenat nicht bindend geworden, weil der 4. Strafsenat zu einer möglichen Verfahrensübernahme nicht angehört worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Beschlusses verwiesen.

II.

3
Das Verfahren war zur Wahrung des Rechts des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) - erneut - an den 4. Strafsenat abzugeben. Dieser Abgabebeschluss ist - nachdem der 4. Strafsenat jedenfalls im Übernahmeverfahren angehört wurde und Stellung genommen hat - für diesen bindend.
4
1. Mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird. Es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann, gleichgültig, von welcher Seite eine solche Manipulation ausgeht (st. Rspr.; BVerfGE 82, 286, 296). Damit soll die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden. Dieses Vertrauen nähme Schaden, müsste der rechtsuchende Bürger befürchten, sich einem Richter gegenüberzusehen, der mit Blick auf seinen Fall und seine Person bestellt worden ist.
5
Aus diesem Zweck des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, dass im Vorhinein im Einzelnen bestimmt werden muss, wer im Sinne dieser Vorschrift "gesetzlicher" Richter ist. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG setzt daher einen Bestand von Rechtssätzen voraus, die für jeden Streitfall den Richter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist. Zu diesen das Recht auf den gesetzlichen Richter ausfüllenden Normen gehören auch die Geschäftsverteilungs- und Mitwirkungspläne der einzelnen Gerichte. Sie müssen, wenn sie ihre rechtsstaatliche Funktion erfüllen sollen, hinreichend bestimmt sein. Welche Richter in einem bestimmten Verfahren mitwirken, muss sich daraus möglichst eindeutig erge- ben (BVerfGE 95, 322, 329). Geschäftsverteilungs- und Mitwirkungspläne eines Gerichts dürfen mit Rücksicht auf das Gebot des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG keinen vermeidbaren Spielraum bei der Heranziehung der einzelnen Richter zur Entscheidung einer Sache und damit keine unnötige Unbestimmtheit hinsichtlich des gesetzlichen Richters lassen.
6
Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn zur Bestimmung des gesetzlichen Richters auslegungsbedürftige Begriffe verwendet werden. Auslegungszweifel in bezug auf die zur Vorausbestimmung des gesetzlichen Richters verwendeten Kriterien sind deshalb unschädlich. Sie eröffnen nicht den Weg zu einer Besetzung der Richterbank von Fall zu Fall, sondern zu einem rechtlich geregelten Verfahren, das der Klärung der Zweifel dient. Jeder Spruchkörper hat bei auftretenden Bedenken die Ordnungsmäßigkeit seiner Besetzung zu prüfen und darüber zu entscheiden (BVerfGE 95, 322, 330).
7
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG enthält über die Notwendigkeit abstraktgenereller Regelungen zur Bestimmung des gesetzlichen Richters weitergehend das Verbot, von Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, abzuweichen (vgl. BVerfGE 95, 322, 328).
8
2. Gemessen an diesen Maßstäben hält der zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit berufene 2. Strafsenat die Zuständigkeit des 4. Strafsenats für gegeben und sieht sich trotz Anberaumung einer Revisionshauptverhandlung nicht gehindert, die Sache an diesen abzugeben.
9
a) Dabei kann dahinstehen, ob die zwischen den Senaten streitige Auslegung des Geschäftsverteilungsplans für den Bundesgerichtshof für das Jahr 2014 sogar darauf hinweisen könnte, dass die dort zur Frage der Abgabe von Verfahren getroffene Regelung jedenfalls mit Blick auf die Strafsenate den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit solcher Normen nicht genügt und schon deshalb die vom 4. Strafsenat angenommene Einschränkung der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des mit der Sache befassten Senats unwirksam wäre.
10
b) Jedenfalls ergibt sich bei einer an Wortlaut sowie Sinn und Zweck orientierten Auslegung der Geschäftsverteilung, dass die Abgabe einer - wie hier - unstreitig zur Spezialzuständigkeit eines anderen Senats gehörenden Sache auch noch nach Durchführung einer Revisionshauptverhandlung möglich ist. Dies hat der 2. Strafsenat bereits mit seinem Abgabebeschluss vom 23. Juli 2014 entschieden; an dieser nach Erörterung in mündlicher Verhandlung gefundenen Rechtsmeinung, an die der 4. Strafsenat - auch wenn er an jene Abgabe selbst nicht gebunden gewesen sein mag (s. dazu unten III.) - gebunden ist, hält der Senat auch unter Berücksichtigung der vom 4. Strafsenat vorgebrachten Bedenken fest.
11
Die Begründung der Spezialzuständigkeit eines Senates, wie hier des 4. Strafsenats für Verkehrsstrafsachen, dient in erster Linie der Einheitlichkeit der Rechtsprechung, die gewährleistet werden soll, ohne dass die mitunter aufwändige Einschaltung des Großen Senats notwendig ist. Sie geht regelmäßig davon aus, dass ein Senat mit besonderer Zuständigkeit über Spezialwissen verfügt, der ihn in besonderer Weise befähigt, über die in seine besondere Zuständigkeit fallenden Sachen zu entscheiden. Sie sichert damit zugleich eine gleichmäßige Rechtsanwendung und legt schon in diesem Ausgangspunkt nahe , umfassend möglichst sämtliche beim Bundesgerichtshof eingehenden Sachen , die in den Bereich der Spezialzuständigkeit fallen, zu erfassen. Jede Ausnahme gefährdet das mit der Begründung einer Spezialzuständigkeit verfolgte Ziel; dies spricht ohne Weiteres dafür, mögliche Ausnahmen restriktiv zu handhaben. Dies gilt auch mit Blick auf das Beschleunigungsgebot, dessen Befolgung nicht dazu führen darf, das Recht auf den gesetzlichen Richter auszuhöhlen.
12
Vor diesem Hintergrund scheidet die vom 4. Strafsenat dargelegte Auslegung von Ziffer A.VI.1.a der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan 2014 aus, wonach mit Blick auf das Beschleunigungsgebot eine Abgabe grundsätzlich nur "vor Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung" möglich sein soll. Denn ein solches Verständnis dieser Regelung ließe das Recht auf den gesetzlichen Richter so weit zurücktreten, dass von seinem Kernbestand nur wenig übrig bliebe.
13
Jeder Spruchkörper hat - wie das Bundesverfassungsgericht betont hat - bei auftretenden Bedenken die Ordnungsmäßigkeit seiner Besetzung zu prüfen und darüber zu entscheiden. Ihm muss es deshalb auch möglich sein, nach seiner Einschätzung zu entscheiden und das Recht des Betroffenen auf den gesetzlichen Richter durchzusetzen. Dies würde einem Senat nach dem Verständnis des 4. Strafsenats aber dann verwehrt, wenn er nicht einstimmig, aber mit Mehrheit die Zuständigkeit eines anderen Senats für gegeben hielte. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan ist in diesem Fall jede Abgabe vor der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ausgeschlossen, weil es an der Voraussetzung der Einstimmigkeit fehlt. In einer "mündlichen Verhandlung" aber käme eine nunmehr mit Mehrheit gefasste Abgabe an einen anderen Senat nicht mehr in Betracht, weil sie im Widerspruch zum Beschleunigungsgebot und damit zu spät käme. Eine derartige Beschränkung des Rechts auf den gesetzlichen Richter stünde mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in Einklang.
14
Im Übrigen würde Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch eine Regelung verbieten , die es einem Senat erlaubte, eine Sache, für welche ersichtlich keine Zuständigkeit besteht, durch bloße Eröffnung einer Hauptverhandlung endgültig an sich zu ziehen.
15
c) Vor allem mit Blick auf den Schutzbereich von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist damit eine Auslegung der genannten Bestimmung geboten, die es (jedenfalls mit Blick auf nicht einstimmige Beurteilungen der Zuständigkeiten) ermöglicht , eine Sache noch in einer mündlichen Revisionshauptverhandlung abzugeben. Diese Auslegung ist ohne Weiteres möglich, wenn man - wie der 2. Strafsenat - Ziffer A.VI.1.a der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan ausschließlich als Vorschrift begreift, die eine Regelung für Abgaben vor einer mündlichen Verhandlung betrifft, ohne spätere Abgaben in oder nach mündlicher Verhandlung auszuschließen.
16
3. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob Ziffer A.VI.1.a der Schlussbestimmungen überhaupt für Strafsachen Geltung hat. Dass diese Bestimmung (eher) auf das Verfahren vor den Zivilsenaten zugeschnitten ist, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 23. Juli 2014 dargelegt. Über die dort angeführten Erwägungen hinaus gibt der Senat zu bedenken, dass die dort weiter getroffene Regelung, wonach eine Bindungswirkung des Abgabebeschlusses dann nicht besteht, "wenn zwischen dem Eingang der Rechtsmittelbegründung und dem Übernahmeersuchen nicht mehr als sechs Monate vergangen sind", ersichtlich allein auf die zivilprozessuale Rechtslage in der Revisionsinstanz abgestimmt ist und im strafgerichtlichen Revisionsverfahren sinnlos ist. Anders als in zivilgerichtlichen Revisionsverfahren (vgl. §§ 544 Abs. 1 Satz 2, 549 Abs. 1 Satz 1 ZPO) fehlt es im strafgerichtlichen Revisionsverfahren an einem "Eingang der Rechtsmittelbegründung" beim Revisionsgericht; vielmehr wird die strafrechtliche Revision durch Schriftsatz bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten ist, begründet (§ 345 Abs. 1 StPO). Dies kann - wie im zugrunde liegenden Fall - nicht selten dazu führen, dass bereits mehr als sechs Monate vergangen sind, bevor die Sache überhaupt beim Bundesgerichtshof eingegangen ist. Verstünde man nun Ziffer A.VI.1.a der Schlussbestimmungen als Vorschrift , die auch für Strafsachen gilt, wäre es in einer Vielzahl von Fällen von vornherein ausgeschlossen, eine Sache noch mit Bindungswirkung an einen anderen Senat abzugeben. Es hinge - was mit dem Regelungsgehalt von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar wäre - allein vom Willen des um Übernahme ersuchten Spezialsenats ab, ob er für die Sache zuständig würde.

III.

17
Dieser Abgabebeschluss ist für den 4. Strafsenat bindend. Es mag an dieser Stelle dahinstehen, ob die telefonische Anhörung der Vorsitzenden des 4. Strafsenats vor dem Abgabebeschluss vom 23. Juli 2014 dem im Geschäftsverteilungsplan aufgestellten Erfordernis einer "Anhörung des Senats" genügt, nachdem der 4. Strafsenat im Rahmen seines Beschlusses vom 9. September 2014 in der Sache Stellung genommen hat und jedenfalls insoweit "angehört" worden ist. Dies ermöglicht es dem 2. Strafsenat unter Beibehaltung seiner bereits in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 verbindlich vorgenommenen Auslegung der Geschäftsverteilung des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2014, die Sache nunmehr mit Bindungswirkung an den 4. Strafsenat abzugeben (zur Abgabe mit Bindungswirkung vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 - 1 StR 382/14). Dies dient der Wahrung der Spezialzuständigkeit des 4. Strafsenats und dem Recht des Angeklagten auf seinen gesetzlichen Richter.
18
Die Bindungswirkung entfällt auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil der Abgabebeschluss willkürlich wäre. Wie bereits dargelegt, hat jedes Gericht bei auftretenden Bedenken die Ordnungsmäßigkeit seiner Besetzung zu prüfen und darüber selbst zu entscheiden; dies hat der 2. Strafsenat getan und ist unter Auslegung des Geschäftsverteilungsplans des Bundesgerichtshofs zu der Ansicht gelangt, dass auch nach Durchführung einer Hauptverhandlung eine Abgabe an den (unstreitig) zuständigen 4. Strafsenat zulässig (und geboten) ist.
19
Eine Entscheidung der Zuständigkeitsfrage durch das Präsidium kam nicht in Betracht. Dieses hat im Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2014 ei- ner Abgabe an den für zuständig gehaltenen Spruchkörper - ersichtlich im Interesse beschleunigter Erledigung negativer Kompetenzkonflikte - im Falle einer jedenfalls jetzt durchgeführten Anhörung bindende Wirkung beigelegt (zu dieser Möglichkeit s. auch Breidling, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 21e GVG, Rn. 22). Auf die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Entscheidungskompetenz des Präsidiums gegeben ist, kommt es deshalb nicht an (vgl. Breidling, aaO). Möglicherweise ist die Rechtsfrage im Wege des § 132 GVG zu entscheiden. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng

(1) Wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über

1.
das allgemeine Verhalten im Straßenverkehr nach § 1 Absatz 2,
2.
die Straßenbenutzung durch Fahrzeuge nach § 2 Absatz 1 bis 3a, Absatz 4 Satz 1, 4, 5 oder 6 oder Absatz 5,
3.
die Geschwindigkeit nach § 3,
4.
den Abstand nach § 4,
5.
das Überholen nach § 5 Absatz 1 oder 2, Absatz 3 Nummer 1, Absatz 3a bis 4a, Absatz 5 Satz 2, Absatz 6 oder 7,
6.
das Vorbeifahren nach § 6,
7.
das Benutzen linker Fahrstreifen nach § 7 Absatz 3a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, Absatz 3b, Absatz 3c Satz 3 oder den Fahrstreifenwechsel nach § 7 Absatz 5,
7a.
das Verhalten auf Ausfädelungsstreifen nach § 7a Absatz 3,
8.
die Vorfahrt nach § 8,
9.
das Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren nach § 9 Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 oder 3, Absatz 3 bis 6,
10.
das Einfahren oder Anfahren nach § 10 Satz 1 oder Satz 2,
11.
das Verhalten bei besonderen Verkehrslagen nach § 11 Absatz 1 oder 2,
12.
das Halten oder Parken nach § 12 Absatz 1, 3, 3a Satz 1, Absatz 3b Satz 1, Absatz 4 Satz 1, 2 zweiter Halbsatz, Satz 3 oder 5 oder Absatz 4a bis 6,
13.
Parkuhren, Parkscheine oder Parkscheiben nach § 13 Absatz 1 oder 2,
14.
die Sorgfaltspflichten beim Ein- oder Aussteigen nach § 14,
15.
das Liegenbleiben von Fahrzeugen nach § 15,
15a.
das Abschleppen nach § 15a,
16.
die Abgabe von Warnzeichen nach § 16,
17.
die Beleuchtung und das Stehenlassen unbeleuchteter Fahrzeuge nach § 17 Absatz 1 bis 4, Absatz 4a Satz 1, Absatz 5 oder 6,
18.
die Benutzung von Autobahnen und Kraftfahrstraßen nach § 18 Absatz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 2 oder Absatz 6 bis 11,
19.
das Verhalten
a)
an Bahnübergängen nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3, Satz 2, Satz 3 oder Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 3 bis 6 oder
b)
an und vor Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen nach § 20,
20.
die Personenbeförderung nach § 21 Absatz 1 Satz 1 oder 4, Absatz 1a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 Nummer 2, Absatz 2 Satz 1, 4 oder 6 oder Absatz 3 Satz 1 bis 3,
20a.
das Anlegen von Sicherheitsgurten, Rollstuhl-Rückhaltesystemen oder Rollstuhlnutzer-Rückhaltesystemen nach § 21a Absatz 1 Satz 1 oder das Tragen von Schutzhelmen nach § 21a Absatz 2 Satz 1,
21.
die Ladung nach § 22,
22.
sonstige Pflichten des Fahrzeugführers nach § 23 Absatz 1, Absatz 1a Satz 1, auch in Verbindung mit den Sätzen 2 bis 4, Absatz 1c, Absatz 2 erster Halbsatz, Absatz 3 oder Absatz 4 Satz 1,
23.
das Fahren mit Krankenfahrstühlen oder anderen als in § 24 Absatz 1 genannten Rollstühlen nach § 24 Absatz 2,
24.
das Verhalten
a)
als zu Fuß Gehender nach § 25 Absatz 1 bis 4,
b)
an Fußgängerüberwegen nach § 26 oder
c)
auf Brücken nach § 27 Absatz 6,
25.
den Umweltschutz nach § 30 Absatz 1 oder 2 oder das Sonn- und Feiertagsfahrverbot nach § 30 Absatz 3 Satz 1 oder 2 Nummer 7 Satz 2,
26.
das Sporttreiben oder Spielen nach § 31 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 3,
27.
das Bereiten, Beseitigen oder Kenntlichmachen von verkehrswidrigen Zuständen oder die wirksame Verkleidung gefährlicher Geräte nach § 32,
28.
Verkehrsbeeinträchtigungen nach § 33 Absatz 1 oder 2 oder
29.
das Verhalten nach einem Verkehrsunfall nach § 34 Absatz 1 Nummer 1, Nummer 2, Nummer 5 oder Nummer 6 Buchstabe b – sofern in diesem letzten Fall zwar eine nach den Umständen angemessene Frist gewartet, aber nicht Name und Anschrift am Unfallort hinterlassen wird – oder nach § 34 Absatz 3,
verstößt.

(2) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
als Führer eines geschlossenen Verbandes entgegen § 27 Absatz 5 nicht dafür sorgt, dass die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden,
1a.
entgegen § 27 Absatz 2 einen geschlossenen Verband unterbricht,
2.
als Führer einer Kinder- oder Jugendgruppe entgegen § 27 Absatz 1 Satz 4 diese nicht den Gehweg benutzen lässt,
3.
als Tierhalter oder sonst für die Tiere Verantwortlicher einer Vorschrift nach § 28 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 2 zuwiderhandelt,
4.
als Reiter, Führer von Pferden, Treiber oder Führer von Vieh entgegen § 28 Absatz 2 einer für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregel oder Anordnung zuwiderhandelt,
5.
(weggefallen)
6.
entgegen § 29 Absatz 2 Satz 1 eine Veranstaltung durchführt oder als Veranstaltender entgegen § 29 Absatz 2 Satz 3 nicht dafür sorgt, dass die in Betracht kommenden Verkehrsvorschriften oder Auflagen befolgt werden, oder
7.
entgegen § 29 Absatz 3 ein dort genanntes Fahrzeug oder einen Zug führt.

(3) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt ferner, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4, oder entgegen § 36 Absatz 5 Satz 4 oder § 36a Satz 1 ein Zeichen, eine Weisung oder eine Anweisung nicht befolgt,
2.
einer Vorschrift des § 37 über das Verhalten an Wechsellichtzeichen, Dauerlichtzeichen oder beim Rechtsabbiegen mit Grünpfeil zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 38 Absatz 1, 2 oder 3 Satz 3 blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn oder allein oder gelbes Blinklicht verwendet oder entgegen § 38 Absatz 1 Satz 2 nicht sofort freie Bahn schafft,
4.
entgegen § 41 Absatz 1 ein durch Vorschriftzeichen angeordnetes Ge- oder Verbot der Anlage 2 Spalte 3 nicht befolgt,
5.
entgegen § 42 Absatz 2 ein durch Richtzeichen angeordnetes Ge- oder Verbot der Anlage 3 Spalte 3 nicht befolgt,
6.
entgegen § 43 Absatz 3 Satz 2 eine abgesperrte Straßenfläche befährt oder
7.
einer den Verkehr verbietenden oder beschränkenden Anordnung, die nach § 45 Absatz 4 zweiter Halbsatz bekannt gegeben worden ist, zuwiderhandelt.

(4) Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt schließlich, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
dem Verbot des § 35 Absatz 6 Satz 1, 2 oder 3 über die Reinigung von Gehwegen zuwiderhandelt,
1a.
entgegen § 35 Absatz 6 Satz 4 keine auffällige Warnkleidung trägt,
2.
entgegen § 35 Absatz 8 Sonderrechte ausübt, ohne die öffentliche Sicherheit und Ordnung gebührend zu berücksichtigen,
3.
entgegen § 45 Absatz 6 mit Arbeiten beginnt, ohne zuvor Anordnungen eingeholt zu haben, diese Anordnungen nicht befolgt oder Lichtzeichenanlagen nicht bedient,
4.
entgegen § 46 Absatz 3 Satz 1 eine vollziehbare Auflage der Ausnahmegenehmigung oder Erlaubnis nicht befolgt,
5.
entgegen § 46 Absatz 3 Satz 3, auch in Verbindung mit Satz 4, die Bescheide, Ausdrucke oder deren digitalisierte Form nicht mitführt oder auf Verlangen nicht aushändigt oder sichtbar macht,
6.
entgegen § 48 einer Vorladung zum Verkehrsunterricht nicht folgt oder
7.
entgegen § 50 auf der Insel Helgoland ein Kraftfahrzeug führt oder mit einem Fahrrad fährt.

(1) Wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.