Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2017 - IV ZR 391/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Dr. Karczewski, die Richterin Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Götz
am 17. Mai 2017
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg - 6. Zivilsenat - vom 29. November 2016 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 35.000 €
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin macht, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, gegen die Erben des Karl August M. Ansprüche auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vermächtnisses geltend. Das Landgericht hat ihrer Klage mit Teil- und Grundurteil vom 17. September 2015 teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts (bis auf den rechtskräftigen Antrag zu I) aufgehoben, die Klage abgewiesen sowie die Sache zur weiteren Bearbeitung an das Landgericht zurückgegeben.
- 2
- Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin fristgerecht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Auf dessen Antrag ist die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 15. Mai 2017 verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 10. März 2017 hat der beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt angezeigt, dass er sein Mandat niedergelegt habe. Durch weiteren Schriftsatz vom 27. März 2017 hat ein anderer beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt die Übernahme der Vertretung der Klägerin mitgeteilt. Durch Schriftsatz vom 18. April 2017 hat auch dieser Rechtsanwalt sein Mandat niedergelegt.
- 3
- Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zweiter Instanz hat mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 beantragt, der Klägerin einen Notanwalt beizuordnen.
- 4
- II. Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht begründet.
- 5
- Nach § 78b Abs. 1 ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
- 6
- Die erstgenannte Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Partei zumutbare Anstrengungen unternommen und ihre vergeblichen Bemühungen , einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden, dem Gericht substantiiert dargelegt sowie gegebenenfalls nachgewiesen hat (Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 2016 - IV ZB 23/16, juris Rn. 4; vom 20. September 2016 - IV ZB 14/16, juris Rn. 4; vom 22. Juni 2016 - IV ZR 491/15, juris Rn. 2; vom 25. Mai 2016 - IV ZB 6/16, juris Rn. 4; vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15, juris Rn. 6). Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert, kommt im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die Partei ebenfalls darzulegen (Senatsbeschlüsse vom 22. Juni 2016 - IV ZR 491/15, juris Rn. 2; vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 24. Juni 2014 - VI ZR 226/13, VersR 2014, 1150 Rn. 2).
- 7
- Diesen Anforderungen werden die Angaben der Klägerin nicht gerecht. Der zunächst beauftragte Rechtsanwalt hat die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf bestehende Bedenken bezüglich der Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen. Daraufhin hat die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte ihm mit Schreiben vom 7. März 2017 unter anderem untersagt, "ein kollegiales Miteinander mit Rechtsanwalt … mit weiteren Fristverlängerungsgesu- chen zu veranstalten". Ferner hat sie ihm letztmalig unter Fristsetzung Gelegenheit zur Vorlage des Entwurfs einer Nichtzulassungsbeschwerde gegeben sowie ansonsten Kündigung des Vertrages wegen Pflichtverletzungen angedroht. Hierauf hat der beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt mit Schreiben vom 10. März 2017 sein Mandat niederge- legt und zur Begründung ausgeführt, Fristsetzungen und Ultimaten gehörten nicht zu einer guten kollegialen Zusammenarbeit. Der weitere Rechtsanwalt, der sich sodann für die Klägerin beim Bundesgerichtshof gemeldet hat, hat deren zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 12. April 2017 auf die "sehr stark eingeschränkten Erfolgsaussichten" der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen. Für den Fall, dass an der Mandatierung festgehalten werden solle, hat er um möglichst umgehende Begleichung seiner beigefügten Kostenrechnung gebeten. In der Folgezeit hat auch er sein Mandat niedergelegt. Schließlich haben nach dem Vortrag der Klägerin weitere Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof die Übernahme des Mandats abgelehnt.
- 8
- Auf dieser Grundlage hat die Klägerin bereits nicht dargelegt, dass die Beendigung der beiden Mandatsverhältnisse mit den zunächst von ihr beauftragten Rechtsanwälten nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist. Sie hat nicht mit Substanz vorgetragen, warum der zunächst eingeschaltete Rechtsanwalt auf der Grundlage des Schreibens ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 7. März 2017 nicht zur Niederlegung des Mandats berechtigt gewesen sein sollte. Ferner hat sie nicht dargelegt, wie sie auf das Schreiben des sodann eingeschalteten Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof vom 12. April 2017 hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise und der Begleichung der Kostennote reagiert hat.
- 9
- III. Die Rechtsverfolgung der Klägerin erscheint auch aussichtslos, weil ihre Nichtzulassungsbeschwerde wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist als unzulässig zu verwerfen ist. Eine Wieder- einsetzung der Klägerin in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Zwar kann einer Partei, die keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, im Fall der Bestellung eines Notanwalts Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden; dies setzt aber voraus, dass die Partei die für die Bestellung eines Notanwalts erforderlichen Voraussetzungen innerhalb der noch laufenden Frist darlegt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15, juris Rn. 8 m.w.N.). Das hat die Klägerin nicht getan.
- 10
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist daher gemäß § 544 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 552 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist (§ 544 Abs. 2, § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
Dr. Brockmöller Dr. Götz
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 17.09.2015- 7 O 10415/13 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 29.11.2016 - 6 U 2145/15 -
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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Revision an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen.
(2) Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.
(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.