Strafrecht: Zur Wahlfeststellung zwischen Wohnungseinbruchsdiebstahl und Hehlerei

published on 19/03/2015 18:09
Strafrecht: Zur Wahlfeststellung zwischen Wohnungseinbruchsdiebstahl und Hehlerei
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Wahlfeststellung kommt hier nicht in Betracht
Der BGH hat mit Beschluss vom 08.05.2008 (Az: 3 StR 53/08) folgendes entschieden:

Eine Wahlfeststellung kommt nur zwischen dem – im Wohnungseinbruchsdiebstahl enthaltenen – einfachen Diebstahl und der Hehlerei, nicht aber zwischen Wohnungseinbruchsdiebstahl und Hehlerei in Betracht.


Tatbestand

Das Landgericht hat den Angeklagten unter anderem von dem wahlweise erhobenen Vorwurfs des Wohnungseinbruchsdiebstahls oder der Hehlerei in drei Fällen freigesprochen. Hiergegen richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft.


Entscheidungsgründe

Das von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hatte Erfolg, da der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts als rechtsfehlerhaft ansah. Insbesondere weist der Bundesgerichtshof daraufhin, dass eine Wahlfeststellung nach ständiger Rechtsprechung voraussetzt, dass die mehreren möglichen, einander ausschließenden Verhaltensweisen rechtsethisch und psychologisch gleichartig bzw. gleichwertig sind. Diese Gleichwertigkeit liegt beim Wohnungseinbruchsdiebstahl und der Hehlerei nicht vor. Eine Wahlfeststellung zwischen einem Wohnungseinbruchsdiebstahl und einer einfachen Hehlerei, von der das Landgericht den Angeklagten freigesprochen hat, ist somit nicht möglich.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 19. September 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte S. in den Fällen 5 sowie 9 bis 11 der Anklage freigesprochen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.


Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Wohnungseinbruchsdiebstahls in fünf Fällen (Fälle 1 bis 5 der Anklage, vgl. VII. 1. a) bis e) der Urteilsgründe) sowie des wahlweise erhobenen Vorwurfs des Wohnungseinbruchsdiebstahls oder der Hehlerei in drei Fällen (Fälle 9 bis 11 der Anklage nebst Nachtragsanklage, vgl. VII. 1. f) bis i) der Urteilsgründe) freigesprochen. Gegen den Freispruch in den Fällen 5 und 9 bis 11 der Anklage richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit sachlich-rechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hat Erfolg, da die Beweiswürdigung des Landgerichts Rechtsfehler aufweist.

Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie etwa nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Vermag der Tatrichter vorhandene, wenn auch nur geringe Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden, so kann das Revisionsgericht dies nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat. Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24).

Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht nicht.

Für den Freispruch im Fall 5 der Anklage gilt Folgendes: Nach den Feststellungen war der Angeklagte in der Nacht des 31. März 2007 Beifahrer in einem von dem Mitangeklagten B. gesteuerten VW Golf. Sie wurden von einer Polizeistreife gestellt, nachdem der Mitangeklagte einen Wohnungseinbruchsdiebstahl begangen hatte und mit dem Fahrzeug auf dem Rückweg war. Der Angeklagte hat sich gegen den Vorwurf, an dem Wohnungseinbruchsdiebstahl beteiligt gewesen zu sein, mit der Behauptung verteidigt, der Mitangeklagte habe ihn am Abend zu einer Probefahrt aufgefordert, um zum einen technische Probleme am VW Golf zu überprüfen und zum anderen ein weiteres Fahrzeug, das der Mitangeklagte kaufen wollte, zu besichtigen. Der Mitangeklagte habe in dem Ort V. den Wagen alleine verlassen, er - der Angeklagte - habe ca. 20 Minuten bis gegen 21.43 Uhr in dem VW Golf gewartet, dann sei der Mitangeklagte zurückgekommen und habe mitgeteilt, das zum Kauf in Aussicht genommene Fahrzeug könne heute nicht Probe gefahren werden. Das Landgericht ist der Auffassung, die Einlassung sei nicht zu widerlegen, weil weitere Beweise oder Indizien nicht zur Verfügung stünden.

Dies lässt zum einen besorgen, die Strafkammer habe dem Grundsatz keine Bedeutung geschenkt, dass es der Zweifelssatz nicht gebietet, dem Urteil Behauptungen des Angeklagten zugrunde zu legen, die zwar nicht durch gegenläufige Beweise zu widerlegen sind, für deren Richtigkeit sich aber andererseits keinerlei Anhaltspunkte im festgestellten Sachverhalt ergeben. Unabhängig hiervon erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts aber jedenfalls als lücken- und damit rechtsfehlerhaft, weil sie sich mit mehreren Besonderheiten und Beweisanzeichen nicht auseinandersetzt, die mit nicht geringem Gewicht für eine Tatbeteiligung des Angeklagten sprechen können und auf deren Erörterung vor der Anwendung des Zweifelssatzes daher aus Rechtsgründen nicht verzichtet werden durfte.

Das Landgericht hätte erwägen müssen, dass ein Einbrecher wohl kaum einen Unbeteiligten unter einem Vorwand zum Tatort mitnimmt, ihn dort warten lässt und dann vor seinen Augen mit Diebesbeute zurückkehrt. Zudem sind im Keller der Freundin des Angeklagten in einem diesem zuzuordnenden Bereich zahlreiche Schmuckstücke gefunden worden, die aus der Beute anderer Wohnungseinbruchsdiebstähle stammten. Weiterhin ist der Angeklagte bereits mehrfach und erheblich wegen Diebstahls im erschwerten Fall verurteilt worden. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen die Beute, ein Münzalbum, Schmuckstücke und Geld, auf der Flucht vor der Polizei aus dem Wagen geworfen worden ist. Das Münzalbum konnte Tage später am Randstreifen einer Autobahnauffahrt, demnach am rechten Straßenrand der Autobahn aufgefunden werden. Es liegt nicht fern, dass die bei hoher Geschwindigkeit vorgenommene Entäußerung der Beute unter Mithilfe des Angeklagten geschehen ist, was ebenfalls auf dessen Mitwirkung schließen ließe. Alle diese Umstände hätten nicht nur isoliert, sondern auch in einer sie alle umfassenden Gesamtwürdigung auf ihre Bedeutung für die Überzeugungsbildung von der Schuld des Angeklagten untersucht werden müssen.

Für den Freispruch vom Vorwurf dreier weiterer Einbruchsdiebstähle (Fälle 9 bis 11 der Anklage) bzw. entsprechender Hehlereitaten an den aufgefundenen Beutestücken gilt Folgendes: Hier hat sich der Angeklagte mit der Einlassung verteidigt, die Schmuckstücke auf einem Flohmarkt in Unkenntnis ihrer Herkunft erworben zu haben. Diese Einlassung ist nach Auffassung des Landgerichts ebenfalls nicht zu widerlegen.

Hier führt bereits die Aufhebung des Urteils im Fall 5 der Anklage zur Aufhebung des Freispruchs, da nicht auszuschließen ist, dass sich das Landgericht bei einer Verurteilung im Fall 5 im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung auch von der Täterschaft des Angeklagten in den Fällen 9 bis 11 überzeugt hätte, insbesondere da das Landgericht diese Fälle nur isoliert betrachtet und dabei ausgeblendet hat, dass mit der Festnahme des Angeklagten am 31. März 2007 im Umfeld eines Einbruchsdiebstahls ein weiteres Beweisanzeichen für eine strafbare Erlangung der sichergestellten Schmuckstücke vorhanden ist.

Rein vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass eine Wahlfeststellung nach ständiger Rechtsprechung voraussetzt, dass die mehreren möglichen, einander ausschließenden Verhaltensweisen rechtsethisch und psychologisch gleichartig bzw. gleichwertig sind (vgl. BGHR StGB § 260 Wahlfeststellung 1 m. w. N.). Daher käme nur eine Wahlfeststellung zwischen dem - im Wohnungseinbruchsdiebstahl enthaltenen - einfachen Diebstahl (§ 242 Abs. 1 StGB) und Hehlerei, nicht aber zwischen Wohnungseinbruchsdiebstahl und Hehlerei in Betracht.



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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 53/08 vom 8. Mai 2008 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf desse
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 53/08
vom
8. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. Mai
2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 19. September 2007 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch werden die Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei Fällen und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf Verfahrensrügen und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Senat nimmt Bezug auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts und bemerkt ergänzend zu den Verfahrensrügen, mit denen die Ablehnung von Beweisanträgen wegen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache beanstandet wird: Das Landgericht ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass dieser seinen Wagen an andere Personen verliehen hat (UA S. 19); das Urteil kann daher nicht auf der Ablehnung des Beweisantrages beruhen, mit dem genau dies nachgewiesen werden sollte. Im Übrigen weist die Revision zwar im Ansatz zutreffend darauf hin, dass die Ablehnungsbeschlüsse an sich nicht den Begründungserfordernissen entsprechen, die an die Darstellung der antizipierenden Beweiswürdigung bei der Zurückweisung eines Beweisantrags wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung zu stellen sind (vgl. BGH, Beschl. vom 22. November 2007 - 3 StR 430/07 m. w. N.). Dies ist hier aber unschädlich, denn der Senat kann im Hinblick auf die sonstige Beweislage und die - wenn überhaupt - nur entfernt indizielle Bedeutung der unter Beweis gestellten Geschehnisse im Kosovo ausschließen, dass der Angeklagte seine Verteidigung bei einer näheren Begründung des entsprechenden Ablehnungsbeschlusses anders als geschehen hätte einrichten können. Auch die revisionsgerichtliche Prüfung ist noch hinreichend möglich.
3
2. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hält hingegen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe lässt besorgen, dass das Landgericht bei ihrer Bemessung nicht die Person des Angeklagten und die einzelnen Taten zusammenfassend gewürdigt hat (§ 54 Abs. 1 Satz 3 StGB), sondern sich zu sehr von der Summe der Einzelstrafen (zweimal ein Jahr und neun Monate, einmal ein Jahr und fünf Monate, einmal neun Monate Freiheitsstrafe ) hat leiten lassen (vgl. BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 8 m. w. N.). Es hat die Einsatzstrafe von einem Jahr und neun Monaten mehr als verdoppelt. Die Schärfung von zwei Jahren ist höher als die Hälfte der verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen. Naheliegend hat das Landgericht dabei den engen zeitli- chen und sachlichen Zusammenhang zwischen den einzelnen Taten nicht bedacht. Die entgegenstehende formelhafte Begründung (UA S. 26) vermag daran nichts zu ändern. Die Gesamtstrafe muss deshalb neu zugemessen werden.
4
Die Feststellungen können bestehen bleiben, weil lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen.
5
3. Die Einziehungsentscheidung wird von dem Fehler nicht erfasst und kann deshalb bestehen bleiben.
Becker Pfister Kolz Hubert Schäfer

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat,
begeht.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) (weggefallen)

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.