Strafrecht: Zum zeitlichen Verhältnis zwischen Vortat und Hehlerei

published on 18/03/2015 17:43
Strafrecht: Zum zeitlichen Verhältnis zwischen Vortat und Hehlerei
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Keine Hehlerei wenn die Vortat erst durch die Verfügung zugunsten des Hehlers begangen wird.
Der BGH hat mit Beschluss vom 09.11.2011 (Az: 2 StR 386/11) folgendes entschieden:

Die Strafbarkeit wegen Hehlerei setzt voraus, dass die gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen ist. Daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zugunsten des Hehlers begangen wird.


Verhältnis zur bisherigen Rechtsprechung


Der Bundesgerichtshof führt in vorliegender Entscheidung seine ständige Rechtsprechung zum zeitlichen Verhältnis von Vortat und Hehlerei (vgl. BGH, Beschluss v. 14.04.2011, Az. 4 StR 112/11; BGH, Beschluss v. 28.11.2001, Az. 2 StR 477/01) fort.


Tatbestand

Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte jeweils drei ihm nicht gehörende Leasingfahrzeuge zu einem deutlich unter ihrem Wert liegenden Preis. Infolgedessen wurden die Fahrzeuge an die jeweiligen Abnehmer nach Syrien gebracht. Ursprünglich waren die Fahrzeuge von einer Fa. A-GmbH geleast worden, wobei diese keinerlei Leasingraten entrichtete. Diese übergab sodann die Fahrzeuge dem Angeklagten. Ob die Firma Kenntnis vom Verkauf der Fahrzeuge hatte oder ob sie bei der Weitergabe der Pkws an den Angeklagten von diesem getäuscht worden war, konnte nicht festgestellt werden.

Auf dieser Grundlage verurteilte das Landgericht den Angeklagten auf wahldeutiger Grundlage wegen Betruges oder Hehlerei (Wahlfeststellung). Habe die Firma keine Kenntnis von dem Verkauf gehabt, läge eine täuschungsbedingte Erlangung der Fahrzeuge und damit ein Betrug vor. Habe sie hingegen in krimineller Intention gehandelt und sei an der Verschiebung der Fahrzeuge beteiligt, habe der Angeklagte eine Hehlerei begangen, indem er sich eine aus Unterschlagung stammende Sache ggf. verschafft, jedenfalls aber (im Interesse des Vortäters) abgesetzt habe.


Entscheidungsgründe

Die wahldeutige Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei oder Betrug hält der rechtlichen Überprüfung des Bundesgerichtshofes nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass im Falle eines kriminellen Zusammenwirkens des Angeklagten und der Firma A-GmbH auch eine Unterschlagung als Vortat in Betracht kommt. Die Strafbarkeit wegen Hehlerei setzt jedoch voraus, dass die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbes abgeschlossen ist. Hehlerei liegt daher nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zugunsten des Hehlers begangen wird. In diesem Fall kommt lediglich eine Beteiligung des Erwerbers an der Vortat in Betracht. Dies ist vorliegend der Fall. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Firma A-GmbH die Fahrzeuge erst durch die Übergabe an den Angeklagten zugeeignet haben und erst dadurch eine Unterschlagung begangen hat, ohne dass es zuvor zu einem Betrug oder zu einer Unterschlagung gekommen war.

Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Angeklagte anstelle von Hehlerei wegen Unterschlagung strafbar gemacht haben könnte. Aufgrund dessen hat die Verurteilung wegen Betruges oder Hehlerei auf wahldeutiger Grundlage keinen Bestand.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 21. März 2011, soweit es ihn betrifft, in den Fällen B 3 bis B 5 sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.


Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in vier Fällen und wegen Betruges oder gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und zudem eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen B 3 bis B 5 sowie des Gesamtstrafenausspruchs; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte zu einem deutlich unter ihrem Wert liegenden Preis jeweils drei ihm nicht gehörende Leasingfahrzeuge, die daraufhin in der Zeit zwischen dem 2. und dem November 2007 nach Syrien gebracht wurden. Die hochwertigen Pkws waren ursprünglich von einer Fa. A. GmbH mit Verträgen vom 18. September 2007 bzw. Juli 2007 geleast worden, wobei diese keinerlei Leasingraten entrichtete. Der Angeklagte, der selbst mit der Vermietung von Kraftfahrzeugen befasst war, übernahm die später veräußerten Fahrzeuge von der Fa. A. GmbH. Ob diese Kenntnis vom Verkauf der Fahrzeuge hatte oder sie bei der Weitergabe der Pkws an den Angeklagten K. von diesem getäuscht gutgläubig war, konnte die Kammer nicht feststellen.

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten insoweit auf wahldeutiger Grundlage wegen Betruges oder Hehlerei. Dabei ist die Kammer mit Blick auf zuvor festgestellte Veräußerungen anderer Kraftfahrzeuge nach Syrien davon ausgegangen, dass der Angeklagte schon im Augenblick der Übernahme den Vorsatz gefasst hatte, diese gewinnbringend nach Syrien weiter zu veräußern. Soweit man annehme, die Fa. A. GmbH habe keine Kenntnis von dem Verkauf gehabt, läge eine täuschungsbedingte Erlangung der Fahrzeuge und damit ein Betrug vor. Habe der Vorbesitzer selbst in krimineller Intention gehandelt und sei er an der Verschiebung der Fahrzeuge zum Nachteil der jeweiligen Eigentümer beteiligt gewesen, habe der Angeklagte eine Hehlerei begangen, indem er sich eine aus Unterschlagung oder Betrug stammende Sache ggf. verschafft, jedenfalls aber (im Interesse des Vortäters) abgesetzt habe, um sich zu bereichern.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass es im Falle eines (nicht ausgeschlossenen) kriminellen Zusammenwirkens des Angeklagten mit der Fa. A. GmbH eine weitere Sachverhaltskonstellation geben könnte, in der abweichend von der Beurteilung des Verhaltens als Hehlereihandlung (lediglich) eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung angenommen werden könnte.

Die Strafbarkeit wegen Hehlerei setzt voraus, dass die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen ist (BGHSt 13, 403, 405); daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zugunsten des Hehlers begangen wird. In diesem Fall kommt lediglich eine Beteiligung des Erwerbers an der Vortat einer durch Verfügung oder Weggabe begangenen Unterschlagung in Betracht (vgl. BGH, Beschluss v. 28.11.2001, Az. 2 StR 477/01; ferner: BGH, Beschluss vom 14. April 2011 4 StR 112/11). Dass die Fa. A. GmbH sich die Kraftfahrzeuge erst durch die Übergabe an den Angeklagten zugeeignet haben und erst dadurch eine mittäterschaftliche Unterschlagung begangen haben könnte, ohne dass es zuvor zu einem Betrug oder zu einer Unterschlagung gekommen war, hat die Kammer ersichtlich nicht bedacht.

Es ist entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts den Urteilsgründen auch nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass der Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bereits bei Abschluss der Leasingverträge mit den Leasinggebern betrügerisch gehandelt und insoweit einen Betrug (als Vortat der Hehlerei) begangen hat. Der Umstand, dass niemals Leasingraten gezahlt worden sind, ist ohne nähere Aufklärung zu den Einzelheiten des Vertragsabschlusses und den Gründen der Nichtzahlung durch die Fa. A. GmbH allein nicht geeignet, schon eine vorsätzliche betrügerische Erlangung der Fahrzeuge mit Abschluss der Leasingverträge zu belegen. Dies gilt umso mehr, als die Pkws jeweils einige Monate gefahren worden sind, bevor sie nach Syrien veräußert wurden, so dass jedenfalls nicht nahe liegt, dass die Leasingverträge bereits zum Zwecke des Verkaufs ins Ausland abgeschlossen wurden.

Im Hinblick darauf, dass auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Angeklagte anstelle von Hehlerei wegen Unterschlagung der Kraftfahrzeuge strafbar gemacht haben könnte, hat die Verurteilung wegen Betruges oder Hehlerei auf wahldeutiger Grundlage keinen Bestand.

Da es nicht ausgeschlossen erscheint, dass weitere Feststellungen zum Vorliegen einer Vortat gemäß § 259 StGB getroffen werden können, wird die Sache zu neuer Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht; neue, den bisherigen nicht widersprechende können getroffen werden.

Mit der Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen B 3 bis B 5 geraten auch die jeweiligen Einzelstrafen in Wegfall; das zieht die Aufhebung der gegen den Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.



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published on 14/04/2011 00:00

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 386/11 vom 9. November 2011 in der Strafsache gegen wegen Unterschlagung u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. November
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 386/11
vom
9. November 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Unterschlagung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. November 2011
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 21. März 2011, soweit es ihn betrifft , in den Fällen B 3 bis B 5 sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Unterschlagung in vier Fällen und wegen Betruges oder gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und zudem eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen B 3 bis B 5 sowie des Gesamtstrafenausspruchs; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte zu einem deutlich unter ihrem Wert liegenden Preis jeweils drei ihm nicht gehö- rende Leasingfahrzeuge, die daraufhin in der Zeit zwischen dem 2. und dem 10. November 2007 nach Syrien gebracht wurden. Die hochwertigen Pkws waren ursprünglich von einer Fa. A. GmbH mit Verträgen vom 18. September 2007 bzw. Juli 2007 geleast worden, wobei diese keinerlei Leasingraten entrichtete. Der Angeklagte, der selbst mit der Vermietung von Kraftfahrzeugen befasst war, übernahm die später veräußerten Fahrzeuge von der Fa. A. GmbH. Ob diese Kenntnis vom Verkauf der Fahrzeuge hatte oder sie bei der Weitergabe der Pkws an den Angeklagten K. - von diesem getäuscht - gutgläubig war, konnte die Kammer nicht feststellen.
3
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten insoweit auf wahldeutiger Grundlage wegen Betruges oder Hehlerei. Dabei ist die Kammer mit Blick auf zuvor festgestellte Veräußerungen anderer Kraftfahrzeuge nach Syrien davon ausgegangen, dass der Angeklagte schon im Augenblick der Übernahme den Vorsatz gefasst hatte, diese gewinnbringend nach Syrien weiter zu veräußern. Soweit man annehme, die Fa. A. GmbH habe keine Kenntnis von dem Verkauf gehabt, läge eine täuschungsbedingte Erlangung der Fahrzeuge und damit ein Betrug vor. Habe der Vorbesitzer selbst in krimineller Intention gehandelt und sei er an der Verschiebung der Fahrzeuge zum Nachteil der jeweiligen Eigentümer beteiligt gewesen, habe der Angeklagte eine Hehlerei begangen, indem er sich eine aus Unterschlagung oder Betrug stammende Sache ggf. verschafft, jedenfalls aber (im Interesse des Vortäters) abgesetzt habe, um sich zu bereichern.
4
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht bedacht, dass es im Falle eines (nicht ausgeschlossenen) kriminellen Zusammenwirkens des Angeklagten mit der Fa. A. GmbH eine weitere Sachverhaltskonstellation geben könnte, in der - abweichend von der Beurteilung des Verhaltens als Hehlereihandlung - (lediglich) eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung angenommen werden könnte.
5
Die Strafbarkeit wegen Hehlerei setzt voraus, dass die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen ist (BGHSt 13, 403, 405); daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zugunsten des Hehlers begangen wird. In diesem Fall kommt lediglich eine Beteiligung des Erwerbers an der Vortat - einer durch Verfügung oder Weggabe begangenen Unterschlagung - in Betracht (vgl. BGH StV 2002, 542; ferner: BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 4 StR 112/11). Dass die Fa. A. GmbH sich die Kraftfahrzeuge erst durch die Übergabe an den Angeklagten zugeeignet haben und erst dadurch eine mittäterschaftliche Unterschlagung begangen haben könnte, ohne dass es zuvor zu einem Betrug oder zu einer Unterschlagung gekommen war, hat die Kammer ersichtlich nicht bedacht.
6
Es ist - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - den Urteilsgründen auch nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass der Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bereits bei Abschluss der Leasingverträge mit den Leasinggebern betrügerisch gehandelt und insoweit einen Betrug (als Vortat der Hehlerei ) begangen hat. Der Umstand, dass niemals Leasingraten gezahlt worden sind, ist ohne nähere Aufklärung zu den Einzelheiten des Vertragsabschlusses und den Gründen der Nichtzahlung durch die Fa. A. GmbH allein nicht geeignet , schon eine vorsätzliche betrügerische Erlangung der Fahrzeuge mit Abschluss der Leasingverträge zu belegen. Dies gilt umso mehr, als die Pkws jeweils einige Monate gefahren worden sind, bevor sie nach Syrien veräußert wurden, so dass jedenfalls nicht nahe liegt, dass die Leasingverträge bereits zum Zwecke des Verkaufs ins Ausland abgeschlossen wurden.
7
Im Hinblick darauf, dass auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Angeklagte anstelle von Hehlerei wegen Unterschlagung der Kraftfahrzeuge strafbar gemacht haben könnte, hat die Verurteilung wegen Betruges oder Hehlerei auf wahldeutiger Grundlage keinen Bestand.
8
Da es nicht ausgeschlossen erscheint, dass weitere Feststellungen zum Vorliegen einer Vortat gemäß § 259 StGB getroffen werden können, wird die Sache zu neuer Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht; neue, den bisherigen nicht widersprechende können getroffen werden.
9
Mit der Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen B 3 bis B 5 geraten auch die jeweiligen Einzelstrafen in Wegfall; das zieht die Aufhebung der gegen den Angeklagten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 112/11
vom
14. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu 3. auf seinen Antrag - und des Beschwerdeführers am 14. April
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 28. Oktober 2010, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe jeweils der Unterschlagung schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die in diesen Fällen erkannten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
3
a) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hatten der Angeklagte und der anderweitig verfolgte E. D. vereinbart, sich künftig durch illegale Autogeschäfte Geld zu verschaffen. Sie wollten Leasingfahrzeuge nach Absprache mit den Leasingnehmern, die für ihre Mitwirkung entlohnt werden sollten, über Deutschland nach Nordafrika verbringen und dort verkaufen; die Leasingnehmer sollten die Fahrzeuge sodann als gestohlen melden. E. D. , der in Italien lebte, sollte dort die entsprechenden Fahrzeuge besorgen ; Aufgabe des Angeklagten sollte sein, zur Verschleierung der Kraftfahrzeugverschiebungen in Deutschland Ausfuhr- bzw. Kurzzeitkennzeichen und Fahrer für die Überführungsfahrten zu besorgen.
4
aa) Abweichend von diesem Plan wurden die Fahrzeuge im Fall II. 2 der Urteilsgründe nicht allein von E. D. beschafft, vielmehr verhandelten der Angeklagte und E. D. in Mailand gemeinsam mit den Leasingnehmern und besorgten anschließend auch das Geld. Der Angeklagte teilte den von ihm aus Deutschland mitgebrachten Fahrern vor der Rückfahrt mit, dass E. D. und er die Fahrzeuge gekauft hätten (UA 10).
5
bb) Im Fall II. 3 der Urteilsgründe erfuhr der Angeklagte in Deutschland, dass der Zeuge S. sein fremdfinanziertes und im Sicherungseigentum der Bank stehendes Kraftfahrzeug ins Ausland verkaufen und dann als gestohlen melden wollte. Er übernahm das Fahrzeug von dem Zeugen gegen Teilzahlung des vereinbarten Entgelts und ließ es zusammen mit weiteren, von E. D. beschafften Fahrzeugen nach Marokko bringen, wo es veräußert wurde (UA 12/13).
6
b) In beiden Fällen trat die von § 259 Abs. 1 StGB vorausgesetzte rechtswidrige Besitzlage erst mit der Übergabe des jeweiligen Fahrzeugs an den Angeklagten bzw. an diesen und E. D. ein. Nach ständiger Rechtsprechung muss aber die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen sein; daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn - wie hier - die Vortat erst durch die Verfügung zu Gunsten des "Hehlers" begangen wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 1996 - 2 StR 664/95, BGHR StGB § 259 Abs. 1 Vortat 5, und vom 28. November 2001 - 2 StR 477/01, StV 2002, 542 m.w.N.; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 259 Rn. 8 m.w.N.).
7
c) Durch die Übernahme der Fahrzeuge von den Leasingnehmern hat sich der Angeklagte jedoch gemeinschaftlich mit diesen jeweils einer Unterschlagung schuldig gemacht (§ 246 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB).
8
Dies gilt auch für die in Italien begangene Tat (Fall II. 2 der Urteilsgründe ). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist eine Tat auch dann dem deutschen Strafrecht unterworfen, wenn sie von einem Deutschen im Ausland begangen wurde und am Tatort ebenfalls mit Strafe bedroht ist. Der Angeklagte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit; eine Unterschlagung ist in Italien nach Art. 646 des Codice penale strafbar. Für die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts kommt es nicht darauf an, ob es nach italienischem Recht eines Strafantrags bedurft hätte. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Tat am Tatort materiell strafbar ist; tatsächlich verfolgbar braucht sie nicht zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 1954 - 1 StR 35/54, NJW 1954, 1086; Beschluss vom 8. März 2000 - 3 StR 437/99, BGHR StGB § 7 Abs. 2 Strafbarkeit 4; vgl. auch Eser in Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., § 7 Rn. 11 m.w.N.).
9
2. Der Senat stellt die Schuldsprüche in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe entsprechend um. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der weitgehend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
10
3. Wegen des gegenüber § 260 Abs. 1 StGB milderen Strafrahmens des § 246 Abs. 1 StGB haben die für diese Taten erkannten Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand. Die der Strafbemessung zu Grunde liegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler unberührt; sie können daher bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen , nicht aus.
11
Im Hinblick auf das Vorbringen der Revision bemerkt der Senat, dass dem - zu erwartenden oder bereits erfolgten - Widerruf einer dem Angeklagten erst kurz vor Beginn der Tatserie gewährten Reststrafaussetzung zur Bewährung hier keine bestimmende strafmildernde Bedeutung zukommt.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 112/11
vom
14. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu 3. auf seinen Antrag - und des Beschwerdeführers am 14. April
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 28. Oktober 2010, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe jeweils der Unterschlagung schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die in diesen Fällen erkannten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
3
a) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hatten der Angeklagte und der anderweitig verfolgte E. D. vereinbart, sich künftig durch illegale Autogeschäfte Geld zu verschaffen. Sie wollten Leasingfahrzeuge nach Absprache mit den Leasingnehmern, die für ihre Mitwirkung entlohnt werden sollten, über Deutschland nach Nordafrika verbringen und dort verkaufen; die Leasingnehmer sollten die Fahrzeuge sodann als gestohlen melden. E. D. , der in Italien lebte, sollte dort die entsprechenden Fahrzeuge besorgen ; Aufgabe des Angeklagten sollte sein, zur Verschleierung der Kraftfahrzeugverschiebungen in Deutschland Ausfuhr- bzw. Kurzzeitkennzeichen und Fahrer für die Überführungsfahrten zu besorgen.
4
aa) Abweichend von diesem Plan wurden die Fahrzeuge im Fall II. 2 der Urteilsgründe nicht allein von E. D. beschafft, vielmehr verhandelten der Angeklagte und E. D. in Mailand gemeinsam mit den Leasingnehmern und besorgten anschließend auch das Geld. Der Angeklagte teilte den von ihm aus Deutschland mitgebrachten Fahrern vor der Rückfahrt mit, dass E. D. und er die Fahrzeuge gekauft hätten (UA 10).
5
bb) Im Fall II. 3 der Urteilsgründe erfuhr der Angeklagte in Deutschland, dass der Zeuge S. sein fremdfinanziertes und im Sicherungseigentum der Bank stehendes Kraftfahrzeug ins Ausland verkaufen und dann als gestohlen melden wollte. Er übernahm das Fahrzeug von dem Zeugen gegen Teilzahlung des vereinbarten Entgelts und ließ es zusammen mit weiteren, von E. D. beschafften Fahrzeugen nach Marokko bringen, wo es veräußert wurde (UA 12/13).
6
b) In beiden Fällen trat die von § 259 Abs. 1 StGB vorausgesetzte rechtswidrige Besitzlage erst mit der Übergabe des jeweiligen Fahrzeugs an den Angeklagten bzw. an diesen und E. D. ein. Nach ständiger Rechtsprechung muss aber die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen sein; daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn - wie hier - die Vortat erst durch die Verfügung zu Gunsten des "Hehlers" begangen wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 1996 - 2 StR 664/95, BGHR StGB § 259 Abs. 1 Vortat 5, und vom 28. November 2001 - 2 StR 477/01, StV 2002, 542 m.w.N.; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 259 Rn. 8 m.w.N.).
7
c) Durch die Übernahme der Fahrzeuge von den Leasingnehmern hat sich der Angeklagte jedoch gemeinschaftlich mit diesen jeweils einer Unterschlagung schuldig gemacht (§ 246 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB).
8
Dies gilt auch für die in Italien begangene Tat (Fall II. 2 der Urteilsgründe ). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist eine Tat auch dann dem deutschen Strafrecht unterworfen, wenn sie von einem Deutschen im Ausland begangen wurde und am Tatort ebenfalls mit Strafe bedroht ist. Der Angeklagte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit; eine Unterschlagung ist in Italien nach Art. 646 des Codice penale strafbar. Für die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts kommt es nicht darauf an, ob es nach italienischem Recht eines Strafantrags bedurft hätte. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Tat am Tatort materiell strafbar ist; tatsächlich verfolgbar braucht sie nicht zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 1954 - 1 StR 35/54, NJW 1954, 1086; Beschluss vom 8. März 2000 - 3 StR 437/99, BGHR StGB § 7 Abs. 2 Strafbarkeit 4; vgl. auch Eser in Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., § 7 Rn. 11 m.w.N.).
9
2. Der Senat stellt die Schuldsprüche in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe entsprechend um. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der weitgehend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
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3. Wegen des gegenüber § 260 Abs. 1 StGB milderen Strafrahmens des § 246 Abs. 1 StGB haben die für diese Taten erkannten Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand. Die der Strafbemessung zu Grunde liegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler unberührt; sie können daher bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen , nicht aus.
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Im Hinblick auf das Vorbringen der Revision bemerkt der Senat, dass dem - zu erwartenden oder bereits erfolgten - Widerruf einer dem Angeklagten erst kurz vor Beginn der Tatserie gewährten Reststrafaussetzung zur Bewährung hier keine bestimmende strafmildernde Bedeutung zukommt.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.