Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Mai 2012 - 2 S 2904/10

published on 02/05/2012 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Mai 2012 - 2 S 2904/10
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.7.2010 - 9 K 470/09 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 27.10.2008 und dessen Widerspruchsbescheids vom 29.1.2009 verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Beihilfe vom 12.10.2008 hinsichtlich der geltend gemachten kieferorthopädischen Aufwendungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die 1948 geborene Klägerin begehrt Beihilfe zu den Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung. Sie ist als Beamtin mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt.
Mit Schreiben vom 28.8.2008 legte sie dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) einen kieferorthopädischen Behandlungsplan zur Prüfung der Beihilfefähigkeit vor. In dem Behandlungsplan wurden die voraussichtlichen Gesamtkosten auf 3.666,57 EUR geschätzt. Die Diagnose für den Oberkiefer lautete: „Retinierter und verlagerter Zahn 13; fehlender Zahn 25; mesiopaltinal rotierter Zahn 26; Implantate regio 25 und 27 bereits gesetzt". Zum Unterkiefer wurde festgestellt: „Fehlende Zähne durch Implantate ersetzt regio 36 und 45, 46; mesioklinierte Molaren; frontaler Engstand, Rotationen und Kippungen". Die Bisslage wird wie folgt beschrieben: „Skel. Klasse I, mand. Verschiebung nach rechts; Biss abgesackt durch fehlende dorsale Abstützung". Des Weiteren heißt es, die Behandlung sei aus funktionellen Gründen (Kiefergelenke) und zum längeren Erhalt der Zähne indiziert. Ohne die kieferorthopädische Aufrichtung der Molaren sei die prothetische Versorgung nicht lege artis möglich.
Unter dem 3.9.2008 teilte das Landesamt der Klägerin mit, dass die Kosten der geplanten Maßnahme nicht als beihilfefähig anerkannt würden. Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen seien nur dann beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Etwas anderes gelte nur bei schweren Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erforderten. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Mit Antrag vom 12.10.2008 begehrte die Klägerin Beihilfe zu den bis dahin entstandenen Aufwendungen für die mittlerweile durchgeführte kieferorthopädische Behandlung in Höhe von 1.122,69 EUR (Rechnung vom 10.10.2008). Mit Bescheid vom 27.10.2008 versagte das Landesamt die begehrte Beihilfe.
Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend: Durch eine starke Bissabsenkung und ein prothetisch unterversorgtes Gebiss habe sie funktionale Probleme im Kieferbereich (schmerzhafte Kiefergelenke und eine eingeschränkte Kaufunktion). Durch die langjährigen Zahnlücken rechts und links im Unterkiefer seien die Backenzähne gekippt, was auch die Ursache starker parodontaler Probleme sei. Auch Schmerzen im Halswirbelbereich hingen damit zusammen. Nur durch eine kieferorthopädische Behandlung könnten die prothetische Versorgung durchgeführt und die gesetzten Implantate fertiggestellt werden, um ihre Zähne auf lange Sicht zu erhalten.
In einer dem Widerspruch beigefügten Stellungnahme der die Klägerin behandelnden Zahnärzte vom 17.11.2008 heißt es, dass eine kieferorthopädische Behandlung wegen einer Bisshebung, Aufrüstung und Passung der Seitenzähne dringend erforderlich gewesen sei. Dadurch sei eine Verbesserung der parodontalen Situation gegeben. Es habe außerdem eine schwere craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) - Problematik der Muskel- und Kieferfunktion - bestanden, die starke Schmerzen hervorgerufen habe. Die Folge seien Verspannungen der Nackenmuskulatur und Spannungskopfschmerz. Kiefergelenksbeschwerden, Kiefergelenksknacken und eine eingeschränkte Nackenbeweglichkeit seien schmerzhaft und hätten nur durch die kieferorthopädische Behandlung behoben werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.1.2009 wies das Landesamt den Widerspruch der Klägerin zurück, da die Voraussetzungen der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für kieferorthopädische Maßnahmen bei über 18-jährigen Beihilfeberechtigten nicht vorlägen.
Am 25.2.2009 hat die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Der in Nr. 1.2.3 der Anlage zur BVO geregelte Ausschluss von Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen bei Personen über 18 Jahren von der Beihilfefähigkeit stelle eine sachlich unbegründete Diskriminierung erwachsener Beihilfeberechtigter dar. Er verstoße auch gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es handle sich um eine ausschließlich an das Alter gebundene Diskriminierung, für die es keine zulässigen Gründe gebe. Die inzwischen abgeschlossenen kieferorthopädischen Maßnahmen seien medizinisch notwendig gewesen. Sie habe schon viele Jahre eine Doppellücke und zwei weitere Zahnlücken durch fehlende Zähne gehabt. Oben habe sie keinen Gegenbiss gehabt und ihr Kiefer habe sich verändert, da der Biss schon lange nicht mehr gestimmt habe. Vier Zähne seien in die Lücke „gekippt" und ein Zahn habe sich gedreht. Bei der Sanierung ihres Gebisses sei es erforderlich gewesen, mehrere gesunde Backenzähne mittels einer kieferorthopädischen Behandlung zu richten. Eine fachgerechte Alternative zu dieser Behandlung habe es nicht gegeben. Auch ihre chronischen Nacken- und Kopfschmerzen seien geheilt.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Auch die Fürsorgepflicht erfordere nicht den Ausgleich jeglicher aus Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen. Allenfalls unzumutbare Belastungen bzw. erhebliche Aufwendungen, die für den Beamten unausweichlich seien und denen er sich nicht entziehen könne, könnten den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren. Zu denken sei an die Behandlung schwerer oder gar lebensbedrohlicher Krankheiten. Um eine solche handele es sich vorliegend nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15.7.2010 - zugestellt am 2.12.2010 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Nach Nr. 1.2.3 der Anlage zur BVO seien kieferorthopädische Leistungen nur beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet habe; dies gelte nicht bei schweren Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erforderten. Gemessen hieran komme eine Beihilfegewährung nicht in Betracht. Die Klägerin habe bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr (längst) überschritten. Auch eine Ausnahme von der Altersgrenze habe nicht vorgelegen, da sie nicht an einer schweren Kieferanomalie gelitten habe. Dass die kieferorthopädische Behandlung nach ihrem Vorbringen und den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen für eine prothetische Versorgung und zur Behebung einer durch die Zahnfehlstellungen verursachten craniomandibulären Dysfunktion erforderlich gewesen sei, sei unbeachtlich.
11 
Die unterschiedliche Regelung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für kieferorthopädische Behandlungen für Minderjährige und Erwachsene verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Bei der im Beihilferecht erlaubten pauschalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise lägen sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung der Minderjährigen und Erwachsenen vor, die auch nicht zu einer Verletzung der Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern führten. Dem grundsätzlichen Leistungsausschluss liege die Erwägung zugrunde, dass mit einer kieferorthopädischen Behandlung aus medizinischen Gründen vor Abschluss des Körperwachstums begonnen werden solle, und dass solche Maßnahmen bei Erwachsenen überwiegend aus ästhetischen Gründen oder wegen mangelnder zahnmedizinischer Vorsorge in früheren Jahren erfolgten. Dies sei nicht zu beanstanden.
12 
Allerdings schließe Nr. 1.2.3 der Anlage zur BVO die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung Erwachsener auch in den Fällen aus, in denen die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit für eine kieferorthopädische Behandlung erfüllt seien. Da der Verordnungsgeber typisieren dürfe, sei dies rechtlich nicht zu beanstanden, solange solche Fallgestaltungen nicht von vornherein absehbar einen solchen Umfang und ein solches Gewicht erreichten, dass sie auch bei typisierender Betrachtungsweise nicht vernachlässigt werden könnten. Davon sei hier nicht auszugehen. Für eine verfassungsrechtlich gebotene Korrektur sei die Härtefallregelung des § 5 Abs. 6 BVO in den Blick zu nehmen. Eine atypische Fallgestaltung, die die Annahme eines Härtefalls rechtfertige, liege bei der Klägerin jedoch nicht vor. Nach ihrem Vorbringen seien es die von ihr hingenommenen und nicht behandelten Zahnlücken gewesen, die zur Verlagerung von Zähnen und zur Veränderung des Gebisses geführt hätten.
13 
Schließlich verstoße der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für kieferorthopädische Behandlungen von Erwachsenen nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Ob die Gewährung von Beihilfe in Krankheitsfällen für Beamte unter den sachlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes falle, könne dahingestellt bleiben, da die unterschiedliche Behandlung von Minderjährigen und Erwachsenen jedenfalls nicht wegen des Merkmals „Alter" erfolge, sondern auf den unterschiedlichen Anlässen und Voraussetzungen für eine kieferorthopädische Behandlung beruhe. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, sei die in Streit stehende Regelung zulässig, da sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Dazu gehöre auch das Ziel einer sparsamen Haushaltsführung. Den einzelnen Mitgliedstaaten sei nicht nur bei der Bestimmung der Ziele, sondern auch bei der Wahl der Mittel ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, bei dem auch haushaltsbezogene Erwägungen Berücksichtigung finden könnten.
14 
Die Klägerin hat am 27.12.2010 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 31.1.2011 - beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am 1.2.2011 - begründet.
15 
Der Senat hat Beweis durch die Einholung ein Sachverständigengutachtens erhoben, das von Prof. em. Dr. Sch. unter dem 12.1.2012 erstattet worden ist. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Gutachtens verwiesen.
16 
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, dass der Sachverständige den von ihr vorgetragenen Sachverhalt bestätigt habe.
17 
Sie beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15.7.2010 - 9 K 470/09 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden- Württemberg vom 27.10.2008 und dessen Widerspruchsbescheids vom 29.1.2009 zu verpflichten, ihren Antrag auf Gewährung einer Beihilfe vom 12.10.2008 hinsichtlich der geltend gemachten kieferorthopädischen Aufwendungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er macht ergänzend geltend: Der Gutachter habe darauf hingewiesen, als Behandlungsziel der kieferorthopädischen Behandlung Erwachsener stehe häufig die Verbesserung der Ästhetik im Vordergrund. Zudem bestünden erhebliche biologische Unterschiede. Daher bestehe die sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von Minderjährigen und Erwachsenen weiterhin. Der beihilferechtliche Verordnungsgeber habe einen weiten Ermessensspielraum, der ihn dazu berechtige, generalisierende, typisierende und pauschalierende Maßstäbe anzulegen.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Beihilfeakten des Landesamts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
24 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da die Klägerin - entsprechend ihrem ausdrücklich gestellten Antrag - verlangen kann, dass der Beklagte ihren Antrag auf Gewährung einer Beihilfe vom 12.10.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die ihr entstandenen Aufwendungen für die streitgegenständliche kieferorthopädische Behandlung sind beihilfefähig.
25 
I. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.; VGH Bad,-Württ., Urteil vom 10.10.2011 - 2 S 1369/11 - Juris). Hier sind die Aufwendungen im September 2008 entstanden. Ob und inwieweit die Klägerin für diese Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, bestimmt sich somit nach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung von Art. 10 des Gesetzes vom 17.2.2004 (GBl. S 66).
26 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete zahnärztliche Leistungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Dies gilt jedoch nur nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung. Nach Nr. 1.2.3 lit. b der Anlage sind Aufwendungen für kieferorthopädische Behandlungen unter anderem dann beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht überschritten hat; die gilt nicht bei schweren Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordern.
27 
II. Nach diesen Regelungen sind die Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung der 1948 geborenen Klägerin von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, da die dargestellten Indikationen, bei denen die kieferorthopädische Behandlung ausnahmsweise auch bei über 18-Jährigen beihilfefähig ist, im Fall der Klägerin nicht vorliegen. Eine schwere Kieferanomalie, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordert hätte, ist unstreitig nicht gegeben. Dies hat auch der Sachverständige ausdrücklich bestätigt.
28 
III. Die in Nr. 1.2.3 lit b der Anlage zur BVO getroffene Ausschlussregelung kann jedoch unter den im Fall der Klägerin gegebenen Umständen keine Anwendung finden. Hierbei kann offen bleiben, ob der grundsätzliche Ausschluss der kieferorthopädischen Behandlung Erwachsener von der Beihilfefähigkeit mit höherrangigem Recht vereinbar ist (1.). Denn die Versagung der Beihilfe verstößt jedenfalls im vorliegenden Einzelfall gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (2., grundlegend zur Anwendung von Art. 3 Abs. 1 GG im Beihilferecht: Senatsurteil vom 15.3.2012 - 2 S 2542/11 -).
29 
1. Es ist fraglich, ob sich der grundsätzliche Ausschluss kieferorthopädischer Behandlungen für Erwachsene - von eng gefassten Ausnahmen abgesehen - von der Beihilfefähigkeit sachlich rechtfertigen lässt.
30 
Einerseits spricht Vieles dafür, dass die Erwägungen, die ursprünglich zu dem Ausschluss von der Beihilfefähigkeit geführt haben, heute nicht mehr tragfähig sind. Dieser grundsätzliche Ausschluss ist in Anknüpfung an den Gesichtspunkt der medizinischen Notwendigkeit erfolgt. Er beruhte ersichtlich darauf, dass die kieferorthopädische Behandlung Erwachsener früher auch in der Fachwelt mit erheblicher Skepsis betrachtet worden ist (vgl. beispielhaft: BSG, Urteil vom 9.12.1997 - 1 RK 11.97 - BSGE 81, 245, juris-Rn. 20).
        
31 
Diese Skepsis dürfte nicht mehr der heutigen Erkenntnislage entsprechen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 12.1.2012 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass es auch im Erwachsenenalter möglich und sinnvoll sein kann, Zahnstellungsanomalien durch konservative kieferorthopädische Maßnahmen zu korrigieren. In vielen internationalen Publikationen werde in den letzten Jahren eine Zunahme der kieferorthopädischen Behandlungen Erwachsener beschrieben. Die Behauptung, eine kieferorthopädische Behandlung Erwachsener dauere länger als die von Kindern, lasse sich wissenschaftlich nicht bestätigen. Bei erwachsenen Patienten kämen überwiegend festsitzende Apparaturen zur Anwendung und die Motivation sei in der Regel sehr hoch, was die Behandlungsdauer reduziere; bei Kindern hingegen sei durch den Einsatz herausnehmbarer Geräte, Verzögerungen durch den Zahnwechsel und eingeschränkte Kooperation nicht selten eine längere Behandlungszeit zu beobachten. Die in früherer Zeit vorgebrachten Vorbehalte seien nicht mehr berechtigt.
32 
Andererseits zeigt das vom Senat eingeholte Gerichtsgutachten aber auch Gesichtspunkte auf, die bei typisierender Betrachtungsweise möglicherweise noch heute einen weitgehenden Ausschluss der kieferorthopädischen Behandlung Erwachsener rechtfertigen könnten. Insoweit weist der Beklagte insbesondere darauf hin, dass dem Gutachten zufolge nicht (nur) medizinische Gründe, sondern auch gestiegene ästhetische Ansprüche für die Zunahme der kieferorthopädischen Behandlungen Erwachsener ursächlich seien; für den Patienten stehe häufig die Verbesserung der Ästhetik und erst in zweiter Linie die Verbesserung der Kaufähigkeit im Vordergrund.
33 
2. Es kann jedoch für den vorliegenden Fall dahinstehen, ob die Regelung in der Beihilfeverordnung, die die Beihilfefähigkeit kieferorthopädischer Behandlungen für Erwachsene - von eng gefassten Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich ausschließt, generell gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (oder die Vorschriften des AGG) verstößt. Denn auf der Grundlage einer verfassungskonformen und an Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung ist jedenfalls unter den hier im Fall der Klägerin gegebenen Umständen die Gewährung einer Beihilfe zu Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung auch über die in Nr. 1.2.3 lit. b der Anlage zur BVO geregelten Ausnahmen hinaus geboten.
34 
Der in der Beihilfeverordnung vorgenommene grundsätzliche Ausschluss der Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung Erwachsener lässt sich nach heutiger Erkenntnislage höchstens noch mit der Erwägung sachlich rechtfertigen, dass sie typischerweise in erster Linie aus ästhetischen Gründen durchgeführt wird (s. oben). Daher kann die betreffende Vorschrift jedenfalls dann keine Geltung beanspruchen, wenn die Behandlung wie hier ausschließlich auf einer zahnmedizinisch zwingenden Indikation beruht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber grundsätzlich nur einen engen Gestaltungsspielraum hat, wenn eine Ungleichbehandlung wie hier an ein personenbezogenes Merkmal wie das Alter und nicht an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 - NVwZ 2008, 1378, juris-Rn. 25).
35 
Aus dem vom Senat eingeholten Gutachten ergibt sich, dass im vorliegenden Einzelfall mehrere Besonderheiten vorliegen, die einen Ausschluss von der Beihilfefähigkeit als sachwidrig erscheinen lassen. Die bei der Klägerin durchgeführte Behandlung war ausschließlich medizinische indiziert; ästhetische Gründe können ausgeschlossen werden (a). Außerdem war keine Behandlungsalternative vorhanden (b). Die Zahnfehlstellungen im Gebiss der Klägerin waren mit erheblichen Folgeproblemen (craniomandibuläre Dysfunktion) verbunden (c). Schließlich liegt eine sog. sekundäre Anomalie vor, die erst im Erwachsenenalter erworben wurde (d). Der Senat schließt sich insoweit jeweils der überzeugend begründeten Ansicht des Gutachters an, zumal der Beklagte insoweit keine Einwendungen erhoben hat.
36 
a) Für die Behandlung der Klägerin waren ausschließlich medizinische Gründe ausschlaggebend. Der Sachverständige hat im einzelnen dargelegt, dass bei Anwendung der Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG), die für die Behandlung von Mitgliedern der Gesetzlichen Krankenkassen entwickelt worden sind, hier die Gruppe U 4 (Unterzahl) in Betracht kommt (vgl. B.2. und Anl. 1 der Richtlinien). Die vorgenommene Behandlung war nach den Feststelllungen in dem Gutachten geeignet, angemessen und notwendig, um bessere Voraussetzungen für eine funktionsoptimierte prothetische Versorgung zu schaffen. Ästhetische Aspekte haben hingegen dem Gutachten zufolge keine Rolle gespielt, da kein nennenswerter Einfluss auf die dentale Ästhetik und die Gesichtsästhetik bestehe. Diese Schlussfolgerung ist ohne Weiteres nachvollziehbar, da lediglich Seiten- und keine Frontzähne betroffen waren.
37 
b) Außerdem war keine Behandlungsalternative vorhanden. Aufgrund der ausgeprägten Kippung einiger Seitenzähne und der Lückeneinengung 25, 35 war eine funktionell zufriedenstellende prothetische Lückenversorgung ohne vorherige Stellungskorrektur der gekippten Zähne und Lückenöffnung nicht möglich. Aufgrund des Ausgangsbefundes war nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen nur die vorgeschlagene kieferorthopädische Behandlung erfolgversprechend; alternativ wäre nur die Nichtdurchführung einer Behandlung, d.h. das Belassen der Gebissanomalie und der Dysfunktion infrage gekommen
38 
c) Die Zahnfehlstellungen im Gebiss der Klägerin waren Ursache erheblicher Folgeprobleme in Form einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) mit Kiefergelenkbeschwerden, Muskelverspannungen und Schmerzen. Ein infolge Seitenzahnverlusts abgesunkener Biss ist dem Gutachten zufolge eine häufig zu beobachtende Ursache für derartige Funktionsstörungen. Die durchgeführte kieferorthopädische Behandlung hat dementsprechend nach Angaben der Kieferorthopädin und der Klägerin dazu geführt, die vorher bestehende craniomandibuläre Dysfunktion zu beheben.
39 
d) Schließlich liegt bei der Klägerin eine sog. sekundäre Anomalie vor, also eine solche, die sich erst im Erwachsenenalter herausgebildet hat. Während bei sog. primären Zahnstellungsfehlern - die in der Jugend nicht oder nur unzureichend behandelt wurden oder bei denen es nach Behandlung zu einem Rezidiv gekommen ist - eine erfolgreiche Behandlung im Kindes- oder Jugendalter möglich gewesen wäre, ist dies bei sekundären Anomalien denknotwendig nicht der Fall. Daher kann der Klägerin auch nicht vorgeworfen werden, eine im Kindes- oder Jugendalter mögliche Behandlung ins Erwachsenenalter „verschleppt“ zu haben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
42 
Beschluss vom 2. Mai 2012
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 785,88 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
24 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da die Klägerin - entsprechend ihrem ausdrücklich gestellten Antrag - verlangen kann, dass der Beklagte ihren Antrag auf Gewährung einer Beihilfe vom 12.10.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut bescheidet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die ihr entstandenen Aufwendungen für die streitgegenständliche kieferorthopädische Behandlung sind beihilfefähig.
25 
I. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.; VGH Bad,-Württ., Urteil vom 10.10.2011 - 2 S 1369/11 - Juris). Hier sind die Aufwendungen im September 2008 entstanden. Ob und inwieweit die Klägerin für diese Aufwendungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, bestimmt sich somit nach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.7.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung von Art. 10 des Gesetzes vom 17.2.2004 (GBl. S 66).
26 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete zahnärztliche Leistungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Dies gilt jedoch nur nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung. Nach Nr. 1.2.3 lit. b der Anlage sind Aufwendungen für kieferorthopädische Behandlungen unter anderem dann beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht überschritten hat; die gilt nicht bei schweren Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordern.
27 
II. Nach diesen Regelungen sind die Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung der 1948 geborenen Klägerin von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, da die dargestellten Indikationen, bei denen die kieferorthopädische Behandlung ausnahmsweise auch bei über 18-Jährigen beihilfefähig ist, im Fall der Klägerin nicht vorliegen. Eine schwere Kieferanomalie, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordert hätte, ist unstreitig nicht gegeben. Dies hat auch der Sachverständige ausdrücklich bestätigt.
28 
III. Die in Nr. 1.2.3 lit b der Anlage zur BVO getroffene Ausschlussregelung kann jedoch unter den im Fall der Klägerin gegebenen Umständen keine Anwendung finden. Hierbei kann offen bleiben, ob der grundsätzliche Ausschluss der kieferorthopädischen Behandlung Erwachsener von der Beihilfefähigkeit mit höherrangigem Recht vereinbar ist (1.). Denn die Versagung der Beihilfe verstößt jedenfalls im vorliegenden Einzelfall gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (2., grundlegend zur Anwendung von Art. 3 Abs. 1 GG im Beihilferecht: Senatsurteil vom 15.3.2012 - 2 S 2542/11 -).
29 
1. Es ist fraglich, ob sich der grundsätzliche Ausschluss kieferorthopädischer Behandlungen für Erwachsene - von eng gefassten Ausnahmen abgesehen - von der Beihilfefähigkeit sachlich rechtfertigen lässt.
30 
Einerseits spricht Vieles dafür, dass die Erwägungen, die ursprünglich zu dem Ausschluss von der Beihilfefähigkeit geführt haben, heute nicht mehr tragfähig sind. Dieser grundsätzliche Ausschluss ist in Anknüpfung an den Gesichtspunkt der medizinischen Notwendigkeit erfolgt. Er beruhte ersichtlich darauf, dass die kieferorthopädische Behandlung Erwachsener früher auch in der Fachwelt mit erheblicher Skepsis betrachtet worden ist (vgl. beispielhaft: BSG, Urteil vom 9.12.1997 - 1 RK 11.97 - BSGE 81, 245, juris-Rn. 20).
        
31 
Diese Skepsis dürfte nicht mehr der heutigen Erkenntnislage entsprechen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 12.1.2012 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass es auch im Erwachsenenalter möglich und sinnvoll sein kann, Zahnstellungsanomalien durch konservative kieferorthopädische Maßnahmen zu korrigieren. In vielen internationalen Publikationen werde in den letzten Jahren eine Zunahme der kieferorthopädischen Behandlungen Erwachsener beschrieben. Die Behauptung, eine kieferorthopädische Behandlung Erwachsener dauere länger als die von Kindern, lasse sich wissenschaftlich nicht bestätigen. Bei erwachsenen Patienten kämen überwiegend festsitzende Apparaturen zur Anwendung und die Motivation sei in der Regel sehr hoch, was die Behandlungsdauer reduziere; bei Kindern hingegen sei durch den Einsatz herausnehmbarer Geräte, Verzögerungen durch den Zahnwechsel und eingeschränkte Kooperation nicht selten eine längere Behandlungszeit zu beobachten. Die in früherer Zeit vorgebrachten Vorbehalte seien nicht mehr berechtigt.
32 
Andererseits zeigt das vom Senat eingeholte Gerichtsgutachten aber auch Gesichtspunkte auf, die bei typisierender Betrachtungsweise möglicherweise noch heute einen weitgehenden Ausschluss der kieferorthopädischen Behandlung Erwachsener rechtfertigen könnten. Insoweit weist der Beklagte insbesondere darauf hin, dass dem Gutachten zufolge nicht (nur) medizinische Gründe, sondern auch gestiegene ästhetische Ansprüche für die Zunahme der kieferorthopädischen Behandlungen Erwachsener ursächlich seien; für den Patienten stehe häufig die Verbesserung der Ästhetik und erst in zweiter Linie die Verbesserung der Kaufähigkeit im Vordergrund.
33 
2. Es kann jedoch für den vorliegenden Fall dahinstehen, ob die Regelung in der Beihilfeverordnung, die die Beihilfefähigkeit kieferorthopädischer Behandlungen für Erwachsene - von eng gefassten Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich ausschließt, generell gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (oder die Vorschriften des AGG) verstößt. Denn auf der Grundlage einer verfassungskonformen und an Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung ist jedenfalls unter den hier im Fall der Klägerin gegebenen Umständen die Gewährung einer Beihilfe zu Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung auch über die in Nr. 1.2.3 lit. b der Anlage zur BVO geregelten Ausnahmen hinaus geboten.
34 
Der in der Beihilfeverordnung vorgenommene grundsätzliche Ausschluss der Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung Erwachsener lässt sich nach heutiger Erkenntnislage höchstens noch mit der Erwägung sachlich rechtfertigen, dass sie typischerweise in erster Linie aus ästhetischen Gründen durchgeführt wird (s. oben). Daher kann die betreffende Vorschrift jedenfalls dann keine Geltung beanspruchen, wenn die Behandlung wie hier ausschließlich auf einer zahnmedizinisch zwingenden Indikation beruht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber grundsätzlich nur einen engen Gestaltungsspielraum hat, wenn eine Ungleichbehandlung wie hier an ein personenbezogenes Merkmal wie das Alter und nicht an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.5.2008 - 2 C 24.07 - NVwZ 2008, 1378, juris-Rn. 25).
35 
Aus dem vom Senat eingeholten Gutachten ergibt sich, dass im vorliegenden Einzelfall mehrere Besonderheiten vorliegen, die einen Ausschluss von der Beihilfefähigkeit als sachwidrig erscheinen lassen. Die bei der Klägerin durchgeführte Behandlung war ausschließlich medizinische indiziert; ästhetische Gründe können ausgeschlossen werden (a). Außerdem war keine Behandlungsalternative vorhanden (b). Die Zahnfehlstellungen im Gebiss der Klägerin waren mit erheblichen Folgeproblemen (craniomandibuläre Dysfunktion) verbunden (c). Schließlich liegt eine sog. sekundäre Anomalie vor, die erst im Erwachsenenalter erworben wurde (d). Der Senat schließt sich insoweit jeweils der überzeugend begründeten Ansicht des Gutachters an, zumal der Beklagte insoweit keine Einwendungen erhoben hat.
36 
a) Für die Behandlung der Klägerin waren ausschließlich medizinische Gründe ausschlaggebend. Der Sachverständige hat im einzelnen dargelegt, dass bei Anwendung der Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG), die für die Behandlung von Mitgliedern der Gesetzlichen Krankenkassen entwickelt worden sind, hier die Gruppe U 4 (Unterzahl) in Betracht kommt (vgl. B.2. und Anl. 1 der Richtlinien). Die vorgenommene Behandlung war nach den Feststelllungen in dem Gutachten geeignet, angemessen und notwendig, um bessere Voraussetzungen für eine funktionsoptimierte prothetische Versorgung zu schaffen. Ästhetische Aspekte haben hingegen dem Gutachten zufolge keine Rolle gespielt, da kein nennenswerter Einfluss auf die dentale Ästhetik und die Gesichtsästhetik bestehe. Diese Schlussfolgerung ist ohne Weiteres nachvollziehbar, da lediglich Seiten- und keine Frontzähne betroffen waren.
37 
b) Außerdem war keine Behandlungsalternative vorhanden. Aufgrund der ausgeprägten Kippung einiger Seitenzähne und der Lückeneinengung 25, 35 war eine funktionell zufriedenstellende prothetische Lückenversorgung ohne vorherige Stellungskorrektur der gekippten Zähne und Lückenöffnung nicht möglich. Aufgrund des Ausgangsbefundes war nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen nur die vorgeschlagene kieferorthopädische Behandlung erfolgversprechend; alternativ wäre nur die Nichtdurchführung einer Behandlung, d.h. das Belassen der Gebissanomalie und der Dysfunktion infrage gekommen
38 
c) Die Zahnfehlstellungen im Gebiss der Klägerin waren Ursache erheblicher Folgeprobleme in Form einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) mit Kiefergelenkbeschwerden, Muskelverspannungen und Schmerzen. Ein infolge Seitenzahnverlusts abgesunkener Biss ist dem Gutachten zufolge eine häufig zu beobachtende Ursache für derartige Funktionsstörungen. Die durchgeführte kieferorthopädische Behandlung hat dementsprechend nach Angaben der Kieferorthopädin und der Klägerin dazu geführt, die vorher bestehende craniomandibuläre Dysfunktion zu beheben.
39 
d) Schließlich liegt bei der Klägerin eine sog. sekundäre Anomalie vor, also eine solche, die sich erst im Erwachsenenalter herausgebildet hat. Während bei sog. primären Zahnstellungsfehlern - die in der Jugend nicht oder nur unzureichend behandelt wurden oder bei denen es nach Behandlung zu einem Rezidiv gekommen ist - eine erfolgreiche Behandlung im Kindes- oder Jugendalter möglich gewesen wäre, ist dies bei sekundären Anomalien denknotwendig nicht der Fall. Daher kann der Klägerin auch nicht vorgeworfen werden, eine im Kindes- oder Jugendalter mögliche Behandlung ins Erwachsenenalter „verschleppt“ zu haben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
42 
Beschluss vom 2. Mai 2012
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 785,88 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
8 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 15/03/2012 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. April 2011 - 6 K 2322/09 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 D
published on 10/10/2011 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 31. März 2011 - 6 K 303/09 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 24/06/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.306,12 Euro festgesetzt.
published on 29/01/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleis
published on 01/03/2018 00:00

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 26.05.2015 sowie des diesen Bescheid betreffenden Teils dessen Widerspruchsbescheids vom 13.08.2015 verpflichtet, die in dem von
published on 05/02/2015 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.08.2014 – 1 Ca 2551/13 – wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand 2Die Parteien st
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.