|
|
| Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für das dritte Implantat in seinem rechten Oberkiefer. |
|
| Das Begehren des Klägers war ursprünglich auf die vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit einer von ihm noch nicht durchgeführten Implantatbehandlung gerichtet. Auch wenn die Beihilfeverordnung ausdrücklich eine vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit dieser Aufwendungen nicht vorsieht, steht eine solche Verfahrensweise im pflichtgemäßen Ermessen der Beihilfestelle. Der Beihilfeberechtigte erhält auf diese Weise frühzeitig Klarheit über den Umfang der ihm zu erstattenden Aufwendungen und kann sein Verhalten danach ausrichten. Andernfalls liefe er Gefahr, mit erheblichen Kosten belastet zu werden, wenn er erst eine regelmäßig aufwändige Implantatbehandlung durchführen lassen müsste, und erst danach eine abschließende Klärung der Beihilfefähigkeit der dafür angefallenen Kosten in einem Rechtsschutzverfahren erlangen könnte. Ein solches Begehren auf vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit kann im Wege einer Verpflichtungsklage verfolgt werden (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.09.2003 - 4 S 1869/02 - IÖD 2004, 22). Das Begehren kann jedoch - nach Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens - auch wie hier im Wege einer Feststellungsklage geltend gemacht werden, da diese in gleicher Weise geeignet ist, die zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfragen zu klären. |
|
| Anstelle dieser Feststellung wird vom Kläger im Hinblick auf die im Februar und April 2010 durchgeführte Implantatbehandlung (drittes Implantat in regio 14 im rechten Oberkiefer) im Berufungsverfahren nunmehr die Verpflichtung des Beklagten begehrt, Beihilfe für die Aufwendungen der durchgeführten zahnärztlichen Behandlung zu gewähren. Dementsprechend hat der Kläger die diese Behandlung betreffenden ablehnenden Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 12.03.2010 und 31.05.2010 in das gerichtliche Verfahren einbezogen und macht - neben der Aufhebung dieser Bescheide - einen Beihilfeanspruch in Höhe von 995,87 EUR geltend. Dieser ergibt sich auf der Grundlage tatsächlich angefallener Aufwendungen für die Implantatversorgung in Höhe von 2.116,66 EUR, des Bemessungssatzes von 50 % sowie im Hinblick auf einen von dem Beklagten geleisteten Betrag in Höhe von 62,46 EUR. |
|
| Die darin liegende Klageänderung ist zulässig, da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung hierzu ausdrücklich die Einwilligung erteilt hat (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 1 1. Alt. VwGO). Die Klageänderung ist im Übrigen auch sachdienlich, da der Streitstoff im Wesentlichen der Gleiche geblieben ist (vgl. § 91 Abs. 1 2. Alt. VwGO). |
|
| Die nunmehr vorliegende Verpflichtungsklage ist ebenfalls zulässig. Unerheblich ist der Umstand, dass der Beklagte das Verpflichtungsbegehren zwar mit Bescheiden vom 12.03.2010 und 31.05.2010 abgelehnt hat, das danach erforderliche Vorverfahren nach § 68 Abs. 2 VwGO jedoch nicht durchgeführt worden ist. Das Vorverfahren ist hier, auch wenn keine ausdrücklich geregelte Ausnahme i.S.v. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorliegt, deshalb entbehrlich, weil die maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen bereits Gegenstand des Vorverfahrens waren, das hinsichtlich der vorherigen Anerkennung der Implantatbehandlung durchgeführt worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 68 RdNr. 23). |
|
| Die geänderte Klage ist jedoch unbegründet. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zurückzuweisen. |
|
| Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.; VGH Bad,-Württ., Urteil vom 10.10.2011 - 2 S 1369/11 - Juris). Hier sind die Aufwendungen im Februar und April 2010 entstanden. Anspruchsgrundlage sind danach §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO -) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung der Verordnung vom 30.10.2008 (GBl. S 407). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete zahnärztliche Leistungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Dies gilt jedoch nur nach Maßgabe der Anlage zur Beihilfeverordnung. Nach Nr. 1.2.4 der Anlage sind grundsätzlich Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kieferhälfte, einschließlich vorhandener Implantate, und die damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Die Anlage zur Beihilfeverordnung sieht darüber hinaus die unbeschränkte Übernahme der Aufwendungen für implantologische Leistungen ausnahmsweise dann vor, wenn im jugendlichen Erwachsenengebiss Zähne nicht angelegt sind oder wenn ein großer Kieferdefekt infolge von Kieferbruch oder Kieferresektion vorliegt (Satz 1 Buchstabe a und b der Nr. 1.2.4 der Anlage zur Beihilfeverordnung). |
|
| Nach diesen Regelungen sind die Aufwendungen für die Implantatbehand- lung in regio 14 im rechten Oberkiefer des Klägers sowie die damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, weil sich in der hier zu beurteilenden Kieferhälfte unstreitig bereits zwei Implantate befanden, für die der Dienstherr Beihilfe geleistet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 12.07 - DÖV 2008, 961, wonach Implantate bei einer generellen zahlenmäßigen Begrenzung nicht mitgerechnet werden dürfen, deren Kosten nicht aus öffentlichen Mitteln mitgetragen worden sind). |
|
| Auch die dargestellten Indikationen, bei denen die Implantatbehandlung ausnahmsweise unbeschränkt beihilfefähig ist, liegen im vorliegenden Fall unstreitig nicht vor. |
|
| Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten für das hier zu beurteilende dritte Implantat ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den von ihm geltend gemachten Verstoß gegen höherrangiges Recht. Die Versagung der Beihilfe verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete Fürsorge- pflicht. |
|
| 1. Die Regelung in der Beihilfeverordnung, die die Beihilfefähigkeit implanto- logischer Zahnarztleistungen auf zwei Implantate pro Kieferhälfte beschränkt, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. |
|
| a) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Hinsichtlich der Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genaue Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts, vgl. etwa zuletzt Urteil vom 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, u.a. - BGBl. I 2008, 2888). |
|
| Hat der Gesetzgeber einen Sachbereich aufgrund bestimmter Wertungen und Differenzierungsmerkmale nach einem Regelungssystem normiert, so ist er aus Gründen der Gleichbehandlung grundsätzlich verpflichtet, die selbst statuierte Sachgesetzlichkeit auf alle betroffenen Personengruppen anzuwenden. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt dann die Folgerichtigkeit der gesetzlichen Regelungen. Abweichungen von den für maßgeblich erklärten Wertungen und Differenzierungsmerkmalen sind nur aus Gründen möglich, deren Gewicht die Abweichung nach Art und Ausmaß rechtfertigt (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308). Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich einzubeziehen. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfesystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten „Mischsystem“ aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung im beihilferechtlichen Sinne notwendige und angemessene Aufwendungen von der Beihilfe ausschließt und dabei die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (BVerwG, Urteil vom 28.05.2008, aaO). |
|
| b) Die generelle zahlenmäßige Begrenzung der Implantate auf zwei pro Kieferhälfte ist danach nicht zu beanstanden, weil hierfür ein zureichender sachlicher Grund vorliegt. |
|
| aa) Die Beschränkung der Implantatversorgung ist nicht in Anknüpfung an den Gesichtspunkt der medizinischen Notwendigkeit erfolgt (so auch BVerwG, Urteil vom 28.05.2008, aaO zu einer generellen Beschränkung der Implantatleistungen in Rheinland-Pfalz). Sowohl die Implantatversorgung als auch die „herkömmliche“ Versorgung von Zahnlücken, insbesondere durch Brücken, sind als medizinisch ausreichende Maßnahmen zu qualifizieren und stellen daher im Regelfall eine ausreichende medizinische Versorgung sicher (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.12.2001 - 4 S 2442/99 - und Urteil vom 17.09.2003, aaO). Es kann insbesondere nicht angenommen werden, dass die konventionelle Versorgung einer Zahnlücke schlechthin mit weitergehenden Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit verbunden ist als eine Implantatbehandlung. Zu Recht weist der Beklagte in diesem Zusammenhang auf die weitreichenden Risiken auch einer Implantatversorgung hin, bei der es etwa zu einer Verletzung des Nervus alveolaris inferior mit der Folge eines dauerhaften Taubheitsgefühls im Kinn-Lippen-Bereich, zu Verletzungen der Zahnwurzeln von Nachbarzähnen, zu Weichteilverletzungen, zu einer Verletzung der Kieferhöhle und zu starken Blutungen kommen kann. |
|
| Hiervon ausgehend stellt die Gesamtregelung in der Beihilfeverordnung Baden-Württemberg sicher, dass die notwendigen Aufwendungen für eine zahnärztliche Versorgung des Beihilfeberechtigten übernommen werden. Die Vorschriften ermöglichen die Versorgung mit zwei Implantaten pro Kieferhälfte und damit mit bis zu acht Implantaten für Ober- und Unterkiefer. Für die übrigen Zähne bzw. weitere Zahnlücken sind die Aufwendungen für eine „herkömmliche“ Versorgung - etwa in Form von Kronen, Brücken oder Teilprothesen - beihilfefähig. Zudem kann es nach Auffassung des Gesetzgebers in eng umgrenzten Ausnahmefällen (etwa bei einem großen Kieferdefekt infolge von Kieferbruch oder Kieferresektion) geboten sein, Beihilfe für mehr als zwei Implantate pro Kieferhälfte zu gewähren (vgl. Satz 1 Buchst. a und b der Nr. 1.2.4 der Anlage zur Beihilfeverordnung), um auch für diese Fälle die medizinisch notwendige Versorgung sicherzustellen. Die vorgesehene Anzahl der beihilfefähigen Implantate ermöglicht vor diesem Hintergrund in aller Regel eine ausreichende Verankerung einer darauf aufbauenden „herkömmlichen“ Versorgung etwa mit einer Brücke und gewährleistet damit für die jeweilige Kieferhälfte insgesamt, dass die Aufwendungen für das medizinisch Notwendige übernommen werden. |
|
| Zwar kann im Einzelfall die Versorgung mit einem Implantat die eindeutig „bessere“ Maßnahme bzw. auch die medizinisch notwendige Maßnahme im Vergleich zu einer Brückenversorgung darstellen. Auf der Grundlage der dargestellten Systematik gewährleistet die Regelung in der Anlage zur Beihilfeverordnung gerade für diese Fälle die Versorgung mit Implantaten, da deren Kosten bis zur Höchstzahl pro Kieferhälfte voraussetzungslos übernommen werden. Dem Senat liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die typisierende Annahme des Gesetzgebers, nach der zwei Implantate pro Kieferhälfte im Verbund mit einer konventionellen Versorgung das medizinisch Notwendige sicherstelle, unzutreffend wäre. Folglich werden notwendige Aufwendungen durch die Begrenzung der Implantatversorgung nicht von der Beihilfe ausgeschlossen und insoweit wird die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit auch nicht verlassen. |
|
| bb) Die Beschränkung der Implantatversorgung durch den Gesetzgeber ist danach im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Angemessenheit der beihilfefähigen Aufwendungen erfolgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2008, aaO, hinsichtlich einer Beschränkung von Implantatleistungen in der Beihilfeverordnung Rheinland-Pfalz). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, in bestimmten, vom Gesetzgeber festzulegenden Fällen Aufwendungen des Dienstherrn für geltend gemachte Beihilfeleistungen zu begrenzen. Diese Konstellation ist hier gegeben. Die Regelung verfolgt den legitimen Zweck, einer durch die im Allgemeinen kostenintensivere Behandlungsart der Implantatversorgung bedingten Ausuferung der für die öffentlichen Kassen entstehenden Kosten entgegen zu wirken. Maßgeblich ist dabei der Gesichtspunkt, dass neben der Einbringung von Implantaten regelmäßig die Möglichkeit einer kostengünstigeren Alternativversorgung auf „herkömmliche“ Art und Weise, etwa mit einer Brücke, gegeben ist (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.09.2003, aaO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.08.2008 - 6 A 2861/06 - IÖD 2009, 236 und - 6 A 4309/05 - juris). Dem Senat liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Einschätzung des Gesetzgebers über die höheren Kosten bei einer Implantatversorgung im Vergleich mit einer konventionellen Versorgung unzutreffend wäre bzw. auf einer unzutreffenden tatsächlichen Grundlage getroffen worden wäre; auch der Kläger hat dies nicht behauptet. |
|
| cc) Die sachliche Rechtfertigung für die Begrenzung der Implantatversorgung entfällt nicht dadurch, dass der Dienstherr auch keine Beihilfe in der Höhe gewährt, die im Falle einer (fiktiven) Alternativbehandlung, d.h. bei einer konventionellen Versorgung der Zahnlücke, anfielen. Es ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht gleichheitswidrig, dass die dargestellten Regelungen eine Beihilfe für das von ihm beanspruchte dritte Implantat ausschließen, während die Aufwendungen in vollem Umfang beihilfefähig gewesen wären, wenn er sich für eine Versorgung mit einer Brücke entschlossen hätte. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 14.12.2001, aaO) können einem Beihilfeberechtigten die fiktiven Kosten einer angemessenen preiswerteren Alternativbehandlung nicht erstattet werden. Das Beihilferecht berücksichtige nach der Entscheidung des Gesetzgebers grundsätzlich nur Aufwendungen für tatsächlich erbrachte ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen und führe weder allgemein noch in Fällen der vorliegenden Art eine fiktive Berechnung etwaiger Kosten für eine alternative Behandlung anstelle der tatsächlich erfolgten Behandlung durch. An dieser Auffassung ist weiter festzuhalten. Das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 15.08.2008 - 6 A 2861/06, aaO und - 6 A 4309/05 aaO) weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Ausuferung der Kosten auf den Mehraufwand zurückzuführen sei, der durch die Inanspruchnahme einer Implantatversorgung anstelle einer „herkömmlichen“ Versorgung von Zahnlücken hervorgerufen werde. Auch unter Berücksichtigung dieses Umstands stellt jedoch eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Implantatbehandlungen quantitativ auf die Kosten, die bei einer konventionellen Versorgung ebenfalls anfallen würden, kein gleich geeignetes, milderes Mittel dar (anderer Ansicht: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.08.2008 - 6 A 2861/06, aaO und - 6 A 4309/05, aaO). |
|
| Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen die Rechtslage nach der nordrhein-westfälischen Beihilfeverordnung betrifft, nach der ein weitgehender Ausschluss von Implantatbehandlungen vorgesehen ist. Die Beihilfeverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung, die den zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts zugrunde lag, sah gerade nicht vor, dass generell Beihilfe für eine zahlenmäßig beschränkte Implantatversorgung gewährt wird; entsprechende Aufwendungen waren vielmehr nur bei eng umgrenzten - im Einzelnen aufgeführten - medizinischen Indikationen erstattungsfähig. Dagegen sieht die Beihilfeverordnung Baden-Württemberg generell zwei Implantate pro Kieferhälfte und damit insgesamt acht Implantate vor. Diese Anzahl ist - wie dargelegt - bei typisierender und generalisierender Betrachtungsweise ausreichend, um etwa im Zusammenwirken mit einer zusätzlichen konventionellen Versorgung die medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen abzudecken. |
|
| Darüber hinaus bestünde im Fall der Übernahme der Kosten einer Alternativbehandlung eine „Missbrauchsgefahr“ und damit die Gefahr, dass die vom Gesetzgeber beabsichtigten Einsparziele unterlaufen würden. Gewährte der Dienstherr Beihilfe in Höhe der fiktiven Kosten etwa einer Brückenversorgung, bestünde nach allgemeiner Lebenserfahrung die konkrete Gefahr, dass bei der Erstellung eines fiktiven Kosten- und Behandlungsplans überhöhte Kosten in Ansatz gebracht würden. Eine zahnmedizinisch „optimale“ Versorgung mit teureren Implantaten liegt erfahrungsgemäß (auch) im wirtschaftlichen Interesse des behandelnden Zahnarzts. Erfahrungsgemäß wird ein beihilfeberechtigter Patient einer solchen „optimalen“ Implantatversorgung aufgeschlossener gegenüberstehen, wenn er selbst mit einem geringeren Selbstbehalt belastet wird, d.h. wenn die Differenz zwischen den Kosten einer Implantatversorgung und einer Versorgung mit einer Brücke möglichst gering ausfällt. Diese Erfahrungen und Annahmen treffen jedenfalls - auch wenn sie sich nicht in jeder Hinsicht verallgemeinern lassen - in einer Vielzahl von Fällen zu und begründeten die Gefahr, dass in einem nicht zu vernachlässigenden Ausmaß überhöhte Kostenvoranschläge für die fiktive Alternativbehandlung beim Beklagten eingereicht würden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer konventionellen Versorgung einer Zahnlücke in der Regel verschiedene - zahnmedizinisch vertretbare - Handlungsalternativen zur Verfügung stehen, die wiederum mit Kosten in unterschiedlicher Höhe verbunden sind. Stehen dem behandelnden Zahnarzt dementsprechend mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Sicherstellung der medizinisch notwendigen Versorgung zur Verfügung, spricht dies ebenfalls für die Gefahr einer überhöhten fiktiven Alternativberechnung. |
|
| Auf der Grundlage dieser Überlegungen führte die Zulassung einer Alternativberechnung für den Fall einer fiktiven konventionellen Versorgung zu einem weiteren - nicht vertretbaren - Verwaltungsaufwand für den Dienstherrn, da dieser jeweils überprüfen müsste, ob sich die Kosten für die fiktiv geltend gemachte Alternativbehandlung noch im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen halten. |
|
| Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Möglichkeit bestünde, die Kosten für die fiktive Alternativbehandlung pauschalierend zu berücksichtigen und auf diese Weise - ohne unvertretbaren Verwaltungsaufwand - außer Streit zu stellen. Eine solche Möglichkeit ist für den Senat jedoch nicht ersichtlich. Für die hier zu beurteilende Konstellation der Behandlung einer Zahnlücke und auch für den gesamten Bereich der Zahnbehandlung scheidet - anders als bei einer Krankenhausbehandlung - eine Abrechnung nach festen Sätzen aus. Bei den von den Beihilfeberechtigten einzureichenden Behandlungs- und Kostenplänen für eine fiktive Alternativbehandlung handelt es sich um reine Schätzungen, die nicht als ausreichend valide Grundlage für eine Kostenerstattung anzusehen sind. Bei Zahnbehandlungen können die veranschlagten Kosten und die tatsächlichen Kosten bei Durchführung der Behandlung weit auseinanderfallen, da insbesondere die Schwierigkeiten einer Behandlung und/oder der Zeitaufwand hierfür im Voraus schwer abschätzbar sind; häufig werden sich der Schwierigkeitsgrad einer Behandlung und auch ihr Zeitaufwand erst im Laufe der tatsächlichen Durchführung erweisen. |
|
| Auch der vorliegende Fall zeigt exemplarisch, in welchem Umfang die veranschlagten Kosten von den tatsächlichen Kosten einer Behandlung abweichen können. Der Kläger hat die Behandlungskosten für die Implantatversorgung der Zahnlücke in regio 14 zunächst mit über 2.900,-- EUR veranschlagt. Tatsächlich angefallen für die Behandlung sind dagegen auf der Grundlage der Rechnungen des behandelnden Zahnarztes Dr. W. vom 08.02.2010 und 07.05.2010 lediglich Gesamtkosten von ca. 2.100,-- EUR. Dass solche Preisunterschiede nicht nur bei einer Versorgung mit einem Implantat, sondern auch bei einer Alternativversorgung mit einer Brücke möglich sind, liegt auf der Hand und bedarf keiner vertieften Begründung. Hier liegen die fiktiven Kosten für die vom Kläger ursprünglich beabsichtigte Versorgung der Zahnlücke mit einer Brücke nach dem Kostenvoranschlag bei knapp 2.600,-- EUR und damit sogar höher als die tatsächlichen Aufwendungen für die Versorgung der Zahnlücke mit einem Implantat. Danach wäre im vorliegenden Fall die vom Gesetzgeber grundsätzlich beabsichtigte Eindämmung der Kosten - bei einer Abrechnung auf fiktiver Basis - ohne Erfolg geblieben. Nach diesen Ausführungen kann ausgeschlossen werden, dass eine Regelung, die die Beihilfefähigkeit für eine Implantatbehandlung quantitativ auf die Kosten einer fiktiven konventionellen Versorgung begrenzen würde, in gleicher Weise geeignet ist, die kostenintensiven Aufwendungen für Implantatbehandlungen zu begrenzen. |
|
| 2. Es kann offen bleiben, ob auf der Grundlage einer verfassungskonformen Auslegung ausnahmsweise im Einzelfall die Gewährung einer Beihilfe zu Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kieferhälfte geboten sein kann. Die in der Beihilfeverordnung vorgenommene Begrenzung der Aufwendungen für Implantate beruht auf der - jedenfalls in der Regel zutreffenden - Annahme, dass neben der Einbringung von Implantaten die Möglichkeit einer kostengünstigeren Alternativversorgung auf „herkömmliche“ Art und Weise, etwa mit einer Brücke, gegeben ist (s. oben). Ob die betreffende Vorschrift auch in Fällen Geltung beanspruchen kann, in denen die Versorgung mit einem weiteren Implantat auf einer zahnmedizinisch zwingenden Indikation beruht, erscheint deshalb fraglich. Sofern man dies verneint, könnte über den Beihilfeanspruch allein nach dem allgemeinen Grundsatz (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO) zu entscheiden sein, dass Beihilfe zu gewähren ist, soweit die Aufwendungen nach medizinischer Beurteilung erforderlich sind (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.05.2008 - 2 C 24.07 - NVwZ 2008, 1378). Diesen Fragen ist jedoch anlässlich des hier zu beurteilenden Falls nicht weiter nachzugehen. Denn dem Vortrag des Klägers kann bereits nicht entnommen werden, dass die Versorgung mit einer herkömmlichen Brücke zahnmedizinisch unzulänglich und deshalb nicht ausreichend wäre. In seinem Fall war vielmehr zunächst für die Versorgung der Zahnlücke in regio 14 eine Brücke vorgesehen, für die der Kläger auch einen entsprechenden Kostenvoranschlag vorgelegt hatte. Allein der Umstand, dass in diesem Fall das bereits vorhandene Zahnimplantat in regio 15 hätte abgeschliffen werden müssen, begründet keine abweichende Einschätzung. Weitergehende Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit des Klägers und damit verbundene gesundheitliche Nachteile in nennenswertem Umfang sind jedenfalls in dieser Konstellation bei einer konventionellen Versorgung nicht ersichtlich; auch der Kläger hat dies weder substantiiert vorgetragen noch gar belegt. |
|
| 3. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Beihilfe für ein drittes Implantat kann schließlich auch nicht im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen die Fürsorgepflicht angenommen werden. |
|
| Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.06.2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234). Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht hält den Dienstherrn jedoch dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf (BVerwG, Urteil vom 26.06.2008, aaO). |
|
| Hiervon ausgehend kann eine Verletzung der Fürsorgepflicht bereits deshalb nicht angenommen werden, weil vom Dienstherrn die Kosten einer konventionellen Versorgung übernommen werden und von daher nicht die Gefahr besteht, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Klägers und seiner Familie gefährdet wird. Entscheidet sich der Beamte für die teure Implantatversorgung, so handelt er auf eigenes Risiko; würde in einem solchen Fall der Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie gefährdet, wäre dies jedenfalls nicht Folge einer Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn. |
|
|
|
| Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. |
|
| Beschluss vom 15. März 2012 |
|
| Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 995,87 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG). |
|
| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
|