Verwaltungsgericht München Urteil, 29. Jan. 2015 - M 17 K 12.495
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der 1954 geborene Kläger begehrt Beihilfeleistungen zu Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung. Der maßgebliche Bemessungssatz beträgt 50%.
Laut „kieferorthopädischem Heil- und Kostenplan“ vom ... Februar 2011 wurde beim Kläger zur Wiederherstellung der Kaufähigkeit und zur Verhütung von Erkrankungen eine kieferorthopädische Behandlung als erforderlich erachtet. Die erforderlichen Gesamtkosten wurden mit EUR 3.732,55 (darin enthalten: voraussichtliche Material- und Laborkosten i. H. v. EUR 800,--) veranschlagt.
Mit Schreiben vom 2. März 2011 teilte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle Bayreuth, dem Kläger auf seine Anfrage hin mit, dass die geplante kieferorthopädische Behandlung nicht als beihilfefähig anerkannt werden könne. Nach § 15 BayBhV seien kieferorthopädische Maßnahmen bei über 18-Jährigen nur beihilfefähig, wenn schwere Kieferanomalien vorlägen, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erforderten. Dabei handle es sich bereits um eine Ausnahmeregelung, weil kieferorthopädische Behandlungen regelmäßig bei Heranwachsenden vor Vollendung des 18. Lebensjahrs durchgeführt würden. Mit der Ausnahmeregelung solle die Beihilfefähigkeit bei schweren Kieferanomalien auch bei über 18-Jährigen gewährleistet sein. Aus den vorgelegten Unterlagen seien derartige schwere Kieferanomalien nicht ersichtlich. Auch sei aus dem Behandlungsplan nicht ersichtlich, dass auch ein kieferchirurgisches Vorgehen beabsichtigt wäre.
Auf Nachfrage des Klägers vom ... März 2011 (Bl. 3 d. BA) hin und nach Einreichung weiterer Unterlagen (Bl. 4 ff.), befasste der Beklagte einen Beratungsarzt mit der Angelegenheit. Dieser kam laut Schreiben vom 5. August 2011 (Bl. 21 f.) zu dem Ergebnis, dass eine schwere Kieferanomalie nicht vorliege.
Mit Bescheid vom 20. September 2011 wurde die Anerkennung der Aufwendungen nach dem Heil- und Kostenplan vom ... Februar 2011 als beihilfefähig abgelehnt.
Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers vom 6. Oktober 2014 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2012 zurückgewiesen. Die beratungsärztliche Stellungnahme habe ergeben, dass eine schwere Kieferanomalie nicht gegeben sei.
Mit seiner am 26. Januar 2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragte im Schriftsatz vom 26. Januar 2012: 1.) Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 3. Januar 2012 wird aufgehoben. 2.) Die Beklagte wird verurteilt, Beihilfe für kieferorthopädische Leistungen zu gewähren, soweit kieferorthopädische Leistungen bereits erbracht wurden und zukünftig noch erbracht werden.
Der behandelnde Zahnarzt habe dem Kläger mitgeteilt, zur Behebung seiner gesundheitlichen Schäden kämen grundsätzlich zwei Behandlungsmethoden in Betracht: eine zahnärztliche, die jedoch wesentlich aufwändiger und kostenintensiver wäre, sowie eine kieferorthopädische, zu der er geraten habe. Insbesondere um die höheren Kosten zu vermeiden, habe er sich für die kieferorthopädische Behandlung entschieden. Die private Krankenversicherung des Klägers habe Kostenerstattung i. H. v. 50% zugesagt. Die Begründung des Widerspruchsbescheids sei unrichtig. Es werde darin der falsche Standpunkt eingenommen, eine schwere Kieferanomalie liege nicht vor. Außerdem werde die Ansicht vertreten, dass auch kein Ausnahmefall gegeben sei, weil auch ein zahnärztliches Gutachten gemäß § 48 Abs. 8 BayBhV nicht vorliege. Es bestehe beim Kläger aber eine schwere Kieferanomalie.
Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2012 wurde der Klageantrag um EUR 879,69 erweitert (vgl. unten Klageantrag zu 3.). In der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 2015 beantragte der Klägerbevollmächtigte:
1. Der Bescheid vom 20. September 2011 in Form des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 3. Januar 2012 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, Beihilfe für kieferorthopädische Leistungen gemäß dem kieferorthopädischen Behandlungs- und Kostenplan Dr. ... und Dr. ... vom ... Februar 2011 zu gewähren.
3. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Beihilfe zu der Rechnung vom ... Dezember 2011 von Dr. ... über EUR 879,69 zzgl. Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 13. Februar 2012:
Die Klage wird abgewiesen.
Über die beiden in § 15 Satz 2 BayBhV geregelten Tatbestände hinaus seien Aufwendungen für kieferorthopädische Maßnahmen nicht beihilfefähig. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn die Aufwendungen für kieferorthopädische Maßnahmen wirtschaftlicher seien als die Aufwendungen für andere beihilfefähige Maßnahmen. Nach Vorlage aller eingereichten Unterlagen an den Beratungsarzt habe die entsprechende Stellungnahme ergeben, dass beim Kläger keine schwere Kieferanomalie vorliege.
Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2012 erwiderte der Kläger, das notwendige Entfernen eines Zahnes sei kieferchirurgisch, das anschließende Anbringen einer Spange, um die Lücke mit einem geringeren Radius im Unterkiefer wieder zu schließen, kieferorthopädisch. Der geringere Radius im Unterkiefer sei deshalb notwendig, um zu vermeiden, dass die vorderen, oberen Schneidezähne durch dauernde Abnutzung so weit abgeschliffen werden, dass diese ausbrechen. Die Verfahrensweise sei nach sehr gründlicher und ausführlicher Begutachtung durch den Zahnarzt des Klägers dringend empfohlen worden. Eine rein kieferchirurgische Behandlung hätte die Zerstörung fast aller gesunden Zähne zur Folge gehabt.
Gemäß Beweisbeschluss vom 21. Dezember 2012 wurde vom Gericht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben zu der Frage, ob beim Kläger eine schwere Kieferanomalie vorliegt, und ggf. zur Frage, ob die schwere Kieferanomalie eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordert bzw. eine alleinige kieferorthopädische Behandlung medizinisch ausreichend ist.
Im schriftlichen Gutachten vom 8. Oktober 2014 stellt die Sachverständige zusammenfassend fest, dass die eigentliche skelettale Problematik beim Kläger in einer mesialen Basenrelation bedingt durch eine Rücklage des Oberkiefers mit anteriorer Inklination bestanden habe, das Ausmaß der sagittalen Disharmonie als solcher jedoch gering gewesen sei. Problematisch sei in diesem Zusammenhang ferner die gleichzeitig ausgeprägte Zungendysfunktion gewesen, die eine dentale Kompensation im Unterkiefer verhindert habe und dafür verantwortlich gewesen sei, dass der Unterkiefer trotz extremer dentaler Kompensation im Oberkiefer nicht genug Bewegungsfreiheit nach anterior gehabt habe. Der Kläger habe an einer ausgeprägten Form des Bruxismus gelitten. Es sei wünschenswert gewesen, die extreme anteriore okklusale Verschlüsselung aufzuheben, um den Zwangsbiss nach retral abzustellen. Des Weiteren sei der traumatisierende Kontakt der oberen zu den unteren Frontzähnen aufzulösen und der sagittale Überbiss dergestalt zu vergrößern gewesen, dass genügend Platz für rekonstruktive Maßnahmen zum Wiederaufbau der abradierten Flächen und inzisalen Kanten entstehen konnte. Ohne Rekonstruktion hätte die Gefahr bestanden, dass es durch weiteren Hartsubstanzverlust an den Palatinalflächen der oberen Inzisiven langfristig zum Vitalitätsverlust der Zähne gekommen wäre. Eine rekonstruktive prothetische Behandlung sei indiziert gewesen. Der beim Kläger gewählte Behandlungsweg habe vorgesehen, die anstehenden Behandlungsaufgaben ohne interdisziplinäre kieferorthopädisch/kieferchirurgische Therapie zu lösen, sondern auf rein kieferorthopädischem Weg mittels Zahnentfernung im Unterkiefer und anschließendem Lückenschluss die sagittale Frontzahlstufe zu vergrößern. Das gewählte kieferorthopädische Vorgehen sei sinnvoll und dem individuellen Ausprägungsgrad des kieferorthopädischen Krankheitsbildes angemessen gewesen. Die Entfernung eines unteren Frontzahnes als solche (auch aus kieferorthopädischen Gründen) stelle eine kieferchirurgische Maßnahme dar. Es handle sich jedoch nicht um eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung i. S. v. § 15 BayBhV. Hierunter sei die zuvor im Gutachten erwähnte interdisziplinäre kieferorthopädische kieferchirurgische Behandlung im Sinne einer basalen Harmonisierung durch Umstellung eines oder beider Kiefer zu verstehen.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2014 beantragte der Klägerbevollmächtigte die Anhörung der Sachverständigen zu der Frage, ob beim Kläger eine schwere Kieferanomalie vorliege.
Mit Schreiben vom 7. Januar 2015 erläuterte die Sachverständige ihr Gutachten näher: Der Begriff „Kieferanomalie“ beziehe sich sowohl auf skelettale, sowie dentale und funktionelle sowie zentralnervöse Belange, deren Befunde einzeln oder in Kombination den Ausprägungsgrad eines kieferorthopädischen Krankheitsbildes bestimmen. Die beim Kläger extrem ausgeprägten morphologischen Veränderungen an der Zahnhartsubstanz offenbarten jedoch eine schwerwiegende funktionelle Problematik. Das beim Kläger vorliegende kieferorthopädische Krankheitsbild sei trotz geringgradig ausgeprägter dentaler und nahezu neutraler skelettaler Befunde als hoch komplex anzusehen, wenn man funktionelle und zentralnervöse Aspekte in das Krankheitsgeschehen miteinbeziehe.
In der mündlichen Verhandlung ist dem Klägerbevollmächtigten eine Schriftsatzfrist bis spätestens 22. Januar 2015 eingeräumt worden. Der Beklagtenvertreter hat auf weitere Schriftsatzfrist verzichtet. Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergeht.
Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag, nahm der Klägerbevollmächtigte im Hinblick auf den vorsorglich gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung Stellung: Die derzeitige Rechtslage müsse nach Sinn und Zweck so ausgelegt werden, dass nicht nur bei schweren Kieferanomalien die Beihilfefähigkeit zu bejahen ist, sondern auch in Fällen, in denen einen Kieferbehandlung zum gleichen oder besseren Ergebnis wie eine zahnärztliche Behandlung führt und erst recht, wenn sie mit geringeren Kosten verbunden ist.
Die unter dem ... Dezember 2011 in Rechnung gestellten EUR 879,69 seien identisch mit der Position „Material- und Laborkosten“ des Heil- und Kostenplans. Falls die Rechnung nicht beim Beklagten eingegangen sei, dürfte sie auf dem Postweg verloren gegangen sein.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2015 verwiesen.
Gründe
I.
Die Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, da die Beteiligten im Termin vom 8. Januar 2014 übereinstimmend auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
II.
Die Klage ist unzulässig, soweit Beihilfe zu den laut Rechnung vom ... Dezember 2011 angefallenen Aufwendungen begehrt wird, denn der Kläger hat für diese Aufwendungen nicht vor Klageerhebung erfolglos einen Beihilfeantrag gestellt.
Es handelt sich bei den in Rechnung gestellten Leistungen ersichtlich nicht um die im Heil- und Kostenplan aufgeführten Material- und Laborkosten. In Rechnung gestellt werden lediglich Material- und Laborkosten i. H. v. EUR 200,41. Die in der Rechnung sonst aufgeführten Leistungsziffern finden sich nur teilweise im Heil- und Kostenplan wieder. Die Klagepartei hat nicht dargelegt, inwieweit die Rechnungsstellung „gemäß Heil- und Kostenplan“ erfolgte.
Mit der Verpflichtungsklage kann der Kläger einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts durchsetzen (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 24). § 42 Abs. 1 VwGO sieht die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts vor (Happ, a. a. O. Rn. 28). Zu den vorgenannten Aufwendungen wurde nach Aktenlage noch keine Beihilfe beantragt und folglich auch die Beihilfeleistung nicht abgelehnt. Dem Vortrag des Klägers, der Beihilfeantrag dürfe auf dem Postweg verloren gegangen sein, ist unbehelflich, da sich auch bei Wahrunterstellung dieses Vorbringens ergibt, dass gerade kein Antrag gestellt wurde. Die Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage ist unzulässig, da die Sperrfrist nach § 75 Satz 1 VwGO mangels Antragstellung nicht an- und daher auch nicht abgelaufen war.
Die Einreichung des Kostenvoranschlags mit dem Antrag auf Anerkennung der danach künftig entstehenden Aufwendungen als beihilfefähig, kann nicht als Antrag auf Beihilfegewährung zu diesen Aufwendungen verstanden werden.
III.
Soweit die Klage zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfeleistung, vgl. § 113 Abs. 5 VwGO.
1. Die Einzelheiten der Beihilfegewährung gemäß Art. 96 BayBG sind in der Bayerischen Beihilfeverordnung - BayBhV - geregelt. Maßgeblich ist hier die Fassung vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15; BayRS 2030-2-27-F), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Bayerischen Beihilfeverordnung vom 11. März 2011 (GVBl S. 130). Beihilferechtliche Streitigkeiten sind grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen (BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12). Die hier streitgegenständlichen Aufwendungen sind erst nach dem 11. März 2011 entstanden. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV gelten Aufwendungen in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird. Die Leistungserbringung gemäß Heil- und Kostenplan und auch die Rechnungsstellung für die Behandlung erfolgten nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der BayBhV in der oben genannten Fassung (vgl. Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Bd. 4., § 5 (11)). Dass der Heil- und Kostenplan vom Februar 2011 datiert, ist unerheblich, da er weder Erfüllung noch Fälligkeit begründet.
2. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig (Nr. 1), der Höhe nach angemessen (Nr. 2) sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist (Nr. 3).
3. Hinsichtlich der Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen bestimmt § 15 Satz 2 BayBhV, dass diese, wenn die behandelte Person das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat (§ 15 Satz 1 Nr. 2 BayBhV), beihilfefähig sind bei schweren Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordern (§ 15 Satz 2 Nr. 1 BayBhV), sowie in besonderen Ausnahmefällen, wenn nach einem zahnärztlichen Gutachten (§ 48 Abs. 8 BayBhV) eine alleinige kieferorthopädische Behandlung medizinisch ausreichend ist (§ 15 Satz 2 Nr. 2 BayBhV).
a. Das Sachverständigengutachten besagt eindeutig, dass eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung beim Kläger nicht erforderlich war. Hierunter wäre eine interdisziplinäre kieferorthopädisch-kieferchirurgische Behandlung im Sinne einer basalen Harmonisierung durch Umstellung eines oder beider Kiefer zu verstehen (vgl. S. 8 des Gutachtens). Der beim Kläger gewählte Behandlungsweg sah aber vor, die anstehenden Behandlungsaufgaben ohne kieferorthopädisch/kieferchirurgische Therapie zu lösen, sondern auf rein kieferorthopädischem Weg mittels Zahnentfernung im Unterkiefer und anschließendem Lückenschluss, um die sagittale Frontzahnstufe zu vergrößern (vgl. S. 7 f. des Gutachtens).
b. Ein besonderer Ausnahmefall i. S. v. § 15 Satz 2 Nr. 2 BayBhV lag beim Kläger nicht vor. Dieser setzt nach der Systematik der Norm eine schwere Kieferanomalie voraus, die aber gerade nicht gegeben war.
aa. § 15 Satz 2 BayBhV ist so strukturiert, dass beide Alternativen einer Ausnahme von der Altersbegrenzung nach § 15 Satz 1 Nr. 2 BayBhV nur bei Vorliegen einer schweren Kieferanomalie einschlägig sind. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist nämlich nicht nur in Nr. 1 genannt, sondern wurde in Satz 2 „vor die Klammer gezogen“, so dass § 15 Satz 2 Nr. 2 BayBhV nur schwere Ausnahmefälle einer schweren Kieferanomalie, aber keine sonstigen kieferorthopädischen Krankheitsbilder unterhalb dieser Schwelle erfasst.
bb. Eine schwere Kieferanomalie ist beim Kläger auf Grundlage der Beweiserhebung nicht feststellbar.
Der Begriff der schweren Kieferanomalie ist in den Beihilfevorschriften selbst nicht näher definiert. Es kann aber auf die Krankheitsbilder zurückgegriffen werden, bei denen auch im Bereich der GKV ausdrücklich eine Ausnahme vorgesehen ist.“ (s. Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Bd. 4., A III, § 6 (5)). Darunter fallen zum einen angeborene Missbildungen des Gesichts und der Kiefer und angeborene oder durch Unfall verursachte skelettale Kieferfehlstellungen, wie Progenie, Mikrogenie, Formen des skelettal offenen Bisses bzw. tiefen Bisses oder ausgeprägte skelettal bedingte Unterschiede der Zahnbogen- oder Kieferbreite. Schwere Kieferanomalien sind nach obergerichtlicher Rechtsprechung nicht schon bei jeder fehlerhaften Stellung oder Lagebeziehung der Zähne im Kiefer gegeben. Hierunter versteht man vielmehr angeborene Missbildungen des Gesichts und der Kiefer, schwere skelettale Dysgnathien und verletzungsbedingte Kieferfehlstellungen (OVG NRW, B. v. 1.2.2010 - 3 A 2979/07 - juris Rn. 12).
Der Kläger litt unstreitig nicht an einer durch Unfall verursachten Kieferfehlstellung. Auch eine angeborene oder sonst erworbene schwere Anomalie des Kiefers bestand beim Kläger nach dem Sachverständigengutachten nicht. Vielmehr hat demnach aus skelettaler Sicht zu Beginn der Behandlung ein harmonischer Schädelaufbau vorgelegen (vgl. Gutachten S. 2). Auch von dentaler Seite hat der Gutachterin zufolge beim Kläger keine schwere Anomalie vorgelegen (vgl. Gutachten S. 3).
Die von der Gutachterin bescheinigte schwerwiegende funktionelle Problematik führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen sind nach dem Gutachten funktionelle und zentralnervöse Aspekte keineswegs zwingend in das Krankheitsbild einzubeziehen (vgl. S. 8 des Gutachtens). Zum anderen liegt der Fokus der heranzuziehenden Definitionen einer schweren Kieferanomalie klar auf skelettalen Aspekten, die nach dem Sachverständigengutachten beim Krankheitsbild des Klägers praktisch keine Rolle spielten. Auch das Ausmaß der Anomalie in dentaler Hinsicht wird von der Gutachterin als geringgradig beschrieben. Vor diesem Hintergrund ist die - sicherlich vorhandene - funktionelle Problematik für sich genommen nicht geeignet, einen hinreichenden Beitrag zum Gesamtbild einer schweren Kieferanomalie zu leisten.
cc. Die Ausnahmevorschrift des § 15 Satz 2 Nr. 2 BayBhV ist - entgegen der im letzten klägerischen Schriftsatz geäußerten Auffassung - naturgemäß streng zu handhaben und nicht auf sonstige Fälle einer kieferorthopädischen Erkrankung auszudehnen. Die Ansprüche der Beihilfeberechtigten in Bezug auf zahnärztliche Behandlungen sind in den Beihilfevorschriften umfassend und abschließend geregelt. Die Verwaltungsgerichte können sich nicht über die eindeutige Beschränkung hinwegsetzen und den Beihilfevorschriften gleichwohl Leistungsansprüche des Beihilfeberechtigten entnehmen (BayVGH, B. v. 5.10.2006 - 14 B 04.2997 - juris Rn. 17; a.A. VGH BW, U. v. 2.5.2012 - 2 S 2904/10 - juris 33 f.). Für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Ausnahmevorschrift entgegen deren eindeutigem Wortlaut (vgl. oben III.2.b.aa.) besteht hier kein Anlass.
c. Die beim Kläger bestehende Erkrankung mag durchaus behandlungsbedürftig gewesen sein. Da sie aber nicht unter einen der Ausnahmetatbestände des § 15 Satz 2 BayBhV fällt, ist sie von der Beihilfefähigkeit ausgenommen, vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 3 BayBhV. Dies ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Mit der Altersbegrenzung ist in typisierender und generalisierender Weise eine angemessene Einschränkung der besonders kostenintensiven Aufwendungen für kieferorthopädische Behandlungen festgelegt worden. Mit der Beschränkung auf Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, trägt die Regelung der Tatsache Rechnung, dass eine rein kieferorthopädische Behandlung in der Regel deutlich mehr Aussicht auf Erfolg bietet, wenn mit ihr zu einem möglichst frühen Lebenszeitpunkt - jedenfalls vor Abschluss des Körperwachstums - begonnen wird, weil zu diesem Zeitpunkt der Kiefer noch besser formbar ist. Ein weiterer Grund für den grundsätzlichen Ausschluss der Übernahme der Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung Erwachsener liegt in der Erwägung, dass eine solche Behandlung bei Erwachsenen häufig nur aus ästhetischen Gründen oder wegen mangelnder zahnmedizinischer Vorsorge in früheren Jahren erfolgt. Die Beihilfevorschriften des Dienstherrn eines Beamten enthalten im Grundsatz eine abschließende Konkretisierung dessen, was der Dienstherr für diesen Rechtsbereich aufgrund seiner Fürsorgepflicht an - den diesbezüglichen Anteil in der Besoldung ergänzenden - Leistungen u. a. in Krankheitsfällen für geboten und angemessen ansieht. Sie sind eine den durchschnittlichen Verhältnissen angepasste Regelung, bei der in Kauf genommen werden muss, dass nicht in jedem Einzelfall eine volle Deckung der Aufwendungen erreicht wird (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 7.8.2013 - 5 LA 95/13 - juris Rn. 7 m. w. N.). Es ist zu berücksichtigen, dass die Beihilfe als alimentative Fürsorgeleistung lediglich ergänzend zu der zumutbaren Eigenfürsorge des Beamten hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise zu erleichtern. Die Beihilfe muss demnach nicht sicherstellen, dass sämtliche im Zusammenhang mit einer Krankheit auftretenden Kosten berücksichtigt werden. Bei der Ausgestaltung der Beihilfe kommt dem Normgeber ein weites Ermessen zu. Er muss mithin nicht jeden Unterschied zum Ansatzpunkt für eine Differenzierung nehmen. Der Beamte muss wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der am Alimentationsgrundsatz orientierten pauschalisierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten (BVerwG, U. v. 31.1.2002 - 2 C 1/01 - juris Rn. 17; BayVGH B. v. 8.1.2007 - 14 ZB 06.2911 - juris Rn. 13).
IV. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 2.306,12 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
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Annotations
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:
- 1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung, - 2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt, - 5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.
(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung
- 1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis, - 2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung, - 3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle, - 4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder - 5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften einer Person mit Befähigung zum Richteramt gleich:
- 1.
§ 6 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, - 2.
§ 78 Absatz 2 und § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung, - 3.
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 4.
§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 5.
§ 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes, - 6.
§ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 7.
§ 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, - 8.
§ 97 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Patentgesetzes, - 9.
§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Markengesetzes.