Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 11. Feb. 2019 - W 8 K 18.926

published on 11/02/2019 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 11. Feb. 2019 - W 8 K 18.926
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage gegen den Beklagten (vertreten durch das Landratsamt Bad Kissingen) die Herausgabe von zwei Pferden.

I.

Der Beklagte untersagte - unter anderem bezogen auf die streitgegenständlichen Pferde „U …“ und „P …“ - dem Lebensgefährten der Klägerin als Halter mit Bescheid vom 6. Februar 2018 das Halten und Betreuen von Pferden und verpflichtete ihn weiter, zu dulden, dass ihm die Pferde weggenommen, untergebracht, verpflegt und verkauft werden.

Ein dagegen angestrengtes Sofortverfahren seitens des Lebensgefährten der Klägerin blieb ebenso erfolglos wie die dagegen erhobene Klage (siehe VG Würzburg, B.v. 7.3.2018 - W 8 S 18.206 - juris; U.v. 16.7.2018 - W 8 K 18.205 - juris). Im Klageverfahren wurde lediglich - bei Klageabweisung im Übrigen - festgestellt, dass die Androhung des unmittelbaren Zwangs wegen des entgegenstehenden (damaligen) Eigentums der Klägerin rechtswidrig gewesen ist.

In der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018 im Verfahren W 8 K 18.205 wurde die Klägerin als Zeugin einvernommen. Sie erklärte dort, sie sei Eigentümerin bzw. Miteigentümerin der beiden Pferde „U …“ und „P …“. Das Pferd „P …“ habe ihr ihr Lebensgefährte zum Geburtstag 2016 geschenkt. Das Pferd „U …“ hätten sie und ihr Lebensgefährte zusammen gekauft.

Die Beklagtenvertreter erklärten in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018, die Pferde seien mittlerweile an Dritte verkauft und übereignet worden.

II.

Am 16. Juli 2018 erhob die Klägerin zu Protokoll des Urkundsbeamten Klage und gab zur Begründung an: Am 15. März 2018 seien ihr ihre beiden Pferde weggenommen und ein paar Tage später über Facebook veräußert worden. Die Pferde hätten eine Woche später umgestellt werden sollen. Dies sei dem Landratsamt auch mitgeteilt worden. Dem Landratsamt sei auch mitgeteilt worden, dass der Halter (ihr Lebensgefährte) nicht der Besitzer der Pferde sei.

Der Beklagte führte mit Schriftsatz vom 23. Juli 2018 zur Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Ein Anspruch auf Herausgabe der Ponys sei nicht gegeben. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass sie die Eigentümerin der Ponys sei. Sie habe bezüglich des Pferdes „P …“ bislang zu keiner Zeit einen Kaufvertrag vorgelegt. Im Übrigen sei das Eigentum an den Ponys auf den Käufer der Ponys übergegangen. Die Veräußerungsanordnung in Nr. 3 des Bescheides vom 6. Februar 2018 sei ein derart rechtsgestaltender Verwaltungsakt, mit dem die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung an den streitgegenständlichen Ponys auf das Landratsamt übergehe. Demgemäß habe das Eigentum an den Ponys auch rechtswirksam auf den Käufer übertragen werden können. Zudem dürfe keine Herausgabe der Tiere erfolgen, wenn zu befürchten sei, dass die Tiere wieder an den bisherigen, unzuverlässigen Halter gelangen könnten. Da die Klägerin mit dem Lebensgefährten in einer Lebensgemeinschaft stehe und beide auch gemeinsam wohnten, bestehe die Gefahr, dass die Ponys mit Herausgabe an die Klägerin wieder dem Zugriff des Lebensgefährten als gerichtlich bestätigten unzuverlässigen Tierhalter ausgesetzt seien.

Mit Beschluss vom 26. Juli 2018 lehnte das Gericht den Sofortantrag der Klägerin auf Herausgabe der Pferde ab (VG Würzburg, B.v. 26.07.2018 - W 8 E 18.927 - juris).

Am 9. August 2018 erhob die Klägerin im Verfahren W 8 K 18.1040 Klage gegen einen Bescheid des Landratsamts Bad Kissingen vom 26. Juli 2018, in dem sie unter Anordnung des Sofortvollzugs zur Duldung der Wegnahme, Unterbringung und Veräußerung ihrer Pferde verpflichtet wurde. Die Klage wurde mit Urteil vom 11. Februar 2019 abgewiesen.

Mit Beschluss vom 12. November 2018 lehnte das Gericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab.

In der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2019 beantragte die Klägerin, den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ihre beiden Pferde „U …“ und „P …“ zurückzugeben oder Geldersatz zu leisten.

Die Beklagtenvertreterin beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin erklärte, dass sie die Pferde schon selbst verkauft habe bzw. habe verkaufen wollen. Der Kaufpreis des Pferdes P … sei 1.150,00 EUR gewesen und der des Pferdes U … 950,00 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Sofortverfahrens W 8 S 18.927) und die Akte des Klageverfahrens W 8 K 18.1040 sowie die Akten der früheren Verfahren betreffend die Klägerin W 5 K 16.293 und W 5 S 16.298 sowie betreffend den Lebensgefährten W 8 K 18.205 und W 8 S18.206 bzw. den Vater W 8 K 18.1115 sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als Leistungsklage auf Herausgabe der Pferde bzw. auf Leistung von Schadenersatz zulässig.

Die Klage ist aber unbegründet, weil die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.

Das Gericht hat schon im Sofortverfahren (vgl. VG Würzburg, B.v. 26.07.2018 - W 8 E 18.927 - juris Rn 22 ff., S. 7 f. des Beschlussabdrucks) ausgeführt, dass die Klägerin gegen den Beklagten keinen Herausgabeanspruch als Eigentümerin hat. Der Beklagte hat aufgrund der Veräußerungsanordnung im Bescheid vom 6. Februar 2018, den sie gegen den Lebensgefährten der Klägerin als Halter der Tiere gerichtet hat, in Form eines Verwaltungsakts die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung erhalten und infolgedessen auch die Ponys an Dritte übereignet. Hinzu kommt, dass der Beklagte mittlerweile einen Duldungsbescheid gegenüber der Klägerin erlassen hat, der sofort vollziehbar ist. Die betreffende Klage hat das Gericht im Verfahren W 8 K 18.1040 mit Urteil vom 11. Februar 2019 abgewiesen. Auf die dortigen Ausführungen wird ergänzend Bezug genommen. Damit spricht Alles dafür, dass die Klägerin mittlerweile ihr Eigentum verloren hat. Darüber hinaus schlägt zu Buche, dass der Beklagte jedenfalls nicht mehr Besitzer der beiden Pferde ist, so dass ein unmittelbarer Herausgabeanspruch gegen ihn ohnedies ins Leere geht.

Darüber hinaus und unabhängig davon sprechen durchgreifende tierschutzrechtliche Gründe gegen eine Herausgabe der Pferde an die Klägerin. Dazu hat das Gericht schon im Sofortverfahren auf S. 10 des Beschlussabdrucks ausdrücklich ausgeführt (VG Würzburg, B.v. 26.07.2018 - W 8 E 18.927 - juris Rn. 30):

„Darüber hinaus ist weiter zu erwägen, dass einer Rückgabe der Pferde an die Klägerin auch tierschutzrechtliche Einwände entgegenstehen könnten. Denn wie in den Verfahren gegen den Lebensgefährten (vgl. VG Würzburg, B.v. 7.3.2018 - W 8 S 18.206 - juris; VG Würzburg, U.v. 16.7.2018 - W 8 K 18.205) ausgeführt, waren die Tiere beim Lebensgefährten der Klägerin unter tierschutzwidrigen Umständen untergebracht und versorgt, worauf diesem auch die Haltung und Betreuung der Pferde untersagt wurde. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018 im Verfahren W 8 K 18.205 als Zeugin ausgesagt, dass sie selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, die Pferde zu versorgen. Demnach darf der Lebensgefährte der Klägerin die Betreuung der Pferde von Rechts wegen nicht mehr übernehmen und die Klägerin selbst kann dies aus gesundheitlichen Gründen nicht. Darüber hinaus hat die Klägerin als Eigentümerin in der Vergangenheit nichts Durchgreifendes unternommen, um die tierschutzwidrigen Zustände und die tierschutzwidrige Behandlung durch den Lebensgefährten zu unterbinden. Bei einer Rückgabe der Pferde an die Klägerin müsste aber eine mangelfreie Tierhaltung gewährleistet sein, die den Anforderungen des § 2 TierSchG gerecht wird. Insoweit hat die Antragstellerin keine belastbaren und konkreten Angaben über das etwaige Vorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit gemacht und auch nicht erklärt, wie sie in der Folgezeit eine artgerechte Unterbringung und Versorgung der Tiere gewährleisten können will (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2016 - 9 CS 16.539 - KommunalPraxis BY 2016, 309 - juris). Eine hinreichend verfestigte Stabilisierung tierschutzgerechter Haltungsbedingungen müsste gewährleistet sein (vgl. OVG NRW, B.v. 19.1.2009 - 20 B 1748/08 - juris; vgl. auch VG Karlsruhe, B.v. 5.5.2008 - 11 K 645/08 - juris). Bei Herausgabe wäre zu befürchten, dass die Pferde erneut unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten würden wie vor der Wegnahme. Unter diesen Vorzeichen steht einer Rückgabe der Pferde der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen (VG Bayreuth, B.v. 11.12.2013 - B 1 E 13.384 - juris; vgl. auch VG Aachen, B.v. 9.3.2009 - 6 L 14/09 - juris).“

An dem vorstehenden Befund und den damit verbundenen Rechtsfolgen hat sich bis heute nichts geändert. Die Klägerin hat weder gegenüber der Behörde noch im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass sie in der Vergangenheit versucht habe, die tierschutzwidrige Haltung zu verbessern. Sie hat auch keine dahingehende Einsicht gezeigt. Die Klägerin hat weiter bis heute nicht plausibel erklärt, dass und wie sie bei einer theoretischen Rückgabe für eine tierschutzgemäße Haltung der beiden Pferde sorgen will und kann. Die Behauptung der Klägerin, sie habe vorgehabt, die Pferde anderweitig unterzustellen, bzw. wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2019, sie habe die Pferde bereits verkauft bzw. verkaufen wollen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit hat sie nicht substanziiert und auch keinerlei Belege, etwa von möglichen Kaufinteressenten, vorgelegt, erst Recht hat sie nicht vorgebracht, dass sie im fraglichen Zeitraum, insbesondere ab Erlass des Bescheides gegen ihren Lebensgefährten vom 6. Februar 2018 bzw. nach Wegnahme der Pferde Mitte März 2018 bis zur Weiterveräußerung der Pferde im April 2018 konkret an das Landratsamt herangetreten wäre und dort substanziierte Vorschläge zur anderweitigen tierschutzgemäßen Unterbringung gemacht hätte. Das Gericht geht davon aus, dass die Klägerin über ihren Lebensgefährten frühzeitig über die Maßnahmen und das Vorgehen des Landratsamtes informiert gewesen ist, zumal sie auch beim Gericht entsprechende Facebook-Einträge vorgelegt hat, die die Verkaufsabsichten des Landratsamtes betreffend ihrer Pferde dokumentieren. Ergänzend wird auf die Ausführungen im Urteil vom 11. Februar 2019 im Parallelverfahren W 8 K 18.1040 Bezug genommen.

Nach alledem ist eine Rückgabe der Pferde an die Klägerin ausgeschlossen. Soweit die Klägerin ersatzweise Geldleistungen verlangt, geht diese Forderung ebenfalls ins Leere, weil schon ein Hauptanspruch nicht besteht. Zudem ist anzumerken, dass die Pferde wegen ihres schlechten Zustandes nach Mitteilung des Landratsamtes nur gegen einen symbolischen Wert von 1,00 EUR verkauft werden konnte. Der Unterwertverkauf ist zur Vermeidung von weiteren Unterbringungs- und Versorgungskosten seitens der Behörde rechtlich zulässig, wenn sich ergibt, dass - wie hier - der freie Markt das Erzielen von Verkaufserlösen, die dem ermittelten Verkehrswert (hier laut Aussage des Veterinäramtes wohl der Schlachtwert) zumindest nahekommen, nicht zulässt (vgl. dazu VG Augsburg, U.v. 25.2.2011 - AU 2 K 09.1471 - juris).

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Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.