Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 26. Nov. 2012 - 5 B 246/12
Gericht
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer erneuten Entscheidung über die Beförderung des Antragstellers untersagt, Beförderungen anderer Beamtinnen und Beamter, insbesondere der Beigeladenen, zu Polizei-/Kriminalhauptkommissaren (Bes.Gr. A 11 LBesO) vorzunehmen, durch welche die Beförderungschance des Antragstellers vernichtet würde.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 13.000,00 € festgesetzt.
Gründe
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Der vom Antragsteller am 26. September 2012 bei dem beschließenden Gericht sinngemäß wie tenoriert gestellte Antrag ist zulässig und begründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung eines bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 Abs. 1 ZPO muss ein Antragsteller dazu das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft machen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
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Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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Beamte haben gegenüber ihrem Dienstherrn bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Dieser Anspruch ist dann verletzt, wenn die für den Bewerber nachteilige Auswahlentscheidung unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer fehlerhaften Ausübung von Ermessens- oder Beurteilungsspielräumen beruht (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2002 - 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370). Ein unterlegener Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, a. a. O.).
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Es entspricht dem bei der Auswahlentscheidung zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, a. a. O.). Diese ergeben sich bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung regelmäßig aus den aktuell(st)en dienstlichen Beurteilungen der Bewerber, die den gegenwärtigen Leistungszustand wiedergeben (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 12. Januar 2012 - 1 M 174/11 -, zitiert nach juris; Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 M 125/10 -, zitiert nach juris). Dabei hat der Dienstherr schon im Rahmen ordnungsgemäßer Personalbewirtschaftung dafür zu sorgen, dass die Beamten grundsätzlich regelmäßig dienstlich beurteilt werden, da die dienstliche Beurteilung mit ihrer auf das innegehabte Amt bezogenen Bewertung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vor allem dem Vergleich zwischen den für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens oder für die Verleihung eines Beförderungsamtes in Betracht kommenden Beamten dient. Für die Beamten des Landes Sachsen-Anhalt folgt dies überdies aus § 21 Abs. 1 des Beamtengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt – LBG LSA – vom 15. Dezember 2009 (GVBl. S. 648), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Februar 2012 (GVBl. S. 52). Danach sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten regelmäßig zu beurteilen und können beurteilt werden, wenn es ein besonderer Anlass erfordert.
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Bei der Auswahlentscheidung hat die hierzu berufene Stelle stets zu prüfen, ob das den dienstlichen Beurteilungen zugrunde liegende Bewertungssystem einheitlich ist und die durch die dienstlichen Beurteilungen ausgewiesenen Leistungen auch im Übrigen einem Vergleich unterzogen werden können (OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - 1 M 216/06 -, zitiert nach juris [m. w. N.]). Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil der herangezogenen Beurteilungen, welches durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, hat der Dienstherr zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen. Soweit der Dienstherr auf einzelne unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte abstellt, muss er deren besondere Bedeutung für die geplante Beförderung begründen, wobei die Gewichtung der einzelnen Gesichtspunkte für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern seiner – gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren – Beurteilung obliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16/09 -, BVerwGE 138, 102 [m. w. N.]; Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19/10 -, a. a. O.).
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Als weitere unmittelbar leistungsbezogene Erkenntnisquellen sind bei der Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern neben den aktuellsten Beurteilungen die früheren dienstlichen Beurteilungen in den Blick zu nehmen. Diese stellen nicht lediglich Hilfskriterien für eine zu treffende Auswahlentscheidung dar. Vielmehr handelt es sich um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber – auch leistungs- und eignungsbezogenen – Hilfskriterien vorrangig sind. Zwar verhalten sie sich nicht zu dem nunmehr erreichten Leistungsstand des Beamten in seinem derzeitigen statusrechtlichen Amt. Gleichwohl können sie vor allem bei einem Vergleich von Bewerbern um ein Beförderungsamt bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in dem Beförderungsamt ermöglichen. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn frühere Beurteilungen positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten. Derartige Äußerungen, insbesondere bei einer Gesamtwürdigung der vorhandenen dienstlichen Beurteilungen erkennbare positive oder negative Entwicklungstendenzen, können vor allem bei gleichwertigen aktuellen Beurteilungen von Bewerbern den Ausschlag geben. Sie vermögen aber auch Aufschluss darüber zu geben, ob ein Bewerber bei einer Beurteilung im Hinblick auf die Besetzung eines Beförderungsamtes bevorteilt oder benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, zitiert nach juris; Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, NVwZ 2003, 1397; Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, a. a. O.).
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Ergibt sich auch aus dem Vergleich der Einzelmerkmale der aktuellen Beurteilung sowie der Leistungsentwicklung anhand früherer Beurteilungen kein Qualifikationsunterschied zwischen den Bewerbern, darf der Dienstherr auf leistungs- und eignungsbezogene Hilfskriterien wie z. B. das Lebens- oder allgemeine Dienstalter abstellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, a. a. O.; Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23/03 -, BVerwGE 122, 147). Anderen sachgerechten nicht leistungsbezogenen Hilfskriterien, wie etwa dem Geschlecht oder der Behinderteneigenschaft, darf der Dienstherr nur dann Bedeutung beimessen, wenn er bei der vergleichenden Beurteilung der Bewerber nach Ausschöpfung aller leistungsbezogenen Kriterien zu dem Ergebnis kommt, dass mehrere Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für das angestrebte Amt im Wesentlichen gleich geeignet sind (vgl. BVerwG, Urteil 30. Juni 2011 - 2 C 19/10 -, a. a. O.).
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Bei der auf dieser Grundlage erfolgenden vergleichenden Einschätzung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, bei welchem dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Auswahlentscheidung darauf beschränkt ist, ob der Dienstherr den gesetzlichen Rahmen und die anzuwendenden Rechtsbegriffe zutreffend gewürdigt hat, ob er von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist und ob er allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat (OVG LSA, Beschluss vom 12. Januar 2012 - 1 M 174/11 -, a. a. O. [m. w. N.]). Der unterlegene Bewerber kann dabei sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung des ausgewählten Konkurrenten rügen. Der Fehler bei der Auswahlentscheidung kann sowohl in der Qualifikationsbeurteilung des Beamten als auch in derjenigen des erfolgreichen Bewerbers oder im Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern liegen (BVerfG, Beschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 -, ZBR 2008, 164 [m. w. N.]). Im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt hat das Gericht daher auch die der Auswahl zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen. Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, die Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, hat das Gericht den Dienstherrn zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die (mögliche) Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2004 - 2 VR 3.03 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23 [m. w. N.]).
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In Anwendung dieser Maßstäbe steht die Auswahlentscheidung des Antragsgegners, nach welcher der Antragsteller bei der aktuellen Beförderungsrunde keine Berücksichtigung findet, nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Bestenauslese und verletzt den Antragsteller damit in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch. Die streitgegenständliche Auswahlentscheidung begegnet bereits deshalb grundsätzlichen rechtlichen Beanstandungen, weil die Gesamtbewertung der Befähigungsbeurteilung, die Teil der aktuellen Regelbeurteilung ist, welche der Antragsteller für den Beurteilungszeitraum vom 1. September 2007 bis zum 30. September 2011 erhalten hat, keine Berücksichtigung gefunden hat.
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Nach seinem Auswahlvermerk vom 12. September 2012 und den ergänzenden Erläuterungen im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsgegner in Anwendung seiner Beförderungsrichtlinien – BeförderungsRL – vom 18. Juli 2012 seine Beförderungsliste ausschließlich nach Maßgabe der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung der aktuellen Regelbeurteilungen der einbezogenen Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A 10 LBesO erstellt. Hierbei hat er elf Beamtinnen und Beamten zur Beförderung vorgesehen, die in der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung die Wertungsstufe „B“ erhalten haben. Eine weitere Differenzierung hat der Antragsgegner nicht vorgenommen, da nur elf Beförderungen vorgesehen waren und alle übrigen in die Auswahlentscheidung einbezogenen Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A 10 LBesO in der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung ihrer aktuellen Regelbeurteilungen lediglich ein „C“ – wie der Antragsteller – oder eine schlechtere Bewertung erhalten haben. Damit hat die Gesamtbewertung der Befähigungsbeurteilung der aktuellen Regelbeurteilungen des Antragstellers und der übrigen in die Beförderungsentscheidung einbezogenen Beamtinnen und Beamten überhaupt keine Beachtung gefunden. Die BeförderungsRL des Antragsgegners sehen in Abschnitt A. I. 2. eine Einbeziehung der Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung vielmehr erst für die weitere Beförderungsauswahl vor, wenn mehrere Beamte nach Auswertung der Leistungsbeurteilung als im Wesentlichen gleich zu beurteilen sind. Die Auswertung der Leistungsbeurteilung erfolgt danach in der Weise, dass zunächst die jeweiligen Einzelergebnisse der Leistungsbeurteilung mit Punktwerten multipliziert werden, die den Wertungsstufen „A“ bis „G“ jeweils zugeordnet sind. Der Wertungsstufe „A“ ist der Punktwert „1“ zugeordnet. Für die Wertungsstufen „B“ bis „G“ sind linear aufsteigend Punktwerte von „2“ (für Stufe „B“) bis „7“ (für Stufe „G“) vorgesehen. Anschließend werden die so errechneten Werte addiert und das Ergebnis durch die Anzahl der bewerteten Einzelmerkmale dividiert. Der sich daraus ergebende Zahlenwert wird einem „oberen“, „mittleren“ oder „unteren“ Bereich der Wertungsstufen „B“ bis „D“ zugeordnet; im Bereich der Stufe „A“ findet keine Binnendifferenzierung statt. Dabei sind die Zahlenwerte von 1,51 bis 2,5 der Wertungsstufe „B“, von 2,51 bis 3,5 der Wertungsstufe „C“ und von 3,51 bis 4,5 der Wertungsstufe „C“ zugeordnet. Beurteilungen mit Zahlenwerten von über 4,5 finden bei der Rangfolgenerstellung keine Berücksichtigung. Innerhalb jeder Wertungsstufe erfasst der „obere Bereich“ die Zahlenwerte von 1,51 – 1,84 (Wertungsstufe „B“), 2,51 – 2,84 (Wertungsstufe „C“) bzw. 3,51 – 3,84 (Wertungsstufe „D“). In den jeweils mittleren Bereich jeder Wertungsstufe fallen die Zahlenwerte von 1,85 – 2,17 (Wertungsstufe „B“), 2,85 – 3,17 (Wertungsstufe „C“) bzw. 3,85 – 4,17 (Wertungsstufe „D“). Für den jeweils unteren Bereich jeder Wertungsstufe sind die Zahlenwerte von 2,18 – 2,5 (Wertungsstufe „B“), 3,18 – 3,5 (Wertungsstufe „C“) bzw. 4,18 – 4,5 (Wertungsstufe „D“) vorgesehen. Als nach Auswertung der Leistungsbeurteilung im Wesentlichen gleich angesehen werden nur diejenigen Beamten, die innerhalb eines Bereiches derselben Wertungsstufe liegen. Nur bei diesen Beamten erfolgt die weitere Beförderungsauswahl anhand der Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung. Dies verdeutlicht das Beispiel zur Erstellung einer Beförderungsrangliste in der Anlage der BeförderungsRL. Danach sind drei Beamte aufgrund ihrer Zahlenwerte (Beamter 1 = 2,55; Beamter 2 = 2,61; Beamter 3 = 2,83) nach Berücksichtigung ihrer Leistungsbeurteilung im oberen Bereich der Wertungsstufe „C“ und damit als im Wesentlichen gleich zu beurteilen, so dass eine weitere Auswahl anhand der Befähigungsbeurteilung erforderlich ist.
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Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Befähigungsbeurteilung nach den BeförderungsRL des Antragsgegners bei der Erstellung der Beförderungsrangfolge im Verhältnis zur Leistungsbeurteilung nur stark eingeschränkt Beachtung findet, namentlich wenn sich nicht bereits auf der Grundlage der Auswertung der Leistungsbeurteilung ein Qualifikationsvorsprung von in die Auswahlentscheidung einbezogenen Beamten ergibt. Anders gewendet hat die Befähigungsbeurteilung für die Erstellung der Rangfolge, nach der befördert werden soll, bei Beamten mit unterschiedlichen Gesamtbewertungen in der Leistungsbeurteilung überhaupt keine Bedeutung. Gleiches gilt, wenn Beamte nach rechnerischer Auswertung der Ergebnisse der Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung zwar der gleichen Wertungsstufe, aber unterschiedlichen Bewertungsbereichen innerhalb dieser Wertungsstufe zugeordnet werden. Selbst deutliche Unterschiede in den Bewertungen der Befähigungsbeurteilung wirken sich in solchen Fällen nicht auf die Reihung der Beamten bei der Erstellung der Beförderungsrangliste aus. Beispielsweise wird ein Beamter, der in der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung ein „B“ und in seiner Befähigungsbeurteilung ein „C“ erhalten hat, auch dann ohne Binnendifferenzierung demjenigen Beamten vorgezogen, der zwar in der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung mit „C“ um eine Wertungsstufe schlechter beurteilt worden ist, in der Gesamtbewertung der Befähigungsbeurteilung aber mit der Wertungsstufe „A“ ein signifikant besseres Ergebnis vorweisen kann. Nach dem Beförderungssystem des Antragsgegners wird die Befähigungsbeurteilung damit praktisch zu einer Art leistungsbezogenem Hilfskriterium.
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Das gänzliche Außerachtlassen der Befähigungsbeurteilung ist mit dem Grundsatz der Bestenauslese als alleinigem Maßstab für Beförderungsentscheidungen nicht vereinbar. Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung darf sich nicht nur auf die Leistungskomponente der Beurteilungen beschränken, sondern muss ebenfalls Eignung und Befähigung in die Erwägungen einbeziehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. September 2008 - 6 B 987/08 -, zitiert nach juris; Beschluss vom 23. Juni 2004 - 1 B 455/04 -, zitiert nach juris). Nach der inhaltlichen Ausgestaltung des Art. 33 Abs. 2 GG und der einfachgesetzlichen Konkretisierung in § 9 BeamtStG ist die Befähigung eines Beamten ein neben seiner Eignung und seiner fachlichen Leistung eigenständig zu berücksichtigendes Auswahlkriterium. Sowohl Eignung, fachliche Leistung als auch Befähigung sind vom Grundsatz der Bestenauslese angesprochen, der – wie bereits dargestellt – verlangt, dass der Dienstherr zur Ermittlung des Leistungsstandes der konkurrierenden Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückgreift (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191). Während der Begriff der fachlichen Leistung auf die Arbeitsergebnisse des Beamten bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, auf Fachwissen und Fachkönnen abzielt und mit dem Begriff der Eignung im engeren Sinne Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften erfasst werden, umschreibt der Begriff der Befähigung die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23/03 -, a. a. O.; BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. -, BVerfGE 110, 304). Die Befähigungsbeurteilung enthält somit nicht lediglich Aussagen für eine zukünftige Verwendung des Beamten in einem neuen Amt. Vielmehr lässt der Ausprägungsgrad der Befähigungsmerkmale auch Schlüsse auf das künftige Entwicklungspotential des Beamten in einem gleichbleibenden Aufgabenbereich zu, so dass der Befähigungsbeurteilung auch für eine Beförderung ohne Tätigkeits-, Stellen- oder Amtswechsel Bedeutung zukommt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. September 2008 - 6 B 987/08 -, a. a. O.; Beschluss vom 27. September 2005 - 6 B 1163/05 -, zitiert nach juris). Dabei zeichnet Art. 33 Abs. 2 GG selbst eine bestimmte Gewichtung der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung nicht vor. Vielmehr bleibt es der – als Akt wertender Erkenntnis gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren – Entscheidung des Dienstherrn überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umstände er das größere Gewicht beimisst (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23/03 -, a. a. O. [m. w. N.]; BVerfG, Beschluss vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 -, NVwZ-RR 2008, 433; Beschluss vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, a. a. O.).
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Bezogen auf die Beförderungspraxis des Antragsgegners bedeutet dies, dass es zwar seiner sachlichen Beurteilung unterliegt, in welchem Maße die Leistungs- und Befähigungsbeurteilung bei der Auswahl der zu befördernden Beamten gewichtet werden sollen. Der Antragsgegner muss aber zum Zwecke der Beförderungsauswahl ein Konzept entwickeln, nach dem die Leistungsbeurteilung und die Befähigungsbeurteilung so zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, dass beide Teile der zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen in messbarer Weise in seine Auswahlerwägungen einfließen (vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 Bs 208/08 -, ZBR 2009, 311; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. März 1998 - 2 A 11193/97 -, zitiert nach juris).
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Ohne Erfolg beruft sich der Antragsgegner zur Rechtfertigung seiner Beförderungspraxis auf den Beschluss der Kammer vom 20. März 2012 (Az.: 5 B 366/11 MD). Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, dem zufolge der Antragsgegner bei einer Beförderungsentscheidung einer Beamtin ausschließlich deshalb den Vorzug eingeräumt hatte, weil diese im Vergleich zu der Antragstellerin in dem dortigen vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine um lediglich einen Ausprägungsgrad bessere Befähigungsbeurteilung („B“) bei gleichem Gesamtergebnis der Leistungsbeurteilung („C“) vorweisen konnte. Die Kammer hat diese Entscheidung unter dem Gesichtspunkt beanstandet, dass der Antragsgegner beide Beamtinnen als nicht mehr im Wesentlichen gleich angesehen und deshalb keine weitergehende Binnendifferenzierung der zugrunde gelegten Leistungsbeurteilungen vorgenommen hat. Die Kammer hat demgegenüber nicht ausgeführt, dass es bei Beförderungsentscheidungen überhaupt nicht (mehr) auf die Befähigungsbeurteilung ankommt. Sie hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es Art. 33 Abs. 2 GG widersprechen würde, wenn „die Rangfolge in der Beförderungsrangliste unter Außerachtlassung der Befähigungsbeurteilungallein von der in der Beurteilung enthaltenen Punktzahl der Leistungsbewertung abhängig gemacht […]“ würde.
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Im Übrigen setzt sich die Vorgehensweise des Antragsgegners bei der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung auch in Widerspruch zu den hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Sachsen-Anhalt – BRL-PVD – RdErl. des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt vom 22. September 2011 – 25.23-03002. Nach Ziffer 2.1. Sätze 2 und 3 BRL-PVD sollen dienstliche Beurteilungen ein aussagekräftiges, objektives und vergleichbares Bild über die Leistung und Befähigung des Beamten gewinnen und sind wesentliche Grundlage für die an Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausgerichteten Personalentscheidungen. Ziffer 2.3 BRL-PVD hebt hervor, dass Beurteilungen ein wichtiges Element der Personalentwicklung sind und aus diesem Grund neben den festgestellten Ergebnissen der Leistungsbewertung auch die im Rahmen der Befähigungseinschätzung gewonnenen Erkenntnisse zu vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten des Beamten für die Prüfung zukünftiger Verwendungen von wesentlicher Bedeutung sind.
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Ausgehend davon, dass der Antragsgegner bei seiner Auswahlentscheidung rechtsfehlerhaft die auf die Gesamtnote „A“ lautende Befähigungsbeurteilung des Antragstellers unberücksichtigt gelassen hat, lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Antragsteller bei einer erneuten rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung offensichtlich keine Aussicht auf Beförderung hat. Die Beigeladenen haben zwar mit der Wertungsstufe „B“ eine um eine Note bessere Leistungsbeurteilung als der Antragsteller. Sie haben aber in der Gesamtbewertung ihrer Befähigungsbeurteilung lediglich die Note „B“ und damit eine um eine Stufe schlechtere Bewertung als der Antragsteller erhalten. Bei der gebotenen Berücksichtigung der Befähigungsbeurteilung ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller die derzeit im Vergleich zu den Beigeladenen im Gesamturteil schlechtere Leistungsbeurteilung durch die bessere Befähigungsbeurteilung ausgleichen kann und sich bei einer erneuten Auswahlentscheidung daher selbst bei Zugrundelegung der Bewertung seiner Leistungsbeurteilung eine andere Reihung ergibt, nach welcher er zu befördern wäre. Dies gilt umso mehr in Anbetracht des Umstandes, dass der Antragsteller in der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung ein „C“ im oberen Bereich erhalten hat, während zwei der Beigeladenen jeweils ein „B“ im unteren Bereich aufweisen, der Leistungsvorsprung also nicht so deutlich erscheint, dass er je nach Gewichtung nicht durch die um eine Notenstufe bessere Befähigungsbeurteilung des Antragstellers ausgeglichen werden könnte.
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Nach dem Vorstehenden kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob sich die angegriffene Auswahlentscheidung auch aus weiteren vom Antragsteller angeführten Gründen als rechtsfehlerhaft erweist. Mit Blick auf eine erneute Auswahlentscheidung unter Einbeziehung des Antragstellers weist die Kammer darauf hin, dass nach summarischer Betrachtung auch die zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung des Antragstellers Fragen aufwirft, die der Antragsgegner nochmals einer kritischen rechtlichen Überprüfung zuführen sollte.
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Dies betrifft insbesondere die Anwendung der in Ziffer 9.2 Satz 1 BRL-PVD festgelegten Richtwertempfehlungen für die drei höchsten Bewertungsstufen der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung. Danach ist für Regelbeurteilungen festgelegt, dass von den zum Beurteilungsstichtag zu beurteilenden Beamten in der Leistungsbeurteilung nur 5 v. H. die Bewertungsstufe „A“, 15 v. H. die Bewertungsstufe „B“ und 30 v. H. die Bewertungsstufe „C“ erhalten sollen. Die Festsetzung von Richtwerten für das anteilige Verhältnis der Gesamtnoten der dienstlichen Beurteilungen ist als Konkretisierung der der vom Dienstherrn angestrebten Beurteilungsmaßstäbe in hinreichend großen Verwaltungsbereichen grundsätzlich rechtlich unbedenklich (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 2 A 7/07 -, zitiert nach juris; Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34/04 -, BVerwGE 124, 356 [m. w. N.]). Allerdings geben Richtwerte nur Anhaltspunkte für eine vor allem auch im Quervergleich innerhalb einer Vergleichsgruppe möglichst gerechte Leistungsbewertung. Sie dürfen den für die Beurteilung zuständigen Dienstvorgesetzten nicht zwingen, einen Beamten schlechter zu beurteilen als er ihn bei Beachtung des Leistungsgrundsatzes beurteilen würde. Eine unterschiedliche prozentuale Gliederung der zu vergebenden Gesamturteile muss Richtwert bleiben und darf nicht selbst Beurteilungsmaßstab werden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 - 2 C 13/79 -, ZBR 1981, 197; Urteil vom 13. November 1997 - 2 A 1/97 -, DVBl. 1998, 638). Insbesondere kann es die besonders gute oder schlechte Besetzung einer Dienststelle erfordern, von solchen erfahrungsorientierten Richtwerten für die Vergabe des Gesamturteils bei der Beurteilung der Beamten abzuweichen (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. August 2001 - 6 A 2967/00 -, DÖD 2001, 310; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Januar 2001 - 2 A 11320/00 -, zitiert nach juris).
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Hiervon ausgehend ist nach derzeitiger Kenntnislage äußerst fraglich, ob das Gesamtergebnis der Leistungsbeurteilung des Antragstellers auf einem die Leistungen des Antragstellers im Vergleich mit den übrigen Beamten seiner Vergleichsgruppe bewertenden Werturteil beruht oder ob der Erstbeurteiler den Antragsteller pauschal aufgrund der Vorgaben der vor Erstellung der Beurteilungen am 2. Dezember 2011 durchgeführten Maßstabskonferenz für die Umsetzung der Richtwertempfehlungen mit „C“ beurteilt hat, ohne dessen Leistungen im Einzelnen zu bewerten und mit den übrigen vom ihm zu beurteilenden Beamten des gleichen Statusamtes zu vergleichen. Der Antragsteller und ein weiterer Polizeibeamter, der bei der Eröffnung der in Rede stehenden Regelbeurteilung anwesend gewesen ist, haben eidesstattlich versichert, dass der Erstbeurteiler zur Erörterung bestimmter Einzelmerkmale wortwörtlich ausgeführt habe, „Es ist egal, wo die Kreuze in den einzelnen Punkten sind. Wichtig ist, dass unten das Ergebnis stimmt.“. Ferner habe der Erstbeurteiler erklärt, es gehe darum, dass als Ergebnis ein „C“ herauskomme, wobei die einzelnen Punktebewertungen nicht die Leistung des Antragstellers widerspiegelten. Dem ist der Antragsgegner bislang nicht substantiiert entgegengetreten, beispielsweise durch die Einholung einer dienstlichen Stellungnahme des Erstbeurteilers darüber, wie das Gesamtergebnis der in Rede stehenden Leistungsbeurteilung im Einzelnen zustande gekommen ist. Die vom Antragsteller wiedergegebenen Äußerungen lassen vielmehr darauf schließen, dass der Erstbeurteiler den Antragsteller gerade nicht entsprechend seiner tatsächlichen Einschätzung im Vergleich zu den anderen zu beurteilenden Beamten, sondern nahezu ausschließlich nach Maßgabe der von der Maßstabskonferenz aufgestellten Quoten beurteilt hat.
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Weiterhin ist zweifelhaft, ob die vom Antragsgegner in der Maßstabskonferenz zur Umsetzung der Richtwertempfehlungen gebildeten Vergleichsgruppen für die Beamten, die wie der Antragsteller ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO innehaben, rechtsfehlerfrei gebildet worden sind. Die Vom-Hundert-Sätze nach Ziffer 9.2 Satz 1 BRL-PVD sind Relationen, die auf eine Gesamtmenge dienstlich beurteilter Beamter bezogen sind: Von einer unbestimmten Vielzahl dienstlich beurteilter Beamter sollen bezogen auf den gesamten Geschäftsbereich des Antragsgegners in der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung 5 v.H. die Bewertungsstufe „A“, 15 v.H. die Bewertungsstufe „B“ bzw. 30 v.H. die Bewertungsstufe „C“ erhalten. Gegenüber dem einzelnen Beurteiler können diese Richtwerte ihre Verdeutlichungsfunktion aber nur entfalten, wenn sie auf eine für ihn noch überschaubare Gruppe bezogen sind. Nur wenn er die dienstlichen Leistungen aller Mitglieder der Gruppe kennt, ist es ihm möglich, die von ihm zu beurteilenden Beamten unter Berücksichtigung der vorgenannten Vom-Hundert-Sätze einzuordnen. Umgekehrt muss die für den einzelnen Beurteiler überschaubare Gruppe auch hinreichend groß und homogen sein. Eine hinreichende Gruppengröße ist erforderlich, damit genügend Personen vorhanden sind, in denen die unterschiedlichen Leistungs- und Eignungsstufen repräsentiert sein können. Die Bezugsgruppe muss in dem Sinne homogen zusammengesetzt sein, dass für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten. Nur dann können diese Beurteilungskriterien bei den einzelnen Beamten miteinander verglichen und in eine bestimmte Rangfolge nach einer Notenskala gebracht werden (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34/04 -, a. a. O.). Je kleiner die konkret zu beurteilende Vergleichsgruppe ist, desto wahrscheinlicher ist eine Verschiebung der Maßstäbe zu Lasten einzelner Beamter dergestalt, dass deren leistungsgerechte Einstufung bei strikter Anwendung der Quotenvorgabe nicht mehr gewährleistet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 WB 48/07 -, BVerwGE 134, 59; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Januar 2001 - 2 A 11320/00 -, a. a. O.). Das BVerwG hat in einer Entscheidung eine Zahl von 24 Personen einer Besoldungsgruppe nicht als hinreichende große Vergleichsgruppe angesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34/04 -, a. a. O.). In jüngeren Entscheidungen hat das BVerwG zu erkennen gegeben, dass eine Vergleichsgruppe, der 20 Personen angehören, sich am unteren Rand der (noch) akzeptablen Gruppengröße bewegen dürfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 WB 48/07 -, a. a. O.; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 1 WB 51/10 -, zitiert nach juris). Hiervon ausgehend begegnet Ziffer 9.2 BRL-PVD erheblichen Bedenken. Danach sollen sich die Richtwertempfehlungen auf Vergleichsgruppen von bereits 15 Beamten derselben Besoldungs- und Laufbahngruppe im Zuständigkeitsbereich eines Zweitbeurteilers Geltung beziehen. Die konkrete Vergleichsgruppe des Antragstellers umfasste auch nur 19 Beamte.
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Soweit der Antragsteller weitere Einwendungen gegen die über ihn erstellte, der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Regelbeurteilung vom 9./21. Januar 2012 erhebt, ist bei derzeitiger Betrachtung insbesondere nicht nachvollziehbar, weshalb der Erstbeurteiler den Antragsteller anders als dessen unmittelbarer Vorgesetzter in seinem Beurteilungsbeitrag nicht in Bezug auf das Führungsverhalten in drei weiteren Einzelmerkmalen beurteilt hat. Nach Ziffer 5.2 BRL-PVD ist das Führungsverhalten zu bewerten, wenn dem Beurteilten innerhalb des Beurteilungszeitraums für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens sechs Monaten Dauer mehr als eine Person regelmäßig unterstellt war. Soweit der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung hierzu ausführt, das Führungsverhalten des Antragstellers sei nicht zu bewerten gewesen, da dieser erst seit dem 4. August 2011 als stellvertretender Einsatzgruppenleiter eingesetzt sei, so dass ihm im Beurteilungszeitraum lediglich während knapp zwei Monaten Personal unterstellt gewesen sei, steht dieses Vorbringen in Widerspruch zu den Angaben im Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers und in der Regelbeurteilung selbst. Dort ist bei der Begründung der Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung übereinstimmend angegeben, dass der Antragsteller bereits ab Mai 2005 als stellvertretender Einsatzgruppenführer bzw. Einsatzführer eingesetzt worden sei und in dieser Funktion sehr gute Führungsfähigkeiten unter Beweis gestellt habe.
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Im Übrigen ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die über den Antragsteller für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis zum 1. Dezember 2010 erstellte Anlassbeurteilung tatsächlich in dessen Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1. September 2007 bis zum 30. September 2011 eingeflossen ist. Anlassbeurteilungen, die sich auf einen Beurteilungszeitraum beziehen, der – wie hier – von demjenigen einer nachfolgenden Regelbeurteilung umfasst wird, verlieren nicht ihren Wert als eigenständige Beurteilungen. Sie müssen vielmehr – im Gegensatz zu Beurteilungsbeiträgen – ohne inhaltliche Änderung als konstanter Faktor in die ihnen nachfolgende Regelbeurteilung Eingang finden. Der Sinn der Einbeziehung des Zeitraums der Anlassbeurteilung in denjenigen der nachfolgenden Regelbeurteilung besteht also gerade darin, dass der Beurteiler, der die nachfolgende Regelbeurteilung fertigt, die Erkenntnisse aus der Anlassbeurteilung mit den Erkenntnissen aus dem Leistungsbild zusammenführen soll, das der Beamte während des hinzutretenden Zeitraums gezeigt hat. Der Vorgesetzte, der für die nachfolgende Regelbeurteilung zuständig ist, hat in einer Gesamtbetrachtung zwei Leistungsbilder miteinander in Beziehung zu setzen: zum einen das Leistungsbild des Beamten während der von der Anlassbeurteilung umfassten Zeitspanne – und zwar unter unveränderter Übernahme desjenigen, was in der Anlassbeurteilung festgehalten worden ist – und zum anderen das Leistungsbild des Beamten während des Übrigen von der Regelbeurteilung erfassten Zeitraums. Wird eine mehr als unerhebliche Änderung des Leistungsbildes sichtbar, so kann – und muss – sich dieser Vorgesetzte mit ihr auseinandersetzen und den Leistungsstand des Beamten so charakterisieren, dass Letzterer auch unter Berücksichtigung der von der Anlassbeurteilung erfassten Zeitspanne mit den anderen regelmäßig beurteilten Beamten verglichen werden kann (BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41/00 -, NVwZ-RR 2002, 201; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. März 2007 - 5 ME 214/06 -, zitiert nach juris [m. w. N.]).
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Es ist fraglich, ob diese Grundsätze bei der Erstellung der Regelbeurteilung für den Antragsteller hinreichend Berücksichtigung gefunden haben. Der Antragsgegner hat in der Antragserwiderung lediglich ohne nähere Ausführungen behauptet, die Anlassbeurteilung sei als konstanter Faktor in die Regelbeurteilung eingeflossen. Der Regelbeurteilung selbst ist dies jedoch an keiner Stelle zu entnehmen. Insbesondere fehlt es an jeglicher Begründung des Erstbeurteilers, weshalb er den Antragsteller in bestimmten Einzelmerkmalen der Leistungsbeurteilung deutlich schlechter bewertet hat als in der Anlassbeurteilung, obwohl ein Beurteilerwechsel nicht stattgefunden hat. Insoweit dürfte zu berücksichtigen sein, dass die Anlassbeurteilung die Leistungen des Antragstellers über einen Zeitraum von 39 Monaten bewertet und der hiervon noch nicht erfasste verbliebene Regelbeurteilungszeitraum lediglich zehn Monate betragen hat. Zwar weist der Antragsgegner in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die Anlassbeurteilung nach den bis zum 30. September 2011 geltenden Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst – RdErl. des vormaligen Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 6. April 1999 (MBl. LSA S. 830), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 19. Mai 2005 (MBl. LSA S. 267) – erstellt worden ist, während für die Anfertigung der Regelbeurteilung die am 1. Oktober 2011 in Kraft getretenen BRL-PVD maßgebend waren, mit denen die Anzahl der Einzelmerkmale im Bereich der Leistungsbeurteilung von zehn auf 15 erhöht, ein Teil der Einzelmerkmale im Zuge dessen inhaltlich neu geordnet und die Anzahl der Wertungsstufen von sechs auf sieben erhöht worden sind. Allerdings sind verschiedene Einzelmerkmale, in denen der Antragsteller im Vergleich zur Anlassbeurteilung schlechter bewertet worden ist, nach beiden Beurteilungssystemen ohne Weiteres inhaltlich miteinander vergleichbar, so dass die betreffenden Bewertungen, insbesondere in den Merkmalen „Körperliche Leistung (Nr. 2.4)“, „Eigenständigkeit (Nr. 3.2)“ und „Initiative (Nr. 3.3)“ nicht allein mit der Umstellung des Beurteilungssystems zu erklären sind.
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Der Antragsgegner wird im Übrigen auch zu prüfen haben, ob der Erstbeurteiler den Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers hinreichend bedacht hat.
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Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da sein Bewerbungsverfahrensanspruch ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung ernsthaft gefährdet wäre. Durch die Beförderung der Beigeladenen würden vollendete Tatsachen geschaffen, die nicht rückgängig gemacht werden könnten, wenn der Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegen würde.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entspricht es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit auch nicht einem Kostentragungsrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt sowie im Übrigen das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 52 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG. Danach legt die Kammer dem Verfahren die Hälfte des 13-fachen Betrages des Endgrundgehalts der begehrten Besoldungsgruppe A 11 LBesO zum maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs des Rechtsschutzgesuchs bei dem beschließenden Gericht (vgl. § 40 GKG) zugrunde. Dieser Betrag war nochmals im Hinblick darauf zu halbieren, dass der Antragsteller mit seinem vorläufigen Rechtsschutzgesuch der Sache nach keine (erneute) Entscheidung des Antragsgegners über seine – in der Hauptsache letztlich begehrte – Beförderung erreichen, sondern lediglich den Eintritt vollendeter Tatsachen durch die Ernennung anderer (ausgewählter) Beamter verhindern kann.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.