Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 24. Mai 2016 - 5 A 267/15
Gericht
Tatbestand
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Die Klägerin ist Beamtin des Landes Sachsen-Anhalt und wendet sich gegen ihre Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 05.02.2010 bis 29.02.2012.
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Im Beurteilungszeitraum war die Klägerin zunächst als Sachbearbeiterin beim Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt beschäftigt. Nachdem die Aufgaben, die die Klägerin im Bereich dieses Ministeriums wahrgenommen hatte, aufgrund organisatorischer Veränderungen auf den Beklagten übergegangen waren, wechselte auch die Klägerin am 01.04.2011 zum Beklagten; ihr Aufgabenbereich (Hochschulbau, Landeskrankenhäuser und Zuwendungsbau) blieb hierbei allerdings unverändert. Am 29.11.2011 ist sie in ihr jetziges Statusamt einer Bauamtfrau (Besoldungsgruppe A 11) befördert worden.
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Für den Zeitraum vom 05.02.2010 bis zum 30.09.2010 erstellte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt für die Klägerin am 10.11.2010 eine Anlassbeurteilung. In dieser Beurteilung wurden ihre Leistungen in der Gesamtbewertung mit der Notenstufe „B“ („übertrifft die Leistungsanforderungen erheblich“) und ihre Befähigung in der Gesamteinschätzung ebenfalls mit der Notenstufe „B“ („stark befähigt“) bewertet. Zuständige Erstbeurteilerin war die Referatsleiterin 43, Frau L.
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Zum Stichtag 01.03.2012 ließ der Beklagte eine Regelbeurteilung für die Klägerin erstellen. Die ursprüngliche Fassung dieser Beurteilung umfasste (zeitlich an die zuvor erstellte Anlassbeurteilung anknüpfend) lediglich den Zeitraum vom 01.10.2010 bis zum 29.02.2012. Nachdem das Gericht im Rahmen eines hiergegen gerichteten Klageverfahrens (Az.: 5 A 379/13 MD) Bedenken hinsichtlich des zutreffenden Regelbeurteilungszeitraumes geäußert hatte, hob der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.11.2014 die Regelbeurteilung auf und ließ unter dem 15.12.2014 eine neue Beurteilung erstellen. Die neu erstellte – und nunmehr streitgegenständliche – Regelbeurteilung umfasste auch den Zeitraum der vorherigen Anlassbeurteilung (05.02.2010 bis 29.02.2012). Die Leistungen der Klägerin wurden hierbei mit der Notenstufe „C“ („übertrifft die Leistungsanforderungen“) eingeschätzt. Im Vergleich zur vorherigen Anlassbeurteilung wurde die Klägerin im Einzelmerkmal „Gründlichkeit“ um zwei Notenstufen schlechter bewertet (von „A“ auf „C“). In den übrigen Leistungseinzelmerkmalen wurde die Klägerin um jeweils eine Notenstufe schlechter eingestuft. Eine Ausnahme bildete das Einzelmerkmal „Bürgerfreundliches Verhalten“; die Bewertung dieses Merkmals blieb gleich. In der Befähigung wurde die Klägerin in der Gesamteinschätzung mit „B“ bewertet. Dabei erfuhr das Merkmal „Kommunikation und Zusammenarbeit“ im Vergleich zur vorherigen Anlassbeurteilung eine Abwertung um eine Notenstufe. Die übrigen Befähigungsmerkmale blieben unverändert. Auch diese Beurteilung wurde durch die vormalige Erstbeurteilerin, Frau L., – nunmehr in der Funktion der Referatsleiterin 54 – erstellt.
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Den hiergegen am 28.01.2015 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, die Anlassbeurteilung sei nicht als „konstanter Faktor“ in die neu erstellte Regelbeurteilung einbezogen worden. Dies wäre allerdings erforderlich gewesen, da die Anlassbeurteilung deutlich besser ausgefallen sei. Dies gelte insbesondere für das Einzelmerkmal „Gründlichkeit“.
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Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12.05.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Anlassbeurteilung sei in die Regelbeurteilung einbezogen worden. Dabei stelle die Anlassbeurteilung keinen konstanten Faktor dar, sondern werde von den beurteilenden Personen einer entsprechenden Würdigung unterzogen. Vorliegend sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Zeitraum der Anlassbeurteilung nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil des gesamten Beurteilungszeitraumes der Regelbeurteilung umfasst habe. Deshalb sei der Anlassbeurteilung kein entscheidendes Gewicht beizumessen gewesen. Im Übrigen sei die Klägerin am 29.11.2011 in ihr jetziges Statusamt befördert worden. Hiermit habe sich auch die Vergleichsgruppe verändert, weshalb auch die Beurteilungsnote der Anlassbeurteilung „verbraucht“ sei. Die Absenkung der Beurteilungsnote nach erfolgter Beförderung und gleichgebliebener Leistung sei gängige Verwaltungspraxis. Es komme hinzu, dass die Klägerin im Frühjahr 2011 das Ressort gewechselt habe, so dass sich die Vergleichsgruppe auch insoweit erheblich verändert habe. Selbst wenn man die erfolgte Abwertung des Einzelmerkmals „Gründlichkeit“ um zwei Notenstufen als bedenklich ansehen wollte, würde die Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung mit der Notenstufe „C“ hierdurch nicht in Frage gestellt.
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Die Klägerin hat am 02.06.2015 Klage erhoben. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, die Widerspruchsbehörde sei für die angestellten Überlegungen zur Maßstabsverschärfung nach einer Beförderung und zur Art und Weise der Berücksichtigung der Anlassbeurteilung nicht zuständig gewesen. Dies sei vielmehr Aufgabe der zuständigen Erstbeurteilerin gewesen, die im Widerspruchsverfahren indes nicht beteiligt worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 zu verurteilen, die Regelbeurteilung der Klägerin vom 15.12.2014 für den Beurteilungszeitraum vom 05.02.2010 bis 29.02.2012 aus den Personalakten zu entfernen und zu vernichten und eine neue Beurteilung für diesen Zeitraum zu erstellen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er tritt der Klage unter Wiederholung und Vertiefung seiner Begründung im Widerspruchsverfahren entgegen.
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Wegen des weiteren Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Gerichts.
Entscheidungsgründe
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Die hier kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Klägerin hat entsprechend § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO keinen Anspruch auf Neuerstellung ihrer Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, da die streitgegenständliche Regelbeurteilung vom 15.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
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Dienstliche Beurteilungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar. Ausschließlich der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen sachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Soweit der Dienstherr - wie hier - Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (siehe zuletzt: BVerwG, Urteil vom 17.09.2015 – 2 C 27/14 – juris).
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Unter Beachtung dieser Grundsätze hält die angefochtene dienstliche Beurteilung einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung stand. Die Bewertung der fachlichen Leistung und Befähigung des Klägers erfolgte mittels der einschlägigen Beurteilungsrichtlinien im Rahmen des Beurteilungsspielraums.
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Die streitgegenständliche Beurteilung leidet nicht an dem Mangel fehlender Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit ihrer Begründung.
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Nach Ziffer 6.1.2 der hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien der Beamtinnen und Beamten sowie der Tarifbeschäftigten des Beklagten vom 18.02.2012 (BeurtRL MF LSA) sind die Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung zu bewerten und zu begründen (Satz 1), wobei die Erläuterungen und (nicht abschließende) Formulierungshilfen in der Anlage 5 dargestellt werden und die Bewertung im Einzelfall für die Bediensteten aussagekräftig, nachvollziehbar und plausibel begründet werden müssen (Sätze 5 und 6). Weiter heißt es in Ziffer 6.1.3 BeurtRL MF LSA, dass die Bewertungen der Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung unter angemessener Gewichtung in freier Würdigung in einer Gesamtbewertung zusammenzufassen sind (Satz 1). Die Gesamtbewertung ist ebenfalls zu begründen (Satz 2). Entsprechendes gilt nach Ziffer 6.2.2 BeurtRL MF LSA für die Gesamteinschätzung der Befähigungsbeurteilung.
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Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Beurteilung gerecht. Die zuständige Erstbeurteilerin, Frau L., hat sämtliche Einzelmerkmale einer textlichen Begründung zugeführt, die den Anforderungen an eine aussagekräftige, nachvollziehbare und plausible Begründung gerecht wird. Entscheidend ist, dass die Verbalisierung nicht in einem evidenten Widerspruch zur vergebenen Note steht. Dass dies vorliegend der Fall wäre, kann das Gericht nicht erkennen. Dies macht die Klägerin letztlich auch nicht geltend. Sie meint lediglich, die Bewertungen der einzelnen Merkmale und des Gesamtergebnisses sei jedenfalls mit Blick auf die besser bewertete Anlassbeurteilung vom 05.02.2010 bis zum 30.09.2010 nicht plausibel begründet worden. Dies ist allerdings nicht der Fall.
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Vorliegend ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Klägerin am 29.11.2011 in ihr jetziges Statusamt befördert worden ist. Hat der Beamte nach einer Beförderung seine Leistungen nicht gesteigert, so führt dies regelmäßig dazu, dass die Beurteilung im neuen Amt schlechter ausfällt als zuvor im niedriger eingestuften Amt. Denn es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass ein Beamter, der nach einer Beförderung erstmals mit den durchweg länger der höheren Besoldungsgruppe zugehörigen und deshalb erfahreneren Beamten zu messen ist, bei dem vorzunehmenden Eignungs- und Leistungsvergleich häufig mehr oder weniger stark abfällt mit der Folge, dass er sowohl im Gesamturteil als auch in den einzelnen Beurteilungsmerkmalen regelmäßig ungünstiger abschneidet als zuvor (vgl. OVG des Saar-landes, Beschluss vom 26.07.2007 – 1 B 304/07; OVG R.-P., Beschluss vom 12.09.2000 – 10 A 11056/00; beide juris). Dies folgt letztlich auch aus Ziffer 8 BeurtRL MF LSA. Danach richtet sich der bei der Beurteilung anzulegende Maßstab nach den Anforderungen, die allgemein an Bedienstete des gleichen statusrechtlichen Amtes gestellt werden. In diesen Fällen genügt es den Anforderungen des Plausibilitätsgebots, wenn die Beurteiler die vor der Beförderung des Beamten im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen gemessen an dem am Beurteilungsstichtag höheren statusrechtlichen Amt im Vergleich zur Vorbeurteilung des Beamten um eine Wertungsstufe herabsetzen, wenn der Beamte seine Leistungen nicht gesteigert hat (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 09.02.2010 – 5 LB 497/07 – juris). Dieser Grundsatz darf indes nicht schematisch angewandt werden. Vielmehr muss es möglich sein, dass der Beamte seine (gute) Bewertung trotz einer zwischenzeitlich erfolgten Beförderung zu halten vermag, wenn er seine Leistungen im Beurteilungszeitraum steigern konnte.
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Hiervon ausgehend hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin ihre Leistungen im Beurteilungszeitraum nicht zu steigern vermochte, weshalb die Erstbeurteilerin – entsprechend der Beurteilungspraxis im Bereich des Beklagten – die Leistungsbeurteilung der Klägerin nach der am 29.11.2011 erfolgten Beförderung und die hiermit einhergehende stärkere Vergleichsgruppe um eine Notenstufe schlechter bewertet hat. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass die unter dem 15.12.2014 erstellte dienstliche Beurteilung hierzu keinerlei Ausführungen enthält. Denn jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 12.05.2015 wird ausgeführt, dass die Klägerin am 29.11.2011 in ihr jetziges Statusamt befördert worden sei und sich deshalb auch die Vergleichsgruppe verändert habe. Weiter heißt es, die Absenkung der Beurteilungsnote nach erfolgter Beförderung und gleichgebliebener Leistung sei gängige Verwaltungspraxis. Dass der Beklagte diese Verwaltungspraxis nicht einheitlich anwenden würde, ist nicht ersichtlich und hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht. Auch kann nicht erkannt werden, dass der Beklagte diesen Grundsatz schematisch – ohne Berücksichtigung der tatsächlich im Beurteilungszeitraum erbrachten Leistungen – anwenden würde. Auch die fehlende Beteiligung der zuständigen Erstbeurteilerin im Widerspruchsverfahren macht die Beurteilung nicht fehlerhaft. Die Widerspruchsbehörde ist diesbezüglich nicht lediglich auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Sie hat vielmehr im Vorverfahren grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Erstbehörde (BVerwG, Urteil vom 17.05.1979 – 2 C 4/78 – juris Rn. 22 ff.). Zwar mag sich eine Prüfungsbeschränkung der Sache nach ergeben, wenn die Widerspruchsbehörde aus tatsächlichen Gründen eine Leistung nicht oder nur eingeschränkt bewerten kann. Ein solcher Fall ist vorliegend aber nicht gegeben. Die Widerspruchsbehörde hat die Leistungen der Klägerin nicht etwa selbständig einer Bewertung unterzogen. Sie hat lediglich die durch die Erstbeurteilerin im Vergleich zur Anlassbeurteilung erfolgte Absenkung der Beurteilungsnote plausibilisiert. Diese Plausibilisierung lässt sich zwangslos auch mit den weiteren Umständen des Beurteilungsverfahrens „in Übereinstimmung“ bringen. Denn die textlichen Begründungen der Erstbeurteilerin in der Anlass- und der Regelbeurteilung lassen weder eine Leistungssteigerung noch eine Leistungsverschlechterung im Beurteilungszeitraum erkennen. Anders gewendet: Die Leistungen der Klägerin sind im Beurteilungszeitraum konstant geblieben. Damit lässt sich die Absenkung der Beurteilungsnote innerhalb der Leistungsbeurteilung bei lebensnaher Betrachtung lediglich mit der erfolgten Beförderung erklären, zumal die Klägerin der Erstbeurteilerin auch im gesamten Beurteilungszeitraum unterstellt gewesen ist.
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Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin daneben darauf, die Anlassbeurteilung sei nicht als „konstanter Faktor“ in die angegriffene Regelbeurteilung einbezogen worden.
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Nach Ziffer 4.1.1 Satz 2 BeurtRL MF LSA erstreckt sich die Regelbeurteilung auch dann auf den gesamten Beurteilungszeitraum, wenn für die Bediensteten innerhalb dieses Zeitraums bereits eine Anlassbeurteilung erstellt worden ist. Dies war vorliegend der Fall. Für die Klägerin existiert eine Anlassbeurteilung, die den Beurteilungszeitraum vom 05.02.2010 bis zum 30.09.2010 umfasst und damit knapp 1/3 des Beurteilungszeitraums der angegriffenen Regelbeurteilung abdeckt.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass der von einer Anlassbeurteilung erfasste Beurteilungszeitraum in den Beurteilungszeitraum einer nachfolgenden Regelbeurteilung einbezogen werden kann. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 18.07.2001 (2 C 41/00 – juris) grundlegend ausgeführt:
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„Eine vorangehende Anlassbeurteilung hindert den Dienstherrn weder rechtlich noch tatsächlich, bei der nachfolgenden Regelbeurteilung auch den Zeitraum einzubeziehen, der bereits von der Anlassbeurteilung erfasst ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine während des Regelbeurteilungszeitraums abgegebene Anlassbeurteilung gegenüber der späteren Regelbeurteilung nur eine eingeschränkte Aussage trifft. Ihr ist nicht zu entnehmen, ob und inwieweit die während des Anlassbeurteilungszeitraums zutage getretene Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten für dessen Vergleichbarkeit mit anderen im Regelbewertungszeitpunkt von Bedeutung ist. Wird eine mehr als unerhebliche Änderung des Leistungsbildes sichtbar, so kann der für die Regelbeurteilung zuständige Vorgesetzte sich damit auseinandersetzen und den Leistungsstand des Beamten so charakterisieren, dass er auch unter Berücksichtigung der von der Anlassbeurteilung erfassten Zeitspanne mit den anderen zur Regelbeurteilung anstehenden Beamten verglichen werden kann. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind die alte und neue Beurteilung zueinander in Beziehung zu setzen. Hierauf beschränkt sich freilich die Ermächtigung des Beurteilenden; er ist nicht befugt, die in der vorangehenden Anlassbeurteilung erfassten Eignungs- und Leistungsmerkmale abzuändern und damit die Anlassbeurteilung zu ersetzen.
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Deshalb bedeutet die volle Ausschöpfung des für die Regelbeurteilung zu Grunde zu legenden Beurteilungszeitraums nicht, dass die vorangehende Anlassbeurteilung ihren Wert als eigenständige Beurteilung verliert und der Sache nach nur noch als Beurteilungsbeitrag weiter besteht. Sie behält vielmehr für den von ihr erfassten Zeitraum ihre Bedeutung; diese wird allerdings dadurch gemindert, dass die nachfolgende Regelbeurteilung den zeitlichen Rahmen erweitert und damit die unmittelbare Vergleichbarkeit aller zum Stichtag beurteilten Beamten herstellt.“
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Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat die Kammer bereits mit Beschluss vom 26.11.2012 (Az. 5 B 246/12 – juris) festgestellt, dass Anlassbeurteilungen – im Gegensatz zu Beurteilungsbeiträgen – ohne inhaltliche Änderung als konstanter Faktor in die ihnen nachfolgende Regelbeurteilung Eingang finden müssen. Der Vorgesetzte, der für die nachfolgende Regelbeurteilung zuständig ist, hat in einer Gesamtbetrachtung daher zwei Leistungsbilder miteinander in Beziehung zu setzen: zum einen das Leistungsbild des Beamten während der von der Anlassbeurteilung umfassten Zeitspanne – und zwar unter unveränderter Übernahme desjenigen, was in der Anlassbeurteilung festgehalten worden ist – und zum anderen das Leistungsbild des Beamten während des Übrigen von der Regelbeurteilung erfassten Zeitraums. Wird eine mehr als unerhebliche Änderung des Leistungsbildes sichtbar, so kann – und muss – sich dieser Vorgesetzte mit ihr auseinandersetzen und den Leistungsstand des Beamten so charakterisieren, dass Letzterer auch unter Berücksichtigung der von der Anlassbeurteilung erfassten Zeitspanne mit den anderen regelmäßig beurteilten Beamten verglichen werden kann.
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Diesen Anforderungen genügt die in Streit stehende Regelbeurteilung. Entgegen der Auffassung der Klägerin war insbesondere eine „formale Verankerung“ der Anlassbeurteilung in der Regelbeurteilung nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Erstbeurteiler bei der Erstellung der Beurteilung von bestehenden Anlassbeurteilungen Kenntnis hat. Dies jedenfalls war vorliegend der Fall, denn die zuständige Erstbeurteilerin hat auch die Anlassbeurteilung erstellt. Die Erstbeurteilerin war auch nicht gehalten, sich mit dem Inhalt der Anlassbeurteilung im Einzelnen auseinanderzusetzen. Es wurde bereits dargelegt, dass die textlichen Begründungen der Erstbeurteilerin in der Anlass- und der Regelbeurteilung weder eine Leistungssteigerung noch eine Leistungsverschlechterung im Beurteilungszeitraum erkennen lassen. Die schlechteren Bewertungen der Klägerin in einigen Einzelmerkmalen und im Gesamtergebnis der Leistungsbeurteilung lassen sich mit der erfolgten Beförderung erklären. Bei dieser Sachlage bestand für die Erstbeurteilerin kein Anlass, sich inhaltlich nochmals mit den Bewertungen der Anlassbeurteilung auseinanderzusetzen. Dies galt vorliegend schon deshalb, weil die Anlassbeurteilung lediglich 1/3 des Beurteilungszeitraums der angegriffenen Regelbeurteilung abgedeckt hat.
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Etwas anderes gilt auch nicht für das Einzelmerkmal „1.2 Gründlichkeit“, in dem die Klägerin um zwei Notenstufen schlechter bewertet wurde. Hierbei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass dieses Einzelmerkmal in der Anlassbeurteilung zwar mit der Notenstufe „A“ bewertet wurde. Allerdings heißt es in der textlichen Begründung zu diesem Merkmal: „1.2, B: Frau A. arbeitet sehr sorgfältig und gründlich. Die Arbeitsergebnisse bedürfen sowohl inhaltlich als auch formal lediglich kleinerer Korrekturen“. Mit Blick auf diesen Widerspruch mag dahinstehen, ob es sich bei dem mit „A“ bewerteten Einzelmerkmal um eine offenbare Unrichtigkeit dergestalt handelt, dass dieses Merkmal tatsächlich mit der Notenstufe „B“, nicht aber mit der Notenstufe „A“ bewertet werden sollte. Hierfür könnte die textliche Begründung sprechen. Jedenfalls war die Erstbeurteilerin mit Blick auf die textliche Begründung dieses Einzelmerkmals nicht gehalten, eine „Leistungsverschlechterung“ weiter plausibel zu machen. Denn die Bewertungen dieses Einzelmerkmals weichen im Vergleich von Anlass- und Regelbeurteilung in textlicher Hinsicht (unter Berücksichtigung der Beförderung und der hiermit einhergehenden Maßstabsverschärfung) nicht wesentlich voneinander ab. Auch hier ist im Übrigen wieder zu berücksichtigen, dass die Anlassbeurteilung lediglich 1/3 des Beurteilungszeitraums der angegriffenen Regelbeurteilung umfasst hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.