Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Sept. 2014 - 13 K 7254/13
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, die dienstliche Beurteilung des Klägers vom 26. März 2013 aufzuheben und den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2012 erneut dienstlich zu beurteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der im Jahr 1962 geborene Kläger wendet sich gegen seine dienstliche Beurteilung des Beklagten vom 26. März 2013.
3Er steht seit dem 16. August 1982 im Dienst des Beklagten beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (LBV NRW). Seit dem 1. August 2007 ist er als Sachbearbeiter zum Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E. I abgeordnet. Zuletzt wurde er im August 2011 zum Steueroberamtsrat (Besoldungsgruppe A 13 g.D. Bundesbesoldungsordnung – BBesO) ernannt.
4Der Kläger wurde für den vorangegangenen Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31.12.2009 als Steueramtsrat (Besoldungsgruppe A 12 BBesO) mit der Gesamtnote „hervorragend“ beurteilt.
5Die streitgegenständliche Beurteilung des Klägers wurde durch Herrn T. – der den zwischenzeitlich in Ruhestand getretenen Dienststellenleiter H. vorübergehend vertrat – für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 mit der Gesamtnote „sehr gut oberer Bereich“ unter Verneinung der Aufstiegseignung am 26. März 2013 erstellt und dem Kläger am 23. April 2013 übergeben. Bei der Leistungsbeurteilung erhielt der Kläger zwei Mal fünf Punkte („übertrifft erheblich die Anforderungen“) und zwei Mal vier Punkte („entspricht in vollem Umfang den Anforderungen“). Im Rahmen der Befähigungsbeurteilung erhielt er vier Mal vier Punkte („sehr stark ausgeprägt“) und drei Mal drei Punkte („stark ausgeprägt“).
6Mit E-Mail vom 3. Juli 2013 erläuterte Herr H. (Leitender Regierungsdirektor a.D.) dem Kläger die streitgegenständliche Beurteilung. Zwar habe er sich vorstellen können, dass der Kläger von den erstmals in A13 beurteilten Beamten, die er mit der Note „hervorragend“ vorgeschlagen habe, als Sachgebietsleiter geeignet sei. Allerdings sei eine Rangfolge festzulegen gewesen. Da die festgelegte Zahl möglicher Aufstiegseignungen von den im Vorfeld erteilten „hervorragend“ Vorschlägen überschritten worden sei, hätten die Beamten ausgewählt werden müssen, die das „hervorragend“ bekommen sollten.
7Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17. Juli 2013 beantragte er die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung aufzuheben und ihm eine neue ermessensfehlerfreie dienstliche Beurteilung mit der Gesamtnote „hervorragend unterer Bereich“ und unter Zuerkennung der Aufstiegseignung zu erteilen.
8Zur Begründung bezog er sich im Wesentlichen auf den Beurteilungsvorschlag des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E. I und auf die abweichende Stellungnahme seines zuständigen Sachgebietsleiters, Herrn Oberregierungsrat C. , vom 28. Februar 2013. Aus dessen Sicht sei die vorgesehene Benotung mit „sehr gut oberer Bereich“ nicht zutreffend. Er halte vielmehr den Beurteilungsvorschlag des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E. I für zutreffend. Die Aufführung des Klägers an siebter Stelle in der Amtsreihenfolge spreche nicht gegen die Note „hervorragend unterer Bereich“ und die Zuerkennung der Aufstiegseignung. Letztlich seien die mit „hervorragend“ vorgeschlagenen Beamtinnen und Beamten – trotz marginaler Vorteile einzelner Kandidaten gegenüber dem Kläger – als in der Summe gleichwertig gesehen worden. Die Entwicklung des Klägers sei seit dem letzten Beurteilungsstichtag ausgesprochen positiv verlaufen.
9Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD) lehnte den Antrag des Klägers mit Schreiben vom 20. August 2013, welches mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, ab. Zwar sei zunächst die Gesamtnote „hervorragend unterer Bereich“ und eine Punktzahl von 45 Punkten für die Beurteilung des Klägers vorgeschlagen worden. Allerdings ergebe sich das endgültige Gesamturteil erst aus dem überregionalen Vergleich aller Beamtinnen und Beamten einer Besoldungsgruppe. Erst ein solcher Vergleich in der gesamten Landesfinanzverwaltung gewährleiste die Gleichmäßigkeit und Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabes. Da die mit „hervorragend“ vorgeschlagenen Beamtinnen und Beamten sehr nah beieinander gelegen hätten und die Zahl der zu vergebenden Spitzennoten geringer als die Zahl der vorgeschlagenen Personen gewesen seien, habe es auch innerhalb dieser Spitzengruppe weiterer sachgerechter Differenzierungskriterien bedurft. Eine ausführliche Diskussion habe letztlich zu einer von allen Gremiumsteilnehmern getragenen Entscheidung geführt, welchen Beamtinnen und Beamten die Note „hervorragend“ zuerkannt werden sollte. Danach habe der Kläger nicht diesem Personenkreis zugeordnet werden können. Die vom Kläger gezeigten Leistungen seien sowohl in den Einzelurteilen als auch in der zusammenfassenden Würdigung zutreffend berücksichtigt worden. Auch die in der abweichenden Stellungnahme des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers dokumentierten Leistungen fänden Berücksichtigung und rechtfertigten keine andere Beurteilung. Diesem fehle der Überblick über die Leistungen und Befähigungen der zu Beurteilenden aus den anderen Dienststellen. Zutreffend sei zwar, dass nach den Richtsätzen des Finanzministeriums NRW bis zu 10 v.H. der zu beurteilenden Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A 13 g.D. mit der Spitzennote „hervorragend“ hätten beurteilt werden können. Es liege jedoch im Ermessen des Dienstherrn den vorgesehenen Beurteilungsrahmen auszuschöpfen. Angesichts der großen Anzahl der auf eine Aufstiegsbeförderung wartenden Beamtinnen und Beamten sei der Verzicht auf eine Ausschöpfung der Richtsätze nachvollziehbar und ermessensgerecht.
10Hiergegen hat der Kläger am 12. September 2013 Klage erhoben.
11Zur Begründung bezieht er sich auf die Begründung des Abänderungsantrags vom 17. Juli 2013 und führt ergänzend und vertiefend folgendes aus:
12n
Infolge der – vorab erfolgten – Herabsetzung der Vergabequote von 81 möglichen Aufstiegseignungen auf lediglich 70 sei es zu einem Bewerberüberschuss gekommen. Insoweit sei der Verzicht auf eine Ausschöpfung der Richtsätze weder nachvollziehbar noch ermessensgerecht, da allein Leistung, Eignung und fachliche Befähigung sowie Perspektive in der Entwicklung die Beurteilungsmaßstäbe seien. Die Ausschöpfung der Quote liege nur in solchen Fällen im Ermessen des Dienstherren, in denen nicht genügend Bewerber vorhanden seien und andernfalls nicht geeignete Bewerber mit der Aufstiegseignung versehen werden müssten.
Hinzukomme, dass der Stellenerlassplan schon seit Jahren nicht ermessengerecht umgesetzt worden sei. Die dem Funktionsbereich der Groß- und Konzernbetriebsprüfung insgesamt 28 zugeteilten Stellen habe der Beklagte überwiegend mit Sachgebietsleitern des Regelbereichs besetzt. Demnach hätten bei der Verteilung der Quoten mehr Aufstiegseignungen für den Bereich der Groß- und Konzernbetriebsprüfungen vergeben werden müssen.
14Den Amtsvorstehern seien feste Vorgaben für die Vergabe des Gesamturteils „hervorragend“ gemacht worden, an die sie sich hätten halten müssen.
15Der Kläger beantragt,
16den Beklagten zu verurteilen, die dienstliche Beurteilung des Klägers vom 26. März 2013 aufzuheben und ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2012 erneut dienstlich zu beurteilen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und ergänzt es wie folgt:
20Das der streitgegenständlichen dienstlichen Beurteilung zugrunde liegende Beurteilungsverfahren sei unter Beachtung der Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamtinnen und Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (BuBR 2011) vom 21. Mai 2010, in der Fassung vom 22. August 2012 – folgendermaßen durchgeführt worden:
21Am 27. September 2012 habe die Sachgebietsleiterbesprechung stattgefunden. Diese habe für den Kläger die Gesamtnote „hervorragend unterer Bereich“ mit 45 Punkten vorgesehen. Damit habe der Kläger in dem auf dieser Grundlage erstellten Beurteilungsplan vom 10. Dezember 2012 den siebten Rang – von 14 im Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E. I zu vergleichenden Beamten der Besoldungsgruppe A 13 – eingenommen. Im Anschluss hätten am 10. Dezember 2012 und 4. Januar 2013 Vorbesprechungen der Vorsteher der Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfung im Oberfinanzbezirk Rheinland stattgefunden, an denen auch die Gleichstellungsbeauftragte teilgenommen habe. Diese hätten dazu gedient, die Gruppen der in den Funktionsfinanzämtern zu beurteilenden Beamten miteinander zu vergleichen und die gefundenen Beurteilungsvorschläge regional übergreifend zu erörtern. Seitens der OFD sei erläutert worden, dass etwa 70 „hervorragend“ vergeben werden sollten; die Anzahl der Vorschläge überträfen diesen Richtwert. Es sei auch mitgeteilt worden, dass die Vorschläge der Dienststellen an Hand eines strengeren Maßstabes zu prüfen seien. Zunächst seien diejenigen Personen besprochen worden, die bereits bei ihrer letzten Beurteilung die Aufstiegseignung erhalten hätten. Es habe Einvernehmen bestanden, dass diese Personen erneut ein „hervorragend“ verbunden mit der Aufstiegseignung erhalten sollten. Anschließend sei über die übrigen Personen, die ebenfalls mit „hervorragend“ vorschlagen gewesen seien, gesprochen worden. Im Ergebnis hätten dann die Dienststellenleiter/-innen einen Teil der Vorschläge zurückgenommen. Herr H. habe die Vorschläge sechs bis acht zurückgenommen. Schließlich habe am 24. Januar 2013 eine überörtliche Besprechung aller betroffenen Vorsteher des Oberfinanzbezirks Rheinland stattgefunden, an der ebenfalls die Gleichstellungsbeauftragte teilgenommen habe. In dieser Gremiumsbesprechung seien die im Vorfeld angewendeten Beurteilungsmaßstäbe auf ihre Objektivität und Einheitlichkeit hin überprüft worden. Sodann sei über einige Personen diskutiert worden, bei denen die Vergabe der Note „hervorragend“ offen geblieben sei; über den Kläger sei nicht mehr gesprochen worden.
22Der Beklagte ist der Auffassung, er sei berechtigt die Notenvergabe an den von ihm gewählten Quoten auszurichten. Auch sei er zur Konkretisierung des Aussagegehalts der Noten und zur Festsetzung der Notenskala und der Maßstäbe, nach denen die Noten vergeben würden, befugt. Insbesondere könne er das Ermessen dahingehend ausüben, die Quoten nicht in vollem Umfang auszuschöpfen. Die Festlegung von Quoten erleichtere den vorzunehmenden Vergleich zwischen den zu Beurteilenden. Ein hohes Leistungsniveau führe zu einer Verschärfung der Kriterien für die Vergabe einer Spitzennote.
23Die Nichtausschöpfung der Quote habe nicht dazu geführt, dass kein dienststellenübergreifender Vergleich der zu beurteilenden Beamten innerhalb der Besoldungsgruppe stattgefunden habe. Auch der Vortrag, dass pro Amt nur ein erstmalig in A13 zu beurteilender Beamter die Note „hervorragend“ erhalten habe, werde zurückgewiesen. Im Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Köln habe beispielsweise keiner der erstmalig in A13 zu beurteilenden Beamten ein „hervorragend“ erhalten.
24Dass der Kläger bei Ausschöpfung der Quote von 81 Aufstiegseignungen ein besseres Gesamturteil erhalten hätte, sei reine Spekulation. Im Rahmen von Beurteilungen seien unter Berücksichtigung von Vergleichsgruppen – unabhängig von der exakten Höhe der Quote – stets Auswahlentscheidungen darüber zu treffen, welche Beamten im Vergleich zu den übrigen zu Beurteilenden deutlich über dem Durchschnitt ihrer Besoldungsgruppe lägen und mit „sehr gut“ oder welche aus ihrer Besoldungsgruppe herausragten und mit „hervorragend“ zu bewerten seien. Da der Kläger innerhalb seines Amtes den siebten Platz in der Rangfolge eingenommen habe, seien bereits innerhalb seines Amtes mehrere Beamte besser eingeschätzt worden. Im Hinblick auf die vorgeschlagene Beurteilung mit der Gesamtnote „hervorragend“ sei zu beachten, dass insgesamt 8 von 14 zu beurteilenden Beamten diese Note hätten erhalten sollen.
25Das Gericht hat Beweis erhoben über die Umstände der Erstellung der dienstlichen Beurteilung des Klägers durch Vernehmung von Herrn Leitenden Regierungsdirektor a.D. X. H. als Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. September 2014 verwiesen.
26Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die zulässige Klage ist begründet.
29Der Kläger hat entsprechend § 113 Absatz 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einen Anspruch darauf, dass der Beklagte unter Aufhebung der dienstlichen Beurteilung vom 26. März 2013, ihn unter Beachtung der Rechtauffassung des Gerichts erneut beurteilt. Denn die dienstliche Beurteilung des Klägers vom 26. März 2013 ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten.
30Dienstliche Beurteilungen sind nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die jeweiligen Amtsträger gegen Verfahrensvorschriften oder -regeln des Beurteilungsrechts verstoßen haben, der gesetzliche Rahmen oder die anzuwendenden Begriffe verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist oder ob ein Beurteiler allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regeln in Einklang stehen.
31Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 24. November 2005 – 2 C 34.04 –, juris, Rn. 8; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 5. Juni 2012 – 1 B 368/12 –, juris, Rn. 9; Verwaltungsgericht E. , Urteil vom 8. März 2013 – 13 K 2289/12 –, n.v.
32Hiernach leidet die dienstliche Beurteilung vom 26. März 2013 an Rechtsfehlern.
33Die Beurteilung ist in einem durch die BuBR 2011 des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen rechtswidrig geregelten Beurteilungsverfahren erstellt worden. Das in Ziffer 4.4.3 der BuBR 2011 vorgesehene Verfahren lässt weder eine hinreichende Berücksichtigung der Bedeutung der Einzelmerkmale erkennen (vgl. nachfolgend unter I.), noch ein höchstpersönliches Werturteil des zu Beurteilenden (vgl. nachfolgend unter II.). Überdies ist die angegriffene dienstliche Beurteilung rechtswidrig, da zunächst beschlossen wurde, dem Kläger nicht die Aufstiegseignung zuzuerkennen und erst als Konsequenz dieser Entscheidung das Gesamturteil "sehr gut unterer Bereich" gebildet wurde (vgl. nachfolgend unter III).
34I. Die BuBR 2011 sehen in Ziff. 4.4.3 vor, dass die Ergebnisse der Gremiumsbesprechung für die Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter bindend sind. Der Beurteiler kann danach die Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung und der Befähigungsbeurteilung erst dann endgültig beurteilen, nachdem das Gesamturteil der Beurteilung gemäß Ziff. 4.4.3 BuBR 2011 für ihn bindend in der Gremiumsbesprechung festgelegt wurde.
35So auch Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 17. Januar 2014 – 19 K 5097/12 –, juris, Rn. 22.
36Diese durch die BuBR 2011 bestimmte Reihenfolge bei der Bewertung von Gesamturteil und Einzelkompetenzen verstößt gegen das Gebot der Bestenauslese nach Artikel 33 Absatz 2 GG. Werden die Einzelmerkmale einer Beurteilung erst nach dem Gesamturteil endgültig festgelegt, verlieren die Bewertungen der Einzelmerkmale ihre Aussagekraft für künftige auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilung zu treffende Auswahlentscheidungen des Beklagten. Dienstliche Beurteilungen dienen – wie bereits ausgeführt – dem Zweck, einen am Leistungsgrundsatz ausgerichteten Vergleich der Beurteilten bei Auswahlentscheidungen zu ermöglichen. Bei Auswahlentscheidungen hat der Dienstherr aber nicht allein auf das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung abzustellen; bei gleichem Gesamturteil der Bewerber ist er gehalten, die dienstliche Beurteilung umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungsmerkmale zu berücksichtigen (sog. Ausschärfung).
37BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 2 C 19.10 –, juris, Rn. 17 m.w.N.
38Die eigenständige Berücksichtigung der Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung ist deshalb geboten, weil die Bewertung in einzelnen unterschiedlichen Leistungs- und Befähigungsbereichen eine größere Aussagekraft eines Beamten für einen bestimmten Beförderungsdienstposten haben kann als allein das Gesamturteil.
39Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 26. Februar 2013 – 8 K 1969/11 –, juris, Rn. 64.
40Dieser eigenständigen Bedeutung der Einzelmerkmale für künftige Auswahlentscheidungen wird nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn das Gesamturteil aus den zuvor festgelegten Einzelmerkmalen in der Weise entwickelt wird, dass es durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der Einzelbewertungen gebildet wird. Daher muss die Möglichkeit bestehen, das Gesamturteil im Lichte der Noten, die für die Einzelmerkmale vergeben wurden, zu überdenken.
41BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 – 2 VR 3.11 –, juris, Rn. 23 m.w.N.; Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 26. Februar 2013 – 8 K 1969/11 –, juris, Rn. 66, 70.
42Dieser Vorgang zur Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des zu beurteilenden Beamten kommt entsprechend in § 93 Absatz 1 Satz 3 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) zum Ausdruck. Nach dessen Wortlaut ist die Beurteilung mit einem Gesamturteil "abzuschließen" (Hervorhebung durch die Kammer).
43Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 17. Januar 2014 – 19 K 5097/12 –, juris, Rn. 29.
44Das in den BuBR 2011 geregelte Beurteilungsverfahren beachtet die eigenständige Bedeutung der Einzelmerkmale einer Beurteilung nicht. Bei dem nach den BuBR 2011 vorgesehenen Verfahren besteht die Gefahr, dass die Einzelkategorien nicht jeweils für sich betrachtet und unter Ausschöpfung des von den Punktwerten 1 bis 5 und den Ausprägungsgraden "sehr stark ausgeprägt" bis "weniger ausgeprägt" gebildeten Spielraums bewertet werden, sondern die Vergabe der Ausprägungsgrade maßgeblich danach ausgerichtet wird, keine Implausibilität zwischen dem zuvor bindend festgelegten Gesamturteil und der Summe der Einzelbewertungen zu erzeugen. Der Beurteiler des zu beurteilenden Beamten kann nach vorheriger Festlegung des Gesamturteils nicht mehr unbefangen über die Bewertung der Einzelmerkmale entscheiden. Der eigentliche Beurteilungsvorgang wird durch eine solche Vorfestlegung wertlos und überflüssig, vor allem wenn – wie vorliegend – auch die Beurteilungsvorschläge erst im Anschluss an die Gremiumsbesprechung erfolgen.
45Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 17. Januar 2014 – 19 K 5097/12 –, juris, Rn. 30; Zur Rechtswidrigkeit des Beurteilungsverfahrens nach der Beurteilungs-VV 2003 des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 8. Mai 2013 – 1 K 772/12.NW –, juris, Rn 22 ff.
46Die Beurteilung des Klägers ist nach den rechtswidrigen verfahrensrechtlichen Vorgaben der BuBR 2011 erstellt worden.
47Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass das Gesamturteil vorliegend nicht aus den Bewertungen der Einzelmerkmale entwickelt wurde.
48Insoweit gab zunächst die Vertreterin des Beklagten an, dass in der Gremiumsbesprechung die Gesamtnoten auch in zeitlicher Hinsicht festgelegt würden. Das heiße, dass nach der Gremiumsbesprechung niemand mehr hergehen und eine andere Gesamtnote vorschlagen solle. Denn die Gremiumsbesprechung diene einer weiteren Objektivierung des Beurteilungsverfahrens und der Anwendung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe bei den verschiedenen Dienststellen durch Vergleich der zu Beurteilenden.
49Der Zeuge H. hat das genauere Beurteilungsverfahren sodann ausführlich und nachvollziehbar erläutert: Zunächst seien im Rahmen der Sachgebietsleiterbesprechung die Beurteilungen der zu Beurteilenden erörtert und ein Beurteilungsplan erstellt worden. Schriftliche Beurteilungsentwürfe hätten zum Zeitpunkt der Erstellung des Beurteilungsplans nicht vorgelegen. Die Einzelmerkmale seien in den Sachgebietsleiterbesprechungen zwar auch angesprochen worden, sie würden aber nicht abschließend festgelegt. Die Erörterung der einzelnen Leistungsmerkmale erfolge vielmehr exemplarisch. Andernfalls würde die Runde auch von der Kapazität her überfordert werden. Die so erstellten Vorschläge seien der OFD unterbreitet, in die Gremiumsbesprechung eingeführt und diskutiert worden. In der Gremiumsbesprechung am 24. Januar 2013 sei nicht über die einzelnen Leistungsmerkmale gesprochen worden, da es insoweit keinen Diskussionsbedarf mehr gegeben habe. In der im Vorfeld erfolgten Vorbesprechung sei selbstverständlich auch über einzelne Leistungsmerkmale gesprochen worden.
50Mit seinen Angaben hat der Zeuge deutlich gemacht, dass es für das Beurteilungsverfahren bis zur Entscheidung in der Gremiumsbesprechung in erster Linie bedeutsam war, das Gesamturteil festzulegen. Auch wenn im Vorfeld die Einzelmerkmale angesprochen wurden, lässt die gewählte Verfahrensweise nicht erkennen, dass diesen die erforderliche eigenständige beurteilungsrechtliche Bedeutung zukam und das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen entwickelt wurde. Die Einzelmerkmale wurden nach der Schilderung des Zeugen mit Blick auf den zeitlichen Rahmen vielmehr vereinzelt und keineswegs vollständig diskutiert. Die Gesamtnote ist aber nicht nur aus einigen – unter Umständen besonders hervorzuhebenden oder für wichtig erachteten – Einzelmerkmalen zu entwickeln, sondern aus der Gesamtschau aller Einzelmerkmale. Erst der daraus gewonnene Gesamteindruck über die Leistung und Befähigung des zu Beurteilenden lässt einen hinreichenden Schluss auf die ihm zu erteilende Gesamtnote zu. Schließlich fehlt es nach der Schilderung des Zeugen gänzlich an einer Berücksichtigung der Einzelmerkmale bei der abschließenden und nach den Vorgaben der Ziffer 4.4.3 BuBR 2011 für die Beurteilung allein entscheidenden Gremiumsbesprechung. In dieser besteht aber durchaus noch die Möglichkeit, von den vorherigen Beurteilungsvorschlägen abzuweichen, auch wenn dies hinsichtlich des Klägers nicht mehr geschehen ist. Letztlich muss der die Beurteilung erstellende Dienstvorgesetzte die Einzelmerkmale so festlegen, dass sie zu der für ihn verbindlich festgelegten Gesamtnote passen. Die fehlende Möglichkeit des Dienststellenleiters, eine in Anschauung der Einzelmerkmale abweichende Gesamtbeurteilung abzugeben, ist insoweit von der Vertreterin des Beklagten bestätigt worden.
51II. Die praktizierte und in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehene Verfahrensweise stellt sich aus einem weiteren Grund als rechtswidrig dar. Die nach Ziffer 4.4.3 BuBR 2011 bindende Wirkung der Ergebnisse der Gremiumsbesprechung für den Dienststellenleiter (Beurteiler) ist unvereinbar mit dem Grundsatz, dass der Beurteiler – und nicht der Vorgesetzte des Beurteilers oder andere Personen – die Beurteilung eigenverantwortlich und nach eigener Überzeugung zu erstellen hat. Nach Sinn und Zweck der dienstlichen Beurteilung muss der jeweils zuständige Beurteiler nicht nur in der Lage sein, das ihm anvertraute höchstpersönliche Werturteil über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten abzugeben. Die Beurteilung muss sich auch tatsächlich als ein von ihm verantwortetes eigenes und unabhängiges Urteil über den Beamten darstellen. Indem die höchstpersönliche Bewertung der Leistung und Befähigung durch die Beurteiler in unzulässiger Weise durch eine Entscheidung der Gremiumsbesprechung ersetzt wird, wirken solche Personen an der Beurteilung mit, die zur Beurteilung mangels der erforderlichen Kenntnis über die zu Beurteilenden nicht berufen sind. Diese Vorgehensweise stellt das Beurteilungsverfahren in unzulässiger Weise „auf den Kopf“, da die dienstliche Beurteilung nicht auf einem „von unten nach oben ausgestalteten Beurteilungsverfahren“ resultiert. Nicht der Beurteiler bestimmt das Gesamtergebnis der dienstlichen Beurteilung. Vielmehr erfolgt durch die abschließende Vorgabe eines „Rankings“ der Beamten und die Festlegung ihrer jeweiligen Gesamtbewertungen eine unzulässige Vorsteuerung der erst anschließend – in einer Bindung an die Ergebnisse der Gremiumsbesprechung – erstellten Beurteilungsentwürfe.
52BVerwG, Urteil vom 17. April 1986 – 2 C 13.85 –, juris, Rn. 14 m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 24. Januar 2011 – 1 A 1810/08 –, juris, Rn. 43; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 3. Februar 2009 – 1 Bs 208/08 –, juris, Rn. 11. m.w.N.; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Juni 2008 – 5 LA 168/05 – juris, Rn. 9 und Urteil vom 30. Mai 2007 – 5 LC 44/06 –, juris, Rn. 43; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. September 2003 – 2 A 10795/03 –, juris, Rn. 30; Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 17. Januar 2014 – 19 K 5097/12 –, juris, Rn. 31; Zur Rechtswidrigkeit des Beurteilungsverfahrens nach der Beurteilungs-VV 2003 des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 8. Mai 2013 – 1 K 772/12.NW –, juris, Rn. 29; Bodanowitz, in: Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, B V, Rn. 280 m.w.N.
53Im konkreten Fall kommt hinzu, dass der Beurteiler, Herr T. , als Vertreter im Amt des zwischenzeitlich in Ruhestand getretenen Zeugen H. nicht einmal an der Gremiumsbesprechung beteiligt war, in der die Gesamtnote derjenigen Beurteilungen festgelegt wurde, die rechtmäßigerweise sein persönliches Werturteil hätte sein sollen. Dies ist umso gravierender, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Herr T. noch in amtsinternen Abstimmungen im Vorfeld der Gremiumsbesprechung eingebunden war, nach deren Ergebnis der Kläger mit „hervorragend“ hätte beurteilt werden sollen. Die von Herrn T. am Ende im eigenen Namen zu verantwortende Beurteilung musste – nach dem Ergebnis der Gremiumsbesprechung – aber auf „sehr gut“ lauten.
54III. Die dienstliche Beurteilung vom 26. März 2013 ist zudem rechtswidrig, weil sie nicht die individuelle Leistung des Klägers zum Maßstab hat, sondern ausschließlich am Beförderungsstellenkontigent ausgerichtete personalpolitische Erwägungen. Das Gesamturteil wurde nicht vor der Entscheidung über die Zuerkennung der Aufstiegseignung für den höheren Dienst und mithin hiervon unabhängig abgegeben, sondern erst nachdem feststand, dass der Kläger keine Aufstiegseignung erhalten konnte.
55Zwar ist die Bildung von Vergleichsgruppen und die Festlegung von Richtsätzen, wie sie hier in Ziff. 4.4.1 BuBR 2011 in Verbindung mit dem Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 4. Juni 2012 (P 1153 - II A 2 / P 1154 - 1- II A 2) vorgesehen ist, grundsätzlich nicht zu beanstanden. Zutreffend verweist Ziff. 4.4.1 BuBR 2011 ferner darauf, dass die Richtsätze nur Anhaltspunkte für eine vor allem auch im Quervergleich möglichst gerechte Bewertung der Qualifikation geben und deshalb nicht schematisch auf einzelne Dienststellen übertragen werden dürfen.
56Zu der Zulässigkeit von Richtwerten vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 – 2 C 13.79 –, juris, Rn. 30 m.w.N.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 9. Juli 1976 – 41 III 76 –, DÖD 1976, 260, 261; Bodanowitz, in: Schnellenbach, Dienstliche Beurteilung, B VI, Rn. 403 m.w.N.
57Die Zulässigkeit der Bildung von Vergleichsgruppen und der Festlegung von Richtsätzen beruht auf der Erwägung, dass hierdurch der Aussagegehalt, den der Dienstherr aufgrund des ihm zustehenden Ermessens den einzelnen Noten des Gesamturteils beilegen will, verdeutlicht und konkretisiert wird. Die Noten dienen dem beurteilenden Dienstvorgesetzten als Ausdrucksmittel dafür, in welchem Maße der beurteilte Beamte den Anforderungen seines statusrechtlichen Amtes gerecht wird bzw. sie übertrifft. Dieses Werturteil erfordert insbesondere Maßstäbe dafür, inwieweit geringe Unterschreitungen oder Überschreitungen der zu stellenden Anforderungen innerhalb des mit der jeweiligen Note ausgedrückten Rahmens bleiben, welche Überschreitungen durch die nächstbessere Note und welche durch eine noch bessere Note zum Ausdruck zu bringen sind. Wortsinn und begriffliche Umschreibungen der Noten können für sich allein noch sehr unterschiedliche Auffassungen hierüber zulassen. Die ergänzende Angabe, dass der Dienstherr insgesamt zu bestimmten Anteilen bestimmte Noten erwartet, verdeutlicht die gewollten Maßstäbe, insbesondere für den mit Arbeitsweise und Leistungen größerer Verwaltungsbereiche vertrauten Vorgesetzten.
58Verwaltungsgericht E. , Urteil vom 11. August 2006 – 13 K 2207/04 –, juris, Rn. 41 m.w.N.
59Auch ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass die besonders gute oder schlechte Besetzung einer Dienststelle erfordern kann von solchen erfahrungsorientierten Richtwerten für die Vergabe des Gesamturteils abzuweichen.
60Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 9. Juli 1976 – 41 III 76 –, DÖD 1976, 260, 261 m.w.N.; Bodanowitz, in: Schnellenbach, Dienstliche Beurteilung, B VI, Rn. 403 m.w.N.
61Indes führt die Vorgehensweise des Beklagten, nach der zunächst geklärt wird, ob – unter Berücksichtigung der vorhandenen Aufstiegsstellen – die Aufstiegseignung zuzuerkennen ist und mit Blick darauf über das Gesamturteil entschieden wird, zu einer Missachtung des anzuwendenden Beurteilungsmaßstabes. Aufgabe der dienstlichen Beurteilung ist es, die fachliche Leistung des Beamten in Bezug auf das innegehabte Statusamt und im Vergleich zu den amtsgleichen Beamten seiner Laufbahn darzustellen.
62OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 – 6 A 1521/05 –, juris, Rn. 40 m.w.N.
63Zu Recht ergibt sich daher aus den BuBR 2011, dass das Gesamturteil vor der Entscheidung über die Zuerkennung der Aufstiegseignung für den höheren Dienst und mithin hiervon unabhängig abgegeben werden soll. Gemäß Ziff. 8.1 Satz 2 BuBR 2011 kann den Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppen A 12 und A 13 die Aufstiegseignung zuerkannt werden, wenn sie mit der Spitzennote beurteilt werden und die Spitzennote bei der vorhergehenden Beurteilung, die mindestens zwei Jahre zurück liegen muss, bereits erhalten haben. Die Entscheidung über die Aufstiegseignung setzt demnach denknotwendig voraus, dass zunächst ein Gesamturteil gebildet wird, auf dessen Grundlage über die Zuerkennung der Aufstiegseignung entschieden wird.
64OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 – 6 A 1521/05 –, juris, Rn. 32.; Bodanowitz, in: Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., 38. Aktualisierung; Juli 2012, B VI. Rn. 397b.
65Die BuBR 2011 und die von ihnen vorausgesetzte gedankliche Reihenfolge der Entscheidungsfindung tragen damit dem Umstand Rechnung, dass Leistungs- und Befähigungsgesamturteil einerseits und Eignungsurteil andererseits in einem natürlichen "Nähe- und Entsprechungsverhältnis" stehen und die Eignungsbewertung ihre Grundlage in den in der Vergangenheit gezeigten Leistungen bzw. dort offenbarten Stärken und Schwächen findet. Mit anderen Worten bildet deren Beurteilung die Basis für die Prognose, die mit der Eignungsbeurteilung anzustellen ist.
66OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 – 6 A 1521/05 –, juris, Rn. 33 ff. m.w.N.
67Bei der Erstellung der Beurteilung des Klägers wurde hingegen in der Vorbesprechung der Dienststellenleiter in Umkehrung dieser Vorgabe zunächst beschlossen, dem Kläger nicht die Aufstiegseignung zuzuerkennen und als Konsequenz dieser Entscheidung das Gesamturteil "sehr gut unterer Bereich" gebildet. Hiervon ist das Gericht aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse, insbesondere der Vernehmung des Zeugen H. überzeugt. Insoweit bedarf es keiner Auseinandersetzung mit dem nach der mündlichen Verhandlung durch den Zeugen H. verfassten Schriftsatz vom 16. August 2014.
68Bereits in der an den Kläger gerichteten E-Mail vom 3. Juli 2013 führte der Zeuge H. aus, dass er sich zwar habe vorstellen können, dass der Kläger für die Aufgabe eines Sachgebietsleiters in einem Betriebsprüfungsfinanzamt geeignet sei. Allerdings habe eine Rangfolge festgelegt worden müssen, da nur 70 Aufstiegseignungen vergeben werden sollten. Da es mehr „hervorragend“ Vorschläge gegeben habe, als nach den Vorgaben der OFD hätten vergeben werden können, hätten die Beamten ausgewählt werden müssen, die das „hervorragend“ bekommen sollten. Diese Ausführungen bestätigte der Zeuge in der mündlichen Verhandlung. Es sei festgelegt worden, dass 70 Aufstiegseignungen vergeben werden sollten. Mit Blick auf die BuBR 2011, wonach die Aufstiegseignung an die wiederholte Vergabe eines „hervorragend“ gebunden sei, sei damit mittelbar festgelegt worden, dass 70 Mal ein weiteres hervorragend vergeben werden sollte. Diese 70 Personen seien in der Gremiumsbesprechung festgelegt worden. Zwar habe er zunächst auch für den Kläger ein „hervorragend“ vorgeschlagen. Indes habe bei einem Vergleich mit anderen zu Beurteilenden ein „hervorragend“ nicht für ihn vergeben werden können. Wenn es 10 Leute gebe, die für ein Vorhaben vorgesehen seien, aber nur 2 Aufstiegseignungen erteilt werden könnten, könnten auch nur zwei Personen dieses „hervorragend“ erhalten.
69Im Ergebnis lässt sich der Aussage des Zeugen entnehmen, dass er dem Kläger – obwohl er seine Leistung und Befähigung als „hervorragend“ angesehen hat – mit Blick auf die seitens der OFD gemachten Vorgaben kein „hervorragend“ vergeben konnte. Diese schriftliche und mündliche Einlassung des Zeugen veranschaulicht, dass vorliegend nicht die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten bewertet wurden, sondern dass eine in absoluten Zahlen vorgegebene Anzahl von Bestnoten vergeben werden sollte, ohne dass dabei berücksichtigt werden konnte, ob diese Anzahl mit der Anzahl der – aufgrund der genannten Kriterien der Bestenauslese – Besten tatsächlich übereinstimmt.
70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2013 – 1 B 133/13 –, juris, Rn. 41 m.w.N.
71Dem Beklagten ist es auch nicht gelungen, die von dem Zeugen dargestellte Vorgehensweise zu widerlegen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 1. August 2014 bereits von sich aus die Darstellung des Zeugen bestätigt hat. Auf Seite 1 dieses Schriftsatzes erläutert der Beklagte, dass seitens der OFD vorgegeben worden sei, dass etwa 70 „hervorragend“ vergeben werden sollten. Die Anzahl der Vorschläge überträfen diesen Richtwert. In der mündlichen Verhandlung gab der Vertreter des Beklagten aber an, die Aussage des Zeugen sei falsch gewesen. Dies zeige bereits die Tatsache, dass in der konkreten Beurteilungsrunde bei rund 20 bis 30 Aufstiegseignungen 70 „hervorragend“ vergebenen worden seien. Diese Einlassung steht aber von vornherein nicht im Widerspruch zu der eigenen Darstellung des Beklagten im vorstehend genannten Schriftsatz und auch nicht zu den Ausführungen des Zeugen. Selbst wenn die Zahl der vergebenen Aufstiegseignungen erheblich über der Zahl der tatsächlich verfügbaren Aufstiegsmöglichkeiten läge, wird von vornherein nicht erkennbar, inwieweit dies die Vorgabe seitens der OFD, nur 70 Aufstiegseignungen zu verteilen, zu entkräften vermag. Im Gegenteil: Vor dem Hintergrund der nur beschränkt vorhandenen Aufstiegsmöglichkeiten, ist eine Regelung zur Verteilung der Aufstiegseignungen aus Sicht des Beklagten nachvollziehbar, um die noch anstehende Auswahlentscheidung durch die Reduzierung der in Frage kommenden Beamtinnen und Beamten leichter handhabbar zu machen. Ein solcher allein praktischer Gesichtspunkt vermag die aufgezeigten rechtlichen Bedenken aber nicht zu beseitigen.
72Eine mit Blick auf die Anzahl der zur Verfügung stehenden Beförderungsstellen vorgenommene Reduzierung der Häufigkeit der Vergabe von Spitzennoten ist auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 50 Absatz 2 der Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten (Bundeslaufbahnverordnung – BLV) bzw. § 12 Absatz 3 der Verordnung über die Laufbahn der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung – LVO) gerechtfertigt. Vielmehr haben diese mit der vorgenommenen Reduzierung überhaupt nichts zu tun. Bei der durch § 50 Absatz 2 BLV bzw. § 12 Absatz 3 LVO vorgegebenen Notenquotierung handelt es sich um ein Instrument, der Inflation guter (Beurteilungs-)Noten vorzubeugen. Den Noten soll damit ihre Aussagekraft bewahrt und ihre Funktion erhalten werden, ein angemessenes Bild von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung eines Beamten zu ermöglichen. Dabei trifft es zu, dass die durch § 50 Absatz 2 Satz 1 BLV vorgegebenen Höchstquoten (Richtwerte) im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit u.a. auch unterschritten werden können.
73Lemhöfer, in: Schröder/Lemhöfer/Krafft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, § 50 BLV, Rn. 10 m.w.N.
74Das ist allerdings nur dann möglich, wenn innerhalb der bei der Beurteilung zu bildenden Vergleichsgruppe im Rahmen der gebotenen Einzelfallbetrachtung der Anteil der Spitzenleistungen tatsächlich unterhalb dieser Quote liegt. Um dies festzustellen, müsste aber zunächst eine an den Kriterien der Bestenauslese orientierte Beurteilung der Beamten erfolgen, was hier gerade wegen der "starren" numerischen Vorgabe der auszuwerfenden Höchstnoten unterblieben ist.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2013 – 1 B 133/13 –, juris, Rn. 44.
76Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Absatz 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
77Beschluss:
78Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
79Gründe:
80Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 2 GKG erfolgt.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Sept. 2014 - 13 K 7254/13
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Sept. 2014 - 13 K 7254/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 12. Sept. 2014 - 13 K 7254/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.07.2012 verurteilt, die für den Zeitraum 01.01.2009 bis zum 31.12.2011 erstellte dienstliche Beurteilung vom 09.03.2012 aufzuheben und den Kläger für den vorgenannten Zeitraum erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der im Jahre 1969 geborene Kläger wendet sich gegen seine Beurteilung vom 9.3.2012.
3Er steht seit August 1991 im Dienst des beklagten Landes in der Finanzverwaltung. Zuletzt wurde er im August 1998 zum „Steueroberinspektor“ (A10) ernannt. Er ist seit Februar 2007 bei dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (STRAFA) in C. als Fahndungsprüfer eingesetzt.
4Für den Beurteilungszeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2011 stellte sich das Verfahren wie folgt dar. Am 26.09.2011 führte Herr StOAR U. mit dem Kläger ein Beurteilungsgespräch. Die Sachgebietsleiter beim STRAFA C. besprachen sich über die anstehenden Beurteilungen am 05.10.2011, 13.10.2011, 05.12.2011 und 09.01.2012. Am 15.12.2011 fand die Regionalbesprechung der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung und am 24.01.2012 die Gremiumsbesprechung aller Dienststellenleitungen des Oberfinanzbezirks statt. In dem Beurteilungsplan, der in den Sachgebietsleiterbesprechungen erstellt wurde, ist der Kläger mit dem beabsichtigten Gesamturteil „vollbefriedigend unterer Bereich“ und einer prognostischen Gesamtpunktzahl „33“ aufgeführt.
5Unter dem 09.03.2012 wurde der Kläger dienstlich beurteilt. Die Beurteilung lautet im Gesamturteil auf „vollbefriedigend unterer Bereich“. Sie wurde durch den Vorsteher des STRAFA C. Herrn LRD I. -U1. gezeichnet. Die Leistungsmerkmale wurden 3-mal mit 3 Punkten und 1-mal mit 4 Punkten bewertet, die Befähigungsmerkmale 6-mal mit 3 Punkten und 1-mal mit 2 Punkten. In der Beurteilung ist die Beteiligung des Sachgebietsleiters Herrn U. vermerkt, dem der Kläger vom 1.8.2009 bis 31.12.2011 unterstand. Bis 31.07.2009 war Herr ORR B. sein Sachgebietsleiter.
6Der Kläger beantragte am 21.06.2012 die Abänderung seiner Beurteilung. Er sah sich insbesondere in der Arbeitsmenge und der Arbeitsgüte durch seinen damaligen Sachgebietsleiter – Herrn U. – zu schlecht beurteilt. Zudem sei die Verschlechterung auf der Beförderungsrangliste nicht nachvollziehbar.
7Das beklagte Land lehnte es nach Einholung von Stellungnahmen von Herrn I. -U1. , Herrn U. , Herrn B. und dem ehemaligen Vorsteher Herrn H. mit Bescheid vom 20.07.2012 ab, die Beurteilung zu ändern. Dieser Bescheid wurde dem Kläger am 30.07.2012 übergeben. Zur Begründung führte das beklagte Land aus, dass der Kläger in seiner Arbeitsweise zu schwach und zu oberflächlich sei und seine Ermittlungen oft wenig transparent und nachvollziehbar seien. Seine Aktenführung sei chaotisch, weshalb der Sachgebietsleiter ihm häufig Hinweise und Anregungen habe erteilen müssen. Die schwachen Arbeitsentwürfe des Klägers hätten zeitaufwendig hinterfragt und überarbeitet werden müssen. Im Vergleich zur Vorbeurteilung habe sich der Kläger nicht verschlechtert; die Veränderung in der Beförderungsrangliste sei auf die veränderten Beurteilungs- und Beförderungsrichtlinien zurückzuführen.
8Der Kläger hat am 30.08.2012 Klage erhoben. Er hält die Beurteilungsrichtlinien für rechtswidrig. Die Festlegung eines Gesamturteils durch ein Gremium ohne vorherige Bewertung der Einzelmerkmale verstoße gegen Art. 33 Abs. 3 GG, da das Gesamturteil nicht mehr aus den Einzelmerkmalen entwickelt würde. Aus Ziff. 6 der Richtlinien gehe nicht hervor, wie sich das vier- bzw. fünfstufige, in arabischen Zahlen codierte System der Ausprägungsgrade zu dem siebenstufigen Gesamtnotensystem verhalte. Daneben halte er seinen Sachgebietsleiter Herrn U. für voreingenommen, da die Kommunikation mit ihm erheblich erschwert gewesen sei und er den Kläger in seiner Arbeitsleistung benachteiligt habe. Die Beurteilung sei schließlich unplausibel. Die „Zusammenfassende Würdigung“ widerspreche den Einzelbewertungen, insbesondere hinsichtlich der Arbeitsweise, der Arbeitsgüte und des Sozialverhaltens, da der Text eine „umfassende Erfüllung“ der Anforderungen belege.
9Der Kläger beantragt,
10das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 20.07.2012 zu verurteilen, die für den Zeitraum 01.01.2009 bis zum 31.12.2011 erstellte dienstliche Beurteilung vom 09.03.2012 aufzuheben und den Kläger für den vorgenannten Zeitraum erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
11Das beklagte Land beantragt,
12die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Berufung zuzulassen.
13Das beklagte Land verteidigt die angegriffene Beurteilung. Die rechtmäßigen Verfahrensvorschriften seien eingehalten worden. Von einer Voreingenommenheit des Herrn U. sei nicht auszugehen; dienstliche Spannungen und die kritische Einschätzung der Arbeitsweise reichten nicht aus, eine Voreingenommenheit anzunehmen. Der Beurteiler Herr I. -U1. sei ebenfalls nicht voreingenommen gewesen. Schließlich widersprächen die Einzelmerkmale nicht der „Zusammenfassenden Würdigung“, da in beiden das Bild eines durchschnittlichen Beamten gezeichnet werde.
14Das Gericht hat Beweis erhoben über die Umstände der Erstellung der dienstlichen Beurteilung des Klägers durch Vernehmung von Herrn U. und Herrn I. -U1. als Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17.01.2014 verwiesen.
15Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Die Klage ist zulässig und begründet.
18Die angegriffene dienstliche Beurteilung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C. vom 09.03.2012 ist rechtswidrig; der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass er für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2011 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich beurteilt wird.
19Rechtsgrundlage der dienstlichen Beurteilung ist § 93 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) [vom 01.04.2009 - GV.NRW. S. 224; zuletzt geändert durch Gesetz vom 01.10.2013 - GV.NRW. S. 566 -]. Danach dienen Beurteilungen dem Zweck, Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten festzustellen. Diese sollen unter anderem unabhängig von konkreten Anlässen in regelmäßigen Abständen in so genannten Regelbeurteilungen dienstlich beurteilt werden. Nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung sollen allein der Dienstherr oder der für ihn handelnde Vorgesetzte ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob der Beamte den - ebenfalls von dem Dienstherrn zu bestimmenden - vielfältigen fachlichen und persönlichen Anforderungen des ihm übertragenen Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem ein Beurteilungsspielraum zu. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der erstellten Beurteilung ist daher eingeschränkt. Die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Dienstvorgesetzte den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat;
20ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 27.10.1988 - 2 A 2.87 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 12; OVG NRW, Urteil vom 23.6.2006 - 6 A 1216/04 -, www.nrwe.de; Beschlüsse vom 27.12.2007 - 6 A 1603/05 -, juris, vom 13.12.1999 - 6 A 3599/98 -, DÖD 2000, 161 und - 6 A 3593/98 -, DÖD 2000, 266.
21Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen,
22BVerwG, Urteil vom 26.06.1980 - 2 C 13/79 -, juris Rn. 29; OVG NRW, Urteil vom 24.01.2011 - 1 A 1810/08 -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Hamburg, Urteil vom 26.02.2013 - 8 K 1969/11 -, juris.
23Gemessen an diesen Maßstäben ist die über den Kläger erstellte dienstliche Beurteilung vom 09.03.2012 rechtlich fehlerhaft.
24Die Beurteilung ist in einem durch die „Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamtinnen und Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen“ (BuBR 2011) des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen rechtswidrig geregelten Beurteilungsverfahren erstellt worden. Die BuBR 2011 sehen vor, dass der Beurteiler die Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung und der Befähigungsbeurteilung erst dann endgültig beurteilt, nachdem das Gesamturteil der Beurteilung gem. Ziff. 4.4.3 BuBR 2011 für ihn bindend in der Gremiumsbesprechung festgelegt wurde. Diese durch die BuBR 2011 bestimmte Reihenfolge bei der Bewertung von Gesamturteil und Einzelkompetenzen verstößt gegen das Gebot der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG. Werden die Einzelmerkmale einer Beurteilung erst nach dem Gesamturteil endgültig festgelegt, verlieren die Bewertungen der Einzelmerkmale ihre Aussagekraft für künftige auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilung zu treffende Auswahlentscheidungen des beklagten Landes. Dienstliche Beurteilungen dienen dem Zweck, einen am Leistungsgrundsatz ausgerichteten Vergleich der Beurteilten bei Auswahlentscheidungen zu ermöglichen. Bei Auswahlentscheidungen hat der Dienstherr aber nicht allein auf das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung abzustellen; bei gleichem Gesamturteil der Bewerber ist er gehalten, die dienstliche Beurteilung umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungsmerkmale zu berücksichtigen,
25vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 2 C 19/10 -, juris Rn. 17 m.w.N.
26Die eigenständige Berücksichtigung der Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung ist deshalb geboten, weil die Bewertung in einzelnen unterschiedlichen Leistungs- und Befähigungsbereichen eine größere Aussagekraft eines Beamten für einen bestimmten Beförderungsdienstposten haben kann als allein das Gesamturteil,
27vgl. VG Hamburg, Urteil vom 26.02.2013 - 8 K 1969/11 -, juris Rn. 64.
28Dieser eigenständigen Bedeutung der Einzelmerkmale für künftige Auswahlentscheidungen wird nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn das Gesamturteil aus den zuvor festgelegten Einzelmerkmalen in der Weise entwickelt wird, dass es durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der Einzelbewertungen gebildet wird,
29vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.09.2011 - 2 VR 3/11 -, juris Rn. 23 m.w.N.; vgl.VG Hamburg, Urteil vom 26.02.2013 - 8 K 1969/11 -, juris Rn. 66; siehe auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 11, Rn. 49 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 2 C 21/93: Das Gesamturteil ist kreativ aus den Bewertungen der Einzelmerkmale zu entwickeln.
30Dieser Vorgang zur Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des zu beurteilenden Beamten kommt entsprechend in § 93 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW zum Ausdruck. Nach dessen Wortlaut ist die Beurteilung mit einem Gesamturteil „abzuschließen“ (Hervorhebung durch die Kammer).
31Das in den BuBR 2011 geregelte Beurteilungsverfahren beachtet die eigenständige Bedeutung der Einzelmerkmale einer Beurteilung nicht. Bei dem nach den BuBR 2011 vorgesehenen Verfahren besteht die Gefahr, dass die Einzelkategorien nicht jeweils für sich betrachtet und unter Ausschöpfung des von den Punktwerten 1 bis 5 und den Ausprägungsgraden „sehr stark ausgeprägt“ bis „weniger ausgeprägt“ gebildeten Spielraums bewertet werden, sondern die Vergabe der Ausprägungsgrade maßgeblich danach ausgerichtet wird, keine Implausibilität zwischen dem zuvor bindend festgelegten Gesamturteil und der Summe der Einzelbewertungen zu erzeugen. Der Beurteiler des zu beurteilenden Beamten kann nach vorheriger Festlegung des Gesamturteils nicht mehr unbefangen über die Bewertung der Einzelmerkmale entscheiden.
32Die Beurteilung des Klägers ist nach den rechtswidrigen verfahrensrechtlichen Vorgaben der BuBR 2011 erstellt worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass das Gesamturteil vorliegend nicht aus den Bewertungen der Einzelmerkmale entwickelt wurde. Die Zeugen Herr I. -U1. und Herr U. haben ausführlich und nachvollziehbar erläutert, dass jeder Beamte nach seinen Leistungen in einen Beurteilungsplan eingereiht wurde. Die Einzelmerkmale seien in den Sachgebietsleiterbesprechungen zwar auch angesprochen worden, sie seien aber vor der Festlegung des Gesamturteils nicht „sklavisch“ durchgesprochen worden. Ziel der Sachgebietsleiterbesprechungen sei die Festlegung einer Leistungsreihenfolge gewesen. Dafür seien nur das Gesamturteil und die prognostische Summe der Einzelmerkmale erforderlich. Schriftliche Beurteilungsentwürfe hätten zum Zeitpunkt der Erstellung des Beurteilungsplans nicht vorgelegen. Mit ihren Angaben haben die Zeugen deutlich gemacht, dass es für das Beurteilungsverfahren bis zur Entscheidung in der Gremiumsbesprechung allein bedeutsam war, das Gesamturteil festzulegen. Weder kommt den Einzelmerkmalen bei dieser Verfahrensweise die erforderliche eigenständige beurteilungsrechtliche Bedeutung zu, noch wird das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen entwickelt.
33Die praktizierte und in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehene Verfahrensweise stellt sich aus einem weiteren Grund als rechtswidrig dar. Nach Ziff. 4.4.3 Abs. 1 Satz 4 BuBR 2011 sind die Ergebnisse der Gremiumsbesprechung für den Dienststellenleiter (Beurteiler) bindend. Dies ist unvereinbar mit dem Grundsatz, dass der Beurteiler - und nicht der Vorgesetzte des Beurteilers oder andere Personen - die Beurteilung eigenverantwortlich und nach eigener Überzeugung zu erstellen hat. Nach Sinn und Zweck der dienstlichen Beurteilung muss der jeweils zuständige Beurteiler nicht nur in der Lage sein, das ihm anvertraute höchstpersönliche Werturteil über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten abzugeben. Die Beurteilung muss sich auch tatsächlich als ein von ihm verantwortetes eigenes und unabhängiges Urteil über den Beamten darstellen,
34vgl. BVerwG, Urteil vom 17.04.1986 - 2 C 13.85 -, juris Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 24.01.2011 - 1 A 1810/08 -, juris Rn. 43; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, B V 2, Rn. 282.
35Auch wenn das für den Kläger vorgeschlagene Gesamturteil und die Summe der Einzelbewertungen in der Gremiumsbesprechung nicht geändert wurden, hat der Beurteiler Herr I. -U1. die Bewertungen nicht unabhängig und eigenverantwortlich erstellt. Er hat in der mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt, dass die Sachgebietsleiterbesprechungen nur der prognostischen Festlegung des Gesamturteils dienten, bis in der Gremiumsbesprechung über die Beurteilungen für ihn bindend entschieden werde.
36Die Beurteilung des Klägers verstößt schließlich auch gegen Ziff. 4.5 Satz 3 BuBR 2011. Danach ist die Beteiligung früherer Vorgesetzter des zu beurteilenden Beamten – sofern sie an der Beurteilung beteiligt werden – in der Beurteilung zu vermerken. In der streitgegenständlichen Beurteilung sind die Beteiligungen nur unvollständig aufgeführt, da nur Herr U. als früherer Vorgesetzter genannt wird. Neben der Beteiligung von Herrn U. war auch die Beteiligung von Herrn ORR B. unter Punkt IX. der Beurteilung zu vermerken. Das Gericht hat nach den glaubhaften Angaben der Zeugen U. und I. -U1. zwar keinen Zweifel daran, dass der für den Kläger vom 01.01.2009 bis 31.07.2009 zuständige Sachgebietsleiter Herr B. bei der Erstellung der Beurteilung beteiligt wurde. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beteiligung des ehemals zuständigen Sachgebietsleiters B. in der Beurteilung nicht formal vermerkt wurde.
37Die Rüge des Klägers zur Voreingenommenheit des Beurteilungsgehilfen Herrn U. greift hingegen nicht durch. Es ist vorliegend nicht von seiner Voreingenommenheit auszugehen. Eine solche liegt dabei tatsächlich vor, wenn der Beurteiler nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Beurteilten sachlich und gerecht zu beurteilen. Voreingenommenheit unterscheidet sich von der Besorgnis der Befangenheit dadurch, dass die mangelnde Objektivität und Unvoreingenommenheit gegenüber dem zu Beurteilenden nicht aus dessen subjektiver Sicht, sondern aus der Perspektive eines objektiven Dritten festzustellen ist. Selbst gravierende Spannungen, die ein Ausmaß erreicht haben, dass nach Auffassung der Personalführung die Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes unmöglich gewesen sein sollte, rechtfertigen nur im Ausnahmefall die Annahme der Befangenheit. Aus den vom Kläger angeführten Umständen der überlangen Bearbeitungszeit durch Herrn U. und eines Vorfalls aus dem Sommer 2010 ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit. Der Zeuge U. hat in der mündlichen Verhandlung hinreichend verdeutlicht, warum er die vom Kläger vorgelegten Vorgänge zeitaufwendiger und intensiver bearbeiten musste. Anhand von Beispielen hat er nachvollziehbar geschildert, dass er wegen der Aktenführung und Arbeitsweise des Klägers nur erschwert Zugang zu den Akten habe finden können. Andere Beamte hätten es hingegen vermocht, ihn durch die vorgelegten Berichte „quasi an der Hand“ durch den Sachverhalt zu führen. Seine Schilderungen ergänzten seine ausführliche Stellungnahme im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens, in der er bereits die Probleme bei der Überarbeitung der vom Kläger vorgelegten Fälle erläutert hatte. Auch wenn sich der Zeuge nicht mehr an den vom Kläger vorgelegten, verzögert gezeichneten Prüfungsvermerk erinnern konnte, hat er anhand eines anderen konkreten Beispiels erläutert, dass die Zeichnung von Prüfungsvermerken aus verschiedenen Gründen einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen konnte. Die sachlich gehaltenen Schilderungen des Vorfalls aus dem Sommer 2010 lassen ebenfalls nicht auf ein gravierendes Zerwürfnis zwischen dem Kläger und dem Zeugen U. schließen. Ergänzend zu den Erläuterungen in der Stellungnahme im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens führte der Zeuge U. glaubhaft aus, dass die Angelegenheit nach einem klärenden Gespräch von beiden als erledigt betrachtet worden sei.
38Ergänzend und ohne dass es hier darauf ankommt, weist die Kammer zur Vermeidung weiterer rechtlicher Auseinandersetzungen darauf hin, dass den Anforderungen an die Plausibilisierung der Beurteilung genüge getan sein dürfte. Die vorgenommene Punktbewertung dürfte der textlichen Würdigung unter Punkt V. der Beurteilung nicht widersprechen. Obwohl die zusammenfassende Würdigung in positiven Sprachwendungen gefasst ist, enthält sie auch kritische Formulierungen, die eine durchschnittliche Benotung der Merkmale rechtfertigen dürften. In gleicher Weise dürfte das Gesamturteil nicht der Bewertung der Einzelmerkmale widersprechen. Das Gesamturteil „vollbefriedigend“ soll Beamten zuerkannt werden, die in Teilbereichen über dem Durchschnitt liegen. Aufgrund der Bewertung eines Leistungsmerkmals mit 4 Punkten und der positiven Befähigungsbeurteilung erscheint das erteilte Gesamturteil nachvollziehbar.
39Ebenso dürfte der Einwand des Klägers nicht durchgreifen, dass das Verhältnis der Punktwerte der Einzelmerkmale und der Gesamtnote nicht ersichtlich und nachvollziehbar sei. Anders als in den Beurteilungsrichtlinien der Zollverwaltung, die dem Urteil des VG Hamburg vom 26.02.2013 (a.a.O.) zugrundelagen, sind die Punktwerte hinsichtlich der Leistungsmerkmale und des Gesamturteils anhand eines Vergleichs des gezeigten Verhaltens mit den zugrundeliegenden Anforderungen zu vergeben und orientieren sich am Durchschnitt. Dabei ist die Begründung hinter den einzelnen Gesamtnoten klar gefasst und verständlich.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
41Für die vom beklagten Land hilfsweise beantragte Zulassung der Berufung bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 26. Juli 2012 verurteilt, die dienstliche Beurteilung des Klägers vom 1. Juli 2011 aufzuheben und den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Kläger wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen seine Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Juli 2011.
- 2
Der am ... März 1965 geborene Kläger steht als Steuerobersekretär (Besoldungsgruppe A 7) in der Finanzverwaltung im Dienst des Beklagten.
- 3
Im Rahmen der regelmäßigen dienstlichen Beurteilung der planmäßigen Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes zum 1. Juli 2011 erstellte der Beklagte zunächst eine vereinfachte dienstliche Beurteilung unter dem 4. August 2011.
- 4
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für eine vereinfachte dienstliche Beurteilung nicht vorlägen, weil sich sein Arbeitsbereich erheblich erweitert und er in den letzten drei Jahren vielfach neue Kenntnisse gewonnen habe. Zudem sei nicht hinreichend berücksichtigt, dass er eine Leistungssteigerung durchgemacht habe und sein Dienstposten nach Besoldungsgruppe A 8 bewertet sei. Eine bessere Beurteilung als in der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Juli 2008 sei aus sachwidrigen Gründen unterblieben. Denn man habe ihm im Rahmen einer Anhörung mitgeteilt, dass eine Höherstufung wegen der vorgegebenen Beurteilungsrichtsätze nicht möglich sei.
- 5
Die Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 16. März 2011 über die regelmäßige dienstliche Beurteilung der planmäßigen Beamtinnen und Beamten des mittleren Dienstes zum 1. Juli 2011 / 1. Dezember 2011 (Rundverfügung) gibt für die Besoldungsgruppe A 7 unter Nr. 4 Richtsätze für die dienstlichen Beurteilungen - unter teilweiser Zusammenfassung mehrerer Bewertungsstufen unter einen Richtsatz - vor. Diese Richtsatzvorgaben sollen nach Nr. 4 Abs. 2 Satz 3 Rundverfügung auf Finanzamtsebene Berücksichtigung finden. In den einzelnen Regionen und auf Landesebene sind die Richtsätze in jedem Fall einzuhalten (Nr. 4 Abs. 2 Satz 4 Rundverfügung).
- 6
Der Beklagte hielt an der vereinfachten dienstlichen Beurteilung des Klägers nicht fest. Er führte in der Folgezeit das in der Rundverfügung sowie der Verwaltungsvorschrift des Beklagten über die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten der Steuerverwaltung, der Zentralen Besoldungs- und Versorgungsstelle sowie des Geschäftsbereichs Bundesbau vom 7. Mai 2003 (MinBl. 2003, Seite 295 ff., Beurteilungs-VV 2003) i.V.m. der Verlängerungs-VV vom 17. Oktober 2008 (MinBl. 2008, 327) vorgegebene Beurteilungsverfahren durch.
- 7
Nachdem das gemäß Ziffer 2.10 Beurteilungs-VV angerufene Beratungsgremium die Schlusszeichnung der dienstlichen Beurteilung des Klägers mit der Gesamtbewertung 3 Punkte (= Leistung und Befähigung übertreffen die Anforderungen) empfahl, erfolgte die Schlusszeichnung am 7. März 2012. Die dienstliche Beurteilung wurde dem Kläger danach eröffnet und mit ihm am 8. Mai 2012 besprochen.
- 8
Der Kläger erhob gegen seine dienstliche Beurteilung Widerspruch.
- 9
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die dienstliche Beurteilung entspreche den Vorgaben der Beurteilungs-VV 2003 und sei von dem eingeschalteten Beratungsgremium akzeptiert worden. Der Kläger müsse sich mit allen rund 600 beurteilten Steuerobersekretären in der rheinland-pfälzischen Steuerverwaltung vergleichen lassen. Bereits die amtsinterne Reihung, welche nicht alleine von dem Beurteiler – Herrn ... –, sondern gemeinsam mit den Sachgebietsleitern des Finanzamts gemäß Ziffer 2.7 Beurteilungs-VV 2003 erstellt worden sei, führe zu dem Ergebnis, dass der Kläger im amtsinternen Vergleich bei den mit einer Gesamtbewertung von 3 Punkten vorgesehenen Steuerobersekretären richtig eingereiht worden sei. Auch bei einem landesweiten Vergleich mit den Leistungen aller Beamten derselben Besoldungsgruppe sei der Kläger mit 3 Punkten ebenfalls richtig beurteilt worden. Eine höhere Beurteilung sei zudem mit Blick auf die vergleichsweise niedrige Bewertung seines Dienstpostens ausgeschlossen. Die vom Kläger behauptete Leistungssteigerung sei berücksichtigt worden. Die Äußerung des Beurteilers im Anhörungsgespräch seien vom Kläger fehlinterpretiert worden. Dort sei lediglich darauf hingewiesen worden, dass der anzulegenden Beurteilungsmaßstab aufgrund eines landesweiten Vergleiches zu gewinnen sei.
- 10
Nach Aushändigung des Widerspruchsbescheids an den Kläger am 30. Juli 2012 hat der Kläger am 27. August 2012 Klage erhoben.
- 11
Er trägt vor: Die dienstliche Beurteilung sei unzutreffend. Die Richtsatzvorgabe sei unzulässig, da keine Abweichungsmöglichkeit bestehe. Unabhängig von der Zulässigkeit der Quotenvorgabe treffe den Beurteiler jedenfalls eine besondere Begründungspflicht, um bei dem beurteilten Beamten den Eindruck zu vermeiden, dieser sei ein „Quotenopfer“. Aufgrund der einzelnen Anhebungen in der aktuellen dienstlichen Beurteilung im Vergleich zur vorausgegangen Regelbeurteilung hätte der Beurteiler begründen müssen, weshalb die Gesamtbewertung dennoch bei 3 Punkten bleibe. Zudem gehe die dienstliche Beurteilung von einem falschen, unvollständigen Sachverhalt aus und enthalte unzutreffende Ausführungen hinsichtlich seines Arbeitsgebiets.
- 12
Der Kläger beantragt,
- 13
den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 26. Juli 2012 zu verurteilen, die dienstliche Beurteilung des Klägers vom 1. Juli 2012 aufzuheben und ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen.
- 14
Der Beklagte beantragt,
- 15
die Klage abzuweisen.
- 16
Er trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens und der Ausführungen im Widerspruchsbescheid vor: Das Beurteilungsverfahren schließe gemäß Ziffer 2.7 Beurteilungs-VV 2003 Besprechungen der Vorsteher der Finanzämter mit den Sachgebietsleitern ein. Einerseits sei die Gesamtbewertung, die in diesen Vorbesprechungen gefunden werde, für den Beurteiler nicht verbindlich. Es komme durchaus vor, dass dieser von der vorgesehenen Gesamtbewertung abweiche und die Beurteilung dann in das Beurteilungsgremium gehe. Andererseits seien die in den Sachgebietsleiterbesprechungen gefundenen Gesamtbewertungen zunächst für den Erstbeurteiler verbindlich. Überdies dienten die vom Beurteiler zu erstellenden Beurteilungspläne lediglich der Vorbereitung der Beurteilungen. In den Regionalkonferenzen könnten diese noch abgeändert werden. Werde in den regionalen Konferenzen keine Einigung erzielt, könne es durchaus sein, dass von Seiten der OFD noch Änderungen erfolgten. Die in der Rundverfügung vom 16. März 2011 festgelegten Quoten bezögen sich auf die Beamtengruppe in ihrer Gesamtheit. Entsprechende Richtsätze seien nach der Rechtsprechung grundsätzlich zulässig. Diese verdeutlichten und konkretisierten den Beurteilern den Aussagegehalt der Gesamturteilsstufen und die gewollten Beurteilungsmaßstäbe. Die Quoten könnten im Einzelfall, je nach individuellem Leistungs- und Befähigungsbild des Beamten, über- oder unterschritten werden. Dies sei tatsächlich auch erfolgt, was die dem Gericht vorgelegten Säulendiagramme belegten. Zudem sei die Festlegung der Richtsätze für die dienstliche Beurteilung des Klägers nicht kausal geworden. Vielmehr sei etwa die Quote der mit 4 Punkten beurteilten Beamten der Besoldungsgruppe A 7 sowohl landesweit als auch im Bereich des Finanzamts Pirmasens-Zweibrücken überschritten worden. Im Bereich des Finanzamts Pirmasens-Zweibrücken seien von 34 Steuerobersekretären zehn Beamte mit 3 Punkten beurteilt worden. Innerhalb dieser Gruppe rangiere der Kläger auf Platz 6. Der Kläger sei also nicht „Quotenopfer“ geworden. Die in tatsächlicher Hinsicht von dem Kläger vorgetragenen beurteilungsrelevanten Aspekte seien in der dienstlichen Beurteilung und bei deren Überprüfung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hinreichend berücksichtigt worden. Diese rechtfertigten keine bessere Gesamtbewertung des Klägers.
- 17
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
- 18
Die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung erweist sich als fehlerhaft, so dass der Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012 aufzuheben und der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts neu zu beurteilen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 analog Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
- 19
Die streitbefangene dienstliche Beurteilung beruht auf einem nicht rechtskonformen Beurteilungsverfahren.
- 20
Der Beklagte hat von der Ermächtigung gemäß § 114, 115 Laufbahnverordnung in der hier noch anwendbaren Fassung vom 20. Februar 2006 (GVBl. S. 102) Gebrauch gemacht und das Beurteilungsverfahren in der Beurteilungs-VV 2003 sowie der Rundverfügung vom 16. März 2011 ausgestaltet.
- 21
Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung zwar nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Hat der Dienstherr aber - wie im vorliegenden Fall - allgemeine Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, kann das Gericht überprüfen, ob die Richtlinien mit höherrangigem Recht vereinbar sind (OVG RP, Urteil vom 3. Februar 2012 - 2 A 11273/11, esovg).
- 22
Die Vorgaben betreffend das Beurteilungsverfahren in der Beurteilungs-VV 2003 und der Rundverfügung begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn durch die derzeitige verfahrensrechtliche Ausgestaltung - insbesondere durch die Nrn. 2.7 sowie 2.8 Beurteilungs-VV 2003 - wird die dienstliche Beurteilung in unzulässiger Weise im Beurteilungsverfahren in wesentlichen Teilen festgelegt, bevor der Beurteiler gemäß Nr. 2.9 Beurteilungs-VV 2003 einen Beurteilungsentwurf erstellt.
- 23
Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
- 24
Gemäß Nr. 2.7.1 Beurteilungs-VV 2003 hat der Beurteiler mit den Sachgebietsleitern des Finanzamts eine Besprechung abzuhalten. Nach Nr. 2.7.2 Satz 2 Beurteilungs-VV 2003 werden im Rahmen dieser Besprechung Rangfolge, Gesamtbewertung und Verwendungsvorschlag jedes zu beurteilenden Beamten besprochen. Im Anschluss daran sind vom Beurteiler Beurteilungspläne gemäß Nr. 2.7.3 Beurteilungs-VV 2003 aufzustellen, in denen die Beamten innerhalb einer Laufbahngruppe und einer Besoldungsgruppe in der Reihenfolge ihrer Qualifikation aufgeführt werden. Nach Nr. 2.7.3 Satz 2 Beurteilungs-VV 2003 enthalten diese vom Beurteiler aufzustellenden Beurteilungspläne die auf der Grundlage der Besprechung nach Nr. 2.7.1 Beurteilungs-VV 2003 vorgesehene Gesamtbewertung, die Verwendungsvorschläge sowie die wichtigsten Angaben zur Person und zum Aufgabengebiet des zu beurteilenden Beamten. Diese Beurteilungspläne sind sodann gemäß Nr. 2.7.3 Satz 3 Beurteilungs-VV 2003 zur Vorbereitung der Besprechungen nach Nr. 2.8 Beurteilungs-VV 2003 der OFD vorzulegen.
- 25
Dies führt zu einer unzulässigen Steuerung des Beurteilers. Denn in der Sachgebietsleiterbesprechung geht es nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 2.7.3 Beurteilungs-VV 2003 nicht nur um die Einhaltung eines gleichmäßigen Bewertungsmaßstabs, wie dies Nr. 2.7.1 Beurteilungs-VV 2003 vorsieht. Vielmehr erfolgen dort - wie gezeigt - für den Bereich des jeweiligen Finanzamts bereits eine Reihung der Beamten, die Festlegung der Gesamtbewertung und ein Verwendungsvorschlag. Diese Festlegungen bilden den Inhalt der vom Beurteiler nach Nr. 2.7.3 Satz 2 Beurteilungs-VV 2003 zu erstellenden Beurteilungspläne. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die in Folge der Sachgebietsleiterbesprechung erstellte Reihung der Beamten und die damit einzuhaltende Gesamtbewertung sowie Verwendungsvorschläge verbindlich vorgegeben werden und nicht nur eine grundsätzlich zulässige statusamtsbezogene Reihung herbeiführen (vgl. OVG RP, U. v. 3.2.2012, a.a.O.). Auch der Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung u.a. bestätigt, dass die Reihung und Gesamtbewertung nach der Sachgebietsleiterbesprechung verbindlich sind.
- 26
Im weiteren Verfahrensgang bestimmt Nr. 2.7.4 Beurteilungs-VV 2003, dass bei der anschließenden Erörterung in der OFD, unter Vorsitz des Oberfinanzpräsidenten, die auf Finanzamtsebene erstellten Beurteilungspläne zusammengeführt werden, was Nr. 2.7.4 Satz 2 Beurteilungs-VV 2003 erhellt. Die dort vorgesehene Besprechung zielt, wie der Verweis auf die Nrn. 2.7.1 bis 2.7.3 in Nr. 2.7.4 Satz 2 Beurteilungs-VV 2003 zeigt, wiederum auf die Erstellung eines (dann landesweiten) Beurteilungsplanes mit entsprechenden Festlegungen hinsichtlich der Rangfolge der zu beurteilenden Beamten, der Gesamtbewertungen und Verwendungsvorschläge. Dieses Ziel unterstreicht Nr. 11 der Rundverfügung wo ausgeführt wird:
- 27
„Gemeinsames Ziel ist es, die vorgesehenen Gesamtbewertungen und Verwendungsvorschläge abschließend und einvernehmlich zu besprechen.
- 28
Die aufgezeigte Abfolge der einzelnen Verfahrensschritte nach der Beurteilungs-VV 2003 erschließt sich zweifelsfrei auch aus der Anlage 3 der Rundverfügung. Das dort abgedruckte Ablaufdiagramm zeigt, dass erst nach der Erstellung der Beurteilungspläne auf Finanzamtsebene, die die in der Sachgebietsleiterbesprechung vorgesehene Rangfolge der Beamten, die Gesamtbewertungen und Verwendungsvorschläge übernehmen, und nachdem auf Landesebene gemäß Nr. 2.7.4 Beurteilungs-VV 2003 i.V.m. Nr. 11 der Rundverfügung eine entsprechende landesweite Rangliste mit Festlegungen der Gesamtbewertungen und Verwendungsvorschläge erstellt wurde, gemäß Nr. 2.9 Beurteilungs-VV 2003 der Beurteilungsentwurf durch den Beurteiler verfasst wird.
- 29
Diese Vorgehensweise stellt das Beurteilungsverfahren in unzulässiger Weise „auf den Kopf“, denn die dienstliche Beurteilung resultiert nicht auf einem „von unten nach oben“ ausgestalteten Beurteilungsverfahren (vgl. OVG RP, Urteil vom 3. Februar 2012, a.a.O.). Nicht der Beurteiler bestimmt das Gesamtergebnis der dienstlichen Beurteilung und den Verwendungsvorschlag. Vielmehr erfolgt durch die Vorgabe eines „Rankings“ der Beamten sowie die Festlegung ihrer jeweiligen Gesamtbewertungen und Verwendungsvorschläge auf Finanzamts- und auf Landesebene eine unzulässige Vorsteuerung der erst anschließend zu erstellenden Beurteilungsentwürfe. Das gesamte Beurteilungsverfahren zielt darauf ab, auf Finanzamts- und Landesebene die Reihung, Gesamtbewertung und Verwendungsvorschläge abschließend (Nr. 11 Rundverfügung) zu formulieren, um damit den erst dann zu erstellenden Beurteilungsentwurf zu steuern.
- 30
Dem hält der Beklagte zwar entgegen, dass bis zur Schlusszeichnung der dienstlichen Beurteilung – gegebenenfalls nach Befassung durch das Beratungsgremium - nur ein Beurteilungsentwurf vorliege. Selbst die Empfehlung des Beratungsgremiums an den Schlusszeichner sei insoweit unverbindlich (Nr. 2.10.7 Beurteilungs-VV 2003). Auch die Sachgebietsleiterbesprechung solle – wie bereits die Überschrift der Nr. 2.7 Beurteilungs-VV 2003 zeige - lediglich der Vorbereitung der Beurteilungen dienen.
- 31
Dieser rein formalen Betrachtung folgt das Gericht jedoch nicht. Denn entgegen der von dem Beklagten angeführten Überschrift zu Nr. 2.7 Beurteilungs-VV 2003 wird - wie oben ausgeführt - im Rahmen der Sachgebietsleiterbesprechung nicht nur die Anwendung eines gleichmäßigen Beurteilungsmaßstabes erörtert. Auch der von dem Beklagten angeführte Entwurfscharakter der dienstlichen Beurteilung bis zur Schlusszeichnung durch den hierfür zuständigen Beamten der Oberfinanzdirektion gemäß Nr. 2.11 Beurteilungs-VV 2003 ändert an der Vorsteuerung des Beurteilers nichts. Denn dadurch bringt die Beurteilungs-VV 2003 lediglich zum Ausdruck, dass erst durch die Schlusszeichnung durch den gemäß Nr. 2.11 Beurteilungs-VV 2003 zuständigen Beamten eine verbindliche, eröffnungsfähige dienstliche Beurteilung vorliegt. Die Vorfestlegung des Beurteilers u.a. durch die Reihung wird dadurch nicht in Frage gestellt. Vielmehr zielt die Verfahrensausgestaltung der Beurteilungs-VV 2003 darauf ab, landesweit die Gesamtbewertung, Verwendungsvorschläge etc. vorzugeben dann die entsprechenden dienstlichen Beurteilungen nachzuziehen. Eine hinreichende Absicherung der Entscheidungsfreiheit des Beurteilers, selbst noch nach Erstellung des landesweiten Beurteilungsplans, erfolgt hingegen in der Beurteilungs-VV 2003 und der Rundverfügung nicht. Dies ist aber unabdingbare Voraussetzung dafür, dass das Beurteilungsergebnis letztlich, aus Sicht des beurteilten Beamten, nicht als Resultat eines strukturierten Verhandlungsprozesses sondern im Wesentlichen unter Beachtung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs auf dem Urteil des Beurteilers beruht, das dieser im Rahmen der dienstlichen Beurteilung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten gefällt hat (Nr. 1.1 und 1.5 Beurteilungs-VV 2003).
- 32
Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung auch vorgetragen hat, dass die erarbeiteten Beurteilungspläne weder auf Finanzamts- noch auf Landesebene für den Beurteiler verbindlich seien, lässt sich dies nach den vorstehenden Ausführungen aus der Ausgestaltung der Beurteilungs-VV 2003 sowie der Rundverfügung somit nicht ableiten. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass im Beurteilungsverfahren auch Beurteiler tätig wurden, die die Vorgaben der Beurteilungs-VV 2003, der Rundverfügung und der erstellten Beurteilungspläne im konkreten Beurteilungsvorgang für sich nicht als verbindlich angesehen haben. Bei der Verfahrensausgestaltung des beklagten Landes kommt es jedoch nicht darauf an, ob einzelne Beurteiler sich gebunden fühlten, sondern darauf, dass nach der vorgegebenen Verfahrensweise, wie sie sich auch aus der Anlage 3 zur Rundverfügung ergibt, nach objektiven Umständen, nicht nach der subjektiven Sicht des Beurteilers, dessen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird (vgl. insoweit OVG RP, Urteil vom 3. Februar 2012, a.a.O.). Nur am Rande sei noch erwähnt, dass nach den weiteren Einlassungen des Beklagten die in den Sachgebietsleiterbesprechungen erarbeiteten Gesamtbewertungen für den Erstbeurteiler zunächst verbindlich seien. Dass diese Gesamtbeurteilungen in den Regionalkonferenzen noch abgeändert werden könnten, stärkt nicht die Stellung des Erstbeurteilers, sondern erhöht dessen Bindung an das gefundene Reihungsergebnis sowie die Gesamtbewertung, wie sie sich schließlich auf Landesebene, nach Zusammenführung der einzelnen Beurteilungspläne der Finanzämter, darstellt, indem erst im Anschluss daran der in Ziffer 2.9 Beurteilungs-VV 2003 erwähnte Beurteilungsentwurf erstellt wird.
- 33
Mit der Festlegung einer Leistungsgesamtbewertung im Rahmen einer Ranking-Liste vor Erstellung der Beurteilungsvorschläge ist ein rechtlich relevanter Beurteilungsfehler erfolgt (vgl. OVG RP, Urteil vom 19. September 2003 – 2 A 10795/03.OVG –). Denn über die Ranking-Liste wird das Beurteilungsergebnis bereits in der Weise vorgesteuert, dass dieses den vorab festgelegten Rangplatz bestätigt (OVG RP, Beschluss vom 31. August 2001 – 2 A 10283/01 –). Durch die Vorgabe einer landesweiten Rangliste, die sich aus den Beurteilungsplänen der einzelnen Finanzämter zusammensetzt, wird zudem nicht nur das Leistungsgesamturteil des einzelnen Beamten vorfestgelegt, bevor überhaupt eine Beurteilung erfolgt. Vielmehr wird auch die gesamte Beurteilung in den Leistungs- und Befähigungsmerkmalen vorgesteuert, um das in den Beurteilungsplänen erarbeitete Ergebnis der Gesamtbewertung zu erreichen. Der eigentliche Beurteilungsvorgang wird damit praktisch wertlos und überflüssig (vgl. hierzu auch OVG RP, Beschluss vom 24. August 2000 – 2 B 11374/00 –). Diese Verfahrensweise wird auch nicht durch die in der Rundverfügung vorgegebenen Richtsätze (Nr. 4 der Rundverfügung) gerechtfertigt. Diese sollen lediglich die Anwendung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe sichern. Die soeben beschriebene Verfahrensweise dient hingegen nicht der Sicherung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe, sondern der Erstellung eines landesweiten Rankings sowie der Festlegung der Gesamtbewertungen der jeweils zu beurteilenden Beamten vor der Erstellung der Beurteilungsentwürfe durch den Beurteiler. Damit erfolgt keine maßstabslenkende Vorgabe an den Beurteiler, sondern dessen Vorfestlegung (vgl. insoweit auch OVG RP, Beschluss vom 24. August 2000, a.a.O.).
- 34
Der Beklagte wird nach alledem bei der Neuausgestaltung seiner Beurteilungs-VV beachten müssen, dass die dienstliche Beurteilung bzw. deren Entwurf zwar insoweit „vorgesteuert“ werden kann, als in Besprechungen und Erörterungen einheitliche Beurteilungsmaßstäbe sichergestellt werden können. Er wird jedoch stärker als bisher sicherstellen müssen, dass die erst im Anschluss an solche Besprechungen zu erstellende dienstliche Beurteilung dennoch vom Beurteiler ohne Bindung an Reihungen, festgestellte Gesamtbewertungen und Verwendungsvorschläge, allein an die Qualifikation des Beamten anknüpfend, erstellt werden kann. Dieser Grundsatz sollte auch in hinreichender Deutlichkeit in der Beurteilungs-VV seine Verankerung finden.
- 35
Da die Beteiligten im vorliegenden Verfahren auch die Problematik der Richtsätze erörtert haben, sieht sich die Kammer noch zu folgenden Hinweisen veranlasst:
- 36
Die Ermächtigung des OFD-Präsidenten zum Erlass von Richtsätzen findet sich in Nr. 3.1.2 Beurteilungs-VV 2003. Hiervon hat der OFD-Präsident Gebrauch gemacht (Nr. 4 Rundverfügung). Allgemein ist anerkannt, dass Richtsätze zur Konkretisierung der vom Dienstherrn angestrebten Beurteilungsmaßstäbe in hinreichend großen Verwaltungsbereichen grundsätzlich rechtlich unbedenklich sind; allerdings muss das Quotenverhältnis zumindest der höheren Noten bestimmbar sein (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 2 A 7/08 –, juris, dort zu einer verbindlich vorgegebenen Quote mit einem Schwankungsbereich von 5 %). Die Quotierung muss ferner von sachgerechten Erwägungen getragen sein. Sie ist als Ausdruck allgemeiner Erfahrung sowie Verdeutlichung und Konkretisierung der gewollten Maßstäbe grundsätzlich unbedenklich (OVG RP, U. v. 19. September 2003, a.a.O.). Geringfügige Abweichungen von der festgelegten Quote müssen zulässig sein (OVG RP, Urteil vom 19. Januar 2011 – 2 A 11320/00 –).
- 37
Im vorliegenden Fall erfolgte die Quotierung ausweislich Nr. 4 Abs. 2 der Rundverfügung mit Blick auf die Wahrung eines einheitlichen Bewertungsmaßstabs und die Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen. Der maßgebliche Verwaltungsbereich ist mit 572 zu beurteilenden Beamten der Besoldungsgruppe A 7 ausreichend groß. Selbst wenn bei der rechtlichen Überprüfung auf den Bereich des Finanzamts Pirmasens-Zweibrücken abgestellt würde, wäre die dort zu beurteilende Gruppe immer noch mit 35 Personen hinreichend bemessen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19. September 2003, a.a.O.) hat insoweit bei einer Vergleichsgruppe von 30 Beamten noch keine rechtlichen Bedenken geäußert. Unbedenklich ist die Quotierung weiter, soweit die vorgegebenen Richtsätze auf Finanzamtsebene nicht zwingend verbindlich sind („sollen ... Berücksichtigung finden“). Nicht unproblematisch ist hingegen die Regelung in Nr. 4 Abs. 2 Satz 4 Rundverfügung („In jedem Fall sind die Richtsätze in den einzelnen Regionen und auf Landesebene einzuhalten“). Freilich ist den zum Nachweis der Auswirkungen der Quotierung auf Landesebene vorgelegten Säulendiagrammen zu entnehmen, dass auch auf Landesebene teilweise die Quotenvorgaben über- und unterschritten werden. Diese Zahlen wurden von dem Kläger nicht substantiiert angegriffen. Geht man von deren Richtigkeit aus, so liegt für das Beurteilungsgeschehen zum Stichtag 1. Juli 2011 offenbar eine insoweit unbedenkliche landesweite Beurteilungspraxis vor, die die Richtsatzvorgaben negiert und die bezeichneten Quoten als unverbindliche Vorgaben handhabt.
- 38
Nicht unbedenklich erscheint jedoch mit Blick auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2008 (a.a.O.), dass der Beklagte im Bereich von 6 bis 5 Punkten, also den beiden höchsten Bewertungsstufen, eine einheitliche Quote festgelegt hat. Weiterhin erscheint problematisch, dass der Beklagte ebenfalls eine einheitliche Quote für den Bereich von 0 bis 2 Punkten festgelegt hat. Hierbei fasst er die Gruppe „entsprechen den Anforderungen“ (2 Punkte), „entsprechen noch den Anforderungen“ (1 Punkt) und „entsprechen nicht den Anforderungen“ (0 Punkte) zu einer Quote zusammen. Dies erscheint insbesondere deshalb problematisch, weil gemäß Nr. 3.5.6 Beurteilungs-VV 2003 die Gesamtbewertung „2 Punkte“ die Basis-Gesamtbewertung des Beurteilungsgeschehens darstellt. Eine Zusammenfassung dieser Beurteilungsstufe mit den zwei unterdurchschnittlichen Stufen erscheint bedenklich, zumal die Richtsätze gerade damit begründet werden, dass durch sie ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab gesichert werden soll. Die Erreichung dieses Zieles erscheint fragwürdig, wenn die nach der Beurteilung maßgebliche Basis-Gesamtbewertung von 2 Punkten mit zwei weiteren Bewertungsstufen zusammengefasst wird, die nach der Beurteilungs-VV 2003 als unterdurchschnittlich anzusehen sind.
- 39
Nur am Rande sei noch darauf hingewiesen, dass auch nicht unproblematisch erscheint, auf eine Beurteilung verzichtende Beamte gemäß Nr. 2.3.2 der Rundverfügung fiktiv vorher festgelegten Bewertungsstufen zuzurechnen. Diese Vorgehensweise erscheint deshalb bedenklich, da diese Beamten, bezogen auf das konkrete Beurteilungsgeschehen, gerade keiner Bewertungsstufe zugeordnet werden können, da sie nicht beurteilt wurden. Solange die verzichtenden Beamten jeweils der Quote zugerechnet werden, die die niedrigste Punktzahl betrifft, mag dies den besser beurteilten Beamten, wie im vorliegenden Fall, zum Vorteil gereichen, weil die verzichtenden Beamten rechnerisch der Quote mit den niedrigsten Punktzahlen zugeteilt werden, diese faktisch also „von unten“ auffüllen. Diese Erwägung trifft jedoch in den Besoldungsgruppen nicht mehr zu, in denen die verzichtenden Beamten mittleren oder gehobenen Punktzahlen zugeordnet werden, was zu sachlich nicht gerechtfertigten Bewertungsverschiebungen führen kann. Die Regelung in Nr. 2.3.2 der Rundverfügung wirkt sich jedoch im Falle des Klägers auf die aktuelle Beurteilungskampagne in der Besoldungsgruppe A 7 nicht aus, da dort landesweit nur ein Beamter auf die dienstliche Beurteilung verzichtet hat. Für die Annahme, dass mit der Einstufung dieses Beamten der innerhalb der Besoldungsgruppe A 7 vorzunehmende Vergleich, bezogen auf den landesweiten Leistungsstand der Beamten, Auswirkungen auf die Gesamtbewertung der übrigen Beamten gehabt hätte, gibt der Fall nichts her. Eine solche Annahme liegt bei insgesamt 572 beurteilten Beamten der Besoldungsgruppe A 7 fern. Gegebenenfalls obläge es dem Kläger zu beweisen, dass sich seine Beurteilung aus sachwidrigen Gründen zu starr an den Richtwertvorgaben orientiert hat, er also „Quotenopfer“ ist und darin die Ursache für die aus seiner Sicht schlechtere Beurteilung liegt (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008, a.a.O.; OVG RP, Urteil vom 19. September 2003, a.a.O.). Dies ist hier in Anbetracht der Reihung der mit 3 Punkten bewerteten Beamten der Besoldungsgruppe A 7 ausgeschlossen, zumal im Finanzamt Pirmasens-Zweibrücken von der vorgegebenen Quotierung abgewichen und mehr Beamte mit 4 Punkten und somit besser beurteilt wurden, als dies die vorgegebene Quote zuließ. Jedenfalls in dieser Konstellation ist eine vom Kläger gewünschte weitergehende Plausibilisierung der dienstlichen Beurteilung nicht geboten (vgl. OVG RP, Urteil vom 19. September 2003, a.a.O.).
- 40
Zuletzt weist die Kammer noch darauf hin, dass die Leistungs- und Befähigungsbeurteilungen in der angegriffenen dienstlichen Beurteilung für sich genommen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen, soweit dies der derzeitige Sach- und Erkenntnisstand erhellt. Die von dem Kläger behauptete Leistungssteigerung ist aus der Gesamtbewertung zwar insoweit nicht ableitbar, als diese derjenigen der vorausgegangenen dienstlichen Beurteilung entspricht. Bei den einzelnen Leistungsmerkmalen wurde der Kläger jedoch nunmehr viermal mit der Einzelbewertung „C“ und somit bei zwei Merkmalen besser als in der vorausgegangenen Bewertung beurteilt. Auch im Bereich der Befähigungsbeurteilung wurden mehrere Verbesserungen erreicht. Dass die Gesamtbewertung mit 3 Punkten (= übertreffen die Anforderungen, 3.5.7 Beurteilungs-VV 2003) in Kongruenz zur Leistungs- und Befähigungsbewertung steht, hat der Beklagte dargelegt. Auch der zugrunde liegende Sachverhalt wurde mit Blick auf die Ausführungen zu einem Schreibversehen unter Ziffer 6 der dienstlichen Beurteilung vom Beklagten nachvollziehbar erläutert. Zugleich ist aus der Verfahrensakte ersichtlich, dass auch die von dem Kläger vorgelegten Stellungnahmen des Sachbearbeiters ... und der Sachbearbeiterin ... hinsichtlich der tatsächlichen Ausführungen von dem Beklagten als zutreffend angesehen wurden, freilich mit abweichender Bewertung und Einstufung der hieraus ableitbaren dienstlichen Leistungen des Klägers. Die tatsächliche oder vermeintliche Nichterreichbarkeit einer höheren Besoldungsgruppe durch den Kläger in Anbetracht der Gesamtbewertung mit 3 Punkten stellt kein für die Eignung, Befähigung und Leistung des Beamten relevantes Kriterium dar und wurde vom Beklagen zu Recht nicht zur Beurteilungsgrundlage gemacht.
- 41
Wenngleich die individuellen Einwendungen des Klägers derzeit gegen die dienstliche Beurteilung nicht durchzudringen vermögen, kann gleichwohl nicht ausgeschlossen werden, dass in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen zur Verfahrensausgestaltung Anhebungen in der dienstlichen Beurteilung des Klägers erfolgen. Dies abzusehen vermag die Kammer mit Blick auf die beanstandeten Passagen in der Beurteilungs-VV 2003 und in der Rundverfügung des Beklagten nicht. Aus diesem Grund ist der Beklagte verpflichtet, den Kläger erneut dienstlich zu beurteilen.
- 42
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
- 43
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.
- 44
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
- 45
Beschluss
- 46
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Tenor
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.07.2012 verurteilt, die für den Zeitraum 01.01.2009 bis zum 31.12.2011 erstellte dienstliche Beurteilung vom 09.03.2012 aufzuheben und den Kläger für den vorgenannten Zeitraum erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der im Jahre 1969 geborene Kläger wendet sich gegen seine Beurteilung vom 9.3.2012.
3Er steht seit August 1991 im Dienst des beklagten Landes in der Finanzverwaltung. Zuletzt wurde er im August 1998 zum „Steueroberinspektor“ (A10) ernannt. Er ist seit Februar 2007 bei dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (STRAFA) in C. als Fahndungsprüfer eingesetzt.
4Für den Beurteilungszeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2011 stellte sich das Verfahren wie folgt dar. Am 26.09.2011 führte Herr StOAR U. mit dem Kläger ein Beurteilungsgespräch. Die Sachgebietsleiter beim STRAFA C. besprachen sich über die anstehenden Beurteilungen am 05.10.2011, 13.10.2011, 05.12.2011 und 09.01.2012. Am 15.12.2011 fand die Regionalbesprechung der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung und am 24.01.2012 die Gremiumsbesprechung aller Dienststellenleitungen des Oberfinanzbezirks statt. In dem Beurteilungsplan, der in den Sachgebietsleiterbesprechungen erstellt wurde, ist der Kläger mit dem beabsichtigten Gesamturteil „vollbefriedigend unterer Bereich“ und einer prognostischen Gesamtpunktzahl „33“ aufgeführt.
5Unter dem 09.03.2012 wurde der Kläger dienstlich beurteilt. Die Beurteilung lautet im Gesamturteil auf „vollbefriedigend unterer Bereich“. Sie wurde durch den Vorsteher des STRAFA C. Herrn LRD I. -U1. gezeichnet. Die Leistungsmerkmale wurden 3-mal mit 3 Punkten und 1-mal mit 4 Punkten bewertet, die Befähigungsmerkmale 6-mal mit 3 Punkten und 1-mal mit 2 Punkten. In der Beurteilung ist die Beteiligung des Sachgebietsleiters Herrn U. vermerkt, dem der Kläger vom 1.8.2009 bis 31.12.2011 unterstand. Bis 31.07.2009 war Herr ORR B. sein Sachgebietsleiter.
6Der Kläger beantragte am 21.06.2012 die Abänderung seiner Beurteilung. Er sah sich insbesondere in der Arbeitsmenge und der Arbeitsgüte durch seinen damaligen Sachgebietsleiter – Herrn U. – zu schlecht beurteilt. Zudem sei die Verschlechterung auf der Beförderungsrangliste nicht nachvollziehbar.
7Das beklagte Land lehnte es nach Einholung von Stellungnahmen von Herrn I. -U1. , Herrn U. , Herrn B. und dem ehemaligen Vorsteher Herrn H. mit Bescheid vom 20.07.2012 ab, die Beurteilung zu ändern. Dieser Bescheid wurde dem Kläger am 30.07.2012 übergeben. Zur Begründung führte das beklagte Land aus, dass der Kläger in seiner Arbeitsweise zu schwach und zu oberflächlich sei und seine Ermittlungen oft wenig transparent und nachvollziehbar seien. Seine Aktenführung sei chaotisch, weshalb der Sachgebietsleiter ihm häufig Hinweise und Anregungen habe erteilen müssen. Die schwachen Arbeitsentwürfe des Klägers hätten zeitaufwendig hinterfragt und überarbeitet werden müssen. Im Vergleich zur Vorbeurteilung habe sich der Kläger nicht verschlechtert; die Veränderung in der Beförderungsrangliste sei auf die veränderten Beurteilungs- und Beförderungsrichtlinien zurückzuführen.
8Der Kläger hat am 30.08.2012 Klage erhoben. Er hält die Beurteilungsrichtlinien für rechtswidrig. Die Festlegung eines Gesamturteils durch ein Gremium ohne vorherige Bewertung der Einzelmerkmale verstoße gegen Art. 33 Abs. 3 GG, da das Gesamturteil nicht mehr aus den Einzelmerkmalen entwickelt würde. Aus Ziff. 6 der Richtlinien gehe nicht hervor, wie sich das vier- bzw. fünfstufige, in arabischen Zahlen codierte System der Ausprägungsgrade zu dem siebenstufigen Gesamtnotensystem verhalte. Daneben halte er seinen Sachgebietsleiter Herrn U. für voreingenommen, da die Kommunikation mit ihm erheblich erschwert gewesen sei und er den Kläger in seiner Arbeitsleistung benachteiligt habe. Die Beurteilung sei schließlich unplausibel. Die „Zusammenfassende Würdigung“ widerspreche den Einzelbewertungen, insbesondere hinsichtlich der Arbeitsweise, der Arbeitsgüte und des Sozialverhaltens, da der Text eine „umfassende Erfüllung“ der Anforderungen belege.
9Der Kläger beantragt,
10das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 20.07.2012 zu verurteilen, die für den Zeitraum 01.01.2009 bis zum 31.12.2011 erstellte dienstliche Beurteilung vom 09.03.2012 aufzuheben und den Kläger für den vorgenannten Zeitraum erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
11Das beklagte Land beantragt,
12die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Berufung zuzulassen.
13Das beklagte Land verteidigt die angegriffene Beurteilung. Die rechtmäßigen Verfahrensvorschriften seien eingehalten worden. Von einer Voreingenommenheit des Herrn U. sei nicht auszugehen; dienstliche Spannungen und die kritische Einschätzung der Arbeitsweise reichten nicht aus, eine Voreingenommenheit anzunehmen. Der Beurteiler Herr I. -U1. sei ebenfalls nicht voreingenommen gewesen. Schließlich widersprächen die Einzelmerkmale nicht der „Zusammenfassenden Würdigung“, da in beiden das Bild eines durchschnittlichen Beamten gezeichnet werde.
14Das Gericht hat Beweis erhoben über die Umstände der Erstellung der dienstlichen Beurteilung des Klägers durch Vernehmung von Herrn U. und Herrn I. -U1. als Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17.01.2014 verwiesen.
15Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Die Klage ist zulässig und begründet.
18Die angegriffene dienstliche Beurteilung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C. vom 09.03.2012 ist rechtswidrig; der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass er für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2011 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich beurteilt wird.
19Rechtsgrundlage der dienstlichen Beurteilung ist § 93 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) [vom 01.04.2009 - GV.NRW. S. 224; zuletzt geändert durch Gesetz vom 01.10.2013 - GV.NRW. S. 566 -]. Danach dienen Beurteilungen dem Zweck, Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten festzustellen. Diese sollen unter anderem unabhängig von konkreten Anlässen in regelmäßigen Abständen in so genannten Regelbeurteilungen dienstlich beurteilt werden. Nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung sollen allein der Dienstherr oder der für ihn handelnde Vorgesetzte ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob der Beamte den - ebenfalls von dem Dienstherrn zu bestimmenden - vielfältigen fachlichen und persönlichen Anforderungen des ihm übertragenen Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem ein Beurteilungsspielraum zu. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der erstellten Beurteilung ist daher eingeschränkt. Die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Dienstvorgesetzte den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat;
20ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 27.10.1988 - 2 A 2.87 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 12; OVG NRW, Urteil vom 23.6.2006 - 6 A 1216/04 -, www.nrwe.de; Beschlüsse vom 27.12.2007 - 6 A 1603/05 -, juris, vom 13.12.1999 - 6 A 3599/98 -, DÖD 2000, 161 und - 6 A 3593/98 -, DÖD 2000, 266.
21Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen,
22BVerwG, Urteil vom 26.06.1980 - 2 C 13/79 -, juris Rn. 29; OVG NRW, Urteil vom 24.01.2011 - 1 A 1810/08 -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Hamburg, Urteil vom 26.02.2013 - 8 K 1969/11 -, juris.
23Gemessen an diesen Maßstäben ist die über den Kläger erstellte dienstliche Beurteilung vom 09.03.2012 rechtlich fehlerhaft.
24Die Beurteilung ist in einem durch die „Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamtinnen und Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen“ (BuBR 2011) des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen rechtswidrig geregelten Beurteilungsverfahren erstellt worden. Die BuBR 2011 sehen vor, dass der Beurteiler die Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung und der Befähigungsbeurteilung erst dann endgültig beurteilt, nachdem das Gesamturteil der Beurteilung gem. Ziff. 4.4.3 BuBR 2011 für ihn bindend in der Gremiumsbesprechung festgelegt wurde. Diese durch die BuBR 2011 bestimmte Reihenfolge bei der Bewertung von Gesamturteil und Einzelkompetenzen verstößt gegen das Gebot der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG. Werden die Einzelmerkmale einer Beurteilung erst nach dem Gesamturteil endgültig festgelegt, verlieren die Bewertungen der Einzelmerkmale ihre Aussagekraft für künftige auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilung zu treffende Auswahlentscheidungen des beklagten Landes. Dienstliche Beurteilungen dienen dem Zweck, einen am Leistungsgrundsatz ausgerichteten Vergleich der Beurteilten bei Auswahlentscheidungen zu ermöglichen. Bei Auswahlentscheidungen hat der Dienstherr aber nicht allein auf das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung abzustellen; bei gleichem Gesamturteil der Bewerber ist er gehalten, die dienstliche Beurteilung umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungsmerkmale zu berücksichtigen,
25vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 2 C 19/10 -, juris Rn. 17 m.w.N.
26Die eigenständige Berücksichtigung der Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung ist deshalb geboten, weil die Bewertung in einzelnen unterschiedlichen Leistungs- und Befähigungsbereichen eine größere Aussagekraft eines Beamten für einen bestimmten Beförderungsdienstposten haben kann als allein das Gesamturteil,
27vgl. VG Hamburg, Urteil vom 26.02.2013 - 8 K 1969/11 -, juris Rn. 64.
28Dieser eigenständigen Bedeutung der Einzelmerkmale für künftige Auswahlentscheidungen wird nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn das Gesamturteil aus den zuvor festgelegten Einzelmerkmalen in der Weise entwickelt wird, dass es durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der Einzelbewertungen gebildet wird,
29vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.09.2011 - 2 VR 3/11 -, juris Rn. 23 m.w.N.; vgl.VG Hamburg, Urteil vom 26.02.2013 - 8 K 1969/11 -, juris Rn. 66; siehe auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 11, Rn. 49 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 2 C 21/93: Das Gesamturteil ist kreativ aus den Bewertungen der Einzelmerkmale zu entwickeln.
30Dieser Vorgang zur Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des zu beurteilenden Beamten kommt entsprechend in § 93 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW zum Ausdruck. Nach dessen Wortlaut ist die Beurteilung mit einem Gesamturteil „abzuschließen“ (Hervorhebung durch die Kammer).
31Das in den BuBR 2011 geregelte Beurteilungsverfahren beachtet die eigenständige Bedeutung der Einzelmerkmale einer Beurteilung nicht. Bei dem nach den BuBR 2011 vorgesehenen Verfahren besteht die Gefahr, dass die Einzelkategorien nicht jeweils für sich betrachtet und unter Ausschöpfung des von den Punktwerten 1 bis 5 und den Ausprägungsgraden „sehr stark ausgeprägt“ bis „weniger ausgeprägt“ gebildeten Spielraums bewertet werden, sondern die Vergabe der Ausprägungsgrade maßgeblich danach ausgerichtet wird, keine Implausibilität zwischen dem zuvor bindend festgelegten Gesamturteil und der Summe der Einzelbewertungen zu erzeugen. Der Beurteiler des zu beurteilenden Beamten kann nach vorheriger Festlegung des Gesamturteils nicht mehr unbefangen über die Bewertung der Einzelmerkmale entscheiden.
32Die Beurteilung des Klägers ist nach den rechtswidrigen verfahrensrechtlichen Vorgaben der BuBR 2011 erstellt worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass das Gesamturteil vorliegend nicht aus den Bewertungen der Einzelmerkmale entwickelt wurde. Die Zeugen Herr I. -U1. und Herr U. haben ausführlich und nachvollziehbar erläutert, dass jeder Beamte nach seinen Leistungen in einen Beurteilungsplan eingereiht wurde. Die Einzelmerkmale seien in den Sachgebietsleiterbesprechungen zwar auch angesprochen worden, sie seien aber vor der Festlegung des Gesamturteils nicht „sklavisch“ durchgesprochen worden. Ziel der Sachgebietsleiterbesprechungen sei die Festlegung einer Leistungsreihenfolge gewesen. Dafür seien nur das Gesamturteil und die prognostische Summe der Einzelmerkmale erforderlich. Schriftliche Beurteilungsentwürfe hätten zum Zeitpunkt der Erstellung des Beurteilungsplans nicht vorgelegen. Mit ihren Angaben haben die Zeugen deutlich gemacht, dass es für das Beurteilungsverfahren bis zur Entscheidung in der Gremiumsbesprechung allein bedeutsam war, das Gesamturteil festzulegen. Weder kommt den Einzelmerkmalen bei dieser Verfahrensweise die erforderliche eigenständige beurteilungsrechtliche Bedeutung zu, noch wird das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen entwickelt.
33Die praktizierte und in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehene Verfahrensweise stellt sich aus einem weiteren Grund als rechtswidrig dar. Nach Ziff. 4.4.3 Abs. 1 Satz 4 BuBR 2011 sind die Ergebnisse der Gremiumsbesprechung für den Dienststellenleiter (Beurteiler) bindend. Dies ist unvereinbar mit dem Grundsatz, dass der Beurteiler - und nicht der Vorgesetzte des Beurteilers oder andere Personen - die Beurteilung eigenverantwortlich und nach eigener Überzeugung zu erstellen hat. Nach Sinn und Zweck der dienstlichen Beurteilung muss der jeweils zuständige Beurteiler nicht nur in der Lage sein, das ihm anvertraute höchstpersönliche Werturteil über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten abzugeben. Die Beurteilung muss sich auch tatsächlich als ein von ihm verantwortetes eigenes und unabhängiges Urteil über den Beamten darstellen,
34vgl. BVerwG, Urteil vom 17.04.1986 - 2 C 13.85 -, juris Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 24.01.2011 - 1 A 1810/08 -, juris Rn. 43; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, B V 2, Rn. 282.
35Auch wenn das für den Kläger vorgeschlagene Gesamturteil und die Summe der Einzelbewertungen in der Gremiumsbesprechung nicht geändert wurden, hat der Beurteiler Herr I. -U1. die Bewertungen nicht unabhängig und eigenverantwortlich erstellt. Er hat in der mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt, dass die Sachgebietsleiterbesprechungen nur der prognostischen Festlegung des Gesamturteils dienten, bis in der Gremiumsbesprechung über die Beurteilungen für ihn bindend entschieden werde.
36Die Beurteilung des Klägers verstößt schließlich auch gegen Ziff. 4.5 Satz 3 BuBR 2011. Danach ist die Beteiligung früherer Vorgesetzter des zu beurteilenden Beamten – sofern sie an der Beurteilung beteiligt werden – in der Beurteilung zu vermerken. In der streitgegenständlichen Beurteilung sind die Beteiligungen nur unvollständig aufgeführt, da nur Herr U. als früherer Vorgesetzter genannt wird. Neben der Beteiligung von Herrn U. war auch die Beteiligung von Herrn ORR B. unter Punkt IX. der Beurteilung zu vermerken. Das Gericht hat nach den glaubhaften Angaben der Zeugen U. und I. -U1. zwar keinen Zweifel daran, dass der für den Kläger vom 01.01.2009 bis 31.07.2009 zuständige Sachgebietsleiter Herr B. bei der Erstellung der Beurteilung beteiligt wurde. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beteiligung des ehemals zuständigen Sachgebietsleiters B. in der Beurteilung nicht formal vermerkt wurde.
37Die Rüge des Klägers zur Voreingenommenheit des Beurteilungsgehilfen Herrn U. greift hingegen nicht durch. Es ist vorliegend nicht von seiner Voreingenommenheit auszugehen. Eine solche liegt dabei tatsächlich vor, wenn der Beurteiler nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Beurteilten sachlich und gerecht zu beurteilen. Voreingenommenheit unterscheidet sich von der Besorgnis der Befangenheit dadurch, dass die mangelnde Objektivität und Unvoreingenommenheit gegenüber dem zu Beurteilenden nicht aus dessen subjektiver Sicht, sondern aus der Perspektive eines objektiven Dritten festzustellen ist. Selbst gravierende Spannungen, die ein Ausmaß erreicht haben, dass nach Auffassung der Personalführung die Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes unmöglich gewesen sein sollte, rechtfertigen nur im Ausnahmefall die Annahme der Befangenheit. Aus den vom Kläger angeführten Umständen der überlangen Bearbeitungszeit durch Herrn U. und eines Vorfalls aus dem Sommer 2010 ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit. Der Zeuge U. hat in der mündlichen Verhandlung hinreichend verdeutlicht, warum er die vom Kläger vorgelegten Vorgänge zeitaufwendiger und intensiver bearbeiten musste. Anhand von Beispielen hat er nachvollziehbar geschildert, dass er wegen der Aktenführung und Arbeitsweise des Klägers nur erschwert Zugang zu den Akten habe finden können. Andere Beamte hätten es hingegen vermocht, ihn durch die vorgelegten Berichte „quasi an der Hand“ durch den Sachverhalt zu führen. Seine Schilderungen ergänzten seine ausführliche Stellungnahme im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens, in der er bereits die Probleme bei der Überarbeitung der vom Kläger vorgelegten Fälle erläutert hatte. Auch wenn sich der Zeuge nicht mehr an den vom Kläger vorgelegten, verzögert gezeichneten Prüfungsvermerk erinnern konnte, hat er anhand eines anderen konkreten Beispiels erläutert, dass die Zeichnung von Prüfungsvermerken aus verschiedenen Gründen einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen konnte. Die sachlich gehaltenen Schilderungen des Vorfalls aus dem Sommer 2010 lassen ebenfalls nicht auf ein gravierendes Zerwürfnis zwischen dem Kläger und dem Zeugen U. schließen. Ergänzend zu den Erläuterungen in der Stellungnahme im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens führte der Zeuge U. glaubhaft aus, dass die Angelegenheit nach einem klärenden Gespräch von beiden als erledigt betrachtet worden sei.
38Ergänzend und ohne dass es hier darauf ankommt, weist die Kammer zur Vermeidung weiterer rechtlicher Auseinandersetzungen darauf hin, dass den Anforderungen an die Plausibilisierung der Beurteilung genüge getan sein dürfte. Die vorgenommene Punktbewertung dürfte der textlichen Würdigung unter Punkt V. der Beurteilung nicht widersprechen. Obwohl die zusammenfassende Würdigung in positiven Sprachwendungen gefasst ist, enthält sie auch kritische Formulierungen, die eine durchschnittliche Benotung der Merkmale rechtfertigen dürften. In gleicher Weise dürfte das Gesamturteil nicht der Bewertung der Einzelmerkmale widersprechen. Das Gesamturteil „vollbefriedigend“ soll Beamten zuerkannt werden, die in Teilbereichen über dem Durchschnitt liegen. Aufgrund der Bewertung eines Leistungsmerkmals mit 4 Punkten und der positiven Befähigungsbeurteilung erscheint das erteilte Gesamturteil nachvollziehbar.
39Ebenso dürfte der Einwand des Klägers nicht durchgreifen, dass das Verhältnis der Punktwerte der Einzelmerkmale und der Gesamtnote nicht ersichtlich und nachvollziehbar sei. Anders als in den Beurteilungsrichtlinien der Zollverwaltung, die dem Urteil des VG Hamburg vom 26.02.2013 (a.a.O.) zugrundelagen, sind die Punktwerte hinsichtlich der Leistungsmerkmale und des Gesamturteils anhand eines Vergleichs des gezeigten Verhaltens mit den zugrundeliegenden Anforderungen zu vergeben und orientieren sich am Durchschnitt. Dabei ist die Begründung hinter den einzelnen Gesamtnoten klar gefasst und verständlich.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
41Für die vom beklagten Land hilfsweise beantragte Zulassung der Berufung bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Die dienstlichen Beurteilungen erfolgen nach einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab unter Berücksichtigung der Anforderungen des Amtes und in der Regel von mindestens zwei Personen. Einzelheiten des Beurteilungsverfahrens, insbesondere die Zahl der Beurteilerinnen und Beurteiler sowie gegebenenfalls die Rolle und Verantwortlichkeit mitwirkender Berichterstatterinnen und Berichterstatter, regeln die obersten Dienstbehörden in den Beurteilungsrichtlinien. Sie können diese Befugnis auf andere Behörden übertragen.
(2) Der Anteil der Beamtinnen und Beamten einer Besoldungsgruppe oder einer Funktionsebene, die beurteilt werden, soll bei der höchsten Note zehn Prozent und bei der zweithöchsten Note zwanzig Prozent nicht überschreiten. Im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit ist eine Überschreitung um jeweils bis zu fünf Prozentpunkte möglich. Ist die Bildung von Richtwerten wegen zu geringer Fallzahlen nicht möglich, sind die dienstlichen Beurteilungen in geeigneter Weise entsprechend zu differenzieren.
(3) Die dienstliche Beurteilung ist der Beamtin oder dem Beamten in ihrem vollen Wortlaut zu eröffnen und mit ihr oder ihm zu besprechen. Die Eröffnung ist aktenkundig zu machen und mit der Beurteilung zu den Personalakten zu nehmen.
(4) Das Ergebnis eines Beurteilungsdurchgangs soll den Beurteilten in Form eines Notenspiegels in geeigneter Weise bekannt gegeben werden. Hierbei soll der Anteil an Frauen, Männern, Teilzeit- und Telearbeitskräften und schwerbehinderten Menschen jeweils gesondert ausgewiesen werden, wenn die Anonymität der Beurteilungen gewahrt bleibt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.