Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Okt. 2014 - 1 K 2995/13

ECLI:ECLI:DE:VGAC:2014:1022.1K2995.13.00
bei uns veröffentlicht am22.10.2014

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Okt. 2014 - 1 K 2995/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Okt. 2014 - 1 K 2995/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S
Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Okt. 2014 - 1 K 2995/13 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Strafprozeßordnung - StPO | § 152 Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz


(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen. (2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspu

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 37 Erhöhtes Unfallruhegehalt


(1) Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 Prozent der ruhegehaltfä

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 63 Gleichstellungen


Für die Anwendung dieses Abschnitts gelten 1. ein Unterhaltsbeitrag nach § 15 als Ruhegehalt,2. ein Unterhaltsbeitrag nach § 38 als Ruhegehalt, außer für die Anwendung des § 59,3. ein Unterhaltsbeitrag nach § 26 als Witwen- oder Waisengeld,4. ein Unt

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 28. Juli 2014 - 6 A 755/13

bei uns veröffentlicht am 28.07.2014

Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 52.000,00 Euro festgesetzt. 1 Gründe: 2Der Antrag hat keinen Erfolg. 3Aus den

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 13. Dez. 2012 - 2 C 51/11

bei uns veröffentlicht am 13.12.2012

Tatbestand 1 Der 1958 geborene Kläger, der als Hauptbrandmeister im Dienst der Beklagten stand, wurde im Dezember 2008 bei einem Feuerwehreinsatz so schwer verletzt, das

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(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass sich für Beamte der Laufbahngruppe des einfachen Dienstes die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge mindestens nach der Besoldungsgruppe A 6, für Beamte der Laufbahngruppe des mittleren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 9, für Beamte der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 12 und für Beamte der Laufbahngruppe des höheren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 16 bemessen; die Einteilung in Laufbahngruppen gilt für die Polizeivollzugsbeamten, die sonstigen Beamten des Vollzugsdienstes und die Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr entsprechend.

(2) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn der Beamte

1.
in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff oder
2.
außerhalb seines Dienstes durch einen Angriff im Sinne des § 31 Abs. 4
einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet.

(3) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn ein Beamter einen Einsatzunfall oder ein diesem gleichstehendes Ereignis im Sinne des § 31a erleidet und er infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist.

(4) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der 1958 geborene Kläger, der als Hauptbrandmeister im Dienst der Beklagten stand, wurde im Dezember 2008 bei einem Feuerwehreinsatz so schwer verletzt, dass er keinen Dienst mehr leisten konnte und schließlich zum 1. Juni 2011 in den Ruhestand versetzt wurde. Nachdem ein Brand in einer mehrgeschossigen Lagerhalle gelöscht war, wurde festgestellt, dass im Dachgeschoss der Halle aus den Fugen der Bodendielen im Bereich unmittelbar über dem im Obergeschoss gelegenen Brandherd noch Rauchfahnen aufstiegen. Um ein erneutes Ausbrechen des Feuers zu verhindern, beauftragte der Einsatzleiter den Kläger, die Decke mit einer Kettensäge zu öffnen. Beim Ansetzen des zweiten Schnitts brach die Decke ein, so dass der Kläger in das Obergeschoss stürzte. Die Beklagte erkannte den Unfall als Dienstunfall an.

2

Den Antrag des Klägers, ihm die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten sowie die Wechselschichtzulage weiterhin zu zahlen, fasste die Beklagte als Antrag auf Anerkennung des Dienstunfalls als qualifizierten Dienstunfall auf und lehnte ihn ab.

3

Das nach erfolglosem Widerspruch angerufene Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, den Dienstunfall des Klägers als qualifizierten Dienstunfall anzuerkennen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Erfordernis der besonderen Lebensgefahr sei im Gegensatz zur früheren Regelung nur noch ein objektives Merkmal. Der Beamte müsse sich dieser Gefahr nicht mehr bewusst sein.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, mit dem Aufsägen der Decke sei objektiv eine besondere Lebensgefahr verbunden gewesen. Die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid selbst eingeräumt, dass die Diensthandlung des Klägers ungeachtet seiner Einsatzerfahrung möglicherweise risikobehaftet gewesen sei. Nach dem aktuellen Wortlaut der Vorschrift sei es unerheblich, ob sich der Beamte der objektiv bestehenden Gefahr bewusst gewesen sei.

5

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2011 und das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Er erweist sich aber aus anderen als den vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beklagte verpflichtet, den Dienstunfall des Klägers vom 12. Dezember 2008 als qualifizierten Dienstunfall im Sinne des § 37 BeamtVG anzuerkennen. Denn es besteht ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung dieses Umstands, der für mehrere Ansprüche bedeutsam ist.

8

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 37 BeamtVG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl I S. 3592), der mangels einer landesgesetzlichen Regelung nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG auf das Unfallereignis von Anfang Dezember 2008 anzuwenden ist. Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (vgl. Urteile vom 16. Mai 1963 - BVerwG 2 C 27.60 - BVerwGE 16, 103 <104> und - BVerwG 2 C 153.60 - Buchholz 237.7 § 142 LBG NRW Nr. 2 S. 5, vom 6. Januar 1969 - BVerwG 6 C 38.66 - BVerwGE 31, 170 <172> = Buchholz 232 § 141a BBG Nr. 1 S. 2 und vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - Rn. 8 ).

9

§ 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG setzt voraus, dass sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aussetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet.

10

In objektiver Hinsicht erfordert § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG eine Diensthandlung, mit der für den Beamten typischerweise eine besondere, über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehende Lebensgefahr verbunden ist. Die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts setzt damit eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, so dass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 2 C 17.98 - Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 2 S. 2).

11

Ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls (Urteil vom 12. April 1978 - BVerwG 6 C 59.76 - Buchholz 232 § 141a BBG Nr. 4 S. 4 und Beschluss vom 30. August 1993 - BVerwG 2 B 67.93 - juris Rn. 6). Danach ist das Vorbringen der Beklagten, der Unfall habe sich während der Nachlöscharbeiten ereignet und in dieser Phase befänden sich Feuerwehrleute grundsätzlich nicht in Lebensgefahr, unbeachtlich, weil es nicht auf die tatsächliche Lage zur Zeit des Unfallereignisses abstellt.

12

Aus den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts folgt, dass sich der Kläger durch das vom Einsatzleiter angeordnete Öffnen der Decke mittels einer Kettensäge einer solchen besonderen Lebensgefahr ausgesetzt hat. Der Raum im Dachgeschoss, in dem der Kläger, der noch sein Atemschutzgerät trug, eingesetzt war, war noch nicht vollständig rauchfrei. Auf den Grad der Verrauchung dieses Bereichs des Dachgeschosses kommt es dabei nicht an. Denn die besondere Lebensgefahr resultiert bereits daraus, dass der Kläger in einer Höhe von 6 m über dem Fußboden des Obergeschosses (Fallhöhe) unmittelbar am Aufschlagpunkt der ursprünglich vom Obergeschoss ausgegangenen Flammen auf der Unterseite des Fußbodens des Dachgeschosses diese Decke mittels einer Kettensäge aufsägte. Beim Einsatz der Säge war ihm weder die genaue Konstruktion der Decke bekannt noch konnte er einschätzen, inwieweit die Tragkraft der Decke durch den Brand beeinträchtigt war.

13

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es sei für die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG unerheblich, ob sich der Beamte der für ihn bestehenden besonderen Lebensgefahr bewusst war, verletzt allerdings revisibles Recht. Denn auch nach der Änderung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926) erfordert die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls beim Beamten das Bewusstsein der Gefährdung seines Lebens (OVG Weimar, Urteil vom 19. November 2009 - 2 KO 559/08 - ThürVBl 2010, 203; Wilhelm, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, Teil 3b Versorgungsrecht, § 37 Rn. 10; Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band 3, § 37 BeamtVG, Rn. 20; Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Hauptband I, § 37 Anm. 3.3).

14

Hinsichtlich der früheren Fassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG und auch der Vorgängerregelung des § 141a BBG war anerkannt, dass diese das Bewusstsein der besonderen Lebensgefahr voraussetzten. Der Beamte musste die besondere Lebensgefahr bei der Vornahme einer als lebensgefährlich erkannten Diensthandlung bewusst in Kauf nehmen. Er musste sich darüber im Klaren sein, dass er dabei sein Leben verlieren könnte (Urteile vom 12. April 1978 a.a.O. S. 2 und vom 8. Oktober 1998 a.a.O. S. 2; Beschluss vom 10. Mai 1991 - BVerwG 2 B 48.91 - Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 3).

15

Mit der nunmehr geltenden Formulierung "Setzt sich ein Beamter...einer... besonderen Lebensgefahr aus" verlangt das Gesetz zwar nicht mehr, dass der Beamte in dem Bewusstsein handelt, bei der Dienstverrichtung sein Leben einzusetzen. Mit dieser Neufassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 hat der Gesetzgeber aber auf ein subjektives Merkmal des Bewusstseins der Gefährdungslage nicht verzichtet (Innenausschuss des Deutschen Bundestages, Beschlussempfehlung und Bericht, BTDrucks 14/7681, S. 73). Anträge im Gesetzgebungsverfahren, auf das subjektive Merkmal ("bewusster Lebenseinsatz") vollständig zu verzichten und ausschließlich auf den objektiven Umstand der Lebensgefahr abzustellen, lehnte der federführende Innenausschuss des Deutschen Bundestages ab und nahm sie nicht in seine Beschlussempfehlung auf (BTDrucks 14/7681, S. 64, 66 bis 69). Auch der wortgleiche Änderungsantrag (BTDrucks 14/7694, S. 2 und 6) blieb im Deutschen Bundestag ohne Erfolg (Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, 206. Sitzung vom 30. November 2001, S. 20365, 20416).

16

Neben dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte spricht auch die Systematik der Vorschriften der Unfallfürsorge (§§ 30 ff. BeamtVG) dafür, dass § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beim Beamten unverändert das Bewusstsein der seinem Leben drohenden Gefahr voraussetzt. Andernfalls wäre der Anwendungsbereich des § 37 BeamtVG nicht sinnvoll von dem des § 36 BeamtVG abzugrenzen. Neben den besonderen Folgen des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG setzte der entsprechende Anspruch dann lediglich noch voraus, dass unabhängig vom Bewusstsein des Beamten objektiv eine sein Leben gefährdende Lage bestand. Dies entspräche nicht mehr dem Normzweck des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Dieser liegt in der Förderung der Bereitschaft des Beamten, trotz des Bewusstseins der für ihn bestehenden Lebensgefahr seine Dienstpflichten zu erfüllen. Der erhöhte versorgungsrechtliche Schutz dient dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Verwaltungstätigkeit, weil der Beamte damit rechnen kann, die Folgen dienstlich bedingter Körperschäden in Fällen einer gesteigerten Gefährdung nicht allein tragen zu müssen (Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 2 C 134.07 - BVerwGE 135, 176 = Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 22, jeweils Rn. 21).

17

Dem Erfordernis des Bewusstseins der Lebensgefahr bei § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG steht auch nicht entgegen, dass die gleichgestellten Tatbestände der Absätze 2 und 3 keine Anforderungen in subjektiver Hinsicht stellen. Den verschiedenen tatbestandlichen Voraussetzungen des qualifizierten Dienstunfalls ist gemeinsam eine gesteigerte Gefährdungslage, der der Beamte wegen seiner Dienstausübung oder seines Amtes ausgesetzt ist. Aber lediglich der Fall des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erfordert ein entsprechendes Bewusstsein des betroffenen Beamten. Grund der Privilegierung nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG ist demgegenüber eine Verletzungshandlung, die vom Schädiger mit Wissen und Wollen der zu erwartenden Rechtsgutbeeinträchtigung ausgeführt wird und die in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Amtsträgers steht (Urteile vom 8. Oktober 1998 a.a.O. S. 2 und vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - Rn. 16).

18

2. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts erweist sich aber aus anderen als den vom ihm genannten Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

19

Aus den insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich, dass sich der Kläger bei der Diensthandlung, die zu seinen schweren Verletzungen geführt hat, der konkreten Gefährdung seines Lebens bewusst war.

20

Die Anforderungen an das subjektive Merkmal müssen der Änderung des Wortlauts des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 sowie dem Sinn und Zweck der Neuregelung Rechnung tragen. Hiernach muss der Beamte zwar nicht mehr in dem Bewusstsein handeln, bei der Dienstverrichtung sein Leben einzusetzen. Der Beamte muss sich aber der Gefahr für sein Leben im Allgemeinen bewusst sein. Er muss die Gefahr aber nicht in allen Einzelheiten erkannt und richtig bewertet haben. Dabei folgt das Bewusstsein, bei der Dienstverrichtung das eigene Leben zu gefährden, in aller Regel bereits aus dem Wissen um die die Gefahr begründenden objektiven Umstände. Sind dem Beamten bei der Vornahme der Diensthandlung die Aspekte bekannt, aus denen sich die konkrete Gefahr für sein Leben ergibt, so handelt er in dem für § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erforderlichen Bewusstsein der Gefährdung seines Lebens. Die hierin liegende Herabsenkung der Anforderungen an das subjektive Merkmal entspricht auch dem Sinn und Zweck der Neuregelung, die ausweislich der Gesetzesmaterialien der Erleichterung der Rechtsanwendung diente (vgl. BTDrucks 14/7681 S. 73 l. Sp.)

21

Die objektiven Umstände, aus denen die konkrete Gefahr resultierte, durch das Öffnen der Decke mittels einer Kettensäge das eigene Leben zu gefährden, waren dem Kläger nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bekannt.

22

Auf die mit der Revision geltend gemachten Verfahrensmängel kommt es danach nicht an. Sie beziehen sich auf Umstände, die aus Gründen des materiellen Rechts nicht entscheidungserheblich sind.

(1) Setzt sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aus und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall, so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist. Satz 1 gilt mit der Maßgabe, dass sich für Beamte der Laufbahngruppe des einfachen Dienstes die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge mindestens nach der Besoldungsgruppe A 6, für Beamte der Laufbahngruppe des mittleren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 9, für Beamte der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 12 und für Beamte der Laufbahngruppe des höheren Dienstes mindestens nach der Besoldungsgruppe A 16 bemessen; die Einteilung in Laufbahngruppen gilt für die Polizeivollzugsbeamten, die sonstigen Beamten des Vollzugsdienstes und die Beamten des Einsatzdienstes der Berufsfeuerwehr entsprechend.

(2) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn der Beamte

1.
in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff oder
2.
außerhalb seines Dienstes durch einen Angriff im Sinne des § 31 Abs. 4
einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet.

(3) Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn ein Beamter einen Einsatzunfall oder ein diesem gleichstehendes Ereignis im Sinne des § 31a erleidet und er infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt wurde und im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 Prozent beschränkt ist.

(4) (weggefallen)

Für die Anwendung dieses Abschnitts gelten

1.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 15 als Ruhegehalt,
2.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 38 als Ruhegehalt, außer für die Anwendung des § 59,
3.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 26 als Witwen- oder Waisengeld,
4.
ein Unterhaltsbeitrag nach den §§ 41 und 61 Abs. 1 Satz 3 als Witwen- oder Waisengeld, außer für die Anwendung des § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2,
5.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 22 Abs. 1 und § 40 als Witwengeld,
6.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 22 Abs. 2 oder 3 als Witwengeld, außer für die Anwendung des § 57,
7.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 23 Abs. 2 als Waisengeld,
7a.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 38a als Waisengeld,
8.
ein Unterhaltsbeitrag nach § 43 des Bundesbeamtengesetzes, den §§ 59 und 61 Abs. 1 Satz 4 und § 68 als Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld,
9.
die Bezüge der nach § 32 des Deutschen Richtergesetzes oder einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift nicht im Amt befindlichen Richter und Mitglieder einer obersten Rechnungsprüfungsbehörde als Ruhegehalt,
10.
die Bezüge, die nach oder entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes gewährt werden, als Ruhegehalt;
die Empfänger dieser Versorgungsbezüge gelten als Ruhestandsbeamte, Witwen oder Waisen.

Tatbestand

1

Der 1958 geborene Kläger, der als Hauptbrandmeister im Dienst der Beklagten stand, wurde im Dezember 2008 bei einem Feuerwehreinsatz so schwer verletzt, dass er keinen Dienst mehr leisten konnte und schließlich zum 1. Juni 2011 in den Ruhestand versetzt wurde. Nachdem ein Brand in einer mehrgeschossigen Lagerhalle gelöscht war, wurde festgestellt, dass im Dachgeschoss der Halle aus den Fugen der Bodendielen im Bereich unmittelbar über dem im Obergeschoss gelegenen Brandherd noch Rauchfahnen aufstiegen. Um ein erneutes Ausbrechen des Feuers zu verhindern, beauftragte der Einsatzleiter den Kläger, die Decke mit einer Kettensäge zu öffnen. Beim Ansetzen des zweiten Schnitts brach die Decke ein, so dass der Kläger in das Obergeschoss stürzte. Die Beklagte erkannte den Unfall als Dienstunfall an.

2

Den Antrag des Klägers, ihm die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten sowie die Wechselschichtzulage weiterhin zu zahlen, fasste die Beklagte als Antrag auf Anerkennung des Dienstunfalls als qualifizierten Dienstunfall auf und lehnte ihn ab.

3

Das nach erfolglosem Widerspruch angerufene Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, den Dienstunfall des Klägers als qualifizierten Dienstunfall anzuerkennen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Erfordernis der besonderen Lebensgefahr sei im Gegensatz zur früheren Regelung nur noch ein objektives Merkmal. Der Beamte müsse sich dieser Gefahr nicht mehr bewusst sein.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, mit dem Aufsägen der Decke sei objektiv eine besondere Lebensgefahr verbunden gewesen. Die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid selbst eingeräumt, dass die Diensthandlung des Klägers ungeachtet seiner Einsatzerfahrung möglicherweise risikobehaftet gewesen sei. Nach dem aktuellen Wortlaut der Vorschrift sei es unerheblich, ob sich der Beamte der objektiv bestehenden Gefahr bewusst gewesen sei.

5

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2011 und das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Er erweist sich aber aus anderen als den vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beklagte verpflichtet, den Dienstunfall des Klägers vom 12. Dezember 2008 als qualifizierten Dienstunfall im Sinne des § 37 BeamtVG anzuerkennen. Denn es besteht ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung dieses Umstands, der für mehrere Ansprüche bedeutsam ist.

8

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 37 BeamtVG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl I S. 3592), der mangels einer landesgesetzlichen Regelung nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG auf das Unfallereignis von Anfang Dezember 2008 anzuwenden ist. Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (vgl. Urteile vom 16. Mai 1963 - BVerwG 2 C 27.60 - BVerwGE 16, 103 <104> und - BVerwG 2 C 153.60 - Buchholz 237.7 § 142 LBG NRW Nr. 2 S. 5, vom 6. Januar 1969 - BVerwG 6 C 38.66 - BVerwGE 31, 170 <172> = Buchholz 232 § 141a BBG Nr. 1 S. 2 und vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - Rn. 8 ).

9

§ 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG setzt voraus, dass sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aussetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet.

10

In objektiver Hinsicht erfordert § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG eine Diensthandlung, mit der für den Beamten typischerweise eine besondere, über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehende Lebensgefahr verbunden ist. Die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts setzt damit eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, so dass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 2 C 17.98 - Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 2 S. 2).

11

Ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls (Urteil vom 12. April 1978 - BVerwG 6 C 59.76 - Buchholz 232 § 141a BBG Nr. 4 S. 4 und Beschluss vom 30. August 1993 - BVerwG 2 B 67.93 - juris Rn. 6). Danach ist das Vorbringen der Beklagten, der Unfall habe sich während der Nachlöscharbeiten ereignet und in dieser Phase befänden sich Feuerwehrleute grundsätzlich nicht in Lebensgefahr, unbeachtlich, weil es nicht auf die tatsächliche Lage zur Zeit des Unfallereignisses abstellt.

12

Aus den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts folgt, dass sich der Kläger durch das vom Einsatzleiter angeordnete Öffnen der Decke mittels einer Kettensäge einer solchen besonderen Lebensgefahr ausgesetzt hat. Der Raum im Dachgeschoss, in dem der Kläger, der noch sein Atemschutzgerät trug, eingesetzt war, war noch nicht vollständig rauchfrei. Auf den Grad der Verrauchung dieses Bereichs des Dachgeschosses kommt es dabei nicht an. Denn die besondere Lebensgefahr resultiert bereits daraus, dass der Kläger in einer Höhe von 6 m über dem Fußboden des Obergeschosses (Fallhöhe) unmittelbar am Aufschlagpunkt der ursprünglich vom Obergeschoss ausgegangenen Flammen auf der Unterseite des Fußbodens des Dachgeschosses diese Decke mittels einer Kettensäge aufsägte. Beim Einsatz der Säge war ihm weder die genaue Konstruktion der Decke bekannt noch konnte er einschätzen, inwieweit die Tragkraft der Decke durch den Brand beeinträchtigt war.

13

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, es sei für die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG unerheblich, ob sich der Beamte der für ihn bestehenden besonderen Lebensgefahr bewusst war, verletzt allerdings revisibles Recht. Denn auch nach der Änderung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926) erfordert die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls beim Beamten das Bewusstsein der Gefährdung seines Lebens (OVG Weimar, Urteil vom 19. November 2009 - 2 KO 559/08 - ThürVBl 2010, 203; Wilhelm, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, Teil 3b Versorgungsrecht, § 37 Rn. 10; Brockhaus, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band 3, § 37 BeamtVG, Rn. 20; Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Hauptband I, § 37 Anm. 3.3).

14

Hinsichtlich der früheren Fassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG und auch der Vorgängerregelung des § 141a BBG war anerkannt, dass diese das Bewusstsein der besonderen Lebensgefahr voraussetzten. Der Beamte musste die besondere Lebensgefahr bei der Vornahme einer als lebensgefährlich erkannten Diensthandlung bewusst in Kauf nehmen. Er musste sich darüber im Klaren sein, dass er dabei sein Leben verlieren könnte (Urteile vom 12. April 1978 a.a.O. S. 2 und vom 8. Oktober 1998 a.a.O. S. 2; Beschluss vom 10. Mai 1991 - BVerwG 2 B 48.91 - Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 3).

15

Mit der nunmehr geltenden Formulierung "Setzt sich ein Beamter...einer... besonderen Lebensgefahr aus" verlangt das Gesetz zwar nicht mehr, dass der Beamte in dem Bewusstsein handelt, bei der Dienstverrichtung sein Leben einzusetzen. Mit dieser Neufassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 hat der Gesetzgeber aber auf ein subjektives Merkmal des Bewusstseins der Gefährdungslage nicht verzichtet (Innenausschuss des Deutschen Bundestages, Beschlussempfehlung und Bericht, BTDrucks 14/7681, S. 73). Anträge im Gesetzgebungsverfahren, auf das subjektive Merkmal ("bewusster Lebenseinsatz") vollständig zu verzichten und ausschließlich auf den objektiven Umstand der Lebensgefahr abzustellen, lehnte der federführende Innenausschuss des Deutschen Bundestages ab und nahm sie nicht in seine Beschlussempfehlung auf (BTDrucks 14/7681, S. 64, 66 bis 69). Auch der wortgleiche Änderungsantrag (BTDrucks 14/7694, S. 2 und 6) blieb im Deutschen Bundestag ohne Erfolg (Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, 206. Sitzung vom 30. November 2001, S. 20365, 20416).

16

Neben dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte spricht auch die Systematik der Vorschriften der Unfallfürsorge (§§ 30 ff. BeamtVG) dafür, dass § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beim Beamten unverändert das Bewusstsein der seinem Leben drohenden Gefahr voraussetzt. Andernfalls wäre der Anwendungsbereich des § 37 BeamtVG nicht sinnvoll von dem des § 36 BeamtVG abzugrenzen. Neben den besonderen Folgen des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG setzte der entsprechende Anspruch dann lediglich noch voraus, dass unabhängig vom Bewusstsein des Beamten objektiv eine sein Leben gefährdende Lage bestand. Dies entspräche nicht mehr dem Normzweck des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Dieser liegt in der Förderung der Bereitschaft des Beamten, trotz des Bewusstseins der für ihn bestehenden Lebensgefahr seine Dienstpflichten zu erfüllen. Der erhöhte versorgungsrechtliche Schutz dient dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Verwaltungstätigkeit, weil der Beamte damit rechnen kann, die Folgen dienstlich bedingter Körperschäden in Fällen einer gesteigerten Gefährdung nicht allein tragen zu müssen (Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 2 C 134.07 - BVerwGE 135, 176 = Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 22, jeweils Rn. 21).

17

Dem Erfordernis des Bewusstseins der Lebensgefahr bei § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG steht auch nicht entgegen, dass die gleichgestellten Tatbestände der Absätze 2 und 3 keine Anforderungen in subjektiver Hinsicht stellen. Den verschiedenen tatbestandlichen Voraussetzungen des qualifizierten Dienstunfalls ist gemeinsam eine gesteigerte Gefährdungslage, der der Beamte wegen seiner Dienstausübung oder seines Amtes ausgesetzt ist. Aber lediglich der Fall des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erfordert ein entsprechendes Bewusstsein des betroffenen Beamten. Grund der Privilegierung nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG ist demgegenüber eine Verletzungshandlung, die vom Schädiger mit Wissen und Wollen der zu erwartenden Rechtsgutbeeinträchtigung ausgeführt wird und die in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Amtsträgers steht (Urteile vom 8. Oktober 1998 a.a.O. S. 2 und vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - Rn. 16).

18

2. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts erweist sich aber aus anderen als den vom ihm genannten Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

19

Aus den insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich, dass sich der Kläger bei der Diensthandlung, die zu seinen schweren Verletzungen geführt hat, der konkreten Gefährdung seines Lebens bewusst war.

20

Die Anforderungen an das subjektive Merkmal müssen der Änderung des Wortlauts des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 sowie dem Sinn und Zweck der Neuregelung Rechnung tragen. Hiernach muss der Beamte zwar nicht mehr in dem Bewusstsein handeln, bei der Dienstverrichtung sein Leben einzusetzen. Der Beamte muss sich aber der Gefahr für sein Leben im Allgemeinen bewusst sein. Er muss die Gefahr aber nicht in allen Einzelheiten erkannt und richtig bewertet haben. Dabei folgt das Bewusstsein, bei der Dienstverrichtung das eigene Leben zu gefährden, in aller Regel bereits aus dem Wissen um die die Gefahr begründenden objektiven Umstände. Sind dem Beamten bei der Vornahme der Diensthandlung die Aspekte bekannt, aus denen sich die konkrete Gefahr für sein Leben ergibt, so handelt er in dem für § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erforderlichen Bewusstsein der Gefährdung seines Lebens. Die hierin liegende Herabsenkung der Anforderungen an das subjektive Merkmal entspricht auch dem Sinn und Zweck der Neuregelung, die ausweislich der Gesetzesmaterialien der Erleichterung der Rechtsanwendung diente (vgl. BTDrucks 14/7681 S. 73 l. Sp.)

21

Die objektiven Umstände, aus denen die konkrete Gefahr resultierte, durch das Öffnen der Decke mittels einer Kettensäge das eigene Leben zu gefährden, waren dem Kläger nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bekannt.

22

Auf die mit der Revision geltend gemachten Verfahrensmängel kommt es danach nicht an. Sie beziehen sich auf Umstände, die aus Gründen des materiellen Rechts nicht entscheidungserheblich sind.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 52.000,00 Euro festgesetzt.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.