Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 13. Nov. 2014 - 12 B 1280/14
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist im Lichte der vom Senat allein zu prüfenden Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) nicht zu beanstanden.
3Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers zielt der Sache nach auf eine Abänderung des im Verfahren 26 L 1222/14 ergangenen Beschlusses zu 2. vom 31. Juli 2014, mit dem das Verwaltungsgericht den am 2. Juli 2014 anhängig gemachten Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat. Auch Entscheidungen nach § 123 VwGO erwachsen grundsätzlich in Rechtskraft. Wegen des summarischen Charakters des Verfahrens, das Beschlüssen nach § 123 VwGO vorausgeht, können sie, anders als rechtskräftig gewordene Urteile, dann - aber auch nur dann - abgeändert werden, wenn die entsprechend anwendbaren Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 VwGO vorliegen.
4Vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. August 2010
5- 11 AS 10.1650 -, juris, m. w. N.; zur analogen Anwendung von § 80 Abs. 7 VwGO im Verfahren nach § 123 VwGO vgl. auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 5. November 2012 - 18 B 542/12 -, und vom 21. Januar 2011 - 18 B 1654/10 -; NdsOVG, Beschlüsse vom 24. April 2013 - 4 MC 56/13 -, juris, und vom 7. Dezember 2011 - 8 ME 184/11 -, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 1. Dezember 2010 - 1 B 310/10 -, juris.
6Dabei ist das Oberverwaltungsgericht als Beschwerdegericht auf die Prüfung beschränkt, ob das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO verkannt hat.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 -, juris, m. w. N., und vom 21. Januar 2011, a. a. O.; OVG Bremen, Beschluss vom 1. Dezember 2010, a. a. O., m. w. N.
8Diese Prüfung fällt zum Nachteil des Antragstellers aus.
9Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung eines im Eilverfahren ergangenen Beschlusses wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
10Der (sinngemäße) Abänderungsantrag des Antragstellers ist nicht schon deshalb zulässig, weil das Verwaltungsgericht im Verfahren 26 L 1222/14 unter Verletzung des rechtlichen Gehörs entschieden habe, wie der Antragsteller meint. Abgesehen davon, dass sich diese prozessuale Folge einer (vermeintlichen) Gehörsverletzung aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
11vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1985
12- 2 BvR 414/84 -, BVerfGE 70, 180, juris,
13auf die er sich beruft, nicht ableiten lässt, weil dem Antragsteller frei gestanden hätte, Rechtsmittel gegen den Beschluss zu 2. vom 31. Juli 2014 einzulegen und im Übrigen bei unanfechtbaren Entscheidungen seit der Einführung der Anhörungsrüge (§ 152a VwGO) keine Grundlage mehr für eine entsprechende Rechtsfortbildung besteht, ist der behauptete Gehörsverstoß nicht ansatzweise schlüssig dargetan.
14Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht, die Ausführungen und das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten, soweit sie entscheidungserheblich sind, bei seiner Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das rechtliche Gehör wird hingegen nicht verletzt, wenn das Gericht dem Vortrag des Klägers nicht die aus seiner Sicht richtige Bedeutung beimisst oder das Gericht dem Vorbringen eines Klägers nicht gefolgt ist.
15Vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 152a Rn. 17, m. w. N.
16Mit anderen Worten schützt der in Art. 103 Abs. 1 GG verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör nicht davor, dass das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält.
17Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. August 2004
18- 1 BvR 1557/01 -, NVwZ 2005, 81, juris; BVerwG, Beschluss vom 5. September 2012 - 5 B 22.12
19u. a. -, juris, jeweils m. w. N.
20Mit dem bloßen Verweis darauf, das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag zum Ausschöpfen aller zumutbaren Möglichkeiten des Altersnachweises „überhört“, zeigt der Antragsteller nicht auf, dass das Verwaltungsgericht sein diesbezügliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe; dafür bieten auch die Beschlussgründe keine Anhaltspunkte.
21Ob der Antragsteller Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO in einer zur Zulässigkeit des Abänderungsantrages führenden Weise geltend gemacht hat, kann offen bleiben. Denn das Beschwerdevorbringen stellt jedenfalls nicht in Frage, dass das Verwaltungsgericht zu Recht (auch) von der Unbegründetheit des Antrags ausgegangen ist, weil solche Umstände, die eine Änderung des im Verfahren 26 L 1222/14 ergangenen Beschlusses zu 2. des Verwaltungsgerichts vom 31. Juli 2014 gebieten, nicht zu ersehen sind.
22Namentlich kommt der mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Stellungnahme der Fachärztin I. -L. vom 13. Oktober 2014 nicht der Stellenwert eines neuen Beweismittels zu, aufgrund dessen eine Minderjährigkeit des Antragstellers als überwiegend, geschweige denn hochgradig wahrscheinlich anzusehen wäre. Die darin enthaltene Aussage, die „seelische Reife“ des Antragstellers entspreche der „mittleren Adoleszenz“, sagt zu dem nicht weniger bedeutsamen Kriterium der körperlichen Reife nichts aus.
23Dem Umstand, dass die übereinstimmende Einschätzung von drei Sozialarbeitern des Jugendamtes der Antragsgegnerin zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine Minderjährigkeit des Antragstellers „bedingt durch sein äußeres Erscheinungsbild (Mimik, Gestik, körperliche Entwicklung)“ ausgeschlossen werde, wie aus einem Vermerk vom 21. Mai 2014 hervorgeht, ist weiterhin - insbesondere vor dem Hintergrund der in einer Stellungnahme der Sachgebietsleiterin vom 16. Juli 2014 (Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin gleichen Datums im Verfahren 26 L 1222/14) plausibel dargelegten umfangreichen beruflichen Erfahrung der Mitarbeiter - eine nicht unerhebliche Aussagekraft beizumessen, auch wenn eine solche Schätzung für sich genommen keine ausreichende Grundlage für eine verlässliche Altersdiagnostik bilden kann.
24Vgl. BayVGH, Beschluss vom 23. September 2014
25- 12 CE 14.1833 u. a. -, AuAS 2014, 233, juris, m. w. N.
26Der pauschale Einwand der Beschwerde, das Verfahren der „Inaugenscheinnahme“ finde im Gesetz keine Stütze, ist schon mit Rücksicht auf § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht tragfähig.
27Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass die vorgelegte U. mangels jeglicher Richtigkeitsgewähr keinen ausreichenden Altersnachweis darstellt, setzt die Beschwerde nichts Substantielles entgegen. Dass an der U. „keine Fälschungsmerkmale nachgewiesen worden“ seien, wie der Antragsteller vorträgt, geht an der Erkenntnislage vorbei, die der Senat im seinem - vom Verwaltungsgericht zitierten - Beschluss vom 29. September 2014 - 12 B 923/14 -, juris, ausgewertet hat; hiernach ist davon auszugehen, dass in B. echte Dokumente unwahren Inhalts in erheblichem Umfang kursieren und es unter den gegebenen Bedingungen kaum Bedarf an gefälschten Dokumenten gibt.
28Allein dass eine Minderjährigkeit des Antragstellers nach gegenwärtigem Sachstand auch nicht ausgeschlossen werden kann, führt im vorliegenden Fall nicht dazu, dass dem Rechtsschutzantrag aufgrund einer reinen Folgenabwägung,
29vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 23. September 2014, a. a. O., m. w. N.,
30stattgegeben werden müsse und der Antragsteller vorläufig in Obhut zu nehmen wäre, bis sein tatsächliches Alter festgestellt ist. Solches kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sich der Antragsteller einer medizinischen Altersbegutachtung im Verfahren 26 L 1222/14 ausdrücklich verschlossen hat (vgl. den Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten vom 21. Juli 2014) und mangels anderslautender Erklärungen davon auszugehen ist, dass er an dieser Weigerung weiterhin festhält.
31Ist von Röntgenuntersuchungen abzusehen, verbleiben gleichwohl geeignete Methoden medizinischer Altersdiagnostik. Allgemein wird dann eine körperliche Untersuchung mit Erfassung anthropometrischer Maße, der sexuellen Reifezeichen und möglicher altersrelevanter Entwicklungsstörungen sowie eine zahnärztliche Untersuchung mit Erhebung des Zahnstatus empfohlen.
32Vgl. BayVGH, Beschluss vom 23. September 2014, a. a. O., m. w. N.
33Dass die medizinische Altersdiagnostik keine exakten Ergebnisse verspricht, liegt in der Natur der Sache. Indes legt die Beschwerde nicht dar - und ist auch sonst nicht zu erkennen -, dass die Unsicherheiten bei der ärztlichen Altersfeststellung so weitreichend sind, dass Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen und es aus Sicht des Betroffenen daher von vornherein unverhältnismäßig erschiene, entsprechende Untersuchungen auf sich zu nehmen.
34Ob den Antragsteller insoweit eine Mitwirkungspflicht nach §§ 60 ff. SGB I trifft, was im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der Sozialleistung i. S. v. § 11 SGB I,
35vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 24.12 -, BVerwGE 147, 170, juris,
36allerdings zweifelhaft erscheint, kann hier dahinstehen, weil dem Antragsteller jedenfalls entgegenzuhalten ist, dass er die materielle Beweislast für das von ihm behauptete Alter als anspruchsbegründende Tatsache trägt,
37vgl. BayVGH, Beschluss vom 23. September 2014 , a. a. O., m. w. N.,
38und weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass andere Mittel der Altersfeststellung neben einer ärztlichen Altersbegutachtung in Betracht kommen, die weniger belastend, aber gleichermaßen geeignet sind.
39Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs.2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
40Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 13. Nov. 2014 - 12 B 1280/14
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gerichtliche Verfahren erster Instanz wird abgelehnt.
2. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2-
3
1. 1. Der Antrag,
dem Antragsteller zur Durchführung dieses gerichtlichen Verfahrens erster Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. aus L. zu gewähren,
5ist abzulehnen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den Gründen zu 2. keine hinreichende Aussicht auf Erfolg nach §§ 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
6-
7
2. 2. Der Eilantrag ist abzulehnen.
-
8
3. Denn die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) voraus, dass der Hilfesuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
10Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
11Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 SGB VIII erfüllt. Danach können Ausländer Leistungen nach diesem Buch nur dann beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.
12Der Antragsteller hat jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII vorliegen. Danach ist das Jugendamt berechtigt oder verpflichtet, einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Jugendlicher ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist.
13Die Antragsgegnerin muss die Altersangabe des Antragstellers nicht zugrunde legen, da § 33a Abs. 1 Sozialgesetzbuch –Erstes Buch – (SGB I) kein einseitiges Altersbestimmungsrecht des Berechtigten enthält,
14vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011, a.a.O., juris, Leitsatz 3 und Rdnr. 60.
15Eine Inobhutnahme Volljähriger ist rechtswidrig. Das Jugendamt hat daher das Alter des Antragstellers festzustellen.
16Vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 42 Rdnr. 2 a.
17Der Kläger hat zwar Schulzertifikate und einen afghanischen Personalausweis (Tazkira) nebst Übersetzungen vorgelegt. In diesen Dokumenten sind aber bereits abweichende Angaben enthalten (so zum Geburtsort des Antragstellers) und sie enthalten zum Teil nicht nachvollziehbare Rechtschreibfehler (Bl. 23 Gerichtsakte). Auch nach der Auskunftslage werden Personalausweise häufig gefälscht (Alexandra Geiser, Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Tazkira, Bern, den 12. März 2013, S. 30 der Gerichtsakte). Es kann deshalb offen bleiben, ob die zwischenzeitlichen Erklärungen des Antragstellers zu den früheren Widersprüchen in seinen Altersangaben diese erklärbar auflösen. Aus den vorgelegten Dokumenten, kann nämlich das Alter des Antragstellers nicht entnommen werden, da deren Echtheit nicht verifizierbar ist.
18Drei Mitarbeiter der Antragsgegnerin sind aufgrund mehrfacher persönlicher Kontakte zum und Gespräche mit dem Antragsteller übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt, dass dieser bereits über 18 Jahre alt ist. Auf die umfassende Darstellung der Erkenntnisgewinnung und –merkmale, so die Feststellungen zu Hautbild, erkennbarem Bartwuchs, Kehlkopf, tiefer Stimme, Gestik und Souveränität im Gespräch, ferner Angabe unterschiedlicher Geburtsdaten durch den Antragsteller, und zu den die Erfahrung dieser Kräfte in der Alterseinschätzung betreffenden Angaben wird auf Bl. 45 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
19Diese Einschätzung bestreitet der Antragsteller zwar.
20Der Sozialleistungsträger ist aber, soweit die Voraussetzungen einer Sozialleistung nicht nachgewiesen sind, berechtigt, die Leistung zu versagen, zumal wenn der Antragsteller seine Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I verletzt, § 66 SGB I. Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält seinen Mitwirkungspflichten nach den genannten Vorschriften nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. August 2012 in einer Vormundschaftssache ist hier also nicht einschlägig.
21Zu den Maßnahmen der Mitwirkung gehört die Teilnahme an ärztlichen Untersuchungsmaßnahmen, § 62 SGB I. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat zwar am 18. Juli 2014 die Anfertigung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Alter beantragt. Bereits am 21. Juli 2014 hat der Antragsteller aber die Teilnahme an einer derartigen Untersuchung verweigert.
22Er hat sich auch geweigert, das von der Einzelrichterin erbetene Foto nach 6 – 7 Tagen ohne Rasur vorzulegen.
23Beides lässt für die Einzelrichterin nur den Schluss zu, dass der Antragsteller tatsächlich volljährig ist, die Alterseinschätzung der Antragsgegnerin also zutrifft, und er fürchtet, dass diese Aufklärungsmaßnahmen seine unzutreffenden Altersangaben widerlegen werden.
24Rasur und Frisur sind in besonderer Weise geeignet, auf Fotos einen jüngeren Alterseindruck zu erwecken. Das wurde bei dem mit dem Antragsteller in der Herkulesstr. 42 wohnenden afghanischen Staatsangehörigen – Verfahren 26 L 1173/14 (nicht rechtskräftiger Beschluss vom 18. Juni 2014) – deutlich. Dieser erschien bei der Antragsgegnerin ebenfalls rasiert. Das bei ihm vorgefundene Smartphone hatte aber zahlreiche Fotos mit intensivem Bartwuchs gespeichert, die Herrn eindeutig als über 18-Jährigen erkennbar machten (Beiakte 5). Da die Einzelrichterin einen Sohn im Alter von 18 Jahren hat und aus dessen sowie dem eigenen Freundes- und Verwandtenkreis zahlreiche junge Männer - zum Teil auch mit ausländischen Eltern (-teilen) - im Alter von 16 bis 30 Jahren kennt, ist auch bei ihr ausreichende Erfahrung und Sachkunde vorhanden, eine Einschätzung anhand derart eindeutiger Aufnahmen vorzunehmen. Sie war daher davon überzeugt, dass das Ergebnis der Inaugenscheinnahme des Herrn durch 3 Sozialarbeiter des Sachgebiets 511.32 der Antragsgegnerin am 5. Juni 2014 zutraf. Auch Herr war nicht bereit, an der Erstellung eines Altersgutachtens mitzuwirken.
25Die Einzelrichterin geht davon aus, dass der Antragsteller, um sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu sichern,
26vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 -,
27und Leistungen nach dem SGB VIII zu erlangen, sein tatsächliches Alter verschleiert.
28Da - wie schon ausgeführt - vieles gegen die Altersangabe des Antragstellers spricht, könnte der streitige Anspruch allenfalls durch ein medizinisches Altersgutachten, belegt werden. Dieses Gutachten ist erforderlich im Sinne von § 62 SGB I.
29Der Antragsteller ist seiner Pflicht zur Mitwirkung an der Bestimmung seines Alters aus § 66 i.V.m. § 62 SGB I aber nicht nachgekommen.
30Die Anfertigung eines Altersgutachtens einschließlich der Anwendung von Röntgenstrahlen ist dem Antragsteller zumutbar, er war nicht nach § 65 SGB I freigestellt. Insbesondere ist es dem Antragsteller nicht nach § 65 Abs. 2 Nr.1 – 3 SGB VIII unzumutbar, sich der Untersuchung zu unterziehen. Schwere Beeinträchtigungen werden durch die vorgesehene Untersuchung nicht ausgelöst. Vielmehr wären sogar radiologische Untersuchungen (z.B. des Kiefers und der Schlüsselbeine) hinnehmbar.
31vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.August 2005 – 12 B 1312/05, juris, Rdnr. 16 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011, a.a.O., Leitsatz 4 und Rdnr. 71 - 99.
32Die Antragsgegnerin hat in einem anderen Verfahren – 26 L 879/13 – zudem in der Vergangenheit dem dortigen Antragsteller eine Alterseinschätzung ohne Röntgen- und computertomographische Untersuchung und zwar gesichtsmorphologische Untersuchung, körperliche Untersuchung und zahnärztliche Untersuchung in der Universitätsklinik Düsseldorf angeboten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie dies im Fall des Antragstellers nicht so handhaben würde.
33Derartige Untersuchungen sind weder höchst unangenehm noch degradierend. Diese unsubstantiierte Einlassung erscheint als bloße Schutzbehauptung, zumal der Antragsteller ausweislich Bl. 4 des Schriftsatzes vom 16. Juli 2014 gerade auch eine bessere ärztliche Versorgung anstrebt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er in dem Zusammenhang körperliche Untersuchungen einschließlich Röntgen und ähnlichem verweigern würde.
34Der Antragsteller hat also seine Mitwirkungspflichten verletzt und die Anspruchsvoraussetzungen - also die Minderjährigkeit - nicht glaubhaft gemacht.
35Die Antragsgegnerin konnte seine Aufnahme im Rahmen der Inobhutnahme am 21. Mai 2014 aufgrund der seinerzeit getroffenen Feststellungen ablehnen und sie konnte wegen der Weigerung des Antragstellers im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, mangels Nachweis der Minderjährigkeit weiterhin die Inobhutnahme ablehnen, wie am 22. Juli 2014 geschehen.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gerichtliche Verfahren erster Instanz wird abgelehnt.
2. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2-
3
1. 1. Der Antrag,
dem Antragsteller zur Durchführung dieses gerichtlichen Verfahrens erster Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. aus L. zu gewähren,
5ist abzulehnen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den Gründen zu 2. keine hinreichende Aussicht auf Erfolg nach §§ 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
6-
7
2. 2. Der Eilantrag ist abzulehnen.
-
8
3. Denn die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) voraus, dass der Hilfesuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
10Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
11Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 SGB VIII erfüllt. Danach können Ausländer Leistungen nach diesem Buch nur dann beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.
12Der Antragsteller hat jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII vorliegen. Danach ist das Jugendamt berechtigt oder verpflichtet, einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Jugendlicher ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist.
13Die Antragsgegnerin muss die Altersangabe des Antragstellers nicht zugrunde legen, da § 33a Abs. 1 Sozialgesetzbuch –Erstes Buch – (SGB I) kein einseitiges Altersbestimmungsrecht des Berechtigten enthält,
14vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011, a.a.O., juris, Leitsatz 3 und Rdnr. 60.
15Eine Inobhutnahme Volljähriger ist rechtswidrig. Das Jugendamt hat daher das Alter des Antragstellers festzustellen.
16Vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 42 Rdnr. 2 a.
17Der Kläger hat zwar Schulzertifikate und einen afghanischen Personalausweis (Tazkira) nebst Übersetzungen vorgelegt. In diesen Dokumenten sind aber bereits abweichende Angaben enthalten (so zum Geburtsort des Antragstellers) und sie enthalten zum Teil nicht nachvollziehbare Rechtschreibfehler (Bl. 23 Gerichtsakte). Auch nach der Auskunftslage werden Personalausweise häufig gefälscht (Alexandra Geiser, Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Tazkira, Bern, den 12. März 2013, S. 30 der Gerichtsakte). Es kann deshalb offen bleiben, ob die zwischenzeitlichen Erklärungen des Antragstellers zu den früheren Widersprüchen in seinen Altersangaben diese erklärbar auflösen. Aus den vorgelegten Dokumenten, kann nämlich das Alter des Antragstellers nicht entnommen werden, da deren Echtheit nicht verifizierbar ist.
18Drei Mitarbeiter der Antragsgegnerin sind aufgrund mehrfacher persönlicher Kontakte zum und Gespräche mit dem Antragsteller übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt, dass dieser bereits über 18 Jahre alt ist. Auf die umfassende Darstellung der Erkenntnisgewinnung und –merkmale, so die Feststellungen zu Hautbild, erkennbarem Bartwuchs, Kehlkopf, tiefer Stimme, Gestik und Souveränität im Gespräch, ferner Angabe unterschiedlicher Geburtsdaten durch den Antragsteller, und zu den die Erfahrung dieser Kräfte in der Alterseinschätzung betreffenden Angaben wird auf Bl. 45 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
19Diese Einschätzung bestreitet der Antragsteller zwar.
20Der Sozialleistungsträger ist aber, soweit die Voraussetzungen einer Sozialleistung nicht nachgewiesen sind, berechtigt, die Leistung zu versagen, zumal wenn der Antragsteller seine Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I verletzt, § 66 SGB I. Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält seinen Mitwirkungspflichten nach den genannten Vorschriften nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. August 2012 in einer Vormundschaftssache ist hier also nicht einschlägig.
21Zu den Maßnahmen der Mitwirkung gehört die Teilnahme an ärztlichen Untersuchungsmaßnahmen, § 62 SGB I. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat zwar am 18. Juli 2014 die Anfertigung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Alter beantragt. Bereits am 21. Juli 2014 hat der Antragsteller aber die Teilnahme an einer derartigen Untersuchung verweigert.
22Er hat sich auch geweigert, das von der Einzelrichterin erbetene Foto nach 6 – 7 Tagen ohne Rasur vorzulegen.
23Beides lässt für die Einzelrichterin nur den Schluss zu, dass der Antragsteller tatsächlich volljährig ist, die Alterseinschätzung der Antragsgegnerin also zutrifft, und er fürchtet, dass diese Aufklärungsmaßnahmen seine unzutreffenden Altersangaben widerlegen werden.
24Rasur und Frisur sind in besonderer Weise geeignet, auf Fotos einen jüngeren Alterseindruck zu erwecken. Das wurde bei dem mit dem Antragsteller in der Herkulesstr. 42 wohnenden afghanischen Staatsangehörigen – Verfahren 26 L 1173/14 (nicht rechtskräftiger Beschluss vom 18. Juni 2014) – deutlich. Dieser erschien bei der Antragsgegnerin ebenfalls rasiert. Das bei ihm vorgefundene Smartphone hatte aber zahlreiche Fotos mit intensivem Bartwuchs gespeichert, die Herrn eindeutig als über 18-Jährigen erkennbar machten (Beiakte 5). Da die Einzelrichterin einen Sohn im Alter von 18 Jahren hat und aus dessen sowie dem eigenen Freundes- und Verwandtenkreis zahlreiche junge Männer - zum Teil auch mit ausländischen Eltern (-teilen) - im Alter von 16 bis 30 Jahren kennt, ist auch bei ihr ausreichende Erfahrung und Sachkunde vorhanden, eine Einschätzung anhand derart eindeutiger Aufnahmen vorzunehmen. Sie war daher davon überzeugt, dass das Ergebnis der Inaugenscheinnahme des Herrn durch 3 Sozialarbeiter des Sachgebiets 511.32 der Antragsgegnerin am 5. Juni 2014 zutraf. Auch Herr war nicht bereit, an der Erstellung eines Altersgutachtens mitzuwirken.
25Die Einzelrichterin geht davon aus, dass der Antragsteller, um sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu sichern,
26vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 -,
27und Leistungen nach dem SGB VIII zu erlangen, sein tatsächliches Alter verschleiert.
28Da - wie schon ausgeführt - vieles gegen die Altersangabe des Antragstellers spricht, könnte der streitige Anspruch allenfalls durch ein medizinisches Altersgutachten, belegt werden. Dieses Gutachten ist erforderlich im Sinne von § 62 SGB I.
29Der Antragsteller ist seiner Pflicht zur Mitwirkung an der Bestimmung seines Alters aus § 66 i.V.m. § 62 SGB I aber nicht nachgekommen.
30Die Anfertigung eines Altersgutachtens einschließlich der Anwendung von Röntgenstrahlen ist dem Antragsteller zumutbar, er war nicht nach § 65 SGB I freigestellt. Insbesondere ist es dem Antragsteller nicht nach § 65 Abs. 2 Nr.1 – 3 SGB VIII unzumutbar, sich der Untersuchung zu unterziehen. Schwere Beeinträchtigungen werden durch die vorgesehene Untersuchung nicht ausgelöst. Vielmehr wären sogar radiologische Untersuchungen (z.B. des Kiefers und der Schlüsselbeine) hinnehmbar.
31vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.August 2005 – 12 B 1312/05, juris, Rdnr. 16 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011, a.a.O., Leitsatz 4 und Rdnr. 71 - 99.
32Die Antragsgegnerin hat in einem anderen Verfahren – 26 L 879/13 – zudem in der Vergangenheit dem dortigen Antragsteller eine Alterseinschätzung ohne Röntgen- und computertomographische Untersuchung und zwar gesichtsmorphologische Untersuchung, körperliche Untersuchung und zahnärztliche Untersuchung in der Universitätsklinik Düsseldorf angeboten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie dies im Fall des Antragstellers nicht so handhaben würde.
33Derartige Untersuchungen sind weder höchst unangenehm noch degradierend. Diese unsubstantiierte Einlassung erscheint als bloße Schutzbehauptung, zumal der Antragsteller ausweislich Bl. 4 des Schriftsatzes vom 16. Juli 2014 gerade auch eine bessere ärztliche Versorgung anstrebt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er in dem Zusammenhang körperliche Untersuchungen einschließlich Röntgen und ähnlichem verweigern würde.
34Der Antragsteller hat also seine Mitwirkungspflichten verletzt und die Anspruchsvoraussetzungen - also die Minderjährigkeit - nicht glaubhaft gemacht.
35Die Antragsgegnerin konnte seine Aufnahme im Rahmen der Inobhutnahme am 21. Mai 2014 aufgrund der seinerzeit getroffenen Feststellungen ablehnen und sie konnte wegen der Weigerung des Antragstellers im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, mangels Nachweis der Minderjährigkeit weiterhin die Inobhutnahme ablehnen, wie am 22. Juli 2014 geschehen.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gerichtliche Verfahren erster Instanz wird abgelehnt.
2. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2-
3
1. 1. Der Antrag,
dem Antragsteller zur Durchführung dieses gerichtlichen Verfahrens erster Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. aus L. zu gewähren,
5ist abzulehnen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den Gründen zu 2. keine hinreichende Aussicht auf Erfolg nach §§ 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
6-
7
2. 2. Der Eilantrag ist abzulehnen.
-
8
3. Denn die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) voraus, dass der Hilfesuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
10Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
11Dabei kann offen bleiben, ob der Antragsteller die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 SGB VIII erfüllt. Danach können Ausländer Leistungen nach diesem Buch nur dann beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.
12Der Antragsteller hat jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII vorliegen. Danach ist das Jugendamt berechtigt oder verpflichtet, einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Jugendlicher ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist.
13Die Antragsgegnerin muss die Altersangabe des Antragstellers nicht zugrunde legen, da § 33a Abs. 1 Sozialgesetzbuch –Erstes Buch – (SGB I) kein einseitiges Altersbestimmungsrecht des Berechtigten enthält,
14vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011, a.a.O., juris, Leitsatz 3 und Rdnr. 60.
15Eine Inobhutnahme Volljähriger ist rechtswidrig. Das Jugendamt hat daher das Alter des Antragstellers festzustellen.
16Vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 42 Rdnr. 2 a.
17Der Kläger hat zwar Schulzertifikate und einen afghanischen Personalausweis (Tazkira) nebst Übersetzungen vorgelegt. In diesen Dokumenten sind aber bereits abweichende Angaben enthalten (so zum Geburtsort des Antragstellers) und sie enthalten zum Teil nicht nachvollziehbare Rechtschreibfehler (Bl. 23 Gerichtsakte). Auch nach der Auskunftslage werden Personalausweise häufig gefälscht (Alexandra Geiser, Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Tazkira, Bern, den 12. März 2013, S. 30 der Gerichtsakte). Es kann deshalb offen bleiben, ob die zwischenzeitlichen Erklärungen des Antragstellers zu den früheren Widersprüchen in seinen Altersangaben diese erklärbar auflösen. Aus den vorgelegten Dokumenten, kann nämlich das Alter des Antragstellers nicht entnommen werden, da deren Echtheit nicht verifizierbar ist.
18Drei Mitarbeiter der Antragsgegnerin sind aufgrund mehrfacher persönlicher Kontakte zum und Gespräche mit dem Antragsteller übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt, dass dieser bereits über 18 Jahre alt ist. Auf die umfassende Darstellung der Erkenntnisgewinnung und –merkmale, so die Feststellungen zu Hautbild, erkennbarem Bartwuchs, Kehlkopf, tiefer Stimme, Gestik und Souveränität im Gespräch, ferner Angabe unterschiedlicher Geburtsdaten durch den Antragsteller, und zu den die Erfahrung dieser Kräfte in der Alterseinschätzung betreffenden Angaben wird auf Bl. 45 f. der Gerichtsakte Bezug genommen.
19Diese Einschätzung bestreitet der Antragsteller zwar.
20Der Sozialleistungsträger ist aber, soweit die Voraussetzungen einer Sozialleistung nicht nachgewiesen sind, berechtigt, die Leistung zu versagen, zumal wenn der Antragsteller seine Mitwirkungspflichten nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I verletzt, § 66 SGB I. Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält seinen Mitwirkungspflichten nach den genannten Vorschriften nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. August 2012 in einer Vormundschaftssache ist hier also nicht einschlägig.
21Zu den Maßnahmen der Mitwirkung gehört die Teilnahme an ärztlichen Untersuchungsmaßnahmen, § 62 SGB I. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat zwar am 18. Juli 2014 die Anfertigung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Alter beantragt. Bereits am 21. Juli 2014 hat der Antragsteller aber die Teilnahme an einer derartigen Untersuchung verweigert.
22Er hat sich auch geweigert, das von der Einzelrichterin erbetene Foto nach 6 – 7 Tagen ohne Rasur vorzulegen.
23Beides lässt für die Einzelrichterin nur den Schluss zu, dass der Antragsteller tatsächlich volljährig ist, die Alterseinschätzung der Antragsgegnerin also zutrifft, und er fürchtet, dass diese Aufklärungsmaßnahmen seine unzutreffenden Altersangaben widerlegen werden.
24Rasur und Frisur sind in besonderer Weise geeignet, auf Fotos einen jüngeren Alterseindruck zu erwecken. Das wurde bei dem mit dem Antragsteller in der Herkulesstr. 42 wohnenden afghanischen Staatsangehörigen – Verfahren 26 L 1173/14 (nicht rechtskräftiger Beschluss vom 18. Juni 2014) – deutlich. Dieser erschien bei der Antragsgegnerin ebenfalls rasiert. Das bei ihm vorgefundene Smartphone hatte aber zahlreiche Fotos mit intensivem Bartwuchs gespeichert, die Herrn eindeutig als über 18-Jährigen erkennbar machten (Beiakte 5). Da die Einzelrichterin einen Sohn im Alter von 18 Jahren hat und aus dessen sowie dem eigenen Freundes- und Verwandtenkreis zahlreiche junge Männer - zum Teil auch mit ausländischen Eltern (-teilen) - im Alter von 16 bis 30 Jahren kennt, ist auch bei ihr ausreichende Erfahrung und Sachkunde vorhanden, eine Einschätzung anhand derart eindeutiger Aufnahmen vorzunehmen. Sie war daher davon überzeugt, dass das Ergebnis der Inaugenscheinnahme des Herrn durch 3 Sozialarbeiter des Sachgebiets 511.32 der Antragsgegnerin am 5. Juni 2014 zutraf. Auch Herr war nicht bereit, an der Erstellung eines Altersgutachtens mitzuwirken.
25Die Einzelrichterin geht davon aus, dass der Antragsteller, um sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu sichern,
26vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 – 10 C 13.12 -,
27und Leistungen nach dem SGB VIII zu erlangen, sein tatsächliches Alter verschleiert.
28Da - wie schon ausgeführt - vieles gegen die Altersangabe des Antragstellers spricht, könnte der streitige Anspruch allenfalls durch ein medizinisches Altersgutachten, belegt werden. Dieses Gutachten ist erforderlich im Sinne von § 62 SGB I.
29Der Antragsteller ist seiner Pflicht zur Mitwirkung an der Bestimmung seines Alters aus § 66 i.V.m. § 62 SGB I aber nicht nachgekommen.
30Die Anfertigung eines Altersgutachtens einschließlich der Anwendung von Röntgenstrahlen ist dem Antragsteller zumutbar, er war nicht nach § 65 SGB I freigestellt. Insbesondere ist es dem Antragsteller nicht nach § 65 Abs. 2 Nr.1 – 3 SGB VIII unzumutbar, sich der Untersuchung zu unterziehen. Schwere Beeinträchtigungen werden durch die vorgesehene Untersuchung nicht ausgelöst. Vielmehr wären sogar radiologische Untersuchungen (z.B. des Kiefers und der Schlüsselbeine) hinnehmbar.
31vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.August 2005 – 12 B 1312/05, juris, Rdnr. 16 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011, a.a.O., Leitsatz 4 und Rdnr. 71 - 99.
32Die Antragsgegnerin hat in einem anderen Verfahren – 26 L 879/13 – zudem in der Vergangenheit dem dortigen Antragsteller eine Alterseinschätzung ohne Röntgen- und computertomographische Untersuchung und zwar gesichtsmorphologische Untersuchung, körperliche Untersuchung und zahnärztliche Untersuchung in der Universitätsklinik Düsseldorf angeboten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie dies im Fall des Antragstellers nicht so handhaben würde.
33Derartige Untersuchungen sind weder höchst unangenehm noch degradierend. Diese unsubstantiierte Einlassung erscheint als bloße Schutzbehauptung, zumal der Antragsteller ausweislich Bl. 4 des Schriftsatzes vom 16. Juli 2014 gerade auch eine bessere ärztliche Versorgung anstrebt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er in dem Zusammenhang körperliche Untersuchungen einschließlich Röntgen und ähnlichem verweigern würde.
34Der Antragsteller hat also seine Mitwirkungspflichten verletzt und die Anspruchsvoraussetzungen - also die Minderjährigkeit - nicht glaubhaft gemacht.
35Die Antragsgegnerin konnte seine Aufnahme im Rahmen der Inobhutnahme am 21. Mai 2014 aufgrund der seinerzeit getroffenen Feststellungen ablehnen und sie konnte wegen der Weigerung des Antragstellers im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, mangels Nachweis der Minderjährigkeit weiterhin die Inobhutnahme ablehnen, wie am 22. Juli 2014 geschehen.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere
- 1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen, - 2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen, - 3.
Urkunden und Akten beiziehen, - 4.
den Augenschein einnehmen.
(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.
(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.
(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch im Lichte der vom Senat allein zu prüfenden Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) nicht zu beanstanden.
3Zutreffend - und von der Beschwerde auch nicht in Frage gestellt - ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller sein Rechtsschutzziel nur durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, gerichtet auf die Fortsetzung seiner unter dem 5. Juni 2014 beendeten Inobhutnahme, verfolgen kann.
4Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsanspruches als auch eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO, § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
5Wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung soll die endgültige Entscheidung der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Eine solche Vorwegnahme träte mit der begehrten Regelung aber ein, selbst wenn deren Dauer begrenzt würde. Denn auch in diesem Fall liefe die Regelung auf eine jedenfalls zeitweilige Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung hinaus, da die angestrebte (erneute) Inobhutnahme faktisch nicht rückgängig zu machen wäre. Dass die in § 42 SGB VIII normierte Inobhutnahme schon von Gesetzes wegen als vorläufige Maßnahme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen konzipiert ist, hat für die Frage der Vorwegnahme keine Bedeutung. Denn dieser Maßnahmecharakter ist der Inobhutnahme immanent; er besteht unabhängig von der zeitlichen Reichweite der prozessualen Rechtsverfolgung.
6Wegen des Gebots des Art. 19 Abs. 4 GG, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, kommt allerdings eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache in Betracht, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gut zu machende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 2014
8- 12 B 1422/13 -, juris, vom 15. Januar 2014
9- 12 B 1478/13 -, juris, vom 14. Juni 2012
10- 12 B 433/12 -, juris, vom 29. September 2011
11- 12 B 983/11 -, juris, und vom 20. Januar 2010
12- 12 B 1655/09 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69, juris, m. w. N.
13Dabei stellt die Vorwegnahme der Hauptsache auch gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, indem ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit dafür sprechen muss, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 9.12 -, NVwZ 2013, 1344, juris; Beschlüsse vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258, juris, und vom 14. Dezember 1989 - 2 ER 301.89 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15, juris; OVG NRW, Beschlüs-se vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13 -, juris, vom 15. Januar 2014 - 12 B 1478/13 -, juris, Beschlüsse vom 14. Februar 2013 - 12 B 107/13 -, juris, vom 27. Juni 2012 - 12 B 426/12 -, juris, vom 21. Februar 2011 - 13 B 1722/10 -, juris, vom 8. Januar 2010
15- 19 B 1004/09 -, NWVBl 2010, 328, juris, und vom 16. März 2007 - 7 B 134/07 -, NVwZ-RR 2007, 661, juris.
16Diese Voraussetzungen für eine (auch nur zeitweilige) Vorwegnahme der Hauptsache liegen in beiderlei Hinsicht nicht vor.
17Es ist nicht überwiegend, geschweige denn hochgradig wahrscheinlich, dass der Antragsteller - der nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger ist, aber von Geburt an bis zu seiner Ausreise nach Europa im Iran gelebt hat - seine erneute Inobhutnahme beanspruchen kann. Denn der Antragsteller hat nicht in einer diesem Maßstab entsprechenden Weise glaubhaft gemacht, dass er noch minderjährig ist, was aber Voraussetzung für eine Inobhutnahme wäre (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 SGB VIII). Den Dokumenten, auf die er sich beruft, kommt insoweit kein hinreichender Beweiswert zu.
18Das afghanische Personenstandswesen bietet keine Gewähr für die Richtigkeit des in der vorgelegten Tazkira - dem landesüblichen Identitätsdokument - angegebenen „Geburtsdatums“, das nach der eingereichten Übersetzung „17 Jahre im 1393“ lautet, womit - so der Antragsteller - gemeint sei, dass er im Jahre 1393 (nach hiesiger Zeitrechnung 2014) 17 Jahre alt sei. Denn nach den Informationen des Auswärtigen Amtes kursieren in Afghanistan echte Dokumente unwahren Inhalts in erheblichen Umfang. Pässe und Personenstandsurkunden werden von afghanischen Behörden ohne adäquaten Nachweis ausgestellt. Die Ursachen hierfür liegen in einem nach Jahrzehnten des bewaffneten Konflikts lückenhaften Registerwesen, mangelnder administrativer Qualifikation und weit verbreiteter Korruption. Unter diesen Bedingungen gibt es kaum Bedarf an gefälschten Dokumenten,
19vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 31. März 2014, S. 22,
20wobei hinzu kommt, dass Tazkiras in Papierform gleichwohl „sehr einfach gefälscht werden können“,
21so Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Tazkira, Auskunft der SFH-Länderanalyse, 12. März 2013, S. 3 (http://www.refworld.org/pdfid/524fd7894.pdf), unter Bezugnahme auf Angaben der Afghanistan Independent Human Rights Commission und des afghanischen Innenministeriums; vgl. hierzu auch Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Juni 2013 - A-5291/2012 - (http://www.fr.ch/atprd/files/pdf66/A-5291_20121.pdf).
22Dementsprechend geht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) davon aus, dass afghanische Melderegisterauszüge oder Bestätigungen der afghanischen Auslandsvertretung für eine Änderung der Alterseinschätzung grundsätzlich nicht ausreichen.
23Vgl. BAMF, Zur Bewertung afghanischer Personaldokumente, Entscheiderbrief 1/2010, S. 2 f. (http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Entscheiderbrief/2010/entscheiderbrief-01-2010.pdf?__blob=publicationFile).
24Der Mangel jeglicher Richtigkeitsgewähr wird in vorliegenden Fall dadurch unterstrichen, dass die eingereichte Tazkira einen - wie der Antragsteller selbst einräumt - falschen Geburtsort ausweist, nämlich die afghanische Provinz P. , obschon der Antragsteller angibt, in U. geboren zu sein. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung des Antragstellers, die Tazkira sei „vom Vermieter besorgt“ worden, der in der früheren Wohnung Personalpapiere des Vaters gefunden und an „Bekannte in Afghanistan weitergeleitet“ habe, die mit Hilfe dieser Unterlagen seine, des Antragstellers, Tazkira beschafft hätten, fügt sich ein in das Bild eines desolaten Urkundswesens, das keinen Verlass auf Authentizität und Verifikation bietet.
25Vor diesem Hintergrund kommt der am 24. Juli 2014 ausgestellten Geburtsurkunde des afghanischen Generalkonsulats in Bonn keine weitergehende Aussagekraft zu. Denn sie beruht offenbar auf den Angaben in der Tazkira, ungeachtet dessen, dass den Informationen der afghanischen Botschaft in Deutschland zufolge für die Ausstellung einer Geburtsurkunde der Reisepass oder eine Kopie des Passes des Betreffenden benötigt wird, verbunden mit dem Hinweis, dass nur vollständig eingereichte Anträge bearbeitet werden könnten (http://www.botschaft-afghanistan.de/in-dex.php?id=51). Einen solchen Pass besitzt der Antragsteller nach eigenen Angaben aber nicht.
26Für den ferner vorgelegten Flüchtlingsausweis der iranischen Behörden gilt im Ergebnis nichts anderes. Auch insoweit ist nicht davon auszugehen, dass der Ausstellung andere Personaldokumente zugrunde lagen, die Gewähr dafür bieten, dass die in ihnen beurkundeten Angaben richtig sind.
27Der iranische Impfausweis hat schließlich schon deshalb keine Relevanz, weil er nur in Kopie eingereicht wurde und ohnehin nicht einem amtlichen Personaldokument gleichzusetzen ist. Insofern mag dahinstehen, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass der dem Ausweis zugrunde liegende Vordruck nach im Internet verfügbaren Informationen (http://www.immunizationcards.org/irn-iran-islamic-repub-lic-of) erst ab dem Jahr 2009 Verwendung gefunden hat.
28Dass das Verwaltungsgericht auch auf die übereinstimmende Würdigung von drei Sozialarbeitern des Jugendamtes der Antragsgegnerin abgestellt hat, die, wie aus einem Vermerk vom 5. Juni 2014 hervorgeht, „bedingt durch sein äußeres Erscheinungsbild (Mimik, Gestik, körperliche Entwicklung, Bartwuchs, Kinngrube, Faltenbildung um die Augen, Stimmlage und Kehlkopfausprägung)“ eine Minderjährigkeit des Antragstellers ausgeschlossen haben, wird von der Beschwerde nicht beanstandet.
29Es ist auch nicht erkennbar, dass dem Antragsteller ohne die begehrte Anordnung schwerwiegende Nachteile im obengenannten Sinne drohen. Denn der Antragsteller hat seinerseits nicht alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, um sich der latenten Gefährdungssituation zu entziehen, der durch die Fortsetzung der Inobhut-nahme begegnet werden soll.
30Der Antragsteller ist nämlich grundsätzlich nach §§ 60 ff. SGB I - etwa auch nach § 62 SGB I - zur Mitwirkung an einer möglichst raschen Feststellung seines Alters verpflichtet,
31vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011 - 4 Bs 9/11 -, JAmt 2011, 472, juris,
32das ausschlaggebend dafür ist, ob er überhaupt Leistungsempfänger einer Maßnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII sein kann. Der Senat teilt auch die Auffassung, dass einen unbegleiteten Flüchtling im Rahmen der sozialrechtlichen Mitwirkungspflichten nach § 62 SGB I die Obliegenheit trifft, sein Einverständnis in eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seines Lebensalters zu erteilen,
33vgl. schon OVG NRW, Beschluss vom 28. September 2012 - 12 E 832/12 -, m. w. N., sowie jüngst Beschluss vom 10. Juli 2014 - 12 B 607/14 -,
34wobei sich dies ggfs. auch auf Röntgenuntersuchungen erstrecken kann.
35Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011 - 4 Bs 9/11 -, a. a. O.
36Vor dem Hintergrund, dass § 62 SGB I nicht dazu ermächtigt, den Antragsteller einer Sozialleistung durch Verwaltungsakt in vollstreckungsfähiger Weise zu verpflichten, sich ärztlich auf sein Alter untersuchen zu lassen,
37vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 23. Dezember 2010 - 4 Bs 243/10 -, juris,
38und auch im vormundschaftsrechtlichen Verfahren vor den Familiengerichten keine Handhabe besteht, dass sich der Betreffende ohne sein Einverständnis im Sinne einer Mitwirkungshandlung nach § 27 Abs. 1 FamFG einer Röntgenuntersuchung zur Altersfeststellung unterzieht,
39vgl. OLG Hamm - Familiensenat - , Beschluss vom 23. Januar 2014 - II-1 UF 179/13 -, m. H. a. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 -, FamRZ 2010, 720, juris; siehe auch: OLG Hamm, Beschluss vom 13. März 2006 - 4 UF 35/06 - juris,
40misst der Senat der dahingehenden Verweigerungshaltung mit Blick auf die infrage stehenden Rechtsgüter unter dem Gesichtspunkt des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I allerdings noch keine anspruchsausschließende Wirkung zu. Der Antragsteller verweigert sich indes vorliegend jeder körperlichen Untersuchung durch einen Arzt. Wenn die Voraussetzungen nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB I nicht vorliegen, ist jedenfalls in einer solchen - nicht röntgenologischen - wissenschaftlichen Altersuntersuchung jedoch weder ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch eine Rechtfertigung aus strafrechtlichen oder ethischen Gründen dafür zu sehen, dass sich der Hilfesuchende dem Nachweis des Vorliegens der in seiner Minderjährigkeit bestehenden Anspruchsvoraussetzung entzieht.
41Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Juli 2014
42- 12 B 607/14 - und vom 29. August 2005
43- 12 B 1312/05 -, NVwZ-RR 2006, 574, juris.
44Dass die medizinische Altersdiagnostik keine exakten Ergebnisse verspricht, wie der Antragsteller unter Hinweis auf
45Nowotny/Eisenberg/Mohnike, Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Strittiges Alter - strittige Altersdiagnostik, Deutsches Ärzteblatt 2014, Heft 18, A 786 ff.,
46zu belegen sucht, liegt in der Natur der Sache. Indes legt die Beschwerde nicht dar
47- und ist auch sonst nicht zu erkennen -, dass die Unsicherheiten bei der ärztlichen Altersfeststellung so weitreichend sind, dass Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen und es aus Sicht des Betroffenen daher von vornherein unverhältnismäßig erschiene, entsprechende Untersuchungen auf sich zu nehmen.
48Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs.2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
49Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Gegenstand der sozialen Rechte sind die in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen (Sozialleistungen). Die persönliche und erzieherische Hilfe gehört zu den Dienstleistungen.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.