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| Die zulässige Klage ist nicht begründet. |
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| Die fehlende Begründetheit ergibt sich nicht aus der Versäumung der Klagefrist im Sinne des § 46 Abs. 3 Satz 2 VBLS n. F. Denn die Klage gegen die beanstandete Mitteilung vom 11.07.2006 ist seit dem 03.01.2007 beim Landgericht anhängig (AS. 1) und wurde am 11.01.2007 der Beklagten zugestellt (AS. 17). Damit ist die 6-monatige Klagefrist eingehalten. |
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| Die Beklagte beruft sich zu Recht auf § 45 Abs. 1 Satz 3 VBLS n. F. und braucht dem Kläger daher für den Zeitraum vom 01.04.2006 bis zum 31.01.2007 keine Betriebsrente zu gewähren. |
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| § 45 Abs. 1 Satz 3 VBLS n. F. ist richtig angewandt und verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. |
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| 1. Auch das neue Satzungsrecht knüpft hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts des Versicherungsfalls grundsätzlich an das gesetzliche Rentenversicherungsrecht an. Bei Nicht-Sozialrentnern kann es allerdings naturgemäß keinen tatsächlichen Versicherungsfall im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht geben. Grundsätzlich verweist aber § 45 Abs. 1 Satz 1 VBLS n. F. auch hinsichtlich des Versicherungsfalls trotzdem auf § 33 VBLS n. F. und damit auf das gesetzliche Rentenversicherungsrecht. |
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| § 45 Abs. 1 Satz 3 VBLS n. F. erklärt nun aber, dass nicht die (fiktiven) Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern die Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung zu berücksichtigen seien, soweit es um die Wartezeiterfüllung in dem anderen Versicherungssystem geht. Nach dem Dafürhalten des Gerichts führt die Regelung des § 45 Abs. 1 VBLS n. F. insoweit zu einer Entkoppelung zwischen dem Satzungsrecht der Beklagten und denjenigen Regelungen, die für die zusätzlichen Altersvorsorgemaßnahmen des Versicherten gelten. |
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| Die Regelung des § 45 Abs. 1 VBLS n. F. stellt daher eine geänderte und insoweit „schlanke“, grundsätzlich aber dennoch inhaltsgleiche Regelung zu § 39 Abs. 2 VBLS a. F. dar. In § 39 Abs. 2 Satz 1 VBLS a. F. wurden die Versicherungsfälle des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts noch katalogartig im Einzelnen aufgeführt und die dortigen Wartezeitregelungen in Umlagemonaten umgerechnet. Auch aus regelungstechnischen Gründen und zur Vereinfachung des Umfangs der Satzung knüpft die Satzung in § 45 Abs. 1 VBLS n. F. an die Wartezeitregelungen des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts an. § 45 Abs. 1 VBLS n. F. enthält gegenüber der alten Regelung insoweit sogar eine versichertenfreundliche Verbesserung, als nunmehr nicht mehr auf die Umlagemonate, sondern auf die Pflichtversicherungsmonate abgestellt wird, weshalb beispielsweise Mutterschutzzeiten oder bestimmte Krankheitszeiten auch nach dem Satzungswortlaut von Relevanz sind. |
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| 2. Die Regelung ist mit höherrangigem Recht zu vereinbaren. |
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| a) Die Kontrollbefugnis des Gerichts ist bei der vorliegenden Fallkonstellation eingeschränkt (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.12.2006, Az. 12 U 91/05, OLGR Karlsruhe 2007, 156 f. = ZTR 2007, 317-322, juris-Randnr. 64-67). |
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| Die Satzungsbestimmungen der Beklagten unterliegen als Allgemeine Versicherungsbedingungen grundsätzlich einer Inhaltskontrolle nach den Vorschriften des AGB-Rechts (jetzt §§ 305 ff BGB). Auf den Schutz dieser Vorschriften dürfen sich auch die Versicherten berufen, obwohl sie nicht Partner des Versicherungsvertrages mit der Beklagten sind. Denn sie können aus dem Gruppenversicherungsvertrag mit ihrem Arbeitgeber unmittelbar Rechte herleiten (st. Rspr.: BGHZ 155, 132 unter II 2 a; BVerfG VersR 2000, 835 unter II 2 a und c). |
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| Allerdings beruht die im Streitfall relevante Bestimmung des § 45 der neuen Satzung auf wort- oder zumindest sinngleichen tarifvertraglichen Regelungen. Diese sind in den § 14 ATV (Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 01.03.2002) niedergelegt. Die Sonderregelungen für Nicht-Sozialrentner beruhen damit auf maßgebenden Grundentscheidungen der Tarifpartner, die als solche bewusst nicht den Trägern der Zusatzversorgung überlassen wurden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Grundentscheidungen der beteiligen Sozialpartner grundsätzlich hinzunehmen, weil die Ausgestaltung der Zusatzversorgung vor allem deren Konsens vorbehalten ist (vgl. BGHZ 103, 370, II 2 a; BGH VersR 2004, 319 unter II 2 b). Dies kann für das Satzungsrecht der Beklagten allerdings nur insoweit gelten, als die zugrunde liegenden tarifrechtlichen Regelungen ihrerseits mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Daher gelten für die Rechtskontrolle der Satzungsregelungen letztlich die für Tarifverträge eingreifenden Maßstäbe. |
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| Grundsätzlich gilt: Den Tarifpartnern steht bei der Gestaltung und Abänderung von Versorgungszusagen, die auf Tarifrecht beruhen, mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Sie sind jedoch an das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden und haben bezüglich vorhandener Besitzstände die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, gegebenenfalls auch im Rahmen des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 GG), zu beachten. Je stärker in eine bestehende Versorgungszusage eingegriffen wird, desto schwerwiegender müssen die Eingriffsgründe sein. |
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| Für die gerichtliche Überprüfung von Tarifrecht und darauf beruhendem Satzungsrecht ist wegen des überindividuellen Regelungsgehalts ein generalisierender Maßstab anzulegen (vgl. BGHZ 110, 241 unter II 2 b; BGH VersR 1994, 549 unter 1 d; BAGE 84, 38 unter IV 2 a m.w.N.; Höfer , Gesetz zur betrieblichen Altersversorgung, ART Rn. 627 ff m.w.N.). Soweit die Satzungsänderungen danach einer Kontrolle standhalten, kann die Beklagte allenfalls wegen besonderer Härte im Einzelfall gehalten sein, sich unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hierauf nicht (vollumfänglich) zu berufen (vgl. BGH VersR 2000, 1530 unter II; BGHZ 94, 334 unter II; BAG DB 2002, 1459 unter III; BAGE 84, 38 unter V; BAGE 54, 261 unter III). |
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| b) Die Entkoppelung von den sonstigen Altersvorsorgesystemen (vgl. oben 1.) ist gerade auch nach Abwendung vom Gesamtversorgungssystem nachvollziehbar und innerlich gerechtfertigt. Denn die Maßgeblichkeit der eigenen Versicherungszeiten nimmt darauf Rücksicht, dass auch nur für diese Versicherungszeiten Beiträge und Umlagen geleistet worden sind. |
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| Soweit bei Sozialrentnern allerdings für die Frage des Eintritts des Versicherungsfalls auf das gesetzliche Rentenversicherungsrecht in vollem Umfang abgestellt wird und auch insbesondere hinsichtlich der Frage, ob eine ausreichende Zahl von Versicherungsmonaten vorliegt, war dies auch aus Gründen der Verwaltungseffizienz eine naheliegende Regelung. Insbesondere kann auf diese Weise gewährleistet werden, dass der Bescheid des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zum Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls im dortigen Altersversorgungssystem tauglich ist (vgl. § 33 Satz 2 VBLS n. F.). |
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| c) Aufgrund der Vielfalt der berufsständischen Versicherungssysteme und der möglichen Vertragsgestaltungen sowie der Möglichkeit erheblicher Abweichungen bei der Vertragsdurchführung im Einzelfall muss die Beklagte bei Nicht-Sozialrentnern hinsichtlich der Frage des Eintritts des Versicherungsfalls nicht auf die Regelungen des jeweiligen Versicherungssystems verweisen (vgl. Rechtsprechung des OLG Karlsruhe zur Frage der Anrechnung fiktiv errechneter Lebensversicherungsbezüge: Urteil vom 21.09.2006, Az. 12 U 431/04, juris-Rdn. 23). |
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| Diese Abkoppelung von den Versicherungszeiten des fremden Altersversorgungssystems kann dazu führen, dass anders als bei Sozialrentnern ein Gleichlauf zwischen dem Beginn der VBL-Rente und der „Hauptrente“ nicht mehr gewährleistet ist. Dies kann dem Versicherten - wie im vorliegenden Fall - zum Nachteil gereichen, es kann ihm aber auch zum Vorteil gereichen. |
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| Denn immerhin ist denkbar, dass es Vertragsregelungen bei bestimmten Altersversicherungssystemen gibt, die längere Versicherungszeiten als in der vom Satzungsrecht der Beklagten fiktiv herangezogenen gesetzlichen Rentenversicherung verlangen. |
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| Die von der Klägerseite vorgeschlagene Lösungsmöglichkeit, dass die Satzung hinsichtlich des Eintritts des Versicherungsfalls auf das fremde Altersversorgungssystem verweisen könnte, ist auch aus folgendem Grund nicht ausreichend: Es gibt auch Altersversorgungssysteme, die überhaupt gar keine Wartezeitregelung kennen. Bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen mögen solche Wartezeitregelungen noch Standard sein, bei befreienden Lebensversicherungen allerdings schon nicht mehr (vgl. hierzu § 40 Abs. 2 Buchstabe d) VBLS a. F.). Auch hier war es sinnvoll, eine einheitliche Regelung für alle Arten von Nicht-Sozialrentnern zu schaffen. |
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| d) Soweit es dem Kläger darum geht, dass bei ihm insbesondere die Ausbildungszeiten anders als bei Sozialrentnern nicht zur Beschleunigung des Eintritts des Versicherungsfalls dienen, ist die Satzungsregelung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. |
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| Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Kläger bereits nicht substantiiert vorträgt, welche Ausbildungszeiten bei ihm im Einzelnen vorliegen und welche Ausbildungszeiten im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht fiktiv Berücksichtigung finden können. |
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| Außerdem ist zumindest bei rentennahen Pflichtversicherten wie dem Kläger weiterhin zu betonen, dass zumindest bei der Berechnung der Startgutschrift der Gesamtversorgungsgedanke von erheblicher Bedeutung ist. Im Rahmen der Berechnung der Anwartschaft zum 31.12.2001 nach den alten Satzungsregelungen und der Übergangsvorschrift des § 79 Abs. 2 VBLS n. F. spielt indes die Höhe der gesetzlichen Rente bei Sozialrentnern eine maßgebliche Rolle. Je höher die gesetzliche Rente des Sozialrentners war, desto niedriger fiel im Gesamtversorgungssystem seine Zusatzrente aus. Weil sich insbesondere durch die Ausbildungszeiten und auch sonstige Anrechnungszeiten die gesetzliche Rente erhöhen konnte und sich damit die Anwartschaft zum Umstellungsstichtag erniedrigte, profitierte die VBL bei Sozialrentnern auch von diesen Anrechnungszeiten. Deshalb ist es gerechtfertigt bei Sozialrentnern diese Vorteile, wenn auch an anderer systematischer Stelle, den Versicherten weiterzugeben. Weil die Beklagte bei einem nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten derartige Vorteile aufgrund von Anrechnungszeiten nicht erhielt, kann sie ihm derartige Vorteile auch nicht weiterreichen (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 22.11.1996, Az. 6 O 292/96; Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Stand: 01. August 2002, § 39, Blatt B 132). |
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| e) Zutreffend weist allerdings die Klägerseite - auch mit Blick auf Art. 12 und Art. 3 GG - darauf hin, dass es denjenigen Versicherten mit langen Ausbildungszeiten nicht übermäßig erschwert werden darf, in den Genuss einer vollen und rechtzeitigen Rente zu gelangen. |
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| Dies hat der Bundesgerichtshof insbesondere in einer Entscheidung vom 14.11.2007 (Az. IV ZR 74/06) betont, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass der Schluss der hiesigen mündlichen Verhandlung vor diesem Urteil lag und das Urteil des BGH bei Absetzung der vorliegenden Entscheidung noch nicht mit den Entscheidungsgründen zugänglich war. |
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| Für den Kläger im hiesigen Verfahren kann diese Entscheidung allerdings keine Bedeutung haben. Denn der Kläger des hiesigen Verfahrens hätte entsprechend der Wartezeitregelung bei der Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI) beim Vorliegen von 35 Jahren Pflichtversicherungszeiten bereits in den Genuss einer Betriebsrente kommen können. |
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| Soweit der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung beanstandete, dass insbesondere für Akademiker die dort vorausgesetzten 44,44 Pflichtversicherungsjahre praktisch nicht erreichbar seien, ist diese Konstellation nicht auf das Erfordernis des Erreichens von 35 Pflichtversicherungsjahren übertragbar und auch nicht mit diesem Erfordernis vergleichbar. |
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| f) Soweit der Kläger sich gegenüber Frauen benachteiligt sieht, ist für die Kammer weder im Satzungsrecht der Beklagten noch in dem in Bezug genommenen gesetzlichen Rentenversicherungsrecht ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz erkennbar. Einzelne Privilegierungen der Frauen im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht beruhen auf nicht angreifbaren sozialpolitischen Entscheidungen, die auch dem Umstand Rechnung tragen, dass viele Frauen weiterhin im Erwerbsleben tatsächlich benachteiligt sind und wegen ihrer Familienarbeit nur eingeschränkt dem sonstigen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Zwischen Männern und Frauen besteht insofern also noch ein so wesentlicher Unterschied, dass die Privilegierung von Frauen in der genannten Hinsicht keine Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten darstellt. |
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| Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. |
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| Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus dem Gesetz und nimmt Rücksicht auf die diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 5 der Klageschrift (AS. 11). |
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