Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2018 - XII ZB 146/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Gründe:
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- Die Rechtsbeschwerde, mit der die Staatskasse die Zuerkennung eines erhöhten Vergütungsstundensatzes von 33,50 € zugunsten der Betreuerin be- anstandet, hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Beschwerdegerichts.
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- 1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in juris veröffentlicht ist, vertritt die Auffassung, dass die Betreuerin durch ihre im Jahr 1992 abgeschlossene Ausbildung zur Krankengymnastin (heutige Berufsbezeichnung: Physiotherapeutin) für die Betreuung nutzbare Kenntnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG erworben habe. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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- a) Im rechtlichen Ausgangspunkt geht das Beschwerdegericht zwar zutreffend davon aus, dass es sich bei der Ausbildung zur Krankengymnastin um eine abgeschlossene Ausbildung handelt, die einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar ist, § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG. Weiter zutreffend geht das Beschwerdegericht von der Notwendigkeit der Feststellung aus, dass ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung von Wissen gerichtet ist, welches für die Betreuung nutzbar ist und über ein Grundwissen deutlich hinausgeht. Bei der Entscheidung über eine erhöhte Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG muss der Tatrichter deshalb eine konkrete Betrachtung des tatsächlichen Inhalts der Ausbildung vornehmen, insbesondere den Umfang der für die Betreuung nutzbaren Ausbildungsinhalte bzw. deren Anteil an der Gesamtausbildungszeit feststellen und in die Würdigung einbeziehen, inwieweit diese Kenntnisse selbständiger und maßgeblicher Teil der Abschlussprüfung sind (Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 123/14 - FamRZ 2015, 1794 Rn. 5).
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- b) Die Rechtsbeschwerde beanstandet aber zu Recht, dass das Beschwerdegericht den Inhalt der Ausbildung fehlerhaft ermittelt hat, indem es seinen Feststellungen die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten vom 6. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3786; PhysTh-APrV) zugrunde gelegt hat. Maßgeblich für die im Jahr 1992 abgeschlossene Ausbildung der Betreuerin waren demgegenüber die aufgrund von § 12 des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten vom 21. Dezember 1958 (BGBl. I 1958, 985; MBKG) erlassene Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankengymnasten vom 7. Dezember 1960 (BGBl. I 1960, 885; KrGymAPO) mit Änderung vom 25. Juni 1971 (BGBl. I 1971, 847). Diese weicht nicht nur im zeitlichen Umfang, sondern auch hinsichtlich der Inhalte der Ausbildung und der Prüfung von der im Jahr 1994 erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten ab (vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 123/14 - FamRZ 2015, 1794 Rn. 3).
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- Nicht tragfähig ist die Annahme des Beschwerdegerichts, es komme im Interesse eines einfach handhabbaren und typisierten Vergütungsaufbaus nach § 4 VBVG nicht darauf an, in welchem Jahr ein Betreuer seine Ausbildung abgeschlossen habe, ob die Ausbildung in der Zwischenzeit unbenannt worden sei oder ob Ausbildungsinhalte hinzugekommen oder gestrichen worden seien. Maßgeblich für die erhöhte Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG sind die betreuungsrelevanten Kenntnisse, die durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare Ausbildung - tatsächlich - erworben worden sind. Welche Kenntnisse ein Betreuer tatsächlich erworben hat, kann nur anhand der seiner Ausbildung zugrunde liegenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung beurteilt werden und nicht anhand eines typisierenden Vergleichs mit anderen Personen , die aufgrund anderer Ausbildungs- und Prüfungsinhalte die gleiche Berufsbezeichnung führen dürfen.
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- 2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist an eine andere Kammer des Beschwerdegerichts zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 3 FamFG), damit diese die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
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- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Kenntnis- se, die in vergütungsrelevanter Weise „für die Betreuung nutzbar“ sind, werden im Hinblick darauf, dass es sich bei der Betreuung um eine rechtliche Betreuung handelt (§ 1901 BGB), regelmäßig Rechtskenntnisse sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2018 - XII ZB 452/17 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 21. Mai 2014 - XII ZB 98/14 - FamRZ 2014, 1361 Rn. 11 mwN). Auch vor diesem Hintergrund wird sich das Beschwerdegericht mit dem Vorbringen der Staatskasse auseinanderzusetzen haben, wonach die Ausbildung zur Krankengymnastin bzw. Physiotherapeutin im Kernbereich auf die Erlernung von praktischen Behandlungstechniken gerichtet gewesen sei, welche die Betreuerin im Rahmen der Betreuung nicht nutzen könne, weil sie den Betroffenen nicht behandle, während ihr theoretisches Wissen allenfalls im Bereich der Gesundheitssorge und dort auch nur mittelbar im Rahmen des Hinwirkens auf eine Therapie und deren Überwachung zur Anwendung gelangen könne.
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- 3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen. Dose Günter Nedden-Boeger Botur Guhling
AG Darmstadt, Entscheidung vom 20.03.2015 - 503 XVII 493/14 (V) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 15.03.2017 - 5 T 237/15 -
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(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.
(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.
(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung
- 1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind; - 2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.