Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2011 - I ZB 93/10

published on 21/07/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2011 - I ZB 93/10
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Amtsgericht Rüsselsheim, 41 M 2185/10, 18/08/2010
Landgericht Darmstadt, 5 T 511/10, 24/11/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 93/10
vom
21. Juli 2011
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die bloße Änderung des Namens oder der Firma einer Partei steht der Vollstreckung
eines Titels dann nicht entgegen, wenn der Gläubiger die Personenidentität
dem zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden
zweifelsfrei nachweist.

b) Dass die Namensänderung bzw. Umfirmierung einer Partei in der Vollstreckungsklausel
nicht vermerkt ("beigeschrieben") wird, führt lediglich dazu,
dass das zuständige Vollstreckungsorgan, das zu eigenen Ermittlungen hinsichtlich
der Parteiidentität zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, die
Durchführung der Vollstreckung mit der Begründung verweigern kann, diese
Identität lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen.
BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZB 93/10 - LG Darmstadt
AG Rüsselsheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Darmstadt vom 24. November 2010 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.500 €.

Gründe:


1
I. Die Gläubigerin, die früher als "Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG" firmiert hat und seit 15. Dezember 2009 mit ihrer gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom 30. September 2009 geänderten Firma UniCredit Bank AG ins Handelsregister eingetragen ist, betreibt gegen die Schuldnerin aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde vom 8. Oktober 1993 die Zwangsvollstreckung. Nachdem ein Vollstreckungsversuch erfolglos geblieben und die Schuldnerin dem daraufhin anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unentschuldigt ferngeblieben war, ist auf Antrag der Gläubigerin gegen die Schuldnerin am 18. August 2010 Haftbefehl ergangen. Die von der Schuldnerin dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.
2
Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Gläubigerin beantragt, verfolgt die Schuldnerin ihren Antrag auf Aufhebung des gegen sie am 18. August 2010 ergangenen Haftbefehls weiter.
3
II. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
4
Ein Gläubiger, der nach einer zwischenzeitlich erfolgten Namensänderung die Zwangsvollstreckung weiterbetreibe, bedürfe nur dann einer neuen vollstreckbaren Ausfertigung, wenn seine Identität nicht eindeutig festgestellt werden könne. Danach sei im Streitfall keine neue oder geänderte Vollstreckungsklausel erforderlich. Die Gläubigerin sei nicht Rechtsnachfolgerin der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG, sondern dieselbe (juristische) Person, die lediglich ihre Firma geändert habe. Ob die Identität zwischen der vollstreckenden und der im Titel bezeichneten Gläubigerin bereits offenkundig sei, könne dahinstehen; denn dies ergebe sich zumindest aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug. Für eine seitens der Schuldnerin völlig unsubstantiiert behauptete Verschmelzung der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG auf eine schon vorher existierende UniCredit AG bestünden keinerlei Anhaltspunkte.
5
III. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
6
1. Das Beschwerdegericht ist mit Recht und insoweit von der Rechtsbeschwerde auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass die bloße Änderung des Namens oder der Firma einer Partei der Vollstreckung eines Titels dann nicht entgegensteht, wenn der Gläubiger die Personenidentität dem zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachweist (vgl. BayObLG, NJW 1956, 1800 f.; LG Hannover, JurBüro 2005, 275; LG Augsburg, Beschluss vom 19. Februar 2010 - 4 T 4358/08, juris Rn. 54; Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 750 Rn. 13 und 20, jeweils mwN).
7
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, die Gläubigerin habe diesen Nachweis mit der von ihr vorgelegten notariell beglaubigten Abschrift der "Bescheinigung aus dem Handelsregister" des Notars Dr. K. vom 8. März 2010 geführt.
8
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde unterliegt der Beweiswert einer von einem Notar aufgrund Einsicht in das elektronische Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts erstellten Bescheinigung über die dortigen Akteneintragungen keinen grundsätzlichen Bedenken.
9
b) Aus der Bescheinigung des Notars Dr. K. vom 8. März 2010 ergibt sich, dass die Gläubigerin früher als Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft firmiert hat. Damit ist insoweit keine Rechtsnachfolge eingetreten. Dass der Grund für die Umfirmierung darin lag, dass die Bayerische Hypound Vereinsbank Aktiengesellschaft zur selben Zeit von der UniCreditUnternehmensgruppe übernommen wurde, ist unerheblich.
10
c) Aus der Bescheinigung vom 8. März 2010 ergibt sich zwar des Weiteren , dass die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank Aktiengesellschaft, auf die der hier zu vollstreckende Titel lautete, gemäß Eintragung vom 31. August 1998 auf die gemäß Eintragung vom selben Tag in "Bayerische Hypo- und Vereinsbank Aktiengesellschaft" umfirmierte Bayerische Vereinsbank Aktiengesellschaft verschmolzen worden ist. Dem Erfordernis der Klauselumschreibung , das damit entstanden war (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 24. August 2009 - 5 W 183/08, juris Rn. 7; Kroppenberg in Prütting /Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 727 Rn. 4), ist jedoch ausweislich der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde mit der am 29. August 2003 erfolgten Erteilung einer entsprechend geänderten vollstreckbaren Ausfertigung entsprochen worden.
11
d) Es liegt fern, dass die Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, der diese geänderte Vollstreckungsklausel erteilt worden ist, nicht personenidentisch mit der namensgleichen Aktiengesellschaft war, die nach der am 15. Dezember 2009 erfolgten Eintragung ins Handelsregister in die Gläubigerin des vorliegenden Verfahrens umfirmiert wurde. Diese Möglichkeit brauchte daher auch von den Vorinstanzen ohne entsprechenden Vortrag der Schuldnerin nicht in Betracht gezogen zu werden.
12
e) Die von der Schuldnerin vorgelegten gerichtlichen Entscheidungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung, weil sie - jedenfalls soweit ersichtlich - die am 15. Dezember 2009 in das Handelsregister eingetragene Umfirmierung der Gläubigerin fälschlich als Rechtsnachfolge bewerten. Die von der Schuldnerin des Weiteren vorgelegte Vollstreckungsklausel vom 15. Februar 2010 ist der Gläubigerin aufgrund (vermeintlicher) Offenkundigkeit erteilt worden. Damit stellte der Umstand, dass die Gläubigerin dort als Rechtsnachfolgerin der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG bezeichnet worden ist, ebenfalls kein aussagekräftiges Indiz für eine Rechtsnachfolge dar.
13
3. Das Beschwerdegericht hat es mit Recht auch als verzichtbar angesehen , dass die Umfirmierung in der Vollstreckungsklausel vermerkt ("beigeschrieben" ) wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2004 - IXa ZB 262/03, DGVZ 2004, 73, 74; MünchKomm.ZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 726 Rn. 69; Walker in Schuschke/Walker aaO § 750 Rn. 13 und 20; aA Musielak/Lackmann, ZPO, 8. Aufl., § 727 Rn. 1; Kroppenberg in Prütting/Gehrlein aaO § 727 Rn. 4; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., Einf §§ 727-729 Rn. 5 "Neuer Name"). Die Rechtsbeschwerde weist in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf hin, dass im Zwangsvollstreckungsrecht der Grundsatz der Formstrenge gilt und dass die Vollstreckungsorgane in Fällen, in denen die Bezeichnung des Titelgläubigers von der Bezeichnung desjenigen abweicht, der die Vollstreckung betreibt, keine Verpflichtung zu eigenen Ermittlungen trifft. Entscheidend ist hier vielmehr, dass die Vollstreckungsorgane berechtigt sind, die Frage der Identität der Parteien zu prüfen. Ein Vollstreckungsgläubiger, der es unterlässt, einen die Identität klarstellenden Vermerk bei der Stelle zu erwirken, die die vollstreckbare Ausfertigung des Titels erstellt (hat), läuft daher zwar Gefahr, dass das Vollstreckungsorgan die Durchführung der Vollstreckung mit der Begründung verweigert , die Parteiidentität lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen. Das Vollstreckungsorgan ist aber nicht gehindert, die Identität der Parteien mit den in der Vollstreckungsklausel genannten Personen im Wege eigener Ermittlungen festzustellen. Wer als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen wird, wird hierdurch nicht unbillig belastet; denn ihm steht die Möglichkeit offen, die Bejahung der Identität durch das Vollstreckungsorgan mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen anzugreifen.
14
IV. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde unbegründet und deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
RiBGH Pokrant ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Bornkamm Schaffert
RiBGH Dr. Löffler ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Kirchhoff Bornkamm
Vorinstanzen:
AG Rüsselsheim, Entscheidung vom 18.08.2010 - 41 M 2185/10 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 24.11.2010 - 5 T 511/10 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab
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Annotations

(1) Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers sowie gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der in Streit befangenen Sache, gegen die das Urteil nach § 325 wirksam ist, erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

(2) Ist die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen.

(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)