Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2018 - 2 StR 224/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 2. auf dessen Antrag – am 10. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den im Tatzeitraum 16 bzw. 17 Jahre alten Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen und Verbreitens pornographischer Schriften zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig.
- 3
- 2. Die materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch und der Verhängung einer Jugendstrafe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere hat das Landgericht rechtsfehlerfrei dargelegt , dass die Schwere der Schuld die Verhängung einer Jugendstrafe erfordert. Die Erwägungen des Landgerichts zur Höhe der verhängten Jugendstrafe halten hingegen revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 4
- Das Landgericht durfte der Jugendstrafe nicht einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zugrunde legen. Das Mindestmaß der Jugendstrafe bei Jugendlichen beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre (§ 18 Abs. 1 Satz 1 JGG). Nur wenn es sich bei der Tat um ein Verbrechen handelt, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, beträgt das Höchstmaß zehn Jahre (§ 18 Abs. 1 Satz 2 JGG). Da der Angeklagte zur Tatzeit nicht volljährig war, liegen die Voraussetzungen eines Verbrechens nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht vor. Deshalb hat die Jugendkammer zutreffend nur ein Vergehen gemäß § 176 Abs. 1 StGB angenommen, für das jedoch lediglich der Strafrahmen des § 18 Abs. 1 Satz 1 JGG eröffnet ist.
- 5
- Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Zumessung der Jugendstrafe auf diesem Rechtsfehler beruht.
- 6
- Die zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
- 7
- Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht bei der Bemessung der Jugendstrafe zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass dieser sich das gegen ihn geführte Ermittlungsverfah- ren nicht habe zur Warnung dienen lassen, ohne dass die Feststellungen belegen , wann diese Ermittlungen geführt wurden und seit wann dem Angeklagten diese bekannt waren. Zwar kann dem Umstand, dass ein Angeklagter trotz eines gegen ihn anhängigen Ermittlungsverfahrens weitere Straftaten begeht, Indizwirkung für seine fehlende Rechtstreue beigemessen werden (Senat, Beschluss vom 11. November 2015 – 2 StR 272/15, NStZ-RR 2016, 7, 8 mwN). Der notwendige Rückschluss auf die Täterpersönlichkeit ist jedoch erst dann eröffnet, wenn der Angeklagte im Zeitpunkt der weiteren Taten Kenntnis von den gegen ihn laufenden Ermittlungen hatte (BGH, Urteil vom 4. November 2014 – 1 StR 233/14, juris Rn. 4). Schäfer RiBGH Dr. Appl befindet Krehl sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Zeng Schmidt
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.