Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 12 C 16.1162

bei uns veröffentlicht am30.06.2016

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts B. vom 17. Mai 2016 - B 3 K 16.183 - wird aufgehoben.

II.

Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ... aus ... beigeordnet.

Gründe

I.Der Kläger begehrt Gewährung von Vollzeitpflege für seinen Sohn Veron durch dessen Großmutter als Pflegeperson. Er ist Vater zweier Kinder, Valero, geb. am ... 2009 und Veron, geb. am ... 2014. Seine Frau verstarb am ... 2014 bei einem Autounfall, bei dem auch die beiden gemeinsamen Kinder mit ihr auf der Rückbank des verunglückten Fahrzeugs saßen und erheblich verletzt wurden. Veron erlitt aufgrund des Umstandes, dass er aus dem Fahrzeug herausgeschleudert wurde, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Impressions-Kalottenfraktur, eine kleine Epiduralblutung und eine sehr kleine intraparenchymatöse Blutung. In der Behandlung zeigte Veron Krampfanfälle und eine (Blutungs-) Anämie sowie Rumpfhypotonie und Linksseitenschwäche. Insoweit zeigte sich bei der Motorik der Arme eine leichte Schwäche, die im Behandlungsverlauf rückläufig war. Wie sich die Unfallverletzungen auf Verons weitere Entwicklung auswirken, konnte noch nicht abgeschätzt werden. Das Kind Valero zog sich bei dem Unfall eine Unterarmfraktur zu. Seit dem Unfall ist der Kläger alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge. Am 9. August 2014 bevollmächtigte er die Großmutter der Kinder, das elterliche Sorgerecht für ihn wahrzunehmen.

1. Unter dem 8. Oktober 2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er aufgrund seiner Berufstätigkeit nur die Pflege seines Kindes Valero zu leisten vermöge. Das Kind Veron befinde sich bei seiner Großmutter. Es benötige „Mutterliebe“. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2014 teilte der inzwischen eingeschaltete Rechtsanwalt B. der Beklagten mit, dass für die Großmutter ein rechtsmittelfähiger Bescheid über das beantragte Pflegegeld für Veron begehrt werde. Daraufhin erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Dezember 2014, dass kein Antrag auf Pflegegeld vorliege. Einen solchen müsse der Kläger stellen. Mit Schreiben vom 20. Januar 2015 leitete Rechtsanwalt B. den Antrag des Klägers auf Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege an die Beklagte weiter. Zur Begründung führte er aus, der Kläger müsse ab Juli wieder arbeiten, so dass sich die Großmutter während der Arbeitszeit um beide Kinder kümmern müsse.

2. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2015 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Erziehung des Kindes Veron sei gesichert. Die bloße Berufstätigkeit des Klägers reiche als Grund für eine Erziehungshilfe nicht aus.

Am 31. März 2015 beendete der Kläger seine Elternzeit und begann ab 1. April 2015 als Staplerfahrer in Vollzeit zu arbeiten. Mit Schreiben vom 28. Mai 2015 stellte auch die Großmutter einen Antrag auf Vollzeitpflege, woraufhin die Beklagte ihr mit Schreiben vom 3. Juni 2015 mitteilte, dass sie nicht antragsberechtigt sei.

3. Mit Schreiben vom 26. Juni 2015 stellte der Kläger (erneut) einen Antrag auf Erziehungshilfe in Form von Vollzeitpflege, welchen die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17. Juli 2015 ablehnte. Zur Begründung führte sie aus, die bloße Berufstätigkeit eines alleinerziehenden Elternteils begründe keinen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung. Es müssten weitere Gründe in Form von erzieherischen Schwierigkeiten hinzukommen. Solche lägen nicht vor. Andere Hilfearten wie die Unterbringung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege habe der Kläger abgelehnt.

4. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 3. August 2015 Widerspruch ein. Nicht seine Berufstätigkeit, sondern der Tod seiner Ehefrau und die damit verbundenen Probleme, die Kinder zu ihrem Wohl zu erziehen, seien ausschlaggebend für seinen Antrag. Veron benötige aufgrund des Verlustes seiner Mutter mehr Aufmerksamkeit als vergleichbare Kinder. Ambulante Hilfen reichten nicht aus, da sie die aktuellen Bindungen zerstörten, was für Veron traumatisch wäre. Anlässlich eines Hausbesuchs des Jugendamts am 30. September 2015 erklärte die Großmutter, dass sie keine sozialpädagogische Anleitung für die Betreuung und Versorgung benötige. Veron sehe seinen Bruder täglich und seinen Vater alle zwei Tage.

5. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2016 wies die Regierung von Oberfranken den Widerspruch zurück. Anlässlich des Hausbesuchs am 30. September 2015 seien keine erhöhten Fürsorge- und Aufmerksamkeitsbedürfnisse bei Veron festgestellt worden. Ungeachtet dessen bestünden an der Geeignetheit der Großmutter als Pflegestelle für Veron ernstzunehmende Zweifel, weil sie im Rahmen des Hausbesuches angegeben habe, keine sozialpädagogische Anleitung bei der Betreuung zu benötigen.

6. Mit Schriftsatz vom 2. März 2016 ließ der Kläger hiergegen Klage mit dem Antrag erheben, den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2016 aufzuheben und diese zu verpflichten, ihm Erziehung in Vollzeitpflege in Form der Verwandtenpflege nach §§ 27, 33 SGB VIII zu gewähren und Pflegegeld nach § 39 SGB VIII zu zahlen. Mit weiterem Schreiben vom 29. März 2016 beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Bei ersten Krabbelversuchen von Veron hätten sich motorische Probleme ergeben. Mit dem Laufen habe Veron erst mit 14 bzw. 15 Monaten, also vergleichsweise spät, begonnen. Seitens des Klinikums B. bestehe die nachdrückliche Empfehlung, mit Veron sehr vorsichtig umzugehen, da etwaige weitere Kopftraumata im Hinblick auf die unfallbedingten Verletzungen und deren Folgen kritisch zu bewerten seien. Unter Berücksichtigung des Alters von Veron könne noch nicht abgeschätzt werden, inwieweit sich der Unfall auch auf seine kognitiven Fähigkeiten ausgewirkt habe. Auch das Kind Valero sei durch den Unfall verletzt und vor allem psychisch traumatisiert worden. Die daraus resultierende Problematik bedürfe kontinuierlicher Behandlung und Zuwendung. Der Ablehnungsbescheid berücksichtige die schweren unfallbedingten Verletzungen von Veron und deren Folgen wie Krampfanfallneigung, Rumpfhypotonie und Linksseitenschwäche nicht. Hieraus ergebe sich ein überdurchschnittlicher Betreuungsaufwand. Ungeachtet dessen seien bereits konkrete Entwicklungsdefizite aufgetreten. Insoweit reichten weder eine ambulante Hilfe noch die Betreuung in einer Kindertagesstätte aus. Erforderlich sei eine individuelle Betreuung durch eine mit der konkreten Problematik vertraute Person. Eine solche könne nur die Großmutter bieten. Der Kläger selbst sei mit der von ihm zu leistenden überdurchschnittlich anspruchsvollen Erziehung von Valero belastet. Die Erziehung beider Kinder könne er nicht bewerkstelligen. Anlässlich des Hausbesuchs am 30. September 2015 habe die Großmutter lediglich klarmachen wollen, dass sie sich durchaus in der Lage sehe, das Kind zu versorgen. Aufgrund ihres nur gebrochenen Deutsches sei es wohl zu einem Missverständnis gekommen. Eine mangelnde Kooperationsbereitschaft mit dem Jugendamt liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 12. April 2016 beantragte die Beklagte, die Klage abzuweisen. Anlässlich des Hausbesuchs seien keine erhöhten Fürsorge- und Aufmerksamkeitsbedürfnisse bei Veron festgestellt worden. Das verspätete Laufen-Lernen an sich begründe noch keine Entwicklungsverzögerung. Ein erhöhter Betreuungsaufwand sei weder im Hilfeantrag, noch bei den Gesprächen thematisiert worden, noch habe die Fachkraft beim Hausbesuch einen solchen erkennen können. Ein besonderer, nur durch die Erziehung durch die Großmutter zu deckender erzieherischer Bedarf sei nicht ersichtlich. Dem Kläger seien ambulante Hilfen zur Erziehung in Form von Tagespflege oder Unterbringung in einer Kindertagesstätte für die Zeit seiner berufsbedingten Abwesenheit angeboten worden. Gründe, warum der Kläger sich in seiner arbeitsfreien Zeit nicht selbst um seine Söhne kümmern könne, seien ebenso wenig ersichtlich wie eine Einschränkung der Erziehungseignung des Klägers. Soweit sich der Kläger nicht in der Lage sehe, beide Kinder zu erziehen, sei eine pädagogische Familienhilfe denkbar. Der Kläger habe die angebotenen Hilfen von vorneherein abgelehnt.

7. Mit Beschluss vom 17. Mai 2016, dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 20. Mai 2016, lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage ab. Nach summarischer Prüfung bestehe kein für die Gewährung einer Vollzeitpflege ausreichender erzieherischer Bedarf. Die behauptete Mangelsituation liege ausschließlich darin, dass der Kläger neben seiner Berufstätigkeit keine Zeit für die Kinder habe. Ein „echter“ erzieherischer Bedarf Verons, der zur Gewährung von Vollzeitpflege führen könne, sei - jedenfalls derzeit - nicht ersichtlich. Ein (angeblich) verspätetes Laufen-Lernen beruhe nicht auf erzieherischen Defiziten, sondern auch - und wahrscheinlicher - auf den unfallbedingten medizinischen Indikationen.

Ungeachtet dessen stehe der Beklagten als Jugendhilfeträger für die konkreten Hilfemaßnahmen ein Entscheidungsspielraum zu. Dieser sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Fehler bei der Auswahl der vorgeschlagenen Hilfen zur Erziehung seien nicht ersichtlich. Eine Verengung des Spielraums auf die Vollzeitpflege durch die Großmutter als einzige taugliche Maßnahme sei nicht zu erkennen. Soweit der Kläger anführe, dass nur durch die kontinuierliche Pflege einer mit der Gesamtsituation vertrauten Person eine ausreichende Versorgung von Veron sichergestellt werden könne, sei dem entgegenzuhalten, dass sich aus den medizinischen Gutachten und fachlichen Einschätzungen ergebe, dass Veron weitgehend normal entwickelt sei. Ungeachtet dessen stelle eine bloße Arbeitserleichterung im Umgang mit den Kindern ohne Hilfe im erzieherischen oder entwicklungsbezogenen Bereich keine Maßnahme der Hilfe zur Erziehung dar. Auf die Frage der Geeignetheit der Großmutter als Pflegeperson komme es damit nicht an. Ferner seien auch dem Kläger tatsächlich entstandene Kosten aktuell nicht ersichtlich.

8. Mit der am 3. Juni 2016 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Beschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ein erzieherischer Bedarf liege nicht nur oder erst dann vor, wenn bei einem Kind oder Jugendlichen körperliche oder geistige Reifedefizite festzustellen seien, sondern könne sich ohne Weiteres auch bereits aus tatsächlichen objektiven Umständen, wie etwa dem Wegfall der Mutter ergeben, ohne dass es darüber hinaus der positiven Feststellung etwa einer Reifeverzögerung bedürfe. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, ein „echter erzieherischer Bedarf Verons“, sei nicht ersichtlich, könne die Ablehnung von Prozesskostenhilfe infolgedessen nicht rechtfertigen. Soweit in der angefochtenen Entscheidung darüber hinaus die Auffassung vertreten werde, aus den vorliegenden medizinischen Gutachten und fachlichen Einschätzungen ergebe sich, dass Veron weitgehend normal entwickelt sei und damit keinerlei Anhaltspunkte für die vorgebrachten Befürchtungen bestünden, werde einer im Hauptsacheverfahren durchzuführenden Beweiserhebung in unzulässiger Weise vorgegriffen. Bislang seien keine Gutachten eingeholt worden, die sich mit der Frage physischer und psychischer Langzeitfolgen für Veron aufgrund des Unfallereignisses beschäftigten. Insoweit sei Beweis durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten angeboten worden. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts erweise sich deshalb als unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung. Das Kind habe aufgrund des Unfalls schwerste Verletzungen davon getragen, die eine besondere Betreuungsbedürftigkeit nachvollziehbar erscheinen ließen und deshalb Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts böten. Aus der zuletzt seitens der Großmutter tatsächlich geleisteten Betreuung dürfe nicht geschlossen werden, dass diese auch in Zukunft zur unentgeltlichen Aufrechterhaltung dieser Leistung bereit sei. Vielmehr habe die Großmutter mit ihrer eigenen Antragstellung auf Zahlung eines Pflegegeldes deutlich gemacht, dass sie nur bei entsprechender finanzieller Unterstützung bereit sei, diese weiterhin zu gewähren.

Die Beklagte tritt dem in ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 2016 entgegen. Sie verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Ein Bedarf für eine Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII bestehe entgegen der Ansicht des Klägers nicht. Das Jugendamt sei im Rahmen der jugendhilferechtlichen Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass der erzieherische Bedarf des Kindes durch ambulante Hilfen gedeckt werden könne. Dem Kläger sei die Unterbringung des Kindes während der Arbeitszeit in einer Kindertageseinrichtung bzw. in Kindertagespflege angeboten worden. Um einer Überforderung des Klägers bei der Erziehung entgegenzuwirken, komme der Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe in Betracht. Solche Hilfen habe der Kläger jedoch abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu Unrecht versagt. Der beabsichtigten Klage kann gemessen am spezifischen prozesskostenhilferechtlichen Erfolgsmaßstab einer lediglich summarischen Prüfung - jedenfalls nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand - eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO).

1. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt bereits eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Klage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 166 Rn. 8 m. w. N.). Mit Blick auf die Rechtschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten dürfen die Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten nicht überspannt werden. Vor allem ist es unzulässig, schwierige Sach- und Rechtsfragen, die in einer vertretbaren Weise auch anders beantwortet werden können, bereits in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren zu erörtern und damit den Zugang zu den Gerichten zu versagen (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.2003 - 1 BVR 1526/02 -, NJW 2003, 1857). Gleiches gilt, wenn der vom Kläger eingenommene Standpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung offen steht (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 166 Rn. 26). Ungeachtet dessen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, Prozesskostenhilfe grundsätzlich dann zu bewilligen, wenn im jeweiligen Verfahren eine weitere Sachaufklärung oder gar eine Beweiserhebung in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 - juris; B. v. 18.2.2013 -12 C 12.2105 - juris; B. v. 11.3.2014 - 12 C 14.380 - juris, Rn. 10).

2. Gemessen an diesem Maßstab durfte dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung nicht versagt werden:

a) § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gewährt dem Personensorgeberechtigten bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet (aa) und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet (bb) und notwendig (cc) ist. Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII gewährt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Nach § 33 Satz 1 SGB VIII soll Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Vollzeitpflege Kindern oder Jugendlichen unter anderem entsprechend den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform in einer anderen Familie bieten. Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen (§ 27 Abs. 2 a Halbs. 1 SGB VIII). Allein die Bereitschaft anderer unterhaltspflichtiger Personen, dem Kind oder Jugendlichen in ihrer Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform zu bieten, schließt infolgedessen den Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege bei diesen Personen grundsätzlich nicht aus. Für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung kommt es deshalb ausschließlich darauf an, dass ein erzieherischer Bedarf besteht, der durch die leiblichen Eltern des Kindes oder Jugendlichen nicht erfüllt wird, und die Erziehung in der Familie der anderen unterhaltspflichtigen Person dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen angemessen Rechnung trägt. Liegen diese Voraussetzungen vor, so hat der Sorgeberechtigte einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege einschließlich der Annexleistungen zum Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen nach § 39 SGB VIII, da nahe Verwandte insoweit eine „andere Familie“ darstellen (vgl. hierzu näher Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 27 Rn. 26 a).

Übernehmen die Großeltern eines Kindes oder Jugendlichen dessen Vollzeitpflege so erfolgt diese Pflege auch dann „in einer anderen Familie“ im Sinne des § 33 Satz 1 SGB VIII und „außerhalb des Elternhauses“ im Sinne des § 27 Abs. 2 a SGB VIII und des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, wenn die Eltern des Kindes ebenfalls bei den Großeltern wohnen (vgl. BVerwG, U. v. 1.3.2012 - 5 C 12/11 -, BVerwGE 142, 115 [118] Rn. 14). Selbstverständlich müssen die Großeltern bereit und in der Lage sein, den Hilfebedarf in Kooperation mit dem Jugendamt nach Maßgabe der §§ 36, 37 SGB VIII zu decken und insoweit die Rechte und Pflichten von nicht verwandten Pflegepersonen wahrnehmen. Als Pflegepersonen geeignet sind sie dann, wenn sie die erzieherische Mangelsituation im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen tatsächlich günstig beeinflussen können, Verpflichtungen zur Kooperation mit dem Jugendamt eingehen, und zur Annahme unterstützender Leistungen bereit und im Stande sind (vgl. näher Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 27 Rn. 26 c).

§ 27 Abs. 2 a SGB VIII stellt für die Gewährung erzieherischer Hilfen klar, dass eine (abstrakte) Unterhaltspflicht naher Verwandter für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung irrelevant ist. Lediglich bei der Festsetzung des monatlichen Pauschalbetrages zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes oder Jugendlichen nach § 39 SGB VIII kommt eine nach § 1601 BGB dem Grunde nach bestehende Unterhaltspflicht naher Verwandter zum Tragen. § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII räumt dem Jugendamt einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Kürzung des die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betreffenden Teils des Pflegegeldes ein, wenn die Pflegeperson mit dem Pflegekind in gerader Linie verwandt und im Sinne des Unterhaltsrechts leistungsfähig ist (vgl. Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 27 Rn. 26 e). Mit der Bestimmung des erzieherischen Bedarfs zur Richtschnur für die Art und den Umfang der Hilfe kommt gleichzeitig zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung finanzieller Aspekte sachwidrig ist (so ausdrücklich Schmid-Obkirchner, a. a. O., § 27 Rn. 61).

aa) Ein erzieherischer Bedarf im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII setzt voraus, dass eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht (mehr) gewährleistet ist, mit anderen Worten, dass infolge einer erzieherischen Defizit- oder Mangelsituation ein entsprechender erzieherischer Bedarf hervorgerufen wird (vgl. BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 15 C 32/13 -, BVerwGE 151, 44 [47 f.] Rn. 15 m. w. N.). Insoweit genügt bereits jeder objektive Ausfall der Erziehungsleistung, beispielsweise in Folge von Krankheit oder Tod (vgl. Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Auflage 2016, § 27 Rn. 2; Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl.2012, § 27 Rn. 25; Stähr, in: Hauck, SGB VIII, 35. Lfg. X/06, § 27 Rn. 23). Ein erzieherischer Bedarf im Sinne des § 27 Abs. 1 und 2 SGB VIII kann sich daher - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch schon alleine daraus ergeben, dass ein Elternteil des Kindes verstirbt und niemand vorhanden ist, der an dessen Stelle die für die Erziehung des Kindes erforderlichen Leistungen (unentgeltlich) erbringt. Ein (weiteres) erzieherisches Defizit ist darüber hinaus nicht erforderlich (vgl. OVG Bremen, U. v. 16.11.2005 - 2 A 111/05 - juris, Rn. 39).

Das Vorliegen eines erzieherischen Bedarfs unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff umfassender richterlicher Kontrolle (vgl. Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Auflage 2016, § 27 Rn. 13). Bei dieser ist stets danach zu fragen, ob die Mangelsituation infolge des erzieherischen Handelns- oder Nichthandelns der leiblichen Eltern des Minderjährigen eingetreten ist, diese also nicht in der Lage sind, den Bedarf zu decken (vgl. BVerwG, U. v. 1.3.2012 - 5 C 12.11 -, BVerwGE 142, 115 [121] Rn. 19; U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [47 f.] Rn. 15). Unerheblich für die Feststellung des erzieherischen Bedarfs im Sinne vom § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist hingegen, ob ein Verwandter - wie hier die Großmutter - den Bedarf des Kindes (im Einvernehmen mit dem überlebenden Elternteil) freiwillig deckt. Dadurch kann nicht der aus der Mangelsituation in der Herkunftsfamilie herrührende Bedarf als solcher, sondern nur die Notwendigkeit seiner Deckung durch den Träger der Jugendhilfe entfallen (vgl. BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [48] Rn. 16). Die Frage, ob eine erzieherische Mangelsituation besteht, ist mithin nicht mit Blick auf denjenigen zu beantworten, der sich als Verwandter um das Kind kümmert, ggf. die elterliche Sorge übertragen bekommen und ein Kind in Pflege genommen hat. Entscheidungserheblich ist vielmehr allein, ob die vor dem In-Pflege-Nehmen verantwortlichen Eltern oder anderen Sorgeberechtigten eine dem Wohl des Kindes förderliche Erziehung gewährleistet haben (vgl. BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [48] Rn. 16 m. w. N.).

Gemessen an diesem Maßstab liegt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein erzieherischer Bedarf im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auf der Hand. Ein solcher ist - wie oben dargelegt - bereits bei einem objektiven Ausfall der Erziehungsleistung - beispielsweise durch Krankheit oder Tod eines Elternteils - gegeben. Diese Voraussetzung ist hier aufgrund des Unfalltodes der Mutter erfüllt. Ein zusätzliches Erziehungsdefizit ist - anders als das Verwaltungsgericht meint - nicht erforderlich. Der berufstätige Kläger kann eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung der beiden Kinder angesichts deren Alters alleine nicht sicherstellen. Aufgrund der schweren unfallbedingten Verletzungen und der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorhandenen Traumatisierung durch den Verlust der Mutter bedarf das Kind Veron besonderer emotionaler Zuwendung durch eine ihm bereits vertraute Bezugsperson, insbesondere weil es wohl gerade erst beginnen dürfte, den Verlust der Mutter tatsächlich zu realisieren. Jedenfalls aber dürfte eine Trennung von der die Betreuung bislang gewährleistenden Großmutter für den Fall der von der Beklagten vorgeschlagenen Betreuung in einer Tagespflege oder einer Tageseinrichtung eine solche Traumatisierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bewirken. Welchen Umfang die Beeinträchtigungen im konkreten Einzelfall erreichen und welche Konsequenzen für die weitere Hilfegewährung hieraus gegebenenfalls zu ziehen sind, ist - sofern die Beklagte deren Vorhandensein wider Erwarten weiterhin bestreiten und ambulante Maßnahmen für ausreichend erachten sollte - durch Einholung des vom Klägerbevollmächtigten bereits beantragten Sachverständigengutachtens zu klären. Soweit die zuständige Diplomsozialpädagogin des Beklagten in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, das Argument des Klägers, sein Kind benötige „Mutterliebe“, sei „nicht von Bedeutung“ (vgl. Aktenvermerk vom 14.10.2014, Bl. 1 d. Behördenakte), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ganz offensichtlich hat jedoch diese, nicht nur von jeder Sachkenntnis, sondern zugleich auch von einem Mindestmaß an Empathie freie Einschätzung den weiteren Gang des Verfahrens durch sämtliche bisherigen Instanzen maßgeblich bestimmt.

bb) Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist auch ausschließlich die Großmutter geeignet, den Kindern die Mutter zu ersetzen, die erforderliche „Nestwärme“ zu vermitteln und den erzieherischen Bedarf von Veron - gerade auch im Hinblick auf die erforderliche emotionale Zuwendung infolge der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorhandenen Traumatisierung aufgrund des Verlustes der Mutter - zu decken. Dass die Großmutter eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung gewährleisten kann, steht ernsthaft nicht in Zweifel. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht mit dem Jugendamt kooperieren und ggf. zur Annahme unterstützender Leistungen bereit sein wird, sind nicht ersichtlich. Allein die Einlassung der Großmutter anlässlich des Hausbesuchs des Jugendamts vom 30. September 2015, sie benötige für die Betreuung und Versorgung von Veron keine sozialpädagogische Anleitung, vermag eine gegenteilige Schlussfolgerung nicht zu rechtfertigen. Ungeachtet dessen hat die Großmutter inzwischen auch ausdrücklich erklären lassen, grundsätzlich kooperationsfähig und -willig zu sein. Die Bereitschaft der Großmutter, die Vollzeitpflege ihres Enkelkindes nach § 27 Abs. 2 a SGB VIII in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Beklagten entsprechend einem Hilfeplan zu gewährleisten, steht daher ernsthaft nicht in Frage.

cc) Ebenso wenig bestehen Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit der Hilfe in Form der Vollzeitpflege zur Deckung des erzieherischen Bedarfs des Kindes Veron im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII.

Notwendig ist Hilfe zur Erziehung dann, wenn sie zur Bedarfsdeckung erforderlich ist, weil andere Leistungen oder Maßnahmen des SGB VIII, die Hilfe Dritter oder die Eigenhilfe der Eltern nicht ausreichen, um den festgestellten erzieherischen Bedarf zu decken (vgl. BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [50] Rn. 22 m. w. N.). Erziehungsberechtigte können gegenüber dem Träger der Jugendhilfe einen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Vollzeitpflege von Enkelkindern (§ 27 Abs. 1, § 33 Abs. 1 SGB VIII) durch die Großeltern auch dann haben, wenn diese das Jugendamt nicht ernsthaft vor die Alternative stellen, für ihre Entlohnung zu sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste zu verzichten (vgl. BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [50] Rn. 23). Erhöhte Anforderungen dahingehend, die Notwendigkeit der Gewährung von Hilfe zur Erziehung im Falle der Vollzeitpflege durch unterhaltspflichtige Großeltern von deren ernsthafter Bereitschaft, ohne wirtschaftliche Jugendhilfe die Betreuung der Enkel ganz zu beenden, abhängig zu machen, lassen sich weder aus § 27 Abs. 2 a Halbs. 1 SGB VIII noch aus sonstigen Vorschriften des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs entnehmen. Derartige Anforderungen stünden vielmehr mit der Wertung des § 27 Abs. 2 a Halbs. 1 SGB VIII in Widerspruch. Denn die Vorschrift erfasst mit dem Begriff der anderen unterhaltspflichtigen Personen, gerade auch Großeltern und will mit der Festlegung, dass deren Unterhaltspflicht einem Anspruch auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung nicht entgegenstehen soll, die Gewährung an die Großeltern erleichtern, nicht aber durch erhöhte Voraussetzungen erschweren. Gleiches gilt für die ebenfalls mit § 27 Abs. 1 SGB VIII in Zusammenhang stehende Regelung des § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII. Danach ist, sofern die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind verwandt ist und diesem Unterhalt gewähren kann, die Höhe des zu gewährenden Pflegegeldes von einer Prüfung der Einkommensverhältnisse und ggf. von einer Ermessensentscheidung des Jugendhilfeträgers abhängig. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass die Unterhaltspflicht (und Fähigkeit) zur Unterhaltsleistung der Großeltern den Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) grundsätzlich nicht ausschließen, sondern nur dazu führen soll, dass eine Kürzung des Pflegegeldes vorgenommen werden kann (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [51 f.] Rn. 26).

Dem Träger der Jugendhilfe ist zwar bei der Auswahl der notwendigen Hilfeleistung ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zuzuerkennen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich deshalb grundsätzlich darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche und rechtliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt wurden (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE 109, 155 [167]; U. v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1 [9 f.] Rn. 32; U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [54] Rn. 30).

Allerdings dürfte sich die Ablehnungsentscheidung der Beklagten auch bei Zugrundelegung dieses Einschätzungsspielraums als rechtswidrig erweisen. Die Auffassung der Beklagten ist nicht von fachlichen Gründen getragen, welche die Geeignetheit oder die Notwendigkeit der von der Großmutter geleisteten Hilfe nachvollziehbar verneinen. Vielmehr hat sich das Jugendamt - wie auch das Verwaltungsgericht - an unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgerichtet, in dem es die Gewährung von Hilfe zur Erziehung maßgeblich mit der Erwägung abgelehnt hat, dass bereits kein Hilfebedarf bestehe (vgl. hierzu auch BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [54 f.] Rn. 31). Damit hat das Jugendamt der Beklagten - wie auch das Verwaltungsgericht - verkannt, dass es bei der Frage, ob eine erzieherische Mangelsituation vorliegt und damit ein erzieherischer Bedarf besteht, nicht auf die Situation in der aktuellen Pflegefamilie (der Großmutter), sondern auf die diejenige in der Herkunftsfamilie (der Eltern) ankommt (vgl. BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [47 f.; 54] Rn. 15 u. 16; 31), die durch den unfallbedingten Tod der Mutter und den dadurch bedingten Verlust der maßgeblichen Bezugsperson für das zu diesem Zeitpunkt erst zwei Monate alte Kind und eben nicht (allein) durch die (Wieder-)Aufnahme einer Erwerbstätigkeit des nunmehr alleinerziehenden Vaters geprägt ist, die für sich gesehen einen Bedarf für Hilfe zur Erziehung noch nicht in jedem Falle zwingend auslösen würde (vgl. hierzu Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 27 Rn. 25; Stähr, in: Hauck, SGB VIII, 35. Lfg. X/06, § 27 Rn. 30). Gleichwohl ist allerdings auch insoweit zu berücksichtigen, dass von einem alleinerziehenden Elternteil - zumal dann, wenn er in prekären finanziellen Verhältnissen lebt - die Aufgabe einer Berufstätigkeit zur Beseitigung einer defizitären Erziehungssituation wohl kaum erwartet werden kann. Kommen in derartigen Fällen Betreuungs- und Unterstützungsangebote nach §§ 20, 21 SGB VIII mangels Rückkehrperspektive des ausgefallenen Elternteils (vgl. hierzu Kunkel/Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 20 Rn. 16) nicht in Betracht, so kann durchaus eine Hilfenotwendigkeit nach § 27 Abs. 1 SGB VIII begründet sein (so zutreffend Stähr, in: Hauck, SGB VIII, 35. Lfg. X/06, § 27 Rn. 30; Kunkel/Kepert, a. a. O., § 20 Rn. 16 u. § 27 Rn. 2).

Aufgrund der Ausrichtung an unzutreffenden rechtlichen Maßstäben (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 9.12.2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 [54 f.] Rn. 31) haben sich sowohl das Jugendamt der Beklagten als auch das Verwaltungsgericht den Blick darauf verstellt, dass das erst zweijährige Kind durch den unfallbedingten Verlust der Mutter als der wesentlichen Bezugsperson mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachhaltig traumatisiert sein dürfte bzw. spätestens im Falle einer Trennung von der die Betreuung bislang gewährleistenden Großmutter traumatisiert würde mit der Folge, dass die emotionale Fürsorge und Betreuung - auch aufgrund der in keiner Weise zu beanstandenden Rückkehr des Vaters in seine Rolle als Ernährer der Familie (vgl. hierzu Stähr, in: Hauck, SGB VIII, 35. Lfg. X/06, § 27 Rn. 30) - derzeit ausschließlich durch die einzig greifbare nahe Verwandte - die Großmutter - gewährleistet werden kann und eine Versorgung des Kindes Veron in einer Tagespflege oder Tageseinrichtung keinesfalls geeignet erscheint, den besonderen Betreuungsbedarf des erst zwei Jahre alten Halbwaisen in emotionaler Hinsicht zu gewährleisten. Die Großmutter hat das Kind unmittelbar nach der Erstversorung in der Klinik in ihre Obhut genommen und die weitere Betreuung anstelle der verstorbenen Mutter sichergestellt. Alles Weitere bleibt - sofern die Beklagte wider Erwarten an ihrer bisherigen Ablehnung erforderlicher Hilfe festhalten sollte - der Klärung durch Einholung des vom Klägerbevollmächtigten bereits beantragten Sachverständigengutachtens im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

b) Es kann daher derzeit nicht mit einer die Versagung von Prozesskostenhilfe rechtfertigenden Gewissheit ausgeschlossen werden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewährung von Vollzeitpflege für das Kind Veron nach §§ 27 Abs. 1, 33 Abs. 1 SGB VIII vorliegen. Dem Kläger, der die Kosten der Prozessführung weder aus seinem Einkommen noch aus seinem Vermögen aufbringen kann, ist daher Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen (§ 166 VwGO, § 121 Abs. 2 ZPO).

Das Jugendamt der Beklagten wird darüber hinaus zu prüfen haben, ob aufgrund der ebenfalls geltend gemachten Traumatisierung des Kindes Valero zugleich auch die Voraussetzungen für die Gewährung von Vollzeitpflege für dieses Kind durch die Großmutter gegeben sind. Im Hinblick auf das Kind Veron und einen etwaigen Anspruch aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII wird davon auszugehen sein, dass der Bedarf für eine Vollzeitpflege durch die Großmutter bereits am 8. Oktober 2014 wirksam an das Jugendamt der Beklagten herangetragen wurde. Einen förmlichen Antrag auf Hilfe zur Erziehung sieht das Achte Buch Sozialgesetzbuch nicht vor; es genügt jede (eindeutige) Willensbekundung des Personensorgeberechtigten, Hilfe zur Erziehung in Anspruch nehmen zu wollen (vgl. Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 27 Rn. 26; DIJuF-Rechtsgutachten vom 24.05.2012 - J 4.110 DE -, JAmt 2012, 313; BVerwG, U. v. 21.6.2001 - 5 C 6/00 -, NJW 2002, 232 [233] a.E.).

Die Rechtsfragen der Verwandtenpflege durch die Großeltern sind durch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. März 2012 - 5 C 12/11 -, BVerwGE 142, 115 und vom 9. Dezember 2014 - 5 C 32.13 -, BVerwGE 151, 44 abschließend geklärt. Den darin entwickelten Maßstäben und Grundsätzen ist Folge zu leisten. Finanzielle Aspekte können allenfalls im Rahmen des § 39 Abs. 4 SGB VIII Berücksichtigung finden.

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es vorliegend nicht, da das Verfahren gerichtskostenfrei ist (§ 188 Satz 1 1. Halbs. VwGO) und Kosten im Beschwerdeverfahren nach § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.

4. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 12 C 16.1162

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 12 C 16.1162

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 12 C 16.1162 zitiert 17 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 27 Hilfe zur Erziehung


(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe f

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36a Steuerungsverantwortung, Selbstbeschaffung


(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 39 Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen


(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für di

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 33 Vollzeitpflege


Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kind

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36 Mitwirkung, Hilfeplan


(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwickl

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 37 Beratung und Unterstützung der Eltern, Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie


(1) Werden Hilfen nach den §§ 32 bis 34 und 35a Absatz 2 Nummer 3 und 4 gewährt, haben die Eltern einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung der Beziehung zu ihrem Kind. Durch Beratung und Unterstützung sollen die Entwicklungs-, Te

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 28 Erziehungsberatung


Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden Fakt

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 21 Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht


Können Personensorgeberechtigte wegen des mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbundenen ständigen Ortswechsels die Erfüllung der Schulpflicht ihres Kindes oder Jugendlichen nicht sicherstellen und ist deshalb eine anderweitige Unterbringung des Kindes

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 20 Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen


(1) Eltern haben einen Anspruch auf Unterstützung bei der Betreuung und Versorgung des im Haushalt lebenden Kindes, wenn 1. ein Elternteil, der für die Betreuung des Kindes überwiegend verantwortlich ist, aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden

Referenzen - Urteile

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 12 C 16.1162 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 12 C 16.1162 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 17. Mai 2016 - B 3 K 16.183

bei uns veröffentlicht am 17.05.2016

Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Gründe I. Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Vollzeitpflege für seinen Sohn ... bei Frau ..., seiner Schwi

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 12 C 14.380

bei uns veröffentlicht am 11.03.2014

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 22. Januar 2014 - M 12 K 13.5408 - wird aufgehoben. II. Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C. aus ... be

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 01. März 2012 - 5 C 12/11

bei uns veröffentlicht am 01.03.2012

Tatbestand 1 Die Kläger begehren jugendhilferechtlichen Aufwendungsersatz für die Vollzeitpflege ihres Enkelkindes.
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 12 C 16.1162.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 29. Aug. 2018 - M 18 E 18.1892

bei uns veröffentlicht am 29.08.2018

Tenor I. Die Antragsgegnerin wird einstweilen ab dem ... bis zum ... verpflichtet, der Antragstellerin Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege inklusive monatlichem Pflegegeld zu gewähren. II. Die Antragsgegnerin trägt die

Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Sept. 2017 - M 18 K 16.5286

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Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Sept. 2017 - M 18 K 16.4560

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Tatbestand Der Kläger begehrt die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 27. Feb. 2018 - 6 A 323/16

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Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege für seine am 05.10.2013 geborene Tochter C.. Gleiches macht er für zwei seiner Kinder in weiteren Verfahren geltend – für die a

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Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Vollzeitpflege für seinen Sohn ... bei Frau ..., seiner Schwiegermutter.

Der Kläger ist Vater zweier Kinder, ..., geb. am ..., und ..., geb. am ... Er kam Ende 2008 aus dem Kosovo nach Deutschland. Seine Frau ... ... war in Deutschland aufgewachsen. Sie starb am ... bei einem Autounfall, bei dem auch die beiden gemeinsamen Kinder mit ihr auf der Rückbank des verunglückten Autos saßen.

Auch die Kinder wurden bei dem Unfall verletzt. ... erlitt laut dem vorläufigen Arztbrief der ... Klinik, ..., vom ... ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Impressions-Kalottenfraktur parieto occipital rechts, eine kleine Epiduralblutung links und eine sehr kleine intraparenchymatöse Blutung links frontal paramedian. In der Behandlung zeigte ... Krampfanfälle und eine (Blutungs-) Anämie sowie Rumpfhypotonie und Linksseitenschwäche. Zum Entlassungszeitpunkt ist laut vorläufigem Arztbrief der ... Klinik, ..., vom ... noch eine leichte Schwäche des linken Armes bei regelrechter Vigilanz und adäquater Trinkmenge feststellbar gewesen. ... Allgemeinzustand wurde als gut beschrieben. Bei den Untersuchungen sind Hinweise auf eine leichte, nicht interventionsbedürftige Impressionsfraktur rechts parieto-occipitalohne und der Nachweis eines Kontusionsherdes rechts temporal entdeckt worden. Ein Blutungsnachweis war für die kleine Parenchymblutung links frontal paramedian und die kleine Epiduralblutung linksseitig im Kontroll-MRT vom 07.08.2014 nicht mehr feststellbar. Ebenso fand sich die Schädelfraktur rechts parieto-occipital ohne Nachweis einer Impression. Der Nachweis einer Blutungsanämie konnte nicht mehr erbracht werden. Cerebrale Krampfanfälle stellten sich nicht mehr ein. Es lag ein adäquates Kontaktverhalten vor, ... trank seine Nahrung regelrecht. Linksseitig zeigte sich bei der Motorik der Arme eine leichte Schwäche, die im Behandlungsverlauf rückläufig war. Wie sich die Unfallverletzungen auf ... weitere Entwicklung auswirken würden, konnte noch nicht abgeschätzt werden. Es werde daher eine regelmäßige entwicklungsneurologische Kontrolle empfohlen. Ansonsten liege insgesamt eine altersentsprechende motorische Entwicklung vor.

Im Abschlussbericht der Abteilung Logopädie der ... Klinik, ..., vom ... wurde festgehalten, dass sich ... gut von den Unfallfolgen erholt habe und eine logopädische Therapie aktuell nicht notwendig sei, da er aus logopädischer Sicht altersgerecht entwickelt sei.

... zog sich bei dem Unfall sich eine Unterarmfraktur zu.

Seit dem Unfall ist der Kläger alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge. Am 09.08.2014 bevollmächtigte er Frau ..., das elterliche Sorgerecht für ihn wahrzunehmen.

Am 08.10.2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er auf Grund seiner Berufstätigkeit nur die Pflege seines Kindes ... leisten könne. Das Kind ... befinde sich bei seiner Großmutter. Es brauche Mutterliebe.

Ein Antrag auf Vollzeitpflege wurde nicht gestellt.

Mit Schreiben vom 09.12.2014 teilte Rechtsanwalt ... mit, dass er für seine Mandantin, Frau ..., einen rechtsmittelfähigen Bescheid über das beantragte Pflegegeld für ... fordere.

Mit Schreiben vom 15.12.2014 teilte die Beklagte mit, dass kein Antrag auf Pflegegeld vorliege. Einen solchen müsse der Kläger stellen.

Mit Schreiben vom 20.01.2015 leitete Rechtsanwalt ... den Antrag des Klägers auf Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege an die Beklagte weiter.

Den Antrag begründete der Kläger damit, dass er sich wegen seines Deutschkurses nicht um ... kümmern könne. Ab Juli müsse er wieder arbeiten, sodass sich Frau ... während der Arbeitszeit um beide Kinder kümmern müsse.

Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.02.2015 ab.

Sie ist der Ansicht, dass die Erziehung des Kindes ... gesichert sei. Die bloße Berufstätigkeit reiche als Grund für Erziehungshilfe nicht aus.

Am 31.03.2015 beendete der Kläger seine Elternzeit und begann ab 01.04.2015 als Staplerfahrer bei dem Unternehmen ...-Service in Vollzeit zu arbeiten.

Mit Schreiben vom 28.05.2015 stellte Frau ... einen Antrag auf Vollzeitpflege.

Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 03.06.2015 mit, dass sie nicht antragsberechtigt sei.

Mit Schreiben vom 26.06.2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Erziehungshilfe in Form von Vollzeitpflege, ohne ihn zu begründen.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ... ab.

Dies begründete sie damit, dass die bloße Berufstätigkeit eines alleinerziehenden Elternteils noch keinen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung gebe. Es müssten weitere Gründe in Form von erzieherischen Schwierigkeiten hinzukommen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Andere Hilfearten wie die Unterbringung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege seien abgelehnt worden.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 03.08.2015 Widerspruch ein.

Nicht seine Berufstätigkeit, sondern der Tod seiner Frau und die damit verbundenen Probleme, die Kinder zu ihrem Wohl zu erziehen, seien ausschlaggebend für seinen Antrag. ... benötige auf Grund des Verlustes mehr Aufmerksamkeit, als vergleichbare Kinder. Ambulante Hilfen reichten nicht aus, da sie die aktuellen Bindungen zerstörten, was für ... traumatisch wäre.

Am 30.09.2015 fand ein Hausbesuch bei Frau ... statt.

In der Zusammenfassung hiervon vom 12.10.2015 wurde festgehalten, dass laut Aussage von Frau ... die krankengymnastische Behandlung beendet sei und die Kinderärztin keine weiteren medizinischen Hilfen empfohlen habe. Frau ... habe erklärt, dass sie keine sozialpädagogische Anleitung für die Betreuung und Versorgung von ... benötige. ... sehe seinen Bruder täglich und seinen Vater alle zwei Tage. Frau ... arbeite selbst nicht und erhalte nur das Kindergeld für ... Ihr Mann arbeite als Gabelstaplerfahrer. Dass ... mehr Aufmerksamkeit benötige als andere Kinder, könne weder aus den Angaben von Frau ..., noch aus den Beobachtungen beim Hausbesuch abgeleitet werden.

Am 06.10.2015 erfolgte ein Gespräch der Beklagten mit dem Kläger, der erklärte, dass seine berufliche Tätigkeit der Hauptgrund sei, weshalb ... bei Frau ... sei. Er zahle an sie keinen Unterhalt auf freiwilliger Basis, da er zunächst den Kindergarten und jetzt die Mittagsbetreuung für ... zahle; deshalb benötige sie Geld.

Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 16.10.2015 der Regierung von ... zur Entscheidung vor, die ihn mit Widerspruchsbescheid vom ... zurückwies.

Im Wesentlichen begründete sie dies damit, dass bei dem Hausbesuch keine erhöhten Fürsorge- und Aufmerksamkeitsbedürfnisse bei ... festgestellt worden seien. Dies habe sich aus den Beobachtungen und einem Gespräch mit Frau ... ergeben. Weiterhin sei an der Geeignetheit von Frau ... nach §§ 27 Abs. 2a, 44 Abs. 2 SGB VIII als Pflegestelle für... zu zweifeln, denn sie habe im Rahmen des Hausbesuchs angegeben, dass sie keine sozialpädagogische Anleitung bei der Betreuung benötige.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2016, bei Gericht eingegangen am 03.03.2016, erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom ..., Nr. ..., in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom ..., Az.: ..., aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Erziehung in Vollzeitpflege in Form von Verwandtenpflege nach §§ 27, 33 SGB VIII zu gewähren und Pflegegeld nach § 39 SGB VIII zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 29.03.2016 beantragte er die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe.

Er behauptet, dass bezüglich des Kindes ... nicht von einer vollständigen Genesung auszugehen sei. Bei den Krabbelversuchen hätten sich motorische Probleme, insbesondere Kraftprobleme, gezeigt. Mit dem Laufen habe ... erst mit 14/15 Monaten, also vergleichsweise spät begonnen. Es bestehe seitens des Klinikums ... die nachdrückliche Empfehlung, mit ... sehr vorsichtig umzugehen, da etwaige weitere Kopftraumata im Hinblick auf die unfallbedingten Verletzungen und deren Folgen kritisch seien. Es sei wohl noch ein kleines Hämatom vorhanden. Unter Berücksichtigung des Alters von ... sei noch nicht abschätzbar, inwieweit sich der Unfall auch auf seine kognitiven Fähigkeiten ausgewirkt habe.

... sei durch den Unfall verletzt, aber vor allem psychisch traumatisiert worden. Die daraus resultierende Verarbeitungsproblematik bedürfe kontinuierlicher und andauernder besonderer Behandlung und Zuwendung.

Auch der Kläger bedürfe psychotherapeutischer Hilfestellung zur Bewältigung der Ereignisse und der hieraus resultierenden besonderen Erziehungsaufgaben gegenüber seinen Kindern. Eine solche Hilfestellung habe sich der Kläger bislang nicht beschaffen können. Allein Frau ... habe ihm Hilfe geleistet. Er habe Elternzeit genommen, um für sich psychischen Freiraum zu schaffen, er sei aber mit der Situation, insbesondere der in dieser Zeit anfallenden Behördenkorrespondenz, überfordert gewesen.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege seien offenkundig gegeben. Dem Ablehnungsbescheid liege ein schweres Ermessensdefizit in Form eines Ermessensausfalles zu Grunde: Er berücksichtige nicht die schweren unfallbedingten Verletzungen von ... und deren Folgen wie Krampfanfallneigung, Rumpfhypotonie und Linksseitenschwäche. Hieraus folge ein überdurchschnittlicher Betreuungsaufwand. Weiterhin seien bereits konkrete Entwicklungsdefizite aufgetreten und ein beobachtungsbedürftiger Befund gegeben. Insoweit reichten weder eine ambulante Hilfe noch die Betreuung in einer Kindertagesstätte aus. Vielmehr sei nur eine individuelle Beobachtung durch eine mit der konkreten Problematik vertrauten Person ausreichend. Nur die Großmutter könne eine solche leisten. Dies stelle auch sicher, dass das Kind sich nicht an geänderte Umstände anpassen müsse, was es möglicherweise nicht hinreichend psychisch verarbeiten könnte, und entspreche dem Förderungs- und Kontinuitätsprinzip.

Auch sei der Kläger zusätzlich mit der von ihm zu leistenden überdurchschnittlichen, anspruchsvollen Erziehung von ... belastet. Die Erziehung beider Kinder könne er nicht bewerkstelligen. Eine Überlastung und ein damit verbundener erzieherischer Totalausfall des Klägers sei zu befürchten.

Die Ablehnung von Frau ... in Bezug auf die sozialpädagogische Anleitung könne eine fehlende Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit nicht begründen. Vielmehr habe diese nur klar machen wollen, dass sie sich in der Lage sehe, für das Kind zu sorgen; auf Grund ihres nur gebrochenen Deutsches sei es zu einem Missverständnis gekommen. Sie sei nach wie vor grundsätzlich kooperationsfähig und –willig. Unabhängig davon sei der Schwerpunkt der Hilfeleistung durch das Jugendamt nicht im sozialpädagogischen Bereich, sondern insbesondere bei Hilfestellungen für die weitere gesundheitliche Versorgung und zur Gewährleistung einer adäquaten Heilbehandlung sowie sonstigen Behördengängen zu setzen.

Mit Schriftsatz vom 12.04.2016 beantragt die Beklagte, die Klage abzuweisen.

Die Hilfe richte sich nach dem erzieherischen Bedarf. Bei dem Hausbesuch seien keine erhöhten Fürsorge- und Aufmerksamkeitsbedürfnisse bei ... festzustellen gewesen. Dies ergebe sich aus der fachlichen Stellungnahme vom 12.10.2015. Das verspätete Laufen-Lernen an sich begründe noch keine Entwicklungsverzögerung; eine solche wäre sicher auch von der Kinderärztin festgestellt worden. Der erhöhte Betreuungsaufwand sei weder im Hilfeantrag, noch bei den Gesprächen thematisiert worden, noch habe die Fachkraft beim Hausbesuch einen solchen erkennen können. Eine entsprechende ärztliche Stellungnahme liege ebenfalls nicht vor. Die angeführten Verletzungsfolgen seien bereits im Abschlussbericht der ...-Klinik vom 11.08.2014 als rückläufig bzw. nicht mehr auftretend beschrieben worden. Weitere Hilfemaßnahmen seien nicht verordnet worden. Auch psychische Folgen seien nicht erkennbar gewesen. Ein besonderer, nur durch die Erziehung durch die Großmutter zu deckender erzieherischer Bedarf sei nicht ersichtlich.

Dem Kläger seien ambulante Hilfen zur Erziehung in Form von Tagespflege oder Unterbringung in einer Kindertagesstätte für die Zeit seiner berufsbedingten Abwesenheit angeboten worden. Gründe, warum der Kläger sich in seiner arbeitsfreien Zeit nicht selbst um seine Söhne kümmern könne, seien ebenso wenig wie eine Einschränkung der Erziehungseignung des Klägers ersichtlich. Soweit sich der Kläger nicht in der Lage sehe, beide Kinder zu erziehen, sei eine sozialpädagogische Familienhilfe denkbar.

Dass ambulante Hilfen für ... ungeeignet seien, sei nicht nachgewiesen. Der Kläger habe vielmehr die angebotenen Hilfen von vorne herein abgelehnt.

Soweit er die Hilfen nicht im sozialpädagogischen, sondern im medizinischen Bereich setzen wolle, wäre er auf die Krankenkasse zu verweisen; im Übrigen könne dieser Bedarf auch über ambulante Hilfen abgedeckt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 117 Abs. 3 S. 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, da die mit der Klage beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Auf die Fragen der Mutwilligkeit und der Bedürftigkeit kommt es damit nicht an.

Gemäß § 166 VwGO, §§ 114 ff ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringen wird.

Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zu. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Nach § 88 VwGO ist der Klageantrag so zu verstehen, dass der Kläger die Vollzeitpflege des Kindes... wünscht.

2. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom ... in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ... ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten. Ein Anspruch auf die Gewährung der begehrten Vollzeitpflege ist nicht gegeben (§ 113 Abs. 5 VwGO).

§ 27 Abs. 1 SGB VIII setzt das Vorliegen eines erzieherischen Bedarfs, die Geeignetheit der Hilfe zur Erziehung sowie ihre Notwendigkeit voraus. Die Auswahl der konkreten Hilfe hängt von pädagogischen Gesichtspunkten und dem konkreten erzieherischen Bedarf ab. Die einzelnen Hilfearten stehen grundsätzlich gleichrangig nebeneinander.

Die Tatbestandsmerkmale sind als unbestimmte Rechtsbegriffe gerichtlich voll überprüfbar. Die Wahl der konkreten Hilfe stellt das Ergebnis eines kooperativen, pädagogischen Prozesses dar und erhebt selbst nicht den Anspruch auf objektive Richtigkeit. Auch beinhaltet die Auswahl eine wertende Prognose über den in Zukunft auftretenden Hilfebedarf auf Grund der Erfahrungen der Fachkräfte (OVG NRW, B. v. 18.06.2014, Az. 12 A 898/14; BayVGH, B. v. 17.06.2004, Az. 12 CE 04.578). Insoweit besteht ein Beurteilungsspielraum des Jugendhilfeträgers, der nur dahingehend überprüft werden kann, ob allgemein gültige Maßstäbe beachtet wurden, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und ob die Entscheidung im Rahmen eines kooperativen Entscheidungsprozesses erfolgte (BVerwG, Urt. v. 24.06.1999, Az. 5 C 24/98; BayVGH, Urt. v. 24.06.2009, Az. 12 B 09.602, und B. v. 17.08.2015, Az. 12 AE 15.1591; B. v. 17.06.2004, Az. 12 CE 04.578; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage, § 27 Rn. 52 ff.). Soweit der Prozessvertreter des Klägers von einem bloßen Ermessen ausgeht, trifft dies nicht zu.

Ein gebundener Anspruch auf eine konkrete Hilfe besteht grundsätzlich nicht (Kepert/Kunkel, Praxis der Kommunalverwaltung, S. 186, Januar 2015; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage, § 27 Rn. 63 ff., § 27 Rn. 55). Ausnahmsweise kommt ein solcher in Betracht, wenn nur diese Hilfeart als notwendige und geeignete Maßnahme in Frage kommt (Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage, § 27 Rn. 55).

2.1 Nach summarischer Prüfung besteht schon kein für die Gewährung einer Vollzeitpflege ausreichender erzieherischer Bedarf. Wie der Kläger bei seiner Antragstellung vom 20.01.2015, bei dem Gespräch vom 06.10.2015 und durch seinen Prozessvertreter im Schriftsatz vom 29.03.2016 angibt, liegt die Mangelsituation darin, dass er neben seiner Berufstätigkeit keine Zeit für die Kinder hat. Ein echter erzieherischer Bedarf ..., der zur Gewährung der Vollzeitpflege führen könnte, ist auf Grund der vorgelegten Akten jedoch nicht ersichtlich. Hiervon geht selbst der Prozessvertreter des Klägers aus, wenn er ausführt, dass auf Grund des Alters noch nicht absehbar sei, welche Langzeitschäden der Unfall bei ... ausgelöst habe. Dies entspricht auch den vorliegenden medizinischen Einschätzungen, die seine Entwicklung als altersgerecht einstufen, aber etwaige Folgeschäden nicht ausschließen können. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass eben noch kein Bedarf gegeben ist, aber es nicht auszuschließen ist, dass ein solcher möglicherweise später noch auftritt. Diese Einschätzung traf auch die Fachkraft der Beklagten bei ihrem Hausbesuch. Ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung ist aber nur bei einem entsprechenden Bedarf gegeben. Allein ein (angeblich) verspätetes Laufen-Lernen kann die ärztliche und fachliche Einschätzung jedenfalls nicht erschüttern, zumal wenn die Verspätung wie hier nicht nur auf erzieherischen Defiziten, sondern auch – und wahrscheinlicher – auf medizinischen Indikationen beruht.

2.2 Weiterhin kommt der Beklagten als Jugendhilfeträger für die konkrete Hilfemaßnahme ein Entscheidungsspielraum zu. Dieser ist nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Die Beklagte stellt nicht nur die Zahlstelle im Rahmen der Jugendhilfe dar, sondern sie kann und muss im Fall eines bestehenden Bedarfes auch zum Wohle des Kindes die notwendige Hilfe im Rahmen ihres Entscheidungsspielraumes ermitteln.

Fehler bei der Auswahl der vorgeschlagenen Hilfen zur Erziehung für ... bzw. für beide Kinder sind nicht ersichtlich.

Eine Verengung des Spielraums auf die Vollzeitpflege durch Frau ... als einzige taugliche Maßnahme ist jedenfalls nicht ersichtlich. Soweit der Kläger anführt, dass nur durch die kontinuierliche Pflege einer mit der Gesamtsituation vertrauten Person eine ausreichende Versorgung von ... sichergestellt werden könne, ist dem entgegenzuhalten, dass sich aus den medizinischen Gutachten und fachlichen Einschätzungen ergibt, dass ... weitgehend normal entwickelt ist. Damit gibt es keinerlei Anhaltspunkte für die vorgebrachten Befürchtungen.

Weiterhin stellt eine bloße Arbeitserleichterung im Umgang mit den Kindern ohne Hilfe im erzieherischen oder entwicklungsbezogenen Bereich, wie es der Prozessvertreter für die Unterstützung der „Vollzeitpflege“ durch Frau ... fordert, keine Maßnahme der Hilfe zur Erziehung und für die Entwicklung des Kindes dar. Dass diese aber bei Leistungen nach dem SGB VIII im Vordergrund steht, zeigen § 8 SGB I und §§ 1 Abs. 1 und 3, 27 SGB VIII.

2.3 Auf die Frage der Geeignetheit von Frau ... als Pflegeperson kommt es damit nicht an.

2.4 Darüber hinaus ist in Bezug auf das Pflegegeld, das einen Annex zu der Vollzeitpflege darstellt, anzumerken, dass nach § 39 Absätze 1, 2 Satz 4 und 4 SGB VIII die finanzielle Leistung für den Unterhalt anhand der dem Kläger tatsächlich entstandenen Kosten zu berechnen wäre. Solche sind aktuell nicht ersichtlich.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 22. Januar 2014 - M 12 K 13.5408 - wird aufgehoben.

II.

Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C. aus ... beigeordnet.

Gründe

I.

Der schwerbehinderte (GdB 60 v. H.) Kläger begehrt Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für eine noch zu erhebende Klage, mit der er die Verpflichtung der Beklagten erstrebt, erneut über seinen Antrag auf Vormerkung für eine Sozialwohnung zu entscheiden.

1. Auf seinen Antrag vom 25. Juni 2013 wurde der Kläger, zu dessen Familie seine Ehefrau und drei minderjährige Kinder (12, 11 und 5 Jahre) gehören, mit Bescheid vom 9. August 2013 unter der Vorgangsnummer 1... als Haushalt mit insgesamt fünf Personen vorgemerkt (Nr. 1). Als angemessene Wohnungsgröße wurden vier Wohnräume mit einer Fläche ab 10 m² festgesetzt (Nr. 2). Der Bescheid ist bis zum 9. August 2014 gültig (Nr. 3). Mangels Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren wurde die Dringlichkeit jedoch mit lediglich 18 Punkten in Rangstufe IV festgesetzt (Nr. 4). Da die Familie gemäß den Meldedaten erst am 5. Juli 2010 von F. zugezogen sei, laufe die Wartezeit nicht vor dem 4. Juli 2015 ab.

2. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 beantragte der Kläger eine 4-Zimmer-Wohnung. Er habe eine Gehbehinderung und Asthmaanfälle und benötige eine Wohnung im Erdgeschoss. Zudem sei seine bisherige, aus den Büro- und Sozialräumen eines Waschsalons bestehende 60 m² Wohnung gekündigt worden. Zum Beleg hierfür legte er ein Schreiben der Vermieterin vom 24. Oktober 2013 vor, das mit Kündigung/Mietvertrag vom 18. September 2010 überschrieben ist. Darin ist ausgeführt, dass der Mietvertrag ordnungsgemäß zum 31. März 2014 aufgehoben werden solle, weil die Räumlichkeiten über den Geschäftsräumen zur Selbstnutzung benötigt würden.

3. Nachdem die Beklagte hierauf lediglich mit Verweis auf ihren Bescheid vom 9. August 2013 reagierte, ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 2013 Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen und einen Klageentwurf vorlegen, der unter Aufhebung des Bescheides vom 9. August 2013 auf die (Neu-)Bescheidung seines Antrags gerichtet ist. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf die zum 31. März 2014 erfolgende Kündigung vorgetragen, der Kläger bewohne mit seiner Familie den Büroraum und die Sozialräume eines Waschsalons, durch den auch der Zugang zur Wohnung führe. Seine Familie müsse in einem Raum (die älteren Kinder in einem Etagenbett, das 5-jährige Kind im Doppelbett der Eltern) schlafen. - Demgegenüber führte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 aus, die Vormerkung des Klägers sei nicht zu beanstanden, da er die Mindestwartezeit nicht erfülle. Auch für einen Härtefall fänden sich keine Anhaltspunkte. Die Kündigung durch die Vermieterin sei nicht als wirksam anzusehen, weil der Eigenbedarf nicht ausreichend begründet sei.

4. Mit Beschluss vom 22. Januar 2014 lehnte das Verwaltungsgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ab. Einem Anspruch auf erneute Entscheidung stehe bis zum Ablauf seiner Gültigkeit am 9. August 2014 die Bestandskraft des Bescheids vom 9. August 2013 entgegen. Ein Anspruch auf erneute Verbescheidung aus Art. 51 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) bestehe ebenfalls nicht, weil sich die Sachlage nicht zugunsten des Klägers geändert habe. Die Beklagte habe in ihrem Bescheid vom 9. August 2013 zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger und seine Familie noch nicht fünf Jahre in München wohnten und damit die Wartezeit nach Nr. 1 der Dienstanweisung Wartezeiten der Beklagten vom 1. August 2003 (DA Wartezeit) nicht erfüllt sei. Eine Ausnahme nach Nr. 2 DA Wartezeit könne nicht festgestellt werden, da der Kläger weder in einer Pension oder Notunterkunft (Nr. 2.1 DA Wartezeit) noch in einer betreuten Einrichtung der Obdachlosenhilfe (Nr. 2.2 DA Wartezeit) lebe. Auch ein Härtefall nach Nr. 4 DA Wartezeit liege nicht vor. Entsprechend Nr. 5.2 DA Wartezeit seien deshalb lediglich 16 Grundpunkte vergeben worden. Diese Verwaltungspraxis begegne aufgrund der Knappheit sozialen Wohnraums im Zuständigkeitsbereich der Beklagten keinen rechtlichen Bedenken. Mit seinem Schreiben vom 28. Oktober 2013 habe der Kläger keine Änderung der Sachlage geschildert, die sich zu seinen Gunsten auswirken könne. Eine solche Änderung sei allenfalls dann anzunehmen, wenn ein Sachverhalt vorliege, der einen Ausnahmefall von der fünfjährigen Wartezeit nach Nr. 1 der DA Wartezeit oder einen außerordentlichen Härtefall nach Nr. 4 DA Wartezeit darstelle. Solche Umstände habe der Kläger indes nicht vorgetragen, denn er wohne weiterhin nicht in einer der in Nr. 2 DA Wartezeit genannten Einrichtungen und ein außerordentlicher Härtefall sei ebenfalls nicht gegeben. Die Kündigung vom 24. Oktober 2013 sei voraussichtlich nicht rechtmäßig, da aus dem Kündigungsschreiben nicht zu erkennen sei, ob die Räume von der Vermieterin tatsächlich als Wohnung für sich selbst, ihre Familienangehörigen oder Angehörige ihres Haushalts benötigt würden (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Es sei daher Sache des Klägers, sich gegen diese Kündigung zur Wehr zu setzen. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG sei deshalb erst bei Vorliegen eines Räumungstitels erforderlich. Nach der Punktetabelle der Beklagten liege beim Bestehen eines entsprechenden Titels mit 97 Grundpunkten eine vergleichbare Dringlichkeit wie für Wohnungslose in Pensionen, Notunterkünften usw. vor, die 96 Grundpunkte erhielten und bei denen nach Nr. 2 DA Wartezeit Ausnahmen von der Verpflichtung zur Einhaltung der Wartezeit zu machen seien. Erst nach Vorliegen eines Räumungstitels sei deshalb zu prüfen, ob insbesondere wegen den dann von Obdachlosigkeit bedrohten Kindern des Klägers ein Härtefall nach Nr. 4 DA Wartezeit anzunehmen und eine Ausnahme von der fünfjährigen Wartefrist zu gewähren sei.

5. Mit der Beschwerde, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Dienstanweisung Wartezeiten der Beklagten vom 1. August 2003, auf der der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts maßgeblich beruhe, sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht, namentlich § 5a Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) i. V. m. § 3 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsrechts (DVWoR), unbeachtlich und die Ermessensausübung der Beklagten deshalb rechtswidrig.

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und tritt dem Vorbringen des Klägers unter Verweis auf ihre bisherige Verwaltungspraxis, die grundsätzlich von einer einzuhaltenden Wartezeit von fünf Jahren ausgeht, entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu Unrecht versagt. Der beabsichtigten Klage kann - gemessen am spezifischen prozesskostenhilferechtlichen Erfolgsmaßstab einer lediglich summarischen Prüfung - nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden.

a) Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt bereits eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Klage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 166 Rn. 8 m. w. N.). Mit Blick auf die Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten dürfen die Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten nicht überspannt werden. Vor allem ist es unzulässig, schwierige Sach- oder Rechtsfragen, die in einer vertretbaren Weise auch anders beantwortet werden können, bereits in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren zu erörtern und damit den Zugang zu den Gerichten zu versagen (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 1857). Gleiches gilt, wenn der vom Kläger eingenommene Standpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung offen steht (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 166 Rn. 26). Ungeachtet dessen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, Prozesskostenhilfe grundsätzlich dann zu bewilligen, wenn im jeweiligen Verfahren eine weitere Sachaufklärung oder gar eine Beweiserhebung in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 - ; B. v. 18.2.2013 - 12 C 12.2105 - m. w. N.).

b) Gemessen an diesem Maßstab durfte dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung nicht versagt werden:

aa) Rechtsgrundlage für die Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung über die Wohnraumberechtigung für eine öffentlich geförderte Wohnung ist Art. 5 Satz 1 des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes (BayWoBindG) vom 23. Juli 2007 (GVBl 2007, 562, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2011, GVBl 752). Danach ist das Bayerische Staatsministerium des Innern ermächtigt, für Gebiete mit erhöhtem Wohnbedarf durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass der Verfügungsberechtigte (Vermieter) eine frei oder bezugsfertig werdende Wohnung nur einem von der zuständigen Stelle benannten Wohnungssuchenden zum Gebrauch überlassen darf. Art. 5 Sätze 3 und 4 BayWoBindG regeln, welche Personengruppen bevorzugt zu berücksichtigen sind. Nach Art. 5 Satz 5 BayWoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsrechts (DVWoR) vom 8. Mai 2007 (GVBl 2007, 326) hat die zuständige Stelle Wohnungssuchende nach der Dringlichkeit ihrer Bewerbung, bei gleicher Dringlichkeit nach der Dauer der Bewerbung für eine freie oder bezugsfertig werdende Wohnung zu benennen. Die Dringlichkeit der Bewerbung bestimmt sich im Grundsatz nach dem sozialen Gewicht des Wohnungsbedarfs und (lediglich) ergänzend danach, wie lange der antragstellende Wohnungssuchende schon in der kreisfreien Stadt oder dem Landkreis wohnt (Hauptwohnsitz), wo er sich um eine Wohnung bewirbt (§ 3 Abs. 3 Satz 2 DVWoR). Bei der Einstufung der Bewerbungen nach ihrer sozialen Dringlichkeit hat die zuständige Stelle sachnotwendig ein (Auswahl-)Ermessen (vgl. BayVGH, B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 -, Rn. 12).

Die beklagte Landeshauptstadt München rechnet zu den Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf im Sinne von Art. 5 BayWoBindG. Sie hat daher als zuständige Stelle in Bezug auf Sozialwohnungen nach Art. 5 Satz 2 BayWoBindG gegenüber den Verfügungsberechtigten ein Benennungsrecht. Gemäß Art. 5 Satz 3 BayWoBindG sind bei der Benennung insbesondere schwangere Frauen, Familien und andere Haushalte mit Kindern, junge Ehepaare, alleinstehende Elternteile mit Kindern, ältere Menschen und schwerbehinderte Menschen vorrangig zu berücksichtigen. Das Benennungsrecht ermächtigt die zuständige Stelle aus Gründen der Praktikabilität auch, vor der eigentlichen Benennung eine rechtlich verbindliche Vorentscheidung über die Voraussetzungen der Wohnberechtigung und den Grad der sozialen Dringlichkeit zu treffen. Diese Vorentscheidung erfolgt durch Aufnahme in eine nach Dringlichkeitsstufen und Punkten differenzierende Vormerkkartei, wobei es sich um einen im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsakt handelt (vgl. BayVGH, U. v. 23.9.1987, DWW 1988, 55; B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 - , Rn. 13).

Zur gleichmäßigen Ermessensausübung hat die Beklagte eine Punktetabelle erstellt. Dabei handelt es sich um eine ermessensbindende interne Richtlinie, deren konsequente Anwendung dem Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht und die regelmäßig zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt. Diese Punktetabelle stellt ein geeignetes Mittel dar, um die Bewertung der sozialen Dringlichkeit transparent zu machen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen (vgl. BayVGH, B. v. 14.4.1999 - 24 S 99.110 - ; B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 - , Rn. 13).

Nachdem in der Landeshauptstadt München ein großer Bedarf an Sozialwohnungen für einkommensschwache Personen, die bereits in München wohnen, besteht, ist es zwar nicht in jedem Fall von vorneherein unsachgemäß, Personen, die nicht bzw. erst seit kurzem in München wohnen, in der Rangliste hinter bereits seit längerem in München ansässige Personen zurückzustufen (vgl. BayVGH, B. v. 10.1.2006 - 24 C 05.3012 - , Rn. 17); allerdings gilt dies nur dann, wenn dadurch der vom Gesetzgeber in Art. 5 Sätze 3 und 5, 2. Halbsatz BayWoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 DVWoR verbindlich festgelegte Vorrang des Gesichtspunkts der sozialen Dringlichkeit der Bewerbung als maßgebliches Auswahlkriterium bei der Benennung für eine Sozialwohnung im konkreten Einzelfall gewahrt bleibt. Denn nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr.1 DVWoR richtet sich die Dringlichkeit „in erster Linie“ nach dem sozialen Gewicht des Wohnungsbedarfs des Bewerbers (vgl. Nr. 6.4 Satz 1 der die Beklagte bindenden Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 12. September 2007 - II C4-4702-003/07, geändert durch Bekanntmachung vom 27. Februar 2013, AllMBl S. 133); wie lange der antragstellende Wohnungssuchende schon in der kreisfreien Gemeinde oder dem Landkreis mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet ist, wo er sich um eine Wohnung bemüht, darf hingegen gemäß der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 DVWoR nur „ergänzend“ berücksichtigt werden (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 19.8.2013 - 12 C 13.1519 - juris, Rn. 13).

Das ergänzende Kriterium der Verweildauer soll lediglich ausschließen, dass ein Bewerber anderen Wohnungssuchenden mit längerer Verweildauer vorgezogen wird, obwohl sein Wohnbedarf nur ein unwesentlich höheres oder gar nur gleiches soziales Gewicht besitzt (vgl. Nr. 6.4 Satz 2 VVWoBindR); es darf aber nicht dazu führen, dass Personen, deren Wohnbedarf nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 DVWoR erhebliches soziales Gewicht zukommt, entgegen der in Art. 5 Satz 3 BayWoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 DVWoR ausdrücklich angeordneten vorrangigen Berücksichtigung des Kriteriums der sozialen Dringlichkeit aufgrund der Nichterfüllung wie auch immer ausgestalteter „Wartezeiten“ von der Benennung für eine Sozialwohnung ausgeschlossen werden. Andernfalls würde das „Hilfskriterium“ der Verweildauer entgegen der Intention des Gesetz- und Verordnungsgebers zum Hauptkriterium erhoben, obwohl es lediglich ergänzend, nämlich nur bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Bedürftigkeit und Dringlichkeit, zum Tragen kommen soll (vgl. Nr. 6.4 Satz 2 VVWoBindR).

Gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) haben alle Gemeindeeinwohner die gleichen Rechte. Ausnahmen bedürften eines besonderen Rechtstitels (Art. 15 Abs. 1 Satz 3 BayGO), der in Bezug auf die Einhaltung einer generellen Wartezeit aber gerade nicht vorliegt. Vielmehr hat die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis, auch soweit diese auf ermessenslenkenden Richtlinien gründet, die als reines Innenrecht - anders als Rechtsnormen - einer eigenständigen richterlichen Interpretation nicht unterliegen (vgl. BayVGH, U. v. 28.7.2005 - 4 B 01.2536 -, BayVBl. 2006, 731 m. w. N.), sicherzustellen, dass ihre Ermessensausübung im konkreten Einzelfall den zwingenden gesetzlichen Vorgaben des Art. 5 Sätze 3 und 5, 2. Halbsatz WoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 DVWoR entspricht. Ein genereller Ausschluss von gemäß Art. 5 Satz 3 BayWoBindG vorrangig zu berücksichtigenden Personen von der Benennung für eine Sozialwohnung durch wie auch immer geartete „Wartezeitregelungen“ kommt danach nicht in Betracht.

bb) Einen solchen hat die Beklagte jedoch mutmaßlich vorgenommen, als sie den Kläger in Nr. 4 des Bescheides vom 9. August 2013 wegen Nichterfüllung der in Nr. 1 der ihrer Dienstanweisung vom 1. August 2003 vorgesehenen Wartezeit von fünf Jahren lediglich mit 16 Grundpunkten in der Rangstufe IV registriert und damit bis zum 4. Juli 2015 generell von jeglichen Wohnungsangeboten ausgeschlossen hat (vgl. hierzu auch S. 2 der Begründung des Bescheids vom 9.8.2013), ohne eine weitere Prüfung und Bewertung der Dringlichkeit der Bewerbung entsprechend dem sozialen Gewicht des Wohnbedarfs des Klägers und seiner Familie (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 DVWoR) durchgeführt zu haben.

Der Bescheid vom 9. August 2013 wird daher unabhängig von der Frage einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Klägers im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG aller Wahrscheinlichkeit nach bereits gemäß Art. 51 Abs. 5 i. V. m. Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG aufzuheben sein, um der Beklagten eine erneute (erstmalige) ermessensfehlerfreie Entscheidung in der Sache zu ermöglichen. Mit dem generellen Ausschluss von mutmaßlich im Sinne von Art. 5 Satz 3 WoBindG vorrangig zu berücksichtigenden Personen von der Benennung aufgrund einer allenfalls ergänzend und damit lediglich subsidiär zulässigen Berücksichtigung von „Wartezeiten“ hat die Beklagte von dem ihr eingeräumten Auswahlermessen in einer nicht mehr dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Dies macht die Durchbrechung der Bestandskraft des Bescheides vom 9. August 2013 erforderlich, um der Beklagten (erstmals) eine ermessensfehlerfreie Entscheidung in der Sache zu eröffnen.

cc) Ungeachtet dessen erscheint auch zweifelhaft, ob hier nicht bereits nach Nr. 2.1 der DA Wartezeit der Beklagten vom 1. August 2003 ein Fall vorliegt, der einer Unterbringung in einer „Notunterkunft“ der dort näher bezeichneten Art gleich zu erachten ist. Für diesen Fall ist eine Wartezeit von lediglich drei Jahren vorgesehen, die der Kläger bereits erfüllt. Schließlich wohnt die fünfköpfige Familie nach ihren von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben in den Büro- bzw. Sozialräumen eines „Waschsalons“ und die Eltern schlafen mit den drei Kindern in einem einzigen Raum, das jüngste Kind sogar mit den Eltern in einem Bett. Letzteres dürfte - vorbehaltlich einer im Hauptsacheverfahren vorzunehmenden weiteren Prüfung - den Verhältnissen in einer Notunterkunft der Beklagten bzw. der eines freien Trägers kaum nachstehen, weshalb sich ernsthaft die Frage stellt, warum die Beklagte nicht bereits auf der Grundlage ihrer derzeitigen - mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stehenden - Verwaltungspraxis Abhilfe geschaffen hat. Fälle wie der vorliegende dürfen die Gerichte gar nicht erst erreichen.

Dem Kläger ist deshalb Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen. Er kann die Kosten der Prozessführung als Arbeitslosengeld II-Empfänger nicht aufbringen.

2. Einer Kostenentscheidung bedarf es vorliegend nicht, da das Verfahren gerichtskostenfrei ist § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO (vgl. BayVGH, B. v. 19.8.2013 - 12 C 13.1519 - juris, Rn. 13) und Kosten im Beschwerdeverfahren nach § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.

3. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren jugendhilferechtlichen Aufwendungsersatz für die Vollzeitpflege ihres Enkelkindes.

2

Die Kläger sind die Großeltern der am 23. November 2005 geborenen Emily M. Die Mutter des Kindes war zum Zeitpunkt seiner Geburt erst 15 Jahre alt. Daher hat das Amtsgericht den Großeltern die Vormundschaft für das Kind übertragen, in deren Haushalt die minderjährige Mutter und ihr Kind von Anfang an lebten. Die Kläger beantragten am 19. April 2006 die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege und die Bewilligung von Pflegegeld. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 19. Mai 2006 ab. Hiergegen haben die Kläger am 22. Juni 2006 Klage erhoben, die Pflege ihres Enkelkindes aber fortgesetzt. Nachdem die gesamte Großfamilie am 21. Juni 2007 in den Nachbarlandkreis umgezogen war, beantragten die Kläger dort mit Schreiben vom 21. Oktober 2007 die Bewilligung von Vollzeitpflege, was mit Bescheid vom 10. Dezember 2007 ebenfalls abgelehnt wurde und Gegenstand eines weiteren Verwaltungsrechtstreits ist. Den Großeltern wurde nach dem Auszug der Kindesmutter aus der gemeinsamen Wohnung ab August 2009 Vollzeitpflege bewilligt.

3

Das Verwaltungsgericht hat der zuerst erhobenen Klage gegen die beklagte Stadt mit Urteil vom 21. Mai 2008 stattgegeben und diese verpflichtet, den Klägern "Hilfe zur Erziehung in Form der Gewährung von Pflegegeld" für ihr Enkelkind ab dem 19. April 2006 zu bewilligen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 13. Januar 2011 das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Pflegegeld bestehe schon deswegen nicht, weil das Kind von Geburt an mit seiner Mutter und seinen Großeltern zusammen gelebt habe, so dass keine Pflege "außerhalb des Elternhauses" im Sinne der § 27 Abs. 2a, § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vorliege. Unter dem Begriff des Elternhauses sei der Ort zu verstehen, an dem sich der Minderjährige mit seinen Eltern aufhalte und an dem sich Eltern-Kind-Beziehungen entwickeln könnten. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII regele die Sicherstellung des Lebensunterhalts eines Kindes oder Jugendlichen, der außerhalb der eigenen Familie erzogen werde. Da Mutter und Kind hier nicht getrennt seien, finde keine Pflege außerhalb des Elternhauses statt. Dementsprechend sehe auch § 33 Satz 1 SGB VIII die Gewährung von Vollzeitpflege nur vor, wenn zwischen der "Herkunftsfamilie" und der die Pflege durchführenden "anderen Familie" unterschieden werden könne. Eine solche Unterscheidung sei aber nicht möglich, wenn das Kind, die Mutter und die Großeltern in einer aus drei Generationen bestehenden Familie in einem Haushalt zusammen lebten. Es liege somit auch keine Vollzeitpflege vor.

4

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung der §§ 27, 33, 39 SGB VIII. Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege sei nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Betreuung durch Großeltern in deren Familie erfolge. Die Großeltern zählten unabhängig von den Wohnverhältnissen nicht zur "Herkunftsfamilie", zu der nur die hilfebedürftigen Kinder und ihre Eltern zu rechnen seien. Es bestünden im vorliegenden Fall keine Zweifel darüber, dass die Kindesmutter als "Herkunftsfamilie" nicht erziehungsfähig sei. Bei dem Haus der Großeltern handele es sich auch nicht um das "Elternhaus" des Enkelkindes. Vielmehr verfüge die leibliche Mutter nicht über einen eigenen Haushalt. Aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ergebe sich zudem die Verpflichtung des Staates, familiäre Bindungen des Kindes zu seinen Eltern oder Großeltern möglichst zu erhalten oder wiederherzustellen, so dass auch beim Zusammenleben von drei Generationen unter einem Dach Vollzeitpflege gewährt werden müsse. In zeitlicher Hinsicht bestehe der Anspruch auf Vollzeitpflege vom Zeitpunkt der Antragstellung am 19. April 2006 bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Befriedigung am 1. August 2009. Im vorliegenden Rechtsstreit sei die beklagte Stadt zur Hilfegewährung bis 21. Oktober 2007 verpflichtet. Dass die Kläger im Juni 2007 aus dem Bereich der Beklagten weggezogen seien, berühre den Anspruch nicht.

5

Die Beklagte verteidigt den angegriffenen Beschluss. Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich der Rechtsauffassung der Kläger angeschlossen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision ist begründet. Der angegriffene Beschluss beruht auf der Verletzung von Bundesrecht und stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die Kläger haben einen Anspruch auf Übernahme ihrer erforderlichen Aufwendungen für die von ihnen in der Zeit vom 19. April 2006 bis zum 21. Oktober 2007 erbrachte Vollzeitpflege ihres Enkels (1.). Der Anspruch richtet sich gegen die Beklagte (2.) Die Kläger sind nicht aus prozessualen Gründen gehindert, diesen Anspruch im Revisionsverfahren geltend zu machen (3.).

7

1. Das Begehren der Kläger ist nach § 36a Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Achtes Buch - (SGB VIII) begründet.

8

Diese Bestimmung verleiht einen Anspruch auf die Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für selbst beschaffte Hilfen. Das sind Hilfen, die - wie hier - vom Leistungsberechtigten abweichend von § 36a Abs. 1 und 2 SGB VIII erbracht werden, ohne dass eine Entscheidung des Trägers der Jugendhilfe oder eine Zulassung durch diesen vorangegangen ist. Der Übernahmeanspruch setzt nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3). Dies war hier der Fall.

9

a) Die Kläger hatten die Beklagte zu Beginn des Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendung beansprucht wird, von dem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt. Dies geschah spätestens mit Antrag vom 19. April 2006, mit dem die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege und die Bewilligung von Pflegegeld begehrt wurde.

10

b) Die Kläger hatten in dem hier in Rede stehenden Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung von Vollzeitpflege.

11

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII hat ein Personenberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII gewährt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Nach § 33 Satz 1 SGB VIII soll Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Vollzeitpflege Kindern oder Jugendlichen unter anderem entsprechend den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen (§ 27 Abs. 2a Halbs. 1 SGB VIII). Wird Hilfe zur Erziehung unter anderem in Form der Vollzeitpflege gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Danach konnten die Kläger die Vollzeitpflege einschließlich des Unterhalts für ihren Enkel beanspruchen.

12

aa) Die Voraussetzungen des § 33 Satz 1 SGB VIII lagen vor. Insbesondere wurde die Vollzeitpflege durch die Kläger "in einer anderen Familie" erbracht.

13

§ 33 Satz 1 SGB VIII unterscheidet zwischen der "Herkunftsfamilie" und der "anderen Familie". Findet die Pflege in der Herkunftsfamilie statt, scheidet ein Anspruch nach § 33 Satz 1 SGB VIII aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass aus Sicht des § 33 Satz 1 SGB VIII die Herkunftsfamilie die Familie ist, aus der das Kind oder der Jugendliche ursprünglich herkommt. Das ist die aus den Eltern und gegebenenfalls Geschwistern bestehende sogenannte Kernfamilie (vgl. Urteile vom 12. September 1996 - BVerwG 5 C 31.95 - Buchholz 436.511 § 27 KJHG/SGB VIII Nr. 3 S. 10 und vom 15. Dezember 1995 - BVerwG 5 C 2.94 - BVerwGE 100, 178 <179 f.>). Demnach gehören die Großeltern nicht zur Herkunftsfamilie. Erbringen sie die Vollzeitpflege, sind sie als "andere Familie" im Sinne von § 33 Satz 1 SGB VIII anzusehen (vgl. Urteil vom 12. September 1996 a.a.O. S. 10). Dies entspricht den Erwägungen, aus denen der Gesetzgeber mit § 27 Abs. 2a SGB VIII die Verwandtenpflege unter erleichterten Bedingungen zugelassen hat. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird insoweit dargelegt (vgl. BTDrucks 15/3676 S. 35), es entspreche einer jahrzehntelangen Praxis, Vollzeitpflege als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe nicht nur in Haushalten von Personen zu gewähren, die mit dem Kind oder Jugendlichen nicht (näher) verwandt seien, sondern auch in Haushalten von nahen Verwandten wie insbesondere Großeltern. Diese seien insoweit als "andere Familie" anzusehen und gehörten nicht zur Herkunftsfamilie.

14

Die die Pflege erbringenden Großeltern sind auch dann als "andere Familie" anzusehen, wenn zwischen ihnen und den Eltern des Kindes oder Jugendlichen keine räumliche Trennung besteht, weil alle drei Generationen in einem Haushalt zusammenleben. Die gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Bereits der Wortlaut des § 33 Satz 1 SGB VIII weist in die Richtung, dass es für die Unterscheidung von "Herkunftsfamilie" und "anderer Familie" nicht (auch) auf die Wohnverhältnisse in räumlicher Hinsicht ankommt, sondern allein darauf, ob aus verwandtschaftlicher Sicht die Pflege in der Herkunftsfamilie gewährt wird oder nicht.

15

Eine an Sinn und Zweck des § 33 Satz 1 SGB VIII ausgerichtete Auslegung gebietet die Annahme, dass eine von den Großeltern geleistete Vollzeitpflege auch dann in einer "anderen Familie" stattfindet, wenn die Eltern des Kindes oder Jugendlichen im selben Haushalt leben. § 33 SGB VIII verfolgt das Ziel, die Erziehungsbedingungen eines Kindes oder Jugendlichen durch Einschaltung von Pflegepersonen zu verbessern, wenn der erzieherische Bedarf durch Mitglieder der Herkunftsfamilie nicht abgedeckt werden kann. Bei der Auswahl der Pflegepersonen sind die persönlichen Bindungen des Kindes oder Jugendlichen in besonderer Weise zu berücksichtigen. Hat ein Kind oder Jugendlicher eine besondere Beziehung etwa zu seinen Großeltern, liefe es dem Sinn und Zweck des § 33 SGB VIII zuwider, diese deshalb nicht als "andere Familie" anzusehen und von dem Anspruch auf Vollzeitpflege auszuschließen, weil in ihrem Haushalt auch noch die Eltern oder ein Elternteil leben und es damit an einer räumlichen Trennung fehlt. Aus der Entstehungsgeschichte des § 33 SGB VIII folgt nichts anderes (vgl. BTDrucks 11/5948 S. 16).

16

Die Auslegung unter systematischen Gesichtspunkten läuft dem aus der teleologischen Deutung gewonnenen Befund nicht zuwider. Insbesondere folgt aus dem Zusammenhang des § 33 Satz 1 SGB VIII mit dem Tatbestandsmerkmal "außerhalb des Elternhauses" in § 27 Abs. 2a SGB VIII und § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht, dass Großeltern, die mit ihrem Kind und einem Enkel einen Haushalt teilen, keinen Anspruch auf Vollzeitpflege haben. Anders läge es nur, wenn das Merkmal "außerhalb des Elternhauses" stets eine räumliche Trennung zwischen dem Ort, an dem Hilfe zur Erziehung gewährt wird, und demjenigen, an dem die Eltern des Kindes oder Jugendlichen leben, voraussetzt und ein solcher Begriffsinhalt die Auslegung des Merkmals "andere Familie" im Sinne von § 33 Satz 1 SGB VIII maßgeblich steuert. Dies ist nicht der Fall.

17

§ 27 Abs. 2a SGB VIII und § 39 Abs. 1 SGB VIII beziehen sich nicht nur auf die Vollzeitpflege im Sinne von § 33 SGB VIII, sondern auch auf andere in den §§ 28 ff. SGB VIII geregelte Hilfearten. Soweit die Bestimmungen § 33 SGB VIII betreffen, wird Erziehungshilfe auch dann außerhalb des Elternhauses gewährt, wenn die in Rede stehende räumliche Trennung nicht gegeben ist. Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus dem Wortlaut des Begriffs "Elternhaus". Dieser wird im allgemeinen Sprachgebrauch in zwei Bedeutungen verwendet, einer räumlich-konkreten und einer übertragen-funktionellen. Im ersten Sinn bedeutet er das elterliche Haus als Ort, in dem die Kindheit verbracht wird. In der zweiten Bedeutung meint er die Familie als Stätte der Erziehung mit ihrem prägenden Einfluss (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2. Band, 1981, S. 470). Im Zusammenhang mit der Vollzeitpflege ist der Begriff des Elternhauses in § 27 Abs. 2a SGB VIII und § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII im übertragenen Sinn zu verstehen. Dafür sprechen bereits die Begründungen der Entwürfe zu § 33 SGB VIII und § 39 Abs. 1 SGB VIII, in denen die Begriffe "außerhalb des Elternhauses" und "außerhalb der eigenen Familie" synonym gebraucht werden (vgl. BTDrucks 11/5948 S. 71 und 75). Dies erweist sich als deutlicher Hinweis dahin, dass dem Merkmal "außerhalb des Elternhauses" die gleiche Bedeutung beizumessen ist, wie demjenigen der "anderen Familie", bei dem es - wie aufgezeigt - mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 33 SGB VIII nicht auf eine räumliche Trennung von der Herkunftsfamilie ankommt. Nur ein übertragenes Begriffsverständnis des "Elternhauses" im Sinne des elterlichen Haushalts trägt der aufgezeigten Zielsetzung des § 27 Abs. 2a SGB VIII ausreichend Rechnung, die nahen Verwandten des hilfebedürftigen Kindes oder Jugendlichen stärker an der Vollzeitpflege zu beteiligen. Die Gesetzesmaterialien zu jener Vorschrift liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass durch die Formulierung "außerhalb des Elternhauses" eine Einschränkung der Vollzeitpflege durch Verwandte im Sinne eines räumlichen Trennungsgebots bezweckt ist. Auch die Stellung des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII im Kontext der gemeinsamen Vorschriften der Hilfe zur Erziehung streitet dafür, den Begriff "außerhalb des Elternhauses" als synonyme Formulierung zu "außerhalb der eigenen Familie", wie er sich auch in § 36 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VIII findet, zu verstehen. Ferner widerspräche es - wie von den Klägern zutreffend hervorgehoben wird - der Intention des § 33 SGB VIII sowie des § 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VIII, die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie zu verbessern, wenn das Zusammenleben der Pflegeeltern mit einem altersbedingt noch nicht erziehungsfähigen leiblichen Elternteil das entscheidende Kriterium für die Ablehnung des Anspruchs auf Vollzeitpflege wäre. Denn ein solches Zusammenleben kann auch dazu führen, die Erziehungsfähigkeit und -bereitschaft des Elternteils zu stärken. Mithin wird eine Vollzeitpflege im Sinne von § 33 SGB VIII auch dann außerhalb des Elternhauses gewährt, wenn - wie hier - die Pflegeeltern und ein Elternteil im selben Haushalt leben.

18

bb) Auch die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Vollzeitpflege lagen vor.

19

Da das Amtsgericht den Klägern mit Beschluss vom 1. Dezember 2005 die Vormundschaft für das Kind übertragen hat (vgl. § 1793 Abs. 1 Satz 1 BGB), sind sie im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII als Personensorgeberechtigte zur Geltendmachung des Anspruchs auf Vollzeitpflege und des Annexanspruchs auf Pflegegeld berechtigt gewesen (vgl. Urteil vom 12. September 1996 a.a.O. S. 8). Auch hat für das Enkelkind der Kläger ein ungedeckter erzieherischer Bedarf im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII bestanden, weil die Mutter des Kindes aufgrund ihres jugendlichen Alters zur Erziehung nicht in der Lage gewesen ist. Zwar haben die Kläger als Großeltern die Erziehungsaufgabe nach der Geburt des Kindes etwa ein halbes Jahr lang freiwillig und unentgeltlich übernommen. Seit sie mit ihrem Antrag vom 19. April 2006 erklärt haben, nicht mehr zur weiteren Erziehung des Kindes ohne staatliche Unterstützung bereit zu sein, ist der Bedarf jedoch nicht mehr von dritter Seite gedeckt gewesen (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1995 a.a.O. <181>).

20

Vor diesem Hintergrund ist die beantragte Vollzeitpflege durch die Großeltern eine im Hinblick auf das Kindeswohl im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII geeignete und notwendige Maßnahme gewesen. Dass aufgrund der ab Geburt bestehenden persönlichen Bindungen des Kindes die Vollzeitpflege durch die Großeltern dem Kindeswohl entsprochen hat, drängt sich auf, zumal an der persönlichen Eignung der Kläger zur Erziehung des Kindes kein vernünftiger Zweifel besteht. Die Klägerin zu 1 hat nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ihre Arbeitsstelle aufgegeben, um sich im gebotenen Umfang um ihre Enkeltochter zu kümmern. Auch die Bereitschaft der Kläger, die Vollzeitpflege ihres Enkelkindes nach § 27 Abs. 2a SGB VIII in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Beklagten entsprechend einem Hilfeplan zu leisten, ist von der Beklagten im Revisionsverfahren nicht in einer Weise substanziiert in Frage gestellt worden, die den Senat veranlassen könnte, insoweit eine weitere Sachverhaltsaufklärung für erforderlich zu erachten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass im konkreten Fall eine niedrigschwelligere Hilfeform ausgereicht hätte, um den erzieherischen Bedarf des im maßgeblichen Zeitraum einhalb- bis eineinhalbjährigen Kindes zu decken.

21

c) Die Vollzeitpflege duldete auch keinen zeitlichen Aufschub im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, was zwischen den Parteien auch nicht umstritten ist. Der erkennende Senat ist im Zusammenhang mit der sozialhilferechtlichen Hilfe zum Lebensunterhalt stets davon ausgegangen, dass schon während des Verwaltungsverfahrens ein unaufschiebbarer Bedarf vorliegt (vgl. Urteil vom 23. Juni 1994 - BVerwG 5 C 26.92 - BVerwGE 96, 152 <158>). Nichts anderes gilt, wenn es um die Deckung des erzieherischen Bedarfs eines Kleinkindes durch jugendhilferechtliche Maßnahmen und die Sicherstellung des Unterhalts geht.

22

d) Der Umfang der nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu übernehmenden erforderlichen Aufwendungen entspricht dem Betrag, der bei rechtzeitiger Gewährung der Hilfe vom Jugendhilfeträger nach den zugrunde liegenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zu tragen gewesen wäre.

23

Vor Inkrafttreten des § 36a Abs. 3 SGB VIII waren die Jugendhilfeträger im Falle zulässiger Selbstbeschaffung nach der Rechtsprechung verpflichtet, die begehrte Hilfe durch einen Hilfebescheid rückwirkend zu bewilligen und auf dieser Grundlage die entsprechenden Kosten zu übernehmen (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1995 a.a.O. <182>). Im Anwendungsbereich des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ist eine Bewilligung für die Vergangenheit entbehrlich. Mit dem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen hat der Gesetzgeber im Vergleich zur früheren Rechtslage keine Schlechterstellung der Berechtigten bezweckt. Dies ergibt sich bereits aus den in der Begründung des Gesetzentwurfs enthaltenen Verweisen auf die bisherige Rechtsprechung (vgl. BTDrucks 15/3676 S. 13, 26 und 36 sowie BTDrucks 15/5616 S. 8 und 26), die im Fall der rechtswidrigen Vorenthaltung einer Hilfe den Betroffenen in finanzieller Hinsicht nicht schlechter gestellt hat als im Fall der rechtzeitigen Leistungsgewährung. Auch die von Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotene Gleichbehandlung beider Fallgruppen schließt es aus, bei der Bestimmung des Umfangs der erforderlichen Aufwendungen sich auf die von den Betroffenen tatsächlich erbrachten Vermögensopfer zu beschränken. Vielmehr sind nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII alle Kosten, die vom Jugendhilfeträger bei rechtzeitiger Bewilligung zu erstatten gewesen wären, zu übernehmen. Mithin sind im Fall der selbst beschafften Hilfe nicht nur die tatsächlich nachweisbaren Vermögenseinbußen, sondern auch die in § 39 SGB VIII vorgesehenen Pauschalen zu übernehmen. Hängt im Fall der Leistungsbewilligung die Höhe des Pflegegeldes nach § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII von einer Prüfung der Einkommensverhältnisse und gegebenenfalls von einer Ermessensentscheidung des Jugendhilfeträgers ab, muss auch bei der Übernahme der Aufwendungen nach § 36a Abs. 3 SGB VIII eine entsprechende Prüfung und Ermessensentscheidung stattfinden.

24

2. Die Kläger sind berechtigt, den Anspruch uneingeschränkt gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Diese war während des gesamten Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendungen begehrt wird, für die Gewährung von Vollzeitpflege (auch) örtlich zuständig. Für die Zeit des Aufenthalts der Mutter im Bereich der Beklagten folgt dies aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bzw. aus § 86 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGB VIII. Der Umzug der Mutter in den Bereich des Landkreises Stade führte nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII zu keiner Änderung der Zuständigkeit, weil die Personensorge keinem Elternteil zustand und in einem solchen Fall die bestehende Zuständigkeit trotz Aufenthaltswechsels eines Elternteils erhalten bleibt (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - juris Rn. 34 ff. m.w.N.)

25

3. Die Kläger sind nicht aus prozessrechtlichen Gründen gehindert, im Revisionsverfahren die Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für den in Rede stehenden Zeitraum zu begehren. Eine im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung liegt nicht darin, dass anders als in den Vorinstanzen nicht die Gewährung von Vollzeitpflege nach § 33 Abs. 1 SGB VIII und Unterhalt im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, sondern Aufwendungsübernahme begehrt wird. Dies ist nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen, weil dasselbe Interesse weiterverfolgt wird. Soweit im Vergleich zu den Vorinstanzen das Begehren auf die Zeit bis zum 21. Oktober 2007 beschränkt wird, liegt darin eine Konkretisierung des Begehrens in zeitlicher Hinsicht.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Werden Hilfen nach den §§ 32 bis 34 und 35a Absatz 2 Nummer 3 und 4 gewährt, haben die Eltern einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung der Beziehung zu ihrem Kind. Durch Beratung und Unterstützung sollen die Entwicklungs-, Teilhabe- oder Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit verbessert werden, dass sie das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen kann. Ist eine nachhaltige Verbesserung der Entwicklungs-, Teilhabe- oder Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb dieses Zeitraums nicht erreichbar, so dienen die Beratung und Unterstützung der Eltern sowie die Förderung ihrer Beziehung zum Kind der Erarbeitung und Sicherung einer anderen, dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen förderlichen und auf Dauer angelegten Lebensperspektive.

(2) Bei den in Absatz 1 Satz 1 genannten Hilfen soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Zusammenarbeit der Pflegeperson oder der in der Einrichtung für die Erziehung verantwortlichen Person und der Eltern zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen durch geeignete Maßnahmen fördern. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellt dies durch eine abgestimmte Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 und § 37a sicher.

(3) Sofern der Inhaber der elterlichen Sorge durch eine Erklärung nach § 1688 Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Entscheidungsbefugnisse der Pflegeperson so weit einschränkt, dass die Einschränkung eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Entwicklung nicht mehr ermöglicht, sollen die Beteiligten das Jugendamt einschalten. Auch bei sonstigen Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen sollen die Beteiligten das Jugendamt einschalten.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Eltern haben einen Anspruch auf Unterstützung bei der Betreuung und Versorgung des im Haushalt lebenden Kindes, wenn

1.
ein Elternteil, der für die Betreuung des Kindes überwiegend verantwortlich ist, aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen ausfällt,
2.
das Wohl des Kindes nicht anderweitig, insbesondere durch Übernahme der Betreuung durch den anderen Elternteil, gewährleistet werden kann,
3.
der familiäre Lebensraum für das Kind erhalten bleiben soll und
4.
Angebote der Förderung des Kindes in Tageseinrichtungen oder in Kindertagespflege nicht ausreichen.

(2) Unter der Voraussetzung, dass eine Vereinbarung nach Absatz 3 Satz 2 abgeschlossen wurde, können bei der Betreuung und Versorgung des Kindes auch ehrenamtlich tätige Patinnen und Paten zum Einsatz kommen. Die Art und Weise der Unterstützung und der zeitliche Umfang der Betreuung und Versorgung des Kindes sollen sich nach dem Bedarf im Einzelfall richten.

(3) § 36a Absatz 2 gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme insbesondere zugelassen werden soll, wenn die Hilfe von einer Erziehungsberatungsstelle oder anderen Beratungsdiensten und -einrichtungen nach § 28 zusätzlich angeboten oder vermittelt wird. In den Vereinbarungen entsprechend § 36a Absatz 2 Satz 2 sollen insbesondere auch die kontinuierliche und flexible Verfügbarkeit der Hilfe sowie die professionelle Anleitung und Begleitung beim Einsatz von ehrenamtlichen Patinnen und Paten sichergestellt werden.

Können Personensorgeberechtigte wegen des mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbundenen ständigen Ortswechsels die Erfüllung der Schulpflicht ihres Kindes oder Jugendlichen nicht sicherstellen und ist deshalb eine anderweitige Unterbringung des Kindes oder des Jugendlichen notwendig, so haben sie Anspruch auf Beratung und Unterstützung. In geeigneten Fällen können die Kosten der Unterbringung in einer für das Kind oder den Jugendlichen geeigneten Wohnform einschließlich des notwendigen Unterhalts sowie die Krankenhilfe übernommen werden. Die Leistung kann über das schulpflichtige Alter hinaus gewährt werden, sofern eine begonnene Schulausbildung noch nicht abgeschlossen ist, längstens aber bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren jugendhilferechtlichen Aufwendungsersatz für die Vollzeitpflege ihres Enkelkindes.

2

Die Kläger sind die Großeltern der am 23. November 2005 geborenen Emily M. Die Mutter des Kindes war zum Zeitpunkt seiner Geburt erst 15 Jahre alt. Daher hat das Amtsgericht den Großeltern die Vormundschaft für das Kind übertragen, in deren Haushalt die minderjährige Mutter und ihr Kind von Anfang an lebten. Die Kläger beantragten am 19. April 2006 die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege und die Bewilligung von Pflegegeld. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 19. Mai 2006 ab. Hiergegen haben die Kläger am 22. Juni 2006 Klage erhoben, die Pflege ihres Enkelkindes aber fortgesetzt. Nachdem die gesamte Großfamilie am 21. Juni 2007 in den Nachbarlandkreis umgezogen war, beantragten die Kläger dort mit Schreiben vom 21. Oktober 2007 die Bewilligung von Vollzeitpflege, was mit Bescheid vom 10. Dezember 2007 ebenfalls abgelehnt wurde und Gegenstand eines weiteren Verwaltungsrechtstreits ist. Den Großeltern wurde nach dem Auszug der Kindesmutter aus der gemeinsamen Wohnung ab August 2009 Vollzeitpflege bewilligt.

3

Das Verwaltungsgericht hat der zuerst erhobenen Klage gegen die beklagte Stadt mit Urteil vom 21. Mai 2008 stattgegeben und diese verpflichtet, den Klägern "Hilfe zur Erziehung in Form der Gewährung von Pflegegeld" für ihr Enkelkind ab dem 19. April 2006 zu bewilligen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 13. Januar 2011 das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Pflegegeld bestehe schon deswegen nicht, weil das Kind von Geburt an mit seiner Mutter und seinen Großeltern zusammen gelebt habe, so dass keine Pflege "außerhalb des Elternhauses" im Sinne der § 27 Abs. 2a, § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vorliege. Unter dem Begriff des Elternhauses sei der Ort zu verstehen, an dem sich der Minderjährige mit seinen Eltern aufhalte und an dem sich Eltern-Kind-Beziehungen entwickeln könnten. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII regele die Sicherstellung des Lebensunterhalts eines Kindes oder Jugendlichen, der außerhalb der eigenen Familie erzogen werde. Da Mutter und Kind hier nicht getrennt seien, finde keine Pflege außerhalb des Elternhauses statt. Dementsprechend sehe auch § 33 Satz 1 SGB VIII die Gewährung von Vollzeitpflege nur vor, wenn zwischen der "Herkunftsfamilie" und der die Pflege durchführenden "anderen Familie" unterschieden werden könne. Eine solche Unterscheidung sei aber nicht möglich, wenn das Kind, die Mutter und die Großeltern in einer aus drei Generationen bestehenden Familie in einem Haushalt zusammen lebten. Es liege somit auch keine Vollzeitpflege vor.

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Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung der §§ 27, 33, 39 SGB VIII. Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege sei nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Betreuung durch Großeltern in deren Familie erfolge. Die Großeltern zählten unabhängig von den Wohnverhältnissen nicht zur "Herkunftsfamilie", zu der nur die hilfebedürftigen Kinder und ihre Eltern zu rechnen seien. Es bestünden im vorliegenden Fall keine Zweifel darüber, dass die Kindesmutter als "Herkunftsfamilie" nicht erziehungsfähig sei. Bei dem Haus der Großeltern handele es sich auch nicht um das "Elternhaus" des Enkelkindes. Vielmehr verfüge die leibliche Mutter nicht über einen eigenen Haushalt. Aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ergebe sich zudem die Verpflichtung des Staates, familiäre Bindungen des Kindes zu seinen Eltern oder Großeltern möglichst zu erhalten oder wiederherzustellen, so dass auch beim Zusammenleben von drei Generationen unter einem Dach Vollzeitpflege gewährt werden müsse. In zeitlicher Hinsicht bestehe der Anspruch auf Vollzeitpflege vom Zeitpunkt der Antragstellung am 19. April 2006 bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Befriedigung am 1. August 2009. Im vorliegenden Rechtsstreit sei die beklagte Stadt zur Hilfegewährung bis 21. Oktober 2007 verpflichtet. Dass die Kläger im Juni 2007 aus dem Bereich der Beklagten weggezogen seien, berühre den Anspruch nicht.

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Die Beklagte verteidigt den angegriffenen Beschluss. Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich der Rechtsauffassung der Kläger angeschlossen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist begründet. Der angegriffene Beschluss beruht auf der Verletzung von Bundesrecht und stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die Kläger haben einen Anspruch auf Übernahme ihrer erforderlichen Aufwendungen für die von ihnen in der Zeit vom 19. April 2006 bis zum 21. Oktober 2007 erbrachte Vollzeitpflege ihres Enkels (1.). Der Anspruch richtet sich gegen die Beklagte (2.) Die Kläger sind nicht aus prozessualen Gründen gehindert, diesen Anspruch im Revisionsverfahren geltend zu machen (3.).

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1. Das Begehren der Kläger ist nach § 36a Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Achtes Buch - (SGB VIII) begründet.

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Diese Bestimmung verleiht einen Anspruch auf die Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für selbst beschaffte Hilfen. Das sind Hilfen, die - wie hier - vom Leistungsberechtigten abweichend von § 36a Abs. 1 und 2 SGB VIII erbracht werden, ohne dass eine Entscheidung des Trägers der Jugendhilfe oder eine Zulassung durch diesen vorangegangen ist. Der Übernahmeanspruch setzt nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3). Dies war hier der Fall.

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a) Die Kläger hatten die Beklagte zu Beginn des Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendung beansprucht wird, von dem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt. Dies geschah spätestens mit Antrag vom 19. April 2006, mit dem die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege und die Bewilligung von Pflegegeld begehrt wurde.

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b) Die Kläger hatten in dem hier in Rede stehenden Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung von Vollzeitpflege.

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Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII hat ein Personenberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII gewährt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Nach § 33 Satz 1 SGB VIII soll Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Vollzeitpflege Kindern oder Jugendlichen unter anderem entsprechend den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen (§ 27 Abs. 2a Halbs. 1 SGB VIII). Wird Hilfe zur Erziehung unter anderem in Form der Vollzeitpflege gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Danach konnten die Kläger die Vollzeitpflege einschließlich des Unterhalts für ihren Enkel beanspruchen.

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aa) Die Voraussetzungen des § 33 Satz 1 SGB VIII lagen vor. Insbesondere wurde die Vollzeitpflege durch die Kläger "in einer anderen Familie" erbracht.

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§ 33 Satz 1 SGB VIII unterscheidet zwischen der "Herkunftsfamilie" und der "anderen Familie". Findet die Pflege in der Herkunftsfamilie statt, scheidet ein Anspruch nach § 33 Satz 1 SGB VIII aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass aus Sicht des § 33 Satz 1 SGB VIII die Herkunftsfamilie die Familie ist, aus der das Kind oder der Jugendliche ursprünglich herkommt. Das ist die aus den Eltern und gegebenenfalls Geschwistern bestehende sogenannte Kernfamilie (vgl. Urteile vom 12. September 1996 - BVerwG 5 C 31.95 - Buchholz 436.511 § 27 KJHG/SGB VIII Nr. 3 S. 10 und vom 15. Dezember 1995 - BVerwG 5 C 2.94 - BVerwGE 100, 178 <179 f.>). Demnach gehören die Großeltern nicht zur Herkunftsfamilie. Erbringen sie die Vollzeitpflege, sind sie als "andere Familie" im Sinne von § 33 Satz 1 SGB VIII anzusehen (vgl. Urteil vom 12. September 1996 a.a.O. S. 10). Dies entspricht den Erwägungen, aus denen der Gesetzgeber mit § 27 Abs. 2a SGB VIII die Verwandtenpflege unter erleichterten Bedingungen zugelassen hat. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird insoweit dargelegt (vgl. BTDrucks 15/3676 S. 35), es entspreche einer jahrzehntelangen Praxis, Vollzeitpflege als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe nicht nur in Haushalten von Personen zu gewähren, die mit dem Kind oder Jugendlichen nicht (näher) verwandt seien, sondern auch in Haushalten von nahen Verwandten wie insbesondere Großeltern. Diese seien insoweit als "andere Familie" anzusehen und gehörten nicht zur Herkunftsfamilie.

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Die die Pflege erbringenden Großeltern sind auch dann als "andere Familie" anzusehen, wenn zwischen ihnen und den Eltern des Kindes oder Jugendlichen keine räumliche Trennung besteht, weil alle drei Generationen in einem Haushalt zusammenleben. Die gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Bereits der Wortlaut des § 33 Satz 1 SGB VIII weist in die Richtung, dass es für die Unterscheidung von "Herkunftsfamilie" und "anderer Familie" nicht (auch) auf die Wohnverhältnisse in räumlicher Hinsicht ankommt, sondern allein darauf, ob aus verwandtschaftlicher Sicht die Pflege in der Herkunftsfamilie gewährt wird oder nicht.

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Eine an Sinn und Zweck des § 33 Satz 1 SGB VIII ausgerichtete Auslegung gebietet die Annahme, dass eine von den Großeltern geleistete Vollzeitpflege auch dann in einer "anderen Familie" stattfindet, wenn die Eltern des Kindes oder Jugendlichen im selben Haushalt leben. § 33 SGB VIII verfolgt das Ziel, die Erziehungsbedingungen eines Kindes oder Jugendlichen durch Einschaltung von Pflegepersonen zu verbessern, wenn der erzieherische Bedarf durch Mitglieder der Herkunftsfamilie nicht abgedeckt werden kann. Bei der Auswahl der Pflegepersonen sind die persönlichen Bindungen des Kindes oder Jugendlichen in besonderer Weise zu berücksichtigen. Hat ein Kind oder Jugendlicher eine besondere Beziehung etwa zu seinen Großeltern, liefe es dem Sinn und Zweck des § 33 SGB VIII zuwider, diese deshalb nicht als "andere Familie" anzusehen und von dem Anspruch auf Vollzeitpflege auszuschließen, weil in ihrem Haushalt auch noch die Eltern oder ein Elternteil leben und es damit an einer räumlichen Trennung fehlt. Aus der Entstehungsgeschichte des § 33 SGB VIII folgt nichts anderes (vgl. BTDrucks 11/5948 S. 16).

16

Die Auslegung unter systematischen Gesichtspunkten läuft dem aus der teleologischen Deutung gewonnenen Befund nicht zuwider. Insbesondere folgt aus dem Zusammenhang des § 33 Satz 1 SGB VIII mit dem Tatbestandsmerkmal "außerhalb des Elternhauses" in § 27 Abs. 2a SGB VIII und § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht, dass Großeltern, die mit ihrem Kind und einem Enkel einen Haushalt teilen, keinen Anspruch auf Vollzeitpflege haben. Anders läge es nur, wenn das Merkmal "außerhalb des Elternhauses" stets eine räumliche Trennung zwischen dem Ort, an dem Hilfe zur Erziehung gewährt wird, und demjenigen, an dem die Eltern des Kindes oder Jugendlichen leben, voraussetzt und ein solcher Begriffsinhalt die Auslegung des Merkmals "andere Familie" im Sinne von § 33 Satz 1 SGB VIII maßgeblich steuert. Dies ist nicht der Fall.

17

§ 27 Abs. 2a SGB VIII und § 39 Abs. 1 SGB VIII beziehen sich nicht nur auf die Vollzeitpflege im Sinne von § 33 SGB VIII, sondern auch auf andere in den §§ 28 ff. SGB VIII geregelte Hilfearten. Soweit die Bestimmungen § 33 SGB VIII betreffen, wird Erziehungshilfe auch dann außerhalb des Elternhauses gewährt, wenn die in Rede stehende räumliche Trennung nicht gegeben ist. Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus dem Wortlaut des Begriffs "Elternhaus". Dieser wird im allgemeinen Sprachgebrauch in zwei Bedeutungen verwendet, einer räumlich-konkreten und einer übertragen-funktionellen. Im ersten Sinn bedeutet er das elterliche Haus als Ort, in dem die Kindheit verbracht wird. In der zweiten Bedeutung meint er die Familie als Stätte der Erziehung mit ihrem prägenden Einfluss (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2. Band, 1981, S. 470). Im Zusammenhang mit der Vollzeitpflege ist der Begriff des Elternhauses in § 27 Abs. 2a SGB VIII und § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII im übertragenen Sinn zu verstehen. Dafür sprechen bereits die Begründungen der Entwürfe zu § 33 SGB VIII und § 39 Abs. 1 SGB VIII, in denen die Begriffe "außerhalb des Elternhauses" und "außerhalb der eigenen Familie" synonym gebraucht werden (vgl. BTDrucks 11/5948 S. 71 und 75). Dies erweist sich als deutlicher Hinweis dahin, dass dem Merkmal "außerhalb des Elternhauses" die gleiche Bedeutung beizumessen ist, wie demjenigen der "anderen Familie", bei dem es - wie aufgezeigt - mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 33 SGB VIII nicht auf eine räumliche Trennung von der Herkunftsfamilie ankommt. Nur ein übertragenes Begriffsverständnis des "Elternhauses" im Sinne des elterlichen Haushalts trägt der aufgezeigten Zielsetzung des § 27 Abs. 2a SGB VIII ausreichend Rechnung, die nahen Verwandten des hilfebedürftigen Kindes oder Jugendlichen stärker an der Vollzeitpflege zu beteiligen. Die Gesetzesmaterialien zu jener Vorschrift liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass durch die Formulierung "außerhalb des Elternhauses" eine Einschränkung der Vollzeitpflege durch Verwandte im Sinne eines räumlichen Trennungsgebots bezweckt ist. Auch die Stellung des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII im Kontext der gemeinsamen Vorschriften der Hilfe zur Erziehung streitet dafür, den Begriff "außerhalb des Elternhauses" als synonyme Formulierung zu "außerhalb der eigenen Familie", wie er sich auch in § 36 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VIII findet, zu verstehen. Ferner widerspräche es - wie von den Klägern zutreffend hervorgehoben wird - der Intention des § 33 SGB VIII sowie des § 37 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VIII, die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie zu verbessern, wenn das Zusammenleben der Pflegeeltern mit einem altersbedingt noch nicht erziehungsfähigen leiblichen Elternteil das entscheidende Kriterium für die Ablehnung des Anspruchs auf Vollzeitpflege wäre. Denn ein solches Zusammenleben kann auch dazu führen, die Erziehungsfähigkeit und -bereitschaft des Elternteils zu stärken. Mithin wird eine Vollzeitpflege im Sinne von § 33 SGB VIII auch dann außerhalb des Elternhauses gewährt, wenn - wie hier - die Pflegeeltern und ein Elternteil im selben Haushalt leben.

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bb) Auch die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Vollzeitpflege lagen vor.

19

Da das Amtsgericht den Klägern mit Beschluss vom 1. Dezember 2005 die Vormundschaft für das Kind übertragen hat (vgl. § 1793 Abs. 1 Satz 1 BGB), sind sie im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII als Personensorgeberechtigte zur Geltendmachung des Anspruchs auf Vollzeitpflege und des Annexanspruchs auf Pflegegeld berechtigt gewesen (vgl. Urteil vom 12. September 1996 a.a.O. S. 8). Auch hat für das Enkelkind der Kläger ein ungedeckter erzieherischer Bedarf im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII bestanden, weil die Mutter des Kindes aufgrund ihres jugendlichen Alters zur Erziehung nicht in der Lage gewesen ist. Zwar haben die Kläger als Großeltern die Erziehungsaufgabe nach der Geburt des Kindes etwa ein halbes Jahr lang freiwillig und unentgeltlich übernommen. Seit sie mit ihrem Antrag vom 19. April 2006 erklärt haben, nicht mehr zur weiteren Erziehung des Kindes ohne staatliche Unterstützung bereit zu sein, ist der Bedarf jedoch nicht mehr von dritter Seite gedeckt gewesen (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1995 a.a.O. <181>).

20

Vor diesem Hintergrund ist die beantragte Vollzeitpflege durch die Großeltern eine im Hinblick auf das Kindeswohl im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII geeignete und notwendige Maßnahme gewesen. Dass aufgrund der ab Geburt bestehenden persönlichen Bindungen des Kindes die Vollzeitpflege durch die Großeltern dem Kindeswohl entsprochen hat, drängt sich auf, zumal an der persönlichen Eignung der Kläger zur Erziehung des Kindes kein vernünftiger Zweifel besteht. Die Klägerin zu 1 hat nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ihre Arbeitsstelle aufgegeben, um sich im gebotenen Umfang um ihre Enkeltochter zu kümmern. Auch die Bereitschaft der Kläger, die Vollzeitpflege ihres Enkelkindes nach § 27 Abs. 2a SGB VIII in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Beklagten entsprechend einem Hilfeplan zu leisten, ist von der Beklagten im Revisionsverfahren nicht in einer Weise substanziiert in Frage gestellt worden, die den Senat veranlassen könnte, insoweit eine weitere Sachverhaltsaufklärung für erforderlich zu erachten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass im konkreten Fall eine niedrigschwelligere Hilfeform ausgereicht hätte, um den erzieherischen Bedarf des im maßgeblichen Zeitraum einhalb- bis eineinhalbjährigen Kindes zu decken.

21

c) Die Vollzeitpflege duldete auch keinen zeitlichen Aufschub im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, was zwischen den Parteien auch nicht umstritten ist. Der erkennende Senat ist im Zusammenhang mit der sozialhilferechtlichen Hilfe zum Lebensunterhalt stets davon ausgegangen, dass schon während des Verwaltungsverfahrens ein unaufschiebbarer Bedarf vorliegt (vgl. Urteil vom 23. Juni 1994 - BVerwG 5 C 26.92 - BVerwGE 96, 152 <158>). Nichts anderes gilt, wenn es um die Deckung des erzieherischen Bedarfs eines Kleinkindes durch jugendhilferechtliche Maßnahmen und die Sicherstellung des Unterhalts geht.

22

d) Der Umfang der nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu übernehmenden erforderlichen Aufwendungen entspricht dem Betrag, der bei rechtzeitiger Gewährung der Hilfe vom Jugendhilfeträger nach den zugrunde liegenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zu tragen gewesen wäre.

23

Vor Inkrafttreten des § 36a Abs. 3 SGB VIII waren die Jugendhilfeträger im Falle zulässiger Selbstbeschaffung nach der Rechtsprechung verpflichtet, die begehrte Hilfe durch einen Hilfebescheid rückwirkend zu bewilligen und auf dieser Grundlage die entsprechenden Kosten zu übernehmen (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1995 a.a.O. <182>). Im Anwendungsbereich des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ist eine Bewilligung für die Vergangenheit entbehrlich. Mit dem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen hat der Gesetzgeber im Vergleich zur früheren Rechtslage keine Schlechterstellung der Berechtigten bezweckt. Dies ergibt sich bereits aus den in der Begründung des Gesetzentwurfs enthaltenen Verweisen auf die bisherige Rechtsprechung (vgl. BTDrucks 15/3676 S. 13, 26 und 36 sowie BTDrucks 15/5616 S. 8 und 26), die im Fall der rechtswidrigen Vorenthaltung einer Hilfe den Betroffenen in finanzieller Hinsicht nicht schlechter gestellt hat als im Fall der rechtzeitigen Leistungsgewährung. Auch die von Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotene Gleichbehandlung beider Fallgruppen schließt es aus, bei der Bestimmung des Umfangs der erforderlichen Aufwendungen sich auf die von den Betroffenen tatsächlich erbrachten Vermögensopfer zu beschränken. Vielmehr sind nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII alle Kosten, die vom Jugendhilfeträger bei rechtzeitiger Bewilligung zu erstatten gewesen wären, zu übernehmen. Mithin sind im Fall der selbst beschafften Hilfe nicht nur die tatsächlich nachweisbaren Vermögenseinbußen, sondern auch die in § 39 SGB VIII vorgesehenen Pauschalen zu übernehmen. Hängt im Fall der Leistungsbewilligung die Höhe des Pflegegeldes nach § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII von einer Prüfung der Einkommensverhältnisse und gegebenenfalls von einer Ermessensentscheidung des Jugendhilfeträgers ab, muss auch bei der Übernahme der Aufwendungen nach § 36a Abs. 3 SGB VIII eine entsprechende Prüfung und Ermessensentscheidung stattfinden.

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2. Die Kläger sind berechtigt, den Anspruch uneingeschränkt gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Diese war während des gesamten Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendungen begehrt wird, für die Gewährung von Vollzeitpflege (auch) örtlich zuständig. Für die Zeit des Aufenthalts der Mutter im Bereich der Beklagten folgt dies aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bzw. aus § 86 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGB VIII. Der Umzug der Mutter in den Bereich des Landkreises Stade führte nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII zu keiner Änderung der Zuständigkeit, weil die Personensorge keinem Elternteil zustand und in einem solchen Fall die bestehende Zuständigkeit trotz Aufenthaltswechsels eines Elternteils erhalten bleibt (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - juris Rn. 34 ff. m.w.N.)

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3. Die Kläger sind nicht aus prozessrechtlichen Gründen gehindert, im Revisionsverfahren die Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für den in Rede stehenden Zeitraum zu begehren. Eine im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung liegt nicht darin, dass anders als in den Vorinstanzen nicht die Gewährung von Vollzeitpflege nach § 33 Abs. 1 SGB VIII und Unterhalt im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, sondern Aufwendungsübernahme begehrt wird. Dies ist nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen, weil dasselbe Interesse weiterverfolgt wird. Soweit im Vergleich zu den Vorinstanzen das Begehren auf die Zeit bis zum 21. Oktober 2007 beschränkt wird, liegt darin eine Konkretisierung des Begehrens in zeitlicher Hinsicht.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.