Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 12 C 14.380

published on 11/03/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 12 C 14.380
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Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 22. Januar 2014 - M 12 K 13.5408 - wird aufgehoben.

II.

Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C. aus ... beigeordnet.

Gründe

I.

Der schwerbehinderte (GdB 60 v. H.) Kläger begehrt Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für eine noch zu erhebende Klage, mit der er die Verpflichtung der Beklagten erstrebt, erneut über seinen Antrag auf Vormerkung für eine Sozialwohnung zu entscheiden.

1. Auf seinen Antrag vom 25. Juni 2013 wurde der Kläger, zu dessen Familie seine Ehefrau und drei minderjährige Kinder (12, 11 und 5 Jahre) gehören, mit Bescheid vom 9. August 2013 unter der Vorgangsnummer 1... als Haushalt mit insgesamt fünf Personen vorgemerkt (Nr. 1). Als angemessene Wohnungsgröße wurden vier Wohnräume mit einer Fläche ab 10 m² festgesetzt (Nr. 2). Der Bescheid ist bis zum 9. August 2014 gültig (Nr. 3). Mangels Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren wurde die Dringlichkeit jedoch mit lediglich 18 Punkten in Rangstufe IV festgesetzt (Nr. 4). Da die Familie gemäß den Meldedaten erst am 5. Juli 2010 von F. zugezogen sei, laufe die Wartezeit nicht vor dem 4. Juli 2015 ab.

2. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 beantragte der Kläger eine 4-Zimmer-Wohnung. Er habe eine Gehbehinderung und Asthmaanfälle und benötige eine Wohnung im Erdgeschoss. Zudem sei seine bisherige, aus den Büro- und Sozialräumen eines Waschsalons bestehende 60 m² Wohnung gekündigt worden. Zum Beleg hierfür legte er ein Schreiben der Vermieterin vom 24. Oktober 2013 vor, das mit Kündigung/Mietvertrag vom 18. September 2010 überschrieben ist. Darin ist ausgeführt, dass der Mietvertrag ordnungsgemäß zum 31. März 2014 aufgehoben werden solle, weil die Räumlichkeiten über den Geschäftsräumen zur Selbstnutzung benötigt würden.

3. Nachdem die Beklagte hierauf lediglich mit Verweis auf ihren Bescheid vom 9. August 2013 reagierte, ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 2013 Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen und einen Klageentwurf vorlegen, der unter Aufhebung des Bescheides vom 9. August 2013 auf die (Neu-)Bescheidung seines Antrags gerichtet ist. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf die zum 31. März 2014 erfolgende Kündigung vorgetragen, der Kläger bewohne mit seiner Familie den Büroraum und die Sozialräume eines Waschsalons, durch den auch der Zugang zur Wohnung führe. Seine Familie müsse in einem Raum (die älteren Kinder in einem Etagenbett, das 5-jährige Kind im Doppelbett der Eltern) schlafen. - Demgegenüber führte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 aus, die Vormerkung des Klägers sei nicht zu beanstanden, da er die Mindestwartezeit nicht erfülle. Auch für einen Härtefall fänden sich keine Anhaltspunkte. Die Kündigung durch die Vermieterin sei nicht als wirksam anzusehen, weil der Eigenbedarf nicht ausreichend begründet sei.

4. Mit Beschluss vom 22. Januar 2014 lehnte das Verwaltungsgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ab. Einem Anspruch auf erneute Entscheidung stehe bis zum Ablauf seiner Gültigkeit am 9. August 2014 die Bestandskraft des Bescheids vom 9. August 2013 entgegen. Ein Anspruch auf erneute Verbescheidung aus Art. 51 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) bestehe ebenfalls nicht, weil sich die Sachlage nicht zugunsten des Klägers geändert habe. Die Beklagte habe in ihrem Bescheid vom 9. August 2013 zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger und seine Familie noch nicht fünf Jahre in München wohnten und damit die Wartezeit nach Nr. 1 der Dienstanweisung Wartezeiten der Beklagten vom 1. August 2003 (DA Wartezeit) nicht erfüllt sei. Eine Ausnahme nach Nr. 2 DA Wartezeit könne nicht festgestellt werden, da der Kläger weder in einer Pension oder Notunterkunft (Nr. 2.1 DA Wartezeit) noch in einer betreuten Einrichtung der Obdachlosenhilfe (Nr. 2.2 DA Wartezeit) lebe. Auch ein Härtefall nach Nr. 4 DA Wartezeit liege nicht vor. Entsprechend Nr. 5.2 DA Wartezeit seien deshalb lediglich 16 Grundpunkte vergeben worden. Diese Verwaltungspraxis begegne aufgrund der Knappheit sozialen Wohnraums im Zuständigkeitsbereich der Beklagten keinen rechtlichen Bedenken. Mit seinem Schreiben vom 28. Oktober 2013 habe der Kläger keine Änderung der Sachlage geschildert, die sich zu seinen Gunsten auswirken könne. Eine solche Änderung sei allenfalls dann anzunehmen, wenn ein Sachverhalt vorliege, der einen Ausnahmefall von der fünfjährigen Wartezeit nach Nr. 1 der DA Wartezeit oder einen außerordentlichen Härtefall nach Nr. 4 DA Wartezeit darstelle. Solche Umstände habe der Kläger indes nicht vorgetragen, denn er wohne weiterhin nicht in einer der in Nr. 2 DA Wartezeit genannten Einrichtungen und ein außerordentlicher Härtefall sei ebenfalls nicht gegeben. Die Kündigung vom 24. Oktober 2013 sei voraussichtlich nicht rechtmäßig, da aus dem Kündigungsschreiben nicht zu erkennen sei, ob die Räume von der Vermieterin tatsächlich als Wohnung für sich selbst, ihre Familienangehörigen oder Angehörige ihres Haushalts benötigt würden (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Es sei daher Sache des Klägers, sich gegen diese Kündigung zur Wehr zu setzen. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG sei deshalb erst bei Vorliegen eines Räumungstitels erforderlich. Nach der Punktetabelle der Beklagten liege beim Bestehen eines entsprechenden Titels mit 97 Grundpunkten eine vergleichbare Dringlichkeit wie für Wohnungslose in Pensionen, Notunterkünften usw. vor, die 96 Grundpunkte erhielten und bei denen nach Nr. 2 DA Wartezeit Ausnahmen von der Verpflichtung zur Einhaltung der Wartezeit zu machen seien. Erst nach Vorliegen eines Räumungstitels sei deshalb zu prüfen, ob insbesondere wegen den dann von Obdachlosigkeit bedrohten Kindern des Klägers ein Härtefall nach Nr. 4 DA Wartezeit anzunehmen und eine Ausnahme von der fünfjährigen Wartefrist zu gewähren sei.

5. Mit der Beschwerde, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Dienstanweisung Wartezeiten der Beklagten vom 1. August 2003, auf der der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts maßgeblich beruhe, sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht, namentlich § 5a Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) i. V. m. § 3 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsrechts (DVWoR), unbeachtlich und die Ermessensausübung der Beklagten deshalb rechtswidrig.

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und tritt dem Vorbringen des Klägers unter Verweis auf ihre bisherige Verwaltungspraxis, die grundsätzlich von einer einzuhaltenden Wartezeit von fünf Jahren ausgeht, entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu Unrecht versagt. Der beabsichtigten Klage kann - gemessen am spezifischen prozesskostenhilferechtlichen Erfolgsmaßstab einer lediglich summarischen Prüfung - nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden.

a) Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt bereits eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Klage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 166 Rn. 8 m. w. N.). Mit Blick auf die Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten dürfen die Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten nicht überspannt werden. Vor allem ist es unzulässig, schwierige Sach- oder Rechtsfragen, die in einer vertretbaren Weise auch anders beantwortet werden können, bereits in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren zu erörtern und damit den Zugang zu den Gerichten zu versagen (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 1857). Gleiches gilt, wenn der vom Kläger eingenommene Standpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung offen steht (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 166 Rn. 26). Ungeachtet dessen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, Prozesskostenhilfe grundsätzlich dann zu bewilligen, wenn im jeweiligen Verfahren eine weitere Sachaufklärung oder gar eine Beweiserhebung in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 - ; B. v. 18.2.2013 - 12 C 12.2105 - m. w. N.).

b) Gemessen an diesem Maßstab durfte dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung nicht versagt werden:

aa) Rechtsgrundlage für die Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung über die Wohnraumberechtigung für eine öffentlich geförderte Wohnung ist Art. 5 Satz 1 des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes (BayWoBindG) vom 23. Juli 2007 (GVBl 2007, 562, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2011, GVBl 752). Danach ist das Bayerische Staatsministerium des Innern ermächtigt, für Gebiete mit erhöhtem Wohnbedarf durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass der Verfügungsberechtigte (Vermieter) eine frei oder bezugsfertig werdende Wohnung nur einem von der zuständigen Stelle benannten Wohnungssuchenden zum Gebrauch überlassen darf. Art. 5 Sätze 3 und 4 BayWoBindG regeln, welche Personengruppen bevorzugt zu berücksichtigen sind. Nach Art. 5 Satz 5 BayWoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsrechts (DVWoR) vom 8. Mai 2007 (GVBl 2007, 326) hat die zuständige Stelle Wohnungssuchende nach der Dringlichkeit ihrer Bewerbung, bei gleicher Dringlichkeit nach der Dauer der Bewerbung für eine freie oder bezugsfertig werdende Wohnung zu benennen. Die Dringlichkeit der Bewerbung bestimmt sich im Grundsatz nach dem sozialen Gewicht des Wohnungsbedarfs und (lediglich) ergänzend danach, wie lange der antragstellende Wohnungssuchende schon in der kreisfreien Stadt oder dem Landkreis wohnt (Hauptwohnsitz), wo er sich um eine Wohnung bewirbt (§ 3 Abs. 3 Satz 2 DVWoR). Bei der Einstufung der Bewerbungen nach ihrer sozialen Dringlichkeit hat die zuständige Stelle sachnotwendig ein (Auswahl-)Ermessen (vgl. BayVGH, B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 -, Rn. 12).

Die beklagte Landeshauptstadt München rechnet zu den Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf im Sinne von Art. 5 BayWoBindG. Sie hat daher als zuständige Stelle in Bezug auf Sozialwohnungen nach Art. 5 Satz 2 BayWoBindG gegenüber den Verfügungsberechtigten ein Benennungsrecht. Gemäß Art. 5 Satz 3 BayWoBindG sind bei der Benennung insbesondere schwangere Frauen, Familien und andere Haushalte mit Kindern, junge Ehepaare, alleinstehende Elternteile mit Kindern, ältere Menschen und schwerbehinderte Menschen vorrangig zu berücksichtigen. Das Benennungsrecht ermächtigt die zuständige Stelle aus Gründen der Praktikabilität auch, vor der eigentlichen Benennung eine rechtlich verbindliche Vorentscheidung über die Voraussetzungen der Wohnberechtigung und den Grad der sozialen Dringlichkeit zu treffen. Diese Vorentscheidung erfolgt durch Aufnahme in eine nach Dringlichkeitsstufen und Punkten differenzierende Vormerkkartei, wobei es sich um einen im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsakt handelt (vgl. BayVGH, U. v. 23.9.1987, DWW 1988, 55; B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 - , Rn. 13).

Zur gleichmäßigen Ermessensausübung hat die Beklagte eine Punktetabelle erstellt. Dabei handelt es sich um eine ermessensbindende interne Richtlinie, deren konsequente Anwendung dem Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht und die regelmäßig zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt. Diese Punktetabelle stellt ein geeignetes Mittel dar, um die Bewertung der sozialen Dringlichkeit transparent zu machen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen (vgl. BayVGH, B. v. 14.4.1999 - 24 S 99.110 - ; B. v. 21.3.2013 - 12 C 13.280 - , Rn. 13).

Nachdem in der Landeshauptstadt München ein großer Bedarf an Sozialwohnungen für einkommensschwache Personen, die bereits in München wohnen, besteht, ist es zwar nicht in jedem Fall von vorneherein unsachgemäß, Personen, die nicht bzw. erst seit kurzem in München wohnen, in der Rangliste hinter bereits seit längerem in München ansässige Personen zurückzustufen (vgl. BayVGH, B. v. 10.1.2006 - 24 C 05.3012 - , Rn. 17); allerdings gilt dies nur dann, wenn dadurch der vom Gesetzgeber in Art. 5 Sätze 3 und 5, 2. Halbsatz BayWoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 DVWoR verbindlich festgelegte Vorrang des Gesichtspunkts der sozialen Dringlichkeit der Bewerbung als maßgebliches Auswahlkriterium bei der Benennung für eine Sozialwohnung im konkreten Einzelfall gewahrt bleibt. Denn nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr.1 DVWoR richtet sich die Dringlichkeit „in erster Linie“ nach dem sozialen Gewicht des Wohnungsbedarfs des Bewerbers (vgl. Nr. 6.4 Satz 1 der die Beklagte bindenden Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 12. September 2007 - II C4-4702-003/07, geändert durch Bekanntmachung vom 27. Februar 2013, AllMBl S. 133); wie lange der antragstellende Wohnungssuchende schon in der kreisfreien Gemeinde oder dem Landkreis mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet ist, wo er sich um eine Wohnung bemüht, darf hingegen gemäß der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 DVWoR nur „ergänzend“ berücksichtigt werden (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 19.8.2013 - 12 C 13.1519 - juris, Rn. 13).

Das ergänzende Kriterium der Verweildauer soll lediglich ausschließen, dass ein Bewerber anderen Wohnungssuchenden mit längerer Verweildauer vorgezogen wird, obwohl sein Wohnbedarf nur ein unwesentlich höheres oder gar nur gleiches soziales Gewicht besitzt (vgl. Nr. 6.4 Satz 2 VVWoBindR); es darf aber nicht dazu führen, dass Personen, deren Wohnbedarf nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 DVWoR erhebliches soziales Gewicht zukommt, entgegen der in Art. 5 Satz 3 BayWoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 DVWoR ausdrücklich angeordneten vorrangigen Berücksichtigung des Kriteriums der sozialen Dringlichkeit aufgrund der Nichterfüllung wie auch immer ausgestalteter „Wartezeiten“ von der Benennung für eine Sozialwohnung ausgeschlossen werden. Andernfalls würde das „Hilfskriterium“ der Verweildauer entgegen der Intention des Gesetz- und Verordnungsgebers zum Hauptkriterium erhoben, obwohl es lediglich ergänzend, nämlich nur bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Bedürftigkeit und Dringlichkeit, zum Tragen kommen soll (vgl. Nr. 6.4 Satz 2 VVWoBindR).

Gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) haben alle Gemeindeeinwohner die gleichen Rechte. Ausnahmen bedürften eines besonderen Rechtstitels (Art. 15 Abs. 1 Satz 3 BayGO), der in Bezug auf die Einhaltung einer generellen Wartezeit aber gerade nicht vorliegt. Vielmehr hat die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis, auch soweit diese auf ermessenslenkenden Richtlinien gründet, die als reines Innenrecht - anders als Rechtsnormen - einer eigenständigen richterlichen Interpretation nicht unterliegen (vgl. BayVGH, U. v. 28.7.2005 - 4 B 01.2536 -, BayVBl. 2006, 731 m. w. N.), sicherzustellen, dass ihre Ermessensausübung im konkreten Einzelfall den zwingenden gesetzlichen Vorgaben des Art. 5 Sätze 3 und 5, 2. Halbsatz WoBindG i. V. m. § 3 Abs. 3 DVWoR entspricht. Ein genereller Ausschluss von gemäß Art. 5 Satz 3 BayWoBindG vorrangig zu berücksichtigenden Personen von der Benennung für eine Sozialwohnung durch wie auch immer geartete „Wartezeitregelungen“ kommt danach nicht in Betracht.

bb) Einen solchen hat die Beklagte jedoch mutmaßlich vorgenommen, als sie den Kläger in Nr. 4 des Bescheides vom 9. August 2013 wegen Nichterfüllung der in Nr. 1 der ihrer Dienstanweisung vom 1. August 2003 vorgesehenen Wartezeit von fünf Jahren lediglich mit 16 Grundpunkten in der Rangstufe IV registriert und damit bis zum 4. Juli 2015 generell von jeglichen Wohnungsangeboten ausgeschlossen hat (vgl. hierzu auch S. 2 der Begründung des Bescheids vom 9.8.2013), ohne eine weitere Prüfung und Bewertung der Dringlichkeit der Bewerbung entsprechend dem sozialen Gewicht des Wohnbedarfs des Klägers und seiner Familie (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 DVWoR) durchgeführt zu haben.

Der Bescheid vom 9. August 2013 wird daher unabhängig von der Frage einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Klägers im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG aller Wahrscheinlichkeit nach bereits gemäß Art. 51 Abs. 5 i. V. m. Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG aufzuheben sein, um der Beklagten eine erneute (erstmalige) ermessensfehlerfreie Entscheidung in der Sache zu ermöglichen. Mit dem generellen Ausschluss von mutmaßlich im Sinne von Art. 5 Satz 3 WoBindG vorrangig zu berücksichtigenden Personen von der Benennung aufgrund einer allenfalls ergänzend und damit lediglich subsidiär zulässigen Berücksichtigung von „Wartezeiten“ hat die Beklagte von dem ihr eingeräumten Auswahlermessen in einer nicht mehr dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Dies macht die Durchbrechung der Bestandskraft des Bescheides vom 9. August 2013 erforderlich, um der Beklagten (erstmals) eine ermessensfehlerfreie Entscheidung in der Sache zu eröffnen.

cc) Ungeachtet dessen erscheint auch zweifelhaft, ob hier nicht bereits nach Nr. 2.1 der DA Wartezeit der Beklagten vom 1. August 2003 ein Fall vorliegt, der einer Unterbringung in einer „Notunterkunft“ der dort näher bezeichneten Art gleich zu erachten ist. Für diesen Fall ist eine Wartezeit von lediglich drei Jahren vorgesehen, die der Kläger bereits erfüllt. Schließlich wohnt die fünfköpfige Familie nach ihren von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben in den Büro- bzw. Sozialräumen eines „Waschsalons“ und die Eltern schlafen mit den drei Kindern in einem einzigen Raum, das jüngste Kind sogar mit den Eltern in einem Bett. Letzteres dürfte - vorbehaltlich einer im Hauptsacheverfahren vorzunehmenden weiteren Prüfung - den Verhältnissen in einer Notunterkunft der Beklagten bzw. der eines freien Trägers kaum nachstehen, weshalb sich ernsthaft die Frage stellt, warum die Beklagte nicht bereits auf der Grundlage ihrer derzeitigen - mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stehenden - Verwaltungspraxis Abhilfe geschaffen hat. Fälle wie der vorliegende dürfen die Gerichte gar nicht erst erreichen.

Dem Kläger ist deshalb Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen. Er kann die Kosten der Prozessführung als Arbeitslosengeld II-Empfänger nicht aufbringen.

2. Einer Kostenentscheidung bedarf es vorliegend nicht, da das Verfahren gerichtskostenfrei ist § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO (vgl. BayVGH, B. v. 19.8.2013 - 12 C 13.1519 - juris, Rn. 13) und Kosten im Beschwerdeverfahren nach § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.

3. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.
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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.
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(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.