Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Sept. 2017 - M 18 K 16.4560

published on 06/09/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Sept. 2017 - M 18 K 16.4560
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 30. Dezember 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2016 zu verpflichten, ab Antragstellung Hilfe zur Erziehung durch Gewährung eines Pflegegeldes an die Eltern des Klägers zu bewilligen.

Der Sohn des Klägers wurde am … geboren. Der Kläger und die Mutter des Kindes beurkundeten am 23. Mai 2012 das gemeinsame Sorgerecht für das Kind. Bereits Ende 2003 zog das Kind nach einer Einigung im familiengerichtlichen Verfahren zwischen dem Kläger und der Kindsmutter zu den Eltern des Klägers. Aus den familiengerichtlichen Protokollen ergibt sich, dass der Kindsmutter aufgegeben wurde, sich in psychologische Behandlung zu begeben. Dass die Kindsmutter tatsächlich psychisch erkrankt ist, wird von dieser nach Aktenlage bestritten.

Ab Dezember 2011 bis zum 16. Mai 2012 fand durch das Jugendamt des Beklagten ein Clearing bezüglich des Kindes des Klägers statt. Dieses sei von der Kindsmutter angeregt worden, da sich das Kind vor allem im Sozialbereich auffällig verhalte.

Am 17. Januar 2012 wurde von …, Facharzt für Kinder und Jungendpsychiatrie und Psychotherapie eine fachärztliche Stellungnahme dahingehend abgegeben, dass beim Kind eine einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F 90.0) vorliegt. Ausschnittsweise wird im Bericht erläutert, dass das Kind für jegliche Tätigkeit vorweg eine Verstärkung/Belohnung einfordere. In der Verhaltensbeobachtung hinsichtlich der Interaktion zwischen dem Kind und seiner Großmutter sei deutlich geworden, dass die die Verwandtschaftspflege innehabende Großmutter einen sehr gewährenden, inkonsequenten Erziehungsstil pflege und den Buben bereits verstärke, bevor eine Anforderung an ihn gestellt wurden. Es sei keinerlei konsequentes Handeln seitens der Großmutter erkennbar gewesen. Sie sei bemüht gewesen altersgerechte Anforderungen zu vermeiden, um das Kind aus ihrer Sicht nicht zu belasten. Eine intensive Erziehungsberatung für die Großmutter sowie eine heilpädagogische Unterstützung des Kindes werde empfohlen.

Im Abschlussbericht zum ambulanten Clearing vom 16. Mai 2012 ist festgehalten, dass das Kind einen übermäßig großen Einbezug in alle Entscheidungen der Familie erfahre. Es werden nur wenige Vorgaben an das Kind gestellt. Erziehungsdifferenzen zwischen den Großeltern und dem Kläger sowie zwischen den Großeltern lägen vor und würden vor dem Kind diskutiert. Die Großmutter übe einen hohen Leistungsdruck auf das Kind aus. Alle unangenehmen Erfahrungen werden durch die Großeltern von dem Kind fern gehalten. Die Großeltern erkannten zwar die strukturellen Probleme am Ende des Clearings, allerdings herrsche eine starke Verkrustung der Probleme vor. Der Kindsvater zeige wenig Initiative, die Probleme anzugehen. Die Großmutter des Kindes fordere zwar Ratschläge ein, schaffe es allerdings nicht diese umzusetzen. In der Familie herrsche eine verschobene Rollensituation. Das Kind habe die Ehemannrolle neben der Großmutter eingenommen. Der Kläger und der Großvater koalieren gegen die Großmutter. Es herrsche eine starke Überforderung beim Kind. Empfohlen werde daher eine Familientherapie des Klägers und der Großeltern, die jedoch von diesen mangels Zugehörigkeit zur Jugendhilfe selbst organisiert werden müsste, und eine Marte Meo Videoberatung zur Verbesserung der Erziehungskompetenz der Großeltern gegenüber dem Enkel.

Vom 25. Juli 2012 bis zum 23. August 2013 wurde ambulante Hilfe zur Erziehung für die Großeltern im Sinne einer Marte Meo Videoberatung gewährt. Im Abschlussbericht zur Videoberatung vom 23. August 2013 wird festgestellt, dass die Hilfestellung von den Großeltern gut angenommen worden sei. Immer wieder sei in den videogestützten Beratungsgesprächen die Unterschiedlichkeit der Großeltern in ihrer Lebenseinstellung und daraus folgend in ihrer Erziehungseinstellung deutlich geworden. Hinzu sei ein permanenter familiärer Konflikt mit dem Vater von des Kindes deutlich geworden. Den Großeltern sei das Aufsuchen einer Paare- und Familienberatung nahegelegt worden. Die Großmutter sei wie besessen davon, dass … zusätzliche Übungsaufgaben für die Schule erledige, obwohl die Schule das klare Signal gegeben habe, dass dies nicht notwendig sei. Es habe regelmäßig Eskalationen zwischen M* … und seiner Großmutter diesbezüglich gegeben. Der Großvater sei gegen die Übungseinheiten gewesen, habe sich jedoch nicht durchsetzen können. Anhand der Aufnahmen habe die Großmutter zwar ihr Verhalten erkannt, es jedoch leider nicht geschafft, dem Bereich Schule mit Abstand und Gelassenheit zu begegnen. Als Fazit wurde festgehalten, das aufgrund der verstrickten Familienstrukturen in dieser Familie eine systemische Familienberatung/Therapie notwendig sei. Die Großeltern müssten lernen, sich vom Kläger abzugrenzen. Die Großeltern müssten weiter noch lernen bei unterschiedlichen Erziehungsvorstellungen einen wertschätzenden, achtsamen und gleichberechtigten Umgang miteinander zu finden, gemeinsam eine Lösung zu suchen und diese als Team einzuführen und gemeinsam durchzuziehen.

Mit ärztlichpsychologischen Berichten vom 21. Juli 2014 von Dr. S., Fachärztin für Kinder und Jugendpsychiatrie wurde beim Kind auf Achse I ein Asperger-Syndrom (F 84.5) und auf Achse VI ernsthafte und durchgängige soziale Beeinträchtigungen diagnostiziert. Das Kind habe Organisations- und Konzentrationsproblem in der Schule und zeige ein sehr auffälliges Sozialverhalten in der Gruppe. Seit der Kleinkinderzeit zeige er ein sich wiederholenden Bewegungsablauf und nehme immer noch gerne Gegenstände in den Mund. Es bestünden Differenzen zwischen Vater und Großeltern bezgl. geeigneter Erziehungsstrategien. Die Familie benötige intensive Beratung im Umgang mit Alltagsproblemen beim Kind. Seine Fähigkeit zur Kommunikation und sozialer Interaktion sei trotz seiner Intelligenz wegen des Asperger-Syndroms stark beeinträchtigt. Hinzu kämen Schwierigkeiten in der Orientierung, Strukturierung von Aktivitäten und Veränderungsängsten im Tagesablauf.

Bei einem Gespräch im Jugendamt des Beklagten vom 12. August 2014 beantragten die Eltern des Klägers Pflegegeld für das Kind. Das Thema Lernen spiele noch immer eine große Rolle. Obwohl der Kläger schriftlich mit den Großeltern vereinbart habe, dass das Kind in den ersten vier Wochen der Sommerferien nichts lernen müsse, habe ihn die Großmutter am ersten Ferientag zu sechs Seiten Matheaufgaben gedrängt. Es sei zwar vereinbart worden, dass für die schulischen Belange der Kindsvater zuständig sei, die Großmutter halte sich aber nicht daran. Laut einer Erziehungsberatungsstelle, die die Großeltern zwischenzeitlich aufgesucht hätten, würden sie das Kind noch immer überbehüten und ihm nicht ausreichende Freiheiten bieten.

In der Stellungnahme zur Entscheidungskonferenz bezgl. einer ambulanten Eingliederungshilfe vom 22. Oktober 2014 wird festgestellt, dass im Rahmen der Bedarfsfeststellung deutlich wurde, dass die Großmutter dazu neige, das Kind in schulischer Hinsicht zu überfordern. Den Großeltern falle es sehr schwer dem Kläger Erziehungskompetenzen einzugestehen. Sie behandelten den Kläger und dessen Sohn wie Geschwister. Der Kläger scheine mit der aktuellen Situation zufrieden zu sein. Hinsichtlich der therapeutischen Empfehlungen für die Familie, welche aus dem vorangegangen Hilfen hervorgegangen sein, sei nichts weiter passiert. Eine Eingliederungshilfe, welche über den Lern- und Leistungsbereich darüber hinaus geht und z.B. auch das familiäre System bearbeitet, scheine wichtig. Als Ziele im familiären Bereich seien festzuhalten, dass das Kind durch seinen Vater und seine Großeltern eine einheitliche Erziehungshaltung erfahre, in der Freizeit nicht mehr zusätzlichen Fleißaufgaben überfordert werde und der Kontakt zum Vater weiter ausgebaut werde.

Im Hilfeplan vom 13. November 2014 wurde festgehalten, dass das Kind Rituale zur Strukturierung des Tages aufgrund seiner Erkrankung benötige und der Vater des Kindes sowie die Großeltern unterschiedliche Erziehungsauffassungen hätten. Als Arbeitsschwerpunkte im familiären Bereich wurden die o.g. Vorschläge übernommen.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 beantragten der Kläger und die Kindsmutter bei der Beklagte Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege bei den Eltern des Klägers. Die Kindsmutter sei dauerhaft erkrankt und der Kindsvater aufgrund seiner selbständigen Berufstätigkeit nicht in der Lage, für seinen Sohn zu sorgen.

Ab dem 21. November 2014 bis zum 27. Februar 2017 wurde der Familie eine ambulante Eingliederungshilfe im Rahmen von regelmäßigen Hausbesuchen sowie einen Schulbegleiter für das Kind realisiert. Im weiteren Verlauf sind bezgl. der ambulanten Eingliederungshilfe ausführliche Monatsberichte über den Fortgang der Hilfe in der Behördenakte erstellt worden. Im ersten Bericht vom 30. November 2014 wird das gesamte Familiensystem durch immerwährende Auseinandersetzungen als extrem verstrickt und deutlich belastet beschrieben. Ein konstruktives Gespräch sei zwischen den Großeltern und dem Kläger kaum möglich. Wünschenswert sei als vorrangiges Ziel der Eingliederungshilfe, mit der gesamten Familie an einer positiveren Familienstruktur zu arbeiten und das Wohlergehen des Kindes wieder in den Fokus der Erwachsenen zu lenken. Dominierend und alltagsbestimmend in der Familie sei das Thhema Schule und die damit verbundenen extremen Konflikte zwischen den einzelnen Familienmitgliedern. Die Großmutter sei dem Jungen gegenüber sehr kontrollierend und (über-)fordernd. Dies habe in der Vergangenheit zu extremen verbalen und teilweise auch körperlichen Auseinandersetzungen zwischen der Großmutter und dem Kind geführt. Aufgrund dessen sei seit diesem Schuljahr vereinbart worden, dass der gesamte Leistungsbereich beim Kindsvater (Kläger) stattfinden solle. Die Großmutter könne hiermit jedoch nicht umgehen. Sie könne dem Impuls trotzdem kontrollierend und intervenierend einzugreifen nicht eindämmen. Es fehle ihr an Vertrauen und Zutrauen in ihren Sohn.

Aus den folgenden monatlichen Hilfeberichten, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, geht hervor, dass die im ersten Hilfebericht beschriebenen Probleme durchgängig mit nur leichten Besserungen persistierten.

Am 9. Dezember 2014 gab der Allgemeine Soziale Dienst des Beklagten eine Stellungnahme über die Eignung der Großeltern als Vollzeitpflegepersonen ab. Das ambulante Clearing und die Videoberatung habe nach Ansicht des allgemeinen Sozialen Dienstes ergeben, dass massive Kommunikationsprobleme und Konflikte innerhalb der Familie vorlägen, die nicht angegangen worden seien. Die Großmutter überfordere das Kind in schulischen Angelegenheiten. Der Kläger könne seine Anliegen bei den Großeltern nicht durchsetzen. Die Großmutter nehme die Hilfen des Jugendamtes nicht gut an und sei sehr dominant. Es sei von einem sehr verstrickten Familiensystem auszugehen. Mit Stellungnahme des Pflegekinderdienstes des Beklagten vom 22. Januar 2015 wurde die Eignung der Eltern des Klägers als Pflegepersonen abgelehnt. Grundsätzlich würden Ehepaare im fortgeschrittenen Alter nicht als Pflegeelternbewerber angenommen, da der natürliche Eltern-Kind-Altersabstand fehle. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Großeltern den steigenden Anforderungen in der Erziehung gewachsen sein dürften, sei nicht gegeben. Aufgrund der Erkrankung des Kindes seien hier noch erhöhte Anforderungen ersichtlich. Die Großeltern gingen zwar sehr liebevoll mit dem Kind um, jedoch sei der Einfluss des Kindes im Familiensystem viel zu groß. Einerseits bitte die Großmutter um Ratschläge, andererseits sei sie jedoch beratungsresistent. Es sei mit mangelnder Kooperationsbereitschaft bzw. Widerständen gegen die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt zu rechnen. Dies allein schließe schon die Pflege aus. Es sei bereits im Jahr 2014 zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Kind und der Großmutter gekommen.

Mit Anhörungsschreiben vom 11. Mai 2015 wurde dem Kläger und der Kindsmutter mitgeteilt, dass beabsichtigt sei den Antrag auf Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege bei den Großeltern abzulehnen.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2015 nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass seine Eltern ausgesprochen junge Großeltern seien. Sie seien durch die jahrelange Erziehung geübt und bewährt. Die Anforderungen würden bei allen Kindern steigen.

In einem Gespräch des Beklagten mit dem Kläger vom 20. Juli 2015 gab der Kläger an, dass der Antrag aus rein finanziellen Gründen liefe. Die Großeltern seien zur Hausaufgabenbetreuung und zur Handhabung der schulischen Belange nicht in der Lage. In einem Gespräch der Großeltern des Klägers beim Beklagten vom 9. September 2015 trugen die Großeltern vor, dass die Hilfen immer vom Jugendamt angeboten worden seien. Gewollt hätten sie diese Hilfen eigentlich nicht. In einem weiteren Gespräch zwischen den Beklagten und den Großeltern vom 23. Oktober 2015 erklärten die Großeltern, dass die Ziele der ambulanten Eingliederungshilfe für sie unklar seien. Die Großmutter wäre auch mit einem Pflegegeld von lediglich … bis … Euro einverstanden.

In der zweiten Fortschreitung des Hilfeplanes vom 30. Oktober 2015 wurde festgestellt, dass im häuslichen Rahmen in den letzten Monaten eine positive Veränderung der Gesamtsituation stattgefunden habe. Die Rolle der einzelnen Familienmitglieder sei reflektiert und neu eingeordnet worden. Aufgrund der Auslagerung der schulischen Belange zum Kläger sei es zu keinen Spannungen mehr zwischen der Großmutter und dem Kläger in Bezug auf die Schulthematik gekommen. Es habe sehr erfolgreich mit der Familie gearbeitet werden können. Eine grundlegende Klärung der Situation habe stattgefunden und die innerfamiliären Beziehungen seien deutlich weniger konfliktbeladen als davor. Es werde überlegt, einen Teil der schulischen Belange wieder ins Umfeld der Großeltern des Kindes zurück zu verlagern. Hintergrund sei die berufliche Belastung des Klägers. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen sei von Seiten der Familie keine Notwendigkeit mehr für eine intensive aufsuchende Eingliederungshilfe gesehen. In deutlich reduzierter Form sei zur Stabilisierung des Erreichten weiterhin eine systemische Zusammenarbeit mit der Familie notwendig, um bei weiterem Bedarf auch wieder intensiver zur Verfügung stehen zu können. Die häusliche Gesamtsituation habe sich deutlich entspannt. Es komme zu weitaus weniger innerfamiliären Konflikten.

Am 2. November 2015 erklärte die Großmutter bei einem Anruf des Beklagten, dass sie das Geld dringend bräuchten und drängte auf eine Entscheidung.

Am 2. November 2015 wurde eine erneute Stellungnahme des Pflegekinderdienstes abgegeben. Aufgrund mehrerer Einzelgespräche mit den Beteiligten sei erkennbar, dass starke Konflikte zwischen den Großeltern untereinander sowie zwischen den Großeltern und dem Kindsvater bestünden. Die plötzliche Verlagerung der Hausaufgabensituation nach dem Anhörungsschreiben deutet darauf hin, dass finanzielle Motivationen im Vordergrund stünden. Mit der Stellungnahme vom 3. November 2015 lehnte auch der Allgemeine Soziale Dienst des Beklagten die Geeignetheit der Großeltern als Pflegepersonen weiterhin ab. Die spezifische Bedarfslage des Kindes könne nicht durch Vollzeitpflege gedeckt werden. Geeignet sei die bereits laufende ambulante Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII und der Schulbegleiter.

Bei einem Gespräch des Klägers und der Großeltern mit dem Landrat und Mitarbeitern des Beklagten am 12. November 2015 erklärten die Mitarbeiter des Beklagten, dass finanzielle Engpässe über Unterhaltsleistungen der Eltern oder Sozialhilfe zu überbrücken seien. Die Großmutter habe erklärt, dass sie keine pädagogische Unterstützung durch das Jugendamt bräuchten. Die Großeltern kämen bestens mit ihrer Rolle als Erziehungspersonen klar. Erzieherische und pädagogische Ratschläge seien deshalb unnötig. Die Fachkräfte die sie im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe aufsuchten, würden sie im Gegenteil nur einschränken. Sie bräuchten nur die Schulbegleitung und das Pflegegeld. Die Großeltern schlugen vor, dass die sinnlose ambulante Eingliederungshilfe beendet werde und „das Geld, das sich diese Mitarbeiter einstecken würden“, an die Großeltern ausgezahlt werde.

Mit Bescheid des Beklagten vom 30. Dezember 2015 wurde der Antrag auf Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege bei den Großeltern des Kindes, den Eltern des Klägers abgelehnt. Die beantragte Jugendhilfemaßnahme decke nicht die spezifische Bedarfslage des Kindes. Die Großeltern seien zu alt, um mit den steigenden Anforderungen, vor allem auch im Hinblick auf die Pubertät und die chronische Erkrankung des Kindes, umgehen zu können. Es seien starke familiäre Konflikte gegeben. Der Leistungsbereich werde von den Großeltern seit dem Jahr 2014/2015 auf dem Kindsvater umgeleitet, was bei einer Pflegefamilie nicht möglich sei. Die starken Familienkonflikte zwischen den Großeltern, den Eltern und dem Kind hätten bereits zu Blockaden von Hilfemaßnahmen und teilweise zu körperlichen Auseinandersetzungen geführt. Es gehe den Großeltern eher um den finanziellen Aspekt der Hilfe.

Mit Schreiben des Klägers vom 17. Januar 2016 legte dieser Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2015 ein. Das Kind werde seit nunmehr als 12 Jahren von den Großeltern betreut und erzogen. Alle Aufgaben wurden über das normale Maß hinausgehend bewältigt. Trotz seiner tiefgreifenden seelischen Entwicklungsstörung und Schwerbehinderung seien alle anfallenden Themen und Problemstellungen durch die Großeltern immer zum Wohl des Kindes gelöst worden. Aufgrund des Alters der Großeltern könne eine Eignung nicht abgesprochen werden. Es würde dem Kindswohl garantiert zuwiderlaufen, wenn das Kind nicht bei den Großeltern verbleiben könnte. Gefestigte und bekannte Strukturen seien gerade beim Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen enorm wichtig, so dass äußerst schwerwiegende negative Auswirkungen auf seine Entwicklung bei einem Herausreißen aus seinem Umfeld zu erwarten seien. Die Konflikte zwischen dem Kind und seinen Großeltern seien immer innerhalb der Familie geregelt worden und zwar so, dass alle Beteiligten sich wohlfühlen und es nie einer weiteren Maßnahme bedurft hätte. Das Kindswohl sei zu jeder Zeit gewährleistet. Sollte der Ablehnungsbescheid nicht aufgehoben werden, bitte der Kläger um eine bessere stationäre Hilfe für das Kind bei Pflegepersonen, die nach Ansicht des Jugendamtes diese Aufgaben erfüllen könnten.

Bei einem Haubesuch von Mitarbeitern des Beklagten vom 28. Juni 2016 wurde vermerkt, dass die Großmutter beklagte, dass das Kind nur unwillig und wenig lerne. Sie hätten nur wenig Geld, müssten Zeitungen austragen. Die Großmutter wolle, dass unbedingt Vollzeitpflege installiert werde, um Geldleistungen zu bekommen.

Am 28. September 2016 wurde mit dem Widerspruchsbescheid der Widerspruch zurückgewiesen. Laut dem Antrag auf Vollzeitpflege vom 31. Oktober 2014 stehe das Kind in einer Defizitsituation, da die Mutter des Kindes dauerhaft erkrankt sei und der Vater selbständig tätig sei und deshalb für die Erziehung des Kindes keine Zeit habe. Jedoch könne der Kindsvater die elterliche Sorge ausüben. Die berufliche Selbständigkeit des Kindsvaters rechtfertige hierbei keine Hilfe zur Erziehung, da anders geartete Leistungen, wie z.B. die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen, für solche Situationen vorgesehen sei. Die Vollzeitpflege sei daher möglicherweise zwar geeignet, aber nicht notwendig. Nach Berücksichtigung der Aktenlage sei die Wertung des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Großeltern aufgrund ihres Alters nicht dauerhaft in der Lage sein werden, die Anforderungen an die Erziehung des Kindes, vor allem im Hinblick auf das diagnostizierte Asperger-Syndrom und die noch nicht begonnene Pubertät, zu erfüllen.

Am 10. Oktober 2016 erhob der Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Widerspruchsbescheid vom 28. September 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege ab Antragstellung bei den Großeltern zu gewähren.

Mit Klagebegründung vom 9. Dezember 2016 trug der Kläger vor, dass aufgrund des behinderungsbedingten Mehraufwandes und der erforderlichen Rund-um-die-UhrPflege seines Sohnes er nicht in der Lage sei, die Erziehung durchzuführen. Zum Nachweis des Mehrbedarfs legte der Kläger hierbei ein Protokoll und einen Pflegekassenwiderspruchsbescheid vom 7. Dezember 2015 vor, mit dem den Sohn des Klägers Pflegegeld wegen im erhöhten Maße eingeschränkter Alterskompetenz und erhöhtem Bereuungsbedarf (Pflegestufe 0) zugestanden wurde. Eine Tagespflegeperson bzw. Kindertageseinrichtung sei daher nicht geeignet, diesen Mehrbedarf zu erfüllen. Bei dem Antrag auf Vollzeitpflege gehe es nicht um finanzielle Aspekte, sondern wegen der herankommenden Pubertät des Sohnes um pädagogische Hilfe der Großeltern von außen. Die Großeltern seien geeignet. Das Alter könne für sein kein Ablehnungsgrund sein, soweit körperliche und soziale Fähigkeiten für die Erziehung ausreichen. Die Großeltern seien in der Pflege und Erziehung des Sohnes des Klägers bereits durch 13-jährige Erfahrung bewährt. Die Erziehungserfolge seien in den Hilfeplanprotokollen festgehalten. Die angesprochenen innerfamiliären Konflikte treten teilweise wegen behinderungsbedingter Einschränkungen auf. Die als negativ eingestuften Verhaltensbeobachtungen, wie verwöhnende Haltung und übermäßig großen Einfluss des Kindes auf den Familienalltag, seien dem Clearingbericht 2012 entnommen. Damals sei noch nichts von der Behinderung des Klägers bekannt gewesen, so dass die damaligen Verhaltensbeobachtungen nicht unbesehen als unangemessen eingestuft werden könnten. Zudem seien Hausaufgabensituationen grundsätzlich sehr stressbelastet und würden auch bei anderen Familien auf externe Personen ausgelagert. Es spreche gerade für die hohe Flexibilität und Erziehungskompetenz der Gesamtfamilie, dass die Verlagerung dieses Konfliktpunktes innerhalb des Familiensystems stattgefunden habe. Es habe eine gute Zusammenarbeit der Großeltern mit dem Jugendamt bisher stattgefunden. Die Ratschläge seien angenommen und umgesetzt worden und Entwicklungsfortschritte vom Jugendamt und der Schule attestiert worden.

Mit Abschlussbericht der ambulanten Eingliederungshilfe vom 27. Februar 2017 wird resümiert, dass die Rollenbilder innerhalb der Familie weiterhin stark verwischt seien. Es falle den Großeltern schwer Verantwortung an den Kläger abzutreten. Die Beziehung zwischen den Großeltern und dem Kläger sei weiterhin sehr verstrickt und ausgesprochen ambivalent. Es gebe regelmäßig Konflikte. Die Großeltern würden den Kläger finanzieren, sodass ein altersunangemessenes Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Erwachsenen bestünde. Die Beziehung sei auch weiterhin hoch explosiv. Die Großmutter übertrete immer wieder Grenzen und Abmachungen. Das Kind benötige mehr Freiheiten und altersangemessenen Anforderungen (z.B. Busfahren). Die Familie sei zwar insgesamt sehr bemüht, aber immer noch bestünde ein hohes Konfliktpotenzial und es falle schwer alte Verhaltensmuster zu durchbrechen. Die Kommunikation sei phasenweise unterschiedlich gut, jedoch nach der Maßnahme sei mehr Sensibilität und Bewusstsein im Umgang miteinander bei den Erwachsenen entstanden.

Mit Schriftsatz vom 3. März 2017 wurde vom Beklagten Klageabweisung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 29. August 2017 wurden die Verwaltungsakten vorgelegt. Die Klage wurde am 4. September 2017 dahingehend begründet, dass der Bedarf für eine Hilfe zur Erziehung für das Kind zum Zeitpunkt der Abklärung zwar grundsätzlich vorgelegen habe, jedoch nicht in Form von Vollzeitpflege ausreichend bearbeitet werden könnte. Beide Elternteile waren und sind aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage bzw. nicht bereit die Betreuung und Erziehung des Kindes zu leisten. Ein Großteil der von den Eltern nicht selbst erbrachten Erziehungsleistung konnte ab Ende 2013 durch die von den Personensorgeberechtigten organisierte Unterbringung des Kindes bei den Großeltern abgedeckt werden. Es stehe jedoch fest, dass eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung zumindest seit 2011 von den Großeltern nicht mehr vollumfänglich geleistet habe werden können. Nach einem ambulanten Clearing im Frühjahr 2012 und einer einjährigen Videoberatung über § 27 Abs. 3 SGB VIII haben die erzieherischen Defizite der Großeltern letztlich nicht vollständig behoben werden können. Es sei 2014 sogar zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen der Großmutter und dem Kind gekommen. In Gesprächen sei deutlich geworden, dass weitere pädagogische Hilfen von der Familie nicht gewünscht werden. Sogar die laufende ambulante Eingliederungshilfe für das Kind sei als wenig sinnvoll bezeichnet worden. Gefordert werde vielmehr ein Pflegegeld für das Kind zu Finanzierung seines Lebensunterhalts. Die Großeltern seien nicht geeignet, Vollzeitpflege entsprechend den Anforderungen des § 27 ff. SGB VIII zu leisten. Zunächst sei das vergleichsweise hohen Altes der Großeltern bei der gleichzeitigen Prognose, dass unter Berücksichtigung des Asperger-Syndroms die Anforderungen in der Erziehung in den nächsten Jahren erheblich weiter steigen werden, festzuhalten. Es fehle weiterhin an der unbedingt notwendigen Veränderungsbereitschaft und Veränderungsfähigkeit. Letztlich seien damit auch die bis August 2013 in der Familie geleisteten Hilfen wenig erfolgreich verlaufen. Die bestehenden familiären Rahmenbedingungen seien weiterhin problematisch. Die Großeltern leben weiterhin in unsicheren finanziellen Verhältnissen. Weder der Kläger noch die Kindsmutter leiste Unterhalt. Eine Beratung zur Geltendmachung von Unterhalt sei zwar von den Großeltern in Anspruch genommen worden, jedoch wurden keine weiteren Schritte zur Geltendmachung gegenüber den Unterhaltspflichtigen unternommen. Für rein finanzielle Hilfen zum Lebensunterhalt sei das Sozialamt zuständig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Ein Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Hilfe zur Erziehung in der konkreten Form der Vollzeitpflege bei den Eltern des Klägers liegt nicht vor. Für den Zeitraum vom 31. Oktober 2014 bis zur mündlichen Verhandlung am … könnte sich wegen Zeitablaufs ein Anspruch wegen selbstbeschaffter Hilfe aus § 36a Abs. 3 SGB VIII ergeben.

1. Nach § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII muss der Beklagte über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt werden. Dies ist am 31. Oktober 2014 erfolgt.

2. Jedoch lagen die Voraussetzungen der Hilfegewährung nach § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII im beschriebenen Zeitraum nicht vor.

2.1 Der Kläger und seine Frau waren berechtigt einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung als gemeinsame Sorgeberechtigte geltend zu machen.

2.2 Ein erzieherischer Bedarf nach § 27 Abs. 1 SGB VIII ist vorliegend gegeben. Abgesehen davon, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits bei einem objektiven Ausfall eines Elternteiles einen erzieherischen Bedarf angenommen hat (BayVGH, B.v. 30.6.2016 - 12 C 16.1162 -, juris Rn. 24 für den Fall eines unfallbedingten Todes der Kindsmutter und eines dadurch alleinerziehenden, vollzeittätigen Vaters von einem schwerverletzten Säuglings und einem Kleinkind), ist vorliegend festzustellen, dass beide Elternteile nicht willens bzw. in der Lage sind, die Erziehung des Kindes zu übernehmen. Die Kindsmutter hat nur sehr sporadischen Kontakt zum Sohn des Klägers und möchte eine Erziehungsleistung nicht erbringen bzw. ist hierzu nicht in der Lage. Bezüglich des Klägers ist festzustellen, dass er zeitweise im Laufe der Entwicklung zwar schwankte, was den Willen zur Übernahme eigener Erziehungsleistungen betrifft, jedoch aktuell zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung offensichtlich nicht bereit ist, seinen Sohn zu sich zu nehmen. Aus dem Klageschriftsatz ergibt sich, dass der Kläger sich aufgrund des behinderungsbedingten Mehrbedarfs beim Sohn, der durch die vorgelegten Protokolle zur Pflegeeinstufung nachgewiesen ist, nicht in der Lage sieht, diesen selbst zu erziehen. Dem Kläger ist zwar entgegen zu halten, dass es auch Integrationsplätze in Schulhorten gibt, so dass der Sohn des Klägers sehr wohl nachmittags angemessen und bedarfsgerecht betreut werden könnte. Jedoch ist nach Auswertung der Berichte der Pflegekasse ersichtlich, dass der Sohn des Klägers morgens, abends und teilweise auch nachts einen erhöhten Bedarf an Zuwendung, Pflege und Erziehung hat. Schlussendlich ist daher aufgrund mangelnder Bereitschaft beider Eltern das Kind zu erziehen, davon auszugehen, dass ein erzieherischer Bedarf des Klägers vorliegt.

2.3 Entgegen der Ansicht des Beklagten ist Hilfe zur Vollzeitpflege vorliegend auch geeignet und notwendig, um den erzieherischen Bedarf des Sohnes des Klägers zu decken. Denkt man nämlich die Großeltern des Kindes hinweg, entsteht eine Lücke, die nicht durch die im maßgeblichen Zeitpunkt laufenden Maßnahmen des § 35a SGB VIII (Schulbegleiter und aufsuchende ambulante Eingliederungshilfe) abgedeckt werden könnte. Bei Hinwegdenken der Großeltern hätte der Sohn des Klägers nämlich in einer Pflegefamilie oder einem Heim untergebracht werden müssen.

2.4 Die Großeltern sind im konkreten Fall ungeeignet als Pflegepersonen im Sinne der §§ 27 Abs. 1, 33 SGB VIII. Hierbei spielt jedoch weder das Alter der Großeltern, noch die Verlagerung der Hausaufgaben und des schulischen Bereichs auf den Kläger eine Rolle.

Durch Einfügung des § 27 Abs. 2a SGB VIII, der explizit auch wegen der Verwandtenpflege bei Großeltern eingeführt wurde, machte der Gesetzgeber klar, dass kein „natürlicher Eltern-Kind-Altersabstand“ zwischen der Pflegeperson und dem zu betreuenden Kind vorliegen muss. Auch sind keine substantiierten Tatsachen vorgetragen, die an der gesundheitlichen Eignung der Großeltern aufgrund ihres Alters zweifeln lassen würden. Die allein abstrakte Prognose, dass die Großeltern aufgrund ihres Alters in den nächsten Jahren nicht geeignet seien, den steigenden Anforderungen eines behinderten Kindes in der Pubertät gerecht zu werden, ist für eine Ablehnung nicht ausreichend.

Auch die Verschiebung der Hausaufgabensituation und der Aufgabe, sich um die schulischen Belange des Sohnes des Klägers zu kümmern, führt grundsätzlich nicht dazu, dass die Großeltern als Pflegepersonen als ungeeignet eingestuft werden können. Wie der Kläger zu Recht vorträgt, ist es Pflegeeltern möglich, eine externe Hausaufgabenbetreuung in Anspruch zu nehmen. Im Hinblick darauf, dass nach § 33 Satz 1 SGB VIII mit der Hilfe zur Erziehung auch nur befristete Maßnahmen bis zur Rückführung in den elterlichen Haushalt gedacht sind, ist hier teilweise und schrittweise Aufgaben- und Kompetenzübertragung auf die leiblichen Eltern und Personensorgeberechtigten sogar erwünscht. Nach Aktenlage sah das Jugendamt den Umzug des Sohnes des Klägers zum Kläger mittelfristig als gangbaren Weg. Somit kann den Großeltern diese Kompetenzübertragung nicht zur Last gelegt werden.

Anders ist dies jedoch unter dem Aspekt zu sehen, dass die Mutter des Klägers einen zu hohen Leistungsdruck auf den Sohn des Klägers in schulischen Belangen ausübt. Abmachungen in diesen Bereich zwischen den Eltern des Klägers und dem Kläger sind regelmäßig und mit Absicht durch die Mutter des Klägers unterlaufen worden. Weiter ist festzustellen, dass die Großeltern, insbesondere die Mutter des Klägers, es trotz oder gerade wegen ihrer liebevollen Fürsorge für das Enkelkind verpassen, altersangemessene Regeln konsequent durchzusetzen und dem Sohn des Klägers altersangemessene Herausforderungen zu bieten. Die Mutter des Klägers ist zu überbehütend und behindert damit den Sohn des Klägers nach den ausführlichen Berichten aus früheren Hilfen in seiner Autonomie- und Persönlichkeitsentwicklung.

Weiter ergibt sich aus den vorangegangen Hilfen, dass zwar Ratschläge durch das Jugendamt im Rahmen der angebotenen Hilfen immer wieder gesucht worden sind, jedoch eine Umsetzung der Ratschläge in konkrete Verhaltensweisen durch die Großeltern und den Kläger zu einem großen Teil blockiert wurde oder nicht gelungen ist. Grund hierfür sind starke innerfamiliäre Konflikte. Diese betreffen sowohl das Großelternpaar in seiner Paarbeziehung als auch die Beziehung der Großeltern zum Kläger. Dieser war jedenfalls zeitweise finanziell von den Großeltern abhängig, so dass eine extreme Verstrickung innerhalb der Familie vorliegt. Die Rollenbilder und Erziehungshaltungen innerhalb der Familie sind diffus, so dass kindgerechte Erziehungsleitlinien für das Kind nicht ersichtlich und dazu für das Kind jederzeit neu verhandelbar sind. Gerade für Kinder mit Asperger-Syndrom sind klare Regeln, Leitlinien und Tagesstrukturen für eine gesunde Entwicklung notwendig. Es ist bezeichnend, dass zunächst mehrere Monate im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe für das Kind an der Kommunikationsstruktur der Familie gearbeitet werden musste, bis überhaupt ein konstruktives Gespräch über die Belange des behinderten Kindes möglich war. Aus den Berichten ergeben sich zwar deutliche Verbesserungen im Vergleich zum Anfang der Eingliederungshilfe, jedoch ist aus dem Abschlussbericht der ambulanten Eingliederungshilfe ersichtlich, dass eine Besserung von einem sehr niedrigen Niveau auf ein bestenfalls mittelmäßiges Niveau stattgefunden hat. Die Situation innerhalb der Familie wird im Abschlussbericht weiterhin als hochexplosiv, konfliktbeladen und in alten Verhaltensmustern verhaftet eingestuft.

Unter diesen Gesichtspunkten ist die Geeignetheit der Großeltern als Pflegepersonen im Sinne des §§ 27,33 SGB VIII zu verneinen. Die Hilfe zur Erziehung stellt einen Anspruch des Klägers und der Kindsmutter dar, mit dem die erzieherischen Defizite behoben und möglichst eine Rückführung in den Haushalt eines Elternteiles erreicht werden soll. Hier ist nicht ersichtlich, dass die Eltern des Klägers aufgrund der großen familiären, weit in die Vergangenheit zurückreichenden Konflikte, hilfreich dafür sind, das Erziehungsdefizit beim Kindsvater mittelfristig zu beseitigen oder abzumildern.

Weiterhin ist den Akten eine deutliche finanzielle Motivation zu entnehmen. Jedoch ist die finanzielle Hilfe in Form des Pflegegeldes nach § 39 SGB VIII eine Annex-Leistung zur sozialpädagogischen Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27,33 SGB VIII. Falls eine Hilfe zur Erziehung mangels Mitwirkungsbereitschaft oder Geeignetheit ausfällt, kann auch eine Leistung von Pflegegeld nicht erfolgen. Bei finanziellen Problemen im Rahmen der Verwandtenpflege ist zunächst über die Beistandschaft Unterhalt von den leiblichen Kindseltern einzuklagen und anschließend, falls dies nicht erfolgreich oder ausreichend ist, sozialrechtliche Hilfen zu beantragen (Münder, Meysen, Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 6. Auflage, § 27 Rn. 24; sowie ausdrücklich zur Großelterntagespflege: Bundestags-Drucksache 15/3676, Seite 36).

Das Jugendamt wird jedoch vorliegend die Aussage im Widerspruchsschreiben des Klägers vom 17. Januar 2016, dass bei fehlender Geeignetheit der Eltern des Klägers, das Kind in einer anderen Pflegefamilie untergebracht werden solle, auf seine Ernsthaftigkeit und Umsetzung hin prüfen müssen. Eine dringende Kindswohlgefährdung nach § 1666 BGB, die das Jugendamt veranlassen müsste, familiengerichtliche Schritte zu einer anderweitigen Unterbringung des Sohnes des Klägers zu veranlassen, ist aus dem Akteninhalt bisher nicht ersichtlich. Somit bleibt den Personensorgenberechtigten das Recht, den Aufenthalt des Kindes bei einem der beiden Personensorgeberechtigten oder bei den Großeltern zu belassen oder das Jugendamt um Vermittlung einer geeigneten Pflegefamilie bzw. eines geeigneten Heimes zu bitten.

3. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII bestand für den maßgeblichen Zeitraum ab dem 31. Oktober 2014 kein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in der konkreten Pflegestelle bei den Eltern des Klägers. Auch für die Zukunft ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte die Geeignetheit der Eltern des Klägers als Pflegepersonen bis auf weiteres nicht gegeben.

4. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei nach § 188 Satz 2 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e
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published on 30/06/2016 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts B. vom 17. Mai 2016 - B 3 K 16.183 - wird aufgehoben. II. Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ... aus ... beigeordne
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Annotations

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.