Pachtrecht: In diesen Fällen ist eine Pachterhöhung bei sog. Altverträgen möglich

published on 06/05/2016 10:33
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Der Pachtzins sog. Altverträge kann anzupassen sein, wenn sich die Lebenshaltungskosten und der Durchschnittspachtpreis steigern.
Kein Erhöhungsgrund liegt dagegen vor, wenn die bei einer Neuverpachtung erzielbaren Pachtpreise steigen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Mannes beschlossen, der im Jahre 2009 landwirtschaftliche Flächen (Ackerland) geerbt hatte. In einem Umfang von ca. 13,7 ha hatte sein Rechtsvorgänger diese Flächen mit Verträgen aus den Jahren 2006 und 2007 bis zum Jahre 2030 für einen Pachtzins von ca. 4.100 EUR jährlich an die Antragsgegnerin verpachtet. Der schriftliche Pachtvertrag sah hierbei folgende Klausel zur Änderung des vereinbarten Pachtzinses vor: „Ändern sich die wirtschaftlichen oder geldlichen Verhältnisse allgemein in dem Maße, dass der vereinbarte Pachtpreis für den Verpächter oder Pächter nicht mehr angemessen ist, so kann jede Partei verlangen, dass der dann angemessene Pachtpreis neu festgesetzt wird.“

2013 verlangte der Antragsteller eine 40-prozentige Erhöhung des Pachtpreises auf ca. 5.800 EUR. Er verwies darauf, dass in der Zeit nach Vertragsschluss die Lebenshaltungskosten, die allgemeinen Pachtpreise und insbesondere die bei einer Neuverpachtung zu erzielenden Preise gestiegen seien. Das rechtfertige die von ihm verlangte Preisanpassung.

In erster Instanz hat das Amtsgericht eine 20-prozentige Pachtpreiserhöhung als gerechtfertigt angesehen und den jährlichen Pachtzins ab November 2013 auf ca. 5.000 EUR festgesetzt. Hiergegen hat sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde gewandt, um die von ihm erstrebte höhere Pachtpreiserhöhung durchzusetzen.

Seine Beschwerde blieb jedoch erfolglos. Die Richter am OLG bestätigten die erstinstanzliche Entscheidung. Die Vertragsklausel zur Änderung des Pachtpreises sei eine wirksame Konkretisierung der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Eine Preisanpassung setze demnach voraus, dass der vereinbarte Pachtpreis aufgrund geänderter wirtschaftlicher und geldlicher Verhältnisse nicht mehr angemessen sei. Der Antragsteller habe schlüssig dargelegt, dass sich die insoweit maßgeblichen Verhältnisse seit Vertragsschluss geändert hätten. So seien in diesem Zeitraum die Lebenshaltungskosten um 13 Prozent und die durchschnittlichen Pachtpreise um 26 Prozent gestiegen. Aufgrund dieser Umstände sei eine Steigerung des Pachtzinses um 20 Prozent angemessen. Auf die bei einer Neuverpachtung erzielbaren, höheren Pachtpreise sei in diesem Zusammenhang nicht abzustellen. Wenn die Parteien den Pachtpreis eines neuen Pachtvertrags aushandelten, berücksichtigten sie regelmäßig bereits Faktoren wie eine zukünftig zu erwartende Preissteigerung bei Verpachtungen, eine voraussehbare oder zu erwartende Inflation und auch die Dauer einer vertraglichen Bindung. Mit diesen Faktoren könne deshalb nicht auch eine Preisanpassung begründet werden. Hinzu komme, dass kurzfristige spekulative Erwägungen zu zeitweise höheren Pachtpreisen bei einer Neuverpachtung führen könnten, einer Vertragsanpassung aber nur der von kurzfristigen Tendenzen und individuellen Ausschlägern bereinigte Durchschnittspreis zugrunde gelegt werden dürfe.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Hamm, Beschluss vom 5.1.2016, (Az.: 10 W 46/15).

Der Pachtzins sog. Altverträge kann - auf der Grundlage einer wirksamen vertraglichen Pachtanpassungsklausel - aufgrund der Steigerung der Lebenshaltungskosten und des durchschnittlichen Pachtpreises anzupassen sein, nicht aber aufgrund der Steigerung der bei einer Neuverpachtung erzielbaren Pachtpreise.


Gründe:

Die Beteiligten streiten über eine Pachtpreiserhöhung.

Mit schriftlichem Landpachtvertrag vom 10.12.2006 pachtete die Antragsgegnerin von dem Rechtsvorgänger des Antragstellers landwirtschaftliche Flächen in T ab dem 01.11.2006 zunächst in einer Größe von insgesamt 9,28 ha und ab dem Jahr 2007 in einer Gesamtgröße von 13,7341 ha.

Gem. § 6 des Pachtvertrages war eine Pachtdauer bis zum 01.11.2018 vereinbart. Der Pachtpreis betrug gem. § 7 Abs. 1 zunächst 2.784,00 und ab 2007 4.138,35 jährlich.

§ 7 Abs. 4 des Pachtvertrages enthält folgende Regelung:

Ändern sich die wirtschaftlichen oder geldlichen Verhältnisse allgemein in dem Maße, dass der vereinbarte Pachtpreis für den Verpächter oder Pächter nicht mehr angemessen ist, so kann jede Partei verlangen, dass der dann angemessene Pachtpreis neu festgesetzt wird.

§ 9 des Pachtvertrages sieht vor, dass die Parteien eine Vereinbarung über die Einholung eines Schiedsgutachtens eines landwirtschaftlichen Sachverständigen treffen können, wenn sie über Fragen tatsächlicher Art keine Einigung erzielen können.

Am 28.11.2007 vereinbarten die Parteien des Pachtvertrages schriftlich u. a. eine Verlängerung des bestehenden Pachtvertrages bis zum Oktober 2030.

Am 15.11.2008 verstarb der frühere Eigentümer der Pachtfläche. Am 07.04.2009 wurde der Antragsteller aufgrund Hoffolgezeugnisses vom 05.03.2009 als neuer Eigentümer der verpachteten Flächen im Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 20.08.2013 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin und erklärte, dass er bezugnehmend auf Zeitungsberichte über eine dramatische Pachtpreiserhöhung und die Pachtpreisanpassung durch die Stadt T den Pachtpreis ab dem 01.11.2013 um 40% auf 5.793,69 und ab 2016 auf insgesamt 7.035,20 erhöhe.

Für den Fall des Widerspruchs gegen die Pachtpreiserhöhung kündigte er das Pachtverhältnis mit Wirkung unmittelbar nach Aberntung der Flächen.

Nach weiterer fruchtloser Aufforderung mit Schreiben vom 02.09.2013 ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin durch Anwaltsschreiben vom 28.10.2013 auffordern, einer Pachtpreiserhöhung um 40% auf 5.793,69 ab dem 01.11.2013 bis zum 08.11.2013 zuzustimmen.

Diese Frist wurde mit Anwaltsschreiben vom 03.12.2013 bis zum 17.12.2013 verlängert.

Mit Anwaltsschreiben vom 17.12.2013 ließ die Antragsgegnerin das Pachterhöhungsverlangen zurückweisen.

Der Antragsteller hat behauptet, mit den verpachteten Flächen seien heute aufgrund der geänderten wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse wesentliche höhere Erträge zu erwirtschaften als zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die Antragsgegnerin erziele auch wesentlich höhere Gewinne.

Nach Vertragsschluss hätten sich die Preise für Grund und Boden und die allgemeinen Pachtzinsen erheblich erhöht. Die Bodenrichtwerte seien von 2,70 /m² im Jahr 2006 auf 4,80 /m² im Jahr 2014 gestiegen. Bei Abschluss von Neupachtverträgen über Ackerflächen seien in der Region T durchschnittliche Pachtzinsen von 500,00 zu erzielen. Der Rat der Stadt T habe für die städtischen Pachtflächen eine Erhöhung um 40% für das Jahr 2014 und weitere Erhöhungen für die Folgejahre beschlossen, wobei die städtischen Pachtflächen mit der hiesigen in Bodenbeschaffenheit und Güteklasse vergleichbar seien.

Auch die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen habe mit Schreiben vom 09.07.2014 die Angemessenheit der begehrten Pachtpreisanpassung bestätigt.

Zudem sei - was unbestritten geblieben ist - eine Steigerung des allgemeinen Lebenspreisindexes von November 2006 von 94,0 bis November 2013 auf 106,1 eingetreten, was jedenfalls zu einer Anpassung im Umfang der Steigerung von 13% führen müsse.

Der Antragsteller hat beantragt,

§ 7 des Landpachtvertrages zwischen den Parteien vom 10.12.2006 dahin abzuändern, dass der von der Antragsgegnerin zu zahlende Pachtzins mit Wirkung ab dem 01.11.2013 auf 5.793,69 festgesetzt wird.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat die Ansicht vertreten, die Bodenrichtwerte sowie der von der Stadt T verlangte Pachtpreis seien für das streitgegenständliche Pachtverhältnis unerheblich.

Zudem hat sie den Einwand eines vorgreiflichen Schiedsverfahrens gem. § 9 des Pachtvertrages erhoben.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat durch Beschluss vom 10.11.2014 unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags § 7 des Landpachtvertrages zwischen den Beteiligten vom 10.12.2006 dahingehend abgeändert, dass der von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu zahlende Pachtzins mit Wirkung ab dem 01.11.2013 auf 4.966,02 festgesetzt wird.

Zur Begründung hat das Landwirtschaftsgericht ausgeführt, § 9 des Pachtvertrages stehe der Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts nicht entgegen, da dort lediglich die bloße Möglichkeit geregelt sei, einen Schiedsgutachter zu bestellen.

Nach § 7 Abs. 4 des Pachtvertrages sei der Pachtpreis in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu erhöhen, da die Steigerung der Lebenshaltungskosten um 13% eine wesentliche Änderung der geldlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darstelle, die den bisherigen Pachtpreis als nicht mehr angemessen erscheinen lasse. Darüber hinaus sei gerichtsbekannt, dass sich das allgemeine Preisniveau bei Abschluss von Neuverträgen erheblich angehoben habe. Da zwischen den Beteiligten ein bis zum Jahr 2030 befristeter Pachtvertrag vorliege, könne jedoch nicht allein auf die Pachtpreisveränderung bei Abschluss von Neuverträgen abgestellt werden.

Unter Berücksichtigung der Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten erscheine eine Erhöhung des Pachtzinses um 20% auf 4.966,02 angemessen.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er sein ursprüngliches Pachterhöhungsverlangen insoweit weiter verfolgt als der Antrag zurückgewiesen worden ist.

Zur Begründung führt die Beschwerde aus, entscheidend für die Frage der Anpassung des Pachtzinses sei der örtlich in T zu erzielende Pachtzins. Entscheidend sei, inwieweit sich die Verhältnisse, die für die Parteien bei der Bemessung des Pachtzinses maßgeblich gewesen seien, geändert hätten. Für die Bemessung des Pachtzinses sei bei Abschluss des Pachtvertrages insbesondere der zu erzielende Pachtzins wesentlich gewesen, dieser sei seit dem Jahr 2006 um mehr als 40% gestiegen. Aus den erheblich angestiegenen Bodenrichtwerten und der erheblichen Erhöhung des Pachtzinses durch die Stadt T sei abzuleiten, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse im Allgemeinen entsprechend geändert hätten und daher nach dem Inhalt der Vertragsklausel eine Anpassung zu erfolgen habe.

Darüber hinaus seien aufgrund der geänderten wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse wesentlich höhere Erträge zu erwirtschaften als zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Antragsgegnerin habe nicht substantiiert bestritten, dass sie jetzt auch wesentlich höhere Gewinne erziele.

Der Antragsteller beantragt, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Paderborn - Landwirtschaftsgericht - vom 10.11.2014, Az.: 40 Lw 59/14, § 7 des Landpachtvertrages zwischen den Parteien vom 10.12.2006 dahin abzuändern, dass der von der Antragsgegnerin zu zahlende Pachtzins mit Wirkung ab dem 01.11.2013 um weitere 827,67 erhöht und auf insgesamt 5.793,69 pro Jahr festgesetzt wird.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat der Beschwerde durch Beschluss vom 16.03.2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Nach Hinweis des Senats auf die Voraussetzungen für die begehrte Pachtpreiserhöhung hat der Antragsteller ergänzend vorgetragen, die Pachtpreisentwicklung im Kreis Paderborn entspreche der Pachtpreisentwicklung im Land NRW. Diese weise in der Zeit von 2007 bis 2013 eine Erhöhung von durchschnittlich 100,00 /qm auf, was einer Steigerung des Pachtzinses in dem Zeitraum um 26% entspreche.

Er vertritt die Ansicht, für den Bereich T sei die Einordnung des Pachtpreises anhand der Bodenwertverzinsung vorzunehmen. Dabei sei die - bereits erstinstanzlich vorgetragene - Steigerung des Bodenrichtwerts zu berücksichtigen und die Entwicklung der Pachtpreise dieser Geldwertentwicklung anzupassen. Die Bodenpreise seien im Bereich T überproportional gestiegen.

Bei Neuverpachtungen ergebe sich eine Preisspanne zwischen 800,00 und 1.300,00 pro ha und Jahr. Ausweislich einer vom Gutachterausschuss des Kreises Paderborn erstellten Pachtpreisübersicht sei im Jahr 2012 eine Durchschnittspacht in Höhe von 575,00 pro ha und Jahr zu erzielen gewesen. Das Preisniveau von Altverträgen läge derzeit zwischen 500,00 und 600,00 pro ha und Jahr.

Die Antragsgegnerin hält eine über die erstinstanzlich erfolgte Erhöhung hinausgehende Pachtpreisanpassung für unangemessen.

Der Senat hat die Beteiligten persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 09.07.2015 Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht in dem angefochtenen Beschluss den weitergehenden Antrag des Antragstellers auf Pachtpreiserhöhung zurückgewiesen.

Dabei geht der Antragsteller zunächst zutreffend davon aus, dass sich ein Anspruch auf die geltend gemachte Pachtpreiserhöhung vorliegend aus § 7 Abs. 4 des Pachtvertrages ergeben kann, denn diese vertragliche Preisanpassungsklausel konnte wirksam neben der gesetzlichen Regelung in § 593 Abs. 1 BGB vereinbart werden.

Nach § 593 Abs. 1 BGB kann jeder Vertragsteil eine Änderung des Vertrages mit Ausnahme der Pachtdauer verlangen, wenn sich nach Abschluss des Pachtvertrages die Verhältnisse, die für die Festsetzungen der Vertragsleistungen maßgebend waren, nachhaltig so geändert haben, dass die gegenseitigen Verpflichtungen in ein grobes Missverhältnis zueinander geraten sind.

Diese Vorschrift ist nach § 593 Abs. 5 BGB weitestgehend unabdingbar. Demnach sind daneben bzw. vorrangig zu berücksichtigende vertragliche Preisanpassungsklauseln nur dann zulässig, soweit durch sie die gesetzliche Regelung des § 593 BGB lediglich konkretisiert wird oder für eine Vertragspartei die Abänderung des Vertrages erleichtert wird.

Nach der Vertragsklausel in § 7 Abs. 4 ist Voraussetzung einer Preisanpassung eine Änderung der wirtschaftlichen oder geldlichen Verhältnisse allgemein. Diese weite und unbestimmte Formulierung stellt keine Konkretisierung der gesetzlichen Regelung in § 593 Abs. 1 BGB dar.

Die Vertragsklausel ermöglicht eine Preisanpassung anders als die gesetzliche Regelung jedoch nicht erst dann, wenn die gegenseitigen Verpflichtungen in ein grobes Missverhältnis zueinander geraten sind, sondern schon dann, wenn der vereinbarte Pachtpreis für den Verpächter oder Pächter nicht mehr angemessen ist. Die vertragliche Regelung stellt somit an das Ausmaß der Änderung der maßgebenden Umstände geringere Anforderungen und ist damit vorrangig vor der gesetzlichen Regelung.

Der Antragsteller hat jedoch einen daraus resultierenden Anspruch auf Erhöhung des Pachtzinses über die erstinstanzlich vorgenommene Erhöhung um 20% hinaus nicht schlüssig vorgetragen.

Eine Preisanpassung nach § 7 Abs. 4 des Pachtvertrages setzt zunächst eine Änderung der wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse allgemein voraus.

Diese allgemeine, umfassende Umschreibung erfasst - ebenso wie § 593 Abs. 1 BGB - alle für den Pachtvertrag und dessen Abschluss relevanten Verhältnisse. Das sind sämtliche Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art, die das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung von Pachtland unter Einbeziehung der örtlichen Besonderheiten bestimmen. Eine relevante nachhaltige Veränderung der Verhältnisse kann sich demgemäß z. B. aus der allgemeinen Wirtschaftslage in der Landwirtschaft, der Änderung von Steuern und Abgaben, staatlichen und überstaatlichen Lenkungsmaßnahmen und dem Zustand der Pachtsache ergeben, der durch Naturereignisse und Unglücksfälle verändert sein kann. In diesem Rahmen ist auch die Entwicklung der Pachtpreise unter Berücksichtigung vergleichbarer Objekte und regionaler Besonderheiten jedenfalls mit einzubeziehen, weil diese das wirtschaftliche Interesse am Pachtland deutlich widerspiegeln.

Hinsichtlich der Entwicklung der Pachtpreise ist jedoch nicht nur auf die bei Neuverpachtung erzielbaren Pachtpreise abzustellen, da bei Neuabschluss von Pachtverträgen die beteiligten Parteien bei Festlegung des Pachtzinses bereits die von ihnen erwartete weitere Entwicklung, die voraussehbare bzw. erwartete Inflation, die zukünftige Bindungsdauer und andere Faktoren berücksichtigen werden. Bei sich abzeichnender und erkennbar gewordener Steigerung der Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen können auch kurzfristige spekulative Erwägungen den Pachtpreis von Neuverpachtungen nach oben beeinflussen. Jedenfalls soweit es um die Frage einer Anpassung des Pachtzinses eines Altpachtvertrages geht, kann nur der von kurzfristigen Tendenzen und individuellen Ausschlägen bereinigte Durchschnittspachtpreis zugrunde gelegt werden.

Danach hat der Antragsteller eine Änderung der wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse allgemein in dem maßgeblichen Zeitraum zwischen Abschluss des Pachtvertrages im Jahr 2006 und dem Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens im Jahr 2013 nur in Form der Steigerung der Lebenshaltungskosten um 13% und einer Steigerung des Durchschnittspachtpreises um 26% schlüssig dargelegt.

Auf die Veränderung der bei Neuverpachtung erzielbaren Pachtpreise kommt es nach obigen Ausführungen entgegen der Ansicht des Antragstellers gerade nicht an.

Bei der vorgetragenen Erhöhung der Bodenrichtwerte in der hier maßgeblichen Region T handelt es sich nicht um einen neben der Steigerung des Durchschnittspachtpreises zusätzlich zu berücksichtigenden Umstand, der das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung von Pachtland unter Einbeziehung der örtlichen Besonderheiten bestimmt.

Zum einen spiegeln die Bodenrichtwerte nach dem Inhalt der von dem Antragsteller vorgelegten Bodenrichtwertauskünfte die aus Kaufpreisen ermittelten durchschnittlichen Lagewerte des Bodens für eine Mehrzahl von Grundstücken mit im Wesentlichen gleichen Nutzungs- und Wertverhältnissen wieder. Die Bodenrichtwerte geben damit einen Anhaltspunkt dafür, welcher Kaufpreis für einen Quadratmeter Grundstücksfläche durchschnittlich erzielt werden kann, was nicht mit dem Interesse an der Nutzung der Fläche als Pachtland gleichgesetzt werden kann.

Zum anderen werden steigende Preise für Grund und Boden, soweit sie Einfluss auf die Höhe des Pachtpreises haben, bereits in den ermittelten Durchschnittspachtpreisen berücksichtigt.

Die zusätzliche Berücksichtigung steigender Kaufpreise neben den gestiegenen Durchschnittspachtpreisen würde daher zu einer unzulässigen doppelten Berücksichtigung ein und desselben Umstands führen.

Weitere Umstände, die zu einer Änderung der wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse allgemein geführt haben könnten, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen. Insbesondere hat er auch nach entsprechendem Hinweis des Senats in dem Beschluss vom 21.07.2015 seinen pauschalen Vortrag, die Antragsgegnerin erziele aufgrund der geänderten wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse wesentlich höhere Gewinne, nicht näher konkretisiert.

Auch bei Wahrunterstellung der vorgetragenen Steigerung des Durchschnittspachtpreises um 26% in dem maßgeblichen Zeitraum sowie der - erstinstanzlich unstreitigen - Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes um 13% ergibt sich kein über die von dem Landwirtschaftsgericht vorgenommene Anpassung hinausgehender Erhöhungsanspruch des Antragstellers, so dass es einer Beweiserhebung nicht bedarf.

Ein Anspruch auf Pachtpreiserhöhung besteht nach § 7 Abs. 4 des Pachtvertrages auch bei einer Änderung der wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse nur dann, wenn und soweit der vereinbarte Pachtpreis dadurch für den Verpächter nicht mehr angemessen ist. Die vertragliche Regelung gewährt damit keinen linearen Pachtanpassungsanspruch in der Form, dass Änderungen der wirtschaftlichen und geldlichen Verhältnisse in vollem Umfang zu berücksichtigen sind. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut können die Parteien des Pachtvertrages nur verlangen, dass der dann angemessene Pachtpreis neu festgesetzt wird.

Der durch das Landwirtschaftsgericht in erster Instanz neu auf 4.966,02 /Jahr festgesetzte und von der Antragsgegnerin akzeptierte Pachtpreis ist unter Berücksichtigung der vorgetragenen Steigerung des Durchschnittspachtpreises um 26% und der gestiegenen Lebenshaltungskosten angemessen.

Der um 20% erhöhte Pachtpreis berücksichtigt die behauptete und durch Unterlagen belegte Steigerung des Durchschnittspachtpreises fast vollständig. Der Anstieg der Lebenshaltungskosten ist - wie auch die Preissteigerung für Grund und Boden - mitursächlich für die Steigerung der Durchschnittspachtpreise, so dass dieser Anstieg nicht zusätzlich zu berücksichtigen ist.

Dass die Erhöhung des Pachtpreises 6% hinter der allgemeinen Pachtpreissteigerung zurückbleibt, führt nicht zu der Annahme, dass der so erhöhte Pachtpreis für den Antragsteller unangemessen niedrig wäre. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere führt es nicht zu einer Unangemessenheit des erhöhten Pachtpreises, dass der Antragsteller bei einer Neuverpachtung wesentlich höhere Pachtzinsen würde erzielen können. Denn einerseits ist der Antragsteller an den Pachtvertrag mit der Antragsgegnerin noch bis zum Jahr 2030 gebunden und daher zu einer Neuverpachtung nicht in der Lage. Andererseits hat der Antragsteller in der persönlichen Anhörung durch den Senat erklärt, dass seinerzeit bewusst zwischen dem früheren Verpächter und der Antragsgegnerin ein günstiger Pachtpreis vereinbart worden sei, weil er, der Antragsteller, als Lohnunternehmer für die Antragsgegnerin habe mähen sollen. Zudem beruhte die Vertragsverlängerung bis zum Jahr 2030 nach Angaben des Antragstellers auf dem Umstand, dass die Antragsgegnerin dem früheren Verpächter einen Mähdrescher und einen Trecker abgekauft hatte und wegen dieser Investitionen Planungssicherheit in Form einer langen Vertragslaufzeit wünschte, die ihr gewährt wurde. Die ursprünglichen Vertragsparteien haben also bewusst einen Pachtvertrag mit für die Antragsgegnerin günstigen Konditionen und einer langen Vertragslaufzeit abgeschlossen. Daran muss sich der Antragsteller festhalten lassen, zumal er keine Umstände angeführt hat, aufgrund derer der erhöhte Pachtpreis für ihn unangemessen wäre. Daran ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass die Vertragsverlängerung seinerzeit ohne Rücksprache mit ihm vereinbart worden ist, denn der früherer Eigentümer und Verpächter war zu einer solchen Rücksprache mit dem Antragsteller nicht verpflichtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs. 1, 45 S. 1 und 2 LwVG. Da das Rechtsmittel des Antragstellers unbegründet war, entspricht es billigem Ermessen, ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Aus dem gleichen Grund waren ihm auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin gem. § 45 S. 2 LwVG aufzuerlegen.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 51 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 GNotKG. Der Antragsteller begehrt die Erhöhung des jährlichen Pachtpreises um weitere 827,67 seit dem Jahr 2013, so dass sich angesichts der in dem Zeitpunkt verbleibenden Nutzungsdauer von 17 Jahren ein Geschäftswert in Höhe von 14.070,39 errechnet.

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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Paderborn vom 10.11.2014 (40 Lw 59/14) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin werden dem Antragsteller auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 14.070,39 € festgesetzt.


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Tenor

§ 7 des Landpachtvertrages zwischen den Beteiligten vom 10.12.2006 wird dahingehend abgeändert, dass der von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu zahlende Pachtzins mit Wirkung ab dem 01.11.2013 auf 4966,02 Euro festgesetzt wird.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Verfahrenswert beträgt 4966,02 Euro.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

(1) Haben sich nach Abschluss des Pachtvertrags die Verhältnisse, die für die Festsetzung der Vertragsleistungen maßgebend waren, nachhaltig so geändert, dass die gegenseitigen Verpflichtungen in ein grobes Missverhältnis zueinander geraten sind, so kann jeder Vertragsteil eine Änderung des Vertrags mit Ausnahme der Pachtdauer verlangen. Verbessert oder verschlechtert sich infolge der Bewirtschaftung der Pachtsache durch den Pächter deren Ertrag, so kann, soweit nichts anderes vereinbart ist, eine Änderung der Pacht nicht verlangt werden.

(2) Eine Änderung kann frühestens zwei Jahre nach Beginn des Pachtverhältnisses oder nach dem Wirksamwerden der letzten Änderung der Vertragsleistungen verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn verwüstende Naturereignisse, gegen die ein Versicherungsschutz nicht üblich ist, das Verhältnis der Vertragsleistungen grundlegend und nachhaltig verändert haben.

(3) Die Änderung kann nicht für eine frühere Zeit als für das Pachtjahr verlangt werden, in dem das Änderungsverlangen erklärt wird.

(4) Weigert sich ein Vertragsteil, in eine Änderung des Vertrags einzuwilligen, so kann der andere Teil die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts beantragen.

(5) Auf das Recht, eine Änderung des Vertrags nach den Absätzen 1 bis 4 zu verlangen, kann nicht verzichtet werden. Eine Vereinbarung, dass einem Vertragsteil besondere Nachteile oder Vorteile erwachsen sollen, wenn er die Rechte nach den Absätzen 1 bis 4 ausübt oder nicht ausübt, ist unwirksam.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Der Wert eines Ankaufsrechts oder eines sonstigen Erwerbs- oder Veräußerungsrechts ist der Wert des Gegenstands, auf den sich das Recht bezieht. Der Wert eines Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechts ist die Hälfte des Werts nach Satz 1.

(2) Der Wert einer Verfügungsbeschränkung, insbesondere nach den §§ 1365 und 1369 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie einer Belastung gemäß § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, beträgt 30 Prozent des von der Beschränkung betroffenen Gegenstands.

(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann ein höherer oder ein niedrigerer Wert angenommen werden.