Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 04. Okt. 2012 - 9 S 859/11

bei uns veröffentlicht am04.10.2012

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 2. März 2010 - 4 K 3710/09 - wird verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt die staatliche Anerkennung eines von ihr geführten Berufskollegs für Grafikdesign als Ersatzschule, ohne verpflichtet zu sein, Religionsunterricht oder ersatzweise Ethikunterricht anzubieten.
Mit Urteil vom 02.03.2010 hat das Verwaltungsgericht die hierauf gerichtete Klage abgewiesen. Auf den hiergegen von der Klägerin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache mit Beschluss vom 17.03.2011 zugelassen. Der Beschluss ist dem Bevollmächtigten der Klägerin mit Empfangsbekenntnis am 24.03.2011 zugestellt worden. Mit am 04.05.2011 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung bringt sie vor, sie habe die Berufungsbegründungsfrist unverschuldet versäumt. Obwohl im Büro ihres Bevollmächtigten ein sehr zuverlässiges System hintereinander geschalteter Kontrollen betrieben werde, sei die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist in den Fristenkalender des Bevollmächtigten aufgrund eines einmaligen Fehlers der Mitarbeiter unterblieben. Erst am Abend des 27.04.2011 habe ihr Bevollmächtigter die Akte zum vorliegenden Verfahren in die Hand genommen und den Zulassungsbeschluss sowie den Fristablauf bemerkt.
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart in den Rechtssachen 4 K 3747/09, 4 K 3710/09, 4 K 3711/09, des Regierungspräsidiums Tübingen (3 Bände) sowie die Akten des Verwaltungsgerichtshofs aus den mit der vorliegenden Rechtssache in Zusammenhang stehenden Verfahren 9 S 2608/10, 9 S 1888/10 sowie 9 S 1972/10 vor. Darüber hinaus liegen dem Senat Kopien des Fristenkalenders sowie die einschlägige Handakte des Bevollmächtigten der Klägerin im Original (2 Ordner) sowie in Kopie (1 Ordner) vor.
II.
Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 125 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwGO).
Die Berufung der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen.
1. Die Berufung wurde nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet. Danach ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Der Beschluss über die Zulassung der Berufung wurde hier am 24.03.2011 dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt. Damit endete die Frist mit Ablauf des 26.04.2011, dem Dienstag nach den Osterfeiertagen.
2. Der Klägerin wird gemäß § 60 Abs. 1 VwGO auf ihren zulässigen Antrag vom 04.05.2011 keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Sie war nicht ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist einzuhalten. Ihr ist insoweit das Verschulden ihres Bevollmächtigten nach § 173 VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.
a) Nach den genannten Vorschriften steht das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden des Beteiligten gleich. Das Verschulden von Hilfspersonen eines Bevollmächtigten ist diesem und dem Beteiligten dagegen nicht zuzurechnen. Den Beteiligten zurechenbar ist jedoch ein Verschulden des Bevollmächtigten bei der Auswahl und Anleitung der Hilfspersonen sowie einer zweckmäßigen Büroorganisation (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 60 Rn. 21 m.w.N.).
Ein Prozessbevollmächtigter hat durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Dabei kann er zwar die Feststellung, Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen (vgl. BVerwG, Beschluss 23.06.2011 - 1 B 7/11 -, Juris Rn. 5). Dazu zählt jedoch die Frist zur Begründung der Berufung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 12.06.2007 - 9 S 315/07 -, NVwZ-RR 2007, 819, 820; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 02.08.2006 - 4 S 2288/05 -, NVwZ-RR 2007, 137, und vom 07.08.2003 - 11 S 1201/03 -, NVwZ-RR 2004, 222; OVG NRW, Urteil vom 13.06.2012 - 13 A 536/09 -, Juris Rn. 25; Beschluss vom 24.10.2003 - 12 A 5511/00 -, NVwZ-RR 2004, 221; OVG Saarland, Beschluss vom 31.08.2011 - 2 A 272/11 -, NJW 2012, 100). Nur wenn sich die Abwicklung solcher Verfahren nach den konkreten Verhältnissen in der Rechtsanwaltskanzlei als Routineangelegenheit darstellt, sind geringere Anforderungen zu stellen, allerdings nur in dem Sinne, dass der Anwalt die Frist nicht selbst berechnen muss, sondern sich auf eine Überprüfung beschränken kann. Gehören solche Verfahren zur Büroroutine und war die Büroangestellte allein für diese Verfahren zuständig und daher auch routiniert, würde es die Anforderungen an den Prozessbevollmächtigten des Weiteren überspannen, von ihm über die organisatorischen Vorkehrungen und die stichprobenartigen Kontrollen hinaus eine umfassende Überprüfung jeder Fristenübertragung zu verlangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 3 C 21/11 -, Juris Rn. 23; Beschluss vom 28.02.2002 - 6 C 23/01 -, Juris Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 24.06.2011 - 1 A 1756/09 -, Juris, Rn. 53 bis 55; Nds. OVG, Beschluss vom 29.06.2012 - 2 LA 185/12 -, Juris Rn. 8).
10 
Unabhängig hiervon darf ein Empfangsbekenntnis über die Zustellung einer Gerichtsentscheidung von einem Rechtsanwalt erst dann unterzeichnet und zurückgesandt werden, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 03.12.2002 - 1 B 429/02 -, NVwZ 2003, 868, und vom 29.12.2003 - 5 B 218/02 -, Juris Rn. 3; BGH, Beschlüsse vom 12.01.2010 - VI ZB 64/09 -, MDR 2010, 414, und vom 22.06.2010 - VIII ZB 12/10 -, NJW 2010, 3305; OVG NRW, Urteil vom 13.06.2012, a.a.O., Rn. 27; Beschluss vom 24.06.2011, a.a.O., Rn. 61 ff.; OVG Saarland, Beschlüsse vom 24.11.2009 - 1 D 494/09 -, Juris Rn. 4, und vom 31.08.2011, a.a.O., Rn. 9; Nds. OVG, Beschluss vom 29.06.2012, a.a.O., Rn. 7; Greger, in: Zöller , ZPO, 29. Aufl. 2012, § 233 Rn. 23 „Fristenbehandlung“).
11 
Der Rechtsanwalt muss ferner dafür sorgen, dass ihm gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Gerichtsentscheidungen - gerade im Hinblick auf etwaige Fristen - vorgelegt werden, damit er besondere Einzelweisungen erteilen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.01.1995 - 11 C 24/94 -, NJW 1995, 1443). Wird dem Prozessbevollmächtigten ein Empfangsbekenntnis - entgegen der allgemeinen Anweisung - ohne das zugestellte Schriftstück und ohne die zugehörige Handakte vorgelegt, trifft ihn ein eigenes Verschulden. Denn in diesem Fall wäre er verpflichtet gewesen, sich bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses, das sich für ihn erkennbar auf eine Gerichtsentscheidung bezog, diese nebst Akten im Hinblick auf etwaige durch die Zustellung ausgelöste Fristen vorlegen zu lassen und eigenständig daraufhin zu prüfen, ob die Zustellung eine Frist auslöst oder nicht. Dies gilt namentlich auch deswegen, weil es für eine ordnungsgemäße Fristsicherung grundsätzlich nicht ausreicht, aufgrund allgemeiner Anweisung die Fristen vor Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses in einem Fristenkalender einzutragen bzw. eintragen zu lassen. Vielmehr ist außerdem erforderlich, dass die Rechtsmittelfrist sowie die Eintragung der Frist im Fristenkalender auch in den Handakten vermerkt werden, insbesondere auf dem zugestellten Schriftstück (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.06.2011, a.a.O, Rn. 69; OVG Saarland; Beschluss vom 31.08.2011, a.a.O., Rn. 9). Abgesehen davon ist bei einer Zustellung mittels Empfangsbekenntnis für den Beginn der Frist nicht das Datum des Eingangsstempels der Kanzlei, sondern das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses maßgeblich. Dieses Datum muss ebenfalls vermerkt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2010, a.a.O., und Beschluss vom 12.01.2010).
12 
b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Bevollmächtigte der Klägerin die Einhaltung der Berufungsfrist selbst schuldhaft versäumt. Auf das vom Bevollmächtigten geltend gemachte einmalige, der Klägerin nicht zurechenbare Versagen der Kanzleiangestellten bei der Fristenerfassung und -eintragung in den Fristenkalender kommt es daher nicht an.
13 
aa) Das Verschulden des Bevollmächtigen der Klägerin ergibt sich zunächst daraus, dass er die Frist für die Begründung der Berufung nicht selbst berechnet hat. Hierzu war er verpflichtet, weil nicht glaubhaft gemacht wurde, dass es sich bei verwaltungsgerichtlichen Berufungsverfahren um eine Routineangelegenheit der Kanzlei des Bevollmächtigten handelt. Vielmehr wird im Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 04.05.2011 schlicht behauptet, verwaltungsprozessuale Berufungen seien „nicht selten“ bzw. kämen „häufiger“ vor (so die eidesstattliche Versicherung der ehemaligen Angestellten S.). Mit konkreten Zahlen wird diese Behauptung jedoch nicht belegt. Auch im Übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass zugelassene verwaltungsprozessuale Berufungen zum Routinegeschäft der Kanzlei des Bevollmächtigten gehören. So ergab eine Recherche über das Verfahrensregister der Fachanwendungssoftware „Justus“ nicht, dass die Kanzlei des Bevollmächtigen zumindest beim vorliegend entscheidenden Verwaltungsgerichtshof routinemäßig Berufungsverfahren betreibt; es fanden sich in den letzten zehn Jahren nur zwei zugelassene Berufungen.
14 
bb) Unabhängig hiervon liegt ein Verschulden des Bevollmächtigten der Klägerin mit Blick auf die Fristversäumung auch darin, dass er bei der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses, mit dem die Zustellung des Beschlusses vom 17.03.2011 nachgewiesen wurde, nicht die erforderliche Sorgfalt beachtet hat. So wurde - entgegen den oben dargestellten Vorgaben der Rechtsprechung - das Empfangsbekenntnis unterschrieben und zurückgesandt, ohne dass dem Bevollmächtigten der Klägerin die Handakte vorgelegen hätte und ohne dass in der Handakte die Rechtsmittelfrist und der Eintrag der Frist in den Fristenkalender vermerkt gewesen wäre. Als Empfangsdatum enthielt das Empfangsbekenntnis lediglich das Datum des Eingangsstempels der Kanzlei in Form des entsprechenden Stempelaufdrucks. Hätte sich der Bevollmächtigte der Klägerin die Handakte und den zugestellten Beschluss in Papierform vorlegen lassen, hätte er feststellen können, dass die nach der Rechtsprechung gebotenen Vermerke fehlen. Gleiches gilt, wenn er einen Blick in die elektronische Handakte geworfen hätte.
15 
Die Vermerke - etwa auf dem zugestellten Beschluss oder dem im Original in der Kanzlei verbliebenen Empfangsbekenntnis - fehlen in der Handakte tatsächlich. Davon hat sich der Senat durch Einsichtnahme in das Original der Handakte überzeugt.
16 
Dass dem Bevollmächtigten der Klägerin bei der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses die Handakte nicht vorgelegen hat, ergibt sich aus seiner Antwort auf die schriftliche Anfrage des Senats vom 20.07.2012. Der Senat hat den Bevollmächtigten um Mitteilung gebeten, ob ihm der zugestellte Senatsbeschluss vom 17.03.2011 über die Zulassung der Berufung, das Empfangsbekenntnis sowie die Handakten hierzu am 24.03.2011 - dem Tag der Zustellung - persönlich vorgelegen haben. Hierauf hat der Bevollmächtigte der Klägerin am 27.07.2012 erklärt, der fragliche Beschluss sei ihm am 24.03.2011 eingescannt vom Sekretariat übermittelt worden. In dieser eingescannten Forum habe er ihn der Klägerin weitergeleitet. Dies sei geschehen, weil er an der Postverteilung wegen mehrerer aufeinander folgender Telefonkonferenzen nicht habe teilnehmen und die Post nicht selbst habe entgegennehmen können. Dies sei von seiner Sekretärin besorgt worden. Die Sekretärin des Bevollmächtigten hat an Eides Statt am 29.04.2011 versichert, dass der Bevollmächtigte der Klägerin am 24.03.2011 erst am Nachmittag nach einem Termin ins Büro gekommen sei. Zu dieser Zeit sei die Postverteilung und -bearbeitung durch sie bereits beendet gewesen.
17 
Diesen Stellungnahmen ist weiter zu entnehmen, dass dem Bevollmächtigten an dem fraglichen Tag der Beschluss lediglich in elektronischer Form vorgelegen hat. Dieser wurde - so eine in der Handakte befindliche E-Mail des Bevollmächtigten der Klägerin vom 24.03.2011 - um 15:52 Uhr an die Klägerin weitergeleitet. Unklar bleibt nach den Stellungnahmen, wann dem Bevollmächtigten das von ihm unterschriebene Empfangsbekenntnis persönlich vorgelegen hat. Denn eine Antwort auf diese Frage wurde dem Senat nicht gegeben. Allerdings wurde das Empfangsbekenntnis bereits um 13:35 Uhr mit der Unterschrift des Bevollmächtigten an den Verwaltungsgerichtshof per Fax zurückgesandt. Damit ist noch nicht einmal glaubhaft gemacht, dass dem Bevollmächtigten bei der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses überhaupt der zugestellte Beschluss vorlegen hat.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
19 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
20 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nummer II.38.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, S. 1327).
21 
Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung ist der Beschluss unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 04. Okt. 2012 - 9 S 859/11

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig, denn sie ist nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dem Kläger nicht gewährt werden.

2

Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist dem Prozessbevollmächtigten am 1. Februar 2011 zugestellt worden. Das ergibt sich aus dem im Original in den Gerichtsakten befindlichen Empfangsbekenntnis, das der Prozessbevollmächtigte handschriftlich mit dem Datum "01.02.11" und seiner Unterschrift versehen hat und das laut Eingangsstempel des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs am 2. Februar 2011 beim Berufungsgericht eingegangen ist. Demzufolge ist die Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO am 2. Februar 2011 angelaufen und am Freitag, den 1. April 2011 abgelaufen. Der Schriftsatz zur Begründung der Beschwerde ist aber erst am Montag, den 4. April 2011 beim Berufungsgericht eingegangen. Damit ist die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt.

3

Eine Wiedereinsetzung setzt nach § 60 Abs. 1 VwGO voraus, dass der Betroffene ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten; das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten wird ihm zugerechnet (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Die Wiedereinsetzungsgründe, d.h. sämtliche Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zu der Fristversäumnis gekommen ist, müssen bei einem Wiedereinsetzungsgesuch grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO dargelegt werden. Erforderlich ist eine rechtzeitige substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristsäumnis wesentlichen Tatsachen (Beschlüsse vom 6. Dezember 2000 - BVerwG 2 B 57.00 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 236 und vom 3. Februar 1993 - BVerwG 6 B 4.93 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 183). Diesem Maßstab genügt das Vorbringen des Klägers zu den Umständen der Fristversäumnis nicht.

4

Der Prozessbevollmächtigte hat zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags geltend gemacht, die eingegangene Beschlussausfertigung und das Begleitschreiben des Berufungsgerichts seien mit dem Eingangsstempel seiner Kanzlei vom 2. Februar 2011 versehen worden. Eingangsstempel und Fristnotierungen würden von hierzu besonders geschultem Personal (hier: Frau H.-S.) vorgenommen. Empfangsbekenntnisse würden zusammen mit dem Vorgang und der Handakte dem Unterzeichner vorgelegt; er gebe diese nach der Unterschrift zusammen mit der Handakte und dem Vorgang zur Fristnotierung zurück an das hierfür besonders geschulte Personal. Dieser tagesübliche Ablauf habe bisher noch nie zu der hier aufgetretenen Situation geführt, dass das in der Handakte befindliche Original den Eingangsstempel eines Datums trage, auf dessen Grundlage das hierzu besonders geschulte Personal die Fristnotierung vornehme, das Empfangsbekenntnis jedoch offenbar einen Tag zuvor bereits von ihm unterzeichnet worden sei. Auch nach intensiven Besprechungen mit dem sorgfältig geschulten Kanzleipersonal bleibe es für ihn unverständlich, wie es zu dieser Abweichung zwischen Empfangsbekenntnis und Eingangsstempel habe kommen können. Dieses glaubhafte Vorbringen genügt nicht den o.g. Anforderungen, denn es lässt nicht erkennen, dass der Kläger unverschuldet daran gehindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten.

5

Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Dabei kann er zwar die Feststellung, Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. Dazu zählt jedoch die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) nicht, da sie teilweise abweichend von entsprechenden Fristen in anderen Prozessordnungen geregelt ist und die Führung von Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im Allgemeinen für Rechtsanwälte keine Routineangelegenheit ist (Beschlüsse vom 15. August 1994 - BVerwG 11 B 68.94 - BayVBl 1995, 123 und vom 25. März 1998 - BVerwG 9 B 806.97 ). Des Weiteren hat ein Prozessbevollmächtigter durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Insbesondere muss er sicherstellen, dass das für den Lauf einer Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ermittelt wird; hierzu bedarf es eines besonderen Vermerks, wann die Zustellung des Urteils erfolgt ist. Den für eine ordnungsgemäße Fristermittlung unerlässlichen Vermerk über den Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils vermag ein Eingangsstempel des Anwaltsbüros auf dem zugestellten Urteil insbesondere im Fall der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nicht zu ersetzen, in dem Eingang in der Kanzlei und Entgegennahme durch den Rechtsanwalt zeitlich auseinanderfallen können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 und vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10 - NJW 2010, 3305). Um zu gewährleisten, dass ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (BGH, Beschluss vom 26. März 1996 - VI ZB 1 und 2/96 - NJW 1996, 1900 <1901>).

6

Diesen Sorgfaltsanforderungen genügt die von dem Prozessbevollmächtigten beschriebene Vorgehensweise in seiner Kanzlei nicht. Denn sein Vorbringen lässt nicht erkennen, dass er den Zustellungszeitpunkt auf eine andere Weise als durch den Eingangsstempel auf dem Beschluss und dem Begleitschreiben hat dokumentieren lassen. Bei dem von ihm beschriebenen tagesüblichen Ablauf in der Kanzlei hätte er sich bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses von der Fixierung des darin angegebenen Zustellungszeitpunkts in den Handakten vergewissern müssen. Schließlich fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise der Prozessbevollmächtigte in seiner Kanzlei die Fixierung des maßgeblichen Zeitpunkts der Zustellung von Entscheidungen und die Notierung von Fristen kontrolliert. In dem Fehlen einer stichprobenartigen Überwachung liegt ein entscheidender Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 und vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11. Februar 2011 – 10 K 378/10 – wird unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist zur Begründung der Berufung als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme ihm in der Vergangenheit erteilter Aufenthaltstitel durch den Beklagten und begehrt darüber hinaus dessen Verpflichtung, ihm einen Reiseausweis für Ausländer oder ein Ausweisersatzpapier auszustellen.(vgl. den Aufhebungs- beziehungsweise Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 12.10.2009 – 2.4.3-Bgh.-SB 160815 – und den einen Widerspruch des Klägers dagegen zurückweisenden Bescheid vom 4.3.2010 – SB 160815 –) Die entsprechende Klage hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 11.2.2011 – 10 K 378/10 – abgewiesen.

Durch Beschluss vom 20.5.2011 – 2 A 212/11 – hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil mit Blick auf die von dem Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Zusammenhang mit der Bewertung seiner besonderen persönlichen Situation bei der Rücknahme der Aufenthaltstitel zugelassen.

Der Zulassungsbeschluss wurde dem Kläger ausweislich einer der Unterschrift seiner Prozessbevollmächtigten auf dem Empfangsbekenntnis beigefügten Datumsangabe am „27.5.2011“ zugestellt.

Nachdem der Kläger am 4.7.2011 vom Gericht auf das Nichtvorliegen einer Berufungsbegründung hingewiesen worden war, hat er durch Schriftsatz vom 4.8.2011, eingegangen am selben Tag, zur Begründung des Rechtsmittels auf die Gründe des Zulassungsantrags Bezug genommen und gleichzeitig einen Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der versäumten Frist zur Begründung der Berufung gestellt. Er macht unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung geltend, die seit über 20 Jahren für die Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten tätige, bis dahin stets zuverlässige und sorgfältig beziehungsweise bei der Fristennotierung fehlerlos arbeitende Bürovorsteherin habe den im Zulassungsbeschluss enthaltenen Hinweis auf die Frist zur Begründung der Berufung übersehen, daher nicht in dem dafür eigens geführten Fristenkalender notiert und auch eine sonst in Fristsachen übliche Notiz der Frist auf der Beschlussausfertigung selbst nicht vorgenommen. Weil sie dem Zulassungsbeschluss entnommen hätte, dass das Antragsverfahren nunmehr als Berufungsverfahren fortgesetzt werde und eine gesonderte Einlegung der Berufung nicht mehr erforderlich sei, habe die Bürovorsteherin den Beschluss in der Akte abgeheftet. Da seine Prozessbevollmächtigte infolgedessen, anders als bei sonstigen Fristsachen üblich, nicht über diesen Posteingang informiert worden sei, habe diese das Fristerfordernis nicht erkennen können. Den Beschluss habe die Prozessbevollmächtigte vielmehr erst nach ihrer Urlaubsrückkehr durch den Hinweis des Gerichts auf die Versäumung der Frist bemerkt.

Der Beklagte hat zu dem Wiedereinsetzungsantrag nicht Stellung genommen.

II.

1. Die Berufung des Klägers ist unzulässig und daher nach Anhörung der Beteiligten zu verwerfen (§ 125 Abs. 2 Sätze 1 und 3 VwGO). Das Rechtsmittel wurde – unstreitig – nicht innerhalb der dafür geltenden Frist von einem Monat nach der Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) begründet. Auf dieses Erfordernis war in der dem Zulassungsbeschluss des Senats vom 20.5.2011 – 2 A 212/11 – beigegebenen „Belehrung“ hingewiesen worden. Insoweit kann dahinstehen, dass das die Zustellung quittierende, mit der Unterschrift der Prozessbevollmächtigten versehene Empfangsbekenntnis als Zustellungsdatum den „27.5.2011“ nennt, aber bereits am 26.5.2011, also einen Tag früher, per Telefax zurückgesandt und auch mit einem dieses Datum ausweisenden Eingangsstempel des Oberverwaltungsgerichts versehen wurde.

2. Dem innerhalb der hierfür geltenden Monatsfrist (§ 60 Abs. 2 Satz 1 2. Hs VwGO) gestellten und die versäumte Rechtshandlung durch eine zulässige Bezugnahme auf die Begründung des Zulassungsantrags nachholenden Wiedereinsetzungsantrag (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO) des Klägers vom 4.8.2011 kann nicht entsprochen werden. Die ihm beigefügte Begründung rechtfertigt nicht die Feststellung, dass der Kläger im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Er muss sich insoweit das hier vorliegende Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§§ 173 Satz 1 VwGO, 85 Abs. 2 ZPO).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Versäumnis der Frist nicht lediglich auf ein – dem Kläger nicht zurechenbares – Verschulden von sorgfältig ausgewählten, angeleiteten und überwachten Hilfspersonen seiner Rechtsanwältin,(vgl. dazu etwa VGH Kassel, Urteil vom 1.3.2011 – 10 A 1448/10 –, LKRZ 2011, 277) hier konkret der Bürovorsteherin M, zurückzuführen, die ausweislich ihrer vorgelegten eidesstattlichen Versicherung infolge eines Versehens zwar die Zustellung des Beschlusses des Senats vom 20.5.2011 gegen Empfangsbekenntnis („mit Ebk“) am „27.5.2011“ auf der Ausfertigung vermerkt, anschließend aber versehentlich die Frist zur Begründung der Berufung nicht notiert und aufgrund einer unzutreffenden Interpretation des im Entscheidungstenor enthaltenen Hinweises auf die Fortsetzung des Verfahrens als Berufungsverfahren den Beschluss in die Akte geheftet.

Die Prozessbevollmächtigte trifft insoweit ein eigenes Verschulden. Das bei den Akten befindliche Empfangsbekenntnis (§§ 56 VwGO, 174 Abs. 1 ZPO) für die darin ausdrücklich benannte „Ausfertigung des Beschlusses vom 20.5.2011“ wurde von der Prozessbevollmächtigten des Klägers – wie der Vergleich mit anderen bei den Akten befindlichen Unterschriften unter verschiedenen Schriftsätzen zeigt – eigenhändig unterzeichnet. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bei der Unterzeichnung des eine gerichtliche Entscheidung betreffenden Empfangsbekenntnisses überprüfen, ob die darin genannte Entscheidung beigefügt ist und sich diese gegebenenfalls im Hinblick auf etwaige durch die förmliche Zustellung ausgelöste Fristen vorlegen lassen.(vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 9.1.1995 – 11 C 24.94 –, DÖV 1995, 564 = BayVBl. 1996, 59 = NJW 1995 1443, zu einem vergleichbaren Fall betreffend einen Beschluss über die nach § 139 VwGO ebenfalls ein fristgebundenes Begründungserfordernis auslösende Zulassung der Revision, Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Auflage 2011, § 60 Rn 11, Seite 358) Das ist hier nach dem Vortrag des Klägers nicht geschehen. Eine Rechtsanwältin beziehungsweise ein Rechtsanwalt darf es danach grundsätzlich in solchen Fällen nicht dem Büropersonal überlassen, die Bedeutung des Eingangs selbständig zu beurteilen und sogar bei förmlich gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsentscheidungen darüber zu befinden, ob die Entscheidung ihr oder ihm vorgelegt oder ob nur ein Empfangsbekenntnis zur Unterschrift unterbreitet wird. Zur Vermeidung der Zurechenbarkeit der Fristversäumnis ist der oder die Prozessbevollmächtigte daher in diesen Fällen gehalten, das Empfangsbekenntnis über die Zustellung eines Zulassungsbeschlusses erst dann zu unterschreiben und in den Geschäftsgang des Büros zurückzugeben, wenn in den Handakten die Begründungsfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert wurde.(vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 3.12.2002 – 1 B 429.02 –, NVwZ 2003, 868, betreffend die auch vorliegend zur Rede stehende Zulassung der Berufung durch das Rechtsmittelgericht und den Einwand, eine sonst zuverlässige und erfahrene Fachangestellte habe trotz Rechtsmittelbelehrung die Frist für die Berufungsbegründung  versehentlich nicht in das Fristenbuch eingetragen, BGH, Beschluss vom 26.3.1996 – VI ZB 1.96 –, NJW 1996, 1900, BSG, Beschluss vom 26.11.1996 – 6 RKa 61/96 – , )

Darüber hinaus hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes entschieden, dass es sich bei der Berufungsbegründungsfrist nach § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO „prinzipiell“ nicht um eine Frist handelt, deren Erfassung und Kontrolle ein prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt seinem Büropersonal überlassen darf.(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.4.2004 – 1 R 29/03 –, n.v., unter Bezugnahme auf OVG Münster, Beschluss vom 24.10.2003 – 12 A 5511/00 –, NVwZ-RR 2004, 221, wonach insbesondere die Vorkehrungen zur Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach wiederholter Änderung des Rechtsmittelrechts in den letzten Jahren keine Routineangelegenheit darstellen, und VGH Mannheim, Beschluss vom 7.8.2003 – 11 S 1201/03 –, NVwZ-RR 2004, 222) Dem ist zuzustimmen. Wie in dem Zusammenhang der – anders gelagerte – Fall zu beurteilen ist, dass eine zuverlässige Bürokraft die Begründungsfrist für die Berufung übersehen und nicht notiert hat, obgleich sie von dem Prozessbevollmächtigten nach eigener Bearbeitung der Eingangspost gesondert auf die Notierung der aus dem Zulassungsbeschluss ersichtlichen Frist hingewiesen worden war, bedarf hier keiner Vertiefung.(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.9.1999 – 9 R 25/98 -, )

Vor diesem Hintergrund kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Versäumnis der Frist zur Begründung der Berufung nicht seiner Prozessbevollmächtigten anzulasten und damit auch von ihm nicht zu vertreten sei, weil sie allein auf eine einmalige Fehlleistung einer erfahrenen und in der Vergangenheit beanstandungsfrei arbeitenden Bürovorsteherin der Anwaltskanzlei zurückzuführen sei, die das Ingangsetzen einer Frist durch die Zustellung (insgesamt) – aus welchem Grund auch immer – nicht erkannt habe.

3. Da die Voraussetzungen für die begehrte Wiedereinsetzung nicht vorliegen, war das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. Dies konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss erfolgen (§ 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 47, 52 Abs. 2, 47 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG, wobei für jedes der beiden Begehren der so genannte Auffangwert anzusetzen ist (ebenso bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 20.5.2011 – 2 A 212/11 –).

Tatbestand

1

Die Klägerin beansprucht nach § 8 Abs. 4 Satz 2 des Vermögenszuordnungsgesetzes - VZOG - den Erlös aus der Veräußerung von Grundstücksflächen durch die beklagte Gemeinde.

2

Die Beklagte war seit dem 1. Oktober 1992 als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen, zu dem die hier betroffenen, seinerzeit noch ungeteilten Flächen gehörten; zuvor wies das Grundbuch Volkseigentum in Rechtsträgerschaft des Rates der Gemeinde aus. Der Eintragung der Beklagten lag ein Übergabe-Übernahme-Protokoll der kommunalen Kreisverwaltung - Landrat - als Übergebendem und der Bürgermeisterin der Beklagten als Übernehmende vom 28. März 1991 und ein Eintragungsantrag vom 1. April 1991 zugrunde. In den Jahren 1996 und 1997 veräußerte die Beklagte vier Flurstücke aus diesen Flächen zum Preis von insgesamt 144 480 DM (= 73 871,45 €) an private Erwerber, die anschließend ins Grundbuch eingetragen wurden.

3

Mit Bescheid vom 4. April 2000 stellte der Oberfinanzpräsident der Oberfinanzdirektion Rostock aufgrund einer Einigung der Beteiligten nach § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG fest, dass die Klägerin vorbehaltlich privater Rechte Dritter Eigentümerin des aus den vier Flurstücken bestehenden Vermögens geworden sei und kündigte an, eine entsprechende Eintragung in das Grundbuch zu veranlassen. Daraufhin verlangte die Klägerin von der Beklagten die Auskehr des Veräußerungserlöses. Diese berief sich zunächst darauf, dass sie sich mit der Klägerin dahin verständigt habe, lediglich den Preis für Ackerland auszukehren, weil das Gelände erst durch den Erlass einer Innenbereichssatzung im Jahre 1996 Bauland geworden sei. Die Klägerin bestritt eine solche Verständigung.

4

Anfang des Jahres 2005 hat die Klägerin beim Amtsgericht Wedding einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen die Beklagte auf Auskehr des Veräußerungserlöses in Höhe von 69 254,48 € gestellt. Der Mahnbescheid ist der Beklagten am 28. Februar 2005 zugestellt worden. Nach ihrem Widerspruch hat das Amtsgericht die Sache an das Landgericht Stralsund abgegeben, das den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Greifswald verwiesen hat.

5

Die Höhe der Klageforderung ergibt sich daraus, dass die Klägerin für die Hälfte der Fläche den Bodenrichtwert für Bauland und für den Rest den für Gartenland angesetzt hat, weil sie mangels Kenntnis der Kaufverträge eine hypothetische Berechnung habe vornehmen müssen.

6

Unter dem 1. Oktober 2007 hat das inzwischen zuständige Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen einen Bescheid zur Berichtigung des Zuordnungsbescheides vom 4. April 2000 erlassen. In diesem Bescheid wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte aufgrund ihrer Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG die zugeordneten Grundstücke rechtsgeschäftlich veräußert habe, so dass entgegen dem Bescheid vom 4. April 2000 ein Eintragungsersuchen gemäß § 3 Abs. 1 VZOG zugunsten der Klägerin nicht mehr zu veranlassen gewesen sei. Entsprechend § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG sei die Beklagte verpflichtet, den Erlös, mindestens aber den Wert des Vermögensgegenstandes, an die Klägerin als Berechtigte auszukehren.

7

Gegen diesen Berichtigungsbescheid hat die Beklagte Klage erhoben, weil sie sich durch die Feststellung ihrer Erlösauskehrverpflichtung beschwert sah. Jener Rechtsstreit hat sich erledigt, nachdem das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen unter dem 22. Januar 2008 einen weiteren Berichtigungsbescheid erlassen hat, in dem nur noch auf die Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 VZOG hingewiesen wird.

8

Die Beklagte hat der Klage auf Erlösauskehr die Einrede der Verjährung entgegengehalten und sich zudem darauf berufen, dass von dem geltend gemachten Betrag ihre Aufwendungen zur Baureifmachung der Grundstücke abzuziehen seien; denn erst dadurch habe der Verkaufserlös erzielt werden können. Für die Anfertigung der Innenbereichssatzung habe sie 12 000 DM gezahlt, für die abwassermäßige Erschließung 40 000 DM und für die Vermessung der Grundstücke insgesamt 9 499,92 DM.

9

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. Dezember 2010 abgewiesen, weil ein Anspruch aus § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG voraussetze, dass nach § 8 Abs. 1 VZOG über Grundstücke verfügt worden sei, die im Grundbuch noch als Volkseigentum eingetragen gewesen seien. Daran fehle es hier, weil zum Zeitpunkt der Verfügung die Beklagte als Eigentümerin vermerkt gewesen sei. Dabei sei unerheblich, ob sie wirksam Eigentum erworben habe und ob diese Position durch die auf den 3. Oktober 1990 zurückwirkende Zuordnung zugunsten der Klägerin rückwirkend beseitigt worden sei. Maßgeblich sei, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG allein auf die Eintragung von Volkseigentum abstelle. Neben dem Wortlaut sprächen auch Sinn und Zweck der Norm dafür, den Anspruch aus § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG auf diesen Fall zu beschränken; denn das Gesetz habe bewusst eine Verfügungsbefugnis außerhalb der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschaffen. Dementsprechend knüpfe auch der Anspruch auf Erlösauskehr an diese außerhalb des bürgerlichen Rechts liegenden Umstände an. Die Klägerin habe auch keine durchsetzbaren zivilrechtlichen Ansprüche. Zwar sei ein Anspruch nach § 816 Abs. 1 BGB dem Grunde nach gegeben, jedoch sei dieser verjährt. Die Beklagte habe als Nichtberechtigte zu Lasten der Klägerin verfügt, die aufgrund des Zuordnungsbescheides rückwirkend zum 3. Oktober 1990 Eigentümerin der Grundstücke geworden sei. Sie habe dieses Eigentum auch nicht infolge der Eintragung der Beklagten im Grundbuch verloren; denn dieser Eintragung liege kein wirksamer Rechtserwerb zugrunde. Die Kreisverwaltung oder der Landrat seien nicht berechtigt gewesen, über das Grundstück zu verfügen. Es sei vielmehr gemäß § 7 des Kommunalvermögensgesetzes - KVG - eine Übertragung durch die Treuhandanstalt mittels Übergabe-Übernahme-Protokolls erforderlich gewesen. Für eine solche Übertragung sei nichts ersichtlich. Die Kammer entnehme einem Urteil des OLG Rostock vom 23. Januar 1996 - 4 U 10/95 - (ZOV 1996, 361), dass es an solchen Übergaben generell gefehlt habe und gleichwohl Übertragungen von den Landkreisen an die Gemeinden stattgefunden hätten. Allerdings sei der sich daraus ergebende Anspruch der Klägerin aus § 816 Abs. 1 BGB nach Art. 229 § 6 EGBGB und § 195 BGB verjährt. Die Verjährung sei mit Ablauf des 31. Dezember 2004 eingetreten, bevor der erste Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides am 3. Januar 2005 eingegangen sei.

10

Auf die Beschwerde der Klägerin hat der Senat die Revision gegen dieses Urteil mit einem ihr am 27. Juni 2011 zugestellten Beschluss zugelassen.

11

Mit ihrer am 4. August 2011 eingegangenen Revisionsbegründung beantragt die Klägerin, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 69 254,48 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu gewähren.

12

Zu dem Wiedereinsetzungsantrag hat sie zunächst vorgetragen: Die Büroangestellte S. ihrer Prozessbevollmächtigten, die in langjähriger Tätigkeit immer zuverlässig und in Revisionsangelegenheiten gemäß Büroanweisung allein zuständig sei, habe anweisungsgemäß die Revisionsbegründungsfrist und die Vorfrist berechnet und auf dem Anschreiben des Gerichts vermerkt, mit dem der Beschluss über die Zulassung der Revision übersandt worden sei. Die Rechtsanwältin habe sodann die Fristberechnung überprüft, ihre Richtigkeit in einem beigefügten Vermerk bestätigt und die Anweisung erteilt, die Fristen zu notieren. Das bedeute, dass entsprechend der Büroanweisung die Fristen in den Fristenkalender und das Aktenvorblatt zu übertragen seien. Die Büroangestellte habe die Fristen aus nicht nachvollziehbaren Gründen fehlerhaft - jeweils um drei Wochen verschoben - in den Fristenkalender und demzufolge auch in das Aktenvorblatt eingetragen. Das Versäumnis sei erst aufgefallen, als die Geschäftsstelle des Senats sich zwei Tage nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nach dem Verbleiben der Revisionsbegründung erkundigt habe.

13

Nachdem die Beklagte beanstandet hat, dass mit der dargelegten Büroorganisation nicht die notwendigen Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse getroffen worden seien, weil der unmittelbare zeitliche Zusammenhang der für eine wirksame Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen nicht gewährleistet sei, insbesondere die Fristberechnung und die Eintragung in den Fristenkalender keinen einheitlichen Vorgang mehr bildeten, hat die Klägerin ihren Vortrag mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2011 dahin ergänzt, dass nach der Büroorganisation wichtige Fristabläufe wie Notfristen von Frau S., bei der es sich um eine ausgebildete Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte handele, in eine rote Eingangsmappe gelegt und mit den von ihr bereits vorberechneten Fristen am selben Tag dem sachbearbeitenden Anwalt vorgelegt würden. Sei er nicht im Büro, bestehe die Anweisung, dass bei Fristen, die nicht innerhalb kürzester Zeit abliefen, abgewartet werde, bis er wieder in der Kanzlei sei, wenn die Frist binnen drei Tage bearbeitet werden könne. Andernfalls würden die Fristsachen dem vertretenden Anwalt vorgelegt. Der Anwalt kontrolliere die Fristen im Beisein der Büroangestellten und gebe ihr die Mappe unmittelbar zur sofortigen Eintragung der Fristen in den Fristenkalender und das Aktenvorblatt zurück. Dies sei auch hier so geschehen. In den eher zahlreichen Revisionssachen der Prozessbevollmächtigten, aber auch in sonstigen Fristsachen fänden regelmäßig Stichproben statt, die zu keinen Beanstandungen bei Frau S. geführt hätten.

14

Der gesamte Vortrag zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wird in eidesstattlichen Versicherungen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und der Büroangestellten bestätigt.

15

Zur Begründung ihres Revisionsantrages trägt die Klägerin vor: Das angegriffene Urteil verletze § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG. Nach den Gesetzesmaterialien zu der textgleichen Vorgängervorschrift bezwecke die Norm, das Verfügungshindernis zu überwinden, das dadurch entstanden sei, dass durch ein öffentlich-rechtliches Zuordnungsverfahren zunächst habe geklärt werden müssen, wer zum 3. Oktober 1990 Eigentümer der bis dahin in Volkseigentum stehenden Vermögensgegenstände geworden sei. Deshalb sei mit dem eingetragenen Rechtsträger des Volkseigentums ein rein grundbuch-technischer Anknüpfungspunkt für die gesetzliche Verfügungsbefugnis gewählt worden. Daraus lasse sich jedoch nicht schließen, dass auch die Erlösauskehrverpflichtung nach § 8 Abs. 4 VZOG voraussetze, dass zum Zeitpunkt der Verfügung noch "Eigentum des Volkes" eingetragen gewesen sei; denn diese Vorschrift diene dazu, grundsätzlich die Rechtsfolgen von wirksamen Veräußerungen auszugleichen, die vor der Klärung der Zuordnungslage vorgenommen worden seien. Da vor dieser Klärung noch kein aus einer Zuordnung hervorgehendes Eigentum habe eingetragen sein können, müsse die Formulierung in § 8 Abs. 4 Satz 1 VZOG "aufgrund von Verfügungen nach Abs. 1 Satz 1 veräußerten Grundstücke und Gebäude" nach Sinn und Zweck der Norm verstanden werden als: "aufgrund von wirksamen Verfügungen vor rechtskräftiger Feststellung des Zuordnungsberechtigten veräußerten Grundstücke und Gebäude". Auf die grundbuchliche Situation komme es dabei nicht an. Dies belege auch § 8 Abs. 3 VZOG, wonach die Verfügungsbefugnis ende, wenn eine Zuordnung unanfechtbar geworden sei. Auch hier werde nicht auf eine Grundbucheintragung abgestellt. § 8 Abs. 4 VZOG wäre aber auch einschlägig, wenn der Gesetzgeber den Fall einer zuordnungsrechtlich fehlerhaften Grundbucheintragung nicht bedacht hätte; denn diese Lücke könne nur durch eine entsprechende Anwendung dieser Norm geschlossen werden. Der Anspruch sei auch nicht verjährt; denn die Frist betrage nach der Rechtsprechung des Senats 30 Jahre. Selbst wenn man aber - wie die Beklagte - § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB für anwendbar halte, müsse jener Anspruch derselben Verjährungsfrist unterliegen; das gesetzwidrige Handeln der Beklagten dürfe nicht dazu führen, dass sie hinsichtlich der Verjährung besser als bei einer rechtmäßigen Verfügung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG gestellt werde.

16

Das angegriffene Urteil leide zudem an einem Verfahrensfehler. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung über die Verjährung nicht berücksichtigt, dass die Beklagte sich mit einem dem Gericht vorliegenden Schreiben vom 13. Dezember 2005 bereit erklärt habe, Erlösauskehr in Höhe des Bodenrichtwerts für Ackerland zu zahlen, und damit möglicherweise ein Anerkenntnis abgegeben habe, das einen Verzicht auf die Verjährungseinrede enthalte.

17

Die Beklagte beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückzuweisen und die Revision zu verwerfen, hilfsweise, die Revision zurückzuweisen. Sie rügt, dass das ergänzende Vorbringen zum Wiedereinsetzungsgesuch nicht innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingereicht worden sei. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Aufgabe der Prozessbevollmächtigten sei, selbst die Eintragung der Frist in den Fristenkalender zu kontrollieren. Im Übrigen sei nicht vorgetragen worden, dass im Büro der Prozessbevollmächtigten Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Routine gehörten.

18

Zu ihrem Hilfsantrag führt die Beklagte aus: Zwar treffe es zu, dass das Rechtsinstitut der Verfügungsberechtigung in § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG eingeführt worden sei, um Investitionshindernisse zu überwinden. Diese Vorschrift hätte jedoch ohne die ergänzende Regelung in § 8 Abs. 4 VZOG zur Folge gehabt, dass dem wahren Eigentümer keine Ansprüche geblieben wären, weil sie zur Berechtigung des Verfügenden führe und somit die Anwendung des § 816 BGB ausschließe. Hieraus erkläre sich aber auch, dass § 8 Abs. 4 VZOG nur für die Fälle gelten könne, in denen der Verfügungsberechtigte über das Grundstück verfügt habe. Ansonsten sei er nicht notwendig, weil § 816 BGB greife. Auch eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 4 VZOG komme mangels einer Regelungslücke nicht in Betracht. Im Übrigen unterlägen auch Ansprüche aus § 8 Abs. 4 VZOG entgegen der Rechtsprechung des Senats der Regelverjährung des § 195 BGB. Insoweit halte sie die Rechtsprechung des Thüringischen OVG zu § 49a VwVfG (Urteil vom 28. Juli 2011 - 3 KO 1326/10) für überzeugend, die sich auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche insgesamt beziehe und in der dargelegt werde, dass der Bundesgesetzgeber bei der nachträglichen Änderung des § 53 VwVfG unter Einführung der Übergangsvorschrift des § 102 VwVfG von einer Anwendung des neuen Verjährungsrechts im öffentlichen Recht ausgegangen sei. Dies belege auch die Begründung des Gesetzentwurfs zu diesen Regelungen. Im Übrigen widerspreche sie der Auffassung, dass der Schriftsatz vom 13. Dezember 2005 ein Anerkenntnis enthalte; es handele sich vielmehr um ein Angebot zu einer Einigung, das die Klägerin abgelehnt habe. Abgesehen davon stamme das Schreiben von einer Person, die zu ihrer - der Beklagten - Vertretung nicht befugt sei. Soweit die Klägerin Prozesszinsen in Höhe von 8% beanspruche, verkenne sie, dass § 288 Abs. 2 BGB auf den Erlösauskehranspruch keine Anwendung finde. Sie könne aber auch keinen Zinssatz von 5 % nach § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen, weil der vermeintliche Anspruch vor dem 1. Mai 2000 entstanden sei und daher nach Art. 229 § 1 EGBGB die Vorschrift des § 288 BGB in der damaligen Fassung heranzuziehen sei, nach der lediglich 4 % verlangt werden könnten.

19

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die analoge Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG für geboten, wenn der Verfügende aufgrund einer fehlerhaften Eigentumsübertragung bereits im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, weil er sich auch dann den Wert des Grundstücks zu Lasten des Berechtigten angeeignet habe.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision ist zulässig und begründet.

21

1. Die Klägerin kann nach § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist verlangen; denn sie war ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist einzuhalten.

22

Die Klägerin hat die Revisionsbegründung verspätet eingereicht. Da ihr der Beschluss des Senats über die Zulassung der Revision am 27. Juni 2011 zugestellt worden ist, hätte sie das Rechtsmittel nach § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO bis zum 27. Juli 2011 begründen müssen. Bei Gericht eingegangen ist die Begründung aber erst am 4. August 2011. Die Klägerin trifft jedoch keine Schuld an der Säumnis, weil auch ihre Prozessbevollmächtigte, deren Verhalten sie sich zurechnen lassen muss, kein Verschuldensvorwurf trifft. Diese hat glaubhaft gemacht, dass sie das Nötige veranlasst hat, solche Verspätungen zu verhindern. Sie hat versichert, dass es sich bei der Büroangestellten, auf deren Fehleintragungen in den Fristenkalender und das Aktenvorblatt die Fristüberschreitung zurückzuführen ist, um eine langjährig zuverlässige Rechtsanwalts- und Notargehilfin handele, bei der sich bei den regelmäßig vorgenommenen Kontrollen niemals Beanstandungen ergeben hätten. Auch der Büroablauf ist nach den glaubhaft gemachten Bekundungen der Prozessbevollmächtigten so gestaltet, dass Fristversäumnissen in erforderlichem Maße vorgebeugt wird. Die Büroangestellte ist allein für die Berechnung solcher Fristen und deren Eintragung zuständig, sie legt ihre Berechnung noch am selben Tag dem zuständigen Rechtsanwalt vor; falls dieser abwesend und ein Aufschub möglich ist, spätestens nach drei Tagen seinem Vertreter. Der Rechtsanwalt prüft die Berechnung in Anwesenheit der Büroangestellten, bestätigt sie schriftlich und weist die Angestellte zur sofortigen Eintragung der Fristen in den dafür vorgesehenen Kalender und das Aktenvorblatt an. Damit sind die in der Rechtsprechung geforderten Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse getroffen, insbesondere ist der verlangte unmittelbare zeitliche Zusammenhang der für die Fristwahrung notwendigen Handlungen sichergestellt, auf den die Beklagte sich unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - (NJW 2003, 815) beruft.

23

Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rügt, die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hätte zur Vermeidung des Verschuldensvorwurfs die Eintragung der Frist in den Fristenkalender selbst kontrollieren müssen, gibt dies der von ihr herangezogene Beschluss vom 28. Februar 2002 - BVerwG 6 C 23.01 - (Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 243) nicht her. Zwar trifft es zu, dass dort gefordert wird, der Prozessbevollmächtigte müsse nicht übliche Fristen, zu denen die im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beachtenden Rechtsmittelbegründungsfristen gehörten, grundsätzlich selbst berechnen (so auch der dort zitierte Beschluss vom 7. März 1995 - BVerwG 9 C 390.94 - Buchholz a.a.O. Nr. 194) und ihre Wahrung eigenverantwortlich überwachen. Diesen Anforderungen ist die Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch gerecht geworden. Ihre auch im vorliegenden Fall geübte Praxis, die von der Büroangestellten berechneten Fristen nachzuprüfen und schriftlich zu bestätigen, kommt einer eigenständigen Fristberechnung gleich. Sie hat auch das Nötige zur Fristensicherung veranlasst, indem sie - wie dargelegt - organisatorische Vorkehrungen dazu getroffen hat, dass die Frist unverzüglich in den Fristenkalender und das Aktenvorblatt eingetragen wird (vgl. dazu auch Gehrlein, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 233 Rn. 61) und dies stichprobenartig kontrolliert. Eine darüber hinausgehende umfassende Kontrolle jeder Übertragung der von ihr selbst (nach)berechneten Fristen in den Kalender kann dagegen allenfalls dann gefordert werden, wenn es an solchen organisatorischen Vorkehrungen zur Fristensicherung fehlt (so verhielt es sich in dem mit Beschluss vom 28. Februar 2002 entschiedenen Fall). Selbst wenn die Ausführungen in dem herangezogenen Beschluss aber dahin zu verstehen sein sollten, dass ungeachtet solcher Vorkehrungen eine eigenverantwortliche Überprüfung der Fristenübertragung notwendig ist, so ist diese Aussage auf solche Verfahren beschränkt, die keine Routineangelegenheit sind. Zu diesen nicht üblichen Verfahren werden Revisionsverfahren gezählt, es sei denn, sie gehören in der betreffenden Kanzlei zu den häufig wiederkehrenden Vorgängen. Hier hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin aber - was die Beklagte zu Unrecht vermisst - ausdrücklich vorgetragen, dass Revisionssachen in ihrer Kanzlei zu den eher zahlreicheren Sachen gehören; das ist im Übrigen auch gerichtsbekannt, weil sie vor dem erkennenden Senat, aber auch vor anderen Senaten des Gerichts seit Jahren in vermögenszuordnungsrechtlichen und vermögensrechtlichen Sachen auftritt. Gehören solche Verfahren aber zur Büroroutine und war die Büroangestellte allein für diese Verfahren zuständig und daher auch routiniert, würde es die Anforderungen an die Prozessbevollmächtigte überspannen, von ihr über die organisatorischen Vorkehrungen und die stichprobenartigen Kontrollen hinaus eine umfassende Überprüfung jeder Fristenübertragung zu verlangen.

24

Ebenfalls zu Unrecht beanstandet die Beklagte, dass es sich bei dem mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2011 eingereichten Vorbringen der Klägerin um einen nachgeschobenen Wiedereinsetzungsgrund handelt, der nach Ablauf der Monatsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO verspätet ist.

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die im Einklang mit der des Bundesgerichtshofs zu § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht, dürfen nach Ablauf der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur noch solche Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs vorgetragen werden, mit denen der bisherige Vortrag lediglich ergänzt oder substantiiert wird; das Vorbringen neuen, die Wiedereinsetzung erstmals rechtfertigenden Sachverhalts ist nicht zulässig (vgl. Beschluss vom 27. Juli 1982 - BVerwG 7 B 84.81 - Buchholz a.a.O. Nr. 126; Beschluss vom 30. Juli 1997 - BVerwG 10 C 1.96 - n.v.; Urteil vom 13. September 2001 - BVerwG 3 C 31.00 - insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 115, 97). Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen bloß ergänzendem Vortrag und unzulässigem Nachschieben neuer Wiedereinsetzungsgründe ist nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die sich der Senat zu eigen macht, ob "lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO (auf den Verwaltungsprozess übertragen: § 86 Abs. 3 VwGO) geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden" (BGH, Beschluss vom 19. April 2011 - XI ZB 4/10 - NJW-RR 2011, 1284; Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03 - FamRZ 2004, 1552). Es kommt also darauf an, ob ein erkennbar lückenhafter Vortrag gegeben ist, der zu einer ordnungsgemäßen Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ein Nachfragen notwendig macht, oder eine in sich geschlossene, an sich nicht ergänzungsbedürftige Sachdarstellung (BGH, Beschluss vom 27. Februar 1997 - I ZB 50/96 - NJW 1997, 1708). Ausgehend davon war das Vorbringen der Klägerin ergänzungsbedürftig, mit anderen Worten: Über den Wiedereinsetzungsantrag hätte nicht ohne weitere Aufforderung zur Substantiierung des Vorbringens entschieden werden dürfen. Die Klägerin hat innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO als Wiedereinsetzungsgrund im Einzelnen dargelegt, dass die Büroangestellte ihrer Prozessbevollmächtigten trotz zutreffender Fristberechnung, Fristenkontrolle und Überwachung die Frist aus nicht nachvollziehbaren Gründen fehlerhaft in den Fristenkalender und das Aktenvorblatt eingetragen habe. Ausgehend von der oben erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach zur Vermeidung von Fehlerquellen ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anweisung des Prozessbevollmächtigten zur Eintragung der Fristen und der Eintragung selbst gefordert wird, hätte der Senat - jedenfalls nachdem die Beklagte ein entsprechendes Vorbringen bei der Klägerin vermisst hatte - bei dieser nachfragen müssen, wie der weitere Bürolauf nach Erteilung der Anweisung zur Eintragung der Fristen in zeitlicher Hinsicht organisiert ist. Zumindest hätte der Senat nicht ohne Weiteres den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung zurückweisen dürfen, es sei nicht sichergestellt gewesen, dass die Büroangestellte die Frist sofort nach Anweisung eintragen würde, weil die Klägerin dazu nicht vorgetragen hatte. Vielmehr handelte es sich um einen typischen Substantiierungsmangel, der noch außerhalb der Frist behoben werden kann.

26

Dies gilt auch für den nachgeschobenen und von der Beklagten für verspätet gehaltenen Hinweis, dass es sich bei der Büroangestellten um eine ausgebildete Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte handele. Zur langjährigen Erfahrung und Zuverlässigkeit der Angestellten war bereits zuvor fristgerecht vorgetragen worden. Wenn der Senat Zweifel an einer entsprechenden Berufsausbildung der Angestellten gehabt hätte, hätte er danach fragen müssen; denn solche Angaben zur Zuverlässigkeit von Büroangestellten sind als bloße Ergänzung zulässig (vgl. Roth, in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 236 Rn. 8).

27

Was schließlich die nachträgliche und von der Beklagten offenbar übersehene Angabe der Klägerin betrifft, Revisionssachen gehörten in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten zu den zahlreicheren Sachen, so musste sich die Notwendigkeit dieses Vortrages schon deswegen nicht aufdrängen, weil die Prozessbevollmächtigte davon ausgehen konnte, dass dem Senat, vor dem sie in den letzten Jahren häufiger in Vermögenszuordnungssachen aufgetreten ist, dies bekannt ist. Abgesehen davon handelt es sich auch hierbei um ergänzendes Vorbringen, das vom Senat hätte erfragt werden müssen.

28

2. Die somit zulässige Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils; denn es verletzt Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG zu Unrecht verneint. Der Senat kann jedoch mangels tatsächlicher Feststellungen zu möglichen Ersatzansprüchen der Beklagten wegen vorgenommener Wertverbesserungen nicht abschließend über den Klageantrag entscheiden, so dass die Sache nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden muss.

29

a) Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG ist die nach § 8 Abs. 1 VZOG verfügende Stelle verpflichtet, den Erlös, mindestens aber den Wert des von ihr veräußerten Vermögensgegenstandes dem aus einem unanfechtbaren Bescheid über die Zuordnung nach den §§ 1 und 2 VZOG hervorgehenden Berechtigten auszukehren. Die Beklagte handelte bei der Übertragung der der Klägerin zugeordneten Flurstücke an Dritte als verfügende Stelle in diesem Sinne. Als Gemeinde gehörte sie zu den nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a VZOG verfügungsbefugten Trägern öffentlicher Verwaltung. Der Anwendung dieser Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte bei der Veräußerung und Übertragung der Grundstücke bereits selbst als Eigentümerin eingetragen war.

30

§ 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG knüpft allerdings ausdrücklich daran an, dass das betroffene Grundstück im Grundbuch oder Bestandsblatt - unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung - noch als Eigentum des Volkes und die Gemeinde oder deren Organ noch als Rechtsträger des Volkseigentums eingetragen sind. Die Vorschrift hat ausschließlich die Verfügung über Volkseigentum im Blick und zielt - wie die Beteiligten zu Recht betonen - darauf, durch die Verleihung der Verfügungsbefugnis an den Rechtsträger eine Störung der Investitionstätigkeit zu verhindern (vgl. BTDrucks 12/5553 S. 167 zu der seinerzeit noch als § 6 bezeichneten Vorschrift). Sie wäre daher von vornherein dann nicht einschlägig, wenn die Beklagte zur Zeit ihrer Verfügung zu Recht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen war; denn dann hätte es sich nicht mehr um Volkseigentum gehandelt, so dass sich die Verfügungsbefugnis über die Grundstücke allein nach den Vorschriften des Zivilrechts bestimmt hätte. Das Grundbuch war jedoch falsch, soweit es die Beklagte als Eigentümerin auswies.

31

Grundlage ihrer Eintragung als Eigentümerin der bis dahin volkseigenen und in Rechtsträgerschaft des Rates der Gemeinde stehenden Fläche war ein Übergabe-Übernahme-Protokoll mit dem Landrat als Übergebendem und der Bürgermeisterin als Übernehmender. Maßgebliche Rechtsgrundlage für diesen Vorgang war § 7 KVG, der nach der Wiedervereinigung zunächst noch nach Maßgabe der Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages - EV - weiter galt (vgl. EV Anlage II Kap. IV Abschn. III Nr. 2 Buchst. a). Geregelt war in § 7 KVG das Verfahren der Übertragung des kommunalen Aufgaben dienenden Vermögens auf die Gemeinden; es handelte sich um einen Vorläufer zum späteren Vermögenszuordnungsverfahren. Die Vorschrift wurde daher folgerichtig mit der Schaffung des Vermögenszuordnungsgesetzes, das als Art. 7 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 - PrHBG - am 28. März 1991 verkündet wurde (BGBl I S. 766) und am folgenden Tage in Kraft trat (vgl. Art. 15 PrHBG), durch § 9 Abs. 2 dieses Gesetzes aufgehoben. Das hier in Rede stehende Protokoll ist am 28. März 1991, also noch zur Zeit der Geltung des § 7 KVG unterzeichnet worden. Es wäre daher nach der Überleitungsbestimmung des Art. 13 Satz 3 PrHBG grundsätzlich wirksam geblieben. Voraussetzung für eine rechtsgültige Eigentumsübertragung durch ein solches Protokoll war aber nach § 7 Abs. 3 KVG die Übergabe des volkseigenen Vermögens durch einen Beauftragten des Präsidenten der Treuhandanstalt oder eines Beauftragten des zuständigen Ministers. Nach der Wiedervereinigung blieb als rechtmäßig Übergebender zunächst nur der Präsident der Treuhandanstalt oder sein Beauftragter, weil es den zuständigen Minister (gemeint waren DDR-Minister) nicht mehr gab (vgl. von Detten, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, § 7 KVG, Rn. 12). Es mag hier offenbleiben, ob Bundesminister oder deren Beauftragte in Wahrnehmung der Rechtsnachfolge solche Protokolle hätten unterschreiben dürfen (vgl. von Detten, a.a.O. Rn. 55), weil sich diese Frage hier nicht stellt. Eine Übergabe durch den Landrat, wie sie hier geschehen ist, entsprach zwar offenbar der Praxis in Mecklenburg-Vorpommern (vgl. dazu von Detten, a.a.O. Rn. 56 f.); sie stand aber nicht im Einklang mit der Rechtslage (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 23. Januar 1996 - 4 U 10/95 - ZOV 1996, 361).

32

Gibt es somit mangels einer Übergabebefugnis des Landrats kein wirksames Übergabe-Übernahme-Protokoll, hat eine rechtsgültige Eigentumsübertragung nicht stattgefunden mit der Folge, dass die auf dem Protokoll beruhende Eintragung der Beklagten als Eigentümerin des Grundstücks falsch war.

33

Das Verwaltungsgericht hält ungeachtet dessen § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG und demzufolge auch § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG nicht für anwendbar, weil nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für die Verfügungsbefugnis allein maßgeblich sei, ob Volkseigentum im Grundbuch eingetragen sei, und zwar unabhängig von der Richtigkeit dieser Eintragung. Daneben beruft es sich auch auf den Zweck des Gesetzes, weil nur bei der Eintragung von Volkseigentum die Notwendigkeit bestehe, eine Verfügungsbefugnis außerhalb des Bürgerlichen Rechts zu begründen. Diese Auffassung wird weder dem Wortlaut noch den Zielen des Gesetzes gerecht und lässt sich darüber hinaus in Fällen der vorliegenden Art nicht mit § 8 Abs. 3 VZOG vereinbaren.

34

Im Gesetz ausdrücklich geregelt ist nur die umgekehrte Fragestellung. Danach ist der eingetragene Rechtsträger des Volkseigentums unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung des Volkseigentums verfügungsbefugt. Er ist es also auch dann, wenn es sich in Wahrheit nicht um Volkseigentum handelt. Dies ist ausgehend von den Zielen des Gesetzes konsequent, weil auch eine fehlerhafte Eintragung von Volkseigentum zunächst dazu führt, dass das Grundbuch keinen nach bürgerlichem Recht Verfügungsberechtigten ausweist, so dass auch in diesem Fall die Notwendigkeit besteht, das Verfügungshindernis öffentlich-rechtlich auszuräumen.

35

Daraus ergibt sich jedoch nicht zwingend im Gegenschluss, dass für eingetragenes Privateigentum, das in Wahrheit noch nicht wirksam zugeordnetes oder noch nicht wirksam auf eine natürliche oder juristische Person übertragenes Volkseigentum (sozialistisches Eigentum, vgl. § 18 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs der DDR - ZGB) ist, spiegelbildlich eine Verfügungsbefugnis des bisherigen Rechtsträgers ausscheidet, also auch insoweit allein die Eintragungslage maßgeblich ist mit der Folge, dass der fehlerhaft als Eigentümer Eingetragene immer als Nichtberechtigter verfügt. Das ist jedenfalls dann fragwürdig, wenn der Eingetragene identisch mit dem voreingetragenen Rechtsträger des Volkseigentums oder mit dem Rechtsträger ist, dessen Organ als Rechtsträger eingetragen war (wenn man davon absieht, dass die Gemeinden neuen Rechts streng genommen nicht mit den gleichnamigen DDR-Gemeinden identisch sind § 11 vzog nr. 23 - ribnitz-damgarten - unter berufung auf btdrucks 12/6228 s. 110; zuletzt urteil vom 25. februar 2010 - bverwg 3 c 18.09 - buchholz a.a.o. nr. 36>; denn das Vermögenszuordnungsgesetz behandelt sie in § 8 Abs. 1 Satz 1 als ein und dieselbe Rechtsperson). In diesen Fällen ergäbe sich als Konsequenz, dass ein nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG verfügungsberechtigter Träger öffentlicher Verwaltung allein dadurch, dass er rechtsfehlerhaft als Eigentümer eingetragen wird, zum Nichtberechtigten wird, also seine bis dahin bestehende Verfügungsberechtigung über das noch nicht wirksam zugeordnete oder übertragene Volkseigentum erlischt. Weitere Folge wäre, dass bis zur Klärung der Eigentumslage nunmehr niemand mehr verfügungsberechtigt wäre, ein Ergebnis, was der Zielrichtung des § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG widerspräche. Vernünftigerweise muss man daher den fehlerhaft und daher nicht rechtswirksam als Eigentümer Eingetragenen, der oder dessen Organ aber als Rechtsträger des bislang eingetragenen Volkseigentums verfügungsberechtigt war, in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift weiterhin als verfügungsberechtigt ansehen mit der Folge, dass er dann auch nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG erlösauskehrpflichtig ist.

36

Diese Erwägung wird durch die Regelung des § 8 Abs. 3 VZOG (in der Ursprungsfassung des VZOG: § 6 Abs. 3) bestätigt. Danach endet die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG (früher: § 6 Abs. 1) mit einer unanfechtbaren und durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesenen Vermögenszuordnung. Wie schon oben dargelegt, war die Vermögensübertragung nach dem Kommunalvermögensgesetz eine (von der Volkskammer verabschiedete) Vorgängerregelung zu dem bundesrechtlich geregelten Vermögenszuordnungsverfahren, das zur Umsetzung der Regelungen der Art. 21 und 22 EV im Jahre 1991 in Kraft getreten ist. Aus diesem Grund ist in Art. 13 Satz 1 PrHBG festgelegt worden, dass das Vermögenszuordnungsgesetz auch auf Verfahren anzuwenden ist, die vor seinem Inkrafttreten begonnen, aber noch nicht durch eine Entscheidung der Behörde abgeschlossen worden sind. Daraus ergibt sich, dass auch bei einer Übertragung nach dem Kommunalvermögensgesetz die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG erst erlischt, wenn diese Übertragung wirksam oder jedenfalls nicht mehr angreifbar oder durch eine weitere rechtswirksame Übertragung überholt worden ist. Das bedeutet, dass die Beklagte - da die Übertragung an sie nicht rechtswirksam war und eine rechtmäßige Zuordnung des Vermögenswerts noch ausstand - bis zu der wirksamen Veräußerung der Grundstücke nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG verfügungsbefugt blieb. Bis zu ihrer Eintragung als Eigentümerin am 1. Oktober 1992 war das ohnehin unproblematisch, weil bis dahin noch Volkseigentum und die Rechtsträgerschaft des Rates der Gemeinde im Grundbuch eingetragen war. Für die Zeit danach ergibt sich das aus der Unwirksamkeit der zu Unrecht auf das Kommunalvermögensgesetz gestützten Zuordnung und dem Fehlen einer anderweitigen bestandskräftigen Zuordnung. Erst mit der Veräußerung der Grundstücke entfiel die Verfügungsbefugnis, weil die Grundstücke damit aus dem zuordnungsfähigen Vermögen ausschieden.

37

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Beklagte nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VZOG verfügt hat, weil ihr Organ als Rechtsträger des Volkseigentums im Grundbuch eingetragen war, ihre anschließende eigene Eintragung als Eigentümerin wegen der Unwirksamkeit der zugrundeliegenden kommunalvermögensrechtlichen Übertragung keinen Einfluss auf die bestehende Verfügungsbefugnis hatte und diese erst mit der wirksamen Veräußerung der Grundstücke an Private endete.

38

b) Gegen den somit dem Grunde nach bestehenden Anspruch der Klägerin auf Erlösauskehr beruft sich die Beklagte zu Unrecht auf Verjährung. Der Senat hat mit eingehend begründeter Grundsatzentscheidung vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 37.07 - (BVerwGE 132, 324) dargelegt, dass öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche, zumal der Anspruch nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG, in 30 Jahren verjähren. Die Einwände, welche die Beklagte dagegen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Juli 2011 - 3 KO 1326/10 - juris) erhebt, geben keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzurücken, dies schon deswegen, weil sich das Oberverwaltungsgericht für den dort behandelten landesrechtlichen Erstattungsanspruch auf die hier nicht maßgebliche Gesetzgebungsgeschichte des § 53 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes beruft (ähnlich verhält es sich mit dem Urteil des OVG Magdeburg vom 19. Mai 2010 - 3 L 418/08 - mit Anmerkung von Fenzel/Hennig in LKV 2010, 519 f.). Darüber hinaus hat der erkennende Senat für die lange Verjährungsfrist Besonderheiten des vermögenszuordnungsrechtlichen Anspruchs angeführt, die nicht in gleicher Weise für alle öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche gelten und die ihre Berechtigung nicht verloren haben. Im Übrigen herrscht selbst im Zivilrecht nach wie vor keine vollständige Einigkeit darüber, ob der Gesetzgeber auch Surrogate für dingliche Herausgabeansprüche wie den Anspruch aus § 816 Abs. 1 BGB der neuen - kurzen - Regelverjährung unterwerfen will oder es bei der bisherigen 30jährigen Verjährungsfrist, nunmehr nach § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB bleibt (dies vertritt immer noch Grothe, in: Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Rn. 41 f. zu § 195). Auch dies spricht dafür, es bis zu einem klärenden Wort des Gesetzgebers bei der überkommenen Verjährungsfrist für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche und insbesondere für solche aus dem Vermögenszuordnungsrecht zu belassen.

39

c) Ob der dem Grunde nach bestehende Anspruch in der geltend gemachten Höhe berechtigt ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlen.

40

Die Klägerin verlangt 69 254,48 € und somit einen Betrag, der unter den von der Beklagten insgesamt erzielten 73 871,45 € liegt. Dennoch ist die Forderung ihrer Höhe nach nicht zweifelsfrei, weil die Beklagte geltend macht, dass von dem eingeklagten Betrag ihre Aufwendungen für die Baureifmachung der Grundstücke abzuziehen seien. Zu diesen Aufwendungen zählt sie die Kosten für die Anfertigung der Innenbereichssatzung, für die abwassermäßige Erschließung und für die Vermessung.

41

Das Gesetz trifft in § 8 Abs. 4 VZOG keine ausdrückliche Regelung über solchen Aufwendungsersatz. Für den Restitutionsanspruch nach § 11 VZOG ist in Absatz 2 Satz 4 die Geltendmachung gewöhnlicher Erhaltungskosten ausgeschlossen, soweit nichts anderes vereinbart ist. Dies dürfte auch für § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG jedenfalls solange gelten, wie dem Verfügungsberechtigten die Nutzungen aus dem Vermögenswert verblieben sind (vgl. Beschluss vom 24. Mai 2011 - BVerwG 3 B 8.11 - juris, unter Berufung auf BGH, Urteil vom 23. März 2000 - III ZR 219/99 - BGHZ 144, 100, der in dieser Hinsicht für den Zeitraum ab dem 9. April 1991 die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses für einschlägig hält). Hier geht es jedoch nicht um gewöhnliche Erhaltungskosten, sondern um darüber hinausgehende Aufwendungen. Insoweit gilt für den vermögenszuordnungsrechtlichen Restitutionsanspruch, dass der Verfügungsberechtigte oder Verfügungsbefugte von dem Berechtigten gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 VZOG nach erfolgter Rückübertragung den Ersatz für nach dem 2. Oktober 1990 - um diesen Zeitraum geht es auch hier - durchgeführte Maßnahmen für eine Bebauung, Modernisierung oder Instandsetzung verlangen kann, soweit sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rückübertragung noch werthaltig sind. Die Vorschrift des § 13 Abs. 2 VZOG, die eine entsprechende Erlösauskehrverpflichtung im Falle der rechtsgeschäftlichen Veräußerung regelt, sagt zu Wertersatzansprüchen nichts. Da der Erlösauskehranspruch aber als Sekundäranspruch nicht weitergehen kann als der Primäranspruch, muss hier § 11 Abs. 2 Satz 3 VZOG entsprechend mit der Folge einer Verrechnung solcher Wertersatzansprüche gelten.

42

Es liegt nahe, diese für den vermögenszuordnungsrechtlichen Restitutionsanspruch geltenden Vorschriften entsprechend auf den Anspruch nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG anzuwenden; denn anders als bei der Restitution, die die Eigentumsänderung ex nunc herbeiführt, wird bei der "normalen" Zuordnung die bereits seit dem 3. Oktober 1990 bestehende Eigentumslage rückwirkend festgestellt, sodass es hier erst recht interessengerecht ist, denjenigen, der schon während der investiven Maßnahmen Eigentümer des Vermögenswerts war, zum Ersatz für die Werterhöhung heranzuziehen. Hinzu kommt, dass gerade die Zielrichtung des § 8 Abs. 1 VZOG, Investitionshindernisse abzubauen, die Erstattungsfähigkeit solcher für die Bebaubarkeit des Grundstücks getätigter Investitionen gebietet, weil sie dazu dienen, die gewünschte Verkehrsfähigkeit des Vermögenswerts zu verbessern.

43

Ausgehend davon ergibt sich für die geltend gemachten Gegenansprüche Folgendes:

44

Die Kosten für die Innenbereichssatzung sind von vornherein nicht erstattungs- und damit verrechnungsfähig, selbst wenn diese Satzung eine Werterhöhung bewirkt haben sollte. Zwar handelt es sich um eine Maßnahme, die die Bebauung des zugeordneten Grundstücks ermöglicht. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 3 VZOG; denn dabei kann es sich nur um solche handeln, für deren Kosten der Grundstückseigentümer einzustehen hätte. So verhält es sich bei der Bauleitplanung nicht. Sie ist eine öffentliche Aufgabe, welche die Gemeinde im öffentlichen Interesse und grundsätzlich auf ihre Kosten wahrzunehmen hat.

45

Anders liegt es hinsichtlich der Vermessungskosten, die für die Teilung und damit für die Bebauung des Grundstücks aufzuwenden sind, sowie der Kosten der abwassermäßigen Erschließung, die ebenfalls die Bebauung des Grundstücks ermöglichen. Beide Aufwendungen führen zur Werterhöhung des Grundstücks und können ihren Niederschlag im Verkaufspreis finden, soweit sie nicht gesondert gegenüber dem Grundstückseigentümer geltend gemacht werden sollten oder - dies gilt möglicherweise für einen Teil der Erschließungskosten - von der Gemeinde zu tragen waren.

46

Die insoweit noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zwingen zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht.

47

d) Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ist nur teilweise begründet.

48

Die Klägerin verlangt Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Da sie ein Mahnverfahren betrieben hat, gilt die Streitsache nach § 696 Abs. 3 ZPO als mit Zustellung des Mahnbescheides rechtshängig geworden. Der Mahnbescheid ist am 28. Februar 2005 zugestellt worden, sodass die Klägerin Zinsen seit diesem Zeitpunkt fordert.

49

Die beanspruchte Zinshöhe von 8 % über dem Basiszinssatz ist jedoch nicht berechtigt. Nach der Rechtsprechung des Senats finden die Vorschriften über Verzugszinsen und insbesondere § 288 Abs. 2 BGB auf den Anspruch auf Erlösauskehr nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG keine Anwendung, weil es sich um keine Entgeltforderung handelt (vgl. Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 3 C 30.10 - DVBl 2011, 1224). Die Klägerin kann daher nach § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nur eine Verzinsung ihrer Hauptforderung in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 1. März 2005 verlangen. Soweit die Beklagte meint, sie schulde Prozesszinsen nur in Höhe von 4 %, verkennen sie und die von ihr nach Verkündung dieser Entscheidung benannten Urteile, dass das genannte Übergangsrecht des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch keine Anwendung findet (Urteil vom 30. Oktober 2002 - BVerwG 2 C 24.01 - Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 1; VGH München, Urteil vom 27. Februar 2003 - 3 B 02.1968 - juris). Die Vorschrift des § 291 BGB galt schon bei Klageerhebung, als der Anspruch auf Prozesszinsen entstanden ist, in der heutigen Fassung, und bei der Verweisung auf § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB handelt es sich, da Prozesszinsen kein Unterfall des Anspruchs auf Verzugszinsen sind, um eine Rechtsfolgenverweisung zur Höhe des Zinssatzes. Auch diese Vorschrift ist seit Klageerhebung unverändert.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 64/09
vom
12. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis nur unterzeichnen und zurückgeben
, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten
und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2010 - VI ZB 64/09 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den
Richter Pauge und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. August 2009 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 25.200 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schmerzensgeld in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 15.000 € nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Urteil des Landgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Juni 2009 zugestellt. Das anwaltliche Empfangsbekenntnis gelangte am 26. Juni 2009 an das Landgericht zurück. Am 30. Juli 2009 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom selben Tage Berufung ein und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen. Er hat hierzu vorgetragen, das Urteil des Landgerichts sei am 24. Juni 2009 eingegangen und mit dem Eingangsstempel versehen worden. Die Eintragung der Berufungsfrist sei wegen der Abwesenheit des die Sache bearbeitenden Rechtsanwalts bis Freitag, den 26. Juni 2009, zurückgestellt worden. Am 26. Juni 2009 habe der Sachbearbeiter die Weisung erteilt, die Berufungsfrist einzutragen. Die Bürovorsteherin F., die seit über zwei Jahren in der Kanzlei ohne Beanstandungen tätig sei, habe fälschlicherweise die Frist nicht nach dem Datum des Eingangsstempels (24.6.2009), sondern nach dem Datum der Anfrage beim Sachbearbeiter (26.6.2009) berechnet und ins Fristenbuch eingetragen. Da das Ende der Frist danach am Sonntag, dem 26. Juli 2009, gewesen wäre, habe Frau F. den Ablauf auf den darauf folgenden Montag, den 27. Juli 2009, notiert. Bei Erstellung der Berufungsschrift sei die Verfristung dem Sachbearbeiter erst aufgefallen.
2
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

3
1. Das Berufungsgericht meint, die Klägerin müsse sich die schuldhafte Fristversäumnis ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Weisungen des Anwalts, die gewährleisteten, dass die zur Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen würden, könnten nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten und den eidesstattlichen Versicherungen des Rechtsanwalts und der Rechtsanwaltsfachangestellten nicht festgestellt werden. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragene Verfahrensweise habe das Risiko einer Fristversäumung in sich getragen, da der zusammengehörende einheitliche Vorgang der Fristenberechnung, Fristnotierung und Fristeintragung sofort nach Eingang des Urteils durch die zunächst vorgenommene Vorlage der Akten an den Rechtsanwalt unterbrochen worden sei. Das berge die Gefahr von Fehlern, Versehen oder Irrtümern in sich, vor allem dann, wenn sich die Rückgabe des Schriftstückes vom Anwalt an das Büropersonal verzögere oder die zuständige Angestellte durch Überlastung beeinträchtigt werde.
4
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 20. August 2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 18. September 2009 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist rechtzeitig begründet.

III.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO), weil die hier maßgeblichen Rechtsfragen durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geklärt sind und das Berufungsgericht hiernach im Ergebnis zutreffend entschieden hat.
6
2. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin mit Recht zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Berufungsfrist nicht unverschuldet versäumt. Das Versäumnis beruht auf einem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das sie sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
7
a) Zwar trifft zu, worauf die Rechtsbeschwerde hinweist, dass es auf die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen in einer Rechtsanwaltskanzlei für die Fristwahrung nicht entscheidend ankommt, wenn der Rechtsanwalt von ih- nen abweicht und stattdessen eine genaue Anweisung für den konkreten Fall erteilt, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - V ZB 191/08 - NJW 2009, 3036; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 369; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823). In einem solchen Fall ist für die Fristversäumnis nicht die Büroorganisation , sondern der Fehler des Mitarbeiters ursächlich, weil ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die einem zuverlässigen Mitarbeiter erteilte Einzelanweisung befolgt wird (Senat, Beschluss vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - NJW-RR 2004, 1361, 1362 und vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - NJW 2004, 688, 689; BGH, Beschlüsse vom 13. September 2006 - XII ZB 103/06 - NJW-RR 2007, 127, 128). Jedoch kann eine konkrete Einzelanweisung den Rechtsanwalt dann nicht von einer unzureichenden Büroorganisation entlasten, wenn diese die bestehende Organisation nicht außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten, die bestimmt sind, der Fristversäumnis entgegenzuwirken , dieses infolge eines Organisationsmangels aber nicht bewirken (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juni 2009 - V ZB 191/08 - aaO, Rn. 9 und vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - aaO). So liegt der Fall hier.
8
b) Die Darstellung in dem Wiedereinsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin belegt, dass die allgemeinen Organisationsregeln in der Kanzlei ihre Bedeutung durch die Einzelanweisung nicht verloren hatten. Darin wird die Fristversäumnis darauf zurückgeführt, dass sich die Bürovorsteherin F. am Datum der Anfrage bei dem die Sache bearbeitenden Rechtsanwalt , ob die Berufungsfrist eingetragen werden solle, orientiert habe, anstatt am Datum des Eingangsstempels. Diese Vorgehensweise lässt außer Acht, dass der Zeitpunkt der Zustellung eines Schriftstücks nicht zuverlässig anhand des Eingangsstempels ermittelt werden kann.
9
aa) Zur Bestimmung des Beginns einer Rechtsmittelfrist ist es erforderlich , das dafür maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - VersR 2003, 1459, 1460 m.w.N.). Im Falle der Zustellung eines Schriftstücks an den Prozessbevollmächtigten der Partei nach § 174 ZPO kommt es für den Fristbeginn darauf an, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat. Dementsprechend musste auch dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin bekannt sein, dass nicht der Eingangsstempel, sondern allein das Datum, unter dem das Empfangsbekenntnis unterzeichnet worden war, für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebend ist (Senat, Beschluss vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969; BGH, Beschluss vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119). Deshalb bedarf es eines besonderen Vermerks in den Handakten, wann die Zustellung des Urteils erfolgt ist. Diesen Vermerk vermag der Eingangsstempel des Anwaltsbüros auf dem zugestellten Urteil nicht zu ersetzen, weil er nur den Eingang des Dokuments in der Kanzlei bestätigt, nicht jedoch die für eine Zustellung gemäß § 174 ZPO erforderliche und für den Fristbeginn maßgebliche Entgegennahme durch den Rechtsanwalt (vgl. Senat, Beschluss vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - aaO). Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, dass das Datum des Eingangsstempels nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat. Wird ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sein, dass der mündliche Hinweis ordnungsgemäß umgesetzt wird. Um zu gewährleisten, dass ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung nur unterzeichnen und zurückgeben , wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senat, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - aaO und vom 26. März 1996 - VI ZB 1/96 und VI ZR 2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; BGH, Beschluss vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.).
10
bb) Diese Sorgfaltsanforderungen erfüllte die in der Kanzlei des Rechtsanwalts der Klägerin geübte Fristenkontrolle nicht. Das Empfangsbekenntnis wurde vielmehr am 24. Juni 2009 unterzeichnet und an das Landgericht zurückgegeben , wo es am 26. Juni 2009 einging, ohne die Notierung der Rechtsmittelfrist , die erst am 26. Juni 2009 erfolgte, sicherzustellen. Ob und ggf. auf welche Weise im Büro des Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Es fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - aaO; BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574). Ein Anlass, in besonderer Weise sicherzustellen, dass die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte , bestand im Übrigen aufgrund der mit der ausdrücklichen Anweisung des Rechtsanwalts vom üblichen Ablauf abweichenden Handhabung.
11
cc) Das Versäumnis des anwaltlichen Vertreters der Klägerin war für die Versäumung der Berufungsfrist auch ursächlich. Wäre das Empfangsbekenntnis an das Landgericht erst nach Anfertigung des Vermerks über das Datum der Unterzeichnung und Festhaltung der Rechtsmittelfrist in den Handakten und im Fristenkalender zurückgesandt worden, ist davon auszugehen, dass die Berufung rechtzeitig eingelegt worden wäre.
12
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 18.06.2009 - 3 O 376/08 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.08.2009 - 1 U 138/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 12/10
vom
22. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 B, Fb, Fd
Zur einer ordnungsgemäßen Organisation des Fristenwesens in einem Anwaltsbüro
gehört nicht nur die Anweisung an das zuständige Büropersonal, den
für den Beginn der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist maßgeblichen
Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils anhand der Datumsangabe im unterzeichneten
Empfangsbekenntnis oder auf dem Zustellungsumschlag zu ermitteln.
Dem Büropersonal muss auch aufgegeben werden, das Datum der Zustellung
gesondert und deutlich abgehoben von dem nicht maßgeblichen Aufdruck
des Eingangsdatums zu vermerken (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom
17. Oktober 1990 - XII ZB 73/90, VersR 1991, 124, und 15. Juli 1998 - XII ZB
37/98, NJW-RR 1998, 1442).
BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZB 12/10 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 23. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 7.068,50 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat den Beklagten auf Räumung einer Mietwohnung und auf Zahlung von 2.436,26 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 29. September 2009 zur Räumung und zur Zahlung von 2.098,50 € nebst Zinsen sowie zur Erstattung der verlangten Anwaltskosten verurteilt. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten ausweislich der vom Zusteller unterzeichneten Postzustellungsurkunde am 2. Oktober 2009 durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist rechtzeitig am 2. November 2009, die Berufungsbegründung dagegen verspätet am Freitag, dem 4. Dezember 2009, per Telefax beim Landgericht eingegangen.
2
Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2009, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Beklagte - nach telefonischem Hinweis des Landgerichts - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat er vorgetragen und durch die eidesstattliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemacht, dieser sei in Anbetracht des sich in der Handakte befindlichen Eingangsstempels davon ausgegangen, dass die Zustellung des angefochtenen Urteils (erst) am Montag, den 5. Oktober 2009, und nicht bereits am zurückliegenden Freitag erfolgt sei. Für die Divergenz zwischen dem Eingangsstempel und dem Vermerk auf der Postzustellungsurkunde kämen letztlich nur zwei Ursachen in Betracht, von denen keine seinem Prozessbevollmächtigten als Verschulden anzurechnen sei: Entweder habe der Zusteller auf dem Umschlag das Datum der Zustellung unrichtig notiert oder die mit dem Fristenwesen beauftragte Kanzleiangestellte habe einen falschen Eingangsstempel auf die zugestellte Urteilsausfertigung aufgebracht.
3
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Fristversäumung sei auf ein dem Beklagten zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurückzuführen. Anders als bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 174 Abs. 1 ZPO), bei dessen Unterzeichnung der Anwalt abgleichen könne und müsse, ob das Eingangsdatum zutreffend in seinen Handakten vermerkt sei, existiere ein vergleichbarer Arbeitsschritt bei einer Zustellung mittels Postzustellungsurkunde nach §§ 177 ff. ZPO nicht. Da der Anwalt in einem solchen Fall an der amtlichen Dokumentation des Zustellungszeitpunktes nicht mitwirken müsse, habe er durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass kein falsches Zustellungsdatum vermerkt werde. Dies habe dadurch zu geschehen, dass er den Umschlag, in dem sich das zugestellte Schriftstück befunden habe und auf dem der Zeitpunkt der Zu- stellung vermerkt sei, zu seinen Akten nehme. Da sich der Beklagte zum Verbleib dieses Umschlags nicht geäußert habe, sei davon auszugehen, dass sein Prozessbevollmächtigter es unterlassen habe, Vorsorge gegen den Verlust dieser für die Bestimmung der Frist wertvollen Urkunde zu treffen.
4
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. Er macht geltend, als Ursache für die Versäumung der Begründungsfrist komme ausschließlich ein einmaliges Versehen der zuverlässigen Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten oder eventuell ein ungenauer Vermerk des Datums auf dem Zustellumschlag in Betracht. Dass die Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten die Frist aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen versehentlich falsch notiert habe, gereiche weder ihm noch seinem Prozessbevollmächtigten zum Verschulden. Ein Rechtsanwalt dürfe auf die ordnungsgemäße Fristnotierung vertrauen und brauche nicht zu überprüfen, ob das Fristende auch tatsächlich im Fristenkalender richtig eingetragen sei. Andernfalls werde die zulässige Einschaltung von Bürokräften bei der Notierung und Überwachung von Fristen weitgehend sinnlos.

II.

5
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die nach § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
6
Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt nicht den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Es hat dem Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (vgl. dazu BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; BGHZ 151, 221, 227; Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775, unter II 1; vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08, MDR 2010, 100, Tz. 8; jeweils m.w.N.).
7
Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung mit Recht abgelehnt, weil nach dem vorgetragenen Sachverhalt die Versäumung der Frist auf einem dem Beklagten zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO).
8
1. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht.
9
a) Dabei ist er zwar nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs befugt, die Feststellung, Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Angestellten zu überlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2000 - VII ZB 20/99, NJW 2000, 1872, unter [4] a; Senatsbeschluss vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02, NJW 2003, 1815, unter II 3 a m.w.N.). Jedoch hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Insbesondere muss ein Rechtsanwalt sicherstellen, dass das für den Lauf einer Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ermittelt wird (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95, NJW 1996, 1968, unter II 1; vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, unter II 1 a; jeweils m.w.N.). Hierzu bedarf es eines besonderen Vermerks, wann die Zustellung des Urteils erfolgt ist.
10
aa) Eine verlässliche Grundlage für die Ermittlung des Zustellungsdatums bieten allein die Angaben in der die Zustellung dokumentierenden Urkunde , also in dem vom Anwalt unterzeichneten Empfangsbekenntnis (§ 174 ZPO) oder aber - wie hier - in der Postzustellungsurkunde nebst Umschlag (§§ 180, 182 ZPO). Damit nach Rücksendung eines unterzeichneten Empfangsbekenntnisses nicht jeder tragfähige Anhalt für den Zeitpunkt der Zustellung verloren geht, gehört es zu den Sorgfaltspflichten eines Anwalts, durch besondere Anordnungen dafür Sorge zu tragen, dass sein Personal nach der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses das dort angegebene Zustellungsdatum in den Handakten oder anderweitig festhält und sich nicht auf die Richtigkeit eines Eingangsstempels verlässt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 73/90, VersR 1991, 124; vom 15. Juli 1998 - XII ZB 37/98, NJW-RR 1998, 1442, unter II 2 b, c). Entsprechendes gilt, wenn die Zustellung durch Postzustellungsurkunde bewirkt und das Datum der Zustellung auf dem Postumschlag vermerkt worden ist. Da auch hier die Gefahr besteht, dass das abgestempelte Eingangsdatum nicht mit dem Zeitpunkt der Zustellung übereinstimmt , muss durch organisatorische Vorkehrungen sichergestellt sein, dass der Fristenlauf nicht anhand des Eingangsstempels, sondern aufgrund des Zustellervermerks auf dem Umschlag des zugestellten Schriftstücks (vgl. § 180 Satz 3 ZPO) berechnet und notiert wird.
11
bb) Den für eine ordnungsgemäße Fristermittlung unerlässlichen Vermerk über den Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils vermag ein Eingangsstempel des Anwaltsbüros auf dem zugestellten Urteil nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. April 1996, aaO; vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91, NJW 1992, 574, unter 2 b). Er gibt keine Auskunft über den Zeitpunkt der Zustellung, weil das Datum auf dem im Anwaltsbüro angebrachten Eingangsstempel nicht mit dem Datum übereinzustimmen braucht, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 29. April 1987 - VIII ZB 5/87, VersR 1987, 1013, unter [2] b; BGH, Beschlüsse vom 13. März 1991 – XII ZB 22/91, VersR 1992, 118, unter II 2, und vom 16. April 1996, aaO; jeweils m.w.N.), oder unter dem auf sonstige Weise die Zustellung des Urteils bewirkt worden ist.
12
b) Dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten dem nicht nachgekommen ist, hat er weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Dabei kann offen bleiben, ob - wie das Berufungsgericht annimmt - ein Rechtsanwalt sein Personal anzuweisen hat, den Umschlag eines mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Schriftstücks zu verwahren. Jedenfalls hat er der für das Fristenwesen zuständigen Kanzleikraft eindeutige Anweisungen hinsichtlich der Feststellung, Berechnung und Notierung von Fristen zu erteilen, die so beschaffen sein müssen , dass die Einhaltung einer Frist auch bei unerwarteten Störungen des Geschäftsablaufs gewährleistet ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 5. Februar 2003, aaO, unter II 3 a, c, m.w.N.). Dazu gehört nicht nur die Anweisung an das zuständige Büropersonal, den für den Beginn der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils anhand der Datumsangabe im unterzeichneten Empfangsbekenntnis oder auf dem Zustellungsumschlag zu ermitteln. Dem Büropersonal muss auch aufgegeben werden, das Datum der Zustellung gesondert und deutlich abgehoben von dem nicht maßgeblichen Aufdruck des Eingangsdatums zu vermerken (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 1998, aaO, unter II 2 c). Dem Vortrag des Beklagten ist nicht zu entnehmen, dass solche Maßnahmen integraler Bestandteil der Organisationsabläufe im Büro seines Prozessbevollmächtigten waren und sind.
13
aa) Im Berufungsverfahren hat er sich mit dem Vorbringen begnügt, es könne nicht mehr festgestellt werden, warum ein vom Zustellungszeitpunkt abweichendes Eingangsdatum aufgestempelt worden sei. Entweder habe die Kanzleikraft die Eingangspost versehentlich unter dem Datum 5. Oktober 2009 abgestempelt, was diese bestreite, oder die Datumsangabe auf dem Postumschlag sei ungenau oder falsch gewesen. Damit hat der Beklagte bereits nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten die Berechnung der Frist anhand der allein maßgeblichen Angaben in dem die Zustellung dokumentierenden Schriftstück und nicht auf der Grundlage des Eingangsstempels vorzunehmen ist. Er hat auch weder geltend noch glaubhaft gemacht, dass das Büropersonal außerdem angewiesen ist, das Datum der Zustellung gesondert vom Eingangsstempel zu vermerken. Ohnehin hat der Beklagte zur Organisation des Fristenwesens im Büro seines Prozessbevollmächtigten keine konkreten Angaben gemacht. Der Kläger hat fehlenden Vortrag zur Identität der mit dem Fristenwesen betrauten Mitarbeiterin, deren Ausbildungsstand und Zuverlässigkeit, den Inhalt der dieser erteilten Anweisungen sowie die ergriffenen Kontrollmaßnahmen gerügt. Hierauf hat der Beklagte nicht reagiert. Es fehlt damit auch jeder Vortrag zu diesen grundlegenden Voraussetzungen für ein funktionierendes Fristenwesen (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 5. Februar 2003, aaO, unter II 3 a). Mit Recht hat das Berufungsgericht daher aufgrund des ihm unterbreiteten Sachverhalts angenommen , dass ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten an der Fristversäumung nicht ausgeräumt ist.
14
bb) Ein an der Fristversäumung mitwirkendes Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist auch nicht aufgrund des im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzten Vortrags auszuschließen. Dabei kann offen bleiben, ob dieses Vorbringen berücksichtigungsfähig ist. Grundsätzlich müssen alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein kön- nen, innerhalb der Antragsfrist von einem Monat (§ 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 2 ZPO) vorgetragen werden (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 2000 - XI ZB 9/00, juris, Tz. 9; vom 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00, BGHReport 2001, 483, unter II; vom 4. Juni 2002 - I ZB 28/01, BGHReport 2002, 1114, II 1 b; jeweils m.w.N.). Ein Nachschieben von Gründen ist unzulässig; lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 Abs. 1 ZPO geboten wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden. Selbst wenn die Sachdarstellung des Beklagten in der Beschwerdebegründung nach diesen Maßstäben zu berücksichtigen wäre, wäre dadurch ein Organisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten nicht ausgeräumt. Denn der Beklagte hat nur ergänzende Angaben zur Identität und zur Zuverlässigkeit der in Fristensachen eingesetzten Kanzleimitarbeiterin, nicht dagegen dazu gemacht, welche Vorkehrungen getroffen worden sind, um si- cherzustellen, dass der Lauf einer Rechtsmittelfrist anhand des allein maßgeblichen Zeitpunkts der Urteilszustellung - und nicht aufgrund eines aufgestempelten Eingangsdatums - ermittelt wird. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 29.09.2009 - 35 C 669/09 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 23.12.2009 - 13 S 220/09 -

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist betreffend den die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14. Oktober 2009 - 11 K 560/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14. Oktober 2009 - 11 K 560/09 - wird als unzulässig verworfen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers vom 2.11.2009 gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 16.10.2009 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts ist verfristet. Sie ist am 2.11.2009 und damit nach Verstreichen der am Freitag, den 30.10.2009, abgelaufenen Beschwerdefrist bei dem Verwaltungsgericht eingegangen.

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist betreffend den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.10.2009 muss ohne Erfolg bleiben, weil dem Kläger das Verschulden eines seiner Bevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO, der nach § 173 Satz 1 VwGO ebenso wie die übrigen zivilprozessualen Vorschriften über Prozessbevollmächtigte fallbezogen Anwendung findet, als eigenes Verschulden zuzurechnen ist.

Ausweislich der mit der Klageschrift vorgelegten Vollmacht vom 24.6.2009 (Bl. 15 d.A.) hat der Kläger die Rechtsanwälte A., B. und C. bevollmächtigt, ihn in Sachen „Anfechtungsklage Erschließungsbeitrag“ zu vertreten. § 84 Satz 1 ZPO sieht für den Fall mehrerer Bevollmächtigter vor, dass diese berechtigt sind, die Partei sowohl gemeinschaftlich als auch einzeln zu vertreten. Welcher von mehreren bevollmächtigten Rechtsanwälten hinsichtlich des konkreten Rechtsstreits nach interner Arbeitsabsprache Sachbearbeiter sein soll, ist ohne Einfluss auf die Rechtswirksamkeit, den Umfang und die Wirkung der erteilten Bevollmächtigung, die sich nach den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben richten. Hiernach gilt, dass jeder von mehreren Bevollmächtigten im Außenverhältnis kraft zwingenden Rechts eine Einzelvollmacht hat und die Erklärung eines jeden Bevollmächtigten den anderen Bevollmächtigten wie dessen eigene Erklärung bindet (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 68. Aufl. 2010, § 85 Rdnr. 4 m.w.N.) .

Die für den Erfolg des Wiedereinsetzungsgesuchs entscheidende Frage, ob der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten, ist gemessen hieran zu verneinen. Der Kläger muss sich das zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags geschilderte Verhalten des von ihm u.a. bevollmächtigten Rechtsanwalts C. als eigenes Verschulden zurechnen lassen. Dieser hat seine anwaltlichen Sorgfaltspflichten verletzt, indem er den Eingangsstempel nach Bemerken der - seiner Darstellung nach versehentlichen - Übermittlung des den verfahrensgegenständlichen Beschluss des Verwaltungsgerichts betreffenden Empfangsbekenntnisses an das Verwaltungsgericht nicht auf diesem Beschluss, sondern auf einem weiteren Eingang in diesem Verfahren angebracht hat. Es gehört zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten, das Empfangsbekenntnis über die Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung erst dann zu unterzeichnen, wenn die Rechtsmittelfrist in den Handakten festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert ist. (BVerwG, Beschluss vom 3.12.2002 - 1 B 429/02 -, NVwZ 2003, 868 m.w.N.) Diese Sorgfaltsanforderung spielt üblicherweise eine maßgebliche Rolle im Rahmen der Prüfung, ob ein Rechtsanwalt hinreichende organisatorische Vorkehrungen zur Vermeidung von Fehlern seiner Hilfskräfte bei der Fristeintragung getroffen hat, gilt aber gleichermaßen, wenn ein Rechtsanwalt die Post selbst öffnet und den Empfang einer gerichtlichen Entscheidung durch Rücksendung des Empfangsbekenntnisses bestätigt. In einem solchen Fall ist er gehalten, selbst dafür Sorge zu tragen, dass die Frist ordnungsgemäß und zutreffend in der Handakte vermerkt ist. Versieht er aus Versehen ein falsches Schriftstück mit dem Eingangsstempel und unterlässt er jegliche Registrierung des Eingangs in dem Fristenkalender, so verletzt er seine anwaltlichen Sorgfaltspflichten gravierend.

Dem lässt sich fallbezogen nicht entgegenhalten, dass das Büro der Prozessbevollmächtigten des Klägers an dem fraglichen Tag wegen Personalausfalls unterbesetzt gewesen sei und man daher zur Vermeidung von Fehlern bei der Fristenregistrierung vereinbart habe, die Post bis zum nächsten Arbeitstag unbearbeitet liegen zu lassen. Gerade wenn ein Anwalt in einer solchen Situation versehentlich in einem Verfahren, das von einem Kollegen bearbeitet wird, ein Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurücksendet, muss er sicherstellen, dass dieses Tätigwerden, - insbesondere, wenn es den Lauf einer Rechtsmittelfrist in Gang setzt - ordnungsgemäß in der Handakte und im Fristenkalender dokumentiert wird. Unterlässt er dies, so liegt hierin eine Sorgfaltspflichtverletzung, die der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO unmittelbar zuzurechnen ist. Ob den nach interner Absprache für den Rechtsstreit zuständigen Sachbearbeiter, der auf die Einhaltung der Vereinbarung, an dem fraglichen Tag keine Post zu bearbeiten, vertraut hat, ein eigenes Verschulden trifft, ist unter diesen Gegebenheiten ohne Belang. Zwar gibt es Konstellationen, in denen eine dritte Person, die nicht Bevollmächtigter des Betroffenen ist, eine Zustellung in Empfang genommen, aber nicht weitergegeben, beziehungsweise ein falsches Zustellungsdatum vermerkt hat, wobei dem Betroffenen nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er sich hierauf verlassen hat. (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Aufl. 2009, § 60 Rdnr. 10) Vorliegend geht es indes nicht darum, ob der sachbearbeitende Rechtsanwalt auf die Einhaltung der Absprache, keine Post zu bearbeiten, vertrauen durfte, da das Geschehen dadurch gekennzeichnet wird, dass ein weiterer Bevollmächtigter des Klägers seine anwaltlichen Sorgfaltspflichten nicht beachtet hat und das Fristversäumnis hierdurch bedingt wurde. Der tätig gewordene Anwaltskollege ist keine dritte Person im vorgenannten Sinne, sondern selbst Bevollmächtigter des Klägers.

Demgemäß unterliegt das Wiedereinsetzungsgesuch der Zurückweisung und die verfristete Beschwerde muss als unzulässig verworfen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 und 166 VwGO i.V.m. 127 Abs. 4 ZPO und Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses der Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.