Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Juli 2009 - 10 S 465/09

published on 09/07/2009 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Juli 2009 - 10 S 465/09
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Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Februar 2009 - 6 K 492/08 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Beihilfe für die Impfung seiner Tochter T. gegen Humane Papillomaviren (HPV).
Der Kläger ist Beamter des beklagten Landes und für seine am 24.07.1985 geborene Tochter T. beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 80 v.H.. Am 18.05. und 23.07.2007 wurde die Tochter von einer Fachärztin für Gynäkologie mit dem Präparat Gardasil gegen HPV geimpft. Vorausgegangen war eine von der Fachärztin im März 2007 veranlasste Untersuchung eines Abstrichs auf eine HPV-Infektion. Die Laboruntersuchung erstreckte sich auf verschiedene Low-Risk- und High-Risk-HPV-Typen; der Befund war negativ.
Am 22.01.2008 beantragte der Kläger u.a. Beihilfe für die Kosten der beiden Gardasil-Fertigspritzen in Höhe von jeweils 159,06 EUR sowie für die Kosten der Impfmaßnahmen selbst, die in den Arztrechnungen jeweils mit 10,72 EUR berechnet waren.
Mit Beihilfebescheid vom 23.01.2008 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) die Bewilligung von Beihilfe für die durch die HPV-Impfungen entstandenen Kosten ab. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2008 zurück und führte zur Begründung aus, Aufwendungen für Schutzimpfungen seien zwar im Rahmen des § 10 Abs. 4 BVO beihilfefähig; dabei würden aber nur solche Schutzimpfungen als medizinisch notwendig angesehen, die vom Gesundheitsministerium Baden-Württemberg im Einvernehmen mit den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) öffentlich empfohlen würden. Mit Datum vom 23.03.2007 habe die STIKO die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs in die offizielle Impfempfehlung aufgenommen, jedoch nur für Mädchen vom Beginn des 12. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Die Tochter des Klägers habe zum Zeitpunkt der Impfung aber bereits das 18. Lebensjahr vollendet gehabt. Inwieweit Krankenkassen die Impfkosten übernähmen, sei unerheblich. Die Gewährung von Beihilfe habe einen die Eigenvorsorge des Beamten ergänzenden Charakter. Der Verordnungsgeber habe bei der Ausgestaltung der beihilferechtlichen Regelungen einen weiten Ermessensspielraum. Die Fürsorgepflicht erfordere nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in vollem Umfang. Die vorliegende Fallgestaltung möge zwar zu einer gewissen Härte führen, diese sei aber hinzunehmen.
Am 13.03.2008 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs sei nicht nur sinnvoll, notwendig und angemessen, sondern darüber hinaus von der Ständigen Impfkommission ab März 2007 für junge Frauen ausdrücklich öffentlich empfohlen. Auch seine private Krankenkasse gewähre Versicherungsschutz für die Impfung gegen HPV für alle Mädchen und jungen Frauen im Alter zwischen 9 und 26 Jahren. Seine Tochter habe sich auf Anraten der behandelnden Frauenärztin nach einer entsprechenden Laboruntersuchung impfen lassen. Es bestehe ein Gleichbehandlungsanspruch mit dem Personenkreis, der unter die Empfehlungen der STIKO falle. Die Impfung liege letztlich auch im Kosteninteresse des Beihilfeträgers, da im Krankheitsfall wesentlich höhere Kosten entstünden.
Der Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die ergangenen Bescheide entgegengetreten.
Durch Urteil vom 12.02.2009 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten unter entsprechender Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Bewilligung von Beihilfe in Höhe von 271,65 EUR verpflichtet. In den Gründen ist ausgeführt, auch bei der gebotenen Anlegung eines objektiven Maßstabs sei die Impfung der Tochter des Klägers im Sinne der Beihilfevorschriften notwendig gewesen. Dies ergebe sich bei zutreffender Würdigung der Ausführungen der STIKO im Epidemiologischen Bulletin vom 23.03.2007 (12/2007) sowie der Kurzfassung im Bulletin vom 25.07.2008 (30/2008). Danach könnten auch junge Frauen, die im Alter von 12 bis 17 Jahren noch nicht gegen HPV geimpft worden seien, von der Impfung profitieren, wenn noch keine HPV-Infektion vorliege. Auch die Bundesregierung habe in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage zur „Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen“ vom 28.05.2008 ausgeführt, in zwei Hauptstudien zu Gardasil seien ca. 15.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren mit der endgültigen Impfstoffformulierung untersucht worden; bereits bei einem kurzen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten habe eine klinische Wirksamkeit von 100 % nachgewiesen werden können. Dass die STIKO eine allgemeine Impfempfehlung nur für Frauen ausgesprochen habe, die nicht älter als 17 Jahre seien, beruhe im Wesentlichen darauf, dass die Datenlage nur für diese Gruppe eine hinreichende epidemiologische Risiko-Nutzen-Abwägung ermöglicht habe. Dies bedeute hingegen nicht, dass eine Impfung für junge Frauen über 17 Jahren im Einzelfall nicht beihilferechtlich notwendig sein könne. Aus den Bulletins der STIKO ergebe sich gerade, dass auch Frauen über 17 Jahren je nach individueller Lebensführung von einer Impfung profitieren könnten. Es liege deshalb in der Verantwortung des betreuenden Arztes, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen. Eine solche individuelle Prüfung mit vorheriger Untersuchung auf eine etwaige HPV-Infektion habe die Gynäkologin im vorliegenden Fall vorgenommen. Wenn sie sich sodann zur Impfung entschlossen habe, so sei vor dem Hintergrund der Ausführungen der STIKO die Impfung im konkreten Fall als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 BVO anzusehen. Eine ausdrückliche Regelung, dass nur öffentlich empfohlene Schutzimpfungen beihilfefähig seien, enthalte die Beihilfeverordnung nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene, vom Beklagten am 20.02.2009 eingelegte und am 06.03.2009 begründete Berufung. Der Beklagte verweist darauf, dass sich die Empfehlung der STIKO ausdrücklich nur auf Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren beziehe. Eine medizinische Auseinandersetzung mit den Begründungen der STIKO und eine individuelle Untersuchung, ob Frauen jenseits dieser Altersgrenze infiziert bzw. ob und in welchem Maße sie sexuell aktiv seien, verbiete sich wegen des damit verbundenen unzumutbaren Eingriffs in die Privatsphäre. Eine individuelle Prüfung könne auch im Hinblick auf Verwaltungspraktikabilität, Verwaltungsökonomie und auf das Prinzip der sparsamen Verwendung von Steuermitteln nicht verlangt werden. Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen die Differenzierung zwischen medizinischer Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit nicht zutreffend erfasst. Die STIKO, die eine vom Gesetzgeber in § 20 Abs. 2 des Infektionsschutzgesetzes - IfSG - übertragene Aufgabe wahrnehme und deren Zusammensetzung die Gewähr für überragenden Sachverstand biete, habe als Ergebnis umfassender Untersuchungen, Prüfungen und Bewertungen die Impfung gegen HPV nur für Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren für medizinisch notwendig gehalten. An dieser als antizipiertes Sachverständigengutachten zu wertenden Empfehlung müssten sich auch Verwaltung und Gerichte im Rahmen des Beihilferechts orientieren. Diese Auffassung sei zwischenzeitlich auch vom OVG Rheinland-Pfalz bestätigt worden.
Der Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12.02.2009 - 6 K 492/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil, in dem die individuelle Notwendigkeit der Schutzimpfung auch im beihilferechtlichen Sinne folgerichtig begründet worden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie auf die dem Senat vorliegende Verwaltungsakte des Landesamts (1 Heft) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 125 Abs.1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO.
16 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die HPV-Schutzimpfung seiner Tochter T.
18 
Rechtsgrundlage des Beihilfeanspruchs ist § 10 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Beihilfeverordnung in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung der Verordnung vom 28.07.1995 (GBl. S. 561), zuletzt geändert durch Art. 10 HaushaltsstrukturG 2004 v. 17.02.2004 (GBl. S. 66) - BVO a.F. -. Nach § 10 Abs. 4 BVO a.F. sind beihilfefähig Aufwendungen für Schutzimpfungen, ausgenommen jedoch solche aus Anlass von Reisen in Gebiete außerhalb Europas und solche aus beruflichen Gründen. Im Hinblick auf den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO (a. und n.F.) maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen ist der durch die Änderungsverordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407) mit Wirkung vom 01.01.2009 novellierte § 10 Abs. 4 BVO n.F. im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar; nach dieser Novellierung sind nur noch Aufwendungen für Schutzimpfungen beihilfefähig, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlen sind.
19 
Dass die bei der Tochter des Klägers durchgeführte Schutzimpfung von dem hier noch einschlägigen § 10 Abs. 4 BVO a.F. erfasst wird, ist offensichtlich und wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Schutzimpfung erfüllt aber auch die weitere, grundsätzlich für alle Beihilfeleistungen geltende allgemeine Voraussetzung der Notwendigkeit und Angemessenheit nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BVO a.F.. Danach sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie - was hier nicht streitig ist - der Höhe nach angemessen sind. Nach Satz 2 der Vorschrift entscheidet über die Notwendigkeit und die Angemessenheit die Beihilfestelle.
20 
Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v 20.03.2008 - 2 C 19/06 -, NVwZ-RR 2008, 713). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts anderes. Diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall gerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind daher Erwägungen zu einer Typisierungs- oder Gestaltungsbefugnis der Beihilfestelle verfehlt. Eine solche mag dem Verordnungsgeber bei der normativen Ausgestaltung der Beihilfe zukommen, nicht aber der mit dem Verwaltungsvollzug betrauten Behörde bei der Anwendung der Beihilfevorschriften, sofern diese nicht ihrerseits, wofür im vorliegenden Zusammenhang indes nichts ersichtlich ist, eine Beurteilungs- oder Ermessensermächtigung für die Verwaltungsbehörde enthalten. Soweit dem vom Beklagten herangezogenen, zum rheinland-pfälzischen Beihilferecht ergangenen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz eine gegenteilige Auffassung zu entnehmen sein sollte, teilt der Senat diese nicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08.OVG -, juris). Dementsprechend müssen sich auch zu den Beihilfevorschriften ergangene Anwendungshinweise und sonstige Erlasse gemäß ihrer Rechtsnatur als untergesetzliche Bestimmungen im Rahmen des normativen Programms halten und können bei unbestimmten Rechtsbegriffen nur norminterpretierend - ohne Bindungswirkung für das Verwaltungsgericht - Zweifelsfälle im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung der Beihilfevorschriften durch die Verwaltungsbehörde klären oder im Falle etwa normativ eingeräumter Beurteilungs- oder Ermessensspielräume deren Wahrnehmung - ggf. mit durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelter Bindungswirkung - lenken. Sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse schaffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 -, NVwZ-RR 2008, 711).
21 
Die Beihilfevorschriften enthalten keine nähere Umschreibung dessen, was unter Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. zu verstehen ist. Allerdings kennt die Beihilfeverordnung, insbesondere in Anlage 3, Positivlisten, Einschränkungen sowie Ausschlusstatbestände für die Beihilfefähigkeit in bestimmten Fällen. Insofern könnte erwogen werden, ob § 10 Abs. 4 BVO a.F. nicht bereits eine in ähnlicher Weise abschließende Regelung zu entnehmen ist, dass Schutzimpfungen bzw. die für solche entstehenden Aufwendungen vom Verordnungsgeber selbst dem Grunde nach als notwendig anerkannt werden, ebenso wie umgekehrt § 10 Abs. 4 BVO n.F. auf den generellen Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht angeordneter oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlener Schutzimpfungen abzielt (zur Bedeutung von Positiv- bzw. Negativlisten vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008, a.a.O.). Dies kann hier aber dahinstehen. Selbst wenn § 10 Abs. 4 BVO a.F. keine so weitreichende, die Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO ohne Weiteres begründende Bedeutung beigemessen wird, ist § 10 Abs. 4 BVO a.F. jedenfalls die normative Aussage zu entnehmen, dass Schutzimpfungen dem Grunde nach als notwendige Aufwendungen auslösende medizinische Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind und nicht etwa wegen ihres Vorsorgecharakters von vornherein als lediglich nützlich oder sinnvoll einzustufen sind. Insoweit kann, anders als möglicherweise nach § 10 Abs. 4 BVO n.F., auch nicht eine öffentliche Empfehlung der obersten Landesbehörde oder einer besonders sachverständigen Stelle wie der STIKO zur unverzichtbaren Voraussetzung der Anerkennung der Notwendigkeit erhoben werden, wie es in der Argumentation des Beklagten anklingt. § 10 Abs. 4 BVO n.F. ist im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, gerade noch nicht anwendbar, sein Regelungsgehalt darf daher auch nicht im Wege der Interpretation in den Begriff der Notwendigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO vorverlagert werden.
22 
Spricht bereits die hier noch einschlägige Regelung des § 10 Abs. 4 BVO a.F. somit keinesfalls gegen, sondern eher für die Einbeziehung von Schutzimpfungen in den Kreis der dem Grunde nach notwendige Aufwendungen verursachenden medizinischen Maßnahmen, so kommt es darauf an, ob im Einzelfall Gründe vorliegen, die die Annahme der Notwendigkeit der Impfung weiter stützen oder aber ihr entgegenstehen. Insoweit ist nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu medizinischen Behandlungen zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen. Ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2008, a.a.O.; v. 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801; Senatsbeschl. v. 05.05.2009 - 10 S 494/09 -). Eine Ausnahme gilt für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.06.1995 -a.a.O.).
23 
Diese Grundsätze können für Schutzimpfungen, so auch im vorliegenden Fall, entsprechend herangezogen werden mit dem Ergebnis, dass die von der Frauenärztin - nach Durchführung eines HPV-Infektionstests bei der Tochter des Klägers - vorgenommene Schutzimpfung aufgrund dieser ärztlichen Verordnung als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. anzuerkennen ist. Denn die Frauenärztin ist damit nicht etwa einer wissenschaftlich nicht anerkannten Methode gefolgt. Vielmehr trifft das Gegenteil zu: An der wissenschaftlichen Anerkennung der Schutzimpfung gegen HPV-Viren als solcher besteht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Impfung bis heute kein vernünftiger Zweifel, mögen auch weitere Studien bzw. Untersuchungen diesen Kenntnisstand noch ausbauen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung - auch des Beklagten -, dass den einschlägigen Verlautbarungen der STIKO wegen deren durch § 20 Abs. 2 IfSG vom Gesetzgeber besonders herausgehobener Stellung als sachverständigem Gremium maßgebliches Gewicht zukommt, jedenfalls im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens. Die insbesondere im Epidemiologischen Bulletin der STIKO vom 23.03.2007 (Nr. 12/2007) getroffenen Feststellungen belegen aber die hohe Wirksamkeit der Schutzimpfung als solche mit dem (bei der Tochter des Klägers angewendeten) Präparat „Gardasil“, ebenso wie bei dem Konkurrenzprodukt „Cervarix“. In dem Bulletin wird insoweit ausgeführt (S. 99), dass nach Studien mit über 20.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren die Wirksamkeit des Impfstoffs „Gardasil“ bei HPV-negativen Probanden die Wirksamkeit gegen die Virustypen HPV-16 bzw. -18 bei 95,2 % gelegen habe; bei einer modifizierten Probandengruppe von Frauen desselben Alters, die ohne Berücksichtigung des HPV-Status vor Impfung mindestens eine Dosis von „Gardasil“ erhalten hätten, habe sich eine Wirksamkeit von (immerhin noch) 46,4 % gezeigt. Für „Cervarix“ hätten die Studienergebnisse gezeigt, dass eine Impfung von HPV-negativen Probanden zu annähernd 100 % vor einer persistierenden Infektion schütze. Diese Angaben werden im Wesentlichen bestätigt in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen (BT-Drs. 16/9302 v. 28.05.2008).
24 
Die Feststellungen der STIKO zum Grad der Wirksamkeit der Impfung differenzieren also lediglich danach, ob eine Vorinfektion mit HPV-Viren vorlag oder nicht; dem entspricht die im Bulletin vom 23.07.2007 enthaltene Folgerung der STIKO, dass Frauen, die innerhalb des empfohlenen Zeitraums (Alter 12 bis 17 Jahre) keine Impfung gegen HPV erhalten haben, ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren könnten, und es in der Verantwortung des betreuenden Arztes liege, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seiner Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen (a.a.O. S. 1). Von diesen Aussagen zur Wirksamkeit, für die die Altersunterschiede zwischen 12 und 26 Jahren keine Rolle spielen, sondern allein das Bestehen oder Fehlen einer Vorinfektion, ist zu unterscheiden die von der STIKO verlautbarte, auch auf andere Gesichtspunkte als allein die Wirksamkeit gestützte allgemeine altersgruppenspezifische Impfempfehlung. Auf diese erforderliche Differenzierung hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht abgehoben. In Bezug auf die Altersgrenzen wurden von der STIKO nämlich zusätzlich zu den klinischen Studienergebnissen über Immunogenität und Verträglichkeit der HPV-Impfung verschiedene weitere Aspekte berücksichtigt, nämlich der Zeitpunkt der ersten sexuellen Kontakte, Synergieeffekte der Inanspruchnahme bereits bestehender Impfempfehlungen, Bereitschaft der Mädchen zur Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten, der Zeitpunkt des ersten Frauenarztbesuches, also die Erreichbarkeit der Zielgruppe. Mit diesen heterogenen Erwägungen hat die STIKO ihre vorausgegangenen Feststellungen zur medizinischen Wirksamkeit der Schutzimpfung gerade nicht in Frage gestellt.
25 
Kommt es für die Beurteilung der Notwendigkeit der fachärztlich verordneten Impfung bzw. der Aufwendungen für diese aber allein auf die mutmaßliche Wirksamkeit der Impfung an, so ist diese hier bereits deshalb anzunehmen, weil bei der Tochter des Klägers ausweislich der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der bei der Impfung tätig gewordenen Frauenärztin zuvor ein HPV-Test mit negativem Ergebnis durchgeführt worden ist. Damit ist auch vom Ausgangspunkt des Bulletins der STIKO her mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Wirksamkeit der Impfung bei der Tochter des Klägers auszugehen. Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, ein Nachweisverlangen in Bezug auf das (Nicht-)Vorliegen einer HPV-Vorinfektion bzw. sexueller Aktivität führe zu einem unzumutbaren Eingriff in die Intimsphäre, ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren unerheblich. Er geht daran vorbei, dass die Tochter des Klägers von sich aus den entsprechenden Negativbefund vorgelegt hat, von einem unzumutbaren Nachweisverlangen im vorliegenden Fall somit nicht die Rede sein kann. Welche Bedeutung der Führung eines solchen Nachweises bzw. seinem Fehlen allgemein zukommen kann, bedarf mithin im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat bekräftigt insoweit mit Blick auf noch anhängige Parallelverfahren allerdings, dass grundsätzlich, wie dargelegt, von der Beurteilung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Notwendigkeit einer Behandlung bzw. Schutzimpfung auszugehen ist. Hiervon ausgehend wäre bei entsprechender Fallgestaltung sodann auch der Umstand zu würdigen, dass die STIKO bzw. der Beklagte für die Altersgruppe der 12- bis 17-jährigen Mädchen die Impfempfehlung bzw. die Annahme der beihilferechtlichen Notwendigkeit der Impfung nicht von einem Nachweis des Fehlens einer HPV-Vorinfektion abhängig macht, obwohl nach den von der STIKO referierten einschlägigen Untersuchungen Mädchen bis zum Alter 17 bereits zu 73 % sexuelle Erfahrungen haben, also eine mögliche Vorinfektion in diesen Fällen nicht als Hinderungsgrund für die Empfehlung bzw. die Anerkennung der beihilferechtlichen Notwendigkeit angesehen wird.
26 
Soweit der Beklagte noch die Aspekte Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gegen eine individuelle Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen im Einzelfall ins Feld führt, bewegt er sich außerhalb des normativen Bezugsrahmens des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.. Diese Vorschrift setzt bei Fehlen einer expliziten abschließenden (positiven oder negativen) Bestimmung des Verordnungsgebers zur beihilferechtlichen Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen oder Hilfsmittel (vgl. z.B. Anlage 3 zur Beihilfeverordnung), wie (unterstellt) hier, gerade eine solche Prüfung voraus. An diese normative Vorgabe hat sich die Beihilfestelle, unbeschadet der Möglichkeit interner Steuerung durch (insoweit lediglich norminterpretierende) Verwaltungsvorschriften, im Außenverhältnis zum Beihilfeberechtigten zu halten.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
29 
Beschluss vom 9. Juli 2009
30 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 GKG auf 271,65 EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
15 
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 125 Abs.1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO.
16 
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
17 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Versagung der beantragten Beihilfe ist rechtswidrig, denn der Kläger hat Anspruch auf die Bewilligung von Beihilfe für die HPV-Schutzimpfung seiner Tochter T.
18 
Rechtsgrundlage des Beihilfeanspruchs ist § 10 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Beihilfeverordnung in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung der Verordnung vom 28.07.1995 (GBl. S. 561), zuletzt geändert durch Art. 10 HaushaltsstrukturG 2004 v. 17.02.2004 (GBl. S. 66) - BVO a.F. -. Nach § 10 Abs. 4 BVO a.F. sind beihilfefähig Aufwendungen für Schutzimpfungen, ausgenommen jedoch solche aus Anlass von Reisen in Gebiete außerhalb Europas und solche aus beruflichen Gründen. Im Hinblick auf den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO (a. und n.F.) maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen ist der durch die Änderungsverordnung vom 30.10.2008 (GBl. S. 407) mit Wirkung vom 01.01.2009 novellierte § 10 Abs. 4 BVO n.F. im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar; nach dieser Novellierung sind nur noch Aufwendungen für Schutzimpfungen beihilfefähig, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes angeordnet oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlen sind.
19 
Dass die bei der Tochter des Klägers durchgeführte Schutzimpfung von dem hier noch einschlägigen § 10 Abs. 4 BVO a.F. erfasst wird, ist offensichtlich und wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Schutzimpfung erfüllt aber auch die weitere, grundsätzlich für alle Beihilfeleistungen geltende allgemeine Voraussetzung der Notwendigkeit und Angemessenheit nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 BVO a.F.. Danach sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie - was hier nicht streitig ist - der Höhe nach angemessen sind. Nach Satz 2 der Vorschrift entscheidet über die Notwendigkeit und die Angemessenheit die Beihilfestelle.
20 
Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, deren Anwendung im Einzelfall der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v 20.03.2008 - 2 C 19/06 -, NVwZ-RR 2008, 713). Aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BVO a.F. folgt nichts anderes. Diese Vorschrift stellt nur klar, dass die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen nicht abschließend vom Arzt zu bestimmen, sondern der objektiven behördlichen - und im Streitfall gerichtlichen - Kontrolle überantwortet ist. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind daher Erwägungen zu einer Typisierungs- oder Gestaltungsbefugnis der Beihilfestelle verfehlt. Eine solche mag dem Verordnungsgeber bei der normativen Ausgestaltung der Beihilfe zukommen, nicht aber der mit dem Verwaltungsvollzug betrauten Behörde bei der Anwendung der Beihilfevorschriften, sofern diese nicht ihrerseits, wofür im vorliegenden Zusammenhang indes nichts ersichtlich ist, eine Beurteilungs- oder Ermessensermächtigung für die Verwaltungsbehörde enthalten. Soweit dem vom Beklagten herangezogenen, zum rheinland-pfälzischen Beihilferecht ergangenen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz eine gegenteilige Auffassung zu entnehmen sein sollte, teilt der Senat diese nicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.02.2009 - 2 A 11125/08.OVG -, juris). Dementsprechend müssen sich auch zu den Beihilfevorschriften ergangene Anwendungshinweise und sonstige Erlasse gemäß ihrer Rechtsnatur als untergesetzliche Bestimmungen im Rahmen des normativen Programms halten und können bei unbestimmten Rechtsbegriffen nur norminterpretierend - ohne Bindungswirkung für das Verwaltungsgericht - Zweifelsfälle im Sinne einer einfachen und gleichartigen Handhabung der Beihilfevorschriften durch die Verwaltungsbehörde klären oder im Falle etwa normativ eingeräumter Beurteilungs- oder Ermessensspielräume deren Wahrnehmung - ggf. mit durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelter Bindungswirkung - lenken. Sie können aber nicht selbständig neue Leistungsausschlüsse schaffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008 - 2 C 9.07 -, NVwZ-RR 2008, 711).
21 
Die Beihilfevorschriften enthalten keine nähere Umschreibung dessen, was unter Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. zu verstehen ist. Allerdings kennt die Beihilfeverordnung, insbesondere in Anlage 3, Positivlisten, Einschränkungen sowie Ausschlusstatbestände für die Beihilfefähigkeit in bestimmten Fällen. Insofern könnte erwogen werden, ob § 10 Abs. 4 BVO a.F. nicht bereits eine in ähnlicher Weise abschließende Regelung zu entnehmen ist, dass Schutzimpfungen bzw. die für solche entstehenden Aufwendungen vom Verordnungsgeber selbst dem Grunde nach als notwendig anerkannt werden, ebenso wie umgekehrt § 10 Abs. 4 BVO n.F. auf den generellen Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht angeordneter oder von der obersten Gesundheitsbehörde des Landes öffentlich empfohlener Schutzimpfungen abzielt (zur Bedeutung von Positiv- bzw. Negativlisten vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.2008, a.a.O.). Dies kann hier aber dahinstehen. Selbst wenn § 10 Abs. 4 BVO a.F. keine so weitreichende, die Notwendigkeit der Aufwendungen i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO ohne Weiteres begründende Bedeutung beigemessen wird, ist § 10 Abs. 4 BVO a.F. jedenfalls die normative Aussage zu entnehmen, dass Schutzimpfungen dem Grunde nach als notwendige Aufwendungen auslösende medizinische Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind und nicht etwa wegen ihres Vorsorgecharakters von vornherein als lediglich nützlich oder sinnvoll einzustufen sind. Insoweit kann, anders als möglicherweise nach § 10 Abs. 4 BVO n.F., auch nicht eine öffentliche Empfehlung der obersten Landesbehörde oder einer besonders sachverständigen Stelle wie der STIKO zur unverzichtbaren Voraussetzung der Anerkennung der Notwendigkeit erhoben werden, wie es in der Argumentation des Beklagten anklingt. § 10 Abs. 4 BVO n.F. ist im vorliegenden Fall, wie ausgeführt, gerade noch nicht anwendbar, sein Regelungsgehalt darf daher auch nicht im Wege der Interpretation in den Begriff der Notwendigkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO vorverlagert werden.
22 
Spricht bereits die hier noch einschlägige Regelung des § 10 Abs. 4 BVO a.F. somit keinesfalls gegen, sondern eher für die Einbeziehung von Schutzimpfungen in den Kreis der dem Grunde nach notwendige Aufwendungen verursachenden medizinischen Maßnahmen, so kommt es darauf an, ob im Einzelfall Gründe vorliegen, die die Annahme der Notwendigkeit der Impfung weiter stützen oder aber ihr entgegenstehen. Insoweit ist nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu medizinischen Behandlungen zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen. Ihr wird regelmäßig zu folgen sein, weil der behandelnde Arzt über die erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2008, a.a.O.; v. 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801; Senatsbeschl. v. 05.05.2009 - 10 S 494/09 -). Eine Ausnahme gilt für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.06.1995 -a.a.O.).
23 
Diese Grundsätze können für Schutzimpfungen, so auch im vorliegenden Fall, entsprechend herangezogen werden mit dem Ergebnis, dass die von der Frauenärztin - nach Durchführung eines HPV-Infektionstests bei der Tochter des Klägers - vorgenommene Schutzimpfung aufgrund dieser ärztlichen Verordnung als notwendig i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. anzuerkennen ist. Denn die Frauenärztin ist damit nicht etwa einer wissenschaftlich nicht anerkannten Methode gefolgt. Vielmehr trifft das Gegenteil zu: An der wissenschaftlichen Anerkennung der Schutzimpfung gegen HPV-Viren als solcher besteht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Impfung bis heute kein vernünftiger Zweifel, mögen auch weitere Studien bzw. Untersuchungen diesen Kenntnisstand noch ausbauen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung - auch des Beklagten -, dass den einschlägigen Verlautbarungen der STIKO wegen deren durch § 20 Abs. 2 IfSG vom Gesetzgeber besonders herausgehobener Stellung als sachverständigem Gremium maßgebliches Gewicht zukommt, jedenfalls im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens. Die insbesondere im Epidemiologischen Bulletin der STIKO vom 23.03.2007 (Nr. 12/2007) getroffenen Feststellungen belegen aber die hohe Wirksamkeit der Schutzimpfung als solche mit dem (bei der Tochter des Klägers angewendeten) Präparat „Gardasil“, ebenso wie bei dem Konkurrenzprodukt „Cervarix“. In dem Bulletin wird insoweit ausgeführt (S. 99), dass nach Studien mit über 20.000 Frauen im Alter von 16 bis 26 Jahren die Wirksamkeit des Impfstoffs „Gardasil“ bei HPV-negativen Probanden die Wirksamkeit gegen die Virustypen HPV-16 bzw. -18 bei 95,2 % gelegen habe; bei einer modifizierten Probandengruppe von Frauen desselben Alters, die ohne Berücksichtigung des HPV-Status vor Impfung mindestens eine Dosis von „Gardasil“ erhalten hätten, habe sich eine Wirksamkeit von (immerhin noch) 46,4 % gezeigt. Für „Cervarix“ hätten die Studienergebnisse gezeigt, dass eine Impfung von HPV-negativen Probanden zu annähernd 100 % vor einer persistierenden Infektion schütze. Diese Angaben werden im Wesentlichen bestätigt in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Patientensicherheit in Deutschland bei Impfungen gegen HPV-Infektionen (BT-Drs. 16/9302 v. 28.05.2008).
24 
Die Feststellungen der STIKO zum Grad der Wirksamkeit der Impfung differenzieren also lediglich danach, ob eine Vorinfektion mit HPV-Viren vorlag oder nicht; dem entspricht die im Bulletin vom 23.07.2007 enthaltene Folgerung der STIKO, dass Frauen, die innerhalb des empfohlenen Zeitraums (Alter 12 bis 17 Jahre) keine Impfung gegen HPV erhalten haben, ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren könnten, und es in der Verantwortung des betreuenden Arztes liege, nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der Impfung seiner Patientinnen auf der Basis der Impfstoffzulassung darauf hinzuweisen (a.a.O. S. 1). Von diesen Aussagen zur Wirksamkeit, für die die Altersunterschiede zwischen 12 und 26 Jahren keine Rolle spielen, sondern allein das Bestehen oder Fehlen einer Vorinfektion, ist zu unterscheiden die von der STIKO verlautbarte, auch auf andere Gesichtspunkte als allein die Wirksamkeit gestützte allgemeine altersgruppenspezifische Impfempfehlung. Auf diese erforderliche Differenzierung hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht abgehoben. In Bezug auf die Altersgrenzen wurden von der STIKO nämlich zusätzlich zu den klinischen Studienergebnissen über Immunogenität und Verträglichkeit der HPV-Impfung verschiedene weitere Aspekte berücksichtigt, nämlich der Zeitpunkt der ersten sexuellen Kontakte, Synergieeffekte der Inanspruchnahme bereits bestehender Impfempfehlungen, Bereitschaft der Mädchen zur Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten, der Zeitpunkt des ersten Frauenarztbesuches, also die Erreichbarkeit der Zielgruppe. Mit diesen heterogenen Erwägungen hat die STIKO ihre vorausgegangenen Feststellungen zur medizinischen Wirksamkeit der Schutzimpfung gerade nicht in Frage gestellt.
25 
Kommt es für die Beurteilung der Notwendigkeit der fachärztlich verordneten Impfung bzw. der Aufwendungen für diese aber allein auf die mutmaßliche Wirksamkeit der Impfung an, so ist diese hier bereits deshalb anzunehmen, weil bei der Tochter des Klägers ausweislich der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der bei der Impfung tätig gewordenen Frauenärztin zuvor ein HPV-Test mit negativem Ergebnis durchgeführt worden ist. Damit ist auch vom Ausgangspunkt des Bulletins der STIKO her mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Wirksamkeit der Impfung bei der Tochter des Klägers auszugehen. Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, ein Nachweisverlangen in Bezug auf das (Nicht-)Vorliegen einer HPV-Vorinfektion bzw. sexueller Aktivität führe zu einem unzumutbaren Eingriff in die Intimsphäre, ist jedenfalls im vorliegenden Verfahren unerheblich. Er geht daran vorbei, dass die Tochter des Klägers von sich aus den entsprechenden Negativbefund vorgelegt hat, von einem unzumutbaren Nachweisverlangen im vorliegenden Fall somit nicht die Rede sein kann. Welche Bedeutung der Führung eines solchen Nachweises bzw. seinem Fehlen allgemein zukommen kann, bedarf mithin im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Der Senat bekräftigt insoweit mit Blick auf noch anhängige Parallelverfahren allerdings, dass grundsätzlich, wie dargelegt, von der Beurteilung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Notwendigkeit einer Behandlung bzw. Schutzimpfung auszugehen ist. Hiervon ausgehend wäre bei entsprechender Fallgestaltung sodann auch der Umstand zu würdigen, dass die STIKO bzw. der Beklagte für die Altersgruppe der 12- bis 17-jährigen Mädchen die Impfempfehlung bzw. die Annahme der beihilferechtlichen Notwendigkeit der Impfung nicht von einem Nachweis des Fehlens einer HPV-Vorinfektion abhängig macht, obwohl nach den von der STIKO referierten einschlägigen Untersuchungen Mädchen bis zum Alter 17 bereits zu 73 % sexuelle Erfahrungen haben, also eine mögliche Vorinfektion in diesen Fällen nicht als Hinderungsgrund für die Empfehlung bzw. die Anerkennung der beihilferechtlichen Notwendigkeit angesehen wird.
26 
Soweit der Beklagte noch die Aspekte Verwaltungspraktikabilität und -ökonomie gegen eine individuelle Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der Aufwendungen im Einzelfall ins Feld führt, bewegt er sich außerhalb des normativen Bezugsrahmens des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.. Diese Vorschrift setzt bei Fehlen einer expliziten abschließenden (positiven oder negativen) Bestimmung des Verordnungsgebers zur beihilferechtlichen Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen oder Hilfsmittel (vgl. z.B. Anlage 3 zur Beihilfeverordnung), wie (unterstellt) hier, gerade eine solche Prüfung voraus. An diese normative Vorgabe hat sich die Beihilfestelle, unbeschadet der Möglichkeit interner Steuerung durch (insoweit lediglich norminterpretierende) Verwaltungsvorschriften, im Außenverhältnis zum Beihilfeberechtigten zu halten.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
29 
Beschluss vom 9. Juli 2009
30 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 GKG auf 271,65 EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
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published on 18/03/2015 00:00

Tenor Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in der Höhe von 187,60 EUR zu gewähren.Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 24.07.2013 und dessen Widerspruchbescheid vom 30.07.2013 werden
published on 26/07/2010 00:00

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. September 2008 - 12 K 3408/07 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
published on 16/04/2010 00:00

Gründe I. 1 Der Kläger begehrt die anteilige Erstattung von Kosten für die Impfung seiner beiden Töchter gegen Gebärmutterhalskrebs. 2 Der Kläger ist Beamter des L
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Annotations

(1) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die obersten Landesgesundheitsbehörden und die von ihnen beauftragten Stellen sowie die Gesundheitsämter informieren die Bevölkerung zielgruppenspezifisch über die Bedeutung von Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten. Bei der Information der Bevölkerung soll die vorhandene Evidenz zu bestehenden Impflücken berücksichtigt werden.

(2) Beim Robert Koch-Institut wird eine Ständige Impfkommission eingerichtet. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf. Die Kommission gibt Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen und zur Durchführung anderer Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten und entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung. Die Mitglieder der Kommission werden vom Bundesministerium für Gesundheit im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden berufen. Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit, der obersten Landesgesundheitsbehörden, des Robert Koch-Institutes und des Paul-Ehrlich-Institutes nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen teil. Weitere Vertreter von Bundesbehörden können daran teilnehmen. Die Empfehlungen der Kommission werden von dem Robert Koch-Institut den obersten Landesgesundheitsbehörden übermittelt und anschließend veröffentlicht.

(2a) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haben sich insbesondere an folgenden Impfzielen auszurichten:

1.
Reduktion schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe,
2.
Unterbindung einer Transmission des Coronavirus SARS-CoV-2,
3.
Schutz von Personen mit besonders hohem Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf,
4.
Schutz von Personen mit besonders hohem behinderungs-, tätigkeits- oder aufenthaltsbedingtem Infektionsrisiko,
5.
Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen, von Kritischen Infrastrukturen, von zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge und des öffentlichen Lebens.
Die auf Grund des § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe f sowie des § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Rechtsverordnungen haben sich an den in Satz 1 genannten Impfzielen im Fall beschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen bei notwendigen Priorisierungen auszurichten.

(3) Die obersten Landesgesundheitsbehörden sollen öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission aussprechen.

(4) Zur Durchführung von Schutzimpfungen ist jeder Arzt berechtigt. Fachärzte dürfen Schutzimpfungen unabhängig von den Grenzen der Ausübung ihrer fachärztlichen Tätigkeit durchführen. Die Berechtigung zur Durchführung von Schutzimpfungen nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften bleibt unberührt.

(5) Die obersten Landesgesundheitsbehörden können bestimmen, dass die Gesundheitsämter unentgeltlich Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen bestimmte übertragbare Krankheiten durchführen. Die zuständigen Behörden können mit den Maßnahmen nach Satz 1 Dritte beauftragen. Soweit die von der Maßnahme betroffene Person gegen einen anderen Kostenträger einen Anspruch auf entsprechende Leistungen hat oder einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für entsprechende Leistungen hätte, ist dieser zur Tragung der Sachkosten verpflichtet. Wenn Dritte nach Satz 2 beauftragt wurden, ist der andere Kostenträger auch zur Tragung dieser Kosten verpflichtet, soweit diese angemessen sind.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilnehmen können, können durch Rechtsverordnung nach Satz 1 nicht zu einer Teilnahme an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe verpflichtet werden. § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.

(7) Solange das Bundesministerium für Gesundheit von der Ermächtigung nach Absatz 6 keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Absatz 6 ermächtigt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die obersten Landesgesundheitsbehörden übertragen.

(8) Folgende Personen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind, müssen entweder einen nach den Maßgaben von Satz 2 ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder ab der Vollendung des ersten Lebensjahres eine Immunität gegen Masern aufweisen:

1.
Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,
2.
Personen, die bereits vier Wochen
a)
in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder
b)
in einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, und
3.
Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.
Ein ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht, wenn ab der Vollendung des ersten Lebensjahres mindestens eine Schutzimpfung und ab der Vollendung des zweiten Lebensjahres mindestens zwei Schutzimpfungen gegen Masern bei der betroffenen Person durchgeführt wurden. Satz 1 gilt auch, wenn zur Erlangung von Impfschutz gegen Masern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten enthalten. Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.

(9) Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn ihrer Betreuung oder ihrer Tätigkeit folgenden Nachweis vorzulegen:

1.
eine Impfdokumentation nach § 22 Absatz 1 und 2 oder ein ärztliches Zeugnis, auch in Form einer Dokumentation nach § 26 Absatz 2 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, darüber, dass bei ihnen ein nach den Maßgaben von Absatz 8 Satz 2 ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht,
2.
ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bei ihnen eine Immunität gegen Masern vorliegt oder sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können oder
3.
eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung darüber, dass ein Nachweis nach Nummer 1 oder Nummer 2 bereits vorgelegen hat.
Wenn der Nachweis nach Satz 1 von einer Person, die auf Grund einer nach Satz 8 zugelassenen Ausnahme oder nach Satz 9 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt oder tätig werden darf, nicht vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass
1.
der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,
2.
die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,
3.
die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.
Die Behörde, die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 43 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständig ist, kann bestimmen, dass vor dem Beginn der Tätigkeit im Rahmen der Kindertagespflege der Nachweis nach Satz 1 ihr gegenüber zu erbringen ist; in diesen Fällen hat die Benachrichtigung nach Satz 2 durch sie zu erfolgen. Eine Benachrichtigungspflicht nach Satz 2 besteht nicht, wenn der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder der anderen nach Satz 3 Nummer 2 oder Satz 4 bestimmten Stelle bekannt ist, dass das Gesundheitsamt oder die andere nach Satz 3 Nummer 3 bestimmte Stelle über den Fall bereits informiert ist. Eine Person, die ab der Vollendung des ersten Lebensjahres keinen Nachweis nach Satz 1 vorlegt, darf nicht in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt werden. Eine Person, die über keinen Nachweis nach Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 nicht tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 6 und 7 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Masernkomponente, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Masernkomponente bleiben unberücksichtigt. Eine Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, darf in Abweichung von Satz 6 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 3 betreut werden.

(9a) Sofern sich ergibt, dass ein Impfschutz gegen Masern erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist oder vervollständigt werden kann oder ein Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 innerhalb eines Monats, nachdem es ihnen möglich war, einen Impfschutz gegen Masern zu erlangen oder zu vervollständigen, oder innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 gilt entsprechend.

(10) Personen, die am 1. März 2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut wurden und noch werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig waren und noch sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.

(11) Personen, die bereits vier Wochen in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 wie folgt vorzulegen:

1.
innerhalb von vier weiteren Wochen oder,
2.
wenn sie am 1. März 2020 bereits betreut wurden und noch werden oder untergebracht waren und noch sind, bis zum Ablauf des 31. Juli 2022.
Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 nicht innerhalb von vier weiteren Wochen oder in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.

(12) Folgende Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 vorzulegen:

1.
Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,
2.
Personen, die bereits acht Wochen
a)
in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder
b)
in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind und
3.
Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.
Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen Masern geimpft werden kann; Personen, die über die Echtheit oder inhaltliche Richtigkeit des vorgelegten Nachweises Auskunft geben können, sind verpflichtet, auf Verlangen des Gesundheitsamtes die erforderlichen Auskünfte insbesondere über die dem Nachweis zugrundeliegenden Tatsachen zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und Einsicht zu gewähren; § 15a Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorgelegt wird, kann das Gesundheitsamt die zur Vorlage des Nachweises verpflichtete Person zu einer Beratung laden und hat diese zu einer Vervollständigung des Impfschutzes gegen Masern aufzufordern. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung tätig wird. Einer Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Einrichtung nach § 33 Nummer 3 dienenden Räume zu betreten. Einer Person, die einer Unterbringungspflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 oder einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 dienenden Räume zu betreten. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 1 oder Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 4 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung. Sobald ein Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 vorgelegt wird, ist die Maßnahme nach Satz 4 aufzuheben und das Verwaltungszwangsverfahren mit sofortiger Wirkung einzustellen.

(13) Wenn eine nach den Absätzen 9 bis 12 verpflichtete Person minderjährig ist, so hat derjenige für die Einhaltung der diese Person nach den Absätzen 9 bis 12 treffenden Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für diese Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft den Betreuer einer von Verpflichtungen nach den Absätzen 9 bis 12 betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu seinem Aufgabenkreis gehört.

(14) Durch die Absätze 6 bis 12 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die obersten Landesgesundheitsbehörden und die von ihnen beauftragten Stellen sowie die Gesundheitsämter informieren die Bevölkerung zielgruppenspezifisch über die Bedeutung von Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten. Bei der Information der Bevölkerung soll die vorhandene Evidenz zu bestehenden Impflücken berücksichtigt werden.

(2) Beim Robert Koch-Institut wird eine Ständige Impfkommission eingerichtet. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf. Die Kommission gibt Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen und zur Durchführung anderer Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten und entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung. Die Mitglieder der Kommission werden vom Bundesministerium für Gesundheit im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden berufen. Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit, der obersten Landesgesundheitsbehörden, des Robert Koch-Institutes und des Paul-Ehrlich-Institutes nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen teil. Weitere Vertreter von Bundesbehörden können daran teilnehmen. Die Empfehlungen der Kommission werden von dem Robert Koch-Institut den obersten Landesgesundheitsbehörden übermittelt und anschließend veröffentlicht.

(2a) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haben sich insbesondere an folgenden Impfzielen auszurichten:

1.
Reduktion schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe,
2.
Unterbindung einer Transmission des Coronavirus SARS-CoV-2,
3.
Schutz von Personen mit besonders hohem Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf,
4.
Schutz von Personen mit besonders hohem behinderungs-, tätigkeits- oder aufenthaltsbedingtem Infektionsrisiko,
5.
Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen, von Kritischen Infrastrukturen, von zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge und des öffentlichen Lebens.
Die auf Grund des § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe f sowie des § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Rechtsverordnungen haben sich an den in Satz 1 genannten Impfzielen im Fall beschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen bei notwendigen Priorisierungen auszurichten.

(3) Die obersten Landesgesundheitsbehörden sollen öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission aussprechen.

(4) Zur Durchführung von Schutzimpfungen ist jeder Arzt berechtigt. Fachärzte dürfen Schutzimpfungen unabhängig von den Grenzen der Ausübung ihrer fachärztlichen Tätigkeit durchführen. Die Berechtigung zur Durchführung von Schutzimpfungen nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften bleibt unberührt.

(5) Die obersten Landesgesundheitsbehörden können bestimmen, dass die Gesundheitsämter unentgeltlich Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen bestimmte übertragbare Krankheiten durchführen. Die zuständigen Behörden können mit den Maßnahmen nach Satz 1 Dritte beauftragen. Soweit die von der Maßnahme betroffene Person gegen einen anderen Kostenträger einen Anspruch auf entsprechende Leistungen hat oder einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für entsprechende Leistungen hätte, ist dieser zur Tragung der Sachkosten verpflichtet. Wenn Dritte nach Satz 2 beauftragt wurden, ist der andere Kostenträger auch zur Tragung dieser Kosten verpflichtet, soweit diese angemessen sind.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilnehmen können, können durch Rechtsverordnung nach Satz 1 nicht zu einer Teilnahme an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe verpflichtet werden. § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.

(7) Solange das Bundesministerium für Gesundheit von der Ermächtigung nach Absatz 6 keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Absatz 6 ermächtigt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die obersten Landesgesundheitsbehörden übertragen.

(8) Folgende Personen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind, müssen entweder einen nach den Maßgaben von Satz 2 ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder ab der Vollendung des ersten Lebensjahres eine Immunität gegen Masern aufweisen:

1.
Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,
2.
Personen, die bereits vier Wochen
a)
in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder
b)
in einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, und
3.
Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.
Ein ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht, wenn ab der Vollendung des ersten Lebensjahres mindestens eine Schutzimpfung und ab der Vollendung des zweiten Lebensjahres mindestens zwei Schutzimpfungen gegen Masern bei der betroffenen Person durchgeführt wurden. Satz 1 gilt auch, wenn zur Erlangung von Impfschutz gegen Masern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten enthalten. Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.

(9) Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn ihrer Betreuung oder ihrer Tätigkeit folgenden Nachweis vorzulegen:

1.
eine Impfdokumentation nach § 22 Absatz 1 und 2 oder ein ärztliches Zeugnis, auch in Form einer Dokumentation nach § 26 Absatz 2 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, darüber, dass bei ihnen ein nach den Maßgaben von Absatz 8 Satz 2 ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht,
2.
ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bei ihnen eine Immunität gegen Masern vorliegt oder sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können oder
3.
eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung darüber, dass ein Nachweis nach Nummer 1 oder Nummer 2 bereits vorgelegen hat.
Wenn der Nachweis nach Satz 1 von einer Person, die auf Grund einer nach Satz 8 zugelassenen Ausnahme oder nach Satz 9 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt oder tätig werden darf, nicht vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass
1.
der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,
2.
die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,
3.
die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.
Die Behörde, die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 43 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständig ist, kann bestimmen, dass vor dem Beginn der Tätigkeit im Rahmen der Kindertagespflege der Nachweis nach Satz 1 ihr gegenüber zu erbringen ist; in diesen Fällen hat die Benachrichtigung nach Satz 2 durch sie zu erfolgen. Eine Benachrichtigungspflicht nach Satz 2 besteht nicht, wenn der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder der anderen nach Satz 3 Nummer 2 oder Satz 4 bestimmten Stelle bekannt ist, dass das Gesundheitsamt oder die andere nach Satz 3 Nummer 3 bestimmte Stelle über den Fall bereits informiert ist. Eine Person, die ab der Vollendung des ersten Lebensjahres keinen Nachweis nach Satz 1 vorlegt, darf nicht in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt werden. Eine Person, die über keinen Nachweis nach Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 nicht tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 6 und 7 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Masernkomponente, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Masernkomponente bleiben unberücksichtigt. Eine Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, darf in Abweichung von Satz 6 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 3 betreut werden.

(9a) Sofern sich ergibt, dass ein Impfschutz gegen Masern erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist oder vervollständigt werden kann oder ein Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 innerhalb eines Monats, nachdem es ihnen möglich war, einen Impfschutz gegen Masern zu erlangen oder zu vervollständigen, oder innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 gilt entsprechend.

(10) Personen, die am 1. März 2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut wurden und noch werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig waren und noch sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.

(11) Personen, die bereits vier Wochen in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 wie folgt vorzulegen:

1.
innerhalb von vier weiteren Wochen oder,
2.
wenn sie am 1. März 2020 bereits betreut wurden und noch werden oder untergebracht waren und noch sind, bis zum Ablauf des 31. Juli 2022.
Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 nicht innerhalb von vier weiteren Wochen oder in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.

(12) Folgende Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 vorzulegen:

1.
Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,
2.
Personen, die bereits acht Wochen
a)
in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder
b)
in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind und
3.
Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.
Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen Masern geimpft werden kann; Personen, die über die Echtheit oder inhaltliche Richtigkeit des vorgelegten Nachweises Auskunft geben können, sind verpflichtet, auf Verlangen des Gesundheitsamtes die erforderlichen Auskünfte insbesondere über die dem Nachweis zugrundeliegenden Tatsachen zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und Einsicht zu gewähren; § 15a Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorgelegt wird, kann das Gesundheitsamt die zur Vorlage des Nachweises verpflichtete Person zu einer Beratung laden und hat diese zu einer Vervollständigung des Impfschutzes gegen Masern aufzufordern. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung tätig wird. Einer Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Einrichtung nach § 33 Nummer 3 dienenden Räume zu betreten. Einer Person, die einer Unterbringungspflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 oder einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 dienenden Räume zu betreten. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 1 oder Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 4 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung. Sobald ein Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 vorgelegt wird, ist die Maßnahme nach Satz 4 aufzuheben und das Verwaltungszwangsverfahren mit sofortiger Wirkung einzustellen.

(13) Wenn eine nach den Absätzen 9 bis 12 verpflichtete Person minderjährig ist, so hat derjenige für die Einhaltung der diese Person nach den Absätzen 9 bis 12 treffenden Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für diese Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft den Betreuer einer von Verpflichtungen nach den Absätzen 9 bis 12 betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu seinem Aufgabenkreis gehört.

(14) Durch die Absätze 6 bis 12 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die obersten Landesgesundheitsbehörden und die von ihnen beauftragten Stellen sowie die Gesundheitsämter informieren die Bevölkerung zielgruppenspezifisch über die Bedeutung von Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten. Bei der Information der Bevölkerung soll die vorhandene Evidenz zu bestehenden Impflücken berücksichtigt werden.

(2) Beim Robert Koch-Institut wird eine Ständige Impfkommission eingerichtet. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf. Die Kommission gibt Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen und zur Durchführung anderer Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten und entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung. Die Mitglieder der Kommission werden vom Bundesministerium für Gesundheit im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden berufen. Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit, der obersten Landesgesundheitsbehörden, des Robert Koch-Institutes und des Paul-Ehrlich-Institutes nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen teil. Weitere Vertreter von Bundesbehörden können daran teilnehmen. Die Empfehlungen der Kommission werden von dem Robert Koch-Institut den obersten Landesgesundheitsbehörden übermittelt und anschließend veröffentlicht.

(2a) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haben sich insbesondere an folgenden Impfzielen auszurichten:

1.
Reduktion schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe,
2.
Unterbindung einer Transmission des Coronavirus SARS-CoV-2,
3.
Schutz von Personen mit besonders hohem Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf,
4.
Schutz von Personen mit besonders hohem behinderungs-, tätigkeits- oder aufenthaltsbedingtem Infektionsrisiko,
5.
Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen, von Kritischen Infrastrukturen, von zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge und des öffentlichen Lebens.
Die auf Grund des § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe f sowie des § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Rechtsverordnungen haben sich an den in Satz 1 genannten Impfzielen im Fall beschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen bei notwendigen Priorisierungen auszurichten.

(3) Die obersten Landesgesundheitsbehörden sollen öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission aussprechen.

(4) Zur Durchführung von Schutzimpfungen ist jeder Arzt berechtigt. Fachärzte dürfen Schutzimpfungen unabhängig von den Grenzen der Ausübung ihrer fachärztlichen Tätigkeit durchführen. Die Berechtigung zur Durchführung von Schutzimpfungen nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften bleibt unberührt.

(5) Die obersten Landesgesundheitsbehörden können bestimmen, dass die Gesundheitsämter unentgeltlich Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen bestimmte übertragbare Krankheiten durchführen. Die zuständigen Behörden können mit den Maßnahmen nach Satz 1 Dritte beauftragen. Soweit die von der Maßnahme betroffene Person gegen einen anderen Kostenträger einen Anspruch auf entsprechende Leistungen hat oder einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für entsprechende Leistungen hätte, ist dieser zur Tragung der Sachkosten verpflichtet. Wenn Dritte nach Satz 2 beauftragt wurden, ist der andere Kostenträger auch zur Tragung dieser Kosten verpflichtet, soweit diese angemessen sind.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilnehmen können, können durch Rechtsverordnung nach Satz 1 nicht zu einer Teilnahme an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe verpflichtet werden. § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.

(7) Solange das Bundesministerium für Gesundheit von der Ermächtigung nach Absatz 6 keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Absatz 6 ermächtigt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die obersten Landesgesundheitsbehörden übertragen.

(8) Folgende Personen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind, müssen entweder einen nach den Maßgaben von Satz 2 ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder ab der Vollendung des ersten Lebensjahres eine Immunität gegen Masern aufweisen:

1.
Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,
2.
Personen, die bereits vier Wochen
a)
in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder
b)
in einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, und
3.
Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.
Ein ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht, wenn ab der Vollendung des ersten Lebensjahres mindestens eine Schutzimpfung und ab der Vollendung des zweiten Lebensjahres mindestens zwei Schutzimpfungen gegen Masern bei der betroffenen Person durchgeführt wurden. Satz 1 gilt auch, wenn zur Erlangung von Impfschutz gegen Masern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten enthalten. Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.

(9) Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn ihrer Betreuung oder ihrer Tätigkeit folgenden Nachweis vorzulegen:

1.
eine Impfdokumentation nach § 22 Absatz 1 und 2 oder ein ärztliches Zeugnis, auch in Form einer Dokumentation nach § 26 Absatz 2 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, darüber, dass bei ihnen ein nach den Maßgaben von Absatz 8 Satz 2 ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht,
2.
ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bei ihnen eine Immunität gegen Masern vorliegt oder sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können oder
3.
eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung darüber, dass ein Nachweis nach Nummer 1 oder Nummer 2 bereits vorgelegen hat.
Wenn der Nachweis nach Satz 1 von einer Person, die auf Grund einer nach Satz 8 zugelassenen Ausnahme oder nach Satz 9 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt oder tätig werden darf, nicht vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass
1.
der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,
2.
die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,
3.
die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.
Die Behörde, die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 43 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zuständig ist, kann bestimmen, dass vor dem Beginn der Tätigkeit im Rahmen der Kindertagespflege der Nachweis nach Satz 1 ihr gegenüber zu erbringen ist; in diesen Fällen hat die Benachrichtigung nach Satz 2 durch sie zu erfolgen. Eine Benachrichtigungspflicht nach Satz 2 besteht nicht, wenn der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder der anderen nach Satz 3 Nummer 2 oder Satz 4 bestimmten Stelle bekannt ist, dass das Gesundheitsamt oder die andere nach Satz 3 Nummer 3 bestimmte Stelle über den Fall bereits informiert ist. Eine Person, die ab der Vollendung des ersten Lebensjahres keinen Nachweis nach Satz 1 vorlegt, darf nicht in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 beschäftigt werden. Eine Person, die über keinen Nachweis nach Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 nicht tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 6 und 7 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Masernkomponente, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Masernkomponente bleiben unberücksichtigt. Eine Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, darf in Abweichung von Satz 6 in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 3 betreut werden.

(9a) Sofern sich ergibt, dass ein Impfschutz gegen Masern erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist oder vervollständigt werden kann oder ein Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 innerhalb eines Monats, nachdem es ihnen möglich war, einen Impfschutz gegen Masern zu erlangen oder zu vervollständigen, oder innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 gilt entsprechend.

(10) Personen, die am 1. März 2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut wurden und noch werden oder in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig waren und noch sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorzulegen. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.

(11) Personen, die bereits vier Wochen in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 wie folgt vorzulegen:

1.
innerhalb von vier weiteren Wochen oder,
2.
wenn sie am 1. März 2020 bereits betreut wurden und noch werden oder untergebracht waren und noch sind, bis zum Ablauf des 31. Juli 2022.
Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 nicht innerhalb von vier weiteren Wochen oder in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 nicht bis zum Ablauf des 31. Juli 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die Einrichtung befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Angaben zu übermitteln. Absatz 9 Satz 3 findet entsprechende Anwendung.

(12) Folgende Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 vorzulegen:

1.
Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 betreut werden,
2.
Personen, die bereits acht Wochen
a)
in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 4 betreut werden oder
b)
in Einrichtungen nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 untergebracht sind und
3.
Personen, die in Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Satz 1, § 33 Nummer 1 bis 4 oder § 36 Absatz 1 Nummer 4 tätig sind.
Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen Masern geimpft werden kann; Personen, die über die Echtheit oder inhaltliche Richtigkeit des vorgelegten Nachweises Auskunft geben können, sind verpflichtet, auf Verlangen des Gesundheitsamtes die erforderlichen Auskünfte insbesondere über die dem Nachweis zugrundeliegenden Tatsachen zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und Einsicht zu gewähren; § 15a Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Wenn der Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorgelegt wird, kann das Gesundheitsamt die zur Vorlage des Nachweises verpflichtete Person zu einer Beratung laden und hat diese zu einer Vervollständigung des Impfschutzes gegen Masern aufzufordern. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 8 Satz 1 genannten Einrichtung dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung tätig wird. Einer Person, die einer gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Einrichtung nach § 33 Nummer 3 dienenden Räume zu betreten. Einer Person, die einer Unterbringungspflicht unterliegt, kann in Abweichung von Satz 4 nicht untersagt werden, die dem Betrieb einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nummer 4 oder einer Einrichtung nach § 36 Absatz 1 Nummer 4 dienenden Räume zu betreten. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 1 oder Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 4 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung. Sobald ein Nachweis nach Absatz 9 Satz 1 vorgelegt wird, ist die Maßnahme nach Satz 4 aufzuheben und das Verwaltungszwangsverfahren mit sofortiger Wirkung einzustellen.

(13) Wenn eine nach den Absätzen 9 bis 12 verpflichtete Person minderjährig ist, so hat derjenige für die Einhaltung der diese Person nach den Absätzen 9 bis 12 treffenden Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für diese Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft den Betreuer einer von Verpflichtungen nach den Absätzen 9 bis 12 betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu seinem Aufgabenkreis gehört.

(14) Durch die Absätze 6 bis 12 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.