Verwaltungsgericht Trier Urteil, 10. Mai 2011 - 1 K 1550/10.TR

ECLI: ECLI:DE:VGTRIER:2011:0510.1K1550.10.TR.0A
published on 10/05/2011 00:00
Verwaltungsgericht Trier Urteil, 10. Mai 2011 - 1 K 1550/10.TR
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Gericht

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Unterhaltsbeihilfe und begehrt einen finanziellen Ausgleich für nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaub.

2

Die Klägerin wurde mit Wirkung vom 2. Mai 2007 als Rechtsreferendarin in den juristischen Vorbereitungsdienst des Beklagten aufgenommen. Am 11. Mai 2009 legte sie erfolgreich die mündliche Prüfung für das 2. Juristische Staatsexamen ab.

3

Mit Schreiben vom 18. Mai 2009 bat die Klägerin um Entlassung aus dem juristischen Vorbereitungsdienst mit Ablauf des 14. Mai 2009 zwecks Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung ab dem 15. Mai 2009. Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag beantragte sie die Abgeltung des bestehenden Resturlaubs von 10 Urlaubstagen.

4

Mit Bescheid vom 2. Juni 2009 bewilligte die Personalstelle des Oberlandesgerichts Koblenz der Klägerin für den Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge.

5

Unter dem 22. Juni 2009 teilte die OFD - ZBV - der Klägerin mit, dass ihr Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31. Mai 2009 beendet gewesen sei. Aufgrund der Bewilligung von Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge für die Zeit vom 15. bis 31. Mai 2009 sei eine Überzahlung in Höhe von 466,47 € entstanden. Sie werde gebeten, den überzahlten Betrag auszugleichen.

6

Nach wiederholter Bitte des Beklagten auf Rückzahlung erklärte die Klägerin unter dem 29. Juli 2009 die Aufrechnung mit dem geltend gemachten Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaubs. Hilfsweise beantragte sie, aus Gründen der Billigkeit von der Rückzahlungsforderung abzusehen.

7

Nachdem die Klägerin noch mehrmals zur Zahlung aufgefordert worden war, wies sie mit Schreiben vom 10. Mai 2010 hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf finanzielle Urlaubsabgeltung auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 30. März 2010 - 2 A 11321/09 - hin. Danach ergebe sich auf der Grundlage der Richtlinie 2003/88/EG ein Anspruch auf finanzielle Vergütung des nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaubs. Die im dortigen Verfahren ergangene ablehnende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz trage eine Ablehnung der finanziellen Abgeltung in ihrem Fall nicht. Es bestünden strukturelle Unterschiede zwischen dem Gegenstand der zitierten Rechtsprechung gewesenen Beamtenverhältnis und dem Referendarverhältnis.

8

Mit Schreiben vom 18. Mai 2010 teilte die Oberfinanzdirektion - ZBV - der Klägerin mit, dass sich aus europarechtlichen Regelungen kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich von nicht in Anspruch genommenem Urlaub ergebe. Nach der zugrundegelegten Richtlinie käme eine Abgeltung nur im Krankheitsfall in Betracht. Sie - die Klägerin - sei jedoch ohne Dienstbezüge beurlaubt gewesen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz habe bestätigt, dass ein Beamter keinen Anspruch auf die finanzielle Abgeltung von Urlaub habe, den er krankheitsbedingt nicht habe nehmen können. Das Beamtenrecht sehe - anders als das Arbeitsrecht- keine Abfindung für nicht genommenen Erholungsurlaub vor. Die Unmöglichkeit, Erholungsurlaub zu nehmen, sei für den Beamten mit keinem finanziellen Nachteil verbunden, der ausgeglichen werden müsse. Ähnlich wie im Beamtenverhältnis würden auch die für Rechtsreferendare geltenden Bestimmungen Vorteile im Vergleich zu gesetzlich versicherten Arbeitnehmern begründen. Rechtsreferendare hätten nach § 6 Abs. 5 Nr. 1 JAG im Krankheitsfall einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Zahlung der Unterhaltsbeihilfe unter Berücksichtigung eines familienbedingten Mehrbedarfs. Sie werde daher gebeten, die ausstehende Forderung zu begleichen.

9

Mit Bescheid vom 17. September 2010 forderte die OFD - ZBV- die Klägerin auf, Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 466,47 € zurückzuzahlen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Klägerin für die Zeit vom 15. bis 31. Mai 2009 Unterhaltsbeihilfe nicht zugestanden habe, weil sie ihre Entlassung mit Ablauf des 14. Mai 2009 zur Aufnahme einer Vollzeittätigkeit als Rechtsassessorin ab dem 15. Mai 2009 beantragt habe. Aus Rechtsgründen sei eine rückwirkende Entlassung nicht möglich gewesen, so dass sie unter Wegfall der Dienstbezüge gemäß § 32 a Urlaubsverordnung ab dem 15. Mai 2009 beurlaubt worden sei. Von der Rückforderung könne aus Billigkeitsgründen weder ganz noch teilweise abgesehen werden. Die Klägerin habe ihre Entlassung selbst beantragt und daher gewusst, dass ihr für den Zeitraum keine Unterhaltsbeihilfe zustehe. Da die Rückforderung somit auf ein von der Klägerin zu vertretendes Verhalten zurückzuführen und sie als Anwältin tätig sei, lägen keine Erkenntnisse vor, die einer Rückforderung des geltend gemachten Betrages im Ganzen im Wege stünden. Der Anspruch sei auch nicht durch Aufrechnung erloschen, da ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung weder nach nationalem noch nach europäischem Recht bestehe.

10

Mit Schreiben vom 07. Oktober 2010 legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie vortrug, ein Anspruch auf Gewährung von finanziellem Ausgleich wegen Resturlaubs folge unmittelbar aus Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG. Wenn das Arbeitsverhältnis ende, sei es nicht mehr möglich, Jahresurlaub zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des EuGH sehe Artikel 7 Abs. 2 der genannten Richtlinie vor, dass Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung hätten, um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen dieser Unmöglichkeit jeder Genuss des Anspruchs, selbst in finanzieller Form, verwehrt werde (Urteil vom 20. Januar 2009 - C 350/06 - Rn. 56 -). Dieser Anspruch bestehe danach sogar dann, wenn der Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht habe genommen werden können. Der Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 umfasse die ihr zustehenden restlichen 10 Urlaubstage. Die gewährte Unterhaltsbeihilfe sei zur Lebensführung verbraucht worden, weil die Lohnzahlung für Mai 2009 durch ihren Arbeitgeber erst am 24. Juni 2009 erfolgt sei.

11

In der Folge erklärte das für die Klägerin zuständige Finanzamt hinsichtlich der Überzahlung gegenüber der Klägerin die Aufrechnung mit ihr zu erstattender Steuer.

12

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 rügte die Klägerin die Aufrechnung als rechtswidrig und verwies auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20. November 2008 - 3 C 13/08 -) sowie des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 14. November 2000 - VII R 85/99 -). Die erklärte Aufrechnung stelle die faktische Vollziehung des Bescheides dar, obgleich aufgrund des Widerspruchs aufschiebende Wirkung eingetreten sei.

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2010 stellte der Beklagte fest, dass der Leistungsbescheid vom 17. September 2010 rechtmäßig sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Rückforderungsanspruch in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bestehe und nicht durch Aufrechnung seitens der Klägerin erloschen sei. Von der Rückforderung könne nicht aus Billigkeitsgründen abgesehen werden. Die Rückforderung habe sie zu vertreten, was einem Absehen hiervon im Wege stehe. Die Forderung sei auch nicht durch Aufrechnung seitens der Klägerin erloschen; sie habe keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in finanzieller Form. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, da ihr aufgrund der beantragten Entlassung bewusst gewesen sei, dass ihr die Unterhaltsbeihilfe für den verbleibenden Zeitraum nicht zustehe. Auch der Einwand, der Betrag sei zur Lebensführung verbraucht worden, führe nicht zur Annahme des Wegfalls der Bereicherung. Auch dann bestehe die Bereicherung fort, wenn Aufwendungen hierdurch erspart worden seien. Das sei der Fall, da aus der Zahlung der Kanzlei die Aufwendungen für die Lebensführung nicht hätten getragen werden müssen.

14

Die Klägerin hat am 30. Dezember 2010 Klage erhoben. Dazu trägt sie ergänzend vor, dass im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei, dass mit Ablegung der mündlichen Prüfung am 11. Mai 2009 in dem Zeitraum 12. bis 31. Mai 2009 keine Leistungen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zu erbringen gewesen seien. Auch habe ihr ein Resturlaubsanspruch von 10 Tagen zugestanden, der den Zeitraum vom 15. bis 31. Mai 2009 umfasst hätte. Die Forderung auf Rückzahlung sei durch Aufrechnung erloschen. Der Anspruch auf finanzielle Vergütung bestehe nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH nicht erst, sondern sogar dann, wenn der Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht habe genommen werden können.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2010 zu verpflichten, an sie 466,47 € netto zu zahlen.

17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Dazu verweist er im Wesentlichen darauf, dass im Hinblick auf das vorzeitige und freiwillige Ausscheiden der Klägerin aus dem Referendardienst keine Notwendigkeit zu einem Ausgleich durch die Gewährung eines Vergütungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub bestehe.

20

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten und den Verwaltungsakten des Beklagten. Die genannten Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist als Anfechtungs- verbunden mit einer Verpflichtungsklage zulässig. Soweit die Klägerin die finanzielle Abgeltung eines Urlaubsanspruchs neben dem Antrag auf Aufhebung der zugrundeliegenden Bescheide anhängig gemacht hat, ist die Verpflichtungsklage die richtige Klageart, weil die finanzielle Abgeltung des Urlaubsanspruchs einen Verwaltungsakt voraussetzt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Januar 2011 - 12 K 5288/09 -, m.w.N.).

22

Die Klage ist jedoch unbegründet.

23

Der Bescheid des Beklagten vom 17. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf finanzielle Abgeltung von Jahresurlaub.

24

Rechtsgrundlage für die Feststellung zur Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Unterhaltsbeihilfe ist § 4 Abs. 2 der Landesverordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare vom 3. Februar 2000 (GVBl 2000, S. 99) - im Folgenden: Landesverordnung-. Danach regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Unterhaltsbeihilfe nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (Satz 1). Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass die Empfängerin oder der Empfänger ihn hätte erkennen müssen (Satz 2). Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden (Satz 3). Danach hat der Beklagte zu Recht die Feststellung getroffen, dass der Rückforderungsbescheid vom 17. September 2009 rechtmäßig ist.

25

Die Klägerin hat für den Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 insgesamt in Höhe von 466,47 € zu viel und damit ohne Rechtsgrund Unterhaltsbeihilfe erhalten. In diesem Zeitraum war der Klägerin bestandskräftig Urlaub unter Wegfall der Bezüge gewährt worden.

26

Hat die Klägerin mithin den genannten Betrag zu viel erhalten, haftet sie nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Sie kann damit grundsätzlich nach § 818 Abs. 3 BGB den Einwand der Entreicherung dem Rückforderungsanspruch entgegenhalten. Der Beihilfeempfänger haftet allerdings gemäß § 819 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 818 Abs. 4 BGB nach den allgemeinen Vorschriften und damit verschärft, wenn er den Mangel des rechtlichen Grundes kennt oder ihn später erfährt. Nach § 4 Abs. 2 Landesverordnung steht die Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Zum Zeitpunkt der Überweisung der Unterhaltsbeihilfe für den Zeitraum 15. bis 31. Mai 2009 war es für die Klägerin offensichtlich, dass ihr aufgrund der Beurlaubung ohne Gewährung von Unterhaltsbeihilfe diese nicht zustand. Damit haftet die Klägerin nach Maßgabe vorstehender Bestimmungen verschärft.

27

Zwar ist in den Fällen der verschärften Haftung - wie hier - die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nicht schlechthin ausgeschlossen. In außergewöhnlich gelagerten Fällen kann es Treu und Glauben verbieten, den Umstand der Entreicherung unberücksichtigt zu lassen (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 11. November 2009 - 3 K 879/08 - mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Für das Vorliegen solcher Umstände ist hier nichts ersichtlich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich zwar bei der Unterhaltsbeihilfe um eine wiederkehrende Leistung handelt, die Klägerin jedoch aus dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis vorzeitig in ein Arbeitsverhältnis zu einem privatrechtlichen Arbeitgeber eingetreten ist und hieraus ebenfalls wiederkehrende Leistungen bezogen hat. In einem solchen Fall kann im bloßen Verbrauch der Zahlung keine Entreicherung gesehen werden.

28

Auch die vom Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Billigkeitsentscheidung hat die Aufgabe, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare, für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit, und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Es ist auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Dafür kommt es entscheidend auf die Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an und nicht auf die Lage in dem Zeitpunkt, für den die Leistung geschuldet worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 2 B 29.08 -, Juris). Gemessen hieran ist die Entscheidung des Beklagten, den Rückforderungsanspruch in vollem Umfang durch Aufrechnung zu realisieren, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin ist mehrfach Gelegenheit gegeben worden, weitere Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen zu machen, die eine Entscheidung des Beklagten über die Zahlungsmodalitäten ermöglicht hätte. Davon hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Der von der Klägerin im Klageverfahren angeführte Umstand, dass nach Ablegung der mündlichen Prüfung keine weiteren Leistungen im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zu erbringen gewesen seien, vermag vor dem Hintergrund vorstehend dargestellter Grundsätze ebenso wenig wie der Hinweis auf noch ausstehenden Jahresurlaub für den in Rede stehenden Zeitraum die von dem Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung rechtlich in Frage zu stellen. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung darauf abgestellt hat, dass der Klägerin auf den Wunsch nach Entlassung hin Sonderurlaub ohne Dienstbezüge gewährt wurde und sie als Anwältin in wirtschaftlich geordneten Verhältnissen war.

29

Der Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbegehrens stand die Aufrechnung mit einer der Klägerin zustehenden Steuerforderung nicht entgegen. Die Aufrechnung ist vielmehr ein Gestaltungsrecht des allgemeinen Schuldrechts, das dem Staat nicht anders als jedem anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2008 - 3 C 13.08 -). Sie nimmt wegen ihres nicht hoheitlichen Charakters nicht an der Regelungswirkung der hier getroffenen Feststellung teil. An der Wirksamkeit dieser Aufrechnung ändert auch nichts der Umstand, dass der vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Rückforderungsanspruch von der Klägerin mit dem hier angefochtenen Leistungsbescheid vom 17. September 2009 geltend gemacht wurde, die Klägerin Klage gegen diesen Bescheid erhoben hat und diese gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. Die Aufrechnung stellt sich nicht als Vollziehung des Leistungsbescheides dar, an der der Beklagte aufgrund der aufschiebenden Wirkung gehindert wäre. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 20. November 2008 a. a. O.) nur, wenn es um die Aufrechnung solcher Gegenforderungen geht, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt, sofern und solange die Vollziehung dieses Verwaltungsakts ausgesetzt ist. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung gelte eine solche Gegenforderung einstweilen als nicht aufrechenbar. Bei dem vom Beklagten - mit dem Leistungsbescheid vom 17. September 2009 geltend gemachten - Rückforderungsanspruch handelt es sich aber nicht um eine (Gegen)Forderung, deren Bestand oder Fälligkeit ihrerseits einen Verwaltungsakt voraussetzt. Denn der Dienstherr darf zwar die seinen Beamten geleisteten Überzahlungen durch Verwaltungsakt zurückfordern. Er ist aber dazu nicht verpflichtet. Stattdessen ist auch die Leistungsklage des Dienstherrn zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 1967 - II C 37.67 - BVerwGE 28, 1; VG Freiburg, Urteil vom 11. November 2009, a.a.O.). Nichts anderes gilt im vorliegend gegebenen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis, da es sich um ein auch hinsichtlich der gewährten Unterhaltsbeihilfe bestehendes Über- und Unterordnungsverhältnis handelt.

30

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich nicht genommenen Jahresurlaubs. Von daher ist der Rückforderungsanspruch des Beklagten auch nicht durch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung erloschen.

31

Unstreitig besteht derzeit im geltenden nationalen öffentlich-rechtlichen Dienstrecht keine Rechtsgrundlage für die von der Klägerin verlangte Zahlung.

32

Nach § 6 Abs. 5 Nr. 4 des Landesgesetzes über die juristische Ausbildung (JAG) vom 1. Juli 2003 erhält jede Rechtsreferendarin Urlaub entsprechend den für Landesbeamtinnen geltenden Vorschriften. Für nicht genommenen Jahresurlaub findet sich in der Urlaubsverordnung (UrlVO) in der Fassung vom 29. Januar 2008 (GVBl S. 45) kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich.

33

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein solcher auch nicht aus europarechtlichen Regelungen.

34

Die von der Klägerin angeführte Regelung des Artikel 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG, der zufolge der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf, begründet auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keinen Anspruch auf eine Abgeltung nicht genommenen Urlaubs im vorliegenden Fall. Zwar findet die Richtlinie Anwendung auf alle öffentlichen Tätigkeitsbereiche, so dass von ihr auch Beamte erfasst werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. März 2009, a.a.O., Urteil vom 13. April 2011- 2 A 11447/10-). Unzweifelhaft findet die Richtlinie danach auch im vorliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis Anwendung.

35

Dennoch begründet Artikel 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG keinen Zahlungsanspruch der Klägerin.

36

Vorliegend kann dahinstehen, ob der Umstand, dass mit der Zuerkennung eines Abgeltungsanspruchs eine den Mindeststandard der Richtlinie insgesamt ohnehin überschreitende Situation der Rechtsreferendare, denen Unterhaltsbeihilfe u.a. ohne Kürzung der Fortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall gewährt wird, sowohl gegenüber den europarechtlichen Vorgaben wie auch im Vergleich mit Arbeitnehmern zusätzlich verbessert würde, zu einem Ausschluss der finanziellen Abgeltung führen müsste, oder ob dem Urlaubsanspruch des Rechtsreferendaren kein Vermögenswert zuerkannt werden kann und deshalb kein Abgeltungsanspruch besteht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. März 2010 - 2 A 11321/09.OVG, a.A.: VG Gelsenkirchen: strukturelle Betrachtung widerspricht dem Regelungswillen des Richtliniengebers und damit dem Gebot der praktischen Wirksamkeit).

37

Der Klägerin steht der Anspruch auf finanzielle Abgeltung jedenfalls deshalb nicht zu, weil hier kein Fall der Unmöglichkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH gegeben ist, Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Anspruch zu nehmen. Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG begründet demnach vorliegend keinen Zahlungsanspruch.

38

Nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH steht die Vorschrift einer Regelung, die für die Ausübung des Urlaubsanspruchs Modalitäten oder den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums vorsieht, nicht entgegen, sofern der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, Urlaub zu nehmen. Nur wenn dies nicht der Fall war, ist die Norm dahin auszulegen, dass sie einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009, a.a.O.). Insbesondere führt der EuGH zur Höhe der im Fall der Unmöglichkeit zu gewährenden finanziellen Vergütung, "auf die ein Arbeitnehmer Anspruch hat, der aus von seinem Willen unabhängigen Gründen nicht in der Lage war, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses auszuüben, in der Weise zu berechnen ist, dass der Arbeitnehmer so gestellt wird, als hätte er diesen Anspruch während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt" aus. Damit sieht der EuGH einen Fall der finanziell auszugleichenden Unmöglichkeit nur dann, wenn die zugrundezulegenden Umstände nicht vom Willen des Arbeitnehmers gesteuert waren.

39

Im Urteil vom 13. April 2011 - 2 A 11447/10- führt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz unter Verweis auf die Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009, a.a.O., aus, dass Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einer Regelung, die für die Ausübung des Urlaubsanspruchs Modalitäten oder den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums vorsieht, nicht entgegen steht, sofern der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, Urlaub zu nehmen. Nur wenn dies nicht der Fall war, ist die Norm dahin auszulegen, dass sie einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird. Von einer derartigen Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs kann in Fällen, in denen sie - anders als beispielsweise bei fortdauernder Dienstunfähigkeit- nicht offensichtlich ist, nur ausgegangen werden, wenn ein Urlaubsantrag gestellt und dieser abgelehnt wurde. Urlaub wird gem. §§ 4, 5 Abs. 1 Satz 1 UrlVO nur auf Antrag und unter Berücksichtigung der Wünsche des Beamten gewährt. Dessen Mitwirkung ist unabdingbare Voraussetzung hierfür. Der Dienstherr kann das Urlaubsgesuch wiederum gemäß § 5 Abs. 1 UrlVO nur ablehnen, soweit dienstliche Belange entgegenstehen. Die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme von Erholungsurlaub ist damit - die Fälle krankheitsbedingter Fehlzeiten ausgenommen- grundsätzlich schon von Rechts wegen ausgeschlossen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. April 2011, a.a.O.).

40

Nach Maßgabe dessen ist der Klägerin kein finanzieller Ausgleich zu gewähren. Zum einen endete das Ausbildungsverhältnis per Gesetz planmäßig mit Ablauf des Monats Mai 2009 (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Juristische Ausbildungs- und Prüfungsordnung [JAPO] vom 01. Juli 2003). Das war für die Klägerin auch so absehbar, so dass sie sich mit ihrem Jahresurlaub hätte hierauf einstellen und ihre Urlaubsplanung an den Erfordernissen des Ausbildungsverhältnisses, das die Inanspruchnahme von Urlaub nicht ausschließt, ausrichten können. Einen entsprechenden Urlaubsantrag hat die Klägerin nicht gestellt. Im Übrigen hing der Umstand, dass sie den Jahresurlaub in der von ihr anvisierten Zeit nicht mehr in Anspruch nehmen konnte, von ihrem freien Entschluss ab und war damit von ihrem Willen abhängig. Insoweit hatte sie selbst um vorzeitige Entlassung gebeten. Diesem Wunsch konnte der Dienstherr aufgrund der vorgenannten Regelung des gesetzlichen Endes des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses nicht durch Entlassung gerecht werden, sondern bewilligte der Klägerin Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge.

41

Kein anderer Schluss ist hier - auch nicht unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten- daraus zu ziehen, dass § 7 Abs. 4 BurlG für Arbeitnehmer einen Abgeltungsanspruch regelt, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24. März 2009 - 9 AZR 983/07- unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 a.a.O.) stehen die Regelungen der Richtlinie 2003/88/EG einer nationalen Regelung, die für die Ausübung des mit der Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, nicht entgegen. Diese Modalitäten können sogar den Verlust des Anspruchs am Ende des Bezugszeitraums beinhalten. Das gilt unter der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich -wie hier- die Möglichkeit hatte, den ihm von der Richtlinie verliehenen Urlaubsanspruch auszuüben (vgl. BAG, Urteil vom 24. März 2009, a.a.O.). Ein europarechtlicher Anspruch der Arbeitnehmer auf Gleichbehandlung unterhalb des europarechtlich vorgegebenen Mindeststandards ist nicht gegeben.

42

Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV kommt vorliegend nicht in Betracht, denn die hier zu entscheidende Frage war Gegenstand der Auslegung durch den EuGH (vgl. Urteil vom 20. Januar 2009, a.a.O.).

43

Nach alledem war die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

44

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

45

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a VwGO).

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 13/04/2011 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten v
published on 11/11/2009 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger ist Beamter im Dienst der Beklagten und erhält Bezüge nach Besoldungsgruppe A 10. Er ist Vater eines 1984 geborenen Sohnes
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Annotations

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.