Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 30. März 2017 - 15 A 17/16

ECLI: ECLI:DE:VGMAGDE:2017:0330.15A17.16.0A
published on 30/03/2017 00:00
Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 30. März 2017 - 15 A 17/16
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Tatbestand

1

Die Klägerin führt die Disziplinarklage gegen den beklagten Polizeivollzugsbeamten im Rang eines Polizeimeisters mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Dienst.

2

Der 1961 geborene Beklagte besuchte von 1968 bis zum Abschluss der 10. Klasse im Jahre 1978 die Polytechnische Oberschule. Danach schloss er die Ausbildung zum Instandhaltungsmechaniker im Jahre 1980 ab und arbeitete in diesem Beruf. Später leistete er Dienst bei der Nationalen Volksarmee. Zum 01.11.1991 wurde der Beklagte als Angestellter im Polizeidienst des Bundesgrenzschutzes eingestellt und 1992 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeihauptmeister im Bundesgrenzschutz zur Anstellung ernannt. Die Lebenszeitverbeamtung erfolgte 1995. In der Folgezeit wurde der Beklagte an unterschiedlichen Dienststellen verwendet, zuletzt bei der Bundespolizei in …. Die letzte dienstliche Regelbeurteilung aus dem Jahre 2010 lautet auf die Gesamtnote „4“. Eine anschließende Leistungsbeurteilung lautet auf „2“.

3

Der Beklagte ist Vater der in den Jahren 1982, 1986, 1989, 2000, 2002, 2003, 2006, 2008, 2009, 2010 und 2012 geborenen Kinder verschiedener Mütter. Im Jahre 2003 heiratete der Beklagte seine jetzige Ehefrau.

4

Zuletzt erhält der Beamte Dienstbezüge in Höhe von 3.682,51 Euro brutto, welche überwiegend durch die familiäre finanzielle Belastung verbraucht werden.

5

Unter dem 17.11.2006 wurde das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eingeleitet. Es bestand der Verdacht der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht gegenüber den Kindern und somit einer Straftat nach § 171 StGB. In der Folgezeit wurde das Disziplinarverfahren mehrfach wegen anhängiger strafrechtlicher Ermittlungen ausgesetzt und auch ausgeweitet. Bei den disziplinarrechtlichen Ermittlungen ging es um Mietschulden, Sachbeschädigungen gegenüber der Mietsache, Verstoß gegen das Waffengesetz, falsche Verdächtigung, Melde- und Vorlagepflichten bei Dienstunfähigkeiten, Weisungsverstößen sowie sich bei der Abwicklung von Schulden, rufschädigend pflichtwidrig verhalten zu haben.

6

Durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 11.08.2008 ist der Beklagte wegen falscher Verdächtigung nach § 164 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen á 50,00 Euro verurteilt worden. Alle übrigen Strafverfahren sind wegen Geringfügigkeit oder mangels Vorsatztat eingestellt worden.

7

Aufgrund des mehrfach erweiterten Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte mit Verfügung vom 06.08.2012 vorläufig des Dienstes enthoben. Die vorläufige Einbehaltung von Dienstbezügen in Höhe von 30 % erfolgte mit Verfügung vom 28.10.2014.

8

Mit der Disziplinarklage vom 09.03.2016 (Eingang: 21.03.2016) wird der Beamte angeschuldigt, schuldhaft ein einheitlich zu wertendes schweres Dienstvergehen nach § 77 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) durch folgende Handlungen begangen zu haben:

9

1. Beschädigung des Mietobjektes J...,
2. Verstoß gegen das Waffengesetz „Munitionsfund“,
3. falsche Verdächtigung,
4. Verstoß gegen Melde- und Vorlagepflicht bei Dienstunfähigkeit infolge Krankheit,
5. unehrenhaftes Schuldenmachen,
6. Sachbeschädigung Mietobjekt L...,
7. Sachbeschädigung Mietobjekt S…,
8. Verstoß gegen Weisungen, Verlust Bekleidungs- und Ausrüstungsgegen- stände,
9. Urinieren in der Öffentlichkeit,
10. Verstoß gegen Vorschriften zur Eigensicherung zum Nachteil von Kollegen,
11. Verstoß gegen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit/Zurücklassen dienstlicher Unterlagen.

10

Zu 1. heißt es:

11

Der Beklagte habe im Mai 2003 ein Einfamilienhaus mit Ferienhaus in J... angemietet. Durch unsachgemäße Nutzung habe der Beklagte das Mietobjekt mit seiner Familie in erheblichem Maße beschädigt. Auch nach Kündigung durch die Eigentümerin im Februar 2006 und eingereichter Räumungsklage und Einstellung der Mietzahlungen sowie nicht Entrichtung der Mietkaution habe der Beklagte das Objekt mit seiner Familie weiter bis zum 30.08.2006 bewohnt. Nach Beräumung des Gebäudes und Geländes durch die Eigentümerin seien ihr incl. rückständiger Miete Kosten von insgesamt 20.460,15 Euro entstanden. Daraus resultiere ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.

12

Zu 2.:

13

In der Garage des Mietobjektes in J… habe die Eigentümerin 12 in Zeitungspapier eingewickelte Patronen gefunden; darunter 5 für den militärischen Gebrauch bestimmte Manöverkartuschen. Von den 7 Patronen seien 6 ungezündet und funktionsfähig gewesen; die Manöverkartuschen sämtlich ungezündet.

14

Zu 3.:

15

Bei seiner Befragung zu der aufgefundenen Munition habe der Beklagte angegeben, diese von POM Sch… erhalten zu haben. Später habe der Beklagte seine Anschuldigungen revidiert, woraufhin ein rechtskräftiger Strafbefehl gegen den Beklagten ergangen sei.

16

Zu 4.:

17

Nach abgelaufener Krankmeldung sei der Beamte am 26.11.2011 nicht zum Dienst erschienen. Auf Nachfrage habe der Beklagte mitgeteilt, beim Arzt gewesen zu sein. Eine Entschuldigung habe er nicht vorgelegt. Ebenso habe sich der Beklagte am 10.02.2011 verspätet als krank gemeldet.

18

Zu 5..:

19

Der Beklagte sei wiederholt seinen Zahlungsverpflichtungen hinsichtlich des Mietobjektes J… nicht nachgekommen. Dies habe zu Vollstreckungshandlungen geführt, nämlich einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Zittau vom 02.05.2006 mit einer Hauptforderung in Höhe von 1.680,00 Euro; einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Amtsgericht Zittau in Höhe von 2.187,09 Euro; zu einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Amtsgerichts Zittau in Höhe von 2.234,61 Euro; zu einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Zittau vom 04.08.2006 in Höhe von 2.520,00 Euro; zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Zittau vom 04.09.2006 in Höhe von 2.742,90 Euro; zu einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Zittau vom 09.10.2006 in Höhe von 2.206,80 Euro; zu einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Zittau vom 07.02.2007, zu einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Zittau vom 04.08.2006 und zu einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Zittau vom 09.10.2006 in Höhe von insgesamt 11.108,46 Euro. In der Folgezeit sei es zu Befriedigungen durch das Bundesverwaltungsamt als Drittschuldner und Pfändungen gegen die Bundespolizei als Drittschuldner gekommen.

20

Neben den Verbindlichkeiten gegenüber der Vermieterin habe der Beklagte weitere Verbindlichkeiten gegenüber weiteren Gläubigern begründet, bei denen er es ebenfalls auf Vollstreckungsmaßnahmen gegen sich hat ankommen lassen, nämlich:

21

1. PÜB Amtsgericht Zittau vom 14.09.2005 zu Gunsten der Stadtwerke Zittau in Höhe von 1.604,20 Euro und

22

2. PÜB Amtsgericht Zittau vom 29.05.2006 zu Gunsten der Firma V…. GmbH Dienstleistungsbetriebe in Höhe von 2.143,07 Euro.

23

Der Beklagte habe keinerlei Maßnahmen unternommen, um seine finanzielle Situation zu verbessern. Wegen verspäteter Anzeige der Geburt weiterer Kinder habe der Beklagte erst 2012 rückwirkend Familienzuschläge in Höhe von 10.396,00 Euro bekommen.

24

Zu 6.:

25

Nach dem Auszug aus dem Mietobjekt in J… habe der Beklagte zum 01.08.2006 das Objekt in Zittau, L... angemietet. Auch dieses Mietobjekt habe der Beklagten vermüllt und verwahrlost. Es sei ein Sachschaden in Höhe von 15.562,00 Euro entstanden. Strafrechtliche Ermittlungen seien mangels Vorsatztat eingestellt worden.

26

Zu 7.:

27

Im März 2011 habe der Beklagte das Objekt in der S-straße in Zittau angemietet. Auch dort sei es zu Mietausfallschäden in Höhe von 1.350,00 Euro und Renovierungskosten bzw. Müllbeseitigungskosten in Höhe von 4.500,00 Euro gekommen. Eine Kaution in Höhe von 800,00 Euro sei nicht an den Vermieter gezahlt worden. Auch diese Strafverfahren seien mangels Vorsatztat eingestellt worden.

28

Zu 8.:

29

Bei den in den Mietobjekten zurückgelassenen Gegenständen, habe es sich um polizeiliche Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände gehandelt. Als Besitzer der Ausrüstungsgegenstände (Einsatzhelm, Schirmmütze) könne nur der Beklagte in Betracht kommen. Bei einer späteren Ausrüstungskontrolle habe der Beklagte diese Gegenstände nicht vorlegen können. Es sei festgestellt worden, dass der Beklagte insgesamt 57 Ausrüstungsgegenstände nicht habe vorlegen können.

30

Zu 9.:

31

Am 07.08.2011 habe der Beklagte mit einer Kollegin einen Gefangenen zu transportieren gehabt. Nachdem der Gefangene im Dienstfahrzeug platziert worden sei, habe sich der Beklagte aus dem Fahrzeug zu einem Stromkasten im Innenhof des Amtsgerichts B-Stadt begeben, um dort zu urinieren.

32

Zu 10.:

33

Die Kollegin PHM´ in I... habe mitgeteilt, dass der Beklagte sie während eines Streifenganges in der Nachtschicht vom 08.06.2012 auf den 09.06.2012 mit einer in Gewahrsam befindlichen Person alleine gelassen habe. Während der Abführung des Verdächtigen habe der Beklagte der Kollegin plötzlich mitgeteilt, dass er nochmal in die Bahnhofslounge müsse und entfernte sich schnell. Der Tatverdächtige habe daraufhin die Situation zur Flucht genutzt. Der Beklagte habe keinerlei Anstalten gemacht, seine Kollegin bei der Nacheile zu unterstützen.

34

Zu 11.:

35

Bei Dacharbeiten auf dem Dachstuhl des früheren Mietobjektes L...in Zittau sei durch die Vermieter ein Ordner mit Polizeimaterial gefunden worden. Dabei habe es sich um zahlreiche ukrainische Führerscheine und Zulassungsbescheinigungen von Kraftfahrzeugen gehandelt. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte diese Daten im Zusammenhang mit seinem Dienst erhoben und außerhalb der Diensträume unrechtmäßig aufbewahrt habe.

36

Zusammenfassend sei bei der nach § 13 BDG anzustellenden Gesamtbewertung festzustellen, dass der Beamte wiederholt und ohne jede Einsicht inner- und außerdienstliche Pflichtverletzungen begangen habe. Er habe wiederholt gegen seine so genannte Wohlverhaltenspflicht (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG), gegen Nachweis- und Meldepflichten (§ 42 Abs. 1 Satz 1 BBG i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 2 BBG) und gegen seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 67 Abs. 1 BBG) verstoßen. Während der gesamten langen Dauer des behördlichen Disziplinarverfahrens seien immer wieder neue Dienstpflichtverletzungen zu Tage getreten. Gerade diese fortwährende Verletzung dienstlicher Pflichten zeige erhebliche charakterliche Mängel bei dem Beamten. Besonders schwer wiege, dass die Dienstpflichtverletzungen auch strafrechtlich relevante Vorfälle beinhalteten und die Verhaltensweisen gegenüber den Vermietern nicht nur die grundlegendsten menschlichen Umgangsformen vermissen ließen, sondern darüber hinaus auch zu einer besonders eklatanten Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums, nämlich dem Beruf des Polizeibeamten, geführt hätten. Der Beamte zeige keinerlei Selbstreflektion oder Einsicht. Die aufgezeigten Pflichtenverstöße bei der Aufnahme und Abwicklung von Verbindlichkeiten, deren Begleitumstände sowie der andauernden Nichtbefolgung von Vorschriften und Weisungen seien erschwerend zu berücksichtigen. Es handele sich um immer wiederkehrende charakterliche Wesensmängel, welche mit Disziplinarmaßnahmen nicht mehr zu korrigieren seien. Durch das fortgesetzte und beharrliche gleichgültige Verhalten habe der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren. Milderungs- und Entlastungsgründe seien nicht erkennbar.

37

Die Klägerin beantragt,

38

den Beamten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

39

Der Beklagte hat sich im behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht geäußert und stellt keinen Antrag.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungs-, Ermittlungs- und Strafakten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

41

Die zulässige Disziplinarklage ist begründet.

42

Der Beklagte hat ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 BBG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) nach sich zieht.

43

Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBG). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Disziplinarkammer ist davon überzeugt, dass der Beklagte die in der Disziplinarklage vorgehaltenen Pflichtenverstöße begangen hat und damit ein schwerwiegendes einheitlich zu bewertendes inner- wie außerdienstliches Dienstvergehen begangen hat.

44

Die Sachbeschädigung des Mietobjektes in J… steht aufgrund der in den Akten befindlichen Zeugenaussagen, Lichtbilder und sonstiger Unterlagen fest. Mag hierbei auch keine strafrechtliche Relevanz vorhanden gewesen sein, so ist doch entscheidend, dass das Wohngrundstück während der Mietzeit durch den Beklagten ganz erheblichen Schäden erlitten hat und diese auch durch das – zivilrechtliche – Verhalten des Beklagten und seiner Familie eingetreten ist. Ganz besonders erschwerend kommt hinzu, dass sich dieses mietnomadenmäßige Verhalten des Beklagten und seiner Familie in den weiteren angemieteten Mietobjekten fortgesetzt hat. Auch hinsichtlich der Mietobjekte L… und S… Straße Zittau sind die gleichen Verhaltensweisen festzustellen.

45

Dazu muss dem Beamten vorgehalten werden, dass er, belegt durch zahlreiche Vollstreckungsbescheide und Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, sich hat gerichtlich zu Zahlungen verurteilen lassen, ohne den Versucht zu unternehmen, die Zwangsmittel abzuwenden. Dabei stellt bereits das leichtfertige Schuldenmachen eine ernst zu nehmende Dienstpflichtverletzung dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.1996, 2 WD 10.96; juris). Ein Beamter kann, ohne sich eines Dienstvergehens schuldig zu machen, die Grenzen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten überschreiten und wirtschaftlich untragbar Verpflichtungen auf sich nehmen. Selbst wenn er seine Schuldverpflichtungen noch so leichtsinnig begründen sollte, begeht er dadurch noch keinen disziplinarrechtlich relevanten Pflichtenverstoß. Solange ein solches Verhalten zu keine von vornherein absehbaren Leistungsstörungen führt, ist es disziplinarrechtlich unerheblich, weil dies in die Privatsphäre des Beamten fällt und der Dienstherr den Beamten in finanziellen Angelegenheiten nicht zu überwachen hat. Schuldenmachen wird jedoch dann vorwerfbar und disziplinarrechtlich bedeutsam, wenn eine schuldhafte Störung der vertraglich vereinbarten Abwicklung eines Rechtsgeschäftes nach den Umständen voraussehbar ist. Eine derart unverantwortliche und vorwerfbare Wirtschaftsführung lässt nämlich Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Beamten zu, berührt seine Verwendungsmöglichkeiten und macht ihn dienstlich in vielfältiger Weise zu einem Sicherheitsrisiko. Schulden machen ist ferner dann disziplinarrechtlich von Bedeutung, wenn eine eingegangene Schuld zwar ordnungsgemäß getilgt wird, wegen der dadurch begründeten Verpflichtungen aber andere Schuldverhältnisse notleidend geworden sind (vgl. zusammenfassend nur: VG Magdeburg, Gerichtsbescheid v. 03.12.2012, 8 A 19/12; Urt. v. 18.03.2008, 8 A 22/07; juris).

46

So liegt der Fall hier. Dem Beamten scheint seine wirtschaftliche Situation vollständig über den Kopf gewachsen zu sein. Dabei ist erschwerend festzustellen, dass sich der Beamte um keinerlei Hilfe oder Beratung gekümmert und eher apathisch über mehr als 10 Jahre die Dinge hat geschehen lassen. Der Beamte hat dadurch rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Denn dem Beamten hätte bei gehöriger Gewissensanstrengung bewusst sein müssen, dass die aus seiner desolaten finanziellen Lage resultierenden Probleme sich auf den Dienst ausschlagen werden und dies disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird.

47

Auch die unsachgemäße Aufbewahrung und Lagerung von Patronen und Munitionen in einer Garage lässt das pflichtwidrige Dienstverhalten des Beamten erkennen. Gerade der an Waffen und Munition ausgebildete Polizeibeamte müsste um die Gefährlichkeit derartiger Gegenstände wissen.

48

Schließlich ist der Beklagte wegen falscher Verdächtigung rechtskräftig verurteilt worden. Dabei lässt der Umstand, dass er einen Kollegen bezüglich der Vorgänge um die aufgefundenen polizeilichen Dokumente falsch verdächtigte, auf schwerwiegende charakterliche Mängel schließen.

49

Auch das dienstliche Verhalten gegenüber seiner Kollegin während der Abführung eines Tatverdächtigen in der Nachtschicht vom 08.06.2012 auf den 09.06.2012 ist dienstrechtlich nicht hinnehmbar. Durch das eigenmächtige Verlassen der Kollegin während der Durchführung dienstlicher Maßnahmen hat der Beamte gegen die Vorschriften zur Eigensicherung zum Nachteil der Kollegin gehandelt. Dies zeigt sich bereits aus der Tatsache, dass der Verdächtige den Weggang des Beklagten zur Flucht nutzen konnte. Dies stellte eine innerdienstliche Pflichtverletzung dar und wiegt schwer.

50

Ebenso nicht unerheblich zu bewerten, ist die Verbringung von dienstlichen Materialien (Führerscheine, Akten etc.) und dienstliche Ausrüstungsgegenstände auf den Dachboden seines Mietobjekts und das dortige Zurücklassen dieser Materialien. Der Verstoß gegen die Amtsverschwiegenheit und der unsachgemäße Umgang mit Dienst- und Ausrüstungsgegenständen bestätigt das negative Persönlichkeitsbild des Beamten. Wegen der Nähe zur Dienstausübung stellt auch dies einen innerdienstlichen Pflichtenverstoß dar. Gleiches gilt für den Verlust dienstlicher Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände.

51

Durch das Urinieren im Hof und damit in der Öffentlichkeit hat der Beklagte als Uniformträger innerdienstlich gegen seine Wohlverhaltenspflicht verstoßen und das Ansehen der Polizei geschädigt.

52

Der bei einem außerdienstlichen Fehlverhalten zu fordernde Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt (Beeinträchtigung der für die Dienstausübung unabdingbaren Autorität). Während bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und hier insbesondere bei dem Besitz oder dem Verbreiten kinderpornografischer Dateien ein Dienstbezug bei Lehrern, Pädagogen, Erziehern und auch Polizeivollzugsbeamten im Regelfall angenommen wird (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 19.08.2010, 2 C 5.10; B. v. 25.05.2012, 2 B 133.11; VG Magdeburg, Urt. v. 05.06.2013, 8 A 10/12 MD; jüngst VG Wiesbaden bei einem JVA-Bediensteten einer Jugend-JVA, Urt. v. 05.06.2013, 28 K 296/12.WI.D; alle juris) wird dies z. B. bei einem Zollinspektor, welcher im Bereich der Bekämpfung der Schwarzarbeit eingesetzt wird, abgelehnt (BVerwG, Urt. v. 19.08.2010, 2 C 13.10). Die Ausübung der Prostitution hat Dienstbezug bei einer Justizbeamtin (VG Münster, Urteil v. 19.03.2013, 13 K 2930/12.O; juris). Ebenso die außerdienstliche Trunkenheitsfahrt eines Beamten, der auch dienstlich ein Kraftfahrzeug zu führen hat (BVerwG, Urt. v. 30.08.2000, 1 D 37.99; juris). Ähnlich besteht der Dienstbezug bei einem Vermögensdelikt eines Beamten, dem dienstlich die Führung einer Kasse obliegt (BVerwG, Urt. v. 30.08.2000, 1 D 37.99; juris). Das erkennende Disziplinargericht hat bei einem Polizeibeamten hinsichtlich außerdienstlicher Verstöße gegen das Waffen-, Sprengstoff- und Munitionsgesetz sowie das Kriegswaffenkontrollgesetz wegen der dienstlichen Eigenschaft als Waffenträger den Dienstbezug bejaht (VG Magdeburg, Urt. v. 28.02.2013, 8 A 14/11; juris). Bei einem Polizeivollzugsbeamten im Eingangsamt hat die Kammer den Dienstbezug bei der Begehung der Straftat der Entziehung elektrischer Energie verneint (Urteil v. 17.10.2013, 8 A 6/13; juris. Auch bei einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz wurde vom erkennenden Disziplinargericht der Dienstbezug gesehen (Urteil v. 15.11.2016, 15 A 10/16; juris).

53

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens, dem Persönlichkeitsbild des Beamten sowie dem Umfang der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist regelmäßig dann auszusprechen, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen, das für die weitere dienstliche Tätigkeit notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Dienstherrn aber auch der Allgemeinheit endgültig zerstört hat (vgl. nur: BVerwG, Urt. v. 20.10.2005, 2 C 12.04 und Urt. v. 19.08.2010, 2 C 13.10; beide juris).

54

Setzt sich das (einheitliche) Dienstvergehen (vgl. zur Einheit des Dienstvergehens nur: VG Magdeburg, Urteil v. 04.11.2009, 8 A 19/08 m. w. Nachw.; juris) aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BVerwG, Urteil v. 23.02.2005, 1 D 1.04; VG Magdeburg, Urteil v. 30.04.2013, 8 A 18/12 MD; alle juris). Vorliegend führen die innerdienstlichen Handlungen. Aber auch bei Betrachtung der außerdienstlich begangenen Pflichtenverstöße, zeichnet sich bei der nach § 13 BDG anzustellenden Gesamtabwägung der Persönlichkeit des Beamten ein negatives Persönlichkeitsbild, woraus insgesamt ein schweres Dienstvergehen zu konstatieren ist.

55

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Disziplinarkammer die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d. h. die für die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermittelt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbezieht. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis des Disziplinargerichts als einem Mittel der Funktionssicherheit des öffentlichen Dienstes. Dabei findet der Grundsatz „in dubio pro reo“ Anwendung. Die Disziplinargerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zu Gunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (vgl. nur: VG Magdeburg, Urt. v. 27.10.2011, 8 A 2/11 mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 27.01.2011, 2 A 5.09; jüngst BVerwG, Urt. v. 29.03.2012, 2 A 11/10, OVG Lüneburg, Urt. v. 14.11.2012, 19 LD 4/11; zuletzt ausführlich; VG Magdeburg, Urt. v. 17.10.2013, 8 A 6/13; Urteil v. 15.11.2016, 15 A 10/16; alle juris).

56

Entlastungs- und Milderungsgründe sind auch für das Disziplinargericht nicht erkennbar. Zwar sind die entlastenden Gründe nicht (mehr) allein auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (BVerwG, Urt. v. 29.03.2012, 2 A 11.10; juris). Dennoch stößt das Disziplinargericht hier an die Grenzen seiner Aufklärungspflicht. Denn das Gericht ist dabei auf die Mitarbeit des Beamten zur Aufklärung der in seiner Sphäre liegenden höchstpersönlichen Angelegenheiten angewiesen, um überhaupt die Möglichkeit einer disziplinarrechtlichen Milderung im Sinne der Disziplinarrechtsprechung prüfen zu können (VG Magdeburg, Urt. v. 17.10.2013, 8 A 6/13 und Urt. v. 28.02.2013, 8 A 13/12; beide juris). Der Beklagte hat sich weder im behördlichen noch im gerichtlichen Disziplinarverfahren dazu erklärt.

57

Unter Abwägung aller Erkenntnisse fällt die vom Disziplinargericht anzustellende Persönlichkeits- und Prognosebewertung hinsichtlich der Vertrauensbeeinträchtigung für den Beklagten negativ aus. Das Disziplinargericht kann unter den geschilderten Umständen nicht feststellen, dass der Dienstherr mit einer unverhältnismäßigen Härte oder fehlerhafter Würdigung des Sachverhaltes gegen den Beklagten disziplinarrechtlich vorging.

58

Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen würde. Dies unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.03.2012, 2 A 11.10 mit Verweis auf Urteile v. 20.10.2005, 2 C 12.04, v. 03.05.2007, 2 C 9.06 und v. 29.05.2008, 2 C 59.07; zuletzt: VG Magdeburg, Urt. v. 30.04.2013, 8 A 18/12; Urteil v. 15.11.2016, 15 A 10/16; alle juris).

59

Die nach alledem dienstrechtlich notwendige Entfernung aus dem Dienst verstößt auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. Denn diese disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Dienstverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr auf einem ihm zurechenbaren Verhalten (BVerwG, Urt. v. 21.06.2000, 1 D 49.99; juris).

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BDG. Das Verfahren ist gem. § 78 Abs. 1 Satz 1 gebührenfrei.


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(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

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Tatbestand 1 Die Klägerin führt die Disziplinarklage gegen den beklagten Polizeivollzugsbeamten mit dem Ziel seiner Versetzung in ein Amt derselben Laubahn mit geringerem Endgrundgehalt. 2 Der 1961 geborene Beamte ist im Rang eines Ersten Po
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published on 30/03/2017 00:00

Tatbestand 1 Die Klägerin betreibt die Disziplinarklage gegen die beklagten Polizeivollzugsbeamten im Rang von Polizeikommissaren mit dem Ziel ihrer Entfernung aus dem Dienst. I. 2 Die Beklagte zu 1), geb. 06.09.1965, absolvierte im Anschluss
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Annotations

Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die falsche Verdächtigung begeht, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach § 46b dieses Gesetzes, § 31 des Betäubungsmittelgesetzes oder § 4a des Anti-Doping-Gesetzes zu erlangen. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werden ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(3) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen.

(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und dienstfähig sind, Anspruch auf Übertragung eines Amtes derselben oder einer mindestens gleichwertigen Laufbahn wie ihr bisheriges Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt. Bis zur Übertragung des neuen Amtes erhalten sie die Besoldung, die ihnen aus ihrem bisherigen Amt zugestanden hätte.

(2) Ist aufgrund des im Wiederaufnahmeverfahren festgestellten Sachverhalts oder aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils, das nach der früheren Entscheidung ergangen ist, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeleitet worden, verliert die Beamtin oder der Beamte die ihr oder ihm nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche, wenn auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung können die Ansprüche nicht geltend gemacht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend in Fällen der Entlassung von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe oder von Beamtinnen auf Widerruf und Beamten auf Widerruf wegen eines Verhaltens im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Auf die Besoldung nach Absatz 1 Satz 3 wird ein anderes Arbeitseinkommen oder ein Unterhaltsbeitrag angerechnet. Die Beamtinnen und Beamten sind hierüber zur Auskunft verpflichtet.

(1) Beamtinnen und Beamte dürfen dem Dienst nicht ohne Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten fernbleiben. Dienstunfähigkeit infolge von Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen.

(2) Verliert die Beamtin oder der Beamte wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst nach dem Bundesbesoldungsgesetz den Anspruch auf Besoldung, wird dadurch die Durchführung eines Disziplinarverfahrens nicht ausgeschlossen.

(1) Beamtinnen und Beamte haben über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch über den Bereich eines Dienstherrn hinaus sowie nach Beendigung des Beamtenverhältnisses.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit

1.
Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten sind,
2.
Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen,
3.
gegenüber der zuständigen obersten Dienstbehörde, einer Strafverfolgungsbehörde oder einer von der obersten Dienstbehörde bestimmten weiteren Behörde oder außerdienstlichen Stelle ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Korruptionsstraftat nach den §§ 331 bis 337 des Strafgesetzbuches angezeigt wird oder
4.
Informationen unter den Voraussetzungen des Hinweisgeberschutzgesetzes an eine zuständige Meldestelle weitergegeben oder offengelegt werden.
Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, von Absatz 1 unberührt.

(3) Beamtinnen und Beamte dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten nach Absatz 1 weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt die oder der Dienstvorgesetzte oder, wenn das Beamtenverhältnis beendet ist, die oder der letzte Dienstvorgesetzte. Hat sich der Vorgang, der den Gegenstand der Äußerung bildet, bei einem früheren Dienstherrn ereignet, darf die Genehmigung nur mit dessen Zustimmung erteilt werden.

(4) Beamtinnen und Beamte haben, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, auf Verlangen der oder des Dienstvorgesetzten oder der oder des letzten Dienstvorgesetzten amtliche Schriftstücke, Zeichnungen, bildliche Darstellungen sowie Aufzeichnungen jeder Art über dienstliche Vorgänge, auch soweit es sich um Wiedergaben handelt, herauszugeben. Entsprechendes gilt für ihre Hinterbliebenen und Erben.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet das Dienstverhältnis. Der Beamte verliert den Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und die Dienstkleidung zu tragen.

(2) Die Zahlung der Dienstbezüge wird mit dem Ende des Kalendermonats eingestellt, in dem die Entscheidung unanfechtbar wird. Tritt der Beamte in den Ruhestand, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird, gilt die Entscheidung als Aberkennung des Ruhegehalts.

(3) Der aus dem Beamtenverhältnis entfernte Beamte erhält für die Dauer von sechs Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 Prozent der Dienstbezüge, die ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehen; eine Einbehaltung von Dienstbezügen nach § 38 Abs. 2 bleibt unberücksichtigt. Die Gewährung des Unterhaltsbeitrags kann in der Entscheidung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, soweit der Beamte ihrer nicht würdig oder den erkennbaren Umständen nach nicht bedürftig ist. Sie kann in der Entscheidung über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden; der Beamte hat die Umstände glaubhaft zu machen. Für die Zahlung des Unterhaltsbeitrags gelten die besonderen Regelungen des § 79.

(4) Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und ihre Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat.

(5) Wird ein Beamter, der früher in einem anderen Dienstverhältnis im Bundesdienst gestanden hat, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, verliert er auch die Ansprüche aus dem früheren Dienstverhältnis, wenn diese Disziplinarmaßnahme wegen eines Dienstvergehens ausgesprochen wird, das in dem früheren Dienstverhältnis begangen wurde.

(6) Ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden, darf er nicht wieder zum Beamten ernannt werden; es soll auch kein anderes Beschäftigungsverhältnis begründet werden.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.