Verwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Apr. 2014 - 7 K 2829/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt die Einbeziehung ihres Sohnes B. O. in ihren Aufnahmebescheid.
3Die 1953 geborene Klägerin beantragte am 20.08.2003 beim Bundesverwaltungsamt (BVA) die Erteilung eines Aufnahmebescheides. Zugleich beantragte sie die Einbeziehung ihres Ehemannes W. O. (geb. 1952) sowie ihrer Söhne B. (geb. 1986) und W. O. (geb. 1991). Ebenfalls beantragt wurde die Einbeziehung der Tochter der Klägerin, U. C. , und deren Ehemann und beiden Töchter.
4Unter dem 25.09.2006 erteilte das BVA den Aufnahmebescheid der Klägerin. Eine Einbeziehung des Ehemannes und der Söhne erfolgte nicht, da diese den Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache noch nicht erbracht hatten. In dem dazugehörigen Anschreiben wurde der Klägerin mitgeteilt, dass – solange sie noch nicht nach Deutschland ausgesiedelt sei – dieser Nachweis durch Vorlage des Zertifikates „Start Deutsch 1“ des Goethe-Instituts erbracht werden könne. Zusätzlich wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung nur möglich sei, solange sie noch nicht nach Deutschland ausgesiedelt sei. Den gleichen Hinweis enthielt das Übersendungsschreiben an den Sohn der Klägerin, H. O. , der bereits in Deutschland lebte und als Bevollmächtigter für das Aufnahmeverfahren benannt worden war.
5Im Juni 2007 reiste die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland ein. Gegenüber dem BVA gab sie am 08.06.2007 zu Protokoll, dass sie sich entschlossen habe, bereits jetzt nach Deutschland überzusiedeln. Ihr russischer Ehemann und ihr Sohn W. würden im Rahmen der Familienzusammenführung als Ausländer nachreisen. Ihr Sohn B. und ihre Tochter U. würden zuerst in Russland bleiben wollen. Eine weitere Tochter, O1. , habe bis heute keinen Antrag gestellt. Von der Möglichkeit, ins Aussiedlungsgebiet zurück zu fahren, um dort das Einbeziehungsverfahren abzuwarten, wolle die Klägerin keinen Gebrauch machen. Sie sei darüber aufgeklärt worden, dass bei dieser Sach- und Rechtslage eine Einbeziehung von Abkömmlingen nicht mehr möglich sei.
6Unter dem 13.06.2007 lehnte das BVA die Einbeziehung des Ehegatten und der Abkömmlinge der Klägerin sowie deren Familienangehörigen ab, da die Klägerin als Bezugsperson nicht mehr über den erforderlichen Wohnsitz im Herkunftsgebiet verfüge. Auch ein Härtefall sei nicht anzunehmen, da die Klägerin über die Folgen einer vorzeitigen Ausreise unterrichtet worden sei. Eine durch die Entscheidung der Bezugsperson selbst herbeigeführte Situation erfülle per se nicht das Kriterium der besonderen Härte.
7Die Klägerin legte keine Rechtmittel gegen diese ablehnende Entscheidung ein.
8Im Oktober 2010 wandte sich zunächst der bereits in Deutschland lebende Sohn der Klägerin, H. O. , im September 2011 der damalige Verfahrensbevollmächtigte an das BVA. Sie wiesen darauf hin, dass der einzubeziehende Sohn der Klägerin, B. O. inzwischen das erforderliche Zertifikat „Start Deutsch 1“ vorweise könne. Das BVA verwies in beiden Antworten auf die seinerzeit absehbare Gesetzesänderung, die eine nachträgliche Einbeziehung im Härtefall vorsehen würde. Möglicherweise könne der Sohn der Klägerin davon profitieren.
9Unter dem 09.11.2010 wandte sich die Klägerin im Wege der Petition an die Bundesregierung. In ihrer Begründung legte sie dar, dass ihr Sohn B. bei der Geburt ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe, welches Auswirkungen auf sein zentrales Nervensystem habe. Deswegen habe er keinen Schulabschluss erreichen können und sei vom Wehrdienst befreit worden. Zum Nachweis fügte sie eine „Zusammenfassung der Ärztegutachterkommission“ vom 14.09.2010 bei, die eine Pflegschaft und Vormundschaft durch die Eltern und Verwandten als Empfehlung vorsieht.
10Der Sohn der Klägerin, B. O. , reiste im zweiten Halbjahr des Jahres 2011 mit einem Besuchs-Visum in die Bundesrepublik ein und wohnt seitdem bei der Klägerin.
11Im Januar 2012 beantragte die Klägerin durch ihren damaligen Bevollmächtigten die nachträgliche Einbeziehung ihres Sohnes B. gemäß § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG (im Folgenden: BVFG a.F.).
12Mit Bescheid vom 05.11.2012 lehnte das BVA den Antrag auf nachträgliche Einbeziehung ab. Der Sohn B. sei kein im Aussiedlungsgebiet verbliebener Abkömmling, da er bereits in Deutschland wohne. Außerdem sei der Sohn der Klägerin unter ihrer Anschrift gemeldet, so dass die Einbeziehung zur Aufhebung der räumlichen Trennung offensichtlich nicht erforderlich sei.
13Der unter dem 09.11.2012 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung verwies das BVA auf den Wohnsitz des Sohnes der Klägerin im Bundesgebiet. Außerdem fehle es an einer Härte im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a.F..
14Die Klägerin hat am 02.05.2013 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass ihr Sohn B. in Deutschland keinen dauerhaften Aufenthalt begründet habe. Er sei mit einem Besuchsvisum eingereist und werde nur wegen des Einbeziehungsverfahrens geduldet. Zudem lasse sich dem Gesetz entnehmen, dass bei Vorliegen einer besonderen Härte von der Verpflichtung, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, abgesehen werden könne.Im Übrigen könne dem Sohn der Klägerin nicht entgegengehalten werden, dass er sich in der Stadt Korbach angemeldet habe. Hierzu sei er seitens der Ausländerbehörde aufgefordert worden. Es liege auch ein Härtefall vor. Angesichts des Gesundheitszustandes des Sohnes der Klägerin hätte die Klägerin darauf hingewiesen werden müssen, dass für ihren Sohn ein Nachweis der Deutschkenntnisse entbehrlich gewesen sei. Außerdem bedürfe der Sohn der Klägerin einer Betreuung bei der Mutter und der weiteren Familie. Durch die häusliche Betreuung habe sich der Gesundheitszustand erheblich und wesentlich gebessert.
15Die Klägerin beantragt,
16die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BVA vom 05.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 zu verpflichten, den Abkömmling der Klägerin, Herrn B. O. , geb. am 00.00.1986, in den Aufnahmebescheid der Klägerin nachträglich einzubeziehen;
17hilfsweise
18die Beklagte unter Aufhebung der vorgenannten Bescheide zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen die Gründe der ablehnenden Bescheide. Ergänzend führt sie aus, dass gegenüber der Klägerin keine Aufklärungspflichten verletzt worden seien. Die Erkrankung ihres Sohnes habe die Klägerin erstmals im Rahmen der Petition im Oktober 2010 erwähnt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Die zulässige Klage ist nicht begründet.
25Die Ablehnung des Antrags auf nachträgliche Einbeziehung des B. O. in den Aufnahmebescheid der Klägerin ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
26Die Klägerin hat keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung ihres Sohnes B. in ihren Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a.F.).
27Nach dieser Vorschrift kann abweichend von Satz 1 der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
28Daran fehlt es vorliegend. Der Sohn der Klägerin, B. O. , ist nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Er hält sich seit der zweiten Jahreshälfte 2011 ununterbrochen in Deutschland auf, will hier bleiben und verfügt nach Angaben der Klägerin im Herkunftsgebiet weder über Unterkunft noch über Versorgungsmöglichkeiten. Er lebt bei der Klägerin, ist dort gemeldet und erfährt dort „häusliche Betreuung“. Er hat mithin an seinem jetzigen Wohnort seinen Wohnsitz begründet. Der Annahme, dass er nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben ist, steht nicht entgegen, dass der Kläger zunächst mit einem Besuchsvisum eingereist ist und nach dessen Ablauf lediglich geduldet wird, sein dauernder Aufenthalt somit von ausländerrechtlichen Genehmigungen abhängig ist. Werden sie nicht erteilt oder verlängert, so führt dies zwar notwendig zur Aufgabe der Niederlassung und damit zum Wegfall der Voraussetzungen eines Wohnsitzes. Die insoweit in der Regel bestehenbleibende rechtliche Ungewissheit schließt aber, solange die mit der Verlegung des räumlichen Lebensmittelpunktes verbundene Niederlassung tatsächlich besteht, den auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillen nicht aus.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.08.2012 – 11 A 2558/11 –, Juris Rn. 46 m.w.N.
30Soweit die Klägerin meint, im vorliegenden Fall könne von der Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, ausnahmsweise wegen Vorliegens einer (besonderen) Härte abgesehen werden, ist dem nicht zu folgen. Eine solche Berücksichtigung einer besonderen Härte sieht das Gesetz – anders als im Falle des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG – in den Fällen der nachträglichen Einbeziehung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht vor.
31Gegen die Anwendung der Härtefallregelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG spricht bereits die Systematik der Vorschriften über die Einbeziehung. Das Gesetz differenziert ausdrücklich zwischen der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung – bei vor der Ausreise gestelltem Aufnahmeantrag – (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG) und der nachträglichen Einbeziehung der im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Ehegatten und Abkömmlinge (§ 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG). Diese unterschiedlichen Einbeziehungstatbestände würden unzulässig vermengt, wenn die ausschließlich in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erwähnte, auf die Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung bezogene „besondere Härte“ – systemwidrig – in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG hineingelesen würde.
32Auch die Entstehungsgeschichte der Vorgängervorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG rechtfertigt nicht die Berücksichtigung einer besonderen Härte bei der nachträglichen Einbeziehung. Der Gesetzgeber hat den Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erstmals mit dem am 4. Dezember 2011 in Kraft getretenen Neunten Gesetz zur Änderung des BVFG geschaffen. Die gesetzliche Regelung ging zurück auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. April 2011 (BT-Drs. 17/5515). In dem Gesetzentwurf heißt es auf Seite 9:
33„Die Einbeziehung nach Absatz 1 soll die gemeinsame Aussiedlung der Familie ermöglichen und damit ein mögliches Ausreisehindernis für den Spätaussiedler beseitigen. Im Gegensatz hierzu erfolgt die nachträgliche Einbeziehung nach Absatz 3 ausnahmsweise nach der Aussiedlung des Spätaussiedlers. Hierdurch soll in Härtefällen eine dauerhafte Familientrennung vermieden und so auch die Integration des Spätaussiedlers in Deutschland weiter gefördert werden. Die Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, besteht weiterhin. Von der Verpflichtung, die Erteilung des Aufnahmebescheides bzw. die Einbeziehung im Herkunftsgebiet abzuwarten, macht nur Absatz 2 im Fall einer besonderen Härte eine Ausnahme. Hierbei handelt es sich um den in der Praxis seltenen Fall, dass die Beachtung der Regelungen des Aufnahmeverfahrens zu einem in hohem Maße unbilligen Ergebnis führen würde.“
34Aus den beiden zuletzt zitierten Sätzen lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit Schluss ziehen, die in § 27 Abs. 2 BVFG a.F. genannte „besondere Härte“ habe nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG a.F. Berücksichtigung finden sollen. Wäre dies gewollt gewesen, hätte es dazu klarerer und eingehenderer Darlegungen in der Gesetzesbegründung bedurft. An solchen Darlegungen fehlt es aber.
35Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung eine Möglichkeit schaffen wollen, auch diejenigen Familienmitglieder von der nachträglichen Einbeziehung zu erfassen, die – wie der hier einzubeziehende Sohn der Klägerin – ohne einen Einbeziehungsbescheid das Herkunftsland verlassen haben und hier weder vertriebenenrechtlich Aufnahme gefunden noch ausländerrechtlich einen gesicherten Aufenthalt erlangt haben, spricht, dass er im Gesetzgebungsverfahren dem auf Streichung der Wörter „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 3 BVFG a.F. gerichteten Änderungsantrag einer Minderheitsfraktion nicht entsprochen hat.
36Vgl. zu dem Antrag BT-Drs. 17/7178, Seite 4 f.; vgl. überdies Plenarprotokoll 17/130, Seite 15368.
37Mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des BVFG, in Kraft getreten am 14. September 2013, hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen herabgesenkt. Die nachträgliche Einbeziehung ist nun nicht mehr vom Vorliegen einer Härte abhängig. Außerdem besteht eine erweiterte Möglichkeit, vom Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache abzusehen. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ist von der Gesetzesänderung indes nicht betroffen gewesen. Den Gesetzesmaterialien,
38vgl. insbesondere den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 22. August 2012, Drs. 17/10511, und die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 12. Juni 2013, Drs. 17/13937,
39lässt sich nichts Substantielles dafür entnehmen, dass die jetzt in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG angesprochene besondere Härte im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG Berücksichtigung finden soll.
40Vgl. zum Ganzen: VG Köln, Urteile vom 05.02.2014 – 10 K 5417/12 – und – 10 K 6881/12 –.
41Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf Einbeziehung ihres Sohnes B. in ihren Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a.F.).
42Danach kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
43Vorliegend ist bereits zu berücksichtigen, dass der in formeller Hinsicht erforderliche, vor der Ausreise der Bezugsperson von ihr gestellte Einbeziehungsantrag nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a.F.),
44vgl. zu dieser weiterhin geltenden Voraussetzung VG Köln, Urteil vom 05.02.2014 – 10 K 6881/12 – mit ausführlicher Begründung und w.N.,
45bereits bestandskräftig mit Bescheid vom 13.06.2007 abgelehnt worden ist.
46Darüber hinaus fehlt es an einer besonderen Härte. Die Klägerin trägt, was die Beklagte zutreffend rügt, nichts dazu vor, dass es ihr nicht möglich war, bis zum Abschluss des Einbeziehungsverfahrens im Aussiedlungsgebiet zu verbleiben und abzuwarten, bis ihr Sohn B. die erforderlichen Deutschkenntnisse nachweise konnte. Hinzu kommt, dass die Klägerin mehrfach auf die Folgen ihrer Ausreise vor Abschluss des Einbeziehungsverfahrens hingewiesen worden ist. Stichhaltige Gründe für diesen Schritt hat die Klägerin bis zuletzt nicht vorgetragen.
47Soweit die Klägerin geltend macht, ihr Sohn B. bedürfe der Betreuung durch sie und die weitere Familie, stellt dies keine besondere Härte im vertriebenenrechtlichen Sinne dar. Diesem Umstand mag allenfalls ausländerrechtlich durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen oder einer Duldung Rechnung getragen werden.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Apr. 2014 - 7 K 2829/13
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Apr. 2014 - 7 K 2829/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger begehrt die nachträgliche Einbeziehung seines Enkels, des am 00.00.0000 geborenen Herrn W. L. (nunmehr: L.), in seinen Aufnahmebescheid.
3Die Beklagte erteilte dem aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Kläger unter dem 10. September 1996 einen Aufnahmebescheid. Sie bezog mit Einbeziehungsbescheid vom selben Tage die Tochter des Klägers (Mutter des Herrn L.) und sieben Enkel des Klägers (Kinder der Tochter, Geschwister des Herrn L.) in den Aufnahmebescheid ein. In dem Einbeziehungsbegehren war ursprünglich auch Herr L. aufgeführt. Für ihn wurden jedoch trotz Erinnerung keine Personenstandsurkunden vorgelegt, so dass der Einbeziehungsbescheid ausdrücklich nicht unter seiner Einbeziehung erging. Der Kläger und seine Familie reisten Ende 1996 in die Bundesrepublik ein.
4Herr L. reiste im März 1999 mit einem Besuchsvisum nach. Er stellte am 6. April 2000 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter, den das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 4. Februar 2002 bestandskräftig ablehnte.
5Mit Schreiben vom 23. August 2000, der Beklagten erst im Jahre 2002 zugegangen, stellte Herr L. einen Antrag auf nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers. Zur Begründung führte er an: Er habe 1996 nicht mit seiner Familie ausreisen können, da er seinerzeit nicht über Papiere verfügt habe. Der fehlende Besitz der Papiere sei darauf zurückzuführen, dass er im Dezember 1991 aufgrund von schweren Misshandlungen von der sowjetischen Armee desertiert sei. Diese habe sein Armeebuch und seinen Inlandspass einbehalten. Er habe die Dokumente erst im Jahre 1998 gegen Zahlung eines Betrages von 800 DM durch seine Großmutter zurückbekommen. Nachdem er seinen Reisepass erhalten habe, habe ihm die Mafia aufgelauert, ihn zusammengeschlagen, ihm seine Papiere abgenommen, ihn auf einen Friedhof verschleppt und gedroht, ihn zu töten, falls er an sie nicht einen Betrag von 2.000 DM entrichte. Seine Mutter habe ihm das Geld von Deutschland aus geschickt, woraufhin er es der Mafia gezahlt habe. Er habe sodann erneut einen Reisepass beantragt und erhalten und sei im März 1999 mit einem Besuchsvisum nach Deutschland gereist. Er habe einen Asylantrag gestellt, um die Bundesrepublik nicht verlassen zu müssen. Seine gesamte Familie lebe hier und besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. Er habe während seines Aufenthalts starke Herzprobleme und psychische Probleme bekommen, so dass er sich in psychiatrischer Behandlung befinde. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Beiakte 2, Blatt 17 ff. verwiesen.
6Unter dem 20. Januar 2003 stellte Herr L. bei der Beklagten einen Antrag auf Aufnahme nach dem BVFG. Im Rahmen der Antragstellung gab er u. a. an, Deutschunterricht in der Schule erhalten zu haben, fast alles in deutscher Sprache zu verstehen, ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen und Deutsch schreiben zu können.
7Die Beklagte lehnte den Aufnahmeantrag des Herrn L. mit Bescheid vom 20. Januar 2006 ab. Zur Begründung führte sie an, Herr L. habe sich nicht bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt.
8Mit Schreiben vom selben Tage teilte die Beklagte Herrn L. zugleich mit, eine Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers sei nicht möglich, da nach der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage ein wirksamer Einbeziehungsantrag nicht vorliege. Der Antrag auf Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers hätte aber auch nach der alten Rechtslage abgelehnt werden müssen, da der Kläger bereits im November 1996 Aufnahme im Bundesgebiet gefunden habe. Herr L. möge mitteilen, wenn er im Hinblick auf seinen Einbeziehungsantrag einen rechtsmittelfähigen Bescheid wünsche.
9Herr L. legte gegen die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Aufnahmebescheides am 7. März 2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2006 zurückwies. Zur Begründung führte sie ergänzend an, die Versagung des Aufnahmebescheides stelle keine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG (in der damals geltenden Fassung) dar.
10Herr L. erhob dagegen vor dem Verwaltungsgericht Minden am 22. Mai 2006 Klage (Az.: 5 K 1888/06), die das Gericht mit Urteil vom 25. Mai 2007 rechtskräftig abwies. In den Entscheidungsgründen heißt es u. a.: Die Klage sei unzulässig, soweit Herr L. die nachträgliche Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Klägers begehre. Herrn L. fehle insoweit die Klagebefugnis, da ein Anspruch auf Einbeziehung seit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 nur noch von der Bezugsperson, nicht hingegen von dem Einzubeziehenden geltend gemacht werden könne. Herr L. habe keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides. Eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG (in der damals geltenden Fassung) liege nicht vor. Unabhängig davon habe Herr L. sich auch nicht durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Beiakte 2, Blatt 156 ff. verwiesen.
11Der Kläger beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 21. März 2012 die nachträgliche Einbeziehung des Herrn L. in seinen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des BVFG (nunmehr: BVFG a. F.). Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen das Vorbringen des Herrn L. aus dem von ihm betriebenen Aufnahmeverfahren. Er reichte eine ärztliche Bescheinigung über gesundheitliche Einschränkungen seiner Tochter, der Mutter des Herrn L., ein, in der es u. a. heißt, „die Ausweisung eines Kindes wäre sicherlich eine starke emotionale Belastung für die Patientin.“ Wegen der Einzelheiten der Bescheinigung wird auf Beiakte 1, Blatt 12 verwiesen.
12Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. Juli 2012 ab. Zur Begründung führte sie an: Herr L. sei kein gemäß § 27 Abs. 3 BVFG a. F. im Aussiedlungsgebiet verbliebener Abkömmling. Er sei bereits im März 1999 in die Bundesrepublik eingereist. Seit dieser Zeit halte er sich ununterbrochen in Deutschland auf und werde von der Ausländerbehörde der Stadt Rostock geduldet. Auch eine Härte im Sinne der Vorschrift sei nicht gegeben. Da Herr L. bereits im Bundesgebiet lebe, sei eine Einbeziehung zur Aufhebung der räumlichen Trennung nicht erforderlich.
13Der Kläger erhob dagegen am 26. Juli 2012 Widerspruch und begründete diesen wie folgt: Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ beziehe sich auf den Zeitpunkt der Aussiedlung. Zu diesem Zeitpunkt habe Herr L. seinen Wohnsitz noch im Aussiedlungsgebiet gehabt. Eine Härte sei gegeben. Herr L. sei unmittelbar von Abschiebung bedroht. Da er das Aussiedlungsgebiet als Deserteur verlassen habe, sei eine Wiederbegründung des Wohnsitzes nicht möglich bzw. zumutbar.
14Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2012 zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend an: „Im Aussiedlungsgebiet verblieben“ sei nur eine Person, die seit der Ausreise der Bezugsperson ihren Wohnsitz ohne Unterbrechung im Aussiedlungsgebiet habe. Von einer nachträglichen Einbeziehung ausgeschlossen seien daher Personen, die – wenn auch nur vorübergehend – einen Wohnsitz in der Bundesrepublik oder einem Drittstaat begründet hätten. Unschädlich seien nur Aufenthalte im Bundesgebiet oder einem Drittstaat, deren Dauer klar und eindeutig durch einen feststehenden Endzeitpunkt begrenzt sei, wie Urlaub, Verwandtenbesuche, Erledigung von Geschäftsangelegenheiten, Heilbehandlungen, zeitlich feststehende Au-Pair-Tätigkeiten oder Studien- bzw. Montageaufenthalte. Da Herr L. bereits seit 1999 im Bundesgebiet lebe und einen Wohnsitz in Deutschland habe, sei er nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“.
15Der Kläger hat dagegen am 18. September 2012 Klage erhoben.
16Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor:
17§ 27 Abs. 3 BVFG a. F. sei dahingehend auszulegen, dass von der Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, abgesehen werden könne, wenn diese Verpflichtung ihrerseits zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Eine solche Härte sei hier gegeben. Es bestehe seit der Einreise des Herrn L. nach Deutschland im Jahre 1999 eine Beistandsgemeinschaft zwischen ihm und seinen Familienangehörigen, die mit Blick auf Art. 6 GG nicht auseinandergerissen werden dürfe. Die Situation stelle für ihn, den Kläger, und die gesamte Familie eine starke emotionale Belastung dar. Bleibe es bei der Ablehnung des Antrags auf Einbeziehung, sei Herr L. das einzige Familienmitglied, das – unter Bedrohung von Leben und Gesundheit – isoliert im Herkunftsgebiet sein Dasein fristen müsste.
18Unabhängig davon sei Herr L. durchaus gemäß § 27 Abs. 3 BVFG a. F. im Aussiedlungsgebiet verblieben. Er halte sich im Bundesgebiet nur geduldet auf. Die rechtliche Möglichkeit, einen Wohnsitz tatsächlich zu begründen, werde ihm verwehrt.
19Der Kläger reicht ein Zertifikat der Kreisvolkshochschule Vorpommern-Rügen vom 21. Januar 2014 ein, wonach Herr L. die Prüfung „Deutsch A1“ am 14. Januar 2014 mit „gut“ bestanden hat. Wegen der Einzelheiten des Zertifikats wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
20Der Kläger rügt, die Beklagte habe über Einbeziehungsanträge des Herrn L. aus den Jahren 1996 und 2000 noch nicht abschließend entschieden. Er erklärt, der Einbeziehungsantrag im vorliegenden Verfahren solle auch unter dem Gesichtspunkt des § 27 Abs. 2 BVFG a. F. (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n. F.) geprüft werden.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2012 zu verpflichten, seinen Enkel, Herrn W. L. , nachträglich in seinen Aufnahmebescheid einzubeziehen,
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Herr L. sei nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben. Der Begründung des Wohnsitzes in Deutschland stehe nach der Rechtsprechung des OVG NRW (zitiert wird das Urteil vom 30. August 2012 – 11 A 2558/11) nicht der Umstand entgegen, dass die Verwirklichung des Willens zum dauernden Aufenthalt von ausländerrechtlichen Genehmigungen abhänge. Würden diese nicht erteilt oder verlängert, führe dies zwar notwendig zur Aufgabe der Niederlassung und damit zum Wegfall der Voraussetzungen eines Wohnsitzes. Die insoweit in der Regel bestehenbleibende rechtliche Ungewissheit schließe aber, solange die mit der Verlegung des räumlichen Lebensmittelpunktes verbundene Niederlassung tatsächlich bestehe, den auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillen und damit die Begründung des Wohnsitzes nicht aus. Neben der tatsächlichen Aufgabe der Niederlassung verlange die Aufhebung des Wohnsitzes einen Willensakt, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse nicht am bisherigen Wohnsitz zu belassen. Dieser Aufgabewille sei anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und könne häufig aus der Tatsache hergeleitet werden, dass die bisherige Niederlassung für lange Dauer verlassen und ein neuer Wohnsitz begründet worden sei. Gemessen daran habe Herr L. das Aussiedlungsgebiet unter Aufgabe seines Wohnsitzes im März 1999 endgültig verlassen. Dafür spreche insbesondere, dass er im Herkunftsgebiet keine familiären Bindungen mehr besitze und in seinem Einbeziehungsantrag vom 23. August 2000 angegeben habe, die Bundesrepublik nicht wieder verlassen zu wollen.
26Im Übrigen fehle es an der für die Einbeziehung erforderlichen (besonderen) Härte. Es sei insbesondere nicht erkennbar, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, bis Anfang 1999 im Herkunftsgebiet zu verbleiben und abzuwarten, bis Herr L. die für die Einbeziehungsentscheidung erforderlichen Unterlagen zusammengestellt habe.
27Die 2. Kammer hat den von dem Kläger gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 abgelehnt. Das OVG NRW hat diesen Beschluss auf die Beschwerde des Klägers geändert und dem Kläger mit Beschluss vom 17. April 2013 (Az.: 11 E 37/13 – juris) Prozesskostenhilfe bewilligt. Es hat die Frage als klärungsbedürftig angesehen, ob und inwieweit das Vorliegen einer besonderen Härte nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. zu prüfen ist. Wegen der Einzelheiten der PKH-Beschlüsse wird auf Blatt 30-32 und Blatt 65-66 der Gerichtsakte verwiesen.
28Entscheidungsgründe:
29Die Klage ist unbegründet.
30Die Ablehnung des Antrags auf nachträgliche Einbeziehung des Herrn L. in den Aufnahmebescheid des Klägers ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
31Der Kläger hat keinen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung des Herrn L. in seinen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F.).
32Danach kann abweichend von Satz 1 der im Aussiedlungsgebiet verbliebene [Hervorhebung nur hier] Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
33Herr L. ist nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“. Er hält sich seit März 1999 ununterbrochen in Deutschland auf, will hier bleiben und hat nach eigenen Angaben im Aussiedlungsgebiet keine familiären Beziehungen.
34Soweit der Kläger demgegenüber geltend macht, Herr L. sei durchaus im Aussiedlungsgebiet verblieben, da er sich hier nur geduldet aufhalte und ihm die Möglichkeit, einen Wohnsitz zu begründen, verwehrt werde, teilt das Gericht diese Einschätzung nicht. Der Begründung eines Wohnsitzes steht nicht der Umstand entgegen, dass die Verwirklichung des Willens zum dauernden Aufenthalt von ausländerrechtlichen Genehmigungen abhängig ist. Werden sie nicht erteilt oder verlängert, so führt dies zwar notwendig zur Aufgabe der Niederlassung und damit zum Wegfall der Voraussetzungen eines Wohnsitzes. Die insoweit in der Regel bestehenbleibende rechtliche Ungewissheit schließt aber, solange die mit der Verlegung des räumlichen Lebensmittelpunktes verbundene Niederlassung tatsächlich besteht, den auf dauernde Aufenthaltnahme gerichteten Niederlassungswillen nicht aus.
35Vgl. OVG NRW, Urt. vom 30. August 2012 – 11 A 2558/11 – juris Rdnr. 46 m. w. N.; Beschl. vom 16. Juli 2013 – 11 A 2624/12 – nicht veröffentlicht.
36Auch das OVG NRW ist in seinem PKH-Beschluss vom 17. April 2013 davon ausgegangen, dass Herr L. nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben ist.
37Der Kläger dringt mit seinem Einwand nicht durch, § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG (§ 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F.) sei dahingehend auszulegen, dass von der Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, abgesehen werden könne, wenn diese Verpflichtung ihrerseits zu einer unzumutbaren Härte führen würde.
38Die vom OVG NRW in seinem PKH-Beschluss vom 17. April 2013 aufgeworfene Frage, ob und inwieweit das Vorliegen einer besonderen Härte nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. (nunmehr: § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG) auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. (nunmehr: § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG) zu prüfen ist, ist nach Ansicht der Kammer zu verneinen.
39Die vom OVG NRW erwogene Prüfung ist im Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG nicht angelegt. Dort ist nicht – etwa in Gestalt eines zweiten Halbsatzes – davon die Rede, dass von der Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, abzusehen ist oder abgesehen werden kann, wenn diese Verpflichtung eine besondere Härte bedeuten würde.
40Die systematische Auslegung der Norm spricht ebenfalls dagegen, eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG auch im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG zu berücksichtigen. Das Gesetz differenziert ausdrücklich zwischen der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung – bei vor der Ausreise gestelltem Aufnahmeantrag – (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG) und der nachträglichen Einbeziehung der im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Ehegatten und Abkömmlinge (§ 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG). Diese unterschiedlichen Einbeziehungstatbestände würden unzulässig vermengt, wenn die ausschließlich in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erwähnte, auf die Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung bezogene „besondere Härte“ – systemwidrig – in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG hineingelesen würde. Soweit das OVG NRW in seinem PKH-Beschluss vom 17. April 2013 ausgeführt hat, ein – indirekter – Hinweis auf die Berücksichtigung einer besonderen Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG a. F. auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG a. F. finde sich in § 27 Abs. 3 Satz 3 BVFG a. F., der ausdrücklich (auch) unanfechtbar abgeschlossene Einbeziehungsverfahren nach § 27 Abs. 2 BVFG a. F. benenne, ist dieser Überlegung durch das Inkrafttreten des Zehnten Gesetzes zur Änderung des BVFG die Grundlage entzogen. Denn seit der Gesetzesänderung ist das Wiederaufgreifensverfahren in Hinsicht auf sämtliche Aufnahme- bzw. Einbeziehungstatbestände separat in § 27 Abs. 3 BVFG geregelt.
41Die entstehungsgeschichtliche bzw. teleologische Auslegung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG führt zu keinem von dem zuvor Gesagten abweichenden Ergebnis. Sie bestätigt eher die vorherige Auslegung.
42Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen erstmals mit dem am 4. Dezember 2011 in Kraft getretenen Neunten Gesetz zur Änderung des BVFG geschaffen. Die gesetzliche Regelung ging zurück auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. April 2011 (BT-Drs. 17/5515). In dem Gesetzentwurf heißt es auf Seite 9:
43„Die Einbeziehung nach Absatz 1 soll die gemeinsame Aussiedlung der Familie ermöglichen und damit ein mögliches Ausreisehindernis für den Spätaussiedler beseitigen. Im Gegensatz hierzu erfolgt die nachträgliche Einbeziehung nach Absatz 3 ausnahmsweise nach der Aussiedlung des Spätaussiedlers. Hierdurch soll in Härtefällen eine dauerhafte Familientrennung vermieden und so auch die Integration des Spätaussiedlers in Deutschland weiter gefördert werden. Die Verpflichtung für den Einzubeziehenden, das Einbeziehungsverfahren im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, besteht weiterhin. Von der Verpflichtung, die Erteilung des Aufnahmebescheides bzw. die Einbeziehung im Herkunftsgebiet abzuwarten, macht nur Absatz 2 im Fall einer besonderen Härte eine Ausnahme. Hierbei handelt es sich um den in der Praxis seltenen Fall, dass die Beachtung der Regelungen des Aufnahmeverfahrens zu einem in hohem Maße unbilligen Ergebnis führen würde.“
44Aus den beiden zuletzt zitierten Sätzen lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit Schluss ziehen, die in § 27 Abs. 2 BVFG a. F. genannte „besondere Härte“ habe nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch im Rahmen des § 27 Abs. 3 BVFG a. F. Berücksichtigung finden sollen. Wäre dies gewollt gewesen, hätte es dazu klarerer und eingehenderer Darlegungen in der Gesetzesbegründung bedurft. An solchen Darlegungen fehlt es aber. Die Gesetzesbegründung befasst sich in der Folge lediglich relativ ausführlich mit den „sonstigen Voraussetzungen“ und der „(einfachen) Härte“ im Sinne des § 27 Abs. 3 BVFG a. F.
45Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung eine Möglichkeit schaffen wollen, auch diejenigen Familienmitglieder von der nachträglichen Einbeziehung zu erfassen, die – wie Herr L. – ohne einen Einbeziehungsbescheid das Herkunftsland verlassen haben und hier weder vertriebenenrechtlich Aufnahme gefunden noch ausländerrechtlich einen gesicherten Aufenthalt erlangt haben, spricht, dass er im Gesetzgebungsverfahren dem auf Streichung der Wörter „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 3 BVFG a. F. gerichteten Änderungsantrag einer Minderheitsfraktion nicht entsprochen hat.
46Vgl. zu dem Antrag BT-Drs. 17/7178, Seite 4 f.; vgl. überdies Plenarprotokoll 17/130, Seite 15368.
47Mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des BVFG, in Kraft getreten am 14. September 2013, hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen herabgesenkt. Die nachträgliche Einbeziehung ist nun nicht mehr vom Vorliegen einer Härte abhängig. Außerdem besteht eine erweiterte Möglichkeit, vom Nachweis der Grundkenntnisse der deutschen Sprache abzusehen. Das Tatbestandsmerkmal „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG ist von der Gesetzesänderung indes nicht betroffen gewesen. Den Gesetzesmaterialien,
48vgl. insbesondere den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 22. August 2012, Drs. 17/10511, und die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 12. Juni 2013, Drs. 17/13937,
49lässt sich nichts Substantielles dafür entnehmen, dass die jetzt in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG angesprochene besondere Härte im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG Berücksichtigung finden soll.
50Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Einbeziehung des Herrn L. in seinen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG a. F.)
51Danach kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
52Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einer besonderen Härte. Der Kläger trägt, was die Beklagte zutreffend rügt, nichts dazu vor, dass es ihm nicht möglich war, bis Anfang 1999 im Aussiedlungsgebiet zu verbleiben und abzuwarten, bis Herr. L. die für die Einbeziehungsentscheidung erforderlichen Unterlagen zusammengestellt hatte. Soweit der Kläger geltend macht, es bestehe seit der Einreise des Herrn L. nach Deutschland eine Beistandsgemeinschaft zwischen ihm und seinen Familienangehörigen, die mit Blick auf Art. 6 GG nicht auseinandergerissen werden dürfe, stellt dies keine besondere Härte im vertriebenenrechtlichen Sinne dar. Diesem Umstand mag allenfalls ausländerrechtlich durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen oder einer Duldung Rechnung getragen werden.
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Dem 1943 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Kläger, der 1944 durch die Einwandererzentralstelle (EWZ) in den deutschen Staatsverband eingebürgert worden war, erhielt unter dem 07.01.1957 zusammen mit seiner Mutter und seinen Schwestern eine vertriebenenrechtliche Übernahmegenehmigung im sog. D 1 -Verfahren. Mit Schreiben vom 25.03.1999 teilte das Bundesverwaltungsamt auf Anfrage einer der in Deutschland lebenden Schwestern des Klägers mit: Die seinerzeit erteilte Übernahmegenehmigung habe weiter Bestand. Sie berechtige jedoch lediglich zur einmaligen Einreise nach Deutschland, um hier ein Verfahren zur Anerkennung als Spätaussiedler zu betreiben. Die Übernahmegenehmigung könne nicht nach § 100 Abs. 4 BVFG einem Aufnahmebescheid gleichgesetzt werden. Mit Schreiben vom 06.07.2001 teilte die deutsche Botschaft in Moskau dem Bundesverwaltungsamt mit: Der Kläger habe ein Visum beantragt. Es werde davon ausgegangen, dass seine Ehefrau erst später im Rahmen der Familienzusammenführung einreisen könne. Es werde um Genehmigung des beantragten Visums gebeten.
3Mit Antwortschreiben vom 17.07.2001 teilte das Bundesverwaltungsamt der Deutschen Botschaft mit: Die dem Kläger 1957 erteilte Übernahmegenehmigung sei nach wie vor gültig. Umstände, die der Erteilung eines Visums entgegen stünden, seien nicht bekannt. Über die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen nach dem BVFG entschieden nach Einreise ausschließlich die örtlich zuständigen Behörden.
4Der Kläger reiste am 12.09.2001 nach Deutschland ein und erhielt am 14.09.2001 einen Registrierschein. Die Stadt Oelde erteilte ihm unter dem 06.02.2002 eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG. In einem Vermerk der Stadt Oelde vom 06.02.2002 (Bl. 48 der Beiakte 2) heißt es dazu: Der Kläger stamme laut der vorliegenden Übernahmegenehmigung von einer deutschen Mutter ab. In vorgelegten sowjetischen Dokumenten sei die deutsche Nationalität eingetragen. Die deutsche Sprache werde beherrscht; mit dem Kläger hätten seit seinem Zuzug nach Oelde die Gespräche in deutscher Sprache ohne Übersetzer geführt werden können.
5Die Ehefrau des Klägers reiste nach seinen Angaben 2003 nach Deutschland ein und hält sich seitdem hier auf.
6Mit Schreiben vom 28.09.2012 beantragte der Kläger bei dem Bundesverwaltungsamt die Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau. Der Kläger gab an: Die Ehe bestehe seit 1964. Als sie die Ausreise nach Deutschland geplant hätten, hätten die Eheleute bei der Deutschen Auslandsvertretung in Moskau nachgefragt, ob die Ehefrau nicht einbezogen werden könne, weil er, der Kläger, eine Übernahmegenehmigung habe. Ihnen sei erklärt worden, der Ehemann solle zunächst nach Deutschland kommen, dann solle er für seine Ehefrau eine Nachzugsgenehmigung beantragen. Sie seien nicht darüber aufgeklärt worden, dass ihm, dem Kläger, ein Aufnahmebescheid zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau hätte erteilt werden müssen. Falsch sei insbesondere die seinerzeit schriftlich geäußerte Auffassung des Bundesverwaltungsamtes, dass die Übernahme in die Genehmigung nicht einem Aufnahmebescheid nach § 100 Abs. 4 BVFG gleichgesetzt werden können. Er, der Kläger, habe deshalb einen Anspruch darauf, dass ihm jedenfalls nunmehr ein Aufnahmebescheid unter Einbeziehung seiner Ehefrau erteilt werde. Dies sei noch ein Fall des § 27 Abs. 2 BVFG (a.F.).
7Das Bundesverwaltungsamt teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26.10.2012 formlos mit, eine nachträgliche Einbeziehung der im Bundesgebiet lebenden Ehefrau nach § 27 Abs. 2 BVFG komme nicht in Betracht.
8Der Kläger hat am 04.12.2012 Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und macht ergänzend geltend: Nur durch ein grobes Verschulden des Bundesverwaltungsamtes und der Deutschen Botschaft in Moskau sei er daran gehindert worden, vor seiner Ausreise für seine Ehefrau einen förmlichen Einbeziehungsantrag zu stellen. Wenn sich die Beklagte nunmehr auf den fehlenden Einbeziehungsantrag vor der Ausreise berufe, so handele sie rechtsmissbräuchlich. Eine besondere Härte habe im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG schon wegen der seit 1964 bestehenden Ehe vorgelegen, im Übrigen aber auch deshalb, weil er, der Kläger, zum Zeitpunkt der Ausreise deutscher Staatsangehöriger gewesen sei. Abgesehen davon komme es nach Inkrafttreten des 10. BVFG-Änderungsgesetzes auf einen Härtefall nicht mehr an. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass eine nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Beschränkung möglich sei. Die nachträgliche Einbeziehung werde zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung trete. Dabei spiele es keine Rolle, dass seine Ehefrau sich zum Zeitpunkt des Einbeziehungsantrags schon als Ausländerin in Deutschland aufgehalten habe.
9Der Kläger hat ferner eine unter dem 09.01.2006 für seine Ehefrau ausgestellte „Teilnahmebestätigung und Beurteilung Start Deutsch 1“ vorgelegt. Er macht geltend, nach der vorliegend anzuwendenden ausländerrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Nachzug des Ehegatten im Übrigen auch ohne deutsche Sprachkenntnisse möglich.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau, B. L. , zu erteilen,
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hält an ihrer im Verwaltungsverfahren ohne förmliche Bescheiderteilung geäußerten Auffassung fest, die Voraussetzungen für eine Härtefalleinbeziehung lägen nicht vor. Die Beklagte macht ferner geltend, eine nachträgliche Einbeziehung ohne Härtegründe nach der durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz neu eingeführten Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG komme nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben sei und damit bereits nicht unter den Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. falle.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist nach § 75 VwGO zulässig mit der Maßgabe, dass ein Rechtsschutzinteresse nur im Hinblick auf die angestrebte Einbeziehung der Ehefrau des Klägers besteht; seine eigene Rechtsposition als Spätaussiedler kann der Kläger, dem bereits eine Spätaussiedlerbescheinigung erteilt worden ist, durch einen nachträglichen Aufnahmebescheid nicht mehr verbessern.
17Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau. Soweit der Rechtskreis eines Spätaussiedlers auch die – insoweit von Art. 6 GG geschützte – Berechtigung umfasst, den Ehegatten in den eigenen Aufnahmebescheid einbeziehen zu lassen, kann dies hier nicht greifen, weil eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers aus den im Folgenden näher dargestellten Gründen nicht möglich ist. Die fehlende Einbeziehungsmöglichkeit hat zur Folge, dass bereits der Aufnahmebescheid („zum Zwecke der Einbeziehung“) - der die persönliche Stellung des bereits als Spätaussiedler anerkannten Klägers nicht verbessern würde - nicht beansprucht werden kann,
18vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 26.05.2009 – 12 A 3340/07 -, juris, Rn. 5.
19Die angestrebte Einbeziehung der Ehefrau ist zunächst nicht als Härtefalleinbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der mit Wirkung vom 14.09.2013 in Kraft getretenen Fassung des 10. BVFG-Änderungsgesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I 3554) möglich. Die Vorschrift hat denselben Wortlaut wie § 27 Abs. 2 BVFG a.F. und ermöglicht ein Absehen vom Wohnsitzerfordernis des § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG alter wie neuer Fassung, „wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen“. Die sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen sind in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. geregelt, dort heißt es – insoweit bis auf das nunmehr auf volljährige Abkömmlinge beschränkte Spracherfordernis gleichlautend mit § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der bis zum 13.09.2013 geltenden Fassung -:
20„Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe mindestens drei Jahre besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen.“
21Diese Voraussetzungen sind in der Person der Ehefrau des Klägers nicht erfüllt. In der Rechtsprechung ist für die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a.F. geklärt, dass die Einbeziehung in formeller Hinsicht einen von der Bezugsperson vor ihrer Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet gestellten, ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ voraussetzt und diese „sonstige“ Voraussetzung unabhängig von einer ggf. im Übrigen bestehenden besonderen Härte Geltung beansprucht,
22vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 28.07.2005 – 5 B 134.04 -, juris; Beschluss vom 30.10.2006 – 5 B 55/06 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 26.10.2005 – 2 A 2383/05 -; Beschluss vom 21.02.2006 – 2 A 4798/05 -, juris; Beschluss vom 08.08.2006 - 12 A 4189/05 -, juris, Beschluss vom 13.02.2008 – 12 A 4479/06 -, juris, jeweils mit weiterem Nachweis.
23An einem solchen Antrag fehlt es hier. Da der Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F., was die Härtefalleinbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ angeht, identisch mit dem des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a.F. ist, ist die Rechtsprechung zum Erfordernis eines vor der Ausreise gestellten Einbeziehungsantrags auf Härtefallanträge weiter anwendbar.
24Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG eine weitere Möglichkeit der nachträglichen Einbeziehung – dies allerdings ausdrücklich nur für „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ – Ehegatten und Abkömmlinge geschaffen hat, die ohne Härtegründe nachträglich in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen werden können. Die Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ ist damit nicht etwa obsolet geworden; vielmehr besteht nunmehr eine „weitere Option“,
25so ausdrücklich die Begründung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zu seiner im Gesetzgebungsverfahren abgegebenen Beschlussempfehlung vom 12.06.2013, Bundestags-Drucksache 17/13937,
26die dem Ziel dient, die Familienzusammenführung in den Fällen zu erleichtern, in denen Ehegatte oder Abkömmling des Spätaussiedlers im Aussiedlungsgebiet verblieben sind. Sinn und Zweck der Gesetzesänderung ist es, der Trennung von Familien entgegenzuwirken. Weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus den Materialien ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Status der bereits seit Jahren in Deutschland lebenden Ehegatten und Abkömmlingen von Spätaussiedlern verbessern wollte, die auf ausländerrechtlicher Grundlage und nicht als in den Aufnahmebescheid einbezogene Angehörige ihren Wohnsitz in Deutschland begründet haben.
27Ob die Stellung eines Aufnahme- und Einbeziehungsantrags vor der Ausreise hier aufgrund einer schuldhaft falsch erteilten Rechtsauskunft des Bundesverwaltungsamtes und der Deutschen Botschaft in Moskau - die u.a. von nicht ausreichenden Deutschkenntnissen des Klägers ausging - unterblieben ist und darin eine „besondere Härte“ liegt, kann dahinstehen, da dies allenfalls einen Amtshaftungsanspruch begründen, nicht aber die unterbliebene Antragstellung als notwendige „sonstige Voraussetzung“ ersetzen könnte.
28Unabhängig von dem Vorstehenden scheitert eine Härtefalleinbeziehung der Ehefrau des Klägers auch daran, dass die Übersiedlung der Ehefrau in das Bundesgebiet seit Jahren abgeschlossen ist. Das Bundesvertriebenengesetz enthält zwar keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags; aus dem Gesetzeszweck, die Einreise und Integration von Spätaussiedlern und ihrer Ehegatten und Abkömmlinge nach näher bestimmten Maßgaben zu regulieren, folgt aber, dass Anträge im Aufnahmeverfahren für Personen, die sich bereits im Bundesgebiet aufhalten, auch in den von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n.F. (§ 27 Abs. 2 BVFG a.F.) erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung des Betreffenden - sei es des Spätaussiedlers selbst, sei es des Ehegatten oder Abkömmlings - gestellt werden müssen.
29Dies hat das Bundesverwaltungsgericht, dessen Rechtsprechung die Kammer folgt, für den originären Aufnahmeantrag des Spätaussiedlers bereits entschieden,
30vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 5 C 23.11 -, juris.
31Die in dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts angestellten Überlegungen gelten sinngemäß auch für den Fall, dass die Bezugsperson selbst mit einem Aufnahmebescheid oder - wie hier - mit einer Übernahmegenehmigung eingereist ist und die Einbeziehung des auf ausländerrechtlicher Grundlage mit eingereisten oder - wie hier - nachgereisten Ehegatten in den vorhandenen bzw. im Fall einer Übernahmegenehmigung zum Zeck der Einbeziehung ggfls. noch zu erteilenden Aufnahmebescheid beantragt. Jedenfalls mit Blick auf den einzubeziehenden Ehegatten oder Abkömmling würde der Gesetzeszweck verfehlt, wenn ein entsprechender Antrag - wie hier - erst mehrere Jahre nach der Einreise des Ehegatten oder Abkömmlings und damit zu einem Zeitpunkt gestellt wird, zu dem der Übersiedlungsvorgang längst abgeschlossen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der o.a. Entscheidung das Erfordernis der Antragstellung im zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise aus einer Reihe von Erwägungen hergeleitet und u.a. darauf abgestellt,
32- bereits der Gesetzeswortlaut, nämlich die Begriffe „Aufnahme“ und „Aufnahmebescheid“, lasse auf die Notwendigkeit eines zeitlichen Zusammenhangs schließen (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012, - 5 C 23.11., juris Rn. 9),
33- in diese Richtung deute auch die Entstehungsgeschichte mit der erklärten Absicht des Gesetzgebers, die nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ vermehrt einsetzende Zuwanderung von Aussiedlern bzw. Spätaussiedlern aus Osteuropa zu regulieren und zu begrenzen (juris Rn. 10 f.),
34- auch die systematische Auslegung lege ein solches Verständnis nahe (juris, Rn. 12 ff., siehe hier insbesondere Rn. 16 mit der Erörterung des § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG betreffend die Einbeziehung von nach der Ausreise geborenen Abkömmlingen),
35- schließlich spreche auch der Zweck des Aufnahmeverfahrens und des Bundesvertriebenengesetzes – die Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs – dafür, dass der Härtefallantrag zeitnah zur Aussiedlung geltend gemacht werde (juris, Rn. 21 f.),
36- ferner spreche auch die durch das Bundesvertriebenengesetz intendierte Integration der Betreffenden im Bundesgebiet, etwa durch Integrationskurse gemäß § 9 Abs. 1 BVFG, für eine solche Auslegung (juris, Rn. 23).
37Alle diese Erwägungen gelten nicht nur für den Spätaussiedler selbst, sondern auch für ebenfalls übersiedelnde Ehegatten oder Abkömmlinge. Durch die ausschließlich „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ – und nicht etwa bereits im Bundesgebiet lebende - Ehegatten und Abkömmlinge betreffende Regelung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. sind diese Überlegungen auch keineswegs gegenstandlos geworden, sondern für Härtefallanträge weiterhin relevant.
38Eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers in einen diesem noch zu erteilenden Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. ist bereits nach dessen Wortlaut ausgeschlossen, weil die Ehefrau nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist. Auch der Sinn und Zweck der Regelung steht einer Anwendung auf die Ehefrau des Klägers entgegen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Danach ist für eine nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehene Härtefalleinbeziehung im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F.,
39erwogen und offengelassen in OVG NRW, Beschluss vom 17.04.2013 - 11 E 37/13 -, juris, Rn. 7, für die Vorgängervorschrift des § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes vom 04.12.2011 (BGBl. I 2426),
40kein Raum, weil das Gesetz ausdrücklich zwischen der Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F.) - bei vor der Ausreise gestelltem Einbeziehungsantrag - und der nachträglichen Einbeziehung der im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Ehegatten und Abkömmlinge (§ 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F.) differenziert. Diese unterschiedlichen Einbeziehungstatbestände würden unzulässig vermengt, wenn die ausschließlich in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n.F. erwähnte, auf die Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Ausreise bezogene „besondere Härte“ - systemwidrig - in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. hineingelesen würde.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
42Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Dem 1943 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Kläger, der 1944 durch die Einwandererzentralstelle (EWZ) in den deutschen Staatsverband eingebürgert worden war, erhielt unter dem 07.01.1957 zusammen mit seiner Mutter und seinen Schwestern eine vertriebenenrechtliche Übernahmegenehmigung im sog. D 1 -Verfahren. Mit Schreiben vom 25.03.1999 teilte das Bundesverwaltungsamt auf Anfrage einer der in Deutschland lebenden Schwestern des Klägers mit: Die seinerzeit erteilte Übernahmegenehmigung habe weiter Bestand. Sie berechtige jedoch lediglich zur einmaligen Einreise nach Deutschland, um hier ein Verfahren zur Anerkennung als Spätaussiedler zu betreiben. Die Übernahmegenehmigung könne nicht nach § 100 Abs. 4 BVFG einem Aufnahmebescheid gleichgesetzt werden. Mit Schreiben vom 06.07.2001 teilte die deutsche Botschaft in Moskau dem Bundesverwaltungsamt mit: Der Kläger habe ein Visum beantragt. Es werde davon ausgegangen, dass seine Ehefrau erst später im Rahmen der Familienzusammenführung einreisen könne. Es werde um Genehmigung des beantragten Visums gebeten.
3Mit Antwortschreiben vom 17.07.2001 teilte das Bundesverwaltungsamt der Deutschen Botschaft mit: Die dem Kläger 1957 erteilte Übernahmegenehmigung sei nach wie vor gültig. Umstände, die der Erteilung eines Visums entgegen stünden, seien nicht bekannt. Über die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen nach dem BVFG entschieden nach Einreise ausschließlich die örtlich zuständigen Behörden.
4Der Kläger reiste am 12.09.2001 nach Deutschland ein und erhielt am 14.09.2001 einen Registrierschein. Die Stadt Oelde erteilte ihm unter dem 06.02.2002 eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG. In einem Vermerk der Stadt Oelde vom 06.02.2002 (Bl. 48 der Beiakte 2) heißt es dazu: Der Kläger stamme laut der vorliegenden Übernahmegenehmigung von einer deutschen Mutter ab. In vorgelegten sowjetischen Dokumenten sei die deutsche Nationalität eingetragen. Die deutsche Sprache werde beherrscht; mit dem Kläger hätten seit seinem Zuzug nach Oelde die Gespräche in deutscher Sprache ohne Übersetzer geführt werden können.
5Die Ehefrau des Klägers reiste nach seinen Angaben 2003 nach Deutschland ein und hält sich seitdem hier auf.
6Mit Schreiben vom 28.09.2012 beantragte der Kläger bei dem Bundesverwaltungsamt die Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau. Der Kläger gab an: Die Ehe bestehe seit 1964. Als sie die Ausreise nach Deutschland geplant hätten, hätten die Eheleute bei der Deutschen Auslandsvertretung in Moskau nachgefragt, ob die Ehefrau nicht einbezogen werden könne, weil er, der Kläger, eine Übernahmegenehmigung habe. Ihnen sei erklärt worden, der Ehemann solle zunächst nach Deutschland kommen, dann solle er für seine Ehefrau eine Nachzugsgenehmigung beantragen. Sie seien nicht darüber aufgeklärt worden, dass ihm, dem Kläger, ein Aufnahmebescheid zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau hätte erteilt werden müssen. Falsch sei insbesondere die seinerzeit schriftlich geäußerte Auffassung des Bundesverwaltungsamtes, dass die Übernahme in die Genehmigung nicht einem Aufnahmebescheid nach § 100 Abs. 4 BVFG gleichgesetzt werden können. Er, der Kläger, habe deshalb einen Anspruch darauf, dass ihm jedenfalls nunmehr ein Aufnahmebescheid unter Einbeziehung seiner Ehefrau erteilt werde. Dies sei noch ein Fall des § 27 Abs. 2 BVFG (a.F.).
7Das Bundesverwaltungsamt teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26.10.2012 formlos mit, eine nachträgliche Einbeziehung der im Bundesgebiet lebenden Ehefrau nach § 27 Abs. 2 BVFG komme nicht in Betracht.
8Der Kläger hat am 04.12.2012 Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und macht ergänzend geltend: Nur durch ein grobes Verschulden des Bundesverwaltungsamtes und der Deutschen Botschaft in Moskau sei er daran gehindert worden, vor seiner Ausreise für seine Ehefrau einen förmlichen Einbeziehungsantrag zu stellen. Wenn sich die Beklagte nunmehr auf den fehlenden Einbeziehungsantrag vor der Ausreise berufe, so handele sie rechtsmissbräuchlich. Eine besondere Härte habe im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG schon wegen der seit 1964 bestehenden Ehe vorgelegen, im Übrigen aber auch deshalb, weil er, der Kläger, zum Zeitpunkt der Ausreise deutscher Staatsangehöriger gewesen sei. Abgesehen davon komme es nach Inkrafttreten des 10. BVFG-Änderungsgesetzes auf einen Härtefall nicht mehr an. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass eine nachträgliche Einbeziehung unabhängig vom Nachweis eines Härtefalles und ohne zeitliche Beschränkung möglich sei. Die nachträgliche Einbeziehung werde zu einer weiteren Option, die neben die Möglichkeit der Einbeziehung zum Zwecke der gemeinsamen Aussiedlung trete. Dabei spiele es keine Rolle, dass seine Ehefrau sich zum Zeitpunkt des Einbeziehungsantrags schon als Ausländerin in Deutschland aufgehalten habe.
9Der Kläger hat ferner eine unter dem 09.01.2006 für seine Ehefrau ausgestellte „Teilnahmebestätigung und Beurteilung Start Deutsch 1“ vorgelegt. Er macht geltend, nach der vorliegend anzuwendenden ausländerrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Nachzug des Ehegatten im Übrigen auch ohne deutsche Sprachkenntnisse möglich.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau, B. L. , zu erteilen,
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hält an ihrer im Verwaltungsverfahren ohne förmliche Bescheiderteilung geäußerten Auffassung fest, die Voraussetzungen für eine Härtefalleinbeziehung lägen nicht vor. Die Beklagte macht ferner geltend, eine nachträgliche Einbeziehung ohne Härtegründe nach der durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz neu eingeführten Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG komme nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben sei und damit bereits nicht unter den Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. falle.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist nach § 75 VwGO zulässig mit der Maßgabe, dass ein Rechtsschutzinteresse nur im Hinblick auf die angestrebte Einbeziehung der Ehefrau des Klägers besteht; seine eigene Rechtsposition als Spätaussiedler kann der Kläger, dem bereits eine Spätaussiedlerbescheinigung erteilt worden ist, durch einen nachträglichen Aufnahmebescheid nicht mehr verbessern.
17Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Zwecke der Einbeziehung seiner Ehefrau. Soweit der Rechtskreis eines Spätaussiedlers auch die – insoweit von Art. 6 GG geschützte – Berechtigung umfasst, den Ehegatten in den eigenen Aufnahmebescheid einbeziehen zu lassen, kann dies hier nicht greifen, weil eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers aus den im Folgenden näher dargestellten Gründen nicht möglich ist. Die fehlende Einbeziehungsmöglichkeit hat zur Folge, dass bereits der Aufnahmebescheid („zum Zwecke der Einbeziehung“) - der die persönliche Stellung des bereits als Spätaussiedler anerkannten Klägers nicht verbessern würde - nicht beansprucht werden kann,
18vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 26.05.2009 – 12 A 3340/07 -, juris, Rn. 5.
19Die angestrebte Einbeziehung der Ehefrau ist zunächst nicht als Härtefalleinbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der mit Wirkung vom 14.09.2013 in Kraft getretenen Fassung des 10. BVFG-Änderungsgesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I 3554) möglich. Die Vorschrift hat denselben Wortlaut wie § 27 Abs. 2 BVFG a.F. und ermöglicht ein Absehen vom Wohnsitzerfordernis des § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG alter wie neuer Fassung, „wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen“. Die sonstigen Voraussetzungen für die Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen sind in § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. geregelt, dort heißt es – insoweit bis auf das nunmehr auf volljährige Abkömmlinge beschränkte Spracherfordernis gleichlautend mit § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der bis zum 13.09.2013 geltenden Fassung -:
20„Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe mindestens drei Jahre besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen.“
21Diese Voraussetzungen sind in der Person der Ehefrau des Klägers nicht erfüllt. In der Rechtsprechung ist für die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a.F. geklärt, dass die Einbeziehung in formeller Hinsicht einen von der Bezugsperson vor ihrer Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet gestellten, ausdrücklichen Antrag auf Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ voraussetzt und diese „sonstige“ Voraussetzung unabhängig von einer ggf. im Übrigen bestehenden besonderen Härte Geltung beansprucht,
22vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 28.07.2005 – 5 B 134.04 -, juris; Beschluss vom 30.10.2006 – 5 B 55/06 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 26.10.2005 – 2 A 2383/05 -; Beschluss vom 21.02.2006 – 2 A 4798/05 -, juris; Beschluss vom 08.08.2006 - 12 A 4189/05 -, juris, Beschluss vom 13.02.2008 – 12 A 4479/06 -, juris, jeweils mit weiterem Nachweis.
23An einem solchen Antrag fehlt es hier. Da der Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F., was die Härtefalleinbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ angeht, identisch mit dem des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG a.F. ist, ist die Rechtsprechung zum Erfordernis eines vor der Ausreise gestellten Einbeziehungsantrags auf Härtefallanträge weiter anwendbar.
24Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber nunmehr in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG eine weitere Möglichkeit der nachträglichen Einbeziehung – dies allerdings ausdrücklich nur für „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ – Ehegatten und Abkömmlinge geschaffen hat, die ohne Härtegründe nachträglich in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen werden können. Die Einbeziehung „zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung“ ist damit nicht etwa obsolet geworden; vielmehr besteht nunmehr eine „weitere Option“,
25so ausdrücklich die Begründung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zu seiner im Gesetzgebungsverfahren abgegebenen Beschlussempfehlung vom 12.06.2013, Bundestags-Drucksache 17/13937,
26die dem Ziel dient, die Familienzusammenführung in den Fällen zu erleichtern, in denen Ehegatte oder Abkömmling des Spätaussiedlers im Aussiedlungsgebiet verblieben sind. Sinn und Zweck der Gesetzesänderung ist es, der Trennung von Familien entgegenzuwirken. Weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus den Materialien ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Status der bereits seit Jahren in Deutschland lebenden Ehegatten und Abkömmlingen von Spätaussiedlern verbessern wollte, die auf ausländerrechtlicher Grundlage und nicht als in den Aufnahmebescheid einbezogene Angehörige ihren Wohnsitz in Deutschland begründet haben.
27Ob die Stellung eines Aufnahme- und Einbeziehungsantrags vor der Ausreise hier aufgrund einer schuldhaft falsch erteilten Rechtsauskunft des Bundesverwaltungsamtes und der Deutschen Botschaft in Moskau - die u.a. von nicht ausreichenden Deutschkenntnissen des Klägers ausging - unterblieben ist und darin eine „besondere Härte“ liegt, kann dahinstehen, da dies allenfalls einen Amtshaftungsanspruch begründen, nicht aber die unterbliebene Antragstellung als notwendige „sonstige Voraussetzung“ ersetzen könnte.
28Unabhängig von dem Vorstehenden scheitert eine Härtefalleinbeziehung der Ehefrau des Klägers auch daran, dass die Übersiedlung der Ehefrau in das Bundesgebiet seit Jahren abgeschlossen ist. Das Bundesvertriebenengesetz enthält zwar keine Frist für die Stellung eines Härtefallantrags; aus dem Gesetzeszweck, die Einreise und Integration von Spätaussiedlern und ihrer Ehegatten und Abkömmlinge nach näher bestimmten Maßgaben zu regulieren, folgt aber, dass Anträge im Aufnahmeverfahren für Personen, die sich bereits im Bundesgebiet aufhalten, auch in den von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n.F. (§ 27 Abs. 2 BVFG a.F.) erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung des Betreffenden - sei es des Spätaussiedlers selbst, sei es des Ehegatten oder Abkömmlings - gestellt werden müssen.
29Dies hat das Bundesverwaltungsgericht, dessen Rechtsprechung die Kammer folgt, für den originären Aufnahmeantrag des Spätaussiedlers bereits entschieden,
30vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 5 C 23.11 -, juris.
31Die in dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts angestellten Überlegungen gelten sinngemäß auch für den Fall, dass die Bezugsperson selbst mit einem Aufnahmebescheid oder - wie hier - mit einer Übernahmegenehmigung eingereist ist und die Einbeziehung des auf ausländerrechtlicher Grundlage mit eingereisten oder - wie hier - nachgereisten Ehegatten in den vorhandenen bzw. im Fall einer Übernahmegenehmigung zum Zeck der Einbeziehung ggfls. noch zu erteilenden Aufnahmebescheid beantragt. Jedenfalls mit Blick auf den einzubeziehenden Ehegatten oder Abkömmling würde der Gesetzeszweck verfehlt, wenn ein entsprechender Antrag - wie hier - erst mehrere Jahre nach der Einreise des Ehegatten oder Abkömmlings und damit zu einem Zeitpunkt gestellt wird, zu dem der Übersiedlungsvorgang längst abgeschlossen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der o.a. Entscheidung das Erfordernis der Antragstellung im zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise aus einer Reihe von Erwägungen hergeleitet und u.a. darauf abgestellt,
32- bereits der Gesetzeswortlaut, nämlich die Begriffe „Aufnahme“ und „Aufnahmebescheid“, lasse auf die Notwendigkeit eines zeitlichen Zusammenhangs schließen (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012, - 5 C 23.11., juris Rn. 9),
33- in diese Richtung deute auch die Entstehungsgeschichte mit der erklärten Absicht des Gesetzgebers, die nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ vermehrt einsetzende Zuwanderung von Aussiedlern bzw. Spätaussiedlern aus Osteuropa zu regulieren und zu begrenzen (juris Rn. 10 f.),
34- auch die systematische Auslegung lege ein solches Verständnis nahe (juris, Rn. 12 ff., siehe hier insbesondere Rn. 16 mit der Erörterung des § 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG betreffend die Einbeziehung von nach der Ausreise geborenen Abkömmlingen),
35- schließlich spreche auch der Zweck des Aufnahmeverfahrens und des Bundesvertriebenengesetzes – die Verstetigung und Kontrolle des Spätaussiedlerzuzugs – dafür, dass der Härtefallantrag zeitnah zur Aussiedlung geltend gemacht werde (juris, Rn. 21 f.),
36- ferner spreche auch die durch das Bundesvertriebenengesetz intendierte Integration der Betreffenden im Bundesgebiet, etwa durch Integrationskurse gemäß § 9 Abs. 1 BVFG, für eine solche Auslegung (juris, Rn. 23).
37Alle diese Erwägungen gelten nicht nur für den Spätaussiedler selbst, sondern auch für ebenfalls übersiedelnde Ehegatten oder Abkömmlinge. Durch die ausschließlich „im Aussiedlungsgebiet verbliebene“ – und nicht etwa bereits im Bundesgebiet lebende - Ehegatten und Abkömmlinge betreffende Regelung des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. sind diese Überlegungen auch keineswegs gegenstandlos geworden, sondern für Härtefallanträge weiterhin relevant.
38Eine Einbeziehung der Ehefrau des Klägers in einen diesem noch zu erteilenden Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. ist bereits nach dessen Wortlaut ausgeschlossen, weil die Ehefrau nicht „im Aussiedlungsgebiet verblieben“ ist. Auch der Sinn und Zweck der Regelung steht einer Anwendung auf die Ehefrau des Klägers entgegen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Danach ist für eine nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehene Härtefalleinbeziehung im Rahmen des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F.,
39erwogen und offengelassen in OVG NRW, Beschluss vom 17.04.2013 - 11 E 37/13 -, juris, Rn. 7, für die Vorgängervorschrift des § 27 Abs. 3 BVFG in der Fassung des 9. BVFG-Änderungsgesetzes vom 04.12.2011 (BGBl. I 2426),
40kein Raum, weil das Gesetz ausdrücklich zwischen der Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F.) - bei vor der Ausreise gestelltem Einbeziehungsantrag - und der nachträglichen Einbeziehung der im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Ehegatten und Abkömmlinge (§ 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F.) differenziert. Diese unterschiedlichen Einbeziehungstatbestände würden unzulässig vermengt, wenn die ausschließlich in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG n.F. erwähnte, auf die Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Ausreise bezogene „besondere Härte“ - systemwidrig - in § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. hineingelesen würde.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
42Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.