Verwaltungsgericht Köln Urteil, 23. Okt. 2015 - 19 K 1752/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d:
2Der Kläger steht als Brandamtsrat in den Diensten der Beklagten. Er leistet als Feuerwehrbeamter des bei der Beklagten gebildeten sog. B- und C-Dienstes grundsätzlich im Tagesdienst Dienst. Darüber hinaus wird er durchschnittlich zweimal pro Monat in einem 24-Stunden-Schichtdienst eingesetzt. Diese Schichtdienste beinhalten Bereitschaftszeiten, welche die Anwesenheit der Feuerwehrbeamten auf der Dienststelle erfordern.
3Die Beklagte berücksichtigte die im Schichtdienst erbrachte Arbeitszeit des Klägers in ihrem Arbeitszeiterfassungssystem nicht vollständig. Sie setzte die im Schichtdienst zu erbringende wöchentliche Sollarbeitszeit von 48 Stunden ins Verhältnis zu der im Tagesdienst zu erbringenden Sollarbeitszeit von 41 Wochenstunden und setzte einen 24-Stunden-Schichtdienst mit 20,5 Stunden zuzüglich einer weiteren Stunde als Feiertagsausgleich, also mit insgesamt 21,5 Stunden an.
4Unter dem 18.11.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten, den während des Schichtdienstes geleistetet Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als Arbeitszeit anzuerkennen und ihm durch Freizeitausgleich, hilfsweise durch eine Entschädigung als Mehrarbeit auszugleichen.
5Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25.02.2014 ab. Zur Begründung führte sie aus, der nicht vollständige Ansatz der im Schichtdienst geleisteten Arbeitszeit im Zeiterfassungssystem sei gerechtfertigt, weil Feuerwehrbeamte der B- und C-Dienste einen Mischdienst nach der AZVO NRW und aus Schichtdienst nach der AZVOFeu NRW leisteten.
6Der Kläger hat am 24.03.2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Faktorisierung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes verstoße gegen die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG, wonach Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als Arbeitszeit i.S.d. Richtlinie 89/391/EWG und 93/104/EWG anzusehen sei. Deshalb seien die Zeiten des Bereitschaftsdienstes in vollem Umfang als Arbeitszeit zu vergüten.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.02.2014 zu verpflichten, ihm für im Jahre 2010 bis zum 31.08.2014 während des Schichtdienstes geleisteten Bereitschaftsdienst Freizeitausgleich in Höhe von 312,5 Stunden, hilfsweise eine finanzielle Abgeltung in Höhe von 5.608,60 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bewilligen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie meint, dass der von ihr vorgenommene Abschlag bei den Bereitschaftsdienstzeiten gerechtfertigt sei. Ohne den Abschlag würden die nur im Schichtdienst tätigen Feuerwehrbeamten benachteiligt. Diese müssten nach der AZVOFeu NRW 7 Wochenstunden mehr arbeiten, um dieselben Bezüge zu erhalten wie ihre nur im Tagesdienst arbeitenden Kollegen. Die im Schichtdienst geleistete Arbeitsstunde sei als weniger „wert“ und müsse deshalb bei der Anrechnung auf die Sollarbeitszeit von 41 Wochenstunden geringer bewertet werden.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
13Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freizeitausgleich und Zahlung einer finanziellen Abgeltung in Höhe von 5.608,60 € für geleisteten Bereitschaftsdienst.
14Die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Freizeitausgleich wie auch für die finanzielle Abgeltung allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 61 LBG NRW liegen nicht vor.
15Das Entgelt für Beamte richetet sich nicht – wie im Arbeitsrecht - nach der stundenmäßig geleisteten Arbeit. Im Beamtenrecht gilt das Alimentationsprinzip. Das Entgelt folgt unmittelbar aus den gesetzlichen Besoldungsbestimmungen. Mit der gesetzlich festgelegten Besoldung ist die durch die jeweiligen Arbeitszeitverordnungen festgelegte regelmäßige Arbeitszeit abgegolten.
16Für bestimmte Fallkonstellationen bestehen allerdings Ausnahmen von diesem beamtenrechtlichen Grundsatz. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmen liegen nicht vor.
17Nach der Rechtsprechung, insbesondere des EuGH und des BVerwG,
18vgl. BVerwG, Urteil vom 26.07.2012 – 2 C 70/11 -, m.w.N. juris,
19besteht ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch, wenn ein Beamter über die europarechtlich höchstens zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden Dienst leisten muss. Dies ist im Falle des Klägers nicht gegeben. Der Kläger hat nicht behauptet, dass er in den Schichtdiensten – und zwar unter Einberechnung der Bereitschaftszeiten - mehr als die europarechtlich zulässigen 48 Wochenstunden Dienst geleistet hat. Soweit er unter Berufung auf die Entscheidung des BVerwG vom 29.09.2011 – 2 C 32/10 – meint, Bereitschaftsdienst müsse in vollem Umfang ausgeglichen werden, verkennt er, dass die vom BVerwG in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsätze nur für Bereitschaftsdienst gilt, der über die unionsrechtlich höchstens zulässige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden geleistet wurde.
20Die Voraussetzungen des § 61 LBG NRW und der MArbVergV, bei deren Vorliegen dem Beamten Freizeitausgleich oder eine finanzielle Vergütung für geleistete Mehrarbeit zusteht, sind ebenfalls nicht gegeben. Nach den genannten Vorschriften ist ein Beamter verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige Dienstzeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse es erfordern. Wird er durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, so ist ihm Dienstbefreiung zu gewähren. Nach § 61 Abs. 2 LBG NRW kann der Beamte Mehrarbeitsvergütung erhalten, wenn die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist.
21Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat während der Schichtdienste keine Mehrarbeit, also keinen über die regelmäßig zu leistende Arbeitszeit hinausgehenden Dienst geleistet. Für Feuerwehrbeamte, die Schichtdienst unter Einschluss von Bereitschaftszeiten leisten, gilt nicht die allgemeine AZVO NRW, sondern die Arbeitszeit-VO Feuerwehr – AZVO-Feu NRW. Für schichtdienstleistende Feuerwehrbeamte beträgt die regelmäßige Wochenarbeitszeit gem. § 2 Abs. 1 AZVOFeu NRW 48 Stunden. Im Übrigen fehlt es im Falle des Klägers auch an einer vorherigen Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit.
22Dass schichtdienstleistende Feuerwehrbeamte die erhöhte Wochenarbeitszeit nicht gesondert vergütet erhalten, ist mit höherrangigem Unionsrecht zu vereinbaren. Unionsrechtlich ist es lediglich geboten, den Bereitschaftsdienst in die arbeitszeitrechtliche Höchstgrenze von 48 Wochenstunden einzubeziehen. Es ist aber unionsrechtlich nicht geboten, den Bereitschaftsdienst wie „Volldienst“ besoldungsrechtlich zu vergüten,
23vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 – 2 C 9/03 -, juris.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Die Klage ist innerhalb von zwei Monaten zu erheben.
(2) Die Frist beginnt, sofern die Entschädigung für eine Besitzeinweisung den Gegenstand der Klage bildet, erst mit dem Ende des Tages, an dem der Besitzeinweisungsbeschluß mit einer Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht nicht mehr angefochten werden kann oder an dem über die erhobene Anfechtungsklage rechtskräftig entschieden ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit dem Tag, an dem die Mitteilung über die Unanfechtbarkeit des Teils A des Enteignungsbeschlusses den Beteiligten zugestellt ist.
(3) Die Frist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.