Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 11. Sept. 2014 - 2 K 2326/13

published on 11/09/2014 00:00
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 11. Sept. 2014 - 2 K 2326/13
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Tenor

1. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, wird das Verfahren eingestellt.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin für die in deren Eigentum stehende Eigentumswohnung ..., ..., 639,39/1.000-stel Miteigentumsanteil, einen Anschlussbeitrag gem. § 29 KAG für die Wasserversorgung zu verlangen für Einrichtungen und Teile von Einrichtungen, die vor dem 11.09.1984 von der Beklagten hergestellt wurden und seither für den Eigentümer dieser Immobilie nutzbar sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte nicht mehr dazu berechtigt ist, sie zu Wasserversorgungs- und Erschließungsbeiträgen heranzuziehen.
Die Klägerin ist mit einem Anteil von 639,93/1.000 Miteigentümerin des in der Gemarkung der Beklagten liegenden Grundstücks Flst.-Nr. ..., .... Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und ist mit einem Wohngebäude bebaut. Es wurde 1955 errichtet. In den 1950er Jahren wurden Wasserversorgungsleitungen zu dem Grundstück gelegt. Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob es von Anfang an an die Wasserversorgungseinrichtungen angeschlossen war. Jedenfalls seit 1978 ist dies der Fall.
Die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg (GPA) hatte in Prüfungsberichten vom 30.09.1993 (Haushaltsjahre 1989 bis 1991), vom 15.12.1999 (1995 bis 1998) und vom 23.05.2002 (1999 bis 2000) wiederholt moniert, dass das Satzungsrecht der Beklagten zum Abwasser- und Wasserversorgungsbeitragsrecht fehlerhaft und ihre Verwaltungspraxis zur Erhebung von Erschließungs-, Abwasser- und Wasserversorgungsbeiträgen mangelhaft sei. In einem weiteren Prüfungsbericht vom 22.03.2007 (2001 bis 2004) führte die GPA aus, sie habe schwerpunktmäßig den Bereich der Anschlussbeiträge untersucht und festgestellt, dass aufgrund der „seit Jahrzehnten in diesem Bereich unzureichenden Aktenführung und Dokumentation der Stand der Beitragserhebung nicht abschließend ermittelt werden konnte.“ Es sei aber davon auszugehen, dass die Beiträge in der Vergangenheit nicht vollständig und satzungsgemäß erhoben worden seien. In vielen Fällen seien Beiträge entgegen der satzungsrechtlichen Bestimmungen erst beim Anschluss des Anwesens an die Kanalisation bzw. Wasserversorgung erhoben worden und die diesbezüglichen Beitragsbescheide hätten wegen bereits eingetretener Festsetzungsverjährung wieder aufgehoben werden müssen. In anderen Fällen seien aufgrund der unzureichenden Dokumentation auch Grundstücke veranlagt worden, die in früheren Jahren schon einmal zum Beitrag für die Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung herangezogen worden seien. Bei einer Vielzahl von Grundstücken könne nach Aktenlage nicht geklärt werden, ob eine Beitragserhebung stattgefunden habe. Das Beitragswesen der Beklagten müsse grundsätzlich geordnet werden und sie müsse zwingend die erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlagen schaffen.
Mit Schreiben vom 28.01.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die GPA habe vor geraumer Zeit festgestellt, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Beschaffung von Haushaltsmitteln im Bereich von Anschlussbeiträgen in den letzten Jahren vernachlässigt habe. Es könne sein, dass in einer Straße einige Grundstückseigentümer bereits an den Kosten für die Errichtung von Abwasser- und Wasserversorgungseinrichtungen beteiligt worden seien, andere Eigentümer dagegen nicht. Dieser Zustand sei nicht nur ungerecht, sondern auch haushaltsrechtlich bedenklich. Die Aufsichtsbehörde könne die Genehmigung des Haushalts der Beklagten nämlich davon abhängig machen, dass diese alle noch nicht vereinnahmten Beiträge erhebe. Ohne Haushalt sei die Beklagte aber nur sehr eingeschränkt handlungsfähig. Aus diesem Grund arbeite sie schon seit einiger Zeit den Bereich Anschlussbeiträge auf. Dabei habe sich gezeigt, dass in mehreren Fällen keine Beiträge erhoben worden seien. Die Beklagte sei verpflichtet, diese noch ausstehenden Anschlussbeiträge zu erheben, dies selbst dann, wenn der Anschluss an die öffentlichen Wasserversorgungs- und Abwassereinrichtungen bereits vor vielen Jahren erfolgt sei. In den Verwaltungsakten seien keine Unterlagen über eine Beitragszahlung für das Grundstück der Klägerin gefunden worden. Nach der Rechtsprechung müsse die Beklagte deshalb davon ausgehen, dass die Klägerin für das Grundstück noch Wasserversorgungs- und Klärbeiträge bezahlen müsse, wenn sie nicht den Nachweis führe, dass sie bereits Beiträge bezahlt habe. Dafür habe sie einen Monat nach Zugang des Schreibens Zeit. Bei dem Schreiben handele es sich um ein reines Informationsschreiben und keinen Bescheid. Die Klägerin könne dagegen keinen Widerspruch einlegen.
Die Klägerin wandte sich hierauf an das Landratsamt Calw als Rechtsaufsichtsbehörde. Das Landratsamt teilte ihr mit Schreiben vom 05.04.2011 mit, die von der GPA angemahnte Aufarbeitung habe ergeben, dass die Beklagte derzeit über kein wirksames Satzungsrecht für das Anschlussbeitragswesen verfüge. Bis 1984 seien die satzungsmäßig festgelegten Beiträge nicht durch eine Globalberechnung ermittelt worden. Im Jahr 1984 sei zwar eine Globalberechnung erstellt worden. Diese habe jedoch mindestens an formellen Fehlern gelitten. Im Ergebnis sei auch nach 1984 kein wirksames Satzungsrecht geschaffen worden. Mangels Satzung habe keine Beitragspflicht entstehen und keine Verjährung oder Verwirkung eintreten können. Es sei beabsichtigt, erstmals im Jahr 2011 wirksame Satzungen zu erlassen. Es stehe außer Frage, dass die bisher nicht erhobenen und verjährten Anschlussbeiträge dann erhoben werden müssten.
Die Klägerin forderte die Beklagte nach weiterem Schriftwechsel mit Schreiben vom 13.08.2013 auf zu bestätigen, dass sie keine Bescheide mehr zu „Kommunalabgaben (Wasserversorgungsbeitrag, Kanalbeitrag, Klärbeitrag und Erschließungsbeiträge)“ erlassen werde, die sich auf Maßnahmen bezögen, die vor dem 01.01.2011 durchgeführt worden seien und bei denen der Klägerin als Eigentümerin bis zum 31.12.2000 ein Vorteil im Sinne des Kommunalabgabengesetzes entstanden sei. Die Beklagte reagierte hierauf nicht.
Die Klägerin hat am 07.09.2013 Klage erhoben. Sie verweist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -. Darin sei entschieden worden, dass die Erhebung von Anschlussbeiträgen nach dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nur zeitlich begrenzt zulässig sei. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits einen Zeitraum von zwölf Jahren als zu lang angesehen. Die Vorgehensweise der Beklagte sei daher erst recht rechtswidrig, denn sie beabsichtige, Beitragsbescheide für Maßnahmen zu erlassen, die 20 bis 50 Jahre zurücklägen. Der Klägerin habe ein berechtigtes Interesse, im Wege des vorbeugenden Rechtsschutzes klären zu lassen, dass dies nicht mehr möglich sei. Vorbeugender Rechtsschutz sei jedenfalls zulässig, wenn eine Verwaltung, wie hier die Beklagte, den Erlass von Beitragsbescheiden im Januar 2011 ankündige, die Bescheide über zweieinhalb Jahre nicht versende, ihre Akten so schlampig führe, dass sie keinen Überblick über Beitragszahlungen in der Vergangenheit habe und dann versuche, den Grundstückseigentümern das Risiko dieses Verwaltungshandeln aufzubürden. Der Klägerin sei es nicht zuzumuten, weitere Jahre in Ungewissheit abzuwarten, zumal sie sich mir dem Gedanken trage, ihre Immobilie zu veräußern.
Die Klägerin beantragt - nachdem die Beklagte erklärt hat, die Klägerin nicht mehr zum Abwasserbeitrag für ihr Grundstück heranzuziehen, und die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben - zuletzt,
1. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin für die in deren Eigentum stehende Eigentumswohnung ..., ..., 639,39/1.000-stel Miteigentumsanteil, einen Anschlussbeitrag gem. § 29 KAG für die Wasserversorgung zu verlangen für Einrichtungen und Teile von Einrichtungen, die vor dem 31.12.2000 von der Beklagten hergestellt wurden und seither für den Eigentümer dieser Immobilie nutzbar sind,
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2. festzustellen, dass die Beklagte nur berechtigt ist, von der Klägerin für die in deren Eigentum stehende Eigentumswohnung ..., ..., 639,39/1.000-stel Miteigentumsanteil, Erschließungskosten im Sinne von § 35 KAG zu verlangen für Arbeiten an Erschließungsanlagen im Sinne von § 33 KAG, die nach dem 11.09.2014 durchgeführt werden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie meint, die Klage sei unzulässig. Es fehle an dem für die Erhebung einer vorbeugenden Feststellungsklage erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis. Es treffe zu, dass Sie im Begriff sei, ihre bisherige Praxis zur Beitragserhebung im Bereich des Wasserversorgungs-, Abwasser- und Erschließungsbeitragsrechts aufzuarbeiten. Sie beabsichtige, die Beitragserhebung für sämtliche Anlagen zu überprüfen, die nach dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes am 01.04.1964 errichtet worden seien. Abgeschlossen sei bislang lediglich die Aufarbeitung für den Bereich der Abwasserbeseitigung. Hierzu sei am 25.07.2012 eine Abwassersatzung beschlossen worden. Ein Abwasserbeitragsbescheid drohe der Klägerin danach nicht, weil ihr Grundstück bereits vor dem 01.04.1964 an die Abwasserbeseitigungsanlagen der Beklagten angeschlossen gewesen sei. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand müsse zwar davon ausgegangen werden, dass die Klägerin möglicherweise noch zu Wasserversorgungs- und Erschließungsbeiträgen herangezogen werde. Sie habe sich aber zunächst dazu entschlossen, die weitere Aufarbeitung der Beitragserhebung in diesen beiden Bereichen solange auszusetzen, bis über die Erhebung der Abwasserbeiträge in den zu erwartenden Klageverfahren entschieden worden sei. Hierzu ruhten etwa 230 Widerspruchsverfahren. Es sei beabsichtigt, dazu im Herbst 2014 Musterverfahren auszuwählen und vor das Verwaltungsgericht zu bringen. „Gegenwärtig und bis auf weiteres“ drohten der Klägerin daher keine Bescheide über Wasserversorgungs- oder Erschließungsbeiträge. Sie könne abwarten, bis die voraussichtlichen Beitragsbescheide ergingen, und diese dann mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifen. Der bis dahin schwebende Zustand sei ihr zuzumuten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (1 Ordner mit losem Schriftverkehr aus der Zeit vom 13.08.2013 bis 15.04.2014) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Heranziehung der Klägerin zum Abwasserbeitrag übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in analoger Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
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Die Klage ist mit ihrem Klageantrag zu 1 zulässig und teilweise begründet (dazu nachfolgend 1.), mit ihrem Klageantrag zu 2 dagegen unzulässig (dazu 2.).
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1. Die Klage ist mit ihrem die künftige Heranziehung zum Wasserversorgungsbeitrag betreffenden Klageantrag zu 1 zulässig. Die Klägerin hat insbesondere das für eine vorbeugende Feststellungsklage erforderliche spezielle, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtete Rechtsschutzinteresse (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.10.2013 - 7 C 13/12 -, juris Rn. 41; Urteil vom 23.05.1986 - 8 C 5/85 -, juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2003 - 9 S 2526/03 -, juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Vor § 40 Rn. 33 m.w.N.; zum Kommunalabgabenrecht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, juris Rn. 15 ff., 19). Sie kann nicht mehr in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz gegen die befürchtete Beeinträchtigung - den Erlass eines Wasserversorgungsbeitragsbescheides - verwiesen werden.
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Ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes entsteht im Kommunalabgabenrecht nicht allein deshalb, weil die Behörde einem Bürger den Erlass eines Abgabenbescheids in Aussicht stellt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.01.1993 - 2 S 1040/91 - ebd.; v. Albedyll, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2010, § 43 Rn. 42, 44). Ein Zuwarten auf die Entscheidung der Behörde kann allerdings dann unzumutbar werden, wenn die Verwaltung den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes einerseits ankündigt, ihn dann aber verzögert, ohne von ihrer Absicht zum Erlass abzurücken (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O, Rn 34; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 42 Rdnr. 167). Denn in solchen Fällen kann es sein, dass der Betroffene „aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen wissen muss, woran er ist“ (Ule, VerwArch. 65 [1974], 291 <307 f.>; ähnlich Schenke, in: BK-GG, 116. EL 2005, Art. 19 Abs. 4 Rn. 339 m.w.N.), und zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) auf eine Klärung im Wege des vorbeugenden Rechtsschutzes angewiesen ist (vgl. etwa Bay. VGH, Urteil vom 22.01.1986 - 22 B 85 A.354 -, NJW 1986, 3221; VG München, Urteil vom 21.09.2011 - M 18 K 11.2918 -, juris).
19 
So liegt der Fall auch hier. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 28.01.2011 erklärt, dass sie davon ausgehe, dass die Klägerin für ihr Grundstück noch zum Wasserversorgungsbeitrag herangezogen werden müsse, falls sie nicht den Beweis führe, dass solche Beiträge in der Vergangenheit schon gezahlt worden seien. Die Klägerin ist nicht in der Lage, einen solchen Nachweis zu führen, da sie das Eigentum im Jahr 2008 als dritte Käuferin erworben hat und über keine einschlägigen Unterlagen aus dem 1950er bis 1970er Jahren verfügt. Sie muss deshalb nach den insoweit eindeutigen Ankündigungen aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.01.2011 mit dem Erlass eines Beitragsbescheides rechnen. Sie hat auch ein Interesse daran zu wissen, „woran“ sie insoweit ist, denn die Frage, ob ein - unter Umständen hoher - Wasserversorgungsbeitrag noch geltend gemacht wird, beeinflusst die wirtschaftliche Verwertbarkeit ihres Grundstücks erheblich. Dieses Interesse an einer Klärung ihrer Beitragspflicht erstarkt aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls auch zu einem qualifizierten, zur Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes berechtigenden Interesse. Denn der Klägerin ist es nicht mehr zumutbar, den Erlass des ihr in Aussicht gestellten Bescheids abzuwarten und dann nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, da ihr die Beklagte diesen Weg durch ihr eigenes Verhalten seit Jahrzehnten verstellt hat und auf unabsehbare Zeit weiter verstellt und einen effektiven Schutz der Rechte der Klägerin dadurch untergräbt.
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Der vorliegende Fall zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass die Beklagte spätestens 1984 erkannt hat, welche Schritte sie zur Erhebung von Wasserversorgungsbeiträgen unternehmen müsste, und es danach dennoch und trotz mehrfacher Aufforderungen durch die GPA über inzwischen drei Jahrzehnte unterlassen hat, die Voraussetzungen für ein dem Kommunalabgabengesetz entsprechendes Beitragswesen zu schaffen. Diese Verwaltungspraxis führt dazu, dass es für Grundstückseigentümer schon aufgrund des langen Zeitablaufs zunehmend schwieriger wird zu prüfen, ob ihre Heranziehung zu Anschlussbeiträgen für Einrichtungen, die vor Jahrzehnten - teils vor weit mehr als dreißig Jahren - hergestellt wurden, berechtigt ist. Denn in Zeiträumen, die teilweise mehrere Generationen umfassen und bei denen vielfache Wechsel in den Eigentumsverhältnissen auftreten können, wird es dem schließlich in Anspruch genommenen Eigentümer oftmals nicht mehr möglich sein, beispielsweise den Zeitpunkt der Herstellung der Einrichtung, des Anschlusses seines Grundstücks oder den Umfang der umgelegten Kosten nachzuprüfen. Solche Schwierigkeiten werden zusätzlich dadurch vergrößert, dass die Beklagte ihre Verwaltung im Bereich des Beitragswesens so nachlässig geführt hat, dass der Betroffene auch durch eine Akteneinsicht bei der Gemeinde keine umfassende Sachverhaltsaufklärung mehr betreiben kann, um die Berechtigung einer gegen ihn geltenden gemachten Beitragsforderung zu überprüfen. Die Verwaltungspraxis der Beklagten hat deshalb dazu geführt, dass die Effektivität des Rechtsschutzes der Klägerin bereits erheblich beeinträchtigt wäre, wenn sie sich heute gegen einen Beitragsbescheid der Beklagten wenden müsste. Ihr ist es deshalb nicht mehr zumutbar, noch weitere Einbußen für die Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes zu riskieren, die bei einem weiteren Zuwarten auf die Entscheidungsfindung der Beklagten drohen.
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Das gilt umso mehr, als der Zeitpunkt, in dem die Beklagte über das Ob und gegebenenfalls den Umfang einer Heranziehung der Klägerin zum Wasserversorgungsbeitrag entscheiden will, nicht absehbar ist. Die Beklagte hatte den Erlass von Beitragsbescheiden im Januar 2011 angekündigt und seit - zum Zeitpunkt der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung - über dreieinhalb Jahren der Sache nach erklärt, dass sie auf absehbare Zeit nichts Wesentliches unternehmen wird, um diesen Schwebezustand zu beenden, obwohl sie dazu in der Lage wäre. Die Beklagte hat im Dezember 2013 dargelegt, dass sie zunächst einmal Musterverfahren in dem die Klägerin nicht (mehr) betreffenden Bereich des Abwasserbeitragsrechts durchführen will. Diese Ankündigung hat die Beklagte bisher noch nicht umgesetzt. Die zum Abwasserbeitragsrecht anhängigen Widerspruchsverfahren wurden, ohne dass sie bisher der Widerspruchsbehörde vorgelegt wurden, ruhend gestellt. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, wurde dazu bislang (lediglich) eine Vorauswahl von Fällen getroffen, die aus ihrer Sicht als Musterverfahren in Betracht kommen. Die Endabstimmung mit der Rechtsaufsichtsbehörde und der Erlass von Widerspruchsbescheiden steht demgegenüber noch aus. Auch mehr als zwei Jahre nach dem Erlass der Abwasserbeitragssatzung steht damit weiterhin nicht fest, wann Anfechtungsklagen gegen Abwasserbeitragsbescheide erhoben werden. Erst nach dem rechtskräftigen Abschluss dieser derzeit mithin nicht absehbaren Verfahren zum Abwasserbeitragsrecht will die Beklagte nach ihrem schriftsätzlichen Vortrag die Aufarbeitung ihrer Akten zum Wasserversorgungsrecht vorantreiben, danach das erforderliche Satzungsrecht schaffen, um dann schließlich irgendwann Bescheide zu erlassen. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Klägerin auf einen unabsehbaren, mit Sicherheit aber mehrere Jahre umfassenden Zeitraum darüber im Unklaren gelassen wird, wann und in welcher Höhe sie zum Wasserversorgungsbeitrag herangezogen wird, obwohl die Beklagte diesen selbst verursachten Schwebezustand wesentlich früher beenden und der Klägerin damit eine Überprüfung durch Widerspruch und Anfechtungsklage ermöglichen könnte. In einer solchen Sonderkonstellation, in der sich die zuständige Behörde erklärtermaßen „bis auf weiteres“ weigert, die Schritte zur Beseitigung einer selbst herbeigeführten Rechtsunsicherheit zu unternehmen und dadurch den Weg zur Inanspruchnahme von nachträglichem Rechtsschutz zu eröffnen, ist dem potentiellen Adressaten des in Aussicht gestellten Verwaltungsakts ein weiteres Zuwarten - nach dem oben Gesagten: erst recht - nicht mehr zumutbar.
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Eine andere Beurteilung rechtfertigt nicht der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, der Erlass einer Wasserversorgungssatzung werde demnächst erfolgen und er werde der Beklagten raten, dann (doch) sogleich die Verfahren zum Wasserversorgungsbeitragsrecht weiter zu betreiben und (doch nicht) den Ausgang der Verfahren zum Abwasserbeitragsrecht abzuwarten. Gegenwärtig ist weder erkennbar, wann die angekündigte Wasserversorgungsbeitragssatzung beschlossen wird, noch ob die Beklagte dem Rat ihres Prozessbevollmächtigten - entgegen ihrer bisherigen Einlassung - folgen wird noch in welchem zeitlichen Rahmen der Erlass von Wasserversorgungsbeitragsbescheiden dann gegebenenfalls zu erwarten wäre. Bei dieser unsicheren Sachlage ist es der Klägerin nicht zumutbar, allein auf die vage Überlegung hin, die Verfahren im Wasserversorgungsbeitragsrecht vielleicht doch schneller zu betreiben, mit der Inanspruchnahme von Rechtsschutz weiter zuzuwarten. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte schon im Abwasserbeitragsbereich erst ein Jahr nach dem Satzungsbeschluss Bescheide erlassen und mehr als zweieinhalb Jahre danach noch keine Widersprüche der Widerspruchsbehörde vorgelegt hat.
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Die Klage ist mit ihrem Klageantrag zu 1 teilweise begründet.
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Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Klägerin für ihr Grundstück zum Wasserversorgungsbeitrag für Einrichtungen und Teile von Einrichtungen heranzuziehen, die vor dem 11.09.1984 von der Beklagten hergestellt wurden und seither für den Eigentümer des Grundstücks nutzbar sind. Für den von dem Klageantrag zu 1 darüber hinaus umfassten Zeitraum vom 12.09.1984 bis zum 31.12.2000 ist eine solche Feststellung allerdings nicht zu treffen.
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Als Rechtsgrundlage für eine künftige Heranziehung der Klägerin zu Wasserversorgungs- und Erschließungsbeiträgen kommen einzig die §§ 1 ff., 20 ff. KAG in Verbindung mit dem noch zu schaffenden Satzungsrecht der Beklagten in Betracht.
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Bei der Auslegung und Anwendung dieser Rechtsgrundlagen wird die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den zeitlichen Grenzen für die Erhebung von vorteilsausgleichenden Kommunalabgaben zu beachten sein. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - entschieden, dass das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit Regelungen verlangt, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es deshalb, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhebung von Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, juris Rn. 40 ff., dem folgend BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16, 28 ff.; Sächs. OVG, Beschluss vom 25.04.2013 - 5 A 478/10, juris Rn. 7 ff.; VGH München, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, juris Rn. 20 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2013 - OVG 9 B 34.12 -, juris Rn. 58 ff.; VG Dresden, Urteil vom 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, juris Rn. 37 ff.).
27 
Eine gesetzliche Regelung, die es erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen, stellt nach diesen Maßstäben keinen verfassungskonformen Ausgleich her, denn sie löst den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 47, dort zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des BayKAG vom 28.12.1992, GVBl S. 775). Vor diesem Hintergrund kann dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im baden-württembergischen Landesrecht nicht allein über die Vorschriften zur Festsetzungsverjährung aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KAG Rechnung getragen werden. Denn diese Vorschriften sind der vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten bayerischen Regelung im Wesentlichen vergleichbar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.03.2014 - 2 S 2366/13 -, juris Rn. 23, dort offen gelassen), da sie bestimmen, dass im Falle der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung einer neuen Satzung endet.
28 
Die Einhaltung des Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit kann aber durch eine ergänzende Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sichergestellt werden, und mit dieser Maßgabe begegnen auch die bestehenden landesgesetzlichen Regelungen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu und zum Folgenden BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16, 28 ff.; VGH München, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, juris Rn. 20 ff.).
29 
Der Grundsatz von Treu und Glauben gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (BVerwG, Urteil vom 14.04.1978 - BVerwG 4 C 6.76 -, BVerwGE 55, 337 <339>; Urteil vom 16.05.2000 - BVerwG 4 C 4.99 -, BVerwGE 111, 162 <172>). Er bedarf der Konkretisierung, die anhand von Fallgruppen vorgenommen wird. Eine anerkannte Fallgruppe ist der Bereich der unzulässigen Rechtsausübung (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rn. 46 ff.; zum öffentlichen Recht etwa BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - BVerwG 9 C 1.09 -, BVerwGE 136, 126). Danach kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dessen treuwidrig erscheint. Wie alle Generalklauseln ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen. Der Begriff der Treuwidrigkeit ist deshalb zum Beispiel „so auszulegen, dass eine Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge, die dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit widerspräche, ausgeschlossen ist“ (BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16, dort zu Ausgleichsbeträgen nach § 154 BauGB).
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Zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes kann darüber hinaus auf die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 33). Solche Wertungen liegen insbesondere § 53 Abs. 2 VwVfG zugrunde, wonach eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen beginnt, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Auch in Bereichen, in denen diese Vorschrift - wie im vorliegenden Fall - nicht unmittelbar anwendbar ist, kann die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken, und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB), zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden (BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16; VGH München, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, juris Rn. 22 zu Erschließungsbeiträgen; VG Dresden, Urteil vom 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, juris Rn. 42 zu Schmutzwasserbeiträgen).
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Der Erhebung von vorteilsausgleichenden Kommunalabgaben steht der Grundsatz von Treu und Glauben danach als von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung entgegen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage mehr als 30 Jahre vergangen sind, wobei im jeweiligen Einzelfall auch vor Erreichen dieser zeitlichen Höchstgrenze die Erhebung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls treuwidrig und deshalb als Rechtsausübung unzulässig sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16; VG Dresden, Urteil vom 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, juris Rn. 42).
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Im Rahmen des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes zur Anwendung gebracht, rechtfertigen diese Grundsätze die Feststellung, dass die Beklagte die Klägerin nicht mehr zu Wasserversorgungsbeiträgen für die Anschaffung, die Herstellung und den Ausbau öffentlicher Einrichtungen heranziehen kann, bei denen seit dem Entstehen der Vorteilslage mehr als 30 Jahre vergangen sind. Denn der Umstand, dass die Beklagte bisher keine dahingehenden Beiträge erhoben hat, ist maßgeblich auf eine langjährige Verletzung eigener Pflichten zurückzuführen. Bei dieser Sachlage erschiene es im Licht des verfassungsrechtlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit sowie der Wertung aus § 53 VwVfG, die auch im Landesrecht enthalten ist (§ 53 Abs. 2 LVwVfG), treuwidrig, wenn die Beklagte trotzdem auch nach mehr als 30 Jahren noch Beitragsforderungen gegen die Klägerin geltend machen würde. Dies bedeutet, dass die Beklagte die Klägerin nicht mehr zu Beiträgen für Einrichtungen heranziehen kann, die - gerechnet ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (11.09.2014) - vor dem 11.09.1984 hergestellt wurden und dem klägerischen Grundstück einen beitragsrechtlichen Vorteil vermittelten.
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Für den mit dem Klageantrag zu 1 darüber hinaus umfassten Zeitraum vom 12.09.1984 bis zum 31.12.2000 war eine dem entsprechende Feststellung dagegen nicht zu treffen. Ohne Erfolg macht die Klägerin insoweit geltend, abzustellen sei nicht auf die genannte Höchstgrenze von 30 Jahren, sondern auf die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren aus § 195 BGB, allenfalls auf die vierjährige Frist aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KAG, höchstens jedoch die bei Steuerhinterziehungen geltende Festsetzungsfrist von zehn Jahren aus § 169 Abs. 2 AO. Die Wertungen des Gesetzgebers, die diesen Vorschriften zugrunde liegen, sind auf eine Konstellation der vorliegenden Art nicht übertragbar. Sie betreffen Sachverhalte, bei denen eine Forderung bzw. Abgabenschuld entstanden ist und vom Gesetzgeber zu entscheiden war, ab welcher zeitlichen Grenze der Inhaber den entstandenen Anspruch unter Umständen nicht mehr durchsetzen bzw. die entstandene Abgabenschuld nicht mehr festsetzen kann. Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall, in dem zu entscheiden ist, welche zeitliche Grenzen für Fälle gelten, in denen eine Wasserversorgungsbeitragsforderung mangels Beitragssatzung noch nicht entstehen konnte. In einem solchen Fall ist auf die Wertungen aus den Bestimmungen zur verjährungsrechtlichen Höchstgrenze von 30 Jahren abzustellen, da der Gesetzgeber nur an dieser Stelle zeitliche Grenzen „ohne Rücksicht auf die Entstehung des Anspruchs“ (§ 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB) aufgestellt hat.
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2. Mit ihrem Klageantrag zu 2, der die Heranziehung der Klägerin zum Erschließungsbeitrag betrifft, ist die Klage unzulässig. Der Klägerin fehlt insoweit jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis.
35 
Da die Rechtsordnung immer dann, wenn sie ein materielles Recht gewährt, grundsätzlich auch ein Interesse an dessen gerichtlichem Schutz anerkennt, fehlt das Rechtsschutzinteresse für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nur dann, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile erbringen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.03.2014 - 1 C 2/13 -, juris Rn. 7; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Vor § 40 Rn. 37 f.; beide m.w.N.). So liegt der Fall bei dem mit dem Klageantrag zu 2 verfolgten Feststellungsbegehren.
36 
Die Beklagte verfügt im Erschließungsbeitragsrecht - anders als im Wasserversorgungsbeitragsrecht - über eine Beitragssatzung, deren Wirksamkeit zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht. Die Frage, ob die Beklagte die Klägerin noch zu Erschließungsbeiträgen heranziehen kann, richtet sich deshalb maßgeblich danach, ob und wann die sich aus §§ 33 ff. KAG i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten ergebenden Voraussetzungen für die Entstehung einer Beitragsschuld erfüllt waren, insbesondere danach, ob und gegebenenfalls wann die fragliche Erschließungsanlage „erstmalig endgültig hergestellt“ wurde (vgl. §§ 33, 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KAG). Vor diesem Hintergrund könnte eine gerichtliche Feststellung des mit dem Klageantrag zu 2 begehrten Inhalts - dass die Beklagte nur berechtigt ist, von der Klägerin „Erschließungskosten im Sinne von § 35 KAG zu verlangen für Arbeiten an Erschließungsanlagen im Sinne von § 33 KAG“, die nach dem 11.09.2014 durchgeführt werden - der Klägerin keinen tatsächlichen oder rechtlichen Vorteil vermitteln. Denn mit einer solchen Feststellung würde die für die Heranziehung zum Erschließungsbeitrag entscheidungserhebliche Frage, nämlich diejenige nach der erstmaligen endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage, nicht beantwortet.
37 
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht hat die drei ursprünglich gestellten Feststellungsanträge als im Wesentlichen gleichwertig erachtet und berücksichtigt, dass die Klägerin mit dem Antrag zum Abwasserbeitragsrecht der Sache nach obsiegt hat und mit dem Klageantrag zum Erschließungsbeitragsrecht unterlegen ist. Hinsichtlich des Klageantrags zum Wasserversorgungsbeitragsrecht war für die Teilung der Kosten des Verfahrens ebenfalls von einem Obsiegen der Klägerin auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass sie mit ihrem diesbezüglichen Feststellungsantrag in zeitlicher Hinsicht nicht voll durchgedrungen ist. Denn die von dem Gericht getroffene Feststellung führt, auch wenn sie sich nur auf den 11.09.1984 bezieht, im Ergebnis dazu, dass die Klägerin nicht mehr zum Wasserversorgungsbeitrag herangezogen werden kann, da ihr Grundstück 1955, spätestens aber 1978 an die Wasserversorgung angeschlossen war.
38 
4. Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage der Zulässigkeit vorbeugenden Rechtsschutzes bei verzögerten Beitragsbescheiden aufgrund eines vernachlässigten kommunalen Beitragswesens und die Frage nach zeitlichen Höchstgrenzen für die Heranziehung zum Wasserversorgungsbeitrag im baden-württembergischen Kommunalabgabenrecht sind bislang obergerichtlich nicht geklärt und für eine Vielzahl von Fällen allein im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gleichermaßen von Bedeutung.
39 
Beschluss
40 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 11.09.2013 gemäß §§ 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- Euro festgesetzt.
41 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
15 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Heranziehung der Klägerin zum Abwasserbeitrag übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in analoger Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
16 
Die Klage ist mit ihrem Klageantrag zu 1 zulässig und teilweise begründet (dazu nachfolgend 1.), mit ihrem Klageantrag zu 2 dagegen unzulässig (dazu 2.).
17 
1. Die Klage ist mit ihrem die künftige Heranziehung zum Wasserversorgungsbeitrag betreffenden Klageantrag zu 1 zulässig. Die Klägerin hat insbesondere das für eine vorbeugende Feststellungsklage erforderliche spezielle, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtete Rechtsschutzinteresse (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.10.2013 - 7 C 13/12 -, juris Rn. 41; Urteil vom 23.05.1986 - 8 C 5/85 -, juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2003 - 9 S 2526/03 -, juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Vor § 40 Rn. 33 m.w.N.; zum Kommunalabgabenrecht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, juris Rn. 15 ff., 19). Sie kann nicht mehr in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz gegen die befürchtete Beeinträchtigung - den Erlass eines Wasserversorgungsbeitragsbescheides - verwiesen werden.
18 
Ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes entsteht im Kommunalabgabenrecht nicht allein deshalb, weil die Behörde einem Bürger den Erlass eines Abgabenbescheids in Aussicht stellt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.01.1993 - 2 S 1040/91 - ebd.; v. Albedyll, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2010, § 43 Rn. 42, 44). Ein Zuwarten auf die Entscheidung der Behörde kann allerdings dann unzumutbar werden, wenn die Verwaltung den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes einerseits ankündigt, ihn dann aber verzögert, ohne von ihrer Absicht zum Erlass abzurücken (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O, Rn 34; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 42 Rdnr. 167). Denn in solchen Fällen kann es sein, dass der Betroffene „aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen wissen muss, woran er ist“ (Ule, VerwArch. 65 [1974], 291 <307 f.>; ähnlich Schenke, in: BK-GG, 116. EL 2005, Art. 19 Abs. 4 Rn. 339 m.w.N.), und zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) auf eine Klärung im Wege des vorbeugenden Rechtsschutzes angewiesen ist (vgl. etwa Bay. VGH, Urteil vom 22.01.1986 - 22 B 85 A.354 -, NJW 1986, 3221; VG München, Urteil vom 21.09.2011 - M 18 K 11.2918 -, juris).
19 
So liegt der Fall auch hier. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 28.01.2011 erklärt, dass sie davon ausgehe, dass die Klägerin für ihr Grundstück noch zum Wasserversorgungsbeitrag herangezogen werden müsse, falls sie nicht den Beweis führe, dass solche Beiträge in der Vergangenheit schon gezahlt worden seien. Die Klägerin ist nicht in der Lage, einen solchen Nachweis zu führen, da sie das Eigentum im Jahr 2008 als dritte Käuferin erworben hat und über keine einschlägigen Unterlagen aus dem 1950er bis 1970er Jahren verfügt. Sie muss deshalb nach den insoweit eindeutigen Ankündigungen aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.01.2011 mit dem Erlass eines Beitragsbescheides rechnen. Sie hat auch ein Interesse daran zu wissen, „woran“ sie insoweit ist, denn die Frage, ob ein - unter Umständen hoher - Wasserversorgungsbeitrag noch geltend gemacht wird, beeinflusst die wirtschaftliche Verwertbarkeit ihres Grundstücks erheblich. Dieses Interesse an einer Klärung ihrer Beitragspflicht erstarkt aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls auch zu einem qualifizierten, zur Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes berechtigenden Interesse. Denn der Klägerin ist es nicht mehr zumutbar, den Erlass des ihr in Aussicht gestellten Bescheids abzuwarten und dann nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, da ihr die Beklagte diesen Weg durch ihr eigenes Verhalten seit Jahrzehnten verstellt hat und auf unabsehbare Zeit weiter verstellt und einen effektiven Schutz der Rechte der Klägerin dadurch untergräbt.
20 
Der vorliegende Fall zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass die Beklagte spätestens 1984 erkannt hat, welche Schritte sie zur Erhebung von Wasserversorgungsbeiträgen unternehmen müsste, und es danach dennoch und trotz mehrfacher Aufforderungen durch die GPA über inzwischen drei Jahrzehnte unterlassen hat, die Voraussetzungen für ein dem Kommunalabgabengesetz entsprechendes Beitragswesen zu schaffen. Diese Verwaltungspraxis führt dazu, dass es für Grundstückseigentümer schon aufgrund des langen Zeitablaufs zunehmend schwieriger wird zu prüfen, ob ihre Heranziehung zu Anschlussbeiträgen für Einrichtungen, die vor Jahrzehnten - teils vor weit mehr als dreißig Jahren - hergestellt wurden, berechtigt ist. Denn in Zeiträumen, die teilweise mehrere Generationen umfassen und bei denen vielfache Wechsel in den Eigentumsverhältnissen auftreten können, wird es dem schließlich in Anspruch genommenen Eigentümer oftmals nicht mehr möglich sein, beispielsweise den Zeitpunkt der Herstellung der Einrichtung, des Anschlusses seines Grundstücks oder den Umfang der umgelegten Kosten nachzuprüfen. Solche Schwierigkeiten werden zusätzlich dadurch vergrößert, dass die Beklagte ihre Verwaltung im Bereich des Beitragswesens so nachlässig geführt hat, dass der Betroffene auch durch eine Akteneinsicht bei der Gemeinde keine umfassende Sachverhaltsaufklärung mehr betreiben kann, um die Berechtigung einer gegen ihn geltenden gemachten Beitragsforderung zu überprüfen. Die Verwaltungspraxis der Beklagten hat deshalb dazu geführt, dass die Effektivität des Rechtsschutzes der Klägerin bereits erheblich beeinträchtigt wäre, wenn sie sich heute gegen einen Beitragsbescheid der Beklagten wenden müsste. Ihr ist es deshalb nicht mehr zumutbar, noch weitere Einbußen für die Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes zu riskieren, die bei einem weiteren Zuwarten auf die Entscheidungsfindung der Beklagten drohen.
21 
Das gilt umso mehr, als der Zeitpunkt, in dem die Beklagte über das Ob und gegebenenfalls den Umfang einer Heranziehung der Klägerin zum Wasserversorgungsbeitrag entscheiden will, nicht absehbar ist. Die Beklagte hatte den Erlass von Beitragsbescheiden im Januar 2011 angekündigt und seit - zum Zeitpunkt der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung - über dreieinhalb Jahren der Sache nach erklärt, dass sie auf absehbare Zeit nichts Wesentliches unternehmen wird, um diesen Schwebezustand zu beenden, obwohl sie dazu in der Lage wäre. Die Beklagte hat im Dezember 2013 dargelegt, dass sie zunächst einmal Musterverfahren in dem die Klägerin nicht (mehr) betreffenden Bereich des Abwasserbeitragsrechts durchführen will. Diese Ankündigung hat die Beklagte bisher noch nicht umgesetzt. Die zum Abwasserbeitragsrecht anhängigen Widerspruchsverfahren wurden, ohne dass sie bisher der Widerspruchsbehörde vorgelegt wurden, ruhend gestellt. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, wurde dazu bislang (lediglich) eine Vorauswahl von Fällen getroffen, die aus ihrer Sicht als Musterverfahren in Betracht kommen. Die Endabstimmung mit der Rechtsaufsichtsbehörde und der Erlass von Widerspruchsbescheiden steht demgegenüber noch aus. Auch mehr als zwei Jahre nach dem Erlass der Abwasserbeitragssatzung steht damit weiterhin nicht fest, wann Anfechtungsklagen gegen Abwasserbeitragsbescheide erhoben werden. Erst nach dem rechtskräftigen Abschluss dieser derzeit mithin nicht absehbaren Verfahren zum Abwasserbeitragsrecht will die Beklagte nach ihrem schriftsätzlichen Vortrag die Aufarbeitung ihrer Akten zum Wasserversorgungsrecht vorantreiben, danach das erforderliche Satzungsrecht schaffen, um dann schließlich irgendwann Bescheide zu erlassen. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Klägerin auf einen unabsehbaren, mit Sicherheit aber mehrere Jahre umfassenden Zeitraum darüber im Unklaren gelassen wird, wann und in welcher Höhe sie zum Wasserversorgungsbeitrag herangezogen wird, obwohl die Beklagte diesen selbst verursachten Schwebezustand wesentlich früher beenden und der Klägerin damit eine Überprüfung durch Widerspruch und Anfechtungsklage ermöglichen könnte. In einer solchen Sonderkonstellation, in der sich die zuständige Behörde erklärtermaßen „bis auf weiteres“ weigert, die Schritte zur Beseitigung einer selbst herbeigeführten Rechtsunsicherheit zu unternehmen und dadurch den Weg zur Inanspruchnahme von nachträglichem Rechtsschutz zu eröffnen, ist dem potentiellen Adressaten des in Aussicht gestellten Verwaltungsakts ein weiteres Zuwarten - nach dem oben Gesagten: erst recht - nicht mehr zumutbar.
22 
Eine andere Beurteilung rechtfertigt nicht der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, der Erlass einer Wasserversorgungssatzung werde demnächst erfolgen und er werde der Beklagten raten, dann (doch) sogleich die Verfahren zum Wasserversorgungsbeitragsrecht weiter zu betreiben und (doch nicht) den Ausgang der Verfahren zum Abwasserbeitragsrecht abzuwarten. Gegenwärtig ist weder erkennbar, wann die angekündigte Wasserversorgungsbeitragssatzung beschlossen wird, noch ob die Beklagte dem Rat ihres Prozessbevollmächtigten - entgegen ihrer bisherigen Einlassung - folgen wird noch in welchem zeitlichen Rahmen der Erlass von Wasserversorgungsbeitragsbescheiden dann gegebenenfalls zu erwarten wäre. Bei dieser unsicheren Sachlage ist es der Klägerin nicht zumutbar, allein auf die vage Überlegung hin, die Verfahren im Wasserversorgungsbeitragsrecht vielleicht doch schneller zu betreiben, mit der Inanspruchnahme von Rechtsschutz weiter zuzuwarten. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte schon im Abwasserbeitragsbereich erst ein Jahr nach dem Satzungsbeschluss Bescheide erlassen und mehr als zweieinhalb Jahre danach noch keine Widersprüche der Widerspruchsbehörde vorgelegt hat.
23 
Die Klage ist mit ihrem Klageantrag zu 1 teilweise begründet.
24 
Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Klägerin für ihr Grundstück zum Wasserversorgungsbeitrag für Einrichtungen und Teile von Einrichtungen heranzuziehen, die vor dem 11.09.1984 von der Beklagten hergestellt wurden und seither für den Eigentümer des Grundstücks nutzbar sind. Für den von dem Klageantrag zu 1 darüber hinaus umfassten Zeitraum vom 12.09.1984 bis zum 31.12.2000 ist eine solche Feststellung allerdings nicht zu treffen.
25 
Als Rechtsgrundlage für eine künftige Heranziehung der Klägerin zu Wasserversorgungs- und Erschließungsbeiträgen kommen einzig die §§ 1 ff., 20 ff. KAG in Verbindung mit dem noch zu schaffenden Satzungsrecht der Beklagten in Betracht.
26 
Bei der Auslegung und Anwendung dieser Rechtsgrundlagen wird die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den zeitlichen Grenzen für die Erhebung von vorteilsausgleichenden Kommunalabgaben zu beachten sein. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - entschieden, dass das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit Regelungen verlangt, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es deshalb, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhebung von Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, juris Rn. 40 ff., dem folgend BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16, 28 ff.; Sächs. OVG, Beschluss vom 25.04.2013 - 5 A 478/10, juris Rn. 7 ff.; VGH München, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, juris Rn. 20 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2013 - OVG 9 B 34.12 -, juris Rn. 58 ff.; VG Dresden, Urteil vom 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, juris Rn. 37 ff.).
27 
Eine gesetzliche Regelung, die es erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen, stellt nach diesen Maßstäben keinen verfassungskonformen Ausgleich her, denn sie löst den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 47, dort zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des BayKAG vom 28.12.1992, GVBl S. 775). Vor diesem Hintergrund kann dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im baden-württembergischen Landesrecht nicht allein über die Vorschriften zur Festsetzungsverjährung aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KAG Rechnung getragen werden. Denn diese Vorschriften sind der vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten bayerischen Regelung im Wesentlichen vergleichbar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.03.2014 - 2 S 2366/13 -, juris Rn. 23, dort offen gelassen), da sie bestimmen, dass im Falle der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung einer neuen Satzung endet.
28 
Die Einhaltung des Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit kann aber durch eine ergänzende Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sichergestellt werden, und mit dieser Maßgabe begegnen auch die bestehenden landesgesetzlichen Regelungen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu und zum Folgenden BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16, 28 ff.; VGH München, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, juris Rn. 20 ff.).
29 
Der Grundsatz von Treu und Glauben gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (BVerwG, Urteil vom 14.04.1978 - BVerwG 4 C 6.76 -, BVerwGE 55, 337 <339>; Urteil vom 16.05.2000 - BVerwG 4 C 4.99 -, BVerwGE 111, 162 <172>). Er bedarf der Konkretisierung, die anhand von Fallgruppen vorgenommen wird. Eine anerkannte Fallgruppe ist der Bereich der unzulässigen Rechtsausübung (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rn. 46 ff.; zum öffentlichen Recht etwa BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - BVerwG 9 C 1.09 -, BVerwGE 136, 126). Danach kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dessen treuwidrig erscheint. Wie alle Generalklauseln ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen. Der Begriff der Treuwidrigkeit ist deshalb zum Beispiel „so auszulegen, dass eine Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge, die dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit widerspräche, ausgeschlossen ist“ (BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16, dort zu Ausgleichsbeträgen nach § 154 BauGB).
30 
Zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes kann darüber hinaus auf die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 33). Solche Wertungen liegen insbesondere § 53 Abs. 2 VwVfG zugrunde, wonach eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen beginnt, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Auch in Bereichen, in denen diese Vorschrift - wie im vorliegenden Fall - nicht unmittelbar anwendbar ist, kann die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken, und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB), zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden (BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16; VGH München, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, juris Rn. 22 zu Erschließungsbeiträgen; VG Dresden, Urteil vom 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, juris Rn. 42 zu Schmutzwasserbeiträgen).
31 
Der Erhebung von vorteilsausgleichenden Kommunalabgaben steht der Grundsatz von Treu und Glauben danach als von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung entgegen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage mehr als 30 Jahre vergangen sind, wobei im jeweiligen Einzelfall auch vor Erreichen dieser zeitlichen Höchstgrenze die Erhebung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls treuwidrig und deshalb als Rechtsausübung unzulässig sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris Rn. 16; VG Dresden, Urteil vom 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, juris Rn. 42).
32 
Im Rahmen des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes zur Anwendung gebracht, rechtfertigen diese Grundsätze die Feststellung, dass die Beklagte die Klägerin nicht mehr zu Wasserversorgungsbeiträgen für die Anschaffung, die Herstellung und den Ausbau öffentlicher Einrichtungen heranziehen kann, bei denen seit dem Entstehen der Vorteilslage mehr als 30 Jahre vergangen sind. Denn der Umstand, dass die Beklagte bisher keine dahingehenden Beiträge erhoben hat, ist maßgeblich auf eine langjährige Verletzung eigener Pflichten zurückzuführen. Bei dieser Sachlage erschiene es im Licht des verfassungsrechtlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit sowie der Wertung aus § 53 VwVfG, die auch im Landesrecht enthalten ist (§ 53 Abs. 2 LVwVfG), treuwidrig, wenn die Beklagte trotzdem auch nach mehr als 30 Jahren noch Beitragsforderungen gegen die Klägerin geltend machen würde. Dies bedeutet, dass die Beklagte die Klägerin nicht mehr zu Beiträgen für Einrichtungen heranziehen kann, die - gerechnet ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (11.09.2014) - vor dem 11.09.1984 hergestellt wurden und dem klägerischen Grundstück einen beitragsrechtlichen Vorteil vermittelten.
33 
Für den mit dem Klageantrag zu 1 darüber hinaus umfassten Zeitraum vom 12.09.1984 bis zum 31.12.2000 war eine dem entsprechende Feststellung dagegen nicht zu treffen. Ohne Erfolg macht die Klägerin insoweit geltend, abzustellen sei nicht auf die genannte Höchstgrenze von 30 Jahren, sondern auf die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren aus § 195 BGB, allenfalls auf die vierjährige Frist aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KAG, höchstens jedoch die bei Steuerhinterziehungen geltende Festsetzungsfrist von zehn Jahren aus § 169 Abs. 2 AO. Die Wertungen des Gesetzgebers, die diesen Vorschriften zugrunde liegen, sind auf eine Konstellation der vorliegenden Art nicht übertragbar. Sie betreffen Sachverhalte, bei denen eine Forderung bzw. Abgabenschuld entstanden ist und vom Gesetzgeber zu entscheiden war, ab welcher zeitlichen Grenze der Inhaber den entstandenen Anspruch unter Umständen nicht mehr durchsetzen bzw. die entstandene Abgabenschuld nicht mehr festsetzen kann. Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall, in dem zu entscheiden ist, welche zeitliche Grenzen für Fälle gelten, in denen eine Wasserversorgungsbeitragsforderung mangels Beitragssatzung noch nicht entstehen konnte. In einem solchen Fall ist auf die Wertungen aus den Bestimmungen zur verjährungsrechtlichen Höchstgrenze von 30 Jahren abzustellen, da der Gesetzgeber nur an dieser Stelle zeitliche Grenzen „ohne Rücksicht auf die Entstehung des Anspruchs“ (§ 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB) aufgestellt hat.
34 
2. Mit ihrem Klageantrag zu 2, der die Heranziehung der Klägerin zum Erschließungsbeitrag betrifft, ist die Klage unzulässig. Der Klägerin fehlt insoweit jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis.
35 
Da die Rechtsordnung immer dann, wenn sie ein materielles Recht gewährt, grundsätzlich auch ein Interesse an dessen gerichtlichem Schutz anerkennt, fehlt das Rechtsschutzinteresse für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nur dann, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile erbringen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.03.2014 - 1 C 2/13 -, juris Rn. 7; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Vor § 40 Rn. 37 f.; beide m.w.N.). So liegt der Fall bei dem mit dem Klageantrag zu 2 verfolgten Feststellungsbegehren.
36 
Die Beklagte verfügt im Erschließungsbeitragsrecht - anders als im Wasserversorgungsbeitragsrecht - über eine Beitragssatzung, deren Wirksamkeit zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht. Die Frage, ob die Beklagte die Klägerin noch zu Erschließungsbeiträgen heranziehen kann, richtet sich deshalb maßgeblich danach, ob und wann die sich aus §§ 33 ff. KAG i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten ergebenden Voraussetzungen für die Entstehung einer Beitragsschuld erfüllt waren, insbesondere danach, ob und gegebenenfalls wann die fragliche Erschließungsanlage „erstmalig endgültig hergestellt“ wurde (vgl. §§ 33, 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KAG). Vor diesem Hintergrund könnte eine gerichtliche Feststellung des mit dem Klageantrag zu 2 begehrten Inhalts - dass die Beklagte nur berechtigt ist, von der Klägerin „Erschließungskosten im Sinne von § 35 KAG zu verlangen für Arbeiten an Erschließungsanlagen im Sinne von § 33 KAG“, die nach dem 11.09.2014 durchgeführt werden - der Klägerin keinen tatsächlichen oder rechtlichen Vorteil vermitteln. Denn mit einer solchen Feststellung würde die für die Heranziehung zum Erschließungsbeitrag entscheidungserhebliche Frage, nämlich diejenige nach der erstmaligen endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage, nicht beantwortet.
37 
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht hat die drei ursprünglich gestellten Feststellungsanträge als im Wesentlichen gleichwertig erachtet und berücksichtigt, dass die Klägerin mit dem Antrag zum Abwasserbeitragsrecht der Sache nach obsiegt hat und mit dem Klageantrag zum Erschließungsbeitragsrecht unterlegen ist. Hinsichtlich des Klageantrags zum Wasserversorgungsbeitragsrecht war für die Teilung der Kosten des Verfahrens ebenfalls von einem Obsiegen der Klägerin auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass sie mit ihrem diesbezüglichen Feststellungsantrag in zeitlicher Hinsicht nicht voll durchgedrungen ist. Denn die von dem Gericht getroffene Feststellung führt, auch wenn sie sich nur auf den 11.09.1984 bezieht, im Ergebnis dazu, dass die Klägerin nicht mehr zum Wasserversorgungsbeitrag herangezogen werden kann, da ihr Grundstück 1955, spätestens aber 1978 an die Wasserversorgung angeschlossen war.
38 
4. Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage der Zulässigkeit vorbeugenden Rechtsschutzes bei verzögerten Beitragsbescheiden aufgrund eines vernachlässigten kommunalen Beitragswesens und die Frage nach zeitlichen Höchstgrenzen für die Heranziehung zum Wasserversorgungsbeitrag im baden-württembergischen Kommunalabgabenrecht sind bislang obergerichtlich nicht geklärt und für eine Vielzahl von Fällen allein im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gleichermaßen von Bedeutung.
39 
Beschluss
40 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 11.09.2013 gemäß §§ 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- Euro festgesetzt.
41 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.
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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 31/03/2014 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2013 - 1 K 437/13 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Klä
published on 20/03/2014 00:00

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge. 2
published on 06/03/2014 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger ist Staatsangehöriger von Sri Lanka. Er erstrebt die Befristung seiner Ausweisung mit sofortiger Wirkung (Befristung auf Null).
published on 24/10/2013 00:00

Tatbestand 1 Die Kläger sind Imker; sie wollen geklärt wissen, unter welchen Bedingungen gentechnisch veränderter Mais bei Berücksichtigung ihres Interesses an gentechni
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published on 12/07/2018 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.01.2017 - 2 K 858/16 - geändert. Der Abwasserbeitragsbescheid der Beklagten vom 15.08.2013 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Calw vom 17.02.2016
published on 14/04/2015 00:00

Tenor Der Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 12.11.2012 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts xxx vom 12.9.2013 werden aufgehoben.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren wi
published on 03/12/2014 00:00

Gründe I. 1 Die Klägerin, Eigentümer eines 1.406 m2 großen, bebauten Grundstücks (FlSt. 34 und 35, Flur A der Gemarkung S.) an der Straße „Dörfchen“ im Verbandsgebiet des Beklagten wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag. A
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks hat zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts seines Grundstücks entspricht. Miteigentümer haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil heranzuziehen. Werden im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 hergestellt, erweitert oder verbessert, sind Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für diese Maßnahmen auf Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nicht anzuwenden. Satz 3 gilt entsprechend für die Anwendung der Vorschrift über die Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen im Sinne des § 135a Absatz 3.

(2) Die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks besteht aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert).

(2a) Die Gemeinde kann durch Satzung bestimmen, dass der Ausgleichsbetrag abweichend von Absatz 1 Satz 1 ausgehend von dem Aufwand (ohne die Kosten seiner Finanzierung) für die Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 (Verkehrsanlagen) in dem Sanierungsgebiet zu berechnen ist; Voraussetzung für den Erlass der Satzung sind Anhaltspunkte dafür, dass die sanierungsbedingte Erhöhung der Bodenwerte der Grundstücke in dem Sanierungsgebiet nicht wesentlich über der Hälfte dieses Aufwands liegt. In der Satzung ist zu bestimmen, bis zu welcher Höhe der Aufwand der Berechnung zu Grunde zu legen ist; sie darf 50 vom Hundert nicht übersteigen. Im Geltungsbereich der Satzung berechnet sich der Ausgleichsbetrag für das jeweilige Grundstück nach dem Verhältnis seiner Fläche zur Gesamtfläche; als Gesamtfläche ist die Fläche des Sanierungsgebiets ohne die Flächen für die Verkehrsanlagen zu Grunde zu legen. § 128 Absatz 1 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Ausgleichsbetrag ist nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163) zu entrichten. Die Gemeinde kann die Ablösung im Ganzen vor Abschluss der Sanierung zulassen; dabei kann zur Deckung von Kosten der Sanierungsmaßnahme auch ein höherer Betrag als der Ausgleichsbetrag vereinbart werden. Die Gemeinde soll auf Antrag des Ausgleichsbetragspflichtigen den Ausgleichsbetrag vorzeitig festsetzen, wenn der Ausgleichsbetragspflichtige an der Festsetzung vor Abschluss der Sanierung ein berechtigtes Interesse hat und der Ausgleichsbetrag mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann.

(4) Die Gemeinde fordert den Ausgleichsbetrag durch Bescheid an; der Betrag wird einen Monat nach der Bekanntgabe des Bescheids fällig. Vor der Festsetzung des Ausgleichsbetrags ist dem Ausgleichsbetragspflichtigen Gelegenheit zur Stellungnahme und Erörterung der für die Wertermittlung seines Grundstücks maßgeblichen Verhältnisse sowie der nach § 155 Absatz 1 anrechenbaren Beträge innerhalb angemessener Frist zu geben. Der Ausgleichsbetrag ruht nicht als öffentliche Last auf dem Grundstück.

(5) Die Gemeinde hat den Ausgleichsbetrag auf Antrag des Eigentümers in ein Tilgungsdarlehen umzuwandeln, sofern diesem nicht zugemutet werden kann, die Verpflichtung bei Fälligkeit mit eigenen oder fremden Mitteln zu erfüllen. Die Darlehensschuld ist mit höchstens 6 vom Hundert jährlich zu verzinsen und mit 5 vom Hundert zuzüglich der ersparten Zinsen jährlich zu tilgen. Der Tilgungssatz kann im Einzelfall bis auf 1 vom Hundert herabgesetzt werden und das Darlehen niedrig verzinslich oder zinsfrei gestellt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten oder zur Vermeidung einer von dem Ausgleichsbetragspflichtigen nicht zu vertretenden Unwirtschaftlichkeit der Grundstücksnutzung geboten ist. Die Gemeinde soll den zur Finanzierung der Neubebauung, Modernisierung oder Instandsetzung erforderlichen Grundpfandrechten den Vorrang vor einem zur Sicherung ihres Tilgungsdarlehens bestellten Grundpfandrecht einräumen.

(6) Die Gemeinde kann von den Eigentümern auf den nach den Absätzen 1 bis 4 zu entrichtenden Ausgleichsbetrag Vorauszahlungen verlangen, sobald auf dem Grundstück eine den Zielen und Zwecken der Sanierung entsprechende Bebauung oder sonstige Nutzung zulässig ist; die Absätze 1 bis 5 sind sinngemäß anzuwenden.

(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.

(2) Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Soweit der Verwaltungsakt einen Anspruch auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt hat, bleibt es bei der für diesen Anspruch geltenden Verjährungsfrist.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.

(2) Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Soweit der Verwaltungsakt einen Anspruch auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt hat, bleibt es bei der für diesen Anspruch geltenden Verjährungsfrist.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks hat zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts seines Grundstücks entspricht. Miteigentümer haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil heranzuziehen. Werden im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 hergestellt, erweitert oder verbessert, sind Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für diese Maßnahmen auf Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nicht anzuwenden. Satz 3 gilt entsprechend für die Anwendung der Vorschrift über die Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen im Sinne des § 135a Absatz 3.

(2) Die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks besteht aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert).

(2a) Die Gemeinde kann durch Satzung bestimmen, dass der Ausgleichsbetrag abweichend von Absatz 1 Satz 1 ausgehend von dem Aufwand (ohne die Kosten seiner Finanzierung) für die Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 (Verkehrsanlagen) in dem Sanierungsgebiet zu berechnen ist; Voraussetzung für den Erlass der Satzung sind Anhaltspunkte dafür, dass die sanierungsbedingte Erhöhung der Bodenwerte der Grundstücke in dem Sanierungsgebiet nicht wesentlich über der Hälfte dieses Aufwands liegt. In der Satzung ist zu bestimmen, bis zu welcher Höhe der Aufwand der Berechnung zu Grunde zu legen ist; sie darf 50 vom Hundert nicht übersteigen. Im Geltungsbereich der Satzung berechnet sich der Ausgleichsbetrag für das jeweilige Grundstück nach dem Verhältnis seiner Fläche zur Gesamtfläche; als Gesamtfläche ist die Fläche des Sanierungsgebiets ohne die Flächen für die Verkehrsanlagen zu Grunde zu legen. § 128 Absatz 1 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Ausgleichsbetrag ist nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163) zu entrichten. Die Gemeinde kann die Ablösung im Ganzen vor Abschluss der Sanierung zulassen; dabei kann zur Deckung von Kosten der Sanierungsmaßnahme auch ein höherer Betrag als der Ausgleichsbetrag vereinbart werden. Die Gemeinde soll auf Antrag des Ausgleichsbetragspflichtigen den Ausgleichsbetrag vorzeitig festsetzen, wenn der Ausgleichsbetragspflichtige an der Festsetzung vor Abschluss der Sanierung ein berechtigtes Interesse hat und der Ausgleichsbetrag mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann.

(4) Die Gemeinde fordert den Ausgleichsbetrag durch Bescheid an; der Betrag wird einen Monat nach der Bekanntgabe des Bescheids fällig. Vor der Festsetzung des Ausgleichsbetrags ist dem Ausgleichsbetragspflichtigen Gelegenheit zur Stellungnahme und Erörterung der für die Wertermittlung seines Grundstücks maßgeblichen Verhältnisse sowie der nach § 155 Absatz 1 anrechenbaren Beträge innerhalb angemessener Frist zu geben. Der Ausgleichsbetrag ruht nicht als öffentliche Last auf dem Grundstück.

(5) Die Gemeinde hat den Ausgleichsbetrag auf Antrag des Eigentümers in ein Tilgungsdarlehen umzuwandeln, sofern diesem nicht zugemutet werden kann, die Verpflichtung bei Fälligkeit mit eigenen oder fremden Mitteln zu erfüllen. Die Darlehensschuld ist mit höchstens 6 vom Hundert jährlich zu verzinsen und mit 5 vom Hundert zuzüglich der ersparten Zinsen jährlich zu tilgen. Der Tilgungssatz kann im Einzelfall bis auf 1 vom Hundert herabgesetzt werden und das Darlehen niedrig verzinslich oder zinsfrei gestellt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten oder zur Vermeidung einer von dem Ausgleichsbetragspflichtigen nicht zu vertretenden Unwirtschaftlichkeit der Grundstücksnutzung geboten ist. Die Gemeinde soll den zur Finanzierung der Neubebauung, Modernisierung oder Instandsetzung erforderlichen Grundpfandrechten den Vorrang vor einem zur Sicherung ihres Tilgungsdarlehens bestellten Grundpfandrecht einräumen.

(6) Die Gemeinde kann von den Eigentümern auf den nach den Absätzen 1 bis 4 zu entrichtenden Ausgleichsbetrag Vorauszahlungen verlangen, sobald auf dem Grundstück eine den Zielen und Zwecken der Sanierung entsprechende Bebauung oder sonstige Nutzung zulässig ist; die Absätze 1 bis 5 sind sinngemäß anzuwenden.

(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.

(2) Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Soweit der Verwaltungsakt einen Anspruch auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt hat, bleibt es bei der für diesen Anspruch geltenden Verjährungsfrist.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.

(2) Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Soweit der Verwaltungsakt einen Anspruch auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt hat, bleibt es bei der für diesen Anspruch geltenden Verjährungsfrist.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.