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| Die zulässige Klage ist begründet. |
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| I. Insbesondere bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage nur eines Miteigentümers, da sowohl in dem an den Kläger als auch an dessen Ehefrau (als Miteigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. xxx) gerichteten Bescheid die Gesamtschuld der Beitragspflichtigen zum Ausdruck kommt. |
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| II. Die Klage ist auch begründet. |
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| Der angefochtene Beitragsbescheid der Beklagten vom 12.11.2012 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes vom 12.09.2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). |
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| 1. Der Kläger kann nicht zu dem festgesetzten Erschließungsbeitrag nach §§ 20 ff. und 33 ff. KAG herangezogen werden, weil sein Grundstück an einer Teilstrecke der abgerechneten Verkehrsstrecke liegt, welche - jedenfalls bezogen auf die Teilstrecke, an welcher das Grundstück des Klägers liegt - als eigenständige sog. vorhandene Erschließungsanlage i.S.v. § 49 Abs. 6 KAG erschließungsbeitragsfrei ist. |
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| Nach § 49 Abs. 6 KAG kann für eine vorhandene Erschließungsanlage, für die eine Erschließungsbeitragsschuld auf Grund der bis zum 29.06.1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, auch nach den Bestimmungen dieses Gesetzes kein Erschließungsbeitrag erhoben werden. Der Stichtag erklärt sich daraus, dass am folgenden Tag, am 30.06.1961, das Bundesbaugesetzbuch in Kraft getreten ist. |
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| Die Frage, ob eine Erschließungsanlage bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bereits vorhanden war, beantwortet sich nach den vormaligen landesrechtlichen (oder ortsrechtlichen) Vorschriften (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.08.1976 - IV C 23.74 -, Juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.08.1987 - 2 S 72/85 -, BWGZ 1987, 903), im vorliegenden ehemals preußischen Landesteil nach dem preußischen Straßen- und Baufluchtengesetz vom 02.07.1875 (PrFIG). |
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| Zu den vorhandenen Straßen i.S.d. BBauG/BauGB bzw. nunmehr i.S.d. KAG gehören nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch solche, die i.S.d. ehemaligen preußischen Anliegerbeitragsrechts „vorhanden“ waren (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.10.1966 - IV C 112.65 -, Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 10; Urt. v. 16.09.1977 - IV C 5.75 -, Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 62; Arndt, KStZ 1984, 107). |
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| Eine „vorhandene Straße“ i.S.d. Rechtsprechung des früheren Preußischen Oberverwaltungsgerichts zu § 15 PrFlG war eine Straße, die vor (spätestens bei) dem Inkrafttreten des ersten aufgrund von § 15 PrFlG erlassenen Ortsstatuts mit dem Willen der Gemeinde wegen ihres insoweit für ausreichend erachteten Zustands dem inneren Anbau und dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt war und tatsächlich gedient hat (vgl. OVG Münster, Urt. v. 29.02.1996 - 3 A 743/92 -, Juris; Arndt, KStZ 1984, 107; Diekmann, Das Fluchtliniengesetz und das Wohnsiedlungsgesetz, 1. und 2. Auflage, 1938, § 15 PrFlG, S. 106; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.12.1972 - II 368/72 -; Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, 2. Band, Stand: Februar 2012, § 49 Art. 3, Nr. 3.2.4.2). |
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| Nach § 15 PrFlG konnte durch Ortstatut festgesetzt werden, dass bei der Anlegung einer neuen oder bei der Verlängerung einer schon bestehenden Straße, wenn solche zur Bebauung bestimmt ist, sowie bei dem Anbau an schon vorhandenen bisher unbebauten Straßen und Straßenteilen von dem Unternehmer der neuen Anlage oder von den angrenzenden Eigentümern - von letzteren sobald sie Gebäude an der neuen Straße errichten - die Freilegung, erste Einrichtung, Entwässerung und Beleuchtungsvorrichtung der Straße in der dem Bedürfnisse entsprechenden Weise beschafft, sowie deren zeitweise, höchstens jedoch fünfjährige Unterhaltung, beziehungsweise ein verhältnismäßiger Beitrag oder der Ersatz der zu allen diesen Maßnahmen erforderlichen Kosten geleistet werde. |
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| Besaß die Gemeinde - wie dies hier nach den unbestrittenen Angaben der Beteiligten bei der ehemals eigenständigen Gemeinde xxx der Fall war - kein Ortstatut nach § 15 PrFlG, so tritt an die Stelle des sonst mit dem Inkrafttreten des ersten Ortsstatuts bezeichneten Zeitpunkts der letzte Tag, an dem die Gemeinde ein solches Statut nach dem alten Recht noch hätte in Kraft setzen können, also der 29.06.1961 (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.05.1989 - 2 S 125/89 -, Juris; OVG Münster, Urt. v. 09.03.2000 - 3 A 3611/96; VG Sigmaringen, Urt. v. 23.09.2008 - 3 K 563/06 -, Juris). Eine Straße kann nur dann eine „vorhandene“ Straße i.S.d. ehemaligen preußischen Anliegerbeitragsrechts sein, wenn sie zum maßgeblichen Zeitpunkt den objektiven Tatbestand (innerörtliche Gemeindestraße, zur geschlossenen Ortslage gehörender Anbau, innerörtlicher Verkehr) und den subjektiven Tatbestand (nach dem Willen der Gemeinde wegen des hinreichenden Ausbauzustands für den inneren Anbau und örtlichen Verkehr geeignet) erfüllte (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.05.1989 - 2 S 125/89 -, Juris; Arndt, KStZ 1984, 107). Sie braucht dabei keinen einheitlichen Rechtscharakter zu haben und kann zum Teil eine vorhandene, zum Teil eine nicht vorhandene Straße sein (vgl. Diekmann, Das Fluchtliniengesetz und das Wohnsiedlungsgesetz, 1. und 2. Auflage, 1938, § 15 PrFlG, S. 109). So konnte sich der Charakter als vorhandene Straße auch auf einen Teil (Abschnitt) einer darüber hinausreichenden Straße erstrecken (vgl. OVG Münster, Urt. v. 25.11.1970 - III A 1335/68 -, Urt. v. 19.07.1990 - 3 A 2934/86 -, NWVBl 1991, 296). |
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| Die vom Kläger vorgebrachte Einstufung als „historische Straße“ hat im PrflG dagegen nur im Zusammenhang mit der Anbauverbotsregelung nach § 12 PrFlG eine gesonderte Bedeutung und ist im vorliegenden Fall ohne Belang. Eine historische Straße ist zwar stets auch eine "vorhandene" Straße im Rechtssinne und damit erschließungsbeitragsfrei; sie unterscheidet sich von dieser aber dadurch, dass sie darüber hinaus eine fertige Straße i.S.d. § 12 PrFlG war, während die "vorhandene" Straße gerade nicht im Sinne eines Bauprogramms fertiggestellt zu sein brauchte (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 21.11.1996 - 2 L 229/95 -, Juris; von Straß/von Torney/Saß, Straßen- und Baufluchtengesetz, 7. Auflage, 1957, § 15 Rn. 4 f), S. 206 f.). |
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| Das Gericht ist nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen und Pläne der Überzeugung, dass die heutige xxx spätestens am 29.06.1961 wohl auf der gesamten Strecke des heutigen Straßengrundstück Flst.-Nr. xxx, jedenfalls aber in dem Bereich, an welchen das Grundstück des Klägers grenzt, eine "vorhandene Straße" in diesem Sinne war und daher nach dem Willen der Gemeinde wegen ihres insoweit für ausreichend erachteten Zustands dem inneren Anbau und dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt war und tatsächlich gedient hat. |
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| a) Ausgehend von den oben genannten Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass die heutige xxx im entscheidungserheblichen Bereich objektiv dem inneren Anbau und dem innerörtlichen Verkehr innerhalb einer geschlossenen Ortslage diente. |
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| An die bereits in einer Urkarte aus dem Jahr 1843 eingezeichnete xxx, welche bereits zum damaligen Zeitpunkt westseitig der Straße nahezu lückenlos bebaut war und damals noch eine durchgängige Verbindung nach xxx ermöglichte, wurde in den folgenden Jahrzehnten/Jahrhundert auch ostseitig - zunächst bis auf etwa der Höhe der xxx und ab 1928 von der Einmündung in die xxx an bis zum Gebäude Nr. xxx - an die damalige xxx weiter angebaut. Sie diente dadurch - wie in der Gemarkungskarte aus dem Jahr 1909 bezeichnet - als Ortsweg Nr. xxx dem innerörtlichen Verkehr von Haus zu Haus. Die ausbautechnische Eignung der Straße zur Bewältigung des innerörtlichen Verkehrs ist ebenfalls zu bejahen, nachdem die Straße mindestens seit dem Jahr 1843 den durch weiteren Anbau bedingten Verkehr bewältigte und - von den Beteiligten unbestritten - über eine einfache Straßenbeleuchtung mit Stromversorgung und durch den vorhandenen Bach entlang der xxx, welcher Ende der 1950-er Jahre verdolt wurde, auch über eine Straßenentwässerung verfügte. Insbesondere hat auch die Kapazität der Straße ausgereicht, um den innerörtlichen Verkehr auf dieser Straße zu bewältigen. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass es sich bei xxx um eine kleine Landgemeinde handelte, bei welchen deutlich geringere Anforderungen an die Beschaffenheit einer Straße zu stellen sind wie in städtischen Gebieten. Darüber hinaus - aber ohne dass dies notwendige Voraussetzung für die objektive Eignung wäre - existiert auch kein Beleg dafür, dass die xxx ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des 29.06.1961 weiterhin als Durchgangsstraße (wie noch in der Gemarkungskarte aus dem Jahr 1843 eingezeichnet) fungierte, nachdem bereits laut einer Karte aus dem Jahr 1848 („Auszug aus Erg. Brll. S. 30“), im südlichen Bereich, in welchem zuvor noch eine durchgängige Verbindung zur xxx bestand, das Grundstück eines privaten Dritten herausgemessen wurde und der Bereich, in welchem zuvor noch die Straße verlief, von diesem ein Garten (laut Bezeichnung wohl „Grasgarten“) angelegt wurde. Der damalige Ortsweg Nr. xxx war auch in der zeitlich nachfolgenden Gemarkungskarte von 1909 sowie allen weiteren dem Gericht vorliegenden, zeitlich nachfolgenden Planzeichnungen als Sackgasse verzeichnet. Eine durchgehende Verbindung auf die heutige xxx ist aber auch aufgrund der weiteren Anbauten an das Gebäude Nr. xxx, welches sich auf diesem an das Straßengrundstück angrenzende Grundstück eines privaten Dritten befand, nicht nahe liegend. So gab auch das Vermessungsamt xxx der Beklagten die Auskunft, dass auf dem Grundstück mit der damaligen Flst-Nr. xxx, erst im Jahre 1984 ein landwirtschaftliches Anwesen abgebrochen worden sei und hiervor keine durchgängige Verbindung zur xxx bestanden habe. Die Beklagte weist daher selbst darauf hin, dass in den Erfassungsblättern aus den Jahren 1956 und 1961 fälschlicherweise die ursprüngliche Länge der xxx, d.h. vor dem Herausmessen des Grundstücks-Flst.-Nr. xxx im Jahr 1854, ausgewiesen sei (vgl. Schreiben der Beklagten an das Landratsamt xxx vom 08.11.2011, Widerspruchsverfahrensakte, BAS 139). Das hiergegen nachträglich von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte Schreiben vom 20.01.1985 an die damaligen Miteigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. xxx (vgl. Anlage B 26 a der Beklagten) und die dort erwähnten „notwendigen Überfahrtsrechten zwischen den Grundstücken an der xxx und der xxx“ beschränkt sich auf Überfahrtsrechte im Hinblick auf das Grundstück Flst.-Nr. xxx für die Anwohner der xxx, besagt aber gerade nichts im Hinblick auf eine öffentliche, verkehrlich benutzbare bzw. benutzte Verbindung von der über das Privatgrundstück Flst.-Nr. xxx und lässt aufgrund der örtlichen Lage des Grundstücks Flst.-Nr. xxx auch keinerlei Rückschluss hierauf zu. |
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| b) Neben der objektiven Eignung zum inneren Anbau und innerörtlichen Verkehr ist auch ein entsprechender Wille der Gemeinde zu bejahen, mithin die subjektive Bestimmung der Straße zu den genannten Zwecken. Diese Beurteilung beruht, da es - soweit ersichtlich - an einer dokumentierten Willensäußerung der Gemeindeorgane zum damaligen Zeitpunkt fehlt, auf Indizien. Geeignete Anhaltspunkte hierfür sind u.a. die örtliche Lage der Straße, der Umfang der Bebauung an ihr und ihr damaliger Ausbauzustand, auch im Verhältnis zum Zustand der hinsichtlich Art und Ausmaß der Bebauung vergleichbarer Ortsstraßen (vgl. Arndt, KStZ 1984, 107). Insbesondere der bauliche Zustand einer Straße gibt ein wichtiges, wenn auch nicht in jedem Fall verlässliches Erkenntnismittel für den Willen der Gemeinde, eine Straße als vorhandene anzusehen. Das Vorliegen oder Fehlen gewisser Einrichtungen lässt nicht immer einen sicheren Schluss zu. Auch Straßen, die in ihrem Ausbauzustand und in ihren einzelnen Einrichtungen - auch im Vergleich zu den übrigen Straßen eines Ortes - noch mangelhaft und unvollständig waren und einen „unfertigen und vorläufigen Charakter“ trugen, konnten vorhandene Straßen sein (vgl. zum Ganzen Arndt, KStZ 1984, 107 m.w.N. zur Rechtsprechung des PrOVG). Die Beurteilung hängt von den gesamten damaligen Umständen des Einzelfalles ab und daher insbesondere von der Größe der Gemeinde und den örtlichen Bedürfnissen des Straßenverkehrs. Während für städtische Straßen vorausgesetzt werden musste, dass ihnen nicht wesentliche Einrichtungen städtischer Straßen fehlten, sind an den Ausbauzustand dörflicher Straßen wesentliche geringere Anforderungen zu stellen. So schließt das Fehlen einzelner Teileinrichtungen, insbesondere von Bürgersteigen, die Annahme, dass die Straße nach dem Willen der Gemeinde eine vorhandene war, nicht aus. Vielmehr konnten in kleineren Landgemeinden bereits Straßen einfachster Beschaffenheit als fertige Ortsstraßen anzuerkennen sein (vgl. Arndt, KStZ 1984, 107; von Straß/von Torney/Saß, Straßen- und Baufluchtengesetz, 7. Auflage, 1957, § 15 Rn. 4 b), S. 201 jeweils m.w.N. auf die Rechtsprechung des PrOVG; OVG Münster, Urt. v. 19.05.1999 - 3 A 6205/95 -, ZMR 1999, 858) und Nebenstraßen, ohne Bürgersteig und sogar ohne Straßenentwässerung, „noch lange Zeit nach dem zweite Weltkrieg“ vorhandene Straßen sein (OVG Lüneburg, Urt. v. 26.08.1965, DWW 1966, 168). Selbst aus dem Fehlen der Straßenbeleuchtung kann beispielweise nicht unbedingt der Schluss gezogen werden, dass die Gemeinde die Straße nicht als vorhandene Ortsstraße angesehen hätte, zumal dann, wenn auch alle übrigen Straßen der Gemeinde keine Straßenbeleuchtung besaßen (Arndt, KStZ 1984, 107). |
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| Ausgehend hiervon stellt zunächst der damalige Umfang der Bebauung, welche westseitig der xxx bereits im Jahr 1843 nahezu lückenlos in Erscheinung trat und welche - wie bereits ausgeführt - auch ostseitig über das nachfolgende Jahrhundert hinweg an der xxx erfolgte - auch wenn das Gericht nicht verkennt, dass die Gemeinde wohl mangels ortsgesetzlichem Anbauverbot nach § 12 PrFlG auch nicht in der Lage war, den Anbau zu gestatten oder zu verhindern - ein Indiz für den Willen der Gemeinde, die xxx - zuletzt wohl auf der gesamten Länge des Straßengrundstücks Flst.-Nr. xxx - als vorhandene innerörtliche Straße anzusehen, dar. Auch der Ausbauzustand lässt auf einen dahingehenden Willen der Gemeinde schließen. So deutet bereits die Ausstattung der Straße mit einer Straßenentwässerung und -beleuchtung darauf hin, dass die Straße nicht lediglich als Provisorium angesehen wurde. Auch die jahrzehntelange tatsächliche Nutzung der Straße und der Umstand, dass die Gemeinde es bei dem weiteren Anbau ostseitig der Straße unverändert bei dem Ausbauzustand der Straße belassen hat, stellen weitere Indizien dafür dar, dass sie als vorhandene Straße mit ausreichendem Ausbauzustand angesehen wurde (vgl. hierzu auch OVG Münster, Urt. v. 12.05.1971 - III A 160/69 -, Juris). Hiergegen spricht auch nicht der von der Beklagtenseite (einzig) angeführte Umstand, dass die xxx eine „einfach befestigte ungeschotterte Fahrbahn“ aufwies. Denn noch im Jahr 1956 wies die weit überwiegende Zahl der im Erfassungsblatt insgesamt aufgeführten 32 Straßen in xxx - lediglich mit Ausnahme der Bundesstraße xxx („mittelschwerer bituminöser Belag") und 4 weiteren Straßen, welche z.T. nur auf Teilstrecken mit einer „Oberflächenschutzschicht“ versehen waren - diesen einfachen Fahrbahnbelag und Zustand auf. Dies deutet jedoch gerade darauf hin, dass dieser Ausbauzustand von der Gemeinde als hinreichend und den Straßenbaugepflogenheiten für Ortstraße entsprechend erachtet wurde. Folgt man zudem der - aus Vertrauensschutzgesichtspunkten überzeugenden - Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgericht, wonach vorhandene Straßen bereits geraume Zeit vor dem Erlass des ersten Ortsstatuts nach § 15 PrFlG bzw. - im Falle des Fehlens eines solchen - vor dem 29.06.1961, entstehen und ihren Charakter durch nachträgliche Willensänderung der Gemeinde nicht wieder verlieren konnten (vgl. hierzu von Straß/von Torney/Saß, Straßen- und Baufluchtengesetz, 7. Auflage, 1957, § 15 Rn. 4 b), S. 197 mit Verweis auf PrOVG, Urt. v. 18.09.1930 - IV C 60.29 -, RuPrVBl 1931 (52. Band), 52; a.A. wohl OVG Münster, Urt. v. 20.01.1971 - III A 1514/68 -, Urt. v. 26.05.1971 - III A 565/69 -), so deuten bereits - weit vor - dem Jahr 1961 alle Indizien darauf hin, dass die Straße nach dem Willen der Gemeinde als vorhandene anerkannt wurde. So lag bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des PrFlG am 02.07.1875 und damit zu einem Zeitpunkt, als an die Beschaffenheit einer Straße noch deutlich geringere Anforderungen zu stellen waren, eine mindestens seit dem Jahr 1843 existierende Straße vor, an welche bereits - ostseitig sogar weit überwiegend - angebaut war und welche mit dem parallel zur Straße verlaufenden xxx (damals noch als offener Graben) nachweislich auch über eine einfache Straßenentwässerung verfügte. Im Jahr 1909 bzw. im weiteren Verlauf bis Mitte der 1930er Jahre war die xxx (dann als Sackgasse) auch beidseitig bereits maßgeblich bebaut. Dies deutet daher darauf hin, dass die xxx bereits im Jahr 1875, jedenfalls aber spätestens in den 1930er Jahren nach dem Willen der Gemeinde - bezogen auf die verfahrensgegenständliche Teilstrecke - als vorhandene Straße angesehen wurde. Selbst wenn jedoch ausschließlich auf den Willen der Gemeinde zum Zeitpunkt 29.06.1961 abgestellt werden sollte, spricht der Umstand, dass nach dem Erfassungsblatt vom 01.01.1961 eine weitere geringe Anzahl von Straßen einen „mittelschweren bituminösen Belag“ aufwies - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht gegen die Annahme, die xxx nach dem Willen der Gemeinde im verfahrensgegenständlichen Bereich als vorhandene Straße anzusehen. Zwar sind im Erfassungsblatt von 1961 von den dort aufgeführten 29 Straßen - zumindest auf Teilstrecken - schon einige weitere Straßen mit einem „mittelschwerem bituminösen Belag" (insgesamt 5; die xxx ist nicht mehr aufgeführt) und 4 weitere mit einer „Oberflächenschutzschicht“ versehen gewesen. Allerdings handelte es sich bei diesen insgesamt 8 Straßen (die xxx wurde bei der vorherigen Aufführung doppelt eingerechnet) hauptsächlich um Hauptverkehrsadern und Durchgangsstraßen. Der Ausbau der Straßen mit „mittelschwerem bituminösen Belage“ ist zudem - zumindest nicht vollständig - von der Stadt finanziert worden, sondern mit Mitteln eines Programms des Arbeitsamtes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Winter, was als Beleg dafür herangezogen werden kann, dass der Ausbau vor allem deshalb erfolgte, um die damals hohe Arbeitslosigkeit einzudämmen und nicht, weil es dem damaligen Ausbaustandard der Straßen in xxx entsprach. So gewinnt auch der Umstand, dass - wie von der Beklagten vorgetragen - auch Nebenstraßen wie die xxx und die xxx (jedenfalls z.T) mit einem „mittelschweren- bituminösen Belag“ versehen wurden, keine besondere Bedeutung, zumal diese im Rahmen der Winterbaumaßnahme an der xxx als deren Querstraßen mit ausgebaut wurden. Dass die Gemeinde nur Straßen mit diesem Ausbauzustand zum 29.06.1961 als für den inneren Anbau und innerörtlichen Verkehr geeignete ansah, kann daraus jedenfalls nicht geschlossen werden. Vielmehr konnte die Beklagte vor dem Hintergrund, dass in kleinen Landgemeinden auch Straßen einfachster Beschaffenheit genügten, um den Anforderungen einer „vorhandenen Straße“ zu genügen und mit einer flächendeckenden Teerung der Straßen im Gemeindegebiet erst in den späteren 60er bzw. maßgeblich wohl erst in den 70er Jahren begonnen wurde (vgl. die entsprechenden Unterlagen aus dem Jahr 1975/1976), die Indizien, die zur Überzeugung des Gerichts für einen entsprechenden Willen der Gemeinde, die Straße als vorhandene anzusehen sprechen, nicht widerlegen. |
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| Aber selbst wenn Zweifel daran bestehen würden, ob der seinerzeitige Straßenzustand nach dem Willen der Gemeinde ausreichend gewesen ist, um auf einen entsprechenden Willen der Gemeinde die Straße als vorhandene i.S.d. preußischen Rechts schließen zu können, ergibt sich die Eigenschaft der verfahrensgegenständlichen Straßenstrecke als gemeindliche Ortsstraße - selbständig tragend - als Konsequenz dessen, dass weitere Erkenntnisse aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht zu gewinnen bzw. weitere Unterlagen nach Angaben der Beklagten - wohl aufgrund des Umstandes, dass Unterlagen aus der maßgeblichen Zeit aufgrund eines Wasserschadens zerstört wurden - nicht (mehr) vorhanden sind und dem Umstand, dass die Folgen der Unaufklärbarkeit die beweispflichtige Gemeinde treffen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trägt die Gemeinde die (materielle) Beweislast dafür, dass erst und gerade die von ihr mit Erschließungsbeiträgen abgerechneten Straßenbaumaßnahmen eine - vorher noch unfertige - Straße erstmalig hergestellt haben, zumal es sich bei der "Erstmaligkeit" der Straßenherstellung um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - 4 C 52.76 -, BRS 37 Nr. 172, S. 339; Urt. v. 09.12.1988 - 8 C 72.87 -, NVwZ-RR 1989, 497). Die Dokumentation des Inhalts entscheidungserheblicher gemeindlicher Ausbauvorstellungen und eines dementsprechenden Ausbaus fällt in die Verantwortungssphäre der Gemeinde, da diese im Regelfall den Nachweis ihrer Einschätzung des früheren Ausbauzustand einer Straße als für die zugedachten Funktionen ausreichend ungleich eher und verlässlicher führen kann (vgl. OVG Münster, Urt. v. 24.03.1999 - 3 A 2130/94 -, Juris). Steht daher fest, dass vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes eine funktionstüchtige Anbaustraße vorhanden war, ist aber offen, ob der seinerzeitige Ausbauzustand der Anlage den Anforderungen entsprach, von denen das damals geltende (Landes-)Recht ihre endgültige Herstellung abhängig machte, muss sich die Gemeinde zugunsten der Anlieger so behandeln lassen, als ob die Straße schon endgültig hergestellt war (BVerwG, Urt. v. 09.12.1988 - 8 C 72/87 -, Juris). Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall und damit auf Straßen zu übertragen, deren Charakter als vorhandene Straße bei Inkrafttreten des ersten Ortstatuts bzw. - wie hier - dem Zeitpunkt, an dem die Gemeinde ein solches Statut nach dem alten Recht noch hätte in Kraft setzen können (29.06.1961), in Frage steht, da auch diese Straßen für eine Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach § 49 Abs. 6 KAG nicht in Betracht kommen (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 14.04.1993 - 3 A 1114/89 -; Urt. v. 09.02.1999 - 3 A 2735/94 -, Juris). |
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| Das Vorliegen einer funktionstüchtigen, daher einer den Mindestanforderungen entsprechenden Straße, an welcher eine Bebauung erfolgte und zugelassen wurde, ist - wie bereits ausführlich dargelegt - im vorliegenden Fall zu bejahen, so dass die Beklagte die materielle Beweislast mit der Folge trägt, dass zu Gunsten des Klägers von dem Willen der Gemeinde auszugehen ist, die Straße sei in ihrem Ausbauzustand zum Anbau und zur Aufnahme innerörtlichen Verkehr geeignet gewesen. |
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| 2. Darüber hinaus wäre die sachliche Erschließungsbeitragspflicht, selbst wenn man von dem Nichtvorliegen einer vorhandenen Straße i.S.d. § 49 Abs. 6 KAG ausginge, durch die Ausbaumaßnahmen an der xxx in den Jahren 1961 bis 1976, vor Herstellung des südlichen Straßenteils entstanden und zwischenzeitlich durch Eintritt der Festsetzungsverjährung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG i.V.m. §§ 169 Abs. 2, 170 Abs. 1 AO erloschen; letztlich bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung. |
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| Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG i.V.m. §§ 169 Abs. 2, 170 Abs. 1 AO tritt Festsetzungsverjährung hinsichtlich der für ein bestimmtes Grundstück nach §§ 20 ff., 33 ff. KAG entstandenen Beitragsforderung nach den genannten Vorschriften nach Ablauf von vier Jahren seit Ende des Kalenderjahres ein, in dem die Forderung entstanden ist. Das Entstehen sachlicher Beitragspflichten ist nach § 41 Abs. 1 KAG davon abhängig, dass die Erschließungsanlage sämtliche zu ihrer erstmaligen endgültigen Herstellung vorgesehenen Teileinrichtungen im erforderlichen Umfang aufweist und diese den Merkmalen der endgültigen Herstellung (§ 34 Nr. 3) entsprechen, ihre Herstellung nach Maßgabe des § 125 BauGB rechtmäßig ist, die Anlage öffentlich genutzt werden kann und dem Vorliegen des ungeschriebenen Erfordernisses einer wirksamen Erschließungsbeitragssatzung. |
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| Diese Voraussetzungen dürften vorliegend erfüllt sein. |
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| a) Die Erschließungsanlage ist bis auf Höhe der Einfahrt und des Eingangsbereichs des Gebäudes auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx (xxx) durch die - zeitlich nicht näher eingrenzbaren - Straßenbaumaßnahmen in den Jahren 1961 bis 1976 endgültig i.S.d. § 41 Abs. 1 S. 1 KAG hergestellt worden. |
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| Unter Zugrundelegung der Erfassungsbögen aus dem Jahr 1961, dem Gemeinderatsprotokoll vom 21.12.1976, in welchem durch den Stadtbauamtmann erklärt wurde, dass nunmehr alle Straßen im Gemeindeteil xxx fertiggestellt seien sowie der Zusammenschau der Staubfreimachung des nicht ausgebauten Bereichs der xxx im Jahr 1989 und den in den Akten befindlichen undatierten Lichtbildern vor der verfahrensgegenständlichen Straßenbaumaßnahme im Jahr 2009 (vgl. Widerspruchsverfahrensakte, BAS 15/17), ist - was zwischen den Beteiligten unstrittig ist - davon auszugehen, dass die xxx bis zum Einfahrts- und Eingangsbereich des Gebäudes auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx (xxx) - wie aus den oben genannten Lichtbildern ersichtlich - in dem Zeitraum zwischen 1961 und 1976 weiter ausgebaut und u.a. mit einer Teerdecke sowie den - nach Maßgabe einer gültigen Herstellungsmerkmalsregelung - erforderlichen Teileinrichtungen versehen wurde. |
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| Insbesondere spricht gegen eine endgültige Herstellung auch nicht, dass der Ausbau nur bis zum Einfahrts- und Eingangsbereich des Gebäudes auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx (xxx) und nicht bis zum Ende des Straßengrundstückes Flst.-Nr. xxx erfolgt ist, sondern etwa 10 m zuvor endete. Irgendwelche Unterlagen über die Baumaßnahme (wie bspw. ein Bebauungsplan, Gemeinderatsbeschlüsse, Ausführungspläne oder Rechnungen) konnten zu dieser Ausbaumaßnahme von der Beklagten - wohl bedingt durch ein Hochwasserschaden im Aktenarchiv - nicht vorgelegt werden, so dass nicht (mehr) festgestellt werden kann, ob das Bauprogramm vollständig verwirklicht wurde oder nicht. Schwer vorstellbar ist dagegen lediglich, dass der erfolgte Ausbau der Straße zwischen 1961 und 1976 ohne Zugrundelegung eines entsprechenden Bauprogrammes erfolgt ist. Auch ein Rechtssatz, der vorschreibt, dass ein Buchgrundstück vollständig als Straße ausgebaut sein muss, damit die Erschließungsanlage als endgültig hergestellt angesehen werden kann, ist nicht ersichtlich. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Straße gerade bis zum Einfahrts- und Eingangsbereich des Grundstücks Flst.-Nr. xxx (xxx) ausgebaut wurde, für eine bewusste Entscheidung der Beklagten, zumal sich im weiteren Verlauf der xxx lediglich das Grundstück Flst.-Nr. xxx eines privaten Dritten anschloss und die sich an das Grundstück Flst.-Nr. xxx anschließenden Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx - wie aus der Karte aus dem Jahr 1931 (vgl. „Auszug aus Handriß 1931 S. 10“, GAS 242), dem Lageplan aus dem Jahr 1937 (vgl. Lageplan zum Baugesuch des xxx vom 25.04.1937) und einer Flurkarte aus dem Jahr 1984 (GAS 233) ersichtlich - über das als „Weg“ bezeichnete Grundstück Flst.-Nr. xxx und Flst.-Nr. xxx erschlossen waren. Diese Umstände sowie der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten mit Blick auf die ab dem Jahr 1977 von der Beklagten vorgesehenen Umlegung von 90 % des Erschließungsaufwandes auf die Anlieger bestrebt war, die Straßen in xxx noch vor dem Stichtag fertigzustellen und der Stadtbauamtmann in der Sitzung des technischen Ausschusses des Gemeinderates am 21.12.1976 sodann auch erklärte, dass alle Straßen im Stadtteil xxx fertiggestellt seien, dürften ausreichende Indizien dafür darstellen, dass das vorgegebene Bauprogramm vollständig erfüllt war. Auch der von der Beklagten angeführte Umstand, der fehlenden Erwähnung der xxx in den beiden vorgelegten Beschlüssen aus dem Jahr 1976 vermag angesichts der lückenhaften Dokumentation durch die Beklagte, der fehlenden Erwähnung auch anderer Straßen im Gemeindegebiet, der Möglichkeit, dass die Straße - wie nach dem Aktenvermerk vom 29.11.1976 der xxx - als vorhanden angesehen wurde, nichts an der Indizwirkung der Erklärung zu ändern. Mit aus diesen Gründen überzeugen auch die Einwände der Beklagten gegen die getrennte Betrachtung der xxx bis zum Eingangsbereich des Grundstücks Flst.-Nr. xxx (xxx) und deren südliche Fortsetzung ab diesem Bereich bis zur xxx nicht. Vielmehr bestehen - wie bereits unter II. 1. ausgeführt - unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass - jedenfalls vor dem Abbruch des Gebäudes mit der Nr. xxx und dem Erwerb der Grundstücke Flst.-Nrn. xxx und xxx durch die Beklagte eine durchgehende öffentlich genutzte Verbindung der xxx zur xxx bestand, zumal auch die damaligen Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. xxx laut einem Schreiben an die Beklagte nicht mit einer absehbaren Weiterführung der xxx bis zur xxx rechneten (vgl. Schreiben an die Beklagte vom 06.10.1980, Anlage B 13 der Beklagten). Auch der später gefasste Wille zur Weiterführung der xxx im südlichen Bereich, ändert - selbst wenn zu diesem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht (aus anderen Gründen, s.u.) noch nicht entstanden sein sollte - nichts an der Selbständigkeit der Erschließungsanlage, da eine endgültig hergestellte Straße nicht durch einen erst nachträglichen und zudem über Jahrzehnte hinweg bloßen Ausbauwillen in den Zustand der Unfertigkeit versetzt werden kann. Auch der von der Beklagten vorgebrachte, teils erst nach 1976 erfolgte Grunderwerb zum Straßengrundstück Flst.-Nr. xxx kann hieran nichts ändern, zumal der Grunderwerb schon in keiner der vorgelegten Erschließungsbeitragssatzungen als Herstellungsmerkmal vorgesehen ist. |
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| Im Übrigen müssen auch an dieser Stelle, die sich mangels Vorliegens irgendwelcher Unterlagen über die Baumaßnahme in den Jahren 1961 bis 1976 ergebenden Unklarheiten hinsichtlich des beabsichtigten Umfangs der damaligen Ausbaumaßnahmen und den diesen zugrunde gelegten Planungen durch die Beklagte - da sie die materielle Beweislast dafür trägt, dass die von ihr durchgeführten Straßenbaumaßnahmen eine Straße erstmalig hergestellt haben - zu ihren Lasten gehen (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, Juris; BVerwG, Urt. v. 09.12.1988 - 8 C 72/87 -, NVwZ-RR 1989, 497). |
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| b) Die Erschließungsanlage dürfte auch rechtmäßig hergestellt worden sein. Zwar liegen - wie zur gesamten Straßenbaumaßnahme zwischen 1961 und 1976 - keine Unterlagen vor, die auf eine nach § 125 Abs. 2 S. 1 BauGB in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung für die rechtmäßige Errichtung einer Straße ohne vorhandenen Bebauungsplan grundsätzlich notwendige Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde schließen lassen. Allerdings waren vom Zustimmungsbedürfnis nach § 125 Abs. 2 S. 2 BauGB in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung Straßen ausgenommen, die innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gebaut wurden, für die die Aufstellung eines Bebauungsplanes nicht erforderlich war. |
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| Von einem solchen Fall ist vorliegend auszugehen, nachdem der Verlauf der Straße durch die vorhandene Bebauung, welche maßgeblich schon vor dem Jahr 1961 vorhanden war, bereits festgelegt war und sich der Verlauf der Straße selbst unter Zugrundelegung der Urkarte aus dem Jahr 1843 auch tatsächlich bis heute - wovon im Übrigen die Beklagte selbst beim Satzungsbeschluss im Jahr 2008 ausging (vgl. Sitzungsprotokoll des Gemeinderats der Beklagten vom 23.09.2008, GAS 209 ff.) - nicht verändert hat (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 22.03.1973 - IV C 23.72 -, BauR 1974, 337; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23. 03. 1990 - 2 S 2284/89 -, Juris). Insbesondere sind verbleibende geringfügige Variationsmöglichkeiten hinsichtlich der Breite der Erschließungsanlage unbeachtlich, da sie alleine keine planerische Abwägung erfordern (vgl. Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, 2. Band, Stand: Februar 2012, § 41 Nr. 3.3.3.3.5). Auch wenn der - nicht (mehr) vorhandenen Ausbauplan - den Ausbau der letzten 10 m am südlichen Ende des Straßengrundstücks Flst.-Nr. xxx vorgesehen hätte, wäre hierbei von einem „Minderausbau“ und damit von einer rechtmäßigen Herstellung auszugehen, zumal als zulässige Planunterschreitung nach § 125 Abs. 3 BauGB sowohl ein geringfügiges Zurückbleiben in der Breite als auch in der Länge - wie es hier gegeben wäre - zu verstehen ist, der die "Grundzüge" der Ausbauplanung nicht berührt (BVerwG, Urt. v. 25.02.1994 - 8 C 14/92 -, BVerwGE 95, 176, Urt. v. 30.05.1997 - 8 C 6/69 -, DVBl 1998, 47). |
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| c) Da die xxx bereits vor dem 01.07.1964 i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 StrG in der Fassung von 20.03.1964 (GBl S. 127) vorhanden und nach bisherigem Recht eine öffentliche Straße war, war eine Widmung (§ 5 StrG) nicht erforderlich, so dass die Anlage auch ohne eine solche öffentlich genutzt werden konnte. |
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| d) Darüber hinaus kann auch vom weiteren Erfordernis des Vorliegens einer gültigen Erschließungsbeitragssatzung ausgegangen werden. Ungeachtet der vom Klägervertreter vorgebrachten Argumentation, dass die Beklagte mangels Aufklärbarkeit des Inhalts der im Jahr 1961 existierenden Erschließungsbeitragsatzung für die Gemeinde xxx sich so behandeln lassen müsse, als ob in diesem Zeitraum eine wirksame Erschließungsbeitragssatzung bestanden habe, wurden von der Beklagten keinerlei Umstände vorgetragen, die gegen die Wirksamkeit ihrer Erschließungsbeitragssatzungen aus den Jahren 1980 und 1988 oder aus dem Jahr 2005 sprechen könnten; solche sind auch nicht ersichtlich (vgl. zu den im Rahmen der Begutachtung durch die xxx noch bestehenden Zweifel aufgrund der Festlegung eines absoluten Gemeindeanteils in der Erschließungsbeitragssatzung aus dem Jahr 2005 nunmehr die Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.06.2010 - 2 S 2052/09 -, BWGZ 2010, 765). |
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| 3. Ungeachtet des Vorstehenden stünde der verfahrensgegenständlichen Beitragserhebung nach §§ 20 ff. und 33 ff. KAG - selbst unterstellt, es würde der Ansicht der Beklagten zumindest in Teilen gefolgt werden - das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit entgegen. |
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| Bei der Auslegung und Anwendung dieser Rechtsgrundlagen wird die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den zeitlichen Grenzen für die Erhebung von vorteilsausgleichenden Kommunalabgaben zu beachten sein. Diese verlangt, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, Juris). Dem Gesetzgeber obliegt es deshalb, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhebung von Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, Juris (Anschlussbeitragsrecht); dem folgend BVerwG, Urt. v. 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, Juris (Sanierungsrecht); VG Karlsruhe, Urt. v. 11.09.2014 - 2 K 2326/13 -, Juris (Anschlussbeitragsrecht); VG Köln, Urt. v. 02.09.2014 - 17 K 3963/13 -, Juris (Erschließungsbeitragsrecht); VG Augsburg, Beschl. v. 04.08.2014 - Au 2 S 14.894 -, Juris (Erschließungsbeitragsrecht); Sächs. OVG, Beschl. v. 25.04.2013 - 5 A 478/10, Juris (Anschlussbeitragsrecht); BayVGH, Urt. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, Juris (Erschließungsbeitragsrecht); OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.11.2013 - OVG 9 B 34.12 -, Juris (Anschlussbeitragsrecht); VG Dresden, Urt. v. 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, Juris (Anschlussbeitragsrecht). |
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| Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) Spiegelstrich 2 des bayrischen KAG (a.F., mittlerweile geändert durch das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11.03.2014, GVBl. S. 70) für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG erklärt; denn durch diese Bestimmung wird im Fall der Ungültigkeit einer Abgabensatzung der Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festgelegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, was den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner löst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, Juris; vgl. zudem die Zweifel des Bundesverfassungsgerichts an der Verfassungsmäßigkeit einer dem § 32 Abs. 1 S. 1, S. 2 KAG vergleichbaren Regelung, Beschl. v. 03.09.2013 - 1 BvR 1282/13 -, Juris). |
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| Diese vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Vorschrift ist zwar im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts gelten jedoch nicht nur für die entschiedene „Satzungskonstellation“, sondern in vergleichbarer Weise für alle Fallgestaltungen, in denen die abzugeltende Vorteilslage in der Sache eintritt, die daran anknüpfenden Beitragsansprüche aber wegen des Fehlens einer sonstigen Voraussetzung nicht entstehen und deshalb auch nicht verjähren können. Denn auch in solchen Fällen würde der Beitragsschuldner hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden tatsächlichen Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss (vgl. zum Ganzen BayVGH, Urt. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, Juris; Driehaus, KStZ 2014, 181). |
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| Von der Entstehung einer solchen Vorteilslage kann auch im Erschließungsbeitragsrecht ausgegangen werden, wenn ein Grundstück durch eine insgesamt betriebsfertige, d.h. technisch endgültig fertiggestellte Einrichtung erschlossen ist (so auch BayVGH, Urt. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, Juris; Driehaus, KStZ 2014, 181; Reif/ Strayle, Erschließungsbeitrag nach dem KAG, 15. Erg.Lfg. Stand: Januar 2015, Teil 1.1 Ziff. 4; offen gelassen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.07.2014 - 2 S 2228/13 -, BWGZ 2014, 1308; Urt. v. 27.01.2015 - 2 S 1849/14 -, Juris). Es kommt dann auf die - für den Bürger erkennbare - technische Herstellung der Anlage an, die von der Gemeinde erkennbar dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt wird. Dagegen können rechtliche Voraussetzungen für das Entstehen von Erschließungsbeitragspflichten, deren Vorliegen der Bürger nicht ohne Weiteres erkennen kann, nicht relevant sein (vgl. Driehaus, a.a.O.). |
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| Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die xxx ab der Einmündung in die xxx Straße bis zum Bereich des Hauseingangs des Gebäudes xxx im - nicht mehr näher verifizierbaren - Zeitraum zwischen 1961 und 1976 für den Bürger erkennbar technisch endgültig fertiggestellt wurde, indem sie insbesondere - wie aus den in den Akten befindlichen Lichtbildern hervorgeht - auch über die in der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 25.11.1980 geforderten Teerbelag verfügte, entwässert und beleuchtet war und von der Gemeinde dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt und als solche genutzt wurde. Sie vermittelte dadurch - unabhängig der von der Beklagten vorgebrachten fehlenden Zustimmung nach § 125 Abs. 2 a.F. BauGB - den durch sie erschlossenen Grundstücken einen abzugeltenden Erschließungsvorteil. |
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| Für eine solche Fallkonstellation enthält das Kommunalabgabengesetz zwar keine ausdrückliche Regelung zu einer abschließenden Zeitgrenze, bis zu der Erschließungsbeiträge erhoben werden können; insbesondere ist der erhebungsberechtigten Gemeinde nicht vorgegeben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Entstehungsvoraussetzungen herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation BayVGH, Urt. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, Juris). |
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| Die Einhaltung des Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit kann aber durch eine ergänzende Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sichergestellt werden, und mit dieser Maßgabe begegnen auch die bestehenden landesgesetzlichen Regelungen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, Juris; BayVGH, Urt. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, Juris). |
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| Der Geltendmachung eines Beitrags, der den betroffenen Eigentümer in dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verletzt, steht hiernach - als Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen - der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Danach kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint. Der Begriff der Treuwidrigkeit ist deshalb so auszulegen, dass eine Erhebung von Beiträgen, die dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit widerspräche, ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, Juris). |
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| Treuwidrig ist die Abgabenerhebung danach zum einen dann, wenn es aufgrund einer Pflichtverletzung der Gemeinde unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar erscheint, den Bürger mit der Abgabenerhebung zu konfrontieren. Darüber hinaus kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum anderen auch auf die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften zurückgegriffen werden. So etwa auf die Regelung in § 53 Abs. 2 LVwVfG, wonach eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen beginnt, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Diese Vorschrift ist hier zwar nicht unmittelbar anwendbar. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken - und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB) - kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.01.2015 - 2 S 1849/14 -, Juris; BayVGH, Urt. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, Juris). |
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| Nach Letzterem ist die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen - ohne Rücksicht auf das Entstehen der Beitragsschuld - ausgeschlossen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage durch die endgültige technische Fertigstellung der Erschließungsanlage mehr als 30 Jahre vergangen sind. Diese Ausschlussfrist war für die im Zeitraum zwischen 1961 und 1976 technisch fertiggestellte xxx bei Erlass des verfahrensgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheids im Jahr 2012 auch bei Zugrundelegung des danach letztmöglichen Zeitpunkts des 31.12.1976 abgelaufen. |
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| 4. Hingegen verfängt der vom Klägervertreter noch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gemachte - im Rahmen des Klageverfahrens allerdings schon nicht mehr aufgegriffene - Vortrag zum Vorliegen eines Beitragsverzichts bzw. die Auslegung des Schreibens der Beklagten vom 10.09.2008 als Verzichtszusage, aus den von der Beklagtenseite vorgetragenen Gründe, nicht. Die Annahme eines Verzichts trägt bereits der Wortlaut des Schreibens nicht und für eine wirksame Verzichtszusage mangelt es an der Unterschrift des (hierfür zuständigen) Bürgermeisters. |
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| 5. Auf die Frage, ob der Erschließungsbeitragsbescheid auch der Höhe nach rechtmäßig ist, kommt es nachdem der Bescheid bereits dem Grunde nach rechtswidrig ist, nicht mehr an. |
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| Nach alldem ist der Klage im vollen Umfang stattzugeben. |
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| II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie unterliegt (vgl. § 154 Abs. 1 VwGO). Die Zuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren ist für not-wendig zu erklären, da dies vom Standpunkt eines verständigen, nicht rechtskundigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (vgl. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO). Es handelt sich hier um einen sowohl tatsächlich als auch rechtlich nicht einfachen Fall. |
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| III. Die Berufung wird gemäß §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Rechtsstreit wirft hinsichtlich der zu stellenden Voraussetzungen an das Vorhandensein einer Straße i.S.d. ehemaligen preußischen Anliegerbeitragsrechts obergerichtlich klärungsbedürftige Fragen auf, welche in Baden-Württemberg - soweit ersichtlich - obergerichtlich im Einzelnen noch nicht geklärt wurden. |
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| B e s c h l u s s vom 14. April 2015 |
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| Der Streitwert wird auf 8.707,90 EUR festgesetzt. |
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| Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG. Bei dem festgesetzten Betrag handelt es sich um den Betrag, in dessen Umfang der Bescheid angefochten worden ist. |
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