Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 08. Mai 2014 - 17a K 2504/13.A
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der im Jahre 1975 geborene Kläger ist albanischer Volkszugehörigkeit und stammt aus dem Kosovo.
3Seit dem Jahr 1997 betrieb er in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach Asylverfahren, die sämtlich erfolglos blieben.
4Sein erster Asylantrag wurde mit Bescheid des früheren C. G. E. B. B1. G1. , nunmehr C1. G2. N. V. G1. (C1. ), vom 10. April 1997 abgelehnt; zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und § 53 des Ausländergesetztes – AuslG – nicht vorliegen und der Kläger unter Abschiebungsandrohung zur Ausreise aufgefordert. Die dagegen erhobene Klage wurde mit rechtskräftig gewordenem Urteil des Verwaltungsgerichts E1. vom 20. Februar 1998 – °° ° °°°°/°°.° -abgewiesen.
5Auf seinen bis dato letzten Folgeantrag vom 31. Oktober 2001 wurden mit bestandskräftig gewordenem Bescheid des früheren C. vom 17. Dezember 2001 die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung des zuvor ergangenen Bescheides vom 8. Februar 1999 bezüglich der Feststellung zu § 53 des Ausländergesetzes abgelehnt. Der Kläger wurde unter Abschiebungsandrohung in die Bundesrepublik T. (Kosovo) zur Ausreise innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert. Wegen der Einzelheiten der in den Verfahren ergangenen Bescheide des C. wird auf die einschlägigen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen (BA Heft 2 bis 4).
6Mit Anwaltsschriftsatz vom 28. Oktober 2009 beantragte der Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Feststellung von Abschiebungshindernissen.
7Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht: Der Kläger leide an einem Weichteiltumor am linken Fuß (Angiodysplasie) mit daraus resultierender starker Gehbehinderung. Eine Erwerbstätigkeit auf dem normalen Arbeitsmarkt und im informellen Sektor sei für ihn nicht eröffnet. Vor seiner Ausreise habe er im heutigen serbischen Teil von N1. gelebt und sei von seinen Eltern unterstützt worden. Nach dem Tod seiner Mutter und aufgrund des nur geringen Rentenbezuges seines Vaters sei diese Unterstützung nunmehr nicht mehr möglich. Er könne nicht zumutbar auf Sozialhilfe verwiesen werden. Ebenso sei es ihm nicht zumutbar, sich im serbischen Teil von N1. anzusiedeln.
8Zwischenzeitlich sei die operative Behandlung des Tumors im C2. C3. begonnen worden, nachdem ihm in früheren Jahren, vom V1. N2. noch im Februar 2009, eine – von ihm abgelehnte – Unterschenkelamputation angeraten worden sei. Eine weitere Operation sei vorgesehen. Ohne diese im Kosovo nicht mögliche Behandlung drohe eine Verschlimmerung seiner Erkrankung bis hin zur Amputation. Darauf könne er nicht zumutbar verwiesen werden.
9Auf die vom Kläger dazu vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Berichte des V2. F. vom 1. September 1997 und 7. Oktober 1997, des V2. N2. vom 18. Februar 2009, des °°°°°°°°°°°°°° V2. C2. vom 30. September 2009 sowie der Ärzte für Orthopädie u.a. Dres.. H. vom 15. September 2009 (Bl. 5 bis 11 BA Heft 1) wird wegen der Einzelheiten ebenso Bezug genommen wie auf die Angaben des Klägers anlässlich seiner persönlichen informatorischen Befragung vor dem C1. am 2. Dezember 2009.
10Auf Ersuchen des C. vom 17. April 2012 gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers und der zuständigen Ausländerbehörde übersandte letztere aktuelle medizinische Unterlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte der Neurofibromatose – Ambulanz – I. vom 27. Juni 2011 sowie des V2. I. -F1. vom 4. März 2011 und 27. April 2012 (Bl. 44 bis 47 und 50 bis 53 BA Heft 1) verwiesen.
11Mit Bescheid vom 1. Oktober 2012, als Einschreiben zur Post gegeben am 10. Oktober 2012, lehnte das C1. den Antrag des Klägers auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides vom 10. April 1997 bezüglich der Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab; die Voraussetzungen zu § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes lägen auch im Hinblick auf die geltend gemachte Erkrankung nicht vor. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides verwiesen.
12Der Kläger hat am 25. Oktober 2012 Klage erhoben.
13Er begehrt unter Verweis auf die Ausführungen im Wiederaufgreifensverfahren die Feststellung von Abschiebungsverboten und legt dazu eine Bescheinigung der O. – B2. – I. vom 4. Juli 2013 vor, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird
14Der Kläger beantragt,
15die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des C. für N. V3. G1. vom 1. Oktober 2012 zu verpflichten festzustellen,
16dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG,
17hilfsweise,
18Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in der Person des Klägers vorliegen.
19Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
20die Klage abzuweisen.
21Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
22Mit Beschluss der Kammer vom 11. April 2014 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des C. Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die zulässige Klage ist nicht begründet.
26Der Bescheid des C. vom 1. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche im gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unabhängig davon nicht zu, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 51 Abs. 1 bis 3 und 5, 48, 49 VwVfG vorliegen
27Dies gilt auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) geändert worden ist.
28Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von subsidiärem Schutz gemäߠ § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG (entsprechend § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG). Nach diesen Vorschriften ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn ihm in seinem Herkunftsland die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder ihm als Zivilperson eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3) droht. Derartige Gefahren drohen dem Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht. Das entspricht der die Erkenntnislage in Bezug auf albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo auswertenden gesicherten Rechtsprechung der Kammer sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung.
29Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27. Mai 2010 - 10 LB 60/07 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 5. September 2011 - 13 A 1660/11.A - und vom 14. April 2005 - 13 A 654/05.A -; OVG Saarland, Beschluss vom 1. Dezember 2006 - 3 Q 126/06 -, jeweils juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Februar 2012 - 17a K 1983/11.A -; Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 12. Juni 2013 und 29. Januar 2014 zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Kosovo.
30Ohne Erfolg bleibt auch der Antrag auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
31Für eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention ist weder etwas vorgetragen worden, noch ist eine solche aufgrund der aktuellen Erkenntnislage sonst beachtlich wahrscheinlich.
32Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Entscheidend ist allein, ob für den Ausländer eine konkrete individuelle Gefahr für die in der Vorschrift genannten Rechtsgüter besteht und die Gefahr dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit droht.
33Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.Oktober 1995 - 9 C 9.95 - und 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 -, jeweils juris.
34Ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift kann auch darin begründet sein, dass sich die individuelle Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern würde, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind und er auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
35Vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999- 9 C 2.99 - sowie Urteil vom 25. November 1997- 9 C 58.96 -, Beschluss vom 17. August 2011- 10 B 13/11 -, jeweils zitiert nach juris.
36Hiernach sind indes regelmäßig nur solche Umstände relevant, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen (zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote). Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Ein solches ist nicht durch das zuständige C1. der Beklagten bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote, sondern durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen.
37Vgl. BVerwG, Urteile vom 21.September 1999 - 9 C 8.99 - und vom 15. Oktober 1999 - 9 C 7.99 -, jeweils zitiert nach juris.
38Für die Prognose einer Gefährdung nach Rückkehr in das Herkunftsland im dargestellten Sinn ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit der so umschriebenen Gefahr erforderlich. Daraus folgt, dass die im konkreten Einzelfall für eine zu erwartende Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Umstände überwiegen müssen. Dies erfordert die zusammenfassende verständige Würdigung aller objektiven Umstände unter Einbeziehung des Ranges des gefährdeten Rechtsgutes und der Zumutbarkeit des mit der Rückkehr verbundenen Risikos aus der Sicht eines vernünftig denkenden, besonnenen Dritten dahingehend, ob die Umstände die erhebliche Gefahr einer Rechtsgutverletzung alsbald erwarten lassen.
39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 1 B 71.01 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46
40Das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der zu erwartenden Gefährdungssituation ist dabei nur dann gegeben, wenn der Eintritt der Gefahr eine bedeutende Rechtsgutbeeinträchtigung nach sich zieht. Ausgehend von einer unzureichenden medizinischen Behandlungsmöglichkeit liegt das für die hieraus resultierende akute Lebensgefahr auf der Hand und heißt für den Fall der befürchteten Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Erkrankung, dass sich der Gesundheitszustand nach Ankunft im Zielland der Abschiebung in absehbarer Zeit wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Der Begriff der wesentlichen Verschlechterung liegt nur dann vor, wenn die befürchtete ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustandes nach Rückkehr derart gravierend sein wird, dass außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden oder existenzbedrohende Zustände zu erwarten sind.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. September 2006- 13 A 1740/05.A -.
42Daraus leitet sich zugleich ab, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann vorliegt, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2003- 13 A 3253/03.A -.
44Zu berücksichtigen ist dabei ferner, ob der Ausländer voraussichtlich in der Lage sein wird, ohne Schädigung des Existenzminimums im Sinne der Gefahr drohender Verelendung, die erforderliche, eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindernde, im Herkunftsland mögliche Behandlung zu finanzieren. Hierzu sind seine genannten voraussichtlichen Lebensumstände im Herkunftsland aber auch eventuelle finanzielle Unterstützungen, z. B. durch Inanspruchnahme von Sozialleistungen oder durch Verwandte im Ausland, in den Blick zu nehmen.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2011- 13 A 1660/11.A -.
46Hiervon ausgehend lässt sich nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer für den Kläger ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht herleiten.
47Dabei geht die Kammer davon aus, dass vorstehend realistisch allein der Kosovo als Zielstaat der Abschiebung in Betracht kommt und überdies die ärztlich bescheinigten Erkrankungen bei dem Kläger tatsächlich vorliegen. Es ist indessen prognostisch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sich sein Gesundheitszustand im Falle seiner Rückkehr in den Kosovo wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten, seiner ethnischen Herkunft oder aus finanziellen Gründen gemessen an den Anforderungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG alsbald wesentlich verschlechtern wird.
48Dies hat das C1. in dem angegriffenen, umfänglich begründeten Bescheid vom 1. Oktober 2012 im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt; auf diese Ausführungen, die sich im Einzelnen zu den vorgetragenen gesundheitlichen Problemen des Klägers verhalten, wird zunächst Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
49Folgendes ist ergänzend auszuführen:
50Die Kammer legt zu Grunde, dass eine Behandlung des unter einer Neurofibromatose Typ 1 (genetisch bedingte Tumorerkrankung) am rechten Fuß leidenden Klägers, wie sie zuletzt in Deutschland durchgeführt worden ist, in dieser Form im Kosovo für den Kläger nicht zur Verfügung steht. Aufgrund der vorgelegten ärztlichen Verlautbarungen, vornehmlich der zuletzt in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigung der Neurofibromatose – Ambulanz – I. vom 4. Juli 2013, ist davon auszugehen, dass eine solche Behandlung (selbst) in der Bundesrepublik Deutschland aktuell ausschließlich unter maßgeblicher Beteiligung dieses Zentrums in I. durchgeführt werden kann. Hierin wird dargelegt, das NF-Zentrum I. sei in Deutschland „einzigartig“ und habe eine besondere Expertise in der operativen Behandlung plexiformer Neurofibrome. Der Kläger hat hierzu in Einklang mit den darüber hinaus zur Akte gereichten medizinischen Stellungnahmen in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, das Universitätsklinikum N2. habe eine operative Behandlung seiner Erkrankung abgelehnt und ihm eine Teilamputation angeraten; das C2. -C4. , C5. V4. , habe sich demgegenüber zunächst zu Operationen bereit erklärt und diese auch durchgeführt, sodann aber eine weitere einschlägige Behandlung nicht mehr übernehmen wollen. Dazu sei nur die Neurofibromatose - Ambulanz - I. bereit gewesen. Bei diesem Sachstand erscheint es entgegen der Bewertung im bundesamtlichen Bescheid in hohem Maße unwahrscheinlich, dass eine solche Behandlung im Kosovo eröffnet ist. - Wäre das entgegen der gerichtlichen Annahme doch der Fall, wären die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - erst Recht - nicht erfüllt.
51Auch unter Zugrundelegung der vom Gericht geteilten klägerischen Auffassung, dass dessen Neurofibromatose - Erkrankung im Kosovo nicht wie in der Bundesrepublik Deutschland, in Sonderheit in I. , behandelt werden kann, ist ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot gleichwohl nicht zu bestätigen.
52Der Kläger leidet seit seiner Kindheit an dem Gefäßtumor im linken Fuß. Mit dieser Erkrankung hat er, wenn auch unter nicht unerheblichen Einschränkungen seiner Gehfähigkeit, über viele Jahre auch im Kosovo gelebt und seine Existenz sichern können. In Deutschland wurde seine Erkrankung ausweislich der vorgelegten Arztberichte seit 1997 behandelt. Zunächst stand die kosmetische Beeinträchtigung im Vordergrund sowie Schwierigkeiten beim Abrollen des Fußes und beim Kauf von Schuhwerk. Angesichts des ausgedehnten Befundes wurde medizinisch die Indikation zu einer Amputation (Syme-Amputation) gesehen; einen solchen Eingriff lehnte der Kläger ab; als Procedere wurde daraufhin die Versorgung mit weichbettendem orthopädischen Maßschuhwerk mit Abrollhilfe vorgeschlagen (Berichte der Orthopädischen Universitätsklinik F. vom 1. September und 7. Oktober 1997 (Bl. 5, 6 BA Heft 1). Auch zwölf Jahre später wurde, nunmehr vom V4. N2. , aus orthopädischer Sicht lediglich eine Unterschenkelamputation als durchführbar erachtet; plastisch-chirurgische Maßnahmen sollten im C2. C4. besprochen werden (Arztbrief des V4. N2. vom 18. Februar 2009, Bl. 8 BA Heft 1). Darin heißt es allerdings weiter: „Gehen sei gut möglich, aber in den letzten Jahren schmerzhaft.“
53Nach seinen (nachvollziehbaren) Angaben lehnte der Kläger eine Amputation erneut ab. Das C6. V4. C2. C4. war nachfolgend, entgegen den Empfehlungen der Universitätskliniken F. und N2. , zu einer operativen Weichteilreduktion bereit und führte diese im August 2009 durch, verbunden mit dem Hinweis auf eine in drei Monaten geplante Nachfolgeoperation (Bericht vom 30. September 2009, Bl. 9 BA Heft 1). Ausweislich des Ärztlichen Attestes der E2. . H. vom 15. September 2009 war eine „längere postoperative Behandlung…notwendig, ggf. weitere operative Eingriffe. Bei fehlender medizinischer Versorgung könnte es zu einer Verschlimmerung des Befundes mit möglicher Amputation des Fußes führen (kommen)“ (Bl. 11 BA Heft 1). Demgemäß sollte sich der Kläger am 8. Dezember 2009 zu einer Nachfolgeoperation im C2. C4. vorstellen (Bl. 29 BA Heft 1). Ausweislich der Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe man dort allerdings keine weitere Operation mehr durchführen wollen. Eine solche ist auch nicht durch Unterlagen belegt. Eine „Fortführung der Tumorreduktion…“ ist vielmehr am 22. Februar 2011 im V4. I. - F1. erfolgt; von dort wurde der Kläger nach unauffälligem postoperativen stationären Aufenthalt bei gutem Allgemeinzustand in die ambulante Weiterversorgung entlassen, verbunden mit der Empfehlung zur Wiedervorstellung zur weiteren Therapieplanung in einem halben Jahr (Entlassungsbericht vom 4. März 2011, Bl. 44 BA Heft 1). Eine Verlaufskontrolle erfolgte sodann am 27. Juni 2011 in der bereits erwähnten Neurofibromatose-Ambulanz - I. . In deren schriftlicher Beurteilung vom selben Tag wird u.a. ausgeführt, dass erneute operative Tumorreduktionen…nötig werden; das gelte auch für kernspintomographische Untersuchungen, um eine mögliche Malignisierung des Tumors auszuschließen (Bl. 46, 47 BA Heft 1).
54Nach Maßgabe der nachfolgend erstellten ärztlichen Berichte letzten Standes erfolgte seitdem (lediglich) eine weitere Tumorreduktion am 19. April 2012. Ausweislich des Entlassungsberichts des V2. I. -F1. vom 27. April 2012 wurde der Kläger nach komplikationslosem postoperativem Verlauf an diesem Tag in gutem Allgemeinzustand zur ambulanten Betreuung entlassen. Die Ergebnisse der Pathologie waren unauffällig (Bl. 50 ff BA Heft 1).
55Eine weitere Operation ist in der Folgezeit bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) durchgeführt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung insoweit allein die bereits erwähnte Bescheinigung der Neurofibromatose – Ambulanz – I. vom 4. Juli 2013 vorgelegt, wonach sich der Kläger dort „zur nächsten Operation vorgestellt“ habe; darin wird ferner dargelegt, dass eine Neurofibromatose eine genetisch bedingte Tumorerkrankung sei, die bislang nicht heilbar sei. Bei Bestehen eines plexiformen Neurofibroms (PNF) am rechten Fuß sei mit Rezidivneigung und wiederholten Operationen zu rechnen, wie diese schon in I. erfolgt seien.
56Dass im Juli 2013, also im Abstand von ca. einem Jahr nach der bis dato letzten Teilreduktion vom April 2012, tatsächlich eine weitere Operation durchgeführt worden ist, wird gerade nicht bestätigt. Auch wird der Zeitraum, innerhalb dessen die Notwendigkeit einer weiteren Operation prognostisch zu erwarten ist, nicht ansatzweise konkretisiert.
57Festzuhalten ist hiernach, dass im Anschluss an die erste Operation (September 2009) jeweils im Abstand von gut einem Jahr zwei Nachfolgeoperationen durchgeführt worden sind (Februar 2011 und April 2012), seitdem, also seit einem Zeitraum von gut zwei Jahren, aber eine weitere Operation offensichtlich nicht mehr medizinisch indiziert war. Es ist vor diesem Hintergrund schon nicht im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG konkret absehbar, dass eine ggf. abermals erforderliche Nachfolgeoperation alsbald innerhalb eines jedenfalls überschaubaren Zeitraums nach der Rückkehr des Klägers in sein Heimatland,
58vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 -, juris, RdNr. 20, 21,
59sich als medizinisch notwendig erweisen wird. Auch fehlen, wie bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung aufgezeigt, jegliche Darlegungen dazu, wie zeitnah etwaige negative gesundheitliche Auswirkungen für den Kläger erwachsen, falls eine ggf. zukünftig medizinisch angezeigte abermalige Nachfolgeoperation nicht durchgeführt werden würde. Angesichts des aufgezeigten, sich über viele Jahre erstreckenden Krankheits- bzw. Behandlungsverlaufs ist die Annahme, etwaige negative gesundheitliche Auswirkungen würden – wie erforder-lich – mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr des Klägers in sein Heimatland eintreten, weder naheliegend noch gar offensichtlich. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist deshalb nicht bestätigungsfähig.
60Darüber hinaus ist auch das Vorliegen der weiteren tatbestandliche Voraussetzung dieser Norm, wonach sich der Gesundheitszustand des Klägers im Rückkehrfall wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern müsste, auf der Grundlage der zahlreichen vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen nicht feststellbar. Darauf ist bereits im angefochtenen Bescheid vom 1. Oktober 2012 zutreffend hingewiesen worden. Es fehlen jegliche medizinische Verlautbarungen, welche Auswirkungen das Unterbleiben einer im Sinne einer optimalen medizinischen Versorgung etwaig angezeigten weiteren Nachfolgeoperation, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland in I. praktiziert worden ist, auf den Gesundheitszustand des Klägers hätte (und innerhalb welcher Zeitspanne diese ggf. negativen Auswirkungen prognostisch wahrscheinlich einträten, siehe vorstehend). Angesichts des aufgezeigten Krankheitsverlaufs ist nicht ersichtlich und jedenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich, dass eine gravierende Verschlimmerung im Sinne schwerer körperlicher oder psychischer gesundheitlicher Schaden eintreten wird.
61Fehlt es bereits aus den aufgezeigten Gründen an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, bedarf es keiner Entscheidung, ob vor dem Hintergrund, dass dem Kläger von zwei Universitätskliniken selbst in der Bundesrepublik Deutschland eine Unterschenkelamputation als einzig mögliche medizinische Behandlung angeraten worden ist, der Verweis auf eine solche ihm im Kosovo möglicherweise „im schlimmsten Fall“ bevorstehende - derzeit indes in keiner Weise prognostisch konkret absehbare - Behandlungsalternative für den Kläger gemessen an den eingangs aufgezeigten rechtlich relevanten strengen Maßstäben des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht zumutbar wäre.
62Eine etwaig aktuell notwendige medikamentöse Versorgung des Klägers, wie sie zuletzt im Entlassungsbericht des V2. F1. vom 27. April 2012 attestiert worden ist, ist im Kosovo gewährleist. Das ist zutreffend im C7. Bescheid dargelegt worden. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Deshalb mag offen bleiben, ob eine derartige medikamentöse Versorgung des Klägers derzeit überhaupt noch erforderlich ist. Aktuelle ärztliche Bescheinigungen dazu hat der Kläger nicht vorgelegt.
63Eine solche etwaig notwendige Versorgung/Behandlung ist für den Kläger auch tatsächlich erreichbar.
64Nach der aktuellen Erkenntnislage ist der Zugang zu medizinischen Behandlungen des öffentlichen Gesundheitssystems für die Bevölkerung im Kosovo unabhängig von der ethnischen Herkunft gewährleistet.
65Vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 12. Juni 2013 und 29. Januar 2014 zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Kosovo sowie die im Bescheid zitierten Erkenntnisse; vgl. ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 06. August 2012 – 13 A 1311/12.A und vom 05. September 2011 13 A 1660711.A und ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. Urteile vom 18. Mai 2012 - 17a K 5213/10. A - und vom 17. April 2014 - 17a K 5528/13.A -.
66Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger auch nicht aus Mangel an finanziellen Mitteln an einer Inanspruchnahme der medizinischen Behandlung gehindert sein wird.
67Bei dieser Bewertung legt die Kammer zugrunde, dass es dem Kläger jedenfalls wegen der herrschenden prekären wirtschaftlichen Lage im Kosovo und in T. und auch wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen schwerlich gelingen wird, seinen Lebensunterhalt selber sicherzustellen. Nach aktueller Erkenntnislage erhalten Bedürfte Unterstützung in Form von Sozialhilfe, deren Höhe sich allerdings auf niedrigem Niveau bewegt. Sollten die Kosten einer medizinischen Behandlung, vornehmlich der medikamentösen Versorgung des Klägers im Rückkehrfall jedenfalls zum Teil von ihm privat getragen werden müssen,
68vgl. dazu im Einzelnen vorzitierten Lagebericht vom29. Januar 2014, S. 23 ff sowie Urteil der Kammer vom18. Mai 2012 - 17a K 5213/10.A -,
69muss er sich ebenso wie hinsichtlich des im Übrigen notwendigen Lebensunterhalts auf die Unterstützung durch seine (Groß-) Familie verweisen lassen. Letzteres gilt im Übrigen auch, falls bestimmte, von ihm benötigte, Medikamente vorübergehend im Kosovo nicht verfügbar sein sollten, wofür derzeit indessen nichts ersichtlich ist.
70Für eine solche ergänzende Unterstützung kommen in erster Linie zwei in Deutschland lebende Brüder und eine Schwester sowie ein in N1. lebender Onkel des Klägers (vgl. dazu seine Angaben anlässlich seiner informatorischen Anhörung vom 2. Dezember 2009 gegenüber dem C1. , Bl. 34 BA Heft 1), vor allem aber auch sein ebenfalls in N1. lebender Vater in Betracht. Davon, dass keiner von diesen wegen eigener unzureichender Geldmittel zur - wenn auch im Einzelfall nur geringen - ergänzenden finanziellen Unterstützung der Klägers im Rückkehrfall imstande ist, kann nicht ausgegangen werden; dazu ist auch nichts substantiiert vorgetragen worden. Angesichts des Umstandes, dass nach eigenem Vortrag der Vater des Klägers sowie ein Onkel in N1. leben, ist dem Kläger ungeachtet seiner langjährigen Abwesenheit eine Rückkehr auch in diese Region zumutbar. Auch das ist zutreffend im C8. Bescheid vom 1. Oktober 2012 dargelegt worden.
71Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 83 b AsylVfG. E. Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.