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| Nachdem die Klägerin die Klage gegen den Beklagten zu 1) zurückgenommen hat, war das Verfahren insoweit nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. |
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| Die gegenüber dem Beklagten zu 2) aufrecht erhaltene Klage ist zulässig (hierzu zu I.) und begründet (hierzu zu II.). |
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| 1. Die auf eine Neubescheidung der Klägerin über das Gesamtergebnis ihrer Abiturprüfung gerichtete Klage ist als Verpflichtungsklage in der Form der Bescheidungsklage statthaft. Die von der Klägerin als rechtswidrig angesehene Bewertung ihrer schriftlichen Arbeit im Fach Deutsch stellt eine Teilnote ihrer Abiturprüfung dar, die unmittelbar in die Berechnung und Ermittlung des Gesamtergebnisses der Abiturprüfung eingeflossen ist. Dieses Gesamtergebnis der Abiturprüfung wird nach § 7 Abs. 1 der Verordnung des Kultusministeriums über die Abiturprüfung für Schüler an Freien Waldorfschulen v. 13.03.2002 - WaldorfAbiPrV 2002 - (GBl. S. 162; geänd. d. VO v. 20.02.2007; GBl. S. 187), die nach § 9 Satz 2 der WaldorfAbiPrV v. 28.04.2011 (GBl. 2011, 209) letztmals auf die im Schuljahr 2011/2012 stattfindende Abiturprüfung der Klägerin Anwendung findet, vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Anschluss an die mündliche Prüfung ermittelt und zusätzlich zu der Zuerkennung der Allgemeinen Hochschulreife als Gesamtnote bekannt gegeben. Der bekannt gegebenen Durchschnittsnote gemäß Staatsvertrag, die in einem später nach § 7 Abs. 4 WaldorfAbiPV 2002 auszustellenden Zeugnis über die Allgemeine Hochschulreife nachrichtlich ausgewiesen ist, kommt im Hinblick auf das bei der Vergabe von Studienplätzen maßgebliche Merkmal des Grads der Qualifikation ein eigener rechtlicher Regelungscharakter zu (vgl. hierzu - wenn auch mit Blick auf das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife - VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.11.1989 - 9 S 735/89 -, DVBl. 1990, 533). |
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| 2. Die Klage ist auch zu Recht gegen den Beklagten zu 2) gerichtet. Er ist als Rechtsträger des Regierungspräsidiums Freiburg nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO passivlegitimiert, das als obere Schulaufsichtsbehörde (vgl. § 34 Abs. 1 SchG) über den unselbständigen Prüfungsausschuss die Abiturprüfung auch an den Waldorfschulen abnimmt und dem die Feststellung des Ergebnisses dieser Prüfungen durch den Vorsitzenden des Prüfungsausschuss als Behörde zugerechnet wird. Diese Zurechnung beruht darauf, dass die Abiturprüfung an der als - nichtregelschulakzessorische Ersatzschule anerkannten - Waldorfschule von einem Prüfungsausschuss abgenommen wird, der vom Regierungspräsidium ad hoc und nur für die jeweilige Schule gebildet wird (vgl. § 6 Abs. 1 WaldorfAbiPrV 2002 i.V.m. § 18 Abs. 1 der Abiturverordnung Gymnasien der Normalform - NGVO - v. 24.07.2001, GBl. S. 518 mit späteren - hier nicht relevanten - Änderungen) und der deshalb aufgrund seiner fehlenden organisatorischen Selbständigkeit als unselbständiger Teil dieser Behörde handelt (hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.01.1989 - 9 S 961/88 -, S 10 f ; Urt. v. 29.09.1989 - 9 S 735/89 -, a.a.O.; Urt. v. 27.03.1990 - 9 S 2059/89 -, NVwZ-RR 1990, 479 und Urt. v. 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148; zur fehlenden Relevanz, dass die Entscheidung auf Vornoten anderer Entscheidungsträger beruht vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.11.1993 - 9 S 1537/91 -, juris unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 22.10.1981, Buchholz 421.0 Nr. 155). |
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| Der Zurechnung steht nicht entgegen, dass einer Waldorfschule ebenso wie anderen staatlich anerkannten Ersatzschulen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 PSchG das Recht übertragen ist, Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen. Denn abgesehen davon, dass sich die Anerkennung einer Waldorfschule nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PSchG darauf beschränkt, die Schüler in der Klasse 13 auf die Hochschulreife vorzubereiten (zur fehlenden Verantwortung einer Waldorfschule für die Abiturprüfung vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.1990 - 9 S 1387/89 -, juris Rn. 51), ist der Umfang der Beleihung einer staatlich anerkannten Ersatzschule durch die zitierten Regelungen der Abiturverordnungen von vornherein normativ beschränkt worden (zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Ausschlusses von Privatschulen aus dem Bereich der auf die Zuerkennung der Hochschulzugangsberechtigung zielenden Abiturprüfung vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.10.2011 - 9 S 2188 -, juris Rn. 52). Sofern für den Bereich der Waldorfschulen Regelungen zur Durchführung der Abiturprüfung getroffen worden sind, die von denen der Abiturverordnung für Gymnasien in Normalform abweichen, begründen diese eine noch deutlichere Anbindung der Durchführung der Prüfung an das Regierungspräsidium, da hier die Schüler - anders als an staatlichen Schulen oder regelschulakzessorischen Ersatzschulen - nicht durch den Schulleiter, sondern unmittelbar durch die Schulaufsichtsbehörde zur Prüfung zugelassen werden (§ 2 Abs. 3 WaldAbiPV) und über den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses hinaus auch der Leiter der schriftlichen Prüfung und der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses von dieser Behörde bestimmt werden (§ 6 Nr. 3 WaldAbiPrV 2002). |
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| 3. Die gegenüber dem Beklagten zu 2) am 15.07.2013 erhobene Klage ist nicht verfristet. |
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| a) Zwar wäre die Klage gegen das ohne Rechtsbehelfsbelehrung spätestens am 15.06.2012 bekannt gegebene Gesamtergebnis der Abiturprüfung der Klägerin nach §§ 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2; 58 Abs. 2 VwGO innerhalb einer Jahresfrist zu erheben gewesen, die damit gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO; § 188 Abs. 2 BGB spätestens am 15.06.2013 abgelaufen war. Denn mit der Zurechnung der Entscheidungen des Prüfungsausschusses und seines Vorsitzenden als Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg liegt ein Fall vor, in dem es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO einer Nachprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nicht bedarf und in dem deshalb nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO nach der Bekanntgabe des Verwaltungsakts innerhalb der Klagefrist unmittelbar Klage erhoben werden muss. |
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| Auch kann die Bekanntgabe des Gesamtergebnisses der Abiturprüfung, wie sie hier angefochten ist, nicht als Fall der Bewertung einer Leistung im Rahmen einer berufsbezogenen Prüfung angesehen werden, der nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AGVwGO aus der landesrechtlichen Regelung zur Entbehrlichkeit eines Widerspruchsverfahrens herausgenommen worden ist. Denn die Abiturprüfung ist keine „berufsbezogene Prüfung“ im Sinne dieser Norm. Die mit ihr zu erlangende Allgemeine Hochschulreife ist ebenso wie die in dieser Prüfung erreichte Gesamtnote (nur) auf die Zulassung zu einem Hochschulstudium oder - zumindest faktisch - zu einer Berufsausbildung, nicht jedoch unmittelbar auf die Qualifizierung in einem bestimmten Beruf bezogen. Sofern es aufgrund der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit einer Prüfungsentscheidung auch im Rahmen der Abiturprüfung eines eigenständigen verwaltungsinternen Kontrollverfahrens bedarf, in welchem die Prüfer substantiierte Einwendungen des Prüflings gegen ihre Bewertung zu überdenken haben (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.08.1996 - 6 C 3/95 -, NVwZ-RR 1998, 176), kann dieses Überdenkensverfahren auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens während eines gerichtlichen Verfahrens durchgeführt werden, wobei letzteres gegebenenfalls ausgesetzt wird (BVerwG, Urt. v. 24.02.1993 – 6 C 35/92 –, BVerwGE 92, 132, 138 ff). |
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| b) War demnach bei Klageerhebung gegenüber dem Beklagten zu 2) die Klagefrist abgelaufen, so ist die Klage dennoch nicht unzulässig. Denn der Klägerin war hinsichtlich dieser Frist nach § 60 VwGO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie war auch unter Zurechnung des Verhaltens ihres Prozessbevollmächtigten nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO ohne Verschulden gehindert, die einjährige Klagefrist einzuhalten. Es kann weder der Klägerin selbst noch ihrem Bevollmächtigten als Verstoß gegen die ihnen zumutbare Sorgfalt bei der Rechtsverfolgung vorgeworfen werden, dass sie die Klage gegen das Gesamtergebnis ihrer Abiturprüfung nicht bereits innerhalb eines Jahres nach der Bekanntgabe dieses Ergebnisses erhoben haben. Denn der Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 27.09.2012 beim Regierungspräsidium Freiburg gegen das „Abiturzeugnis“ Widerspruch eingelegt und dabei ausdrücklich auf die - aus seiner Sicht bestehende - Rechtsunsicherheit hingewiesen, ob der Ausschluss des Widerspruchsverfahrens nach § 15 AGVwGO auch auf die Abiturprüfung zu beziehen sei oder ob es sich insoweit um eine berufsbezogene Prüfung handele, für die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AGVwGO nach wie vor ein Widerspruchsverfahren durchzuführen sei. Diese offen gelegte Rechtsunsicherheit führt hier deshalb dazu, dass der letztlich gegebene und regelmäßig irrelevante Rechtsirrtum ausnahmsweise entschuldigt ist, weil das Regierungspräsidium Freiburg auf diesen Hinweis in keiner Weise mit dem Einwand einer tatsächlich gegebenen Unzulässigkeit des Widerspruchsverfahrens reagiert und die Klägerin auf ein mögliches Klageverfahren verwiesen hatte. Vielmehr wurde das Widerspruchsverfahren - entsprechend der in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumten eigenen Unkenntnis von der Regelung des § 15 Abs. 1 AGVwGO - ohne jegliche Zulässigkeitsbedenken inhaltlich betrieben. So wurden die - nach einer Bitte um Vorlage einer „Widerspruchsbegründung“ - vom Bevollmächtigten der Klägerin erhobenen Einwendungen an den Drittkorrektor der schriftlichen Prüfungsleistung der Klägerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zur Überprüfung und Stellungnahme weitergeleitet. Auch wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin unter dem 27.06.2013 mitgeteilt, dass man auf der Grundlage des Überdenkens der Einwendungen durch den Drittkorrektor keinen Rechtsfehler erkenne, und den Widerspruch deshalb zurückweisen werde. Dieses Verhalten, das die Zulässigkeit des Widerspruchs der Klägerin in keiner Weise in Frage gestellt hatte, hatte zur Folge, dass der Bevollmächtigte der Klägerin auf die Zulässigkeit des eingelegten Widerspruchs vertrauen und von einer vorsorglichen parallelen Klageerhebung absehen durfte. |
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| Als der entschuldbare Irrtum des Kläger-Bevollmächtigten zur Statthaftigkeit seines Widerspruchs durch den Hinweis des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung entfallen war, hatte der Bevollmächtigte der Klägerin - wenn auch in der Annahme einer Fallgestaltung nach § 75 Satz 1 VwGO - die versäumte Klage bereits erhoben, sodass die Frist für die Nachholung der während der regulären Klagefrist versäumten Prozesshandlung bei Wegfall des Hindernisses eingehalten worden war. |
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| 4) Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Klage gegen das Gesamtergebnis der Abiturprüfung ergibt sich daraus, dass sich dieses Gesamtergebnis um 1/10 verbesserte, wenn die geforderte Neubewertung der schriftlichen Prüfungsarbeit im Fach Deutsch zu einer Bewertung mit 12 Punkten statt - wie bisher - mit neun Punkten führen würde (hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.09.1989 - 9 S 735/89 -, DVBl 1990, 533, 534). Diese mögliche Verbesserung ihrer Durchschnittsnote in der Abiturprüfung von 1,5 auf 1,4 hat für die Klägerin auch eine unmittelbare rechtliche Relevanz, weil sie - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer dargelegt hatte - ins Auge fasst, das bisherige Studium der Psychologie an der Universität xxx abzubrechen und sich auf einen Studienplatz im Fach Medizin zu bewerben. Unerheblich ist, ob ein zur begehrten Neubewertung verpflichteter Prüfer statt der bisherigen Note tatsächlich mindestens 12 Punkte vergeben würde. Denn die Klägerin wendet sich nicht nur gegen die Unterschreitung des durch die Erst- und Zweitkorrektur vorgegebenen Rahmens, der zwischen 14 Punkten und 10 Punkten liegt, sondern sie macht hinsichtlich der Drittkorrektur auch inhaltliche Einwendungen geltend. Damit ist es nicht bereits nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass bei einer Neubewertung der untere Rand des Notenrahmens überschritten und eine höhere Punktzahl als zehn Punkte festgesetzt wird. |
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| Lässt sich das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin bereits über die gegebene Möglichkeit begründen, dass sich die Durchschnittsnote ihres Abiturs um 1/10 erhöht, kann dahin gestellt bleiben, ob der für das Rechtsschutzbedürfnis notwendige „vernünftige Zweck“ einer Klage auf Verbesserung einer Prüfungsbewertung (BVerwG, Beschl. v. 03.12.1979 - 7 B 196/79 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr 123) auch darin gesehen werden kann, dass eine Anhebung der im Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife ausgewiesenen Note in der schriftlichen Prüfungsleistung im Fach Deutsch von bislang neun Punkten auf eine Note im Bereich von zehn bis 14 Punkten zu einer Verbesserung der Situation der Klägerin bei zukünftigen Bewerbungen führen könnte. |
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| Die Klage ist auch begründet. |
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| Die Feststellung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses über das Gesamtergebnis der Abiturprüfung der Klägerin mit der Note 1,5 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass ihre schriftliche Prüfungsarbeit im Fach Deutsch erneut bewertet und sie aufgrund dieser Bewertung nochmals über das Gesamtergebnis ihrer Abiturprüfung beschieden wird (§ 113 Abs. 5 VwGO). |
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| Die Feststellung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses für die Abiturprüfung an der xxx - Freie Waldorfschule - xxx im Schuljahr 2011/2012 über die Gesamtnote der Abiturprüfung der Klägerin findet ihre Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 1 WaldorfAbiPV 2002. Hiernach ermittelt der Vorsitzende des Prüfungsausschusses im Anschluss an die mündliche Prüfung das Ergebnis der Abiturprüfung (Gesamtqualifikation) und ermittelt aus dieser nach der als Anlage beigefügten Tabelle die Gesamtnote. Diese Gesamtqualifikation besteht nach § 7 Abs. 2 WaldorfAbiPV 2002 aus der Summe der in den acht Prüfungsfächern erreichten Punkte, die, je nachdem wie die Prüfungsleistung erbracht worden ist, mit unterschiedlichen Faktoren zu multiplizieren sind. |
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| Die hier mit 684 Punkten rechnerisch einwandfreie Ermittlung des Gesamtergebnisses der Prüfungsleistungen der Klägerin ist deshalb rechtswidrig, weil sie für das Fach Deutsch auf der Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistung der Klägerin durch den Drittprüfer xxx mit neun Punkten beruht. Denn diese Bewertung ist mit den für das Abitur maßgeblichen Vorschriften nicht vereinbar, sodass der Klägerin ein Anspruch auf eine erneute Bewertung dieser Leistung zusteht. |
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| 1. Allerdings war der Drittprüfer für die Festsetzung der Benotung der schriftlichen Prüfungsleistung der Klägerin im Fach Deutsch nach § 6 Satz 1 WaldorfAbiPV (2002) i.v.m. § 21 Abs. 5 Satz 3 NGVO zuständig. Nach dieser Regelung setzt ein Beauftragter der oberen Schulaufsichtsbehörde die endgültige Bewertung für die schriftliche Arbeit in einer Abiturprüfung fest, wenn die von ihm zunächst zu überprüfenden Bewertungen der als Erstkorrektor eingesetzten Fachlehrkraft des Schülers und einer als Zweitkorrektor bestimmten Fachlehrkraft eines anderen Gymnasiums um mehr als zwei Punkte voneinander abweichen. |
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| Diese Voraussetzungen waren hier gegeben, nachdem die Fachlehrerin der Klägerin die schriftliche Prüfungsleistung mit 14 und die eingesetzte Zweitkorrektorin die dieselbe Arbeit mit 10 Punkten bewertet hatte. Auch war der Endkorrektor xxx als „Beauftragter der oberen Schulaufsichtsbehörde“ tätig. Zwar war er nicht unmittelbar durch das Regierungspräsidium mit der Überprüfung der Klausur der Klägerin beauftragt worden, sondern entsprechend Ziffer 4.10 der Regelung in dem Abiturerlass des Regierungspräsidiums Freiburg vom 31.01.2012 durch die Schulleitung. Diese Subdelegation der Beauftragung einzelner Fachlehrkräfte mit der Drittkorrektur auf die Schulleitungen begegnet jedoch keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet den - für die Bestimmung eines konkreten Prüfers stets notwendigen (hierzu näher Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 362 m.w.N.) - sachlichen Grund in der größeren Nähe der Schulleitungen zur jeweils aktuellen Personalsituation und den zeitlichen und sonstigen Belastungen, denen die einzelnen Fachlehrkräfte insgesamt ausgesetzt sein können. Auch ist die Subdelegation in ihren sachlichen Kriterien dadurch hinreichend bestimmt, dass die Bestimmung der Endbeurteiler an die Merkmale der fachlichen Eignung und der ausreichenden Abiturerfahrung im betreffenden Fach gebunden ist. |
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| 2. Es kann offen bleiben, ob der Rechtmäßigkeit der Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistung der Klägerin im Fach Deutsch durch den Drittkorrektor xxx bereits die Einwände der Klägerin und ihres Bevollmächtigten entgegenstehen, die diese inhaltlich gegen die Korrektur der Arbeit als solche erheben. Denn diese Bewertung ist jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil der Drittprüfer bei dieser - rechtsfehlerhaft - den Rahmen unterschritten hat, der durch die Noten der Erst- und der Zweitkorrektorin der Prüfungsleistung gebildet wird. |
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| a) Nach § 21 Abs. 5 Satz 3 NGVO darf der Beauftragte der oberen Schulaufsichtsbehörde bei der endgültigen Festsetzung der Bewertung für die schriftliche Prüfung die von der Fachlehrkraft des Schülers und von der als Zweitkorrektor tätig gewordenen Fachlehrkraft eines anderen Gymnasiums vorgenommenen Bewertungen „in der Regel“ nicht über- oder unterschreiten. Da diese Bindung des Endbeurteilers nach der Formulierung des § 21 Abs. 5 Satz 3 letzter Halbsatz NGVO für den „Regelfall“ festgeschrieben ist, setzt ein Über- oder Unterschreiten der Bewertungen der Arbeit durch die Erst- und Zweitkorrektoren nach allgemeinen Grundsätzen der Normauslegung das Vorliegen eines atypischen Ausnahmefalls voraus, in dem die für die Grundregel der Bindung maßgeblichen Annahmen des Verordnungsgebers ausnahmsweise nicht zum Tragen kommen, weil die für den Ausnahmefall sprechenden Gesichtspunkte so gewichtig sind, dass sie die für den Regelfall angeordnete Rechtsfolge insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Prüfungsgerechtigkeit nachhaltig in Frage stellen. |
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| Mit der Regelung zum Einsatz eines Endbeurteilers in § 21 Abs. 5 Satz 3 knüpft der Verordnungsgeber an das in § 21 Abs. 5 Satz 1 NGVO ausgestaltete Zwei-Prüfer-Prinzip an, welches den prüfungsrechtlichen Normalfall darstellt und über das die Schwierigkeiten der Überprüfbarkeit von grundrechtsrelevanten Prüfungsentscheidungen verfahrensrechtlich kompensiert werden sollen (hierzu Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 547). Während der Verordnungsgeber bei gleichen Bewertungen der Arbeit durch den Erst- und den Zweitprüfer sowie bei geringen Bewertungsdifferenzen davon ausgehen konnte, dass beide Bewertungen die Qualität der Prüfungsleistung derart zutreffend ausdrücken, dass das Gesamtergebnis der Bewertung über ein arithmetisches Rechen- und Rundungsverfahren gebildet werden kann, konnte er bei größeren Bewertungsdifferenzen von mehr als zwei Punkten sachgerecht von dem Prinzip der arithmetischen Mittelung der Einzelbewertungen abweichen und eine weitere Bewertung anordnen, deren Ergebnis dann den Ausschlag geben soll (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 15.12.1987 - BVerwG 7 B 216.87 -, NVwZ 1988, 437). Über die hierbei für den Regelfall angeordnete Bindung des Drittprüfers an den durch die Erst- und Zweitbewertung der Arbeit gebildeten Rahmen gibt er dieser Bewertung das Gepräge eines „schiedsrichterlichen Ausgleichs“ zwischen den bereits bestehenden Bewertungen der Arbeit durch die Vorprüfer. Damit trägt er zum einen dem Umstand Rechnung, dass auch größere Differenzen zwischen den Einzelbewertungen nicht zwingend bedeuten, dass der Erst- und/oder der Zweitkorrektor seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Zum anderen kompensiert er mit dieser Bindung, dass auch der Drittprüfer bei seiner endgültigen Korrektur den ihm eingeräumten Bewertungsspielraum - wie jeder Prüfer - zumindest teilweise subjektiv ausübt. Denn dieses jeder Beurteilung immanente subjektive Moment kann - wie sich im Grundsatz des Zwei-Prüfer-Prinzips zeigt - regelmäßig über die die Bewertung einer Prüfungsleistung durch mehrere Prüfer abgeschwächt werden. |
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| b) Von diesem normativen Konzept ausgehend, kann die Begrenzung des Bewertungsspielraums durch die Einzelbewertungen des Erst- und des Zweitprüfers nur dann nicht mehr gegeben sein, wenn diese Vorbewertungen ihrerseits - atypischerweise - rechtswidrig sind und in einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren aufgehoben werden müssten. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Bewertung, die über- oder unterschritten werden soll, einen justiziablen Fehler aufweist, der auf das Prüfungsergebnis einschließlich der Prüfungsnote von Einfluss gewesen sein kann. Ein solcher Fehler kann sich zugunsten wie zulasten des Prüflings daraus ergeben, dass eine vertretbare, mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch bewertet wurde, der Prüfer die objektivierbaren Grenzen des Bewertungsspielraums nicht eingehalten hat, weil er bei seiner Wertung von falschen Tatsachen ausgegangen ist oder er ihr sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt hat oder aber der Prüfer objektiv festgelegte Bewertungsmaßstäbe (wie etwa eine vorgegebene Punkteverteilung zu einzelnen Aufgaben) nicht beachtet hat (zu diesen Maßstäben vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 -, BVerfGE 84, 34). Erforderlich ist zusätzlich, dass der Drittkorrektor bei verständiger Würdigung der tragenden Gründe des Vorprüfers für seine Bewertung davon ausgehen muss, dass der festgestellte Korrekturfehler für diese im Ergebnis von Bedeutung war. |
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| Liegen derartige Fehler der Bewertung nicht vor, sondern kommt der Drittprüfer allein zu dem Ergebnis, dass diese aus seiner Sicht nicht (mehr) angemessen ist, kann die Begrenzungswirkung nicht entfallen. Denn mit ihr möchte der Verordnungsgeber gerade der Problematik entgegenwirken, dass der Prüfling bei der alleinigen Maßgeblichkeit der Entscheidung des Drittprüfers in einem höheren Maße der Subjektivität seiner Wertungen ausgesetzt ist, als dies bei der Maßgeblichkeit zweier Einzelbewertungen der Fall wäre. Würde die Begrenzung allein deshalb entfallen, weil der Drittkorrektor aufgrund seiner eigenen subjektiven Bewertung der Arbeit zu einer Note käme, die außerhalb des Rahmens liegt, die durch die Bewertung der Erst- und Zweitkorrektoren gebildet wurde, so würde gerade die Notenkonstellation zu einem Wegfall der Begrenzung führen, die nach dem Willen des Verordnungsgebers begrenzt werden soll. Da es ferner dem von der Norm vorgesehenen Regelfall entspricht, dass die Noten des Erst- und des Zweitkorrektors um mehr als zwei Punkte differieren, kann auch nicht bereits aus der großen Differenz zwischen den Bewertungen des Erst- und des Zweitkorrektors geschlossen werden, dass der Prüfer, dessen Beurteilung als untere oder obere Grenze der Drittbeurteilung entfallen soll, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum in einer auch unter dem Gesichtspunkt der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit nicht mehr hinnehmbaren Weise ausgeübt hat. Sofern der Drittkorrektor in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass sein subjektivierter Bewertungsmaßstab in Bezug auf die landesweit an die Prüfung angelegten Anforderungen deshalb eine höhere Verlässlichkeit mit sich bringt als die Bewertungen der Erst- und Zweitkorrektoren, weil er selbst nicht nur ebenfalls als Erst- und Zweitkorrektor tätig war, sondern er zudem als Drittkorrektor den Überblick über die Bewertungen weiterer drei Kurse erhalten hat, mag dies auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Es ändert jedoch nichts an der normativen Konzeption, nach der er bei der Ausübung seines eigenen Beurteilungsspielraums durch die Festlegungen der Vorprüfer begrenzt sein soll, soweit diese nicht einen der oben genannten Fehler enthalten. Die „höhere Verlässlichkeit“ seines Beurteilungsmaßstabs macht die gegebenen Erst- und Zweitkorrekturen hingegen für sich noch nicht rechtswidrig. |
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| Unabhängig von der normativen Konzeption steht der Möglichkeit, dass ein Drittprüfer die ihm auferlegte Begrenzung seines Beurteilungsspielraums aufgrund einer eigenen Wertungsentscheidung außer Kraft setzt, auch entgegen, dass der für die konkrete Prüfungsarbeit bejahte Grund für das Entfallen der Bindungswirkung weder durch den Prüfling selbst noch durch ein von ihm angerufenes Gericht im Rahmen eines Rechtsschutzverfahrens auf seine Berechtigung hin geprüft werden könnte. Dies ist jedoch schon deshalb notwendig, weil die Möglichkeit des Abweichens von dem vorgegebenen Notenrahmen das Vorliegen eines „atypischen Falles“ der Vorkorrektur voraussetzt, und der Verordnungsgeber diese damit an ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal anknüpft. Die Notwendigkeit einer vollen gerichtlichen Kontrolle ist zudem aus den Grundsätzen des Vorbehalts des Gesetzes und der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren abzuleiten. Denn auch wenn im Prüfungsrecht einzelne Funktionsträger wie etwa die Prüfungsausschüsse oder auch einzelne Prüfer durch die Prüfungsordnungen ermächtigt werden können, im Prüfungsverfahren einzelfallbezogene Regelungen zu treffen (hierzu ausführlich Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 19 ff), so ist immer dort, wo durch eine solche Entscheidung in Rechte eines Prüflings, wie etwa in das Recht auf Einhaltung der Chancengleichheit eingegriffen werden kann, von dem aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitenden Grundsatz der vollen tatsächlichen wirksamen Kontrolle auszugehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.08.1996 - 6 C 3/95 -, DVBl 1996, 1381, 1384; Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 889). Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn es wird dem Drittprüfer bei der (regelwidrigen) Abweichung von dem durch die Bewertungen der Vorprüfer gebildeten Bewertungsrahmen ermöglicht, die Arbeit des Prüflings schlechter zu bewerten als dies bei der Bindung an die Vorbewertungen der Fall wäre. |
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| Liegt hiernach gemäß § 21 Abs. 5 Satz 3 NGVO ein zum Wegfall des Bewertungsrahmens führender atypischer Fall nur dann vor, wenn die Bewertungen der Vorprüfer an einem rechtlich relevanten Fehler leiden und - ohne die Drittkorrektur - im Falle einer gerichtlichen Überprüfung aufzuheben wären, so kann diese Regelung inhaltlich nicht durch die „Arbeitsanweisung des Regierungspräsidiums Freiburg für die Endbeurteilung“ abgeändert werden. Zwar lässt diese Arbeitsanweisung ein Abweichen von dem durch die Vorkorrekturen bestimmten Bewertungsrahmen auch dann zu, wenn der Endbeurteiler feststellt, dass die Punkteverteilung in der Erst- und der Zweitkorrektur „nicht akzeptiert werden kann“. Dies legt ein Verständnis nahe, nach dem der Drittkorrektor - im Interesse einer gleichmäßigen Bewertung der landesweit gestellten Abituraufgaben - auch Unterschiede ausgleichen können soll, die etwa durch die unterschiedlichen Erwartungen und Schwerpunktsetzungen einzelner Prüfer bei der Erst- und Zweitkorrektur auftreten können. Allerdings sind sowohl die Arbeitsanweisung des Regierungspräsidiums Freiburg als auch die entsprechenden Arbeitsanweisungen der übrigen Regierungspräsidien rein verwaltungsinterne Vorschriften, die sich in ihrer Bedeutung darauf beschränken, den Endbeurteilern Hilfestellungen dafür zu geben, wann und wie sie eine den Regelungen der Abiturprüfungsordnung für Gymnasien in Normalform entsprechende rechtmäßige Drittkorrektur durchführen müssen. Bezogen auf die Frage der entfallenden Bindung an den durch die Erst- und Zweitkorrektur vorgegebenen Bewertungsrahmen stellen die Hinweise der Arbeitsanweisung lediglich die Rechtsauffassung des Regierungspräsidiums zum Vorliegen eines vom Regelfall abweichenden atypischen Ausnahmefalls nach § 21 Abs. 5 Satz 3 NGVO dar. Als unbestimmter Rechtsbegriff unterliegt die Bestimmung dieses atypischen Ausnahmefalls jedoch allein der gerichtlichen Entscheidung, ohne dass hierbei eine Bindung an die Rechtsauffassung der Behörden oder der übrigen Beteiligten bestünde. |
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| c) Kommt es nach all dem für die Möglichkeit des Drittkorrektors zur Abweichung von dem durch die Erst- und Zweitkorrektoren gebildeten Bewertungsrahmen darauf an, ob die zu über- oder zu unterschreitende Bewertung dieser Vorprüfer an einem rechtlich relevanten Beurteilungsfehler leidet, so war der Endbeurteiler der schriftlichen Prüfungsleistung der Klägerin im Fach Deutsch, xxx, an der Unterschreitung der insoweit maßgeblichen schlechteren Bewertung der Arbeit, wie sie durch die Zweitkorrektorin xxx vorgenommen worden war, gehindert. Denn diese Korrektur weist für sich keinen rechtlich relevanten Beurteilungsmangel auf. |
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| aa) Ein - zur Rechtswidrigkeit der Zweitkorrektur führender - Beurteilungsfehler kann - entgegen der Einschätzung des Drittkorrektors - nicht darin gesehen werden, dass die Zweitkorrektorin insoweit gegen die „Beurteilungs- und Korrekturrichtlinien des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg für die Abiturprüfung an den allgemein bildenden Gymnasien, gültig für die Abiturprüfung 2012“ (Az. 36-6615.31/530/1) verstoßen hat, als sie - entgegen der dortigen Anweisung zu Nr. 1.1. 2. Absatz - nicht sämtliche Fehler mit Korrekturzeichen gekennzeichnet hat, die von der Erstbeurteilerin übersehen wurden. Zwar hatten sich die Erst- und die Zweitkorrektorin darauf beschränkt, einige sprachlich-formale Mängel der Arbeit, wie etwa Rechtschreib-, Zeichensetzungs- und Satzbaufehler zu kennzeichnen, sodass sich der Drittkorrektor - in Einklang mit den Korrekturrichtlinien - veranlasst gesehen hatte, in einer Vielzahl von Fällen auch Mängel inhaltlicher Art (wie etwa fehlende oder falsche Begründungen und Belegstellen) mit den entsprechenden Korrekturzeichen kenntlich zu machen. Zudem waren selbst die Kennzeichnungen der sprachlich-formalen Mängel der Arbeit nach der Erst- und der Zweitkorrektur unvollständig geblieben, so dass der Drittkorrektor auch hier in einigen Fällen entsprechende Korrekturzeichen nachtragen musste. Aus den genannten Unterlassungen ergibt sich jedoch deshalb kein relevanter Beurteilungsfehler der Zweitkorrektorin, weil bei einer entsprechend verständigen Würdigung der - auch nach den Beurteilungs- und Korrekturrichtlinien maßgeblichen - schriftlichen Begründung der vergebenen Note nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Zweitkorrektorin bei ihrer Bewertung der Leistung der Arbeit der Klägerin in relevanter Weise von einem - hinsichtlich ihrer sprachlich-formalen sowie argumentativ-inhaltlichen Leistungen - falschen Sachverhalt ausgegangen ist. |
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| So ist zunächst hinsichtlich der sprachlich-formalen Mängel, von denen der Drittkorrektor schreibt, dass „sie den Gesamteindruck der Arbeit ein wenig trüben“, festzustellen, dass sie zu einem beachtlichen Teil Wiederholungsfehler betreffen, wenn jeweils viermal die Großschreibung des Wortes „beide“ oder aber die Kommasetzung vor und nach einem in Anführungsstriche gesetzten Zitat gerügt wird. Insgesamt steht damit den vom Drittkorrektor ergänzten Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehlern eine vergleichbare Menge von etwas mehr als zehn entsprechenden Fehlern gegenüber, die bereits durch die Vorkorrektorinnen deutlich gemacht worden sind. Da zudem der Großteil der Zeichensetzungsfehler im Zusammenhang mit missglückten Satzkonstruktionen steht, auf die die Zweitkorrektorin in ihrer Begründung zur vergebenen Note dadurch Bezug nimmt, dass sie der „insgesamt noch guten Arbeit“ „wenige Unsicherheiten im Satzbau“ attestiert, kann ausgeschlossen werden, dass die Zweitkorrektorin bei der Bewertung ihrer Arbeit das tatsächliche Ausmaß der sprachlich-formalen Mängel in relevanter Weise zugunsten der Klägerin verkannt hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Zweitkorrektorin die - vom Drittkorrektor gekennzeichneten - Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler ungeachtet der fehlenden Vermerke am Korrekturrand tatsächlich in ihre Bewertung aufgenommen hat und den möglicherweise versehentlich übersehenen Fehlern im Gesamteindruck der Arbeit kein zusätzliches Gewicht eingeräumt hätte. Dies wird durch die Beurteilungs- und Korrekturrichtlinien des Kultusministeriums zu Punkt 1.2 bestätigt, nach denen bei der Bewertung der Leistung zwar auch die sprachliche Richtigkeit mit den Gesichtspunkten der Interpunktion und Orthographie von Bedeutung sind, diese jedoch nur bei - hier selbst nach der Einschätzung des Drittkorrektors nicht vorliegenden - „schwerwiegenden Verstößen“ zu einem Abzug von Notenpunkten führen sollen. |
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| Soweit der Drittkorrektor in seiner Bewertung der Arbeit weiter darauf verweist, dass die Klägerin die korrekte Fachterminologie dadurch missachte, dass sie Strophen durchgängig mit „Abschnitten“ und Verse teilweise mit „Zeilen“ bezeichne, kann aus den in diesem Zusammenhang vielfach ergänzten Korrekturzeichen für den falschen Ausdruck („A“) nicht darauf geschlossen werden, dass der Zweitkorrektorin dieser - nach den Beurteilungs- und Korrekturrichtlinien als regelmäßig beachtlich angesehene - Fehler verborgen geblieben ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass sie den Ausdrucksfehler der Falschbezeichnung der Strophe mit „Abschnitt“ an der ersten relevanten Textstelle mit dem vorgesehenen Korrekturzeichen als Fehler markiert und dann offensichtlich nur noch darauf verzichtet hatte, die vielfachen und jeweils deutlich erkennbaren Wiederholungen der terminologisch inkorrekten Bezeichnung erneut durch Korrekturzeichen hervorzuheben. |
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| bb) Soweit sich die ergänzende Korrektur der Arbeit durch den Drittkorrektor schließlich auf Korrekturzeichen bezieht, mit denen nach den Vorgaben der Nr. 2 der Beurteilungs- und Korrekturrichtlinien des Kultusministeriums „Mängel inhaltlicher Art“ zu kennzeichnen sind, sind die - aus der Sicht des Drittkorrektors - auch nach der Zweitkorrektur unterbliebenen Korrekturzeichen auf inhaltliche und logische Mängel sowie auf unzureichende oder fehlende Begründungen oder fehlerhafte oder fehlende Belege für einen Gedanken bezogen. Da diese Aspekte im Wesentlichen auch die Aspekte des Inhalts der Arbeit einschließlich ihrer sprachlichen Gestaltung betreffen, die die Zweitkorrektorin in der zusammenfassenden Begründung ihrer Note ausdrücklich aufgegriffen und abgewogen hatte, muss bei verständiger Würdigung davon ausgegangen werden, dass sie die entsprechenden Fehler weder im einzelnen noch in ihrer Gesamtheit übersehen, sondern allein darauf verzichtet hat, diese im Detail an den entsprechenden Passagen der Bearbeitung kenntlich zu machen. |
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| Sofern der Drittkorrektor - verallgemeinernd auf die Korrektur des gesamten Deutschkurses der Klägerin - darlegt, dass die fehlenden Korrekturzeichen jedenfalls ein Indiz dafür bilden, dass Fehler übersehen und deshalb in der Gesamtbewertung der Arbeit nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, steht dem bereits entgegen, dass seine eigene Bewertung der Arbeit der Klägerin mit neun Punkten die Bewertung der Zweitkorrektorin nur um einen Notenpunkt unterschreitet und sich damit in einem Bereich hält, der ohne weiteres mit der unterschiedlichen Gewichtung der - auch von der Zweitkorrektorin erkannten - Fehler etwa bei der Verwendung der Fachsprache der Gedichtinterpretation zu begründen ist. |
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| d) Schließlich kann die Möglichkeit des Drittkorrektors, von dem durch die Erst- und Zweitkorrektur gebildeten Bewertungsrahmen abzuweichen - entgegen der Auffassung des Beklagten - auch nicht aus der Regelung des § 21 Abs. 5 Satz 4 NGVO abgeleitet werden, die in ihrem letzten Halbsatz die Möglichkeit einer Überprüfung einer schriftlichen Arbeit „in entsprechender Anwendung von Satz 3“ voraussetzt. |
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| aa) Die mit der „entsprechenden Anwendung von Satz 3“ ermöglichte eigenständige Bewertung einer Arbeit durch einen Drittprüfer ist schon vom Wortlaut allein auf die in Satz 4 des § 21 Abs. 5 NGVO direkt geregelten Fälle bezogen, in denen die Bewertungen der Arbeit durch den Erst- und den Zweitkorrektor um zwei oder einen Punkt differieren. Denkbar wäre allenfalls eine - ergänzende - Erstreckung der Anwendung auf den - hier nicht gegebenen - Fall, dass Erst- und die Zweitkorrektur identische Noten ergeben haben. |
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| Eine „entsprechende Anwendung von Satz 3“ auch auf die - hier gegebene - Situation der eigenständigen Endbeurteilung von Prüfungsarbeiten, deren Erst- und Zweitkorrektur um mehr als zwei Punkte differieren, scheidet hingegen aus. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass der Satz 3 des § 21 Abs. 5 NGVO, der „entsprechend anwendbar“ sein soll, gerade diese Situation unmittelbar regelt. Damit fehlt es für die Nachkorrektur einer Prüfungsleistung, deren Erst- und Zweitkorrektur im Ergebnis um mehr als zwei Punkte differieren, an der für die „entsprechende Anwendung“ einer Norm notwendigen Regelungslücke, die durch die Übertragung einer Regelung zu einem vergleichbaren Fall geschlossen werden soll. Letztlich reagiert der Verordnungsgeber mit der Anordnung der „entsprechenden Anwendung von Satz 3“ in § 21 Abs. 5 Satz 4 NGVO auf die Situation, dass die Ermittlung der Note in dieser Regelung grundsätzlich allein aufgrund einer arithmetischen Berücksichtigung der Ergebnisse der Erst- und Zweitkorrektur erfolgt, ohne dass diese Korrekturen durch den mit dieser Ermittlung beauftragten Drittkorrektor auf ihre inhaltliche Tragfähigkeit hin überprüft würden. Eine solche Situation, dass die Ergebnisse der Erst- und der Zweitkorrektur unbesehen zur Ermittlung des Ergebnisses der Prüfung herangezogen werden, ist jedoch in dem Fall der Endkorrektur einer Arbeit, in der die Ergebnisse der Erst- und Zweitkorrektur um mehr als zwei Punkte differieren, gerade nicht gegeben, weil hier die Nachprüfung der Bewertung des Erst- und des Zweitkorrektors als Vorstufe zu einer eigenständigen Festsetzung der Note durch den Drittkorrektor ausdrücklich bestimmt ist. |
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| Soll über die entsprechende Anwendung von Satz 3 erreicht werden, dass der Drittprüfer die Grundlagen der rechnerischen Ermittlung einer Endnote überprüfen kann, so ist damit gleichzeitig verbunden, dass er nur dann von der Vorgabe der rechnerischen Berücksichtigung dieser Noten befreit und mit der eigenständigen Korrektur und Notenfestsetzung beauftragt ist, wenn diese Nachprüfung ergibt, dass die Erst- und oder Zweitkorrektur rechtswidrig sind. Denn die Norm des § 21 Abs. 5 Satz 4 NGVO, die über die „entsprechende Anwendung von Satz 3“ ergänzt werden soll, regelt entsprechend dem Grundsatz des Zwei-Prüfer-Prinzips den Fall der rechtmäßigen Bewertungen einer Prüfungsarbeit durch den Erst- und den Zweitkorrektor über die grundsätzliche Anordnung der Bindungswirkung unmittelbar selbst und bedarf deshalb nur insoweit der Ergänzung, als der in Bezug genommene Satz 3 des § 21 Abs. 5 NGVO die dort ebenfalls bestimmte Bindung des Endbeurteilers an die Ergebnisse der Erst- und Zweitkorrektur für die atypischen Fälle der rechtswidrigen Vorbeurteilungen für nicht mehr gegeben hält. |
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| bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann ferner aus der in § 21 Abs. 5 Satz 4 NGVO vorausgesetzten Möglichkeit einer Abweichung von der dort bestimmten Regelung zur rechnerischen Notenermittlung auch nicht abgeleitet werden, dass es -über die ausdrücklichen Regelungen in § 21 Abs. 5 NGVO zur Notenbildung hinaus - eine allgemeine Freiheit oder Pflicht des Drittkorrektors zur unabhängigen Neukorrektur sämtlicher Arbeiten eines Kurses gibt, wenn aufgrund von Stichproben festgestellt wird, dass die „Punkteverteilung des Erst- und Zweitkorrektors nicht akzeptiert werden kann“. Es mag dem Endkorrektor überlassen bleiben, die Erst- und Zweitkorrektur eines ganzen Kurses stichprobenartig oder gar vollständig auch in den Fällen zu überprüfen, in denen dies für die Notenbildung nach § 21 Abs. 5 NGVO nicht unmittelbar vorgeschrieben ist. Er muss jedoch stets die detaillierten und abschließenden Bestimmungen des § 21 Abs. 5 NGVO beachten, die ihn bei der konkreten Ermittlung der Endnote entweder direkt an die Ergebnisse der Erst- und Zweitkorrektur oder - bei Abweichungen zwischen diesen Korrekturen von mehr als zwei Punkten - zumindest an den durch diese Ergebnisse gebildeten Notenrahmen binden und die - in direkter oder entsprechender Anwendung von Satz 3 - eine Abweichung hiervon nur dann zulassen, wenn die Vorkorrekturen justiziable Bewertungsfehler aufweisen. |
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| Hätte der Verordnungsgeber über das abschließende Gefüge des § 21 Abs. 5 NGVO hinaus eine weitgehende Möglichkeit der Abweichung von dem - auch in § 21 Abs. 5 NGVO festgelegten - Grundsatz des Zwei-Prüfer-Prinzips vorsehen wollen, hätte er dies - auch unter dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes - klar und eindeutig regeln und dabei insbesondere auch normative Regelungen zu den Voraussetzungen und Grenzen eines solchen Vorgehens festlegen müssen, die hier jedoch fehlen. |
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| cc) Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich schließlich eine hinreichend klare Regelung zur Nachkorrektur eines ganzen Kurses auch nicht aus der Arbeitsanweisung des als obere Schulaufsichtsbehörde zuständigen Regierungspräsidiums Freiburg für die Endbeurteilung von Abiturarbeiten ableiten. Denn abgesehen davon, dass die durch diese verwaltungsinternen Anweisungen geprägte Prüfungspraxis eine notwendige normative Regelung des Verordnungsgebers nicht ersetzen kann, ist der Erlass in Bezug auf die Ermächtigung zur Nachkorrektur eines ganzen Kurses schon nicht geeignet, eine einheitliche Prüfungspraxis festzulegen. So knüpft er zum einen an die - letztlich zu zufälligen Ergebnissen führende - Überprüfung von Stichproben an. Zum anderen verknüpft er unter Nr. 3 die vollständige Nachkorrektur eines Kurses mit der Einschätzung des Drittprüfers, „ob … die Korrekturrichtlinien eingehalten wurden und die Punkteverteilung akzeptiert werden kann“, während die Hinweise der Regierungspräsidien Stuttgart und Tübingen für die Endbeurteilung von Prüfungsarbeiten davon - zumindest potentiell - abweichend von der Einschätzung abhängig sind, dass bei der Erst- und Zweitkorrektur keine „angemessenen Maßstäbe“ angelegt wurden. Eine deutlich begrenztere Praxis der Nachkorrektur dürfte im Bezirk des Regierungspräsidiums Karlsruhe herrschen, wenn in den dortigen Hinweisen an den Endbeurteiler unter Nr. 7 die freie Nachkorrektur des gesamten Kurses an die „Verwendung einer veralteten Verrechnungstabelle“, „grobe Verstöße gegen die Korrekturrichtlinien“, das „Übersehen fachlich schwerwiegender Fehler“ oder eine „völlig unakzeptable Verteilung der Punkte“ geknüpft wird. Von der fehlenden Einheitlichkeit der Praxis zur freien Nachkorrektur eines ganzen Kurses und der fehlenden normativen Regelung abgesehen, ist die in den Arbeitsanweisungen enthaltene Ermächtigung und Verpflichtung des Drittkorrektors zu einer vollständigen Nachkorrektur des entsprechenden Kurses schließlich auch ungeeignet, von dem in § 21 Abs. 5 NGVO zugrunde gelegten Grundsatz des Zwei-Prüfer-Prinzips abzuweichen. Denn mit den Merkmalen der fehlenden „Angemessenheit“ oder „Akzeptanz“ der von den Erst- und Zweitkorrektoren angelegten Bewertungsmaßstäbe wird die - dem Prüfling potentiell ungünstige - Nachkorrektur von einer Wertung des Drittprüfers abhängig gemacht, die nach dem bereits Dargelegten ihrerseits nicht gerichtlich nachgeprüft werden kann. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Danach sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, soweit sie die Klage zurückgenommen hat. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, soweit streitig entschieden worden und er unterlegen ist. Bei der Verteilung der Kosten und der Festsetzung der Kostenquoten hat die Kammer berücksichtigt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) allein dem durch die Klagerücknahme beendeten Verwaltungsrechtsstreit zuzurechnen und damit ausschließlich von der Klägerin zu tragen sind. Im Übrigen ergibt sich die Kostenquote aus dem Verhältnis der durch die Klagerücknahme und die streitige Entscheidung bestimmten Teile des Verfahrens zueinander. Die Kammer sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO nach Ermessen davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit sich die Kostenentscheidung auf den durch Rücknahme beendeten Verfahrensteil bezieht, bedarf es aufgrund der Unanfechtbarkeit der Verfahrenseinstellung zumindest in Bezug auf die ausscheidbaren außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) keiner Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit mehr (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.2005 - 3 C 50/04 -, NJW 2006, 536, 538; weitergehend BVerwG Beschl. v. 07.08.1998 - 4 B 75.98 - NVwZ-RR 1999, 407; VG Freiburg, Urt. v. 18.06.2008 - 1 K 2155/07 -, juris), und für den übrigen Teil ist ein Interesse der Beteiligten an einer Kostenerstattung bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils nicht erkennbar. |
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| Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1 Satz 1; 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Möglichkeit eines Endkorrektors, bei seiner Notenfestlegung in der schriftlichen Abiturprüfung nach § 21 Abs. 5 Satz 3 NGVO von dem Rahmen abzuweichen, der durch die Bewertung des Erst- und des Zweitkorrektors festgelegt wird, betrifft eine Rechtsfrage, deren obergerichtliche Klärung im Interesse der Einheit der Rechtsanwendung im Zentralabitur in Baden-Württemberg geboten ist. |
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| Sofern das Verfahren nach Teilrücknahme der Klage eingestellt und insoweit über die ausscheidbaren Kosten des Beklagten zu 1) entschieden worden ist, ist die Entscheidung unanfechtbar (§§ 92 Abs. 3 Satz 2 analog, 158 Abs. 2 VwGO). Gleiches gilt für die Entscheidung der Kammer, der Klägerin die Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren (vgl. § 60 Abs. 5 VwGO; BVerwG, Beschl. v. 11.11.1987 - 9 B 379.87 -, NJW 1988, 1863). |
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