Verwaltungsgericht Köln Urteil, 28. Okt. 2015 - 10 K 1192/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Beitrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.1984 geborene Klägerin begann im Jahre 2008 beim Erzbischöflichen Berufskolleg Köln, einer schulaufsichtsrechtlich genehmigten Ersatzschule in Trägerschaft des Erzbistums Köln, eine Ausbildung im Fachbereich Sozialwesen (Fachrichtung Sozialpädagogik) mit dem angestrebten Abschluss „Staatlich anerkannte Erzieherin“. Sie absolvierte im Schuljahr 2010/2011 das Berufspraktikum, wurde aber nicht zur fachpraktischen Prüfung zugelassen. Im Schuljahr 2012/2013 wiederholte sie das Berufspraktikum an der Tageseinrichtung für Kinder C. Straße in Köln.
3Das Erzbischöfliche Berufskolleg Köln teilte ihr mit Bescheid vom 21. Juni 2013 ohne nähere Begründung mit, dass sie gemäß § 32 Abs. 2 APO-BK (gemeint: § 32 Abs. 1 Satz 2 Anlage E APO-BK) nicht zur fachpraktischen Prüfung zugelassen sei.
4Die Klägerin erhob dagegen unter dem 4. Juli 2013 Widerspruch und begründete diesen wie folgt: Die ihr vorliegende Leistungsübersicht des Berufskollegs vom 24. Juni 2013 (Beiakte 1, Blatt 104), unterschrieben von der Bildungsgangleiterin, Frau Q. , sei nicht nachvollziehbar. Sie verstehe insbesondere nicht, weshalb Frau X. , die Leiterin der Tageseinrichtung für Kinder, ihre Leistungen mit „ungenügend“ bewertet habe. Frau X. sei nicht ihre Praxisanleiterin gewesen. Ihr Gutachten bestehe fast ausschließlich aus Wertungen. Soweit sie Tatsachen nenne, seien diese unzutreffend. Dies gelte etwa für die Behauptung, sie, die Klägerin, habe bei vier Praxisbesuchen ihre schriftlichen Ausarbeitungen nicht zeitnah abgegeben. Sie, die Klägerin, könne anhand ihrer EDV-Daten nachvollziehen, dass sie die Ausarbeitungen jeweils rechtzeitig abgegeben habe. Das vernichtende Gutachten erkläre sich vermutlich daraus, dass Frau Q. bei ihrem ersten Besuch in der Tageseinrichtung für Kinder Frau X. gegenüber erklärt habe, sie, die Klägerin, habe sich „in die Schule eingeklagt“. Die Leistungsübersicht des Berufskollegs vom 24. Juni 2013 sei auch insoweit nicht nachvollziehbar, als eine weitere, ebenfalls von Frau Q. unterschriebene Leistungsübersicht existiere (vgl. Beiakte 1, Blatt 97), die andere Noten ausweise. Eine Zulassung zur fachpraktischen Prüfung sei auf der Grundlage dieser Übersicht möglich und geboten.
5Frau Q. habe entgegen der üblichen Handhabung alle fünf Praxisbesuche bewertet. Hätte sie nur die vier besten Noten in die Bewertung einbezogen, wäre das Gesamtergebnis besser gewesen. Frau Q. habe außerdem nicht die positive Tendenz aus dem letzten Besuch berücksichtigt.
6Die Einzelbenotung ihrer sonstigen Leistungen sei mangels entsprechender Dokumentation nicht nachvollziehbar.
7Die Klägerin hat am 26. Februar 2014 Untätigkeitsklage erhoben.
8Die Bezirksregierung Köln wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2014 zurück. Sie führte zur Begründung an: Nach § 32 Abs. 1 Satz 2 Anlage E APO-BK werde die Zulassung zur fachpraktischen Prüfung erteilt, wenn die Leistungen während des Berufspraktikums mindestens mit „ausreichend“ bewertet würden. Die Leistungen der Klägerin während des Berufspraktikums seien nicht mit „ausreichend“, sondern mit „mangelhaft“ benotet worden. Dabei seien die Leistungen aus der Fachpraxis (Grundlage: Praxisbesuche, Gutachten aus der Praxis) zu zwei Dritteln und die sonstigen Leistungen (Situationsanalyse, Projekt, themenzentrierte Fachgespräche) zu einem Drittel in die Bewertung einbezogen worden.
9Die Bewertung sei nicht zu beanstanden.
10Dies gelte zunächst für das Praxisgutachten der Frau X. (Beiakte 1, Blatt 106-108). Frau X. habe nachvollziehbar ausgeführt, dass die Klägerin für den Beruf der Erzieherin nicht geeignet sei, weil sowohl ihre fachlich-praktischen Kompetenzen als auch ihre Sozialkompetenz ungenügend seien.
11Auch die Bewertung der Praxisbesuche durch Frau Q. sei rechtsfehlerfrei erfolgt (vgl. zu den Bewertungen im Einzelnen Beiakte 1, Blatt 36-54): Der Klägerin habe in der schriftlichen Planungskompetenz durchgehend die Fähigkeit zur Darstellung und schlüssigen Verknüpfung von Situationen, Zielen, Inhalten und Methoden gefehlt. Ihre Vorlagen seien unvollständig und unstrukturiert gewesen. Auch nach Analyse korrigierter Planungen seien unklare Zielsetzungen und unangemessene Methodenentscheidungen verblieben. Die positive Tendenz aus dem letzten Besuch rechtfertige keine bessere Bewertung.
12Die im Verwaltungsvorgang dokumentierte Bewertung der sonstigen Leistungen sei ebenfalls angemessen (Situationsanalysen vom 31. Oktober 2012 und 20. Februar 2013: Beiakte 1, Blatt 58-59; Projektpräsentation und –reflexion vom 6. Mai 2013: Beiakte 1, Blatt 60; Fachgespräch vom 24. Oktober 2012: Beiakte 1, Blatt 57).
13Die Klägerin hat den Widerspruchsbescheid mit Schriftsatz vom 19. März 2014 in die Klage einbezogen.
14Sie wiederholt und vertieft zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor: Das Berufskolleg habe ihre Gesamtleistung im Berufspraktikum ausweislich der Leistungsübersicht vom 24. Juni 2013 mit 4,56 bewertet und diese Leistung dann auf 5 gerundet. Hierfür gebe es keine Grundlage in der Prüfungsordnung. Die Prüfungsordnung sehe auch die von dem Berufskolleg vorgenommene Gewichtung der Teilleistungen nicht vor. Soweit die Leistungen in der Praxis zur Hälfte auf dem Gutachten der Praxisstelle basierten, sei dies willkürlich. Das Gutachten fließe normalerweise zu einem geringeren Teil in die Bewertung ein. Die Regelung, wonach das Gutachten im Falle der beruflichen Nichteignung mindestens 50 % der Leistungen in der Praxis ausmache, sei ausschließlich auf sie zugeschnitten.
15Die Äußerung von Frau Q. gegenüber Frau X. , sie, die Klägerin, habe sich „in die Schule eingeklagt“, sei unzutreffend. Sie habe lediglich bei den zuständigen Stellen remonstriert, um ihre Ausbildung fortsetzen zu können.
16Die Klägerin beantragt,
17die Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Erzbischöflichen Berufskollegs Köln vom 21. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 13. März 2014 zu verpflichten, sie zur fachpraktischen Prüfung zuzulassen.
18Die Beklagten beantragen jeweils,
19die Klage abzuweisen.
20Der Beklagte zu 1.) hält sich für den richtigen Klagegegner: Ersatzschulen agierten im Bereich des Prüfungs- und Berechtigungswesens gemäß § 100 Abs. 4 SchulG NRW als Beliehene und nähmen hoheitliche Aufgaben wahr. Klagegegner müsse demzufolge der Ersatzschulträger sein.
21Der Beklagte zu 1.) verteidigt in der Sache die angegriffenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Die APO-BK und ihre Anlage E machten zwar keine konkreten Vorgaben für die Bewertung. Sie setzten aber einen verbindlichen Rahmen für ein ausdifferenziertes Leistungsbewertungssystem der Schule. Das Bewertungssystem des Erzbischöflichen Berufskollegs Köln sei in dem Leitfaden „Ausbildung im Dialog – SJ 2012/13“ niedergelegt (Einzelheiten: Beiakte 3, Anlage 2). Das Berufskolleg habe hiermit für den von der Klägerin besuchten Bildungsgang eine sachangemessene schulinterne Konkretisierung vorgenommen. Die Klägerin habe Kenntnis von dem Leitfaden und dem Bewertungssystem gehabt. Berufspraktikanten erhielten den Leitfaden zu Beginn des Berufspraktikums ausgehändigt. Die Inhalte des Leitfadens würden außerdem bereits zum Ende der fachtheoretischen Ausbildung im Vorgriff auf die Praxis in einer zentralen Veranstaltung erörtert. Die von der Klägerin kritisierte „Drittelregelung“ finde sich unter Punkt 3.1 des Leitfadens.
22Frau X. habe zu Recht das Praxisgutachten erstellt. Ihr habe die Leitung der Praxiseinrichtung oblegen. Sie habe mit der alltäglichen Begleitung der Klägerin zwar Praxisanleiter betraut, sich zugleich aber – zumal eines sich problematisch entwickelnden Verhältnisses zwischen der Klägerin und der ersten Praxisanleiterin – selbst sehr eingehend um die Angelegenheit gekümmert. Sie habe sich hinsichtlich der Leistungsbewertung eng mit den Praxisanleitern abgestimmt. Sie sei gegenüber der Klägerin nicht voreingenommen gewesen. Eine Voreingenommenheit sei insbesondere nicht dadurch begründet worden, dass Frau Q. ihr gegenüber bei dem ersten Besuch erwähnt habe, die Klägerin dürfe trotz negativer Entscheidung der Zulassungskonferenz erneut das Berufspraktikum absolvieren. Dieses Vorgehen habe der Transparenz gedient und sei zur Sicherstellung der Beratungskontinuität erforderlich gewesen.
23Die Bewertung der Praxisbesuche durch Frau Q. sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie sei insbesondere nicht verpflichtet gewesen, die positive Tendenz aus dem letzten Besuch stärker zu berücksichtigen. Die positive Tendenz habe nicht den Schluss gerechtfertigt, die Klägerin sei für den angestrebten Beruf grundsätzlich geeignet.
24Der Beklagte zu 2.) hält sich für den richtigen Klagegegner. Er verteidigt ebenfalls die angegriffenen Bescheide. Er betont, das Praxisgutachten müsse nicht jede einzelne Handlungsweise der Klägerin aufführen, sondern Kernkompetenzen zur Überprüfung der beruflichen Eignung beschreiben. Letzteres sei erfolgt.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage hat keinen Erfolg.
27Sie ist, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 2.) richtet, bereits unzulässig. Für eine Klagegegnerschaft des Beklagten zu 2.) nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist nichts ersichtlich. Richtiger Klagegegner nach dieser Vorschrift ist allein der Beklagte zu 1.) als Träger des Erzbischöflichen Berufskollegs Köln, das als Ersatzschule gemäß § 100 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW mit dem Recht beliehen ist, mit gleicher Wirkung wie eine öffentliche Schule Zeugnisse zu erteilen, Abschlüsse zu vergeben und unter Vorsitz eines staatlichen Prüfungsleiters Prüfungen abzuhalten.
28Vgl. Bülter, in: SchulG NRW, § 100 Anm. 4.2 (Stand: September 2012); BayVGH, Beschl. vom 23. Januar 1998 – 7 ZB 97.3430 – juris Rdnr. 5; anders für den Fall einer – hier nicht vorliegenden – organisatorischen Unselbständigkeit der Schule in freier Trägerschaft VG Freiburg (Breisgau), Urt. vom 29. Januar 2014 – 2 K 1132/13 – juris Rdnr. 24 f. („Waldorfschule“).
29Das Gericht merkt vorsorglich an, dass dieses Ergebnis die Befugnisse der staatlichen Schulaufsicht unberührt lässt. Die Schulaufsicht kann etwa verlangen, dass der Ersatzschulträger sie von einem Klageverfahren und dessen Verlauf in Kenntnis setzt, oder durch Weisungen Einfluss auf die Prozessführung nehmen.
30Die Klage ist im Übrigen unbegründet.
31Der Bescheid des Erzbischöflichen Berufskollegs Köln vom 21. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 13. März 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht der geltend gemachte Klageanspruch nicht zu (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
32Sie hat keinen Anspruch auf Zulassung zur fachpraktischen Prüfung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 Anlage E APO-BK. Danach wird die Zulassung erteilt, wenn die Leistungen während des Berufspraktikums mindestens mit „ausreichend“ bewertet wurden.
33Das Erzbischöfliche Berufskolleg Köln hat die Leistungen der Klägerin während des Berufspraktikums ausweislich seiner von der Bildungsgangleiterin, Frau Q. , unterschriebenen Leistungsübersicht vom 24. Juni 2013 mit 4,56 bewertet und hieraus die Gesamtnote „mangelhaft“ gebildet (Beiakte 1, Blatt 104). Die Bildung dieser Gesamtnote ist nicht zu beanstanden.
34Dabei kann offen bleiben, ob die Note „ausreichend“ bis zu einem Schnitt von 4,0 (vgl. Leitfaden „Ausbildung im Dialog, Schuljahr 2012/2013“, Punkt 3.2) oder 4,5 (vgl. von der Klägerin vorgelegte undatierte Leistungsübersicht des Berufskollegs, Beiakte 1, Blatt 97) vergeben werden kann. Denn legt man die Wertung des § 48 Abs. 3 Nr. 4 SchulG NRW zugrunde, wonach die Note „ausreichend“ erteilt werden soll, wenn die Leistung zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht, ist es jedenfalls sachgerecht, den ermittelten Schnitt von 4,56 auf 4,6 zu runden und eine mangelhafte Leistung anzunehmen.
35Die Klägerin kann für sich nichts daraus herleiten, dass ihre „Gesamtleistung im Berufspraktikum“ in der von ihr vorgelegten undatierten Leistungsübersicht des Berufskollegs mit 4,5 angegeben ist. Das Berufskolleg hat die Note für das Berufspraktikum der Klägerin mit dieser Übersicht erkennbar nicht abschließend und verbindlich festgelegt, sondern allenfalls eine vorläufige und überschlägige Einschätzung des Leistungsstandes vorgenommen. Dies ergibt sich nicht nur aus der fehlenden Datierung, sondern auch daraus, dass die Übersicht offenkundige rechnerische Unrichtigkeiten enthält und an weiteren Stellen ungenau, lückenhaft und unstimmig ist. So werden unter A. die Noten der sonstigen Leistungen („4“, „2,75“ und „4“) zu der Summe 8,27 addiert (richtig: 10,75). Diese Summe wird anschließend durch drei geteilt. Als Ergebnis wird 3,58 festgehalten (richtig bei der Summe von 8,27: 2,76). Unter B. sind die Leistungen in der Praxis nicht weiter aufgeschlüsselt. Unter dem Punkt „Gesamtleistung im Berufspraktikum“ sind die Daten des Berechnungsvorgangs nicht eingefügt. Die „Note berufspraktische Leistungen“ wird entgegen den in der Übersicht genannten Notenstufen mit „5“ festgesetzt.
36Das Berufskolleg hat die Leistungen der Klägerin während des Berufspraktikums rechtsfehlerfrei mit 4,56 bewertet.
37Seine Handhabung, die Leistungen aus der Fachpraxis (Grundlage: Praxisbesuche, Gutachten aus der Praxis) zu zwei Dritteln und die sonstigen Leistungen (Situationsanalyse, Projekt, themenzentrierte Fachgespräche) zu einem Drittel in die Bewertung einzubeziehen, ist nicht zu beanstanden. Die Handhabung ist zwar durch § 32 Abs. 1 Anlage E APO-BK oder eine sonstige Norm der Prüfungsordnung nicht zwingend vorgegeben. Sie hält sich aber in dem weiten Rahmen, den der Verordnungsgeber den Schulen hinsichtlich der Ausgestaltung des Bewertungssystems in zulässiger Weise gesetzt hat.
38Der Rahmen wird auch nicht dadurch überschritten, dass das Berufskolleg bei den Leistungen aus der Fachpraxis das Praxisgutachten im Falle der beruflichen Nichteignung mit mindestens 50 % in die Bewertung einbezieht. Der Leiter der Tageseinrichtung für Kinder erlebt den Berufspraktikanten während der gesamten Dauer des Praktikums. Es ist deshalb gerechtfertigt, seiner Einschätzung, was eine berufliche Nichteignung anbetrifft, besonderes Gewicht zukommen zu lassen. Das Vorbringen der Klägerin, das Gutachten fließe normalerweise zu einem geringeren Teil in die Bewertung ein, ist unsubstantiiert. Die Klägerin zeigt keine Beispielsfälle auf, bei denen das Berufskolleg das Gutachten im Falle der beruflichen Nichteignung zu einem geringeren Teil in die Bewertung einbezogen hat.
39Das von der Klägerin angegriffene Praxisgutachten der Leiterin der Tageseinrichtung für Kinder, Frau X. , lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
40Frau X. ist für die Erstellung des Gutachtens zuständig gewesen. Der Beklagte zu 1.) hat die Gründe hierfür in der Klageerwiderung genannt. Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an.
41In der Sache ist die Vergabe der Note „ungenügend“ von dem Beurteilungsspielraum der Leiterin der Tageseinrichtung für Kinder gedeckt.
42Vgl. zu dem Beurteilungsspielraum allgemein etwa OVG NRW, Beschl. vom 30. Oktober 2014 – 19 B 1055/14 – juris Rdnr. 4 ff.
43Frau X. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Leistungen der Klägerin den Anforderungen nicht entsprochen haben und selbst ihre Grundkenntnisse so lückenhaft gewesen sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können. Angesichts des langen Beurteilungszeitraums ist sie nicht gehalten gewesen, sämtliche Einzelheiten zu nennen, an denen sie ihre Wertungen festgemacht hat. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, bestehen nicht. Die Klägerin ist dezidierten Vortrag zu ihrer pauschalen Behauptung schuldig geblieben, sie habe ihre schriftlichen Ausarbeitungen entgegen den Ausführungen in dem Gutachten immer rechtzeitig abgegeben.
44Für eine Besorgnis der Befangenheit aufseiten von Frau X. ist nichts ersichtlich. Das sinngemäße Vorbringen der Klägerin, bei Frau X. sei eine Voreingenommenheit dadurch entstanden, dass Frau Q. ihr gegenüber anlässlich ihres ersten Praxisbesuchs gesagt habe, sie, die Klägerin, habe sich „in die Schule eingeklagt“, erschöpft sich in einer reinen Mutmaßung. Die Klägerin zeigt konkrete Tatsachen, die eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, nicht auf.
45Auch die von der Bildungsgangleiterin des Berufskollegs, Frau Q. , vorgenommene Bewertung der Praxisbesuche mit durchschnittlich 4,1 lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Bildungsgangleiterin hat entgegen der Darstellung der Klägerin und entsprechend der üblichen Handhabung nur die vier besten Praxisbesuche in die Bewertung einbezogen. Hätte sie alle fünf Besuche berücksichtigt, wäre der Schnitt 4,25 gewesen. Sie ist nicht verpflichtet gewesen, die positive Tendenz aus dem letzten Besuch (3,27) stärker zu gewichten.
46Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Bewertung der sonstigen Leistungen mit 3,58. Das Zustandekommen dieser Bewertung ist im Verwaltungsvorgang im Einzelnen dokumentiert. Die Klägerin stellt die Bewertung nicht konkret in Frage.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 28. Okt. 2015 - 10 K 1192/14
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(1) Die Klage ist zu richten
- 1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde, - 2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.
Tenor
Soweit die Klägerin die Klage gegen die Beklagte zu 1) zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Der Beklagte zu 2) wird verpflichtet, die schriftliche Prüfungsarbeit der Klägerin in der Abiturprüfung im Fach Deutsch nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bewerten und sie aufgrund dieser Bewertung erneut über das Gesamtergebnis ihrer Abiturprüfung zu bescheiden.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1). Im Übrigen tragen die Klägerin und der Beklagte zu 2) die Kosten des Verfahrens zu je ½.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Senat prüft nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe. Diese rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, die Antragstellerin im Schuljahr 2014/2015 vorläufig in die Klasse 7 zu versetzen.
3Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zunächst festgestellt, dass die Antragstellerin die besonderen Versetzungsbestimmungen für das Gymnasium in § 27 Nr. 1 der Verordnung über die Ausbildung und die Abschlussprüfungen in der Sekundarstufe I (APO-S I) vom 2. November 2012 (GV. NRW. S. 488) nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift wird eine Schülerin auch dann in die Klassen 7 bis 9 versetzt, wenn die Leistungen in nicht mehr als einem der Fächer Deutsch, Mathematik, erste und zweite Fremdsprache mangelhaft sind und die mangelhafte Leistung durch eine mindestens befriedigende Leistung in einem anderen Fach dieser Fächergruppe ausgeglichen wird. Die Antragstellerin hat im Schuljahr 2013/2014 die Klasse 6 des städtischen Gymnasiums I.---weg -Schule in C. durchlaufen und dabei sowohl in ihrer ersten Fremdsprache Englisch als auch in ihrer zweiten Fremdsprache Französisch jeweils mangelhafte Leistungen erbracht. Nur eine dieser beiden mangelhaften Leistungen kann sie durch ihre befriedigende Leistung im Fach Mathematik ausgleichen. Ihre Versetzung scheitert ausschließlich an der verbleibenden mangelhaften Leistung, weil ihre Leistungen in allen übrigen Fächern mindestens ausreichend sind (§ 27 Nrn. 2 und 3 APO-S I).
4Mit ihrer Beschwerdebegründung greift die Antragstellerin ausschließlich ihre Benotung im Fach Englisch an. Hierzu verweist sie auf die bei ihr fachärztlich diagnostizierte Lese- und Rechtschreibstörung (LRS, ICD-10-WHO F.81.0, www.dimdi.de) und verfolgt ihre erstinstanzliche Rüge weiter, ihr Englischlehrer, Studienrat G. , habe die durch Erlass geregelten Vorgaben für Kinder mit LRS nicht erfüllt.
5Diese Rüge bleibt erfolglos. Sie ist am Maßstab der allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsätze des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums zu beurteilen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung auch auf die schulische Einzelbenotung und die Versetzung anwendet und die auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Danach überschreitet der Fachlehrer seinen prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum, wenn er einen Verfahrensfehler begeht, anzuwendendes Recht verkennt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt oder sonst willkürlich handelt.
6OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 19 B 971/14 ‑, juris, Rdn. 2.
7Hingegen ist es eine dem Prüfer oder Lehrer vorbehaltene, gerichtlich nicht überprüfbare prüfungsspezifische Wertung, welche Noten oder wie viele Punkte er vergibt (sofern die Prüfungsordnung hierfür keine mathematisch exakte Vorgabe macht), wie er den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabenstellung einordnet, wie er verschiedene gestellte Aufgaben untereinander gewichtet, sowie, wie er Stärken und Schwächen in der Bearbeitung und die Bedeutung eines Mangels gewichtet.
8BVerwG, Beschluss vom 16. August 2011 – 6 B 18.11 ‑, juris, Rdn. 16; Beschluss vom 13. Mai 2004 ‑ 6 B 25.04 ‑, NVwZ 2004, 1375, juris, Rdn. 11 m. w. N.
9Nach diesen Maßstäben hat Studienrat G. weder mit der Vergabe der Note „mangelhaft“ im Fach Englisch allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt (1.) noch hat er Verfahrensfehler begangen (2.) oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen (3.).
101. Die Antragstellerin behauptet sinngemäß die Verletzung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe durch Studienrat G. , wenn sie rügt, offensichtlich habe er „die Problematik der LRS überhaupt nicht erkannt“, wie die Korrekturbemerkungen in ihren Klassenarbeiten unterstrichen, die sie in ihrer Beschwerdebegründung zitiert hat. Besondere, speziell auf die LRS bezogene Bewertungsmaßstäbe gelten für die Leistungsfeststellung und –beurteilung bei Schülern der Klassen 3 bis 6, die einer zusätzlichen Fördermaßnahme bedürfen (Nr. 4.1 des Runderlasses „Förderung von Schülerinnen und Schülern bei besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens (LRS)“ vom 19. Juli 1991 (GABl. NRW. I S. 174)). Hiernach werden die Rechtschreibleistungen nicht in die Beurteilung der schriftlichen Arbeiten und Übungen im Fach Deutsch oder in einem anderen Fach mit einbezogen (Satz 4). Außerdem dürfen die Leistungen im Lesen und Rechtschreiben bei Entscheidungen über die Versetzung oder die Vergabe von Abschlüssen nicht den Ausschlag geben (Nr. 4.3). Diese besonderen Bewertungsmaßstäbe entsprechen den zwischenzeitlich ausgesprochenen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK), bei Schülern mit LRS auf eine Bewertung der Lese- und Rechtschreibleistung nicht nur im Fach Deutsch, sondern auch in anderen Fächern und Lernbereichen zu verzichten und bei der Versetzungsentscheidung vorrangig die Gesamtleistung des Schülers zu berücksichtigen.
11Grundsätze zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen, KMK-Beschluss vom 4. Dezember 2003 i. d. F. vom 15. November 2007, S. 3, 4.
12Der Senat kann offen lassen, ob die genannten besonderen, von den §§ 48 und 50 SchulG NRW abweichenden Bewertungsmaßstäbe des LRS-Erlasses für Nordrhein-Westfalen Allgemeingültigkeit beanspruchen können, insbesondere, ob der aus Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG abzuleitende Grundsatz der Chancengleichheit eine Regelung zumindest in einer Rechtsverordnung gebietet (vgl. etwa § 16 Abs. 8 BerlGsVO).
13Zum Parlamentsvorbehalt für Maßnahmen des Notenschutzes BayVGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 7 B 14.22 ‑, juris, Rdn. 18.
14Denn im vorliegenden Fall hat Studienrat G. Nr. 4.1 des LRS-Erlasses nach Aktenlage beachtet, indem er die Rechtschreibleistungen der Antragstellerin bei der Beurteilung ihrer schriftlichen Englischarbeiten unberücksichtigt gelassen hat. Das hat er in seinen Stellungnahmen vom 14. März 2014, vom 13. Juli 2014 und vom 29. September 2014 mitgeteilt und dahin erläutert, er habe die Rechtschreibleistungen der Antragstellerin gleichwohl unter dem Zielaspekt der künftigen Verbesserung dokumentiert und gekennzeichnet.
15Die Antragstellerin stützt ihre Behauptung, Studienrat G. habe die LRS-Problematik verkannt, vergeblich auf dessen Korrekturanmerkungen, die sich auch auf Rechtschreibfehler beziehen. Diese Anmerkungen sind keine Indizien dafür, dass Studienrat G. ihre Rechtschreibleistungen in die Bewertung ihrer schriftlichen Arbeiten einbezogen hat. Dieser hat dazu ‑ wie erwähnt ‑ ausgeführt, er habe ihre Rechtschreibleistungen bei der Beurteilung der schriftlichen Arbeiten unberücksichtigt gelassen, sie aber dokumentiert und gekennzeichnet, um der Antragstellerin und ihren Eltern ihr Leistungsbild transparent zu machen, zum Weiterlernen anzuregen und zukünftigen Lernerfolg zu ermöglichen. Die Bewertung ihrer Leistungen mit „mangelhaft“ hat er mit Defiziten der Antragstellerin in einer Reihe anderer Bereiche (etwa Anwendung grammatikalischer Phänomene und Grundstrukturen, Wortschatz, Sprachverständnis) begründet. Mit diesen Begründungen hält Studienrat G. den ihm zustehenden prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum ein. Insbesondere sieht auch Nr. 4.1 Sätze 1 und 3 des LRS-Erlasses vor, dass der Lehrer im Einzelfall die Klassenarbeit mit einer Bemerkung versehen kann, die den Lernstand aufzeigt und zur Weiterarbeit ermutigt, und dass die Erziehungsberechtigten über den Leistungsstand ihres Kindes zu informieren sind.
162. Weiter macht die Antragstellerin sinngemäß Verfahrensfehler von Studienrat G. geltend, wenn sie behauptet, er habe im Fach Englisch den notwendigen Nachteilsausgleich tatsächlich nicht durchgeführt, insbesondere habe er entgegen seiner Behauptung keine Aufgabenstellungen vorgelesen oder vorlesen lassen, sondern vielmehr Mitschülerinnen, welche der Antragstellerin vorlesen wollten, aufgefordert, ruhig zu sein. Auch diese Rüge bleibt erfolglos. Unter Maßnahmen des Nachteilsausgleichs versteht man in diesem Zusammenhang Erleichterungen im Prüfungsverfahren, welche die LRS-bedingte Beeinträchtigung nach Möglichkeit ausgleichen und dem Schüler mit LRS ermöglichen oder erleichtern sollen, seine Leistungsnachweise unter chancengleichen Bedingungen zu erbringen wie andere Schüler.
17BayVGH, a. a. O., Rdn. 17; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Februar 2014 – 3 M 358/13 ‑, NVwZ-RR 2014, 560, juris, Rdn. 7; KMK, Beschluss vom 4. Dezember 2003, a. a. O., S. 3; Esterhaus, „Fater oder Vater?“, VR 2014, 184 (187).
18Als Maßnahmen des Nachteilsausgleichs kann der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeiten angemessen verlängern und sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren zulassen, soweit eine besonders schwere Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens es bei einem Schüler erfordert (§ 6 Abs. 9 Sätze 1 und 2 APO-S‑I). Auch der Lehrer kann bei einer schriftlichen Arbeit oder Übung zur Bewertung der Rechtschreibleistung in den Fremdsprachen im Einzelfall eine andere Aufgabe stellen, mehr Zeit einräumen oder Vokabelkenntnisse durch mündliche Leistungsnachweise erbringen lassen (Nr. 4.1 Sätze 1 und 2 des LRS-Erlasses).
19Nach Aktenlage hat Studienrat G. diese Vorgaben erfüllt. Er hat in seinen Stellungnahmen vom 14. März 2014, vom 13. Juli 2014 und vom 29. September 2014 unter anderem ausgeführt, die Maßnahmen der individuellen Förderung und des Nachteilsausgleichs im Fall der Antragstellerin hätten das Vorlesen der Aufgabenstellungen im Plenum sowohl im Unterricht als auch bei Klassenarbeiten, das Angebot individueller Hilfe in Bezug auf Fragen zur Aufgabenstellung und das Angebot einer zusätzlichen Leistung (Vortrag über die Stadt Bristol) umfasst. Der Senat hält diese detaillierte schriftliche Schilderung von Studienrat G. nach Aktenlage für glaubhaft, während die Antragstellerin ihre Gegenbehauptung, er habe Mitschülerinnen das Vorlesen von Aufgabentexten untersagt, nicht glaubhaft gemacht hat. Insbesondere hat sie die nahe liegende Möglichkeit ungenutzt gelassen, die beteiligten Mitschülerinnen oder Mitschüler namentlich zu benennen und entsprechende Versicherungen an Eides statt von ihnen vorzulegen (§ 294 Abs. 1 ZPO).
20Abgesehen davon könnte ein Verfahrensfehler, selbst wenn er vorläge, allenfalls einen Anspruch der Antragstellerin auf Wiederholung ihrer schulischen Prüfungsleistungen in einem rechtmäßigen Verfahren begründen, also auf Wiederholung der Klasse 6 unter Gewährung des angeblich vorenthaltenen LRS-Nachteilsausgleichs, nicht aber einen Anspruch auf Besserbewertung und Versetzung in die Klasse 7.
21Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2008 – 19 E 726/07 ‑, NWVBl 2008, 310, juris, Rdn. 7.
223. Studienrat G. hat sich schließlich auch nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt versteht der Senat die Rüge der Antragstellerin, er habe sich mit der grundsätzlichen Problematik der LRS nicht auseinandergesetzt und gehe verfehlt davon aus, dass sie heilbar sei. Mit diesem Vorwurf unterstellt die Antragstellerin Studienrat G. zu Unrecht eine medizinische Erkenntnis, die er nicht für sich in Anspruch nimmt und auf die es auch nicht ankommt, nämlich ob LRS im medizinischen Sinn vollständig heilbar ist. Dies ist hier unerheblich, weil in der Fachwelt jedenfalls weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass eine LRS bei frühzeitiger Diagnose und ganzheitlicher Therapie jedenfalls so weit linderbar ist, dass ein davon betroffenes Kind große Lernfortschritte erzielen kann.
23http://www.bvl-legasthenie.de/legasthenie/therapieansaetze.html.
24Auf dieser Basis hat Studienrat G. etwa die Kennzeichnung von Rechtschreibmängeln damit gerechtfertigt, dass „nur so die besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben vermieden und überwunden werden können“ (Stellungnahme vom 29. September 2014, S. 2). Diese Erwägung ist indessen nicht sachfremd, sondern durch gute Gründe gerechtfertigt. Auch der LRS-Erlass verpflichtet die Schule zu einer gezielten Förderung von Kindern mit besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens, „damit sich lang andauernde und erhebliche Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens nicht entwickeln“ (Nr. 1.3 Satz 3). Die allgemeinen und die zusätzlichen Fördermaßnahmen bezeichnet Nr. 2 Satz 1 des Erlasses als erforderlich, „um besondere Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben zu vermeiden und zu überwinden“. Die angegriffene Formulierung von Studienrat G. entspricht nahezu wortgleich dieser Erlassbestimmung. Im Übrigen hat auch die Fachärztin Dr. H. in ihrem Attest vom 15. Mai 2014 betreffend die LRS der Antragstellerin festgestellt: „Es liegen zum größten Teil Regelfehler vor, die durch verstärktes Üben behoben werden könnten.“
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
26Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
27Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.