Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Aug. 2015 - 26 K 3505/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
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Tatbestand:
2Der am 0.0.1957 geborene Kläger steht seit dem 25. Juli 2005 als Beamter im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten. Als Feuerwehrbeamter im Führungsdienst leistet der Kläger grundsätzlich Tagesdienst im Rahmen einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden innerhalb einer Fünf-Tage-Woche (montags bis freitags) gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (AZVO NRW).
3Neben seinen regulär während dieser Arbeitszeiten anfallenden dienstlichen Aufgaben (Teamleitungsaufgaben, spezifische Sachgebietsaufgaben) nimmt der Kläger – wie auch die weiteren Beamten im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten – im Einsatzfall die Aufgaben des Einsatzführungsdienstes (sog. B-Dienst) wahr. Diese Aufgaben entsprechen der Führungsstufe B gemäß der bundeseinheitlichen Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 (FwDV 100) mit dem Titel „Führung und Leitung im Einsatz – Führungssystem“, Ausgabe März 1999,
4in Nordrhein-Westfalen erstmals in Kraft gesetzt durch Runderlass des Innenministeriums vom 23. Dezember 1999 und aktuell weiter in Kraft durch Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 11. September 2012 - 73-52.06.04 -, MBI. NRW S. 635.
5Gemäß Ziffer 3.2.5 der FwDV 100 ergeben sich die Gliederung und die personelle Besetzung der Einsatzleitung fließend aus der Entwicklung des Schadens- bzw. Aufgabenumfanges, wobei es hierbei zweckmäßigerweise die folgenden vier Führungsstufen gibt:
6- 7
Führungsstufe A: “Führen ohne Führungseinheit”,
- 8
Führungsstufe B: “Führen mit örtlichen Führungseinheiten”,
- 9
Führungsstufe C: “Führen mit einer Führungsgruppe”,
- 10
Führungsstufe D: “Führen mit einer Führungsgruppe beziehungsweise mit einem Führungsstab”.
Die Führungsstufe A entspricht dabei dem geringstdenkbaren Schadens- bzw. Aufgabenumfang und kommt bei taktischen Einheiten bis zur Stärke von zwei Gruppen zum Einsatz. Bei darüber hinausgehender Einsatzstärke in Form eines kompletten Zuges oder Verbandes kommt die Führungsstufe B zum Tragen. Der Beamte des Einsatzführungsdienstes erfüllt in einem derartigen Einsatzfall die Aufgaben eines Einsatzleiters im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG NRW).
12Um die Wahrnehmung der Aufgaben des Einsatzführungsdienstes (B-Dienstes) außerhalb der regulären Arbeitszeiten – insbesondere während der Abend- und Nachtstunden sowie der gesamten Wochenend- und Feiertage – sicherzustellen, ordnet die Beklagte durch Dienstpläne gegenüber dem Kläger im Wechsel mit den weiteren Beamten im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst regelmäßig Rufbereitschaft an, und zwar je Beamten in der Regel ca. siebenmal pro Jahr über einen Zeitraum von jeweils sieben zusammenhängenden Tagen. Während einer derartigen Rufbereitschaftswoche versieht der Kläger seinen regulären Tagesdienst im Rahmen der 40-Stunden-Woche auf der Feuerwache und leistet nach jeweiligem Dienstende bis zum Dienstbeginn des nächsten Tages bzw. im Falle fehlenden Dienstes bis 7 Uhr des nächsten Tages Rufbereitschaft. An Wochenend- und Feiertagen beginnt die Rufbereitschaft um 7 Uhr und endet ebenfalls zum Dienstbeginn des nächsten Tages bzw. im Falle fehlenden Dienstes um 7 Uhr des nächsten Tages. Montags bis donnerstags beginnt die Rufbereitschaft damit regelmäßig um 16 Uhr, freitags um 11 bzw. 12 Uhr und samstags, sonntags und an Feiertagen um 7 Uhr, und endet in allen Fällen regelmäßig um 7 Uhr des nachfolgenden Tages.
13Die Rufbereitschaft beinhaltet, dass der Kläger über einen Funkmeldeempfänger ständig erreichbar ist und zudem Einsatzkleidung bereithält und ein von der Beklagten als seiner Dienstherrin zur Verfügung gestelltes Feuerwehrdienstfahrzeug in erreichbarer Entfernung mit sich führt, um im Falle einer Alarmierung unverzüglich mit dem Dienstfahrzeug mit Sonderwegerechten und unter Nutzung von Blaulicht und bedarfsweise Martinshorn zur jeweiligen Einsatzstelle im Stadtgebiet Velbert zu fahren und dort sodann Dienst in der Funktion eines Einsatzleiters zu leisten. Während der Rufbereitschaftszeiten darf sich der Kläger zuhause oder sonst außerhalb der Feuerwache aufhalten. Dabei wird von ihm zumindest erwartet, sich räumlich nicht so weit vom Stadtgebiet W. zu entfernen, dass die schnellstmögliche Erreichung einer möglichen Einsatzstelle nicht mehr gewährleistet wäre; ob über eine derartige unstreitige Erwartungshaltung der Beklagten als Dienstherrin hinaus sogar eine diesbezügliche ausdrückliche Dienstanweisung existiert(e), bleibt offen.
14Mit dieser dienstlichen Organisation des Einsatzführungsdienstes bei der freiwilligen Feuerwehr der Beklagten korrespondiert auch der – weiterhin aktuelle – Brandschutzbedarfsplan 2004 der Beklagten. Gemäß dessen Kapitel 5 zählt im Rahmen der Schutzzielfestlegung die Funktion des dem B-Dienst angehörigen Einsatzleiters zu den ersten zehn Funktionen (Einsatzkräften), die am Einsatzort sein müssen. Als Schutzziel enthält der Brandschutzbedarfsplan dabei die Festlegung, dass die ersten zehn Funktionen im Falle eines kritischen Wohnungsbrandes in einem Obergeschoss mit Menschenleben in Gefahr zur Menschenrettung nach einer Dispositionszeit von 1,5 Minuten in 90 % aller Fälle in acht Minuten am Einsatzort sein müssen.
15Mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung der im Rahmen des B-Dienstes geleisteten Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit sowie die dementsprechende rückwirkende Bezahlung als Mehrarbeit.
16Am 23. Mai 2014 hat der Kläger Klage erhoben, nachdem die Beklagte diesen Antrag bis dahin nicht beschieden hatte.
17Der Kläger vertritt die Ansicht, bei den im Rahmen des B-Dienstes geleisteten Rufbereitschaftszeiten handele es sich nicht um Rufbereitschaft, sondern um Bereitschaftsdienst im Rechtssinne, woraus folge, dass diese Zeiten entgegen der bisherigen bei der Beklagten geübten Praxis der Arbeitszeit zuzurechnen und entsprechend zu vergüten seien. Dies folge insbesondere daraus, dass sämtliche Rufbereitschaftszeiten im Rahmen des B-Dienstes angesichts der Verpflichtung zur sofortigen und schnellstmöglichen Dienstaufnahme im Falle einer Alarmierung das Gepräge eines bloßen Wartens und Bereithaltens für einen Einsatz und damit für die Erbringung der vollen Arbeitsleistung hätten. Dabei erfolge zugleich eine faktische Aufenthaltsbestimmung durch die Beklagte als Dienstherrin durch die Vorgabe, sich räumlich nur innerhalb oder in der unmittelbaren Nähe der Stadt W. aufhalten zu dürfen, um im Einsatzfall den Einsatzort in der gemäß Brandschutzbedarfsplan vorgegebenen Zeit erreichen zu können.
18Da die von ihm abgeleisteten Rufbereitschaftszeiten entsprechend den Regeln der AZVO NRW bislang lediglich mit einem Achtel pro Stunde in Freizeit oder Geld ausgeglichen worden seien, stehe ihm die Differenz in Höhe von sieben Achteln pro Stunde in Freizeit oder Geld noch zu. Konkret bestehe ein Anspruch nicht in Freizeit, sondern in Geld, weil die Beklagte mögliche Freizeitausgleichsansprüche nicht binnen eines Jahres ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr erfüllen könne.
19Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
20die Beklagte zu verpflichten, ihm rückwirkend für im Zeitraum 1. Januar 2010 bis 30. April 2014 oberhalb einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden geleistete Zuvielarbeit einen Freizeitausgleich im Umfang von 3303 Stunden und 51 Minuten zu gewähren,
21hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen finanziellen Ausgleich hierfür in Höhe von 58.929,43 EUR zu gewähren, und die Beklagte zu verurteilen, ihm bezogen auf diesen Betrag Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie steht auf dem Standpunkt, für die rechtliche Einordnung von Zeiten als Bereitschaftsdienst komme es neben der Frage, ob sich der Beamte an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten habe, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sei, auch darauf an, ob eine Einsatzalarmierung während solcher Zeiten die Regel und nicht die Ausnahme darstelle. Während der Rufbereitschaftszeiten des Klägers stelle sich die Einsatzalarmierung mit anschließender dienstlicher Inanspruchnahme als Ausnahme dar, weil er im klagegegenständlichen Zeitraum nur ca. einmal während eines Zeitraums von einer Woche in Anspruch genommen worden sei.
25Darüber hinaus erhebt die Beklagte hinsichtlich der das Jahr 2010 betreffenden Ansprüche die Einrede der Verjährung.
26Der Kläger des vorliegenden Verfahrens sowie die Kläger der Verfahren 26 K 3451/14 und 26 K 3720/14, die ebenso als Beamte im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten stehen und Aufgaben des Einsatzführungsdienstes wahrnehmen, haben im gemeinsamen Erörterungstermin vom 24. Juli 2015 Angaben zu ihrer jeweiligen Alltagsgestaltung während der Rufbereitschaftszeiten gemacht. Wegen dieser Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. Juli 2015 Bezug genommen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der Verfahren 26 K 3451/14 und 26 K 3720/14 sowie auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs des vorliegenden Verfahrens verwiesen.
28Entscheidungsgründe:
29Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung, weil der Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsmeinungen ausgetauscht sind.
30Die erhobene Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg; sie zwar als sog. Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch weder auf – mit dem Hauptantrag geltend gemachte – Gewährung von Freizeitausgleich im Umfang von 3303 Stunden und 51 Minuten noch auf einen – mit dem Hilfsantrag geltend gemachten – finanziellen Ausgleich in Höhe von 58.929,43 EUR.
31Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch ergibt sich nicht aus § 61 Abs. 1 S. 2 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NRW), denn hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten fehlt es jedenfalls an der im Rahmen dieser Vorschrift erforderlichen Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit, weil die Rufbereitschaftszeiten lediglich durch Dienstpläne festgelegt wurden.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28/02 -, ZBR 2003, 383 ff. = juris, Rn. 13 ff.
33Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch ergibt sich ebensowenig aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.
34Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Anspruch eines Beamten gegen seinen Dienstherrn auf zeitlichen Ausgleich nach Maßgabe der jeweiligen Vorschriften der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) dann, wenn der Dienstherr den Beamten über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus zum Dienst heranzieht, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind,
35vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28/02 -, a.a.O., juris, Rn. 19 ff.,
36oder wenn der Dienstherr den Beamten in rechtswidriger Weise über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus in Anspruch nimmt,
37vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 2 C 32/10 -, BVerwGE 140, 351 ff. = juris, Rn. 9.
38Ein derartiger Anspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben scheitert daran, dass es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht um Arbeitszeit handelt, so dass insoweit weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht eine rechtswidrige Heranziehung des Klägers zum Dienst über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bzw. über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus vorliegt.
39Bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten handelt es sich nicht um Arbeitszeit im nationalen dienstrechtlichen Sinne.
40Maßgeblich für die Frage der Einordnung dieser Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit sind im Falle des Klägers die §§ 6 und 7 der AZVO NRW, wie sich aus deren § 1 bzw. aus § 7 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein-Westfalen (AZVOFeu NRW) ergibt.
41Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 AZVO NRW liegt Rufbereitschaft vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer der oder dem Dienstvorgesetzten anzuzeigenden Stelle aufhält, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Gemäß § 6 Abs. 2 AZVO NRW werden Zeiten einer Rufbereitschaft mit Ausnahme der Zeiten der Heranziehung zur Dienstleistung nicht auf die Arbeitszeit angerechnet (Satz 1), sondern innerhalb von zwölf Monaten zu einem Achtel bei fester Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei flexibler Arbeitszeit dem Stundenkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen (Satz 2). In Abgrenzung zur Rufbereitschaft leisten gemäß § 7 S. 1 AZVO NRW Beamtinnen und Beamte, die sich auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten an einer von der oder vom Dienstvorgesetzten bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, Bereitschaftsdienst.
42In Ergänzung der §§ 6, 7 AZVO NRW ist zur Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft und damit zwischen Arbeitszeit und Nicht-Arbeitszeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts heranzuziehen. Nach dieser kommt es für die Abgrenzung des Bereitschaftsdienstes insbesondere von der Rufbereitschaft allein darauf an, ob der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90/07 -, NVwZ-RR 2009, 525 ff. = juris, Rn. 14, mit vielen weiteren Nachweisen.
44Die Voraussetzung für die Qualifizierung als Bereitschaftsdienst und damit zugleich als Arbeitszeit, dass sich der Beamte an einem von seinem Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, ist im Falle der hier in Rede stehenden Rufbereitschaftszeiten des Klägers nicht erfüllt. Die Beklagte als Dienstherrin des Klägers hat gerade keinen Ort außerhalb des Privatbereichs des Klägers bestimmt, an dem er sich während dieser Zeiten aufhalten müsste, sondern im Gegenteil war es dem Kläger gestattet bzw. wurde sogar als Regelfall angenommen, dass sich dieser zu Hause und damit in seinem privaten Bereich aufhält.
45Aus der – sei es in Form einer ausdrücklichen Dienstanweisung, sei es ungeschrieben im Rahmen der beamtenrechtlichen Treuepflicht – bestehenden Erwartung an den Kläger, sich während der Rufbereitschaftszeiten räumlich nicht so weit vom Stadtgebiet W. zu entfernen, dass die schnellstmögliche Erreichung einer möglichen Einsatzstelle nicht mehr gewährleistet wäre, ergibt sich nichts anderes, denn hierbei handelt es sich nicht um die Bestimmung eines Ortes außerhalb des Privatbereichs, an dem sich der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten aufzuhalten hätte, sondern um eine Begrenzung des Radius, innerhalb dessen ein Aufenthalt des Klägers während der Rufbereitschaftszeiten erlaubt ist bzw. erwartet wird, der aber den Privatbereich des Klägers, insbesondere dessen Zuhause, einschließt.
46Auch aus dem Brandschutzbedarfsplan 2004 der Beklagten ergibt sich nichts anderes. Aus der Schutzzielfestlegung, dass die ersten zehn Funktionen (Einsatzkräfte), zu denen der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten zählt, im Falle eines kritischen Wohnungsbrandes in einem Obergeschoss mit Menschenleben in Gefahr zur Menschenrettung nach einer Dispositionszeit von 1,5 Minuten in 90 % aller Fälle in acht Minuten am Einsatzort sein müssen, folgt keine individuelle dienstliche Verpflichtung des Klägers, im Falle einer Alarmierung innerhalb einer bestimmten Zeit am Einsatzort zu sein. Ungeachtet dessen, dass der Brandschutzbedarfsplan formalrechtlich nicht als an den Kläger gerichtete Dienstanweisung zu qualifizieren ist, wäre eine an den Kläger gerichtete Dienstanweisung, im Falle der Alarmierung während der Rufbereitschaftszeiten ausnahmslos innerhalb von acht Minuten an jedwedem denkbaren Einsatzort innerhalb des Stadtgebiets W. einzutreffen, analog § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unbeachtlich, weil auf eine unmögliche Leistung gerichtet, denn selbst der Brandschutzbedarfsplan unterstellt nicht in 100 %, sondern nur in 90 % der Fälle ein Eintreffen am Einsatzort innerhalb von acht Minuten nach Alarmierung. Dienstlich erwartet werden kann vom Kläger lediglich, sich innerhalb eines bestimmten Radius um das Stadtgebiet W. aufzuhalten, innerhalb dessen prognostisch in der großen Mehrzahl der Fälle im Normalfall mit einem Erreichen des Einsatzortes innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu rechnen ist, und sich nach Alarmierung unverzüglich mit dem zur Verfügung gestellten Einsatzfahrzeug an den Einsatzort zu begeben, wobei die genaue Eintreffzeit dann von den Umständen des Einzelfalls wie exakte Entfernung des Einsatzortes vom aktuellen Aufenthaltsort sowie Wetterlage und Verkehrslage abhängt, auf die der Kläger keinen Einfluss hat. Eine dienstliche Verpflichtung ohne zeitliche Vorgabe sieht die erst nach dem klagegegenständlichen Zeitraum in Kraft getreten schriftliche Dienstanweisung der Freiwilligen Feuerwehr W. „Organisation des Einsatzführungsdienstes“ vom 13. März 2015 nunmehr auch ausdrücklich vor, indem es dort unter „Führungsstufe B (B Dienst)“ – „Eintreffzeit“ heißt: „unverzügliche Einsatzaufnahme“.
47Nichts anderes ergibt sich ferner daraus, dass vollkommen unabhängig von möglichen dienstlichen Anweisungen oder Vorgaben gemäß Brandschutzbedarfsplan allein schon aus der Natur („Berufskodex“ der Feuerwehr) und dem insoweit übereinstimmenden Verständnis des Einsatzführungsdienstes folgt, dass die Aufenthaltsmöglichkeiten des Klägers während der Bereitschaftsdienstzeiten innerhalb eines engen Radius um das Stadtgebiet W. herum begrenzt sind und im Falle der Alarmierung eine unverzügliche, sofortige Dienstaufnahme durch den Kläger erwartet wird,
48vgl. zu diesem Aspekt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 - 4 S 94/12 -, juris, Rn. 19,
49mit der Konsequenz, dass der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt ist. Dass die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung während der Zeiten einer Rufbereitschaft eingeschränkt sind, ist der Rufbereitschaft immanent. Inhalt jeglicher Rufbereitschaft ist es – auch bereits begrifflich –, dass sich der Beamte bereithält, um von seinem Dienstherrn abgerufen zu werden, was impliziert, dass der Beamte Vorkehrungen für den Fall eines solchen Abrufs zu treffen hat und deshalb nicht uneingeschränkt in seiner Freizeitgestaltung ist. Dies ergibt sich auch aus § 44 LBG NRW als gesetzlicher Grundlage für die Anordnung von Rufbereitschaft. Nach dieser Vorschrift kann der Beamte, wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in der Nähe seines Dienstortes aufzuhalten. Damit kommt zugleich klar zum Ausdruck, dass eine Radiusbegrenzung jeglicher Rufbereitschaft immanent ist, denn ohne gewisse – im einzelnen von den jeweiligen „besonderen dienstlichen Verhältnissen“ abhängige – räumliche Nähe zum Dienstort ist eine Dienstaufnahme innerhalb von Zeiten einer Rufbereitschaft gar nicht möglich. Der Verweis auf die „besonderen dienstlichen Verhältnisse“ macht gerade deutlich, dass die Dringlichkeit der Dienstaufnahme im Einzelfall unterschiedlich gelagert sein kann. Dass bei einem Feuerwehrbeamten die Dringlichkeit für die dienstliche Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaftszeit im Zweifel besonders hoch ist und deshalb eine größere Begrenzung des Aufenthaltsradius zu rechtfertigen vermag als bei manch anderem Rufbereitschaft leistendem Beamten, der im Falle der Dienstaufnahme während der Rufbereitschaftszeit weniger dringliche Aufgaben wahrzunehmen hat, liegt wiederum in der Natur der Sache. Das Gericht folgt deshalb nicht der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, nach der Rufbereitschaft zu verneinen ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, ohne dessen Aufenthaltsort konkret festzulegen, dadurch in der Wahl des Aufenthaltsorts beschränkt, dass er die Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit eng bestimmt (10 oder 20 Minuten) und dem Arbeitnehmer dadurch die Gestaltung seiner an sich arbeitsfreien Zeit faktisch entzieht,
50vgl. BAG, Urteile vom 19. Dezember 1991 - 6 AZR 592/89 -, NZA 1992, 560 f. = juris, und vom 31. Januar 2002 - 6 AZR 214/00 -, ZTR 2002, 432 = juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 2012 - 11 Sa 81/12 -, ZTR 2013, 19 = juris; LAG Köln, Urteil vom 13. August 2008 - 3 Sa 1453/07 -, ZTR 2009, 76 = juris; Hessisches LAG, Urteil vom 6. Oktober 2006 – 3 Sa 1439/05 -, juris; diesen Aspekt im Rahmen einer Gesamtschau heranziehend ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 – 4 S 94/12 -, juris.
51Abgesehen davon, dass arbeitsrechtliche Grundsätze wegen der Besonderheiten des beamtenrechtlichen Verhältnisses, insbesondere der beamtenrechtlichen Treuepflicht gegenüber dem Dienstherrn und dem Fehlen eines synallagmatischen Austauschverhältnisses, nicht uneingeschränkt auf das Beamtenrecht übertragbar sind, sieht das Gericht in der im vorliegenden Fall bestehenden Pflicht zur unverzüglichen, sofortigen Dienstaufnahme während der Rufbereitschaftszeiten auch keinen faktischen Entzug der dienstfreien Zeit, sondern lediglich eine Beschränkung der Möglichkeiten der Freizeitgestaltung währenddessen, die jedoch nicht derart gravierend ist, dass sie einem faktischen Entzug gleichkommt.
52Weil – wie ausgeführt – die Rufbereitschaft impliziert, dass der Beamte Vorkehrungen für den Fall eines Abrufs durch seinen Dienstherrn währenddessen zu treffen hat, sind Freizeitaktivitäten, die Verpflichtungen gegenüber Dritten enthalten, währenddessen von vornherein ausgeschlossen. Zu denken ist hier insbesondere an die Betreuung von Kindern, die während Rufbereitschaftszeiten – übrigens nicht nur für Rufbereitschaft leistende Feuerwehrbeamte wie den Kläger, sondern für sämtliche Rufbereitschaft leistende Beamte – nicht möglich ist, ohne dass eine andere Person unmittelbar zur Verfügung steht, um im Abruffall, mit dem jederzeit zu rechnen ist, die Betreuung fortzuführen. Jenseits derartiger ausgeschlossener Freizeitaktivitäten verbleibt jedoch – und hierin liegt der entscheidende Unterschied zu Bereitschaftsdienstzeiten, während derer der Dienstherr den Aufenthalt des Beamten außerhalb dessen Privatbereichs vorgibt – ein ausreichend großes Spektrum möglicher Freizeitaktivitäten, die von Rufbereitschaft leistenden Feuerwehrbeamten wie dem Kläger ausgeübt werden können. Als Kerninhalt möglicher Freizeitgestaltung sieht das Gericht insbesondere einen Aufenthalt zu Hause einschließlich der Möglichkeiten des schlichten (Aus-)Ruhens, der Durchführung entspannender Tätigkeiten und der Erledigung typischer alltäglicher Hausarbeiten an. All dies ist im Falle des Klägers gerade möglich. Auch außerhalb von Zuhause ist der Kläger zur Überzeugung des Gerichts unter Wahrung der zu beachtenden Radiusbegrenzung in zwar begrenztem, aber ausreichendem Maße in der Lage, seine Freizeit zu gestalten. Als mögliche Beispiele sind zu nennen etwa die Erledigung von Einkäufen, der Besuch kultureller oder sonstiger Veranstaltungen oder eigene sportliche Aktivitäten, sofern diese ortsgebunden in Reichweite des mitgeführten Dienstfahrzeuges durchgeführt werden. Insbesondere angesichts dessen, dass bei keinem der drei Kläger des vorliegenden Verfahrens, des Verfahrens 26 K 3451/14 und des Verfahrens 26 K 3720/14 im streitgegenständlichen Zeitraum eine häufigere Alarmierung als durchschnittlich 1,28-mal pro Woche (Siebentageszeitraum) erfolgte, durfte der Kläger das Risiko, während derartiger Aktivitäten alarmiert zu werden, als äußerst gering ansehen und musste sich unter der Prämisse der Wahrung der Radiusbegrenzung nicht an deren Wahrnehmung gehindert sehen, sofern er sein Dienstfahrzeug in Reichweite abstellte. Sogar die Mitnahme von Familienangehörigen mit dem Dienstfahrzeug war dem Kläger nach übereinstimmenden Angaben von ihm und der Beklagten während der Rufbereitschaftszeiten gestattet und lediglich mit dem Risiko behaftet, dass die Familienangehörigen das Dienstfahrzeug im Falle eines Einsatzbefehls unverzüglich zu verlassen haben – ein Risiko, das das Gericht bei einem durchschnittlichen Einsatzbefehl von nur maximal 1,28-mal pro Woche als überschaubar und im Zeitalter der Mobiltelefonie, das es den Familienangehörigen in einem solchen seltenerweise denkbaren Fall ermöglicht, sofort ein Taxi herbeizurufen, fast vernachlässigenswert einstuft. Dementsprechend hat auch weder der Kläger des vorliegenden Verfahrens noch einer der beiden Kläger der Verfahren 26 K 3451/14 und 26 K 3720/14 vorgetragen, dass es jemals zu einem derartigen Vorfall gekommen sei.
53Soweit der Kläger darüber hinaus während der Rufbereitschaftszeiten Vorkehrungen für eine schnelle Einsatzfähigkeit getroffen hat, wie etwa – entsprechend seinem Vortrag im Erörterungstermin vom 24. Juli 2015 – in Form des teilweisen Tragens der Dienstkleidung während des Ruhens im Bett oder in Form des vorsorglichen Entfernens des Schnees vom Einsatzfahrzeug und um das Einsatzfahrzeug herum im Falle von Schneefall im Winter nach gewissen Zeitabständen auch während der Nachtzeiten, um im Einsatzfall sofort losfahren zu können, handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts ungeachtet der Frage, inwieweit es sich hierbei um die Erfüllung dienstlicher Verpflichtungen oder um überobligatorische, dem „Berufskodex“ der Feuerwehr entwachsene Vorkehrungen handelte, nicht um Einschränkungen, die die grundsätzliche Möglichkeit für den Kläger, während dieser Zeiten in zumindest begrenztem Maße Ruhe und Entspannung zu finden und auch eigenen Freizeitaktivitäten nachzugehen, in entscheidendem Maße in Frage stellen. Diese Einschränkungen ändern nämlich nichts daran, dass während der Rufbereitschaftszeiten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bestehen, die für auf der Feuerwache Bereitschaftsdienst leistende Beamte nicht bestehen, was die qualitativ unterschiedliche Behandlung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Frage der Zuordnung zur Arbeitszeit rechtfertigt.
54Selbst wenn man hinsichtlich der streitgegenständlichen Rufbereitschaftszeiten entgegen der hier vertretenen Ansicht das Vorliegen der Voraussetzung, dass sich der Beamte an einem von seinem Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, bejaht, fehlt es an der Erfüllung der weiteren Voraussetzung für die Qualifizierung als Bereitschaftsdienst und damit als Arbeitszeit gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass währenddessen erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
55Letztere Voraussetzung ist nicht bereits dann erfüllt, wenn überhaupt jemals während der maßgeblichen Zeiten eine dienstliche Inanspruchnahme erfolgt, sondern hängt ab von der im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während dieser Zeiten. Danach entscheidet sich, ob während dieser Zeiten typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen ist, die diesen das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder eine Form der Rufbereitschaft darstellen, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90/07 -, a.a.O., juris, Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 – 4 S 94/12 -, juris, Rn. 23.
57Die Rufbereitschaftszeiten des Klägers wurden im streitgegenständlichen Zeitraum allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen. Die dienstliche Inanspruchnahme des Klägers für Einsätze während der Rufbereitschaftszeiten stellte bei quantitativer Betrachtung nicht die Regel, sondern die Ausnahme dar, wie sich aus folgenden Zahlen ergibt – und worin ein entscheidender Unterschied zum Sachverhalt, der dem in Bezug genommenen Urteil des VGH Baden-Württemberg zugrundeliegt, besteht: Der Kläger leistete im Zeitraum 1. Januar 2010 bis 30. April 2014 insgesamt 213 Rufbereitschaftsdienste; ein einzelner Rufbereitschaftsdienst begann dabei entweder um 7 Uhr oder mit Ende des regulären Tagesdienstes des jeweiligen Tages und endete jeweils um 7 Uhr des nachfolgenden Tages. Innerhalb von 39 dieser 213 Rufbereitschaftsdienste kam es zu einem Einsatz des Klägers. Dies entspricht einer Quote von 18 %. Fasst man die Rufbereitschaftsdienste zu Rufbereitschaftswochen à sieben Tage zusammen, was der regelmäßigen Dienstplangestaltung entspricht, ergibt sich eine durchschnittliche Einsatzhäufigkeit von 1,28-mal, also gut einmal pro Siebentage-Rufbereitschaftswoche. Hinzu kommt, dass auch das durchschnittliche zeitliche Maß der Inanspruchnahme pro Einsatz äußerst geringfügig war. Auf insgesamt aufgerundet 3830 vom Kläger geleistete Rufbereitschaftsstunden im vorgenannten Zeitraum entfielen lediglich aufgerundet 52 Einsatzstunden. Durchschnittlich kam es somit nur während 1,35 % der Rufbereitschaftsstunden zu Einsätzen.
58Bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten handelt es sich auch nicht um Arbeitszeit im unionsrechtlichen Sinne, woraus folgt, dass durch diese Zeiten keine einen Ausgleichsanspruch begründende Überschreitung der nach Art. 6 Buchst. b Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl. EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9) höchstzulässigen Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden pro Siebentageszeitraum erfolgt sein kann.
59Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zählt die sogenannte Rufbereitschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer in der Weise Bereitschaftsdienst leistet, dass er ständig erreichbar ist, ohne jedoch zur Anwesenheit am Arbeitsplatz verpflichtet zu sein, nicht zur Arbeitszeit. Begründet wird dies damit, dass der Arbeitnehmer, selbst wenn er seinem Arbeitgeber in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, in dieser Situation doch freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen kann, so dass nur Zeit für die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistungen als Arbeitszeit anzusehen sei.
60Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98 -, Simap, Rn. 50, und vom 9. September 2003 – Rs. C-151/02 -, Jaeger, Rn. 51.
61Die vorgenannten Erwägungen gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes treffen exakt auf die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Rufbereitschaftszeiten des Klägers zu. Während dieser Rufbereitschaftszeiten kann er freier über seine Zeit verfügen, als er es könnte, wenn er entsprechend den Bereitschaftsdienstzeiten der Beamten des mittleren feuerwehrtechnischen Dienstes zur Anwesenheit auf der Feuerwache verpflichtet wäre. Insbesondere kann er während dieser Zeiten zumindest in – durch die für die sofortige Einsatzaufnahme erforderliche Radiusbegrenzung hinsichtlich seines Aufenthaltsortes bedingtem – beschränktem Maße auch eigenen Interessen nachgehen. Beispiele möglicher Freizeitbeschäftigungen des Klägers während der Rufbereitschaftszeiten hat das Gericht oben bereits benannt.
62Vor allem lässt es angesichts der geringen durchschnittlichen dienstlichen Inanspruchnahme des Klägers für Einsätze während der Rufbereitschaftszeiten auch der Regelungszweck der Richtlinie 2003/88/EG, Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung der Arbeitnehmer aufzustellen, nicht als geboten erscheinen, die Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit im unionsrechtlichen Sinne anzusehen. Da nämlich im Falle von Einsätzen während der Rufbereitschaftszeiten die Einsatzzeiten selbst zweifellos als Arbeitszeit einzustufen sind, resultiert aus solchen Einsatzzeiten ein an diese in Verbindung mit den sonstigen Arbeitszeiten anknüpfender Mindestschutz in Form von täglichen Ruhezeiten nach Art. 3, Ruhepausen nach Art. 4, wöchentlichen Ruhezeiten nach Art. 5 und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten nach Art. 6 Richtlinie 2003/88/EG. Im Falle von tatsächlichen Einsätzen während der Rufbereitschaftszeiten ist dadurch sichergestellt, dass der Kläger den für seine Gesundheit und Sicherheit erforderlichen arbeitszeitrechtlichen Mindestschutz zu erlangen hat und zu diesem Zweck nötigenfalls seine sonstigen Arbeitszeiten im Rahmen des Tagesdienstes und auch eventuelle sich unmittelbar anschließende Rufbereitschaftszeiten zu reduzieren sind, um ihm die im Mindestmaß erforderlichen Ruhezeiten zu ermöglichen.
63Aus letzteren Ausführungen folgt zugleich, dass der vom Kläger mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch auch nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch,
64vgl. zu diesem EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2011, 53 Rn. 47 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 -, NVwZ 2012, 1472 ff. = juris,
65gestützt werden kann, denn es fehlt an einem qualifizierten Verstoß der Beklagten gegen eine unionsrechtliche Norm. Insbesondere hat die Beklagte durch die Anordnung der Rufbereitschaftszeiten gegenüber dem Kläger nicht gegen Art. 6 Buchst. b Richtlinie 2003/88/EG, wonach die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich Überstunden nicht überschreiten darf, verstoßen.
66Weitere – ernsthaft in Betracht kommende – Anspruchsgrundlagen für den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Freizeitausgleichsanspruch sind nicht ersichtlich.
67Aus dem Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Freizeitausgleichsanspruchs sowohl auf der Grundlage des Grundsatzes von Treu und Glauben als auch auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs folgt, dass zugleich der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte finanzielle Ausgleichsanspruch einschließlich des von diesem abhängigen Rechtshängigkeitszinsanspruchs nicht besteht, denn dieser kann nur dann zum Tragen kommen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für den Freizeitausgleichsanspruch vorliegen, in der Rechtsfolge aber aus vom Beamten nicht zu vertretenden Gründen ein Freizeitausgleich nicht in angemessener Zeit gewährt werden kann, so dass sich der Anspruch auf Freizeitausgleich in einen solchen auf finanziellen Ausgleich umwandelt.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 -, a.a.O., juris, Rn. 28 ff.
69Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Aug. 2015 - 26 K 3505/14
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Aug. 2015 - 26 K 3505/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 0.0.1961 geborene Kläger steht seit dem 1. Juli 2011 als Beamter im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten. Als Feuerwehrbeamter im Führungsdienst leistet der Kläger grundsätzlich Tagesdienst im Rahmen einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden innerhalb einer Fünf-Tage-Woche (montags bis freitags) gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (AZVO NRW).
3Neben seinen regulär während dieser Arbeitszeiten anfallenden dienstlichen Aufgaben (Teamleitungsaufgaben, spezifische Sachgebietsaufgaben) nimmt der Kläger – wie auch die weiteren Beamten im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten – im Einsatzfall die Aufgaben des Einsatzführungsdienstes (sog. B-Dienst) wahr. Diese Aufgaben entsprechen der Führungsstufe B gemäß der bundeseinheitlichen Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 (FwDV 100) mit dem Titel „Führung und Leitung im Einsatz – Führungssystem“, Ausgabe März 1999,
4in Nordrhein-Westfalen erstmals in Kraft gesetzt durch Runderlass des Innenministeriums vom 23. Dezember 1999 und aktuell weiter in Kraft durch Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 11. September 2012 - 73-52.06.04 -, MBI. NRW S. 635.
5Gemäß Ziffer 3.2.5 der FwDV 100 ergeben sich die Gliederung und die personelle Besetzung der Einsatzleitung fließend aus der Entwicklung des Schadens- bzw. Aufgabenumfanges, wobei es hierbei zweckmäßigerweise die folgenden vier Führungsstufen gibt:
6- 7
Führungsstufe A: “Führen ohne Führungseinheit”,
- 8
Führungsstufe B: “Führen mit örtlichen Führungseinheiten”,
- 9
Führungsstufe C: “Führen mit einer Führungsgruppe”,
- 10
Führungsstufe D: “Führen mit einer Führungsgruppe beziehungsweise mit einem Führungsstab”.
Die Führungsstufe A entspricht dabei dem geringstdenkbaren Schadens- bzw. Aufgabenumfang und kommt bei taktischen Einheiten bis zur Stärke von zwei Gruppen zum Einsatz. Bei darüber hinausgehender Einsatzstärke in Form eines kompletten Zuges oder Verbandes kommt die Führungsstufe B zum Tragen. Der Beamte des Einsatzführungsdienstes erfüllt in einem derartigen Einsatzfall die Aufgaben eines Einsatzleiters im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG NRW).
12Um die Wahrnehmung der Aufgaben des Einsatzführungsdienstes (B-Dienstes) außerhalb der regulären Arbeitszeiten – insbesondere während der Abend- und Nachtstunden sowie der gesamten Wochenend- und Feiertage – sicherzustellen, ordnet die Beklagte durch Dienstpläne gegenüber dem Kläger im Wechsel mit den weiteren Beamten im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst regelmäßig Rufbereitschaft an, und zwar je Beamten in der Regel ca. siebenmal pro Jahr über einen Zeitraum von jeweils sieben zusammenhängenden Tagen. Während einer derartigen Rufbereitschaftswoche versieht der Kläger seinen regulären Tagesdienst im Rahmen der 41-Stunden-Woche auf der Feuerwache und leistet nach jeweiligem Dienstende bis zum Dienstbeginn des nächsten Tages bzw. im Falle fehlenden Dienstes bis 7 Uhr des nächsten Tages Rufbereitschaft. An Wochenend- und Feiertagen beginnt die Rufbereitschaft um 7 Uhr und endet ebenfalls zum Dienstbeginn des nächsten Tages bzw. im Falle fehlenden Dienstes um 7 Uhr des nächsten Tages. Montags bis donnerstags beginnt die Rufbereitschaft damit regelmäßig um 16 Uhr, freitags um 11 bzw. 12 Uhr und samstags, sonntags und an Feiertagen um 7 Uhr, und endet in allen Fällen regelmäßig um 7 Uhr des nachfolgenden Tages.
13Die Rufbereitschaft beinhaltet, dass der Kläger über einen Funkmeldeempfänger ständig erreichbar ist und zudem Einsatzkleidung bereithält und ein von der Beklagten als seiner Dienstherrin zur Verfügung gestelltes Feuerwehrdienstfahrzeug in erreichbarer Entfernung mit sich führt, um im Falle einer Alarmierung unverzüglich mit dem Dienstfahrzeug mit Sonderwegerechten und unter Nutzung von Blaulicht und bedarfsweise Martinshorn zur jeweiligen Einsatzstelle im Stadtgebiet W. zu fahren und dort sodann Dienst in der Funktion eines Einsatzleiters zu leisten. Während der Rufbereitschaftszeiten darf sich der Kläger zuhause oder sonst außerhalb der Feuerwache aufhalten. Dabei wird von ihm zumindest erwartet, sich räumlich nicht so weit vom Stadtgebiet W. zu entfernen, dass die schnellstmögliche Erreichung einer möglichen Einsatzstelle nicht mehr gewährleistet wäre; ob über eine derartige unstreitige Erwartungshaltung der Beklagten als Dienstherrin hinaus sogar eine diesbezügliche ausdrückliche Dienstanweisung existiert(e), bleibt offen.
14Mit dieser dienstlichen Organisation des Einsatzführungsdienstes bei der freiwilligen Feuerwehr der Beklagten korrespondiert auch der – weiterhin aktuelle – Brandschutzbedarfsplan 2004 der Beklagten. Gemäß dessen Kapitel 5 zählt im Rahmen der Schutzzielfestlegung die Funktion des dem B-Dienst angehörigen Einsatzleiters zu den ersten zehn Funktionen (Einsatzkräften), die am Einsatzort sein müssen. Als Schutzziel enthält der Brandschutzbedarfsplan dabei die Festlegung, dass die ersten zehn Funktionen im Falle eines kritischen Wohnungsbrandes in einem Obergeschoss mit Menschenleben in Gefahr zur Menschenrettung nach einer Dispositionszeit von 1,5 Minuten in 90 % aller Fälle in acht Minuten am Einsatzort sein müssen.
15Mit Widerspruch vom 24. Oktober 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten u.a. die Anerkennung der im Rahmen des B-Dienstes geleisteten Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit sowie die dementsprechende rückwirkende Bezahlung als Mehrarbeit.
16Am 21. Mai 2014 hat der Kläger Klage erhoben, nachdem die Beklagte diesen Antrag bis dahin nicht beschieden hatte.
17Der Kläger vertritt die Ansicht, bei den im Rahmen des B-Dienstes geleisteten Rufbereitschaftszeiten handele es sich nicht um Rufbereitschaft, sondern um Bereitschaftsdienst im Rechtssinne, woraus folge, dass diese Zeiten entgegen der bisherigen bei der Beklagten geübten Praxis der Arbeitszeit zuzurechnen und entsprechend zu vergüten seien. Dies folge insbesondere daraus, dass sämtliche Rufbereitschaftszeiten im Rahmen des B-Dienstes angesichts der Verpflichtung zur sofortigen und schnellstmöglichen Dienstaufnahme im Falle einer Alarmierung das Gepräge eines bloßen Wartens und Bereithaltens für einen Einsatz und damit für die Erbringung der vollen Arbeitsleistung hätten. Dabei erfolge zugleich eine faktische Aufenthaltsbestimmung durch die Beklagte als Dienstherrin durch die Vorgabe, sich räumlich nur innerhalb oder in der unmittelbaren Nähe der Stadt W. aufhalten zu dürfen, um im Einsatzfall den Einsatzort in der gemäß Brandschutzbedarfsplan vorgegebenen Zeit erreichen zu können.
18Da die von ihm abgeleisteten Rufbereitschaftszeiten entsprechend den Regeln der AZVO NRW bislang lediglich mit einem Achtel pro Stunde in Freizeit oder Geld ausgeglichen worden seien, stehe ihm die Differenz in Höhe von sieben Achteln pro Stunde in Freizeit oder Geld noch zu. Konkret bestehe ein Anspruch nicht in Freizeit, sondern in Geld, weil die Beklagte mögliche Freizeitausgleichsansprüche nicht binnen eines Jahres ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr erfüllen könne.
19Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
20die Beklagte zu verpflichten, ihm rückwirkend für im Zeitraum 1. August 2011 bis 30. April 2014 oberhalb einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden geleistete Zuvielarbeit einen Freizeitausgleich im Umfang von 2311 Stunden und 22 Minuten zu gewähren,
21hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen finanziellen Ausgleich hierfür in Höhe von 42.156,75 EUR zu gewähren, und die Beklagte zu verurteilen, ihm bezogen auf diesen Betrag Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie steht auf dem Standpunkt, für die rechtliche Einordnung von Zeiten als Bereitschaftsdienst komme es neben der Frage, ob sich der Beamte an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten habe, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sei, auch darauf an, ob eine Einsatzalarmierung während solcher Zeiten die Regel und nicht die Ausnahme darstelle. Während der Rufbereitschaftszeiten des Klägers stelle sich die Einsatzalarmierung mit anschließender dienstlicher Inanspruchnahme als Ausnahme dar, weil er im klagegegenständlichen Zeitraum nur ca. einmal während eines Zeitraums von einer Woche in Anspruch genommen worden sei.
25Der Kläger des vorliegenden Verfahrens sowie die Kläger der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14, die ebenso als Beamte im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten stehen und Aufgaben des Einsatzführungsdienstes wahrnehmen, haben im gemeinsamen Erörterungstermin vom 24. Juli 2015 Angaben zu ihrer jeweiligen Alltagsgestaltung während der Rufbereitschaftszeiten gemacht. Wegen dieser Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. Juli 2015 Bezug genommen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14 sowie auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs des vorliegenden Verfahrens verwiesen.
27Entscheidungsgründe:
28Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung, weil der Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsmeinungen ausgetauscht sind.
29Die erhobene Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg; sie zwar als sog. Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch weder auf – mit dem Hauptantrag geltend gemachte – Gewährung von Freizeitausgleich im Umfang von 2311 Stunden und 22 Minuten noch auf einen – mit dem Hilfsantrag geltend gemachten – finanziellen Ausgleich in Höhe von 42.156,75 EUR.
30Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch ergibt sich nicht aus § 61 Abs. 1 S. 2 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NRW), denn hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten fehlt es jedenfalls an der im Rahmen dieser Vorschrift erforderlichen Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit, weil die Rufbereitschaftszeiten lediglich durch Dienstpläne festgelegt wurden.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28/02 -, ZBR 2003, 383 ff. = juris, Rn. 13 ff.
32Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch ergibt sich ebensowenig aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.
33Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Anspruch eines Beamten gegen seinen Dienstherrn auf zeitlichen Ausgleich nach Maßgabe der jeweiligen Vorschriften der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) dann, wenn der Dienstherr den Beamten über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus zum Dienst heranzieht, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind,
34vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28/02 -, a.a.O., juris, Rn. 19 ff.,
35oder wenn der Dienstherr den Beamten in rechtswidriger Weise über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus in Anspruch nimmt,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 2 C 32/10 -, BVerwGE 140, 351 ff. = juris, Rn. 9.
37Ein derartiger Anspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben scheitert daran, dass es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht um Arbeitszeit handelt, so dass insoweit weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht eine rechtswidrige Heranziehung des Klägers zum Dienst über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bzw. über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus vorliegt.
38Bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten handelt es sich nicht um Arbeitszeit im nationalen dienstrechtlichen Sinne.
39Maßgeblich für die Frage der Einordnung dieser Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit sind im Falle des Klägers die §§ 6 und 7 der AZVO NRW, wie sich aus deren § 1 bzw. aus § 7 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein-Westfalen (AZVOFeu NRW) ergibt.
40Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 AZVO NRW liegt Rufbereitschaft vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer der oder dem Dienstvorgesetzten anzuzeigenden Stelle aufhält, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Gemäß § 6 Abs. 2 AZVO NRW werden Zeiten einer Rufbereitschaft mit Ausnahme der Zeiten der Heranziehung zur Dienstleistung nicht auf die Arbeitszeit angerechnet (Satz 1), sondern innerhalb von zwölf Monaten zu einem Achtel bei fester Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei flexibler Arbeitszeit dem Stundenkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen (Satz 2). In Abgrenzung zur Rufbereitschaft leisten gemäß § 7 S. 1 AZVO NRW Beamtinnen und Beamte, die sich auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten an einer von der oder vom Dienstvorgesetzten bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, Bereitschaftsdienst.
41In Ergänzung der §§ 6, 7 AZVO NRW ist zur Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft und damit zwischen Arbeitszeit und Nicht-Arbeitszeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts heranzuziehen. Nach dieser kommt es für die Abgrenzung des Bereitschaftsdienstes insbesondere von der Rufbereitschaft allein darauf an, ob der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90/07 -, NVwZ-RR 2009, 525 ff. = juris, Rn. 14, mit vielen weiteren Nachweisen.
43Die Voraussetzung für die Qualifizierung als Bereitschaftsdienst und damit zugleich als Arbeitszeit, dass sich der Beamte an einem von seinem Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, ist im Falle der hier in Rede stehenden Rufbereitschaftszeiten des Klägers nicht erfüllt. Die Beklagte als Dienstherrin des Klägers hat gerade keinen Ort außerhalb des Privatbereichs des Klägers bestimmt, an dem er sich während dieser Zeiten aufhalten müsste, sondern im Gegenteil war es dem Kläger gestattet bzw. wurde sogar als Regelfall angenommen, dass sich dieser zu Hause und damit in seinem privaten Bereich aufhält.
44Aus der – sei es in Form einer ausdrücklichen Dienstanweisung, sei es ungeschrieben im Rahmen der beamtenrechtlichen Treuepflicht – bestehenden Erwartung an den Kläger, sich während der Rufbereitschaftszeiten räumlich nicht so weit vom Stadtgebiet W. zu entfernen, dass die schnellstmögliche Erreichung einer möglichen Einsatzstelle nicht mehr gewährleistet wäre, ergibt sich nichts anderes, denn hierbei handelt es sich nicht um die Bestimmung eines Ortes außerhalb des Privatbereichs, an dem sich der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten aufzuhalten hätte, sondern um eine Begrenzung des Radius, innerhalb dessen ein Aufenthalt des Klägers während der Rufbereitschaftszeiten erlaubt ist bzw. erwartet wird, der aber den Privatbereich des Klägers, insbesondere dessen Zuhause, einschließt.
45Auch aus dem Brandschutzbedarfsplan 2004 der Beklagten ergibt sich nichts anderes. Aus der Schutzzielfestlegung, dass die ersten zehn Funktionen (Einsatzkräfte), zu denen der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten zählt, im Falle eines kritischen Wohnungsbrandes in einem Obergeschoss mit Menschenleben in Gefahr zur Menschenrettung nach einer Dispositionszeit von 1,5 Minuten in 90 % aller Fälle in acht Minuten am Einsatzort sein müssen, folgt keine individuelle dienstliche Verpflichtung des Klägers, im Falle einer Alarmierung innerhalb einer bestimmten Zeit am Einsatzort zu sein. Ungeachtet dessen, dass der Brandschutzbedarfsplan formalrechtlich nicht als an den Kläger gerichtete Dienstanweisung zu qualifizieren ist, wäre eine an den Kläger gerichtete Dienstanweisung, im Falle der Alarmierung während der Rufbereitschaftszeiten ausnahmslos innerhalb von acht Minuten an jedwedem denkbaren Einsatzort innerhalb des Stadtgebiets W. einzutreffen, analog § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unbeachtlich, weil auf eine unmögliche Leistung gerichtet, denn selbst der Brandschutzbedarfsplan unterstellt nicht in 100 %, sondern nur in 90 % der Fälle ein Eintreffen am Einsatzort innerhalb von acht Minuten nach Alarmierung. Dienstlich erwartet werden kann vom Kläger lediglich, sich innerhalb eines bestimmten Radius um das Stadtgebiet W. aufzuhalten, innerhalb dessen prognostisch in der großen Mehrzahl der Fälle im Normalfall mit einem Erreichen des Einsatzortes innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu rechnen ist, und sich nach Alarmierung unverzüglich mit dem zur Verfügung gestellten Einsatzfahrzeug an den Einsatzort zu begeben, wobei die genaue Eintreffzeit dann von den Umständen des Einzelfalls wie exakte Entfernung des Einsatzortes vom aktuellen Aufenthaltsort sowie Wetterlage und Verkehrslage abhängt, auf die der Kläger keinen Einfluss hat. Eine dienstliche Verpflichtung ohne zeitliche Vorgabe sieht die erst nach dem klagegegenständlichen Zeitraum in Kraft getreten schriftliche Dienstanweisung der Freiwilligen Feuerwehr W. „Organisation des Einsatzführungsdienstes“ vom 13. März 2015 nunmehr auch ausdrücklich vor, indem es dort unter „Führungsstufe B (B Dienst)“ – „Eintreffzeit“ heißt: „unverzügliche Einsatzaufnahme“.
46Nichts anderes ergibt sich ferner daraus, dass vollkommen unabhängig von möglichen dienstlichen Anweisungen oder Vorgaben gemäß Brandschutzbedarfsplan allein schon aus der Natur („Berufskodex“ der Feuerwehr) und dem insoweit übereinstimmenden Verständnis des Einsatzführungsdienstes folgt, dass die Aufenthaltsmöglichkeiten des Klägers während der Bereitschaftsdienstzeiten innerhalb eines engen Radius um das Stadtgebiet W. herum begrenzt sind und im Falle der Alarmierung eine unverzügliche, sofortige Dienstaufnahme durch den Kläger erwartet wird,
47vgl. zu diesem Aspekt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 - 4 S 94/12 -, juris, Rn. 19,
48mit der Konsequenz, dass der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt ist. Dass die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung während der Zeiten einer Rufbereitschaft eingeschränkt sind, ist der Rufbereitschaft immanent. Inhalt jeglicher Rufbereitschaft ist es – auch bereits begrifflich –, dass sich der Beamte bereithält, um von seinem Dienstherrn abgerufen zu werden, was impliziert, dass der Beamte Vorkehrungen für den Fall eines solchen Abrufs zu treffen hat und deshalb nicht uneingeschränkt in seiner Freizeitgestaltung ist. Dies ergibt sich auch aus § 44 LBG NRW, der gesetzlichen Grundlage für die Anordnung von Rufbereitschaft. Nach dieser Vorschrift kann der Beamte, wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in der Nähe seines Dienstortes aufzuhalten. Damit kommt zugleich klar zum Ausdruck, dass eine Radiusbegrenzung jeglicher Rufbereitschaft immanent ist, denn ohne gewisse – im einzelnen von den jeweiligen „besonderen dienstlichen Verhältnissen“ abhängige – räumliche Nähe zum Dienstort ist eine Dienstaufnahme innerhalb von Zeiten einer Rufbereitschaft gar nicht möglich. Der Verweis auf die „besonderen dienstlichen Verhältnisse“ macht gerade deutlich, dass die Dringlichkeit der Dienstaufnahme im Einzelfall unterschiedlich gelagert sein kann. Dass bei einem Feuerwehrbeamten die Dringlichkeit für die dienstliche Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaftszeit im Zweifel besonders hoch ist und deshalb eine größere Begrenzung des Aufenthaltsradius zu rechtfertigen vermag als bei manch anderem Rufbereitschaft leistendem Beamten, der im Falle der Dienstaufnahme während der Rufbereitschaftszeit weniger dringliche Aufgaben wahrzunehmen hat, liegt wiederum in der Natur der Sache. Das Gericht folgt deshalb nicht der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, nach der Rufbereitschaft zu verneinen ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, ohne dessen Aufenthaltsort konkret festzulegen, dadurch in der Wahl des Aufenthaltsorts beschränkt, dass er die Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit eng bestimmt (10 oder 20 Minuten) und dem Arbeitnehmer dadurch die Gestaltung seiner an sich arbeitsfreien Zeit faktisch entzieht,
49vgl. BAG, Urteile vom 19. Dezember 1991 - 6 AZR 592/89 -, NZA 1992, 560 f. = juris, und vom 31. Januar 2002 - 6 AZR 214/00 -, ZTR 2002, 432 = juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 2012 - 11 Sa 81/12 -, ZTR 2013, 19 = juris; LAG Köln, Urteil vom 13. August 2008 - 3 Sa 1453/07 -, ZTR 2009, 76 = juris; Hessisches LAG, Urteil vom 6. Oktober 2006 – 3 Sa 1439/05 -, juris; diesen Aspekt im Rahmen einer Gesamtschau heranziehend ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 – 4 S 94/12 -, juris.
50Abgesehen davon, dass arbeitsrechtliche Grundsätze wegen der Besonderheiten des beamtenrechtlichen Verhältnisses, insbesondere der beamtenrechtlichen Treuepflicht gegenüber dem Dienstherrn und dem Fehlen eines synallagmatischen Austauschverhältnisses, nicht uneingeschränkt auf das Beamtenrecht übertragbar sind, sieht das Gericht in der im vorliegenden Fall bestehenden Pflicht zur unverzüglichen, sofortigen Dienstaufnahme während der Rufbereitschaftszeiten auch keinen faktischen Entzug der dienstfreien Zeit, sondern lediglich eine Beschränkung der Möglichkeiten der Freizeitgestaltung währenddessen, die jedoch nicht derart gravierend ist, dass sie einem faktischen Entzug gleichkommt.
51Weil – wie ausgeführt – die Rufbereitschaft impliziert, dass der Beamte Vorkehrungen für den Fall eines Abrufs durch seinen Dienstherrn währenddessen zu treffen hat, sind Freizeitaktivitäten, die Verpflichtungen gegenüber Dritten enthalten, währenddessen von vornherein ausgeschlossen. Zu denken ist hier insbesondere an die Betreuung von Kindern, die während Rufbereitschaftszeiten – übrigens nicht nur für Rufbereitschaft leistende Feuerwehrbeamte wie den Kläger, sondern für sämtliche Rufbereitschaft leistende Beamte – nicht möglich ist, ohne dass eine andere Person unmittelbar zur Verfügung steht, um im Abruffall, mit dem jederzeit zu rechnen ist, die Betreuung fortzuführen. Jenseits derartiger ausgeschlossener Freizeitaktivitäten verbleibt jedoch – und hierin liegt der entscheidende Unterschied zu Bereitschaftsdienstzeiten, während derer der Dienstherr den Aufenthalt des Beamten außerhalb dessen Privatbereichs vorgibt – ein ausreichend großes Spektrum möglicher Freizeitaktivitäten, die von Rufbereitschaft leistenden Feuerwehrbeamten wie dem Kläger ausgeübt werden können. Als Kerninhalt möglicher Freizeitgestaltung sieht das Gericht insbesondere einen Aufenthalt zu Hause einschließlich der Möglichkeiten des schlichten (Aus-)Ruhens, der Durchführung entspannender Tätigkeiten und der Erledigung typischer alltäglicher Hausarbeiten an. All dies ist im Falle des Klägers gerade möglich. Auch außerhalb von Zuhause ist der Kläger zur Überzeugung des Gerichts unter Wahrung der zu beachtenden Radiusbegrenzung in zwar begrenztem, aber ausreichendem Maße in der Lage, seine Freizeit zu gestalten. Als mögliche Beispiele sind zu nennen etwa die Erledigung von Einkäufen, der Besuch kultureller oder sonstiger Veranstaltungen oder eigene sportliche Aktivitäten, sofern diese ortsgebunden in Reichweite des mitgeführten Dienstfahrzeuges durchgeführt werden. Soweit der Kläger im Erörterungstermin angegeben hat, er verzichte während der Rufbereitschaftszeiten auf seine übliche sportliche Betätigung in Form von Snooker, sieht das Gericht darin eine persönliche Entscheidung des Klägers, die angesichts der durch die Rufbereitschaft bestehenden Einschränkungen gerade nicht zwingend oder zumindest naheliegend ist, denn bei keinem der drei Kläger des vorliegenden Verfahrens, des Verfahrens 26 K 3505/14 und des Verfahrens 26 K 3720/14 erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum eine häufigere Alarmierung als durchschnittlich 1,28 mal pro Woche (Siebentageszeitraum). Der Kläger durfte deshalb das Risiko, während einer Snooker-Trainingseinheit alarmiert zu werden, als äußerst gering ansehen und musste sich nicht an deren Wahrnehmung gehindert sehen, sofern er sein Dienstfahrzeug in Reichweite abstellte. Gleiches gilt unter der Prämisse der Wahrung der Radiusbegrenzung für anderweitige Veranstaltungsbesuche oder Einkäufe. Sogar die Mitnahme von Familienangehörigen mit dem Dienstfahrzeug war dem Kläger nach übereinstimmenden Angaben von ihm und der Beklagten während der Rufbereitschaftszeiten gestattet und lediglich mit dem Risiko behaftet, dass die Familienangehörigen das Dienstfahrzeug im Falle eines Einsatzbefehls unverzüglich zu verlassen haben – ein Risiko, das das Gericht bei einem durchschnittlichen Einsatzbefehl von nur maximal 1,28 mal pro Woche als überschaubar und im Zeitalter der Mobiltelefonie, das es den Familienangehörigen in einem solchen seltenerweise denkbaren Fall ermöglicht, sofort ein Taxi herbeizurufen, fast vernachlässigenswert einstuft. Dementsprechend hat auch weder der Kläger des vorliegenden Verfahrens noch einer der beiden Kläger der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14 vorgetragen, dass es jemals zu einem derartigen Vorfall gekommen sei.
52Soweit der Kläger darüber hinaus während der Rufbereitschaftszeiten Vorkehrungen für eine schnelle Einsatzfähigkeit getroffen hat, wie etwa – entsprechend dem Vortrag von ihm und den Klägern der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14 im Erörterungstermin vom 24. Juli 2015 – in Form des Bereithaltens der Dienstkleidung während der Ruhezeiten direkt neben dem Bett oder in Form des vorsorglichen Entfernens des Schnees vom Einsatzfahrzeug und um das Einsatzfahrzeug herum im Falle von Schneefall im Winter nach gewissen Zeitabständen auch während der Nachtzeiten, um im Einsatzfall sofort losfahren zu können, handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts ungeachtet der Frage, inwieweit es sich hierbei um die Erfüllung dienstlicher Verpflichtungen oder um überobligatorische, dem „Berufskodex“ der Feuerwehr entwachsene Vorkehrungen handelte, nicht um Einschränkungen, die die grundsätzliche Möglichkeit für den Kläger, während dieser Zeiten in zumindest begrenztem Maße Ruhe und Entspannung zu finden und auch eigenen Freizeitaktivitäten nachzugehen, in entscheidendem Maße in Frage stellen. Diese Einschränkungen ändern nämlich nichts daran, dass während der Rufbereitschaftszeiten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bestehen, die für auf der Feuerwache Bereitschaftsdienst leistende Beamte nicht bestehen, was die qualitativ unterschiedliche Behandlung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Frage der Zuordnung zur Arbeitszeit rechtfertigt.
53Selbst wenn man hinsichtlich der streitgegenständlichen Rufbereitschaftszeiten entgegen der hier vertretenen Ansicht das Vorliegen der Voraussetzung, dass sich der Beamte an einem von seinem Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, bejaht, fehlt es an der Erfüllung der weiteren Voraussetzung für die Qualifizierung als Bereitschaftsdienst und damit als Arbeitszeit gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass währenddessen erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
54Letztere Voraussetzung ist nicht bereits dann erfüllt, wenn überhaupt jemals während der maßgeblichen Zeiten eine dienstliche Inanspruchnahme erfolgt, sondern hängt ab von der im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während dieser Zeiten. Danach entscheidet sich, ob während dieser Zeiten typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen ist, die diesen das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder eine Form der Rufbereitschaft darstellen, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90/07 -, a.a.O., juris, Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 – 4 S 94/12 -, juris, Rn. 23.
56Die Rufbereitschaftszeiten des Klägers wurden im streitgegenständlichen Zeitraum allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen. Die dienstliche Inanspruchnahme des Klägers für Einsätze während der Rufbereitschaftszeiten stellte bei quantitativer Betrachtung nicht die Regel, sondern die Ausnahme dar, wie sich aus folgenden Zahlen ergibt – und worin ein entscheidender Unterschied zum Sachverhalt, der dem in Bezug genommenen Urteil des VGH Baden-Württemberg zugrundeliegt, besteht: Der Kläger leistete im Zeitraum 1. August 2011 bis 30. April 2014 insgesamt 139 Rufbereitschaftsdienste; ein einzelner Rufbereitschaftsdienst begann dabei entweder um 7 Uhr oder mit Ende des regulären Tagesdienstes des jeweiligen Tages und endete jeweils um 7 Uhr des nachfolgenden Tages. Innerhalb von 19 dieser 139 Rufbereitschaftsdienste kam es zu einem Einsatz des Klägers. Dies entspricht einer Quote von 14 %. Fasst man die Rufbereitschaftsdienste zu Rufbereitschaftswochen à sieben Tage zusammen, was der regelmäßigen Dienstplangestaltung entspricht, ergibt sich eine durchschnittliche Einsatzhäufigkeit von 0,96-mal, also knapp einmal pro Siebentage-Rufbereitschaftswoche. Hinzu kommt, dass auch das durchschnittliche zeitliche Maß der Inanspruchnahme pro Einsatz äußerst geringfügig war. Auf insgesamt aufgerundet 2567 vom Kläger geleistete Rufbereitschaftsstunden im vorgenannten Zeitraum entfielen lediglich aufgerundet 26 Einsatzstunden. Durchschnittlich kam es somit nur während 1 % der Rufbereitschaftsstunden zu Einsätzen.
57Bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten handelt es sich auch nicht um Arbeitszeit im unionsrechtlichen Sinne, woraus folgt, dass durch diese Zeiten keine einen Ausgleichsanspruch begründende Überschreitung der nach Art. 6 Buchst. b Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl. EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9) höchstzulässigen Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden pro Siebentageszeitraum erfolgt sein kann.
58Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zählt die sogenannte Rufbereitschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer in der Weise Bereitschaftsdienst leistet, dass er ständig erreichbar ist, ohne jedoch zur Anwesenheit am Arbeitsplatz verpflichtet zu sein, nicht zur Arbeitszeit. Begründet wird dies damit, dass der Arbeitnehmer, selbst wenn er seinem Arbeitgeber in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, in dieser Situation doch freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen kann, so dass nur Zeit für die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistungen als Arbeitszeit anzusehen sei.
59Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98 -, Simap, Rn. 50, und vom 9. September 2003 – Rs. C-151/02 -, Jaeger, Rn. 51.
60Die vorgenannten Erwägungen gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes treffen exakt auf die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Rufbereitschaftszeiten des Klägers zu. Während dieser Rufbereitschaftszeiten kann er freier über seine Zeit verfügen, als er es könnte, wenn er entsprechend den Bereitschaftsdienstzeiten der Beamten des mittleren feuerwehrtechnischen Dienstes zur Anwesenheit auf der Feuerwache verpflichtet wäre. Insbesondere kann er während dieser Zeiten zumindest in – durch die für die sofortige Einsatzaufnahme erforderliche Radiusbegrenzung hinsichtlich seines Aufenthaltsortes bedingtem – beschränktem Maße auch eigenen Interessen nachgehen. Beispiele möglicher Freizeitbeschäftigungen des Klägers während der Rufbereitschaftszeiten hat das Gericht oben bereits benannt.
61Vor allem lässt es angesichts der geringen durchschnittlichen dienstlichen Inanspruchnahme des Klägers für Einsätze während der Rufbereitschaftszeiten auch der Regelungszweck der Richtlinie 2003/88/EG, Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung der Arbeitnehmer aufzustellen, nicht als geboten erscheinen, die Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit im unionsrechtlichen Sinne anzusehen. Da nämlich im Falle von Einsätzen während der Rufbereitschaftszeiten die Einsatzzeiten selbst zweifellos als Arbeitszeit einzustufen sind, resultiert aus solchen Einsatzzeiten ein an diese in Verbindung mit den sonstigen Arbeitszeiten anknüpfender Mindestschutz in Form von täglichen Ruhezeiten nach Art. 3, Ruhepausen nach Art. 4, wöchentlichen Ruhezeiten nach Art. 5 und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten nach Art. 6 Richtlinie 2003/88/EG. Im Falle von tatsächlichen Einsätzen während der Rufbereitschaftszeiten ist dadurch sichergestellt, dass der Kläger den für seine Gesundheit und Sicherheit erforderlichen arbeitszeitrechtlichen Mindestschutz zu erlangen hat und zu diesem Zweck nötigenfalls seine sonstigen Arbeitszeiten im Rahmen des Tagesdienstes und auch eventuelle sich unmittelbar anschließende Rufbereitschaftszeiten zu reduzieren sind, um ihm die im Mindestmaß erforderlichen Ruhezeiten zu ermöglichen.
62Aus letzteren Ausführungen folgt zugleich, dass der vom Kläger mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch auch nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch,
63vgl. zu diesem EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2011, 53 Rn. 47 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 -, NVwZ 2012, 1472 ff. = juris,
64gestützt werden kann, denn es fehlt an einem qualifizierten Verstoß der Beklagten gegen eine unionsrechtliche Norm. Insbesondere hat die Beklagte durch die Anordnung der Rufbereitschaftszeiten gegenüber dem Kläger nicht gegen Art. 6 Buchst. b Richtlinie 2003/88/EG, wonach die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich Überstunden nicht überschreiten darf, verstoßen.
65Weitere – ernsthaft in Betracht kommende – Anspruchsgrundlagen für den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Freizeitausgleichsanspruch sind nicht ersichtlich.
66Aus dem Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Freizeitausgleichsanspruchs sowohl auf der Grundlage des Grundsatzes von Treu und Glauben als auch auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs folgt, dass zugleich der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte finanzielle Ausgleichsanspruch einschließlich des von diesem abhängigen Rechtshängigkeitszinsanspruchs nicht besteht, denn dieser kann nur dann zum Tragen kommen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für den Freizeitausgleichsanspruch vorliegen, in der Rechtsfolge aber aus vom Beamten nicht zu vertretenden Gründen ein Freizeitausgleich nicht in angemessener Zeit gewährt werden kann, so dass sich der Anspruch auf Freizeitausgleich in einen solchen auf finanziellen Ausgleich umwandelt.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 -, a.a.O., juris, Rn. 28 ff.
68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger ist städtischer Beamter auf Lebenszeit und als Oberbrandmeister bei der Berufsfeuerwehr der Beklagten beschäftigt. Er will Freizeitausgleich für die Überschreitung der höchstens zulässigen Wochenarbeitszeit in den Jahren 2002 bis 2006 erhalten. Bis Ende 2006 betrug seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 56 Stunden. Davon entfielen 31 Stunden auf Bereitschaftsdienst; zwei Stunden wurden jeweils durch Freizeit ausgeglichen.
- 2
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Im Dezember 2001 beantragte der Kläger, ab dem 1. Januar 2002 bei der Gestaltung der Dienstpläne zu beachten, dass nach europäischem Gemeinschaftsrecht höchstens 48 Wochenstunden gearbeitet werden dürfen. Seiner Klage, ihm Freizeitausgleich im Umfang von 17 Stunden pro Monat zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht im Umfang von 7 Stunden pro Monat für die Zeit ab Oktober 2005 stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, insgesamt 12,11 Stunden pro Monat für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006 auszugleichen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
- 3
-
Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers sei in den Jahren 2002 bis 2006 unter Verstoß gegen Unionsrecht um sechs Wochenstunden zu hoch festgesetzt worden, weil der Bereitschaftsdienst im feuerwehrtechnischen Dienst als Vollarbeitszeit einzustufen sei. Deshalb stehe dem Kläger nach Treu und Glauben ein angemessener zeitlicher Ausgleich zu. Zu viel geleisteter Bereitschaftsdienst müsse allerdings nur mit einer Quote von 50 % angerechnet werden. Von dem sich hieraus ergebenden Anspruch von 17,11 Stunden seien nochmals fünf Stunden abzuziehen, da von jedem Beamten in diesem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit gefordert werden dürfe.
- 4
-
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt,
-
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006 Freizeitausgleich im Umfang von weiteren 4,89 Stunden je Kalendermonat zu gewähren, sowie die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2009 und des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Juli 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2006 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.
- 5
-
Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
- 6
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält das Berufungsurteil für richtig.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Er kann einen zeitlichen Ausgleich für zuviel geleisteten Dienst in dem von ihm beantragten Umfang von insgesamt 17 Stunden pro Monat für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006 beanspruchen. Soweit das Urteil des Oberverwaltungsgerichts den geltend gemachten Anspruch im Umfang von 4,89 Stunden im Monat abgewiesen hat, verletzt es revisibles Recht (§ 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).
- 8
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Der geltend gemachte Anspruch folgt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben i.V.m. § 78a Abs. 1 Satz 2 LBG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV NRW S. 234, ber. 1982, S. 256). Voraussetzung für diesen Anspruch ist eine rechtswidrige Inanspruchnahme des Beamten über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus. Der Anspruch ist auf einen zeitlichen Ausgleich im Umfang der rechtswidrig verlangten Zuvielarbeit gerichtet. Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind in vollem Umfang auszugleichen; ein Abzug von fünf ausgleichslos zu leistenden Stunden ist jedenfalls in Fällen, in denen die normativ festgesetzte Höchstarbeitszeit rechtswidrig überschritten worden ist, nicht zulässig. Zudem entsteht der Ausgleichsanspruch mit Wirkung für die Zukunft erst, wenn der Beamte ihn geltend macht.
- 9
-
Zieht der Dienstherr einen Beamten auf der Grundlage einer rechtswidrig zu hoch festgesetzten regelmäßigen Arbeitszeit zum Dienst heran oder nimmt ihn über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus in Anspruch, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig (Zuvielarbeit). Soweit das jeweils maßgebliche Bundes- oder Landesbeamtenrecht keine Regelung dazu enthält, ob und in welchem Umfang eine solche Inanspruchnahme auszugleichen ist, bedeutet dies jedoch nicht, dass derartige Zuvielarbeit folgenlos bleibt. Vielmehr ist die im Einzelfall einschlägige Vorschrift - im vorliegenden Fall § 78a Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. - nach Treu und Glauben in einer Weise zu ergänzen, die die Interessen des Beamten und des Dienstherrn auch bei einer rechtswidrigen Inanspruchnahme des Beamten zu einem billigen Ausgleich bringt und dabei dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung gerecht wird. Beamte, die von Zuvielarbeit betroffen sind, haben deshalb einen Anspruch auf angemessene Dienstbefreiung (vgl. Urteil vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38, S. 6 f. und Beschluss vom 10. Juni 2009 - BVerwG 2 B 26.09 - juris Rn. 5 ff.).
- 10
-
Im vorliegenden Fall ist der geltend gemachte Anspruch gegeben. Ein Fall der Zuvielarbeit über die Grenze der höchstens zulässigen Wochenarbeitszeit hinaus liegt vor. Der Kläger hat in den Jahren 2002 bis einschließlich 2006 - abgesehen von zwei weiteren Stunden, für die Freizeitausgleich bereits gewährt worden ist - regelmäßig anstelle der unionsrechtlich zulässigen 48 Wochenstunden 54 Stunden Dienst geleistet. Diese Zuvielarbeit von sechs Stunden wöchentlich ergibt bei pauschalierter Berücksichtigung von Urlaubszeiten einen Umfang von 24 Stunden im Monat.
- 11
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Zwar hat sich die Beklagte bei der Erstellung der Dienstpläne an § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in den Feuerwehren der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen (AZVOFeu) in den hier maßgeblichen Fassungen vom 29. September 1998 und vom 18. Februar 2003 (GV. NW 1998 S. 589 und 2003 S. 74) sowie des Gesetzes vom 5. April 2005 (GV. NW S. 306) orientiert. Diese Bestimmung ließ eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 54 Stunden zu, aufgeteilt in 23 Stunden Vollarbeitszeit und 31 Stunden Bereitschaftsdienst. Nach dem Konzept des Normgebers entsprach dies bei einer Anrechnung des Bereitschaftsdienstes zu 50 % einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen vom 28. Dezember 1986, GV. NW 1987 S. 15). Die Vorschrift war jedoch, soweit sie eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 48 Stunden festsetzte, wegen Verstoßes gegen Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (EGRL 2003/88, ABl L 299 vom 18. November 2003, S. 9, Arbeitszeitrichtlinie) unanwendbar.
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Nach Art. 6 Buchst. b EGRL 2003/88, der Art. 6 Nr. 2 der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl L 307 vom 13. Dezember 1993, S. 18) ersetzt, darf die wöchentliche Arbeitszeit einschließlich der Überstunden einen Umfang von 48 Stunden nicht überschreiten. Unter Arbeitszeit ist nach Art. 2 Nr. 1 EGRL 2003/88 jede Zeitspanne zu verstehen, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Nach dieser Begriffsbestimmung zählen auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes - einschließlich der "inaktiven Zeiten" - ohne Abstriche als Arbeitszeit, wenn der Beamte sie an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs leistet und sich zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereithält, und wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (Urteile vom 29. April 2004 - BVerwG 2 C 9.03 - Buchholz 240 § 48 BBesG Nr. 8 Rn. 17 und vom 22. Januar 2009 - BVerwG 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31; EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 und vom 9. September 2003 - Rs. C-151/02, Jäger - Slg. 2003, I- 8389, stRspr). Daraus folgt, dass Bereitschaftsdienst in die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit in vollem Umfang einzubeziehen ist. Die vom Kläger regelmäßig geleisteten 31 Stunden Bereitschaftsdienst zählen daher als Vollarbeitszeit, da die Beamten in der Dienststelle anwesend sein mussten und jederzeit in einen Einsatz berufen werden konnten (vgl. § 2 Abs. 1, 2 AZVOFeu).
- 13
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Die unionsrechtliche Arbeitszeitrichtlinie (EGRL 2003/88) gilt auch für Feuerwehrleute (vgl. EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I- 7111). Sie ist auch unmittelbar anwendbar, da sie trotz eindeutigen Norminhalts nicht hinreichend in deutsches Recht umgesetzt worden und die Umsetzungsfrist der Vorgängerrichtlinie bereits seit 1996 abgelaufen ist (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2001, 53 Rn. 35 ff.).
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Die Anordnung einer regelmäßigen Arbeitszeit, die über die unionsrechtlich höchstens zulässige Wochenarbeitszeit hinausgeht, kann auch nicht als Mehrarbeit gerechtfertigt werden. Die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit lagen nicht vor. Zum einen darf die unionsrechtliche Höchstarbeitszeitgrenze von 48 Wochenstunden auch durch die Anordnung von Mehrarbeit - außerhalb der vom Unionsrecht vorgesehenen Verfahren - nicht überschritten werden. Zum anderen soll Mehrarbeit einen vorübergehenden außergewöhnlichen Bedarf decken (vgl. § 78a Abs. 1 Satz 1 LBG NW), nicht aber eine dauerhafte Erhöhung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit bewirken.
- 15
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Der Anspruch ist auf zeitlichen Ausgleich in angemessenem Umfang gerichtet. Als angemessen ist der zeitliche Ausgleich von Zuvielarbeit grundsätzlich anzusehen, wenn er ebenso lang ist wie der zuvor geleistete rechtswidrig geforderte Dienst (Urteil vom 28. Mai 2003 a.a.O. Rn. 23). Dabei ist die in Form von Bereitschaftsdienst geleistete Zuvielarbeit mit demselben Gewicht zu bewerten wie zu viel geleistete Vollarbeitszeit; ein Abzug von weiteren fünf Stunden monatlich scheidet aus. Allerdings entsteht der Anspruch für die Zukunft erst, wenn er geltend gemacht wird.
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Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Zeiten des Bereitschaftsdienstes müssten nicht in demselben Umfang ausgeglichen werden wie Vollarbeitszeit, entspricht nicht dem gebotenen Ausgleich nach Treu und Glauben. Dem Interesse des Beamten, der die rechtswidrig von ihm verlangte Dienstleistung - pflichtgemäß - zunächst erbracht hat, an einem vollen Ausgleich für die Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit steht kein gleich gewichtiges Interesse des Dienstherrn an einer Reduzierung des Ausgleichsumfangs gegenüber. Dem berechtigten öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der Dienstbereitschaft im feuerwehrtechnischen Dienst kann durch geeignete Maßnahmen bei der Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich Rechnung getragen werden. So kann etwa der Zeitraum, in dem der Freizeitausgleich bewirkt werden muss, nach dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden, um die Einsatzbereitschaft dauerhaft sicher zu stellen. Auch das Angebot einer finanziellen Abgeltung des Anspruchs auf Freizeitausgleich kommt in Betracht. Eine Ermäßigung des zeitlichen Ausgleichs durch eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes ist hierfür nicht erforderlich. Sie würde dem Ziel des Anspruchs - Ausgleich eines von dem Dienstherrn begangenen Rechtsfehlers (vgl. Beschluss vom 10. Juni 2009 a.a.O. Rn. 8) - auch nicht gerecht, sondern könnte im Gegenteil als Anreiz für die Fortführung einer derartigen Praxis wirken. Auch fiskalische Interessen des Dienstherrn an einer Reduzierung des Ausgleichsanspruchs spielen bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs keine Rolle, da dem Dienstherrn aus einer langjährigen unionsrechtswidrigen Praxis keine Vorteile erwachsen dürfen.
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Eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs führt zudem zu einem Wertungswiderspruch zu den Normzielen des unionsrechtlichen Arbeitszeitrechts. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit, in die sowohl Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als auch Überstunden einzurechnen sind, ist zum Schutz der Gesundheit und der Arbeitssicherheit festgelegt worden (vgl. Art. 1 Abs. 1 sowie Erwägungsgründe 4 und 11 EGRL 2003/88). Ein ermäßigter Ausgleich des geleisteten Bereitschaftsdienstes würde diese Schutzziele gefährden. Denn er würde letztlich dazu führen, dass Überschreitungen der höchstens zulässigen Arbeitszeit, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes und der Arbeitssicherheit vermieden werden sollen, dauerhaft nur teilweise auszugleichen wären. Den betroffenen Beamten würde die Möglichkeit, ihre Dienstfähigkeit durch Freizeitausgleich umfassend wieder herzustellen, teilweise genommen. Mögliche normative Anknüpfungspunkte für eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes im innerstaatlichen Recht sind demgegenüber ohne Bedeutung, da sie der Verpflichtung zuwider laufen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Bestimmung von Art und Höhe einer Entschädigung für Zuvielarbeit nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dem nationalen Recht vorbehalten wird (Urteile vom 5. Mai 1996 - Rs. C-46/93 und 48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 Rn. 82 f. und vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 91 ff.; vgl. auch Art. 153 AEUV).
- 18
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Der Anspruch auf vollen Ausgleich für Zuvielarbeit über die wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus kann aus den genannten Gründen auch nicht um fünf Stunden monatlich reduziert werden. Denn auch dies würde dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung widersprechen. Die Sanktionierung einer unionsrechtswidrigen Praxis würde zudem das Gebot verletzen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, weil die Überschreitung der normativ festgelegten Höchstarbeitszeit in diesem Umfang folgenlos bliebe. Zwar sind Beamte grundsätzlich verpflichtet, in gewissem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit zu leisten (vgl. § 78a Abs. 1 LBG NRW a.F., § 61 LBG NRW, § 88 BBG). Dies gilt jedoch nicht, wenn die unionsrechtlich verbindliche Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit bereits erreicht ist, da diese durch Mehrarbeitsstunden grundsätzlich nicht überschritten werden darf (Art. 6 Buchst. b EGRL 2003/88); Abweichungen sind nur im Rahmen der unionsrechtlichen Bestimmungen zulässig (vgl. Art. 17, 18 und 22 EGRL 2003/88).
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Der Anspruch auf zeitlichen Ausgleich für Zuvielarbeit muss allerdings von dem Beamten gegenüber seinem Dienstherrn ausdrücklich geltend gemacht werden. Ein Ausgleich kommt nur für Zuvielarbeit in Betracht, die der Beamte nach Antragstellung leisten muss. Ein Ausgleich der vorher erbrachten Zuvielarbeit ist unabhängig davon, ob der Anspruch verjährt ist oder nicht, nicht angemessen und würde dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen. Dies folgt aus der sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Pflicht, auch im Rahmen eines Ausgleichs für rechtswidriges Verhalten auf die Belange des Dienstherrn Rücksicht zu nehmen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich auf die gegen ihn erhobenen Ansprüche einzustellen. Der Dienstherr hat ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit hohen Ausgleichsforderungen belastet zu werden. Auch der Zweck des Anspruchs, durch Freizeitausgleich die besonderen gesundheitlichen Belastungen der Zuvielarbeit auszugleichen, spricht für das Erfordernis einer Geltendmachung im zeitlichen Zusammenhang mit der Belastung. Hiervon unabhängig ist es dem Beamten in dem von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägten Verhältnis zu seinem Dienstherrn zuzumuten, seinem Begehren auf Gewährung von zeitlichem Ausgleich frühzeitig Ausdruck zu verleihen, zumal an einen solchen Antrag keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Urteile vom 27. Mai 2010 - BVerwG 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 14, 15 und vom 13. November 2008 - BVerwG 2 C 16.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 101 Rn. 21 ff.).
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Dies ist mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 71 ff.) vereinbar. Zwar darf die Ausübung der Rechte, die dem Einzelnen aus den unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Unionsrechts erwachsen, nicht durch die Ausgestaltung des innerstaatlichen Verfahrensrechts unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Insbesondere darf der Anspruch eines Beamten auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Verstoß der Behörden gegen Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 entstanden ist, nicht davon abhängig gemacht werden, dass zuvor ein Antrag auf Einhaltung dieser unionsrechtlichen Bestimmung bei seinem Dienstherrn gestellt wurde (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 90). Denn das Recht der Europäischen Union ist von den Behörden und Gerichten der Mitgliedstaaten unabhängig davon anzuwenden, ob seine Anwendung ausdrücklich beantragt worden ist oder nicht. Dies steht jedoch dem Erfordernis eines Antrags auf Gewährung von zeitlichem Ausgleich für die Zukunft nicht entgegen. Ohne einen derartigen Antrag muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit beanstanden, zumal ihn zunächst die Pflicht trifft, die von ihm verlangte Zuvielarbeit zu leisten. Der Antrag ist vielmehr erforderlich, eine Prüfung mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen. Eine übermäßige Erschwerung der Durchsetzung von Unionsrecht liegt darin ebenso wenig wie beispielsweise in der normativen Festsetzung angemessener Ausschluss- und Verjährungsfristen (vgl. zu § 15 Abs. 4 AGG EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke - NZA 2010, 869).
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Nach diesen Maßstäben ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch in vollem Umfang gegeben; die Beschränkung auf 17 Stunden monatlich ergibt sich daraus, dass der Kläger seinen Antrag auf diesen Umfang beschränkt hat. Der Kläger hat auch den erforderlichen Antrag rechtzeitig, nämlich im Dezember 2001 mit Wirkung für die Zeit ab Januar 2002, gestellt.
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Ob der Kläger zusätzlich einen unmittelbar aus Unionsrecht abgeleiteten Anspruch geltend machen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 a.a.O.), muss nicht entschieden werden. Denn der auf Treu und Glauben gestützte Anspruch auf Freizeitausgleich wird dem vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Erfordernis gerecht, dass die Entschädigung dem erlittenen Schaden angemessen ist und dass ein effektiver Schutz der unionsrechtlichen Rechte des Einzelnen gewährleistet wird (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 91 ff.).
(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.
(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.
(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.
(1) Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, so findet zur Festsetzung einer Geldentschädigung, einer Naturalwertrente (§ 25), einer zusätzlichen Geldentschädigung (§ 24 Satz 1) oder einer Ausgleichszahlung (§ 24 Satz 2) das Entschädigungsverfahren statt.
(2) Die Enteignungsbehörde hat die Entschädigung in einem nötigenfalls an Ort und Stelle abzuhaltenden Termin (Entschädigungstermin) mit den Beteiligten zu erörtern. Das Entschädigungsverfahren ist möglichst mit dem Planprüfungsverfahren zu verbinden.
(3) Zum Termin sind die Beteiligten zu laden. Die Ladungsfrist beträgt zwei Wochen. § 33 Abs. 4 ist anzuwenden; auf den Inhalt dieser Vorschrift ist in der Ladung hinzuweisen.
(4) § 33 Abs. 6 ist sinngemäß anzuwenden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.12.2011, Az. 10 Ca 2123/11, wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 96.859,72 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 103.859,72 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten darüber, ob die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteten Dienste des Klägers als Rufbereitschaft oder als Bereitschaftsdienste zu vergüten sind.
- 2
Der Kläger ist seit dem 01.07.1992 als Oberarzt in der Anästhesie bei der Beklagten bzw. ihrem Rechtsvorgänger zu einem Gehalt von zuletzt 7.000,-- EUR brutto beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 19.05.1992 galten für das Arbeitsverhältnis zunächst die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR). Im Oktober 2005 vereinbarten die Parteien, dass die AVR durch den Bundesangestelltentarifvertrag in der Kirchlichen Fassung (BAT-KF) abgelöst werden.
- 3
Der Kläger arbeitet montags bis freitags jeweils von 7:30 Uhr bis 16:30 Uhr. Darüber hinaus gehört zu seinen Aufgaben auch das Verrichten von zusätzlichen Diensten an Wochentagen von 16:30 Uhr bis 7:30 Uhr sowie an Wochenenden zwischen 7:30 Uhr und 7:30 Uhr am folgenden Tag. Während der Dienste ist der Kläger verpflichtet, die Geburtshilfeabteilung anästhesiologisch zu betreuen. Der Alarmierungsplan der Beklagten mit dem Titel „Sectio im Bereitschaftsdienst“ vom 02.06.2008 sieht bei einer akuten Vitalbedrohung für Mutter und/oder Kind eine Arbeitsaufnahme des Klägers binnen 15 bis 20 Minuten vor. Es besteht keine Anordnung der Beklagten, dass ein Assistenzarzt während der Abwesenheit des Klägers vor Ort ist, um die für den erforderlichen Eingriff notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen oder telefonische Anweisungen des Klägers entgegenzunehmen.
- 4
Der Kläger ist seitens der Beklagten nicht verpflichtet, sich während dieser Dienste an einer von der Beklagten bestimmten Stelle aufzuhalten. Er hat in der Nähe des Klinikgeländes seinen Wohnsitz.
- 5
Mit Schreiben vom 31.03.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten, rückwirkend zum 01.10.2008 die Bewertung seiner Dienste von Rufbereitschaftsdiensten in Bereitschaftsdienste zu ändern und entsprechend tariflich zu bezahlen. Eine erneute Aufforderung erfolgte mit Schreiben vom 27.09.2010.
- 6
Mit der am 14.06.2011 eingereichten Klage begehrt der Kläger die Vergütung der im Zeitraum von Oktober 2008 bis März 2011 geleisteten zusätzlichen Dienste als Bereitschaftsdienste. Ausgehend von einer Arbeitsleistung von bis zu 25 v.H. innerhalb der angeordneten Dienste berechnet er die Stunden mit 60 % als Arbeitszeit. Zur Berechnung der Höhe der Forderung wird auf Anlage K 10 zur Klageschrift, Bl. 24f d.A., verwiesen.
- 7
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass er trotz seiner Abwesenheit vom Krankenhausgelände keine Rufbereitschaftsdienste, sondern Bereitschaftsdienste verrichte. Im Gegensatz zu einem Bereitschaftsdienst mit sofortiger Arbeitsaufnahme solle der Arbeitnehmer im Falle einer Rufbereitschaft seine Freizeit frei gestalten können. Bei einer zeitlichen Vorgabe der Arbeitsaufnahme binnen 15 bis 20 Minuten sei dies nicht möglich.
- 8
Der Kläger hat beantragt,
- 9
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 96.859,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und festzustellen, dass die Anweisung der Beklagten an ihn, im Falle der Rufbereitschaft innerhalb von 15 – 20 Minuten nach Abruf die Arbeit aufzunehmen, unwirksam ist.
- 10
Die Beklagte hat beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Die Beklagte hat vorgetragen, die streitgegenständlichen Dienste seien als Rufbereitschaft einzuordnen, da der Kläger keiner Aufenthaltsbeschränkung unterliege.
- 13
Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Entscheidung vom 15.12.2011, Aktenzeichen 10 Ca 2123/11, der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
- 14
Die streitgegenständlichen Dienste des Klägers seien als Bereitschaftsdienste zu qualifizieren und daher auch entsprechend zu vergüten. Bei einer zeitlichen Vorgabe von 20 Minuten zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme bestehe für den Kläger keine Möglichkeit, seine arbeitsfreie Zeit frei zu gestalten. Dies sei mit dem Wesen der Rufbereitschaft nicht zu vereinbaren.
- 15
Das Urteil ist der Beklagten am 16.01.2012 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit Telefax vom 13.02.2012 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 07.03.2012, eingegangen am 08.03.2012, begründet.
- 16
Die Beklagte ist der Auffassung, der Zahlungsantrag sei bereits unzulässig mangels Rechtsschutzbedürfnisses. Die Parteien hätten im gerichtlichen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Koblenz vom 29.06.2005, Aktenzeichen 3 Ca 798/04, rechtskräftig vereinbart, dass die streitgegenständlichen Dienste des Klägers als Rufbereitschaft zu vergüten seien. Der Vergleich habe präjudizielle Wirkung. In der damaligen mündlichen Verhandlung vom 24.05.2005 habe der Kläger auch ausdrücklich erklärt, dass er immer Rufbereitschaftsdienst geleistet habe.
- 17
Der Antrag sei auch unbegründet. Da hier gerade keine Aufenthaltsbeschränkung durch den Arbeitgeber angeordnet war, sei die Tätigkeit des Klägers als Rufbereitschaft zu qualifizieren. Das in der angefochtenen Entscheidung zitierte Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.1991, Aktenzeichen 6 AZR 592/89, werde vom Arbeitsgericht unzutreffend zugunsten des Klägers herangezogen, denn im dortigen Fall habe der Arbeitnehmer innerhalb von nur 10 Minuten seinen Dienst antreten müssen.
- 18
Der Qualifizierung der Dienste des Klägers als Rufbereitschaft stehe auch nicht das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31.01.2001, Aktenzeichen 6 AZR 214/00, entgegen. Die damalige Feststellung, dass eine zeitliche Vorgabe von 20 Minuten zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme im Rahmen einer Rufbereitschaft nicht zulässig sei, sei in Folge der technischen Entwicklung auf dem Gebiet der modernen Kommunikationstechnologie zwischenzeitlich überholt.
- 19
Die Beklagte beantragt,
- 20
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.12.2011, Aktenzeichen 10 Ca 2123/11, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
- 21
Der Kläger beantragt,
- 22
die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.12.2011, Aktenzeichen 10 Ca 2123/11 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass es sich bei dem Geldbetrag in Ziffer 1 des Tenors um einen Bruttobetrag handelt.
- 23
Der Kläger vertritt die Meinung, der gerichtliche Vergleich vom 29.06.2005 habe keine präjudizielle Wirkung, da der Vergleich im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags vereinbart worden sei. Übe der Arbeitgeber, wie hier, sein Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht aus, weil der Wohnort des Arbeitnehmers in unmittelbarer Nähe zur Arbeitsstelle liegt, so könne allein der Aufenthaltsort des Arbeitnehmers nicht ausschlaggebendes Kriterium für die Unterscheidung zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst sein. Entscheidendes Kriterium für die Unterscheidung sei, dass der Mitarbeitende auf Abruf die Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet.
- 24
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger den Feststellungsantrag unter Ziffer 2 des erstinstanzlichen Urteilstenors zurückgenommen.
- 25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien und die Feststellungen in den Sitzungsprotokollen verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 26
Die nach § 64 Abs. 2b ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.
- 27
B. In der Sache ist die Berufung jedoch nicht begründet. Der Leistungsantrag sowohl zulässig als auch begründet.
- 28
Für den Leistungsantrag besteht entgegen der Auffassung der Beklagten ein Rechtsschutzbedürfnis.
- 29
Soweit sich die Beklagte auf eine präjudizielle Wirkung des Vergleichs vor dem Arbeitsgerichts Koblenz vom 29.06.2005 beruft, kann ihr hierin nicht gefolgt werden. Der Vergleich kam zu einem Zeitpunkt zustande, als noch die AVR auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fanden. Zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2005 vereinbarten die Parteien jedoch einvernehmlich die Geltung des BAT in seiner Kirchlichen Fassung (BAT-KF). Seither ist es ausgeschlossen, dass die vom Kläger geleisteten Dienste auf der Grundlage des in Ziffer 2 des Vergleichs vereinbarten Wahlrechts nach den Regelungen der AVR abgerechnet werden dürfen. Der damalige Vergleich, der auf der Grundlage eines anderen Tarifvertrags vereinbart wurde, steht der Zulässigkeit des hiesigen Verfahrens nicht entgegen. Hier ist auf der Grundlage der Regelungen in § 7 Abs. 3 und Abs. 4 BAT-KF neu zu prüfen, ob die Dienste des Klägers als Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienste zu qualifizieren sind.
- 30
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger im damaligen Prozess auch nicht zugestanden, dass er Rufbereitschaftsdienste für die Beklagte leistet. Im Protokoll der Sitzung vom 24.05.2005 erklärte der Kläger lediglich, dass für ihn in den vergangenen Jahren von der Arbeitgeberseite immer Rufbereitschaftsdienst angeordnet worden sei. Dies entspricht der rechtlichen Auffassung der Beklagten. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass der Kläger tatsächlich Rufbereitschaft geleistet hat und auch heute noch leistet.
- 31
Der Leistungsantrag ist auch begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 96.859,72 EUR brutto gemäß § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und § 8 Abs. 7 BAT-KF.
- 32
Die Beklagte hat mit dem Alarmierungsplan „Sectio im Bereitschaftsdienst“ vom 02.06.2008 Bereitschaftsdienst für den Kläger angeordnet. Dies folgt zum einen bereits aus der Bezeichnung des zu leistenden Dienstes in der Überschrift des Alarmierungsplans, zum anderen auch aus den tariflichen Vorschriften.
- 33
Nach § 7 Abs. 3 BAT-KF leisten Mitarbeitende Bereitschaftsdienst, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Bereitschaftsdienst darf nur angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.
- 34
In Abgrenzung hierzu leisten Mitarbeitende gemäß § 7 Abs. 4 BAT-KF Rufbereitschaft, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Rufbereitschaft darf angeordnet werden, wenn nur in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.
- 35
Danach unterscheiden sich Ruf- und Arbeitsbereitschaft durch die unterschiedliche Bestimmung des Aufenthaltsortes. Bei der Rufbereitschaft bestimmt der Arbeitnehmer, bei der Arbeitsbereitschaft der Arbeitgeber den Aufenthaltsort.
- 36
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dem Kläger nicht vorgegeben, an welchem Ort er sich während des Dienstes aufzuhalten hat. Dies spricht grundsätzlich für das Vorliegen von Rufbereitschaft. Doch wird die die eigene Wahl des Aufenthaltsortes für den Arbeitnehmer insofern eingeschränkt, als dieser Ort nur so weit von der Arbeitsstelle entfernt liegen darf, dass er innerhalb von 15 bis 20 Minuten seinen Dienst im Krankenhaus aufnehmen kann. Durch diese genau bestimmte Beschränkung der Wegezeit zwischen Aufenthaltsort und Aufnahme der Arbeit kann der Arbeitnehmer nicht mehr frei den Aufenthaltsort bestimmen. Durch den Faktor Zeit wird letztlich die Bestimmung des Aufenthaltsortes durch den Arbeitgeber streng reglementiert. Das Bundesarbeitsgericht hat daher mit Urteil vom 19.12.1991, Aktenzeichen 6 AZR 592/89, entschieden, dass bei einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Zeit von 10 Minuten zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit ein Fall von Arbeitsbereitschaft vorliegt.
- 37
Auch bei der hier vorgegebenen Zeitspanne von 15 - 20 Minuten zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit liegt eine Anordnung von Arbeitsbereitschaft vor.
- 38
Im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst, der im Bedarfsfall die sofortige Arbeitsaufnahme ermöglichen soll und der deshalb am Arbeitsplatz zu leisten ist, ermöglicht die Rufbereitschaft dem Arbeitnehmer grundsätzlich die Gestaltung seiner an sich arbeitsfreien Zeit. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben muss, sich um persönliche und familiäre Angelegenheiten zu kümmern, an sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen, sich mit Freunden zu treffen etc. Dies ist bei einer zeitlichen Vorgabe von 20 Minuten zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme nicht möglich. Bei einer solchen Zeitvorgabe ist der Arbeitnehmer faktisch gezwungen, sich in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes aufzuhalten, um die Arbeit bei Bedarf fristgerecht aufnehmen zu können. Dies ist mit dem Wesen der Rufbereitschaft nicht zu vereinbaren (BAG 31.01.2002 – 6 AZR 214/00 - zitiert nach juris, Rn. 22).
- 39
Hier ermöglicht die Beklagte dem Kläger durch die nicht vorgegebene Aufenthaltsbestimmung, dass er sich während der Dienste in seiner nahegelegenen Wohnung aufhalten kann. Damit kann er sich um familiäre Angelegenheiten kümmern. Dies allein reicht aber nicht aus, um die Dienste als Rufbereitschaft zu bewerten, denn dem Kläger wird durch die zeitliche Vorgabe, innerhalb von 15 bis 20 Minuten den Dienst aufzunehmen, die Möglichkeit genommen, sich während der Dienste frei zu bewegen und sich auch anderen privaten Interessen und Hobbys zu widmen.
- 40
Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt sich die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung vom 31.01.2002 nicht als veraltet dar. Auch vor 10 Jahren bestand schon die Möglichkeit, den Arbeitnehmer durch Anruf auf seinem Mobiltelefon zum Dienst zu rufen. Daran hat sich in den letzten 10 Jahren nichts geändert. Der Arbeitnehmer kann sich während des Dienstes an vielen verschiedenen Orten aufhalten, da er durch Mobiltelefon und mobiles Internet an sehr vielen Orten schnell erreichbar ist. Entscheidend bleibt aber, dass er sich in einer solchen Nähe zum Krankenhaus befinden muss, die es ihm gestattet, innerhalb der vorgegebenen Zeitspanne am Arbeitsplatz zu erscheinen. An der Zeitspanne, die für die zurückzulegenden Wege vom Aufenthaltsort zum Arbeitsplatz erforderlich ist, hat sich in den vergangenen 10 Jahren nichts geändert.
- 41
Der Kläger hat die Höhe seines Zahlungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 7 BAT-KF ordnungsgemäß berechnet. Danach wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen in Arbeitszeit umgerechnet. Der Kläger hat hier seinen Anspruch auf der Grundlage der Stufe I berechnet: Unter Zugrundelegung einer Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes von bis zu 25 v.H. hat er die Zeit des Bereitschaftsdienstes zu 60 v.H. als Arbeitszeit gewertet. Hieraus resultiert für den Zeitraum von Oktober 2008 bis März 2011 ein Zahlungsanspruch in Höhe von 96.859,72 EUR brutto. Einwendungen zur Höhe der Forderung sind von der Beklagten nicht vorgetragen worden.
- 42
Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
- 43
C. Nach alledem ist die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
- 44
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 0.0.1961 geborene Kläger steht seit dem 1. Juli 2011 als Beamter im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten. Als Feuerwehrbeamter im Führungsdienst leistet der Kläger grundsätzlich Tagesdienst im Rahmen einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden innerhalb einer Fünf-Tage-Woche (montags bis freitags) gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (AZVO NRW).
3Neben seinen regulär während dieser Arbeitszeiten anfallenden dienstlichen Aufgaben (Teamleitungsaufgaben, spezifische Sachgebietsaufgaben) nimmt der Kläger – wie auch die weiteren Beamten im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten – im Einsatzfall die Aufgaben des Einsatzführungsdienstes (sog. B-Dienst) wahr. Diese Aufgaben entsprechen der Führungsstufe B gemäß der bundeseinheitlichen Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 (FwDV 100) mit dem Titel „Führung und Leitung im Einsatz – Führungssystem“, Ausgabe März 1999,
4in Nordrhein-Westfalen erstmals in Kraft gesetzt durch Runderlass des Innenministeriums vom 23. Dezember 1999 und aktuell weiter in Kraft durch Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 11. September 2012 - 73-52.06.04 -, MBI. NRW S. 635.
5Gemäß Ziffer 3.2.5 der FwDV 100 ergeben sich die Gliederung und die personelle Besetzung der Einsatzleitung fließend aus der Entwicklung des Schadens- bzw. Aufgabenumfanges, wobei es hierbei zweckmäßigerweise die folgenden vier Führungsstufen gibt:
6- 7
Führungsstufe A: “Führen ohne Führungseinheit”,
- 8
Führungsstufe B: “Führen mit örtlichen Führungseinheiten”,
- 9
Führungsstufe C: “Führen mit einer Führungsgruppe”,
- 10
Führungsstufe D: “Führen mit einer Führungsgruppe beziehungsweise mit einem Führungsstab”.
Die Führungsstufe A entspricht dabei dem geringstdenkbaren Schadens- bzw. Aufgabenumfang und kommt bei taktischen Einheiten bis zur Stärke von zwei Gruppen zum Einsatz. Bei darüber hinausgehender Einsatzstärke in Form eines kompletten Zuges oder Verbandes kommt die Führungsstufe B zum Tragen. Der Beamte des Einsatzführungsdienstes erfüllt in einem derartigen Einsatzfall die Aufgaben eines Einsatzleiters im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG NRW).
12Um die Wahrnehmung der Aufgaben des Einsatzführungsdienstes (B-Dienstes) außerhalb der regulären Arbeitszeiten – insbesondere während der Abend- und Nachtstunden sowie der gesamten Wochenend- und Feiertage – sicherzustellen, ordnet die Beklagte durch Dienstpläne gegenüber dem Kläger im Wechsel mit den weiteren Beamten im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst regelmäßig Rufbereitschaft an, und zwar je Beamten in der Regel ca. siebenmal pro Jahr über einen Zeitraum von jeweils sieben zusammenhängenden Tagen. Während einer derartigen Rufbereitschaftswoche versieht der Kläger seinen regulären Tagesdienst im Rahmen der 41-Stunden-Woche auf der Feuerwache und leistet nach jeweiligem Dienstende bis zum Dienstbeginn des nächsten Tages bzw. im Falle fehlenden Dienstes bis 7 Uhr des nächsten Tages Rufbereitschaft. An Wochenend- und Feiertagen beginnt die Rufbereitschaft um 7 Uhr und endet ebenfalls zum Dienstbeginn des nächsten Tages bzw. im Falle fehlenden Dienstes um 7 Uhr des nächsten Tages. Montags bis donnerstags beginnt die Rufbereitschaft damit regelmäßig um 16 Uhr, freitags um 11 bzw. 12 Uhr und samstags, sonntags und an Feiertagen um 7 Uhr, und endet in allen Fällen regelmäßig um 7 Uhr des nachfolgenden Tages.
13Die Rufbereitschaft beinhaltet, dass der Kläger über einen Funkmeldeempfänger ständig erreichbar ist und zudem Einsatzkleidung bereithält und ein von der Beklagten als seiner Dienstherrin zur Verfügung gestelltes Feuerwehrdienstfahrzeug in erreichbarer Entfernung mit sich führt, um im Falle einer Alarmierung unverzüglich mit dem Dienstfahrzeug mit Sonderwegerechten und unter Nutzung von Blaulicht und bedarfsweise Martinshorn zur jeweiligen Einsatzstelle im Stadtgebiet W. zu fahren und dort sodann Dienst in der Funktion eines Einsatzleiters zu leisten. Während der Rufbereitschaftszeiten darf sich der Kläger zuhause oder sonst außerhalb der Feuerwache aufhalten. Dabei wird von ihm zumindest erwartet, sich räumlich nicht so weit vom Stadtgebiet W. zu entfernen, dass die schnellstmögliche Erreichung einer möglichen Einsatzstelle nicht mehr gewährleistet wäre; ob über eine derartige unstreitige Erwartungshaltung der Beklagten als Dienstherrin hinaus sogar eine diesbezügliche ausdrückliche Dienstanweisung existiert(e), bleibt offen.
14Mit dieser dienstlichen Organisation des Einsatzführungsdienstes bei der freiwilligen Feuerwehr der Beklagten korrespondiert auch der – weiterhin aktuelle – Brandschutzbedarfsplan 2004 der Beklagten. Gemäß dessen Kapitel 5 zählt im Rahmen der Schutzzielfestlegung die Funktion des dem B-Dienst angehörigen Einsatzleiters zu den ersten zehn Funktionen (Einsatzkräften), die am Einsatzort sein müssen. Als Schutzziel enthält der Brandschutzbedarfsplan dabei die Festlegung, dass die ersten zehn Funktionen im Falle eines kritischen Wohnungsbrandes in einem Obergeschoss mit Menschenleben in Gefahr zur Menschenrettung nach einer Dispositionszeit von 1,5 Minuten in 90 % aller Fälle in acht Minuten am Einsatzort sein müssen.
15Mit Widerspruch vom 24. Oktober 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten u.a. die Anerkennung der im Rahmen des B-Dienstes geleisteten Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit sowie die dementsprechende rückwirkende Bezahlung als Mehrarbeit.
16Am 21. Mai 2014 hat der Kläger Klage erhoben, nachdem die Beklagte diesen Antrag bis dahin nicht beschieden hatte.
17Der Kläger vertritt die Ansicht, bei den im Rahmen des B-Dienstes geleisteten Rufbereitschaftszeiten handele es sich nicht um Rufbereitschaft, sondern um Bereitschaftsdienst im Rechtssinne, woraus folge, dass diese Zeiten entgegen der bisherigen bei der Beklagten geübten Praxis der Arbeitszeit zuzurechnen und entsprechend zu vergüten seien. Dies folge insbesondere daraus, dass sämtliche Rufbereitschaftszeiten im Rahmen des B-Dienstes angesichts der Verpflichtung zur sofortigen und schnellstmöglichen Dienstaufnahme im Falle einer Alarmierung das Gepräge eines bloßen Wartens und Bereithaltens für einen Einsatz und damit für die Erbringung der vollen Arbeitsleistung hätten. Dabei erfolge zugleich eine faktische Aufenthaltsbestimmung durch die Beklagte als Dienstherrin durch die Vorgabe, sich räumlich nur innerhalb oder in der unmittelbaren Nähe der Stadt W. aufhalten zu dürfen, um im Einsatzfall den Einsatzort in der gemäß Brandschutzbedarfsplan vorgegebenen Zeit erreichen zu können.
18Da die von ihm abgeleisteten Rufbereitschaftszeiten entsprechend den Regeln der AZVO NRW bislang lediglich mit einem Achtel pro Stunde in Freizeit oder Geld ausgeglichen worden seien, stehe ihm die Differenz in Höhe von sieben Achteln pro Stunde in Freizeit oder Geld noch zu. Konkret bestehe ein Anspruch nicht in Freizeit, sondern in Geld, weil die Beklagte mögliche Freizeitausgleichsansprüche nicht binnen eines Jahres ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr erfüllen könne.
19Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
20die Beklagte zu verpflichten, ihm rückwirkend für im Zeitraum 1. August 2011 bis 30. April 2014 oberhalb einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden geleistete Zuvielarbeit einen Freizeitausgleich im Umfang von 2311 Stunden und 22 Minuten zu gewähren,
21hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen finanziellen Ausgleich hierfür in Höhe von 42.156,75 EUR zu gewähren, und die Beklagte zu verurteilen, ihm bezogen auf diesen Betrag Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie steht auf dem Standpunkt, für die rechtliche Einordnung von Zeiten als Bereitschaftsdienst komme es neben der Frage, ob sich der Beamte an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten habe, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sei, auch darauf an, ob eine Einsatzalarmierung während solcher Zeiten die Regel und nicht die Ausnahme darstelle. Während der Rufbereitschaftszeiten des Klägers stelle sich die Einsatzalarmierung mit anschließender dienstlicher Inanspruchnahme als Ausnahme dar, weil er im klagegegenständlichen Zeitraum nur ca. einmal während eines Zeitraums von einer Woche in Anspruch genommen worden sei.
25Der Kläger des vorliegenden Verfahrens sowie die Kläger der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14, die ebenso als Beamte im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten stehen und Aufgaben des Einsatzführungsdienstes wahrnehmen, haben im gemeinsamen Erörterungstermin vom 24. Juli 2015 Angaben zu ihrer jeweiligen Alltagsgestaltung während der Rufbereitschaftszeiten gemacht. Wegen dieser Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. Juli 2015 Bezug genommen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14 sowie auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs des vorliegenden Verfahrens verwiesen.
27Entscheidungsgründe:
28Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung, weil der Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsmeinungen ausgetauscht sind.
29Die erhobene Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg; sie zwar als sog. Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch weder auf – mit dem Hauptantrag geltend gemachte – Gewährung von Freizeitausgleich im Umfang von 2311 Stunden und 22 Minuten noch auf einen – mit dem Hilfsantrag geltend gemachten – finanziellen Ausgleich in Höhe von 42.156,75 EUR.
30Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch ergibt sich nicht aus § 61 Abs. 1 S. 2 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NRW), denn hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten fehlt es jedenfalls an der im Rahmen dieser Vorschrift erforderlichen Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit, weil die Rufbereitschaftszeiten lediglich durch Dienstpläne festgelegt wurden.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28/02 -, ZBR 2003, 383 ff. = juris, Rn. 13 ff.
32Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch ergibt sich ebensowenig aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.
33Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Anspruch eines Beamten gegen seinen Dienstherrn auf zeitlichen Ausgleich nach Maßgabe der jeweiligen Vorschriften der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) dann, wenn der Dienstherr den Beamten über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus zum Dienst heranzieht, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind,
34vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28/02 -, a.a.O., juris, Rn. 19 ff.,
35oder wenn der Dienstherr den Beamten in rechtswidriger Weise über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus in Anspruch nimmt,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 2 C 32/10 -, BVerwGE 140, 351 ff. = juris, Rn. 9.
37Ein derartiger Anspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben scheitert daran, dass es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht um Arbeitszeit handelt, so dass insoweit weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht eine rechtswidrige Heranziehung des Klägers zum Dienst über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bzw. über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus vorliegt.
38Bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten handelt es sich nicht um Arbeitszeit im nationalen dienstrechtlichen Sinne.
39Maßgeblich für die Frage der Einordnung dieser Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit sind im Falle des Klägers die §§ 6 und 7 der AZVO NRW, wie sich aus deren § 1 bzw. aus § 7 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein-Westfalen (AZVOFeu NRW) ergibt.
40Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 AZVO NRW liegt Rufbereitschaft vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer der oder dem Dienstvorgesetzten anzuzeigenden Stelle aufhält, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Gemäß § 6 Abs. 2 AZVO NRW werden Zeiten einer Rufbereitschaft mit Ausnahme der Zeiten der Heranziehung zur Dienstleistung nicht auf die Arbeitszeit angerechnet (Satz 1), sondern innerhalb von zwölf Monaten zu einem Achtel bei fester Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei flexibler Arbeitszeit dem Stundenkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen (Satz 2). In Abgrenzung zur Rufbereitschaft leisten gemäß § 7 S. 1 AZVO NRW Beamtinnen und Beamte, die sich auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten an einer von der oder vom Dienstvorgesetzten bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, Bereitschaftsdienst.
41In Ergänzung der §§ 6, 7 AZVO NRW ist zur Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft und damit zwischen Arbeitszeit und Nicht-Arbeitszeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts heranzuziehen. Nach dieser kommt es für die Abgrenzung des Bereitschaftsdienstes insbesondere von der Rufbereitschaft allein darauf an, ob der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90/07 -, NVwZ-RR 2009, 525 ff. = juris, Rn. 14, mit vielen weiteren Nachweisen.
43Die Voraussetzung für die Qualifizierung als Bereitschaftsdienst und damit zugleich als Arbeitszeit, dass sich der Beamte an einem von seinem Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, ist im Falle der hier in Rede stehenden Rufbereitschaftszeiten des Klägers nicht erfüllt. Die Beklagte als Dienstherrin des Klägers hat gerade keinen Ort außerhalb des Privatbereichs des Klägers bestimmt, an dem er sich während dieser Zeiten aufhalten müsste, sondern im Gegenteil war es dem Kläger gestattet bzw. wurde sogar als Regelfall angenommen, dass sich dieser zu Hause und damit in seinem privaten Bereich aufhält.
44Aus der – sei es in Form einer ausdrücklichen Dienstanweisung, sei es ungeschrieben im Rahmen der beamtenrechtlichen Treuepflicht – bestehenden Erwartung an den Kläger, sich während der Rufbereitschaftszeiten räumlich nicht so weit vom Stadtgebiet W. zu entfernen, dass die schnellstmögliche Erreichung einer möglichen Einsatzstelle nicht mehr gewährleistet wäre, ergibt sich nichts anderes, denn hierbei handelt es sich nicht um die Bestimmung eines Ortes außerhalb des Privatbereichs, an dem sich der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten aufzuhalten hätte, sondern um eine Begrenzung des Radius, innerhalb dessen ein Aufenthalt des Klägers während der Rufbereitschaftszeiten erlaubt ist bzw. erwartet wird, der aber den Privatbereich des Klägers, insbesondere dessen Zuhause, einschließt.
45Auch aus dem Brandschutzbedarfsplan 2004 der Beklagten ergibt sich nichts anderes. Aus der Schutzzielfestlegung, dass die ersten zehn Funktionen (Einsatzkräfte), zu denen der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten zählt, im Falle eines kritischen Wohnungsbrandes in einem Obergeschoss mit Menschenleben in Gefahr zur Menschenrettung nach einer Dispositionszeit von 1,5 Minuten in 90 % aller Fälle in acht Minuten am Einsatzort sein müssen, folgt keine individuelle dienstliche Verpflichtung des Klägers, im Falle einer Alarmierung innerhalb einer bestimmten Zeit am Einsatzort zu sein. Ungeachtet dessen, dass der Brandschutzbedarfsplan formalrechtlich nicht als an den Kläger gerichtete Dienstanweisung zu qualifizieren ist, wäre eine an den Kläger gerichtete Dienstanweisung, im Falle der Alarmierung während der Rufbereitschaftszeiten ausnahmslos innerhalb von acht Minuten an jedwedem denkbaren Einsatzort innerhalb des Stadtgebiets W. einzutreffen, analog § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unbeachtlich, weil auf eine unmögliche Leistung gerichtet, denn selbst der Brandschutzbedarfsplan unterstellt nicht in 100 %, sondern nur in 90 % der Fälle ein Eintreffen am Einsatzort innerhalb von acht Minuten nach Alarmierung. Dienstlich erwartet werden kann vom Kläger lediglich, sich innerhalb eines bestimmten Radius um das Stadtgebiet W. aufzuhalten, innerhalb dessen prognostisch in der großen Mehrzahl der Fälle im Normalfall mit einem Erreichen des Einsatzortes innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu rechnen ist, und sich nach Alarmierung unverzüglich mit dem zur Verfügung gestellten Einsatzfahrzeug an den Einsatzort zu begeben, wobei die genaue Eintreffzeit dann von den Umständen des Einzelfalls wie exakte Entfernung des Einsatzortes vom aktuellen Aufenthaltsort sowie Wetterlage und Verkehrslage abhängt, auf die der Kläger keinen Einfluss hat. Eine dienstliche Verpflichtung ohne zeitliche Vorgabe sieht die erst nach dem klagegegenständlichen Zeitraum in Kraft getreten schriftliche Dienstanweisung der Freiwilligen Feuerwehr W. „Organisation des Einsatzführungsdienstes“ vom 13. März 2015 nunmehr auch ausdrücklich vor, indem es dort unter „Führungsstufe B (B Dienst)“ – „Eintreffzeit“ heißt: „unverzügliche Einsatzaufnahme“.
46Nichts anderes ergibt sich ferner daraus, dass vollkommen unabhängig von möglichen dienstlichen Anweisungen oder Vorgaben gemäß Brandschutzbedarfsplan allein schon aus der Natur („Berufskodex“ der Feuerwehr) und dem insoweit übereinstimmenden Verständnis des Einsatzführungsdienstes folgt, dass die Aufenthaltsmöglichkeiten des Klägers während der Bereitschaftsdienstzeiten innerhalb eines engen Radius um das Stadtgebiet W. herum begrenzt sind und im Falle der Alarmierung eine unverzügliche, sofortige Dienstaufnahme durch den Kläger erwartet wird,
47vgl. zu diesem Aspekt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 - 4 S 94/12 -, juris, Rn. 19,
48mit der Konsequenz, dass der Kläger während der Rufbereitschaftszeiten in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt ist. Dass die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung während der Zeiten einer Rufbereitschaft eingeschränkt sind, ist der Rufbereitschaft immanent. Inhalt jeglicher Rufbereitschaft ist es – auch bereits begrifflich –, dass sich der Beamte bereithält, um von seinem Dienstherrn abgerufen zu werden, was impliziert, dass der Beamte Vorkehrungen für den Fall eines solchen Abrufs zu treffen hat und deshalb nicht uneingeschränkt in seiner Freizeitgestaltung ist. Dies ergibt sich auch aus § 44 LBG NRW, der gesetzlichen Grundlage für die Anordnung von Rufbereitschaft. Nach dieser Vorschrift kann der Beamte, wenn besondere dienstliche Verhältnisse es dringend erfordern, angewiesen werden, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in der Nähe seines Dienstortes aufzuhalten. Damit kommt zugleich klar zum Ausdruck, dass eine Radiusbegrenzung jeglicher Rufbereitschaft immanent ist, denn ohne gewisse – im einzelnen von den jeweiligen „besonderen dienstlichen Verhältnissen“ abhängige – räumliche Nähe zum Dienstort ist eine Dienstaufnahme innerhalb von Zeiten einer Rufbereitschaft gar nicht möglich. Der Verweis auf die „besonderen dienstlichen Verhältnisse“ macht gerade deutlich, dass die Dringlichkeit der Dienstaufnahme im Einzelfall unterschiedlich gelagert sein kann. Dass bei einem Feuerwehrbeamten die Dringlichkeit für die dienstliche Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaftszeit im Zweifel besonders hoch ist und deshalb eine größere Begrenzung des Aufenthaltsradius zu rechtfertigen vermag als bei manch anderem Rufbereitschaft leistendem Beamten, der im Falle der Dienstaufnahme während der Rufbereitschaftszeit weniger dringliche Aufgaben wahrzunehmen hat, liegt wiederum in der Natur der Sache. Das Gericht folgt deshalb nicht der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, nach der Rufbereitschaft zu verneinen ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, ohne dessen Aufenthaltsort konkret festzulegen, dadurch in der Wahl des Aufenthaltsorts beschränkt, dass er die Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit eng bestimmt (10 oder 20 Minuten) und dem Arbeitnehmer dadurch die Gestaltung seiner an sich arbeitsfreien Zeit faktisch entzieht,
49vgl. BAG, Urteile vom 19. Dezember 1991 - 6 AZR 592/89 -, NZA 1992, 560 f. = juris, und vom 31. Januar 2002 - 6 AZR 214/00 -, ZTR 2002, 432 = juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 2012 - 11 Sa 81/12 -, ZTR 2013, 19 = juris; LAG Köln, Urteil vom 13. August 2008 - 3 Sa 1453/07 -, ZTR 2009, 76 = juris; Hessisches LAG, Urteil vom 6. Oktober 2006 – 3 Sa 1439/05 -, juris; diesen Aspekt im Rahmen einer Gesamtschau heranziehend ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 – 4 S 94/12 -, juris.
50Abgesehen davon, dass arbeitsrechtliche Grundsätze wegen der Besonderheiten des beamtenrechtlichen Verhältnisses, insbesondere der beamtenrechtlichen Treuepflicht gegenüber dem Dienstherrn und dem Fehlen eines synallagmatischen Austauschverhältnisses, nicht uneingeschränkt auf das Beamtenrecht übertragbar sind, sieht das Gericht in der im vorliegenden Fall bestehenden Pflicht zur unverzüglichen, sofortigen Dienstaufnahme während der Rufbereitschaftszeiten auch keinen faktischen Entzug der dienstfreien Zeit, sondern lediglich eine Beschränkung der Möglichkeiten der Freizeitgestaltung währenddessen, die jedoch nicht derart gravierend ist, dass sie einem faktischen Entzug gleichkommt.
51Weil – wie ausgeführt – die Rufbereitschaft impliziert, dass der Beamte Vorkehrungen für den Fall eines Abrufs durch seinen Dienstherrn währenddessen zu treffen hat, sind Freizeitaktivitäten, die Verpflichtungen gegenüber Dritten enthalten, währenddessen von vornherein ausgeschlossen. Zu denken ist hier insbesondere an die Betreuung von Kindern, die während Rufbereitschaftszeiten – übrigens nicht nur für Rufbereitschaft leistende Feuerwehrbeamte wie den Kläger, sondern für sämtliche Rufbereitschaft leistende Beamte – nicht möglich ist, ohne dass eine andere Person unmittelbar zur Verfügung steht, um im Abruffall, mit dem jederzeit zu rechnen ist, die Betreuung fortzuführen. Jenseits derartiger ausgeschlossener Freizeitaktivitäten verbleibt jedoch – und hierin liegt der entscheidende Unterschied zu Bereitschaftsdienstzeiten, während derer der Dienstherr den Aufenthalt des Beamten außerhalb dessen Privatbereichs vorgibt – ein ausreichend großes Spektrum möglicher Freizeitaktivitäten, die von Rufbereitschaft leistenden Feuerwehrbeamten wie dem Kläger ausgeübt werden können. Als Kerninhalt möglicher Freizeitgestaltung sieht das Gericht insbesondere einen Aufenthalt zu Hause einschließlich der Möglichkeiten des schlichten (Aus-)Ruhens, der Durchführung entspannender Tätigkeiten und der Erledigung typischer alltäglicher Hausarbeiten an. All dies ist im Falle des Klägers gerade möglich. Auch außerhalb von Zuhause ist der Kläger zur Überzeugung des Gerichts unter Wahrung der zu beachtenden Radiusbegrenzung in zwar begrenztem, aber ausreichendem Maße in der Lage, seine Freizeit zu gestalten. Als mögliche Beispiele sind zu nennen etwa die Erledigung von Einkäufen, der Besuch kultureller oder sonstiger Veranstaltungen oder eigene sportliche Aktivitäten, sofern diese ortsgebunden in Reichweite des mitgeführten Dienstfahrzeuges durchgeführt werden. Soweit der Kläger im Erörterungstermin angegeben hat, er verzichte während der Rufbereitschaftszeiten auf seine übliche sportliche Betätigung in Form von Snooker, sieht das Gericht darin eine persönliche Entscheidung des Klägers, die angesichts der durch die Rufbereitschaft bestehenden Einschränkungen gerade nicht zwingend oder zumindest naheliegend ist, denn bei keinem der drei Kläger des vorliegenden Verfahrens, des Verfahrens 26 K 3505/14 und des Verfahrens 26 K 3720/14 erfolgte im streitgegenständlichen Zeitraum eine häufigere Alarmierung als durchschnittlich 1,28 mal pro Woche (Siebentageszeitraum). Der Kläger durfte deshalb das Risiko, während einer Snooker-Trainingseinheit alarmiert zu werden, als äußerst gering ansehen und musste sich nicht an deren Wahrnehmung gehindert sehen, sofern er sein Dienstfahrzeug in Reichweite abstellte. Gleiches gilt unter der Prämisse der Wahrung der Radiusbegrenzung für anderweitige Veranstaltungsbesuche oder Einkäufe. Sogar die Mitnahme von Familienangehörigen mit dem Dienstfahrzeug war dem Kläger nach übereinstimmenden Angaben von ihm und der Beklagten während der Rufbereitschaftszeiten gestattet und lediglich mit dem Risiko behaftet, dass die Familienangehörigen das Dienstfahrzeug im Falle eines Einsatzbefehls unverzüglich zu verlassen haben – ein Risiko, das das Gericht bei einem durchschnittlichen Einsatzbefehl von nur maximal 1,28 mal pro Woche als überschaubar und im Zeitalter der Mobiltelefonie, das es den Familienangehörigen in einem solchen seltenerweise denkbaren Fall ermöglicht, sofort ein Taxi herbeizurufen, fast vernachlässigenswert einstuft. Dementsprechend hat auch weder der Kläger des vorliegenden Verfahrens noch einer der beiden Kläger der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14 vorgetragen, dass es jemals zu einem derartigen Vorfall gekommen sei.
52Soweit der Kläger darüber hinaus während der Rufbereitschaftszeiten Vorkehrungen für eine schnelle Einsatzfähigkeit getroffen hat, wie etwa – entsprechend dem Vortrag von ihm und den Klägern der Verfahren 26 K 3505/14 und 26 K 3720/14 im Erörterungstermin vom 24. Juli 2015 – in Form des Bereithaltens der Dienstkleidung während der Ruhezeiten direkt neben dem Bett oder in Form des vorsorglichen Entfernens des Schnees vom Einsatzfahrzeug und um das Einsatzfahrzeug herum im Falle von Schneefall im Winter nach gewissen Zeitabständen auch während der Nachtzeiten, um im Einsatzfall sofort losfahren zu können, handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts ungeachtet der Frage, inwieweit es sich hierbei um die Erfüllung dienstlicher Verpflichtungen oder um überobligatorische, dem „Berufskodex“ der Feuerwehr entwachsene Vorkehrungen handelte, nicht um Einschränkungen, die die grundsätzliche Möglichkeit für den Kläger, während dieser Zeiten in zumindest begrenztem Maße Ruhe und Entspannung zu finden und auch eigenen Freizeitaktivitäten nachzugehen, in entscheidendem Maße in Frage stellen. Diese Einschränkungen ändern nämlich nichts daran, dass während der Rufbereitschaftszeiten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bestehen, die für auf der Feuerwache Bereitschaftsdienst leistende Beamte nicht bestehen, was die qualitativ unterschiedliche Behandlung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Frage der Zuordnung zur Arbeitszeit rechtfertigt.
53Selbst wenn man hinsichtlich der streitgegenständlichen Rufbereitschaftszeiten entgegen der hier vertretenen Ansicht das Vorliegen der Voraussetzung, dass sich der Beamte an einem von seinem Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, bejaht, fehlt es an der Erfüllung der weiteren Voraussetzung für die Qualifizierung als Bereitschaftsdienst und damit als Arbeitszeit gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass währenddessen erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
54Letztere Voraussetzung ist nicht bereits dann erfüllt, wenn überhaupt jemals während der maßgeblichen Zeiten eine dienstliche Inanspruchnahme erfolgt, sondern hängt ab von der im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während dieser Zeiten. Danach entscheidet sich, ob während dieser Zeiten typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen ist, die diesen das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder eine Form der Rufbereitschaft darstellen, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90/07 -, a.a.O., juris, Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2013 – 4 S 94/12 -, juris, Rn. 23.
56Die Rufbereitschaftszeiten des Klägers wurden im streitgegenständlichen Zeitraum allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen. Die dienstliche Inanspruchnahme des Klägers für Einsätze während der Rufbereitschaftszeiten stellte bei quantitativer Betrachtung nicht die Regel, sondern die Ausnahme dar, wie sich aus folgenden Zahlen ergibt – und worin ein entscheidender Unterschied zum Sachverhalt, der dem in Bezug genommenen Urteil des VGH Baden-Württemberg zugrundeliegt, besteht: Der Kläger leistete im Zeitraum 1. August 2011 bis 30. April 2014 insgesamt 139 Rufbereitschaftsdienste; ein einzelner Rufbereitschaftsdienst begann dabei entweder um 7 Uhr oder mit Ende des regulären Tagesdienstes des jeweiligen Tages und endete jeweils um 7 Uhr des nachfolgenden Tages. Innerhalb von 19 dieser 139 Rufbereitschaftsdienste kam es zu einem Einsatz des Klägers. Dies entspricht einer Quote von 14 %. Fasst man die Rufbereitschaftsdienste zu Rufbereitschaftswochen à sieben Tage zusammen, was der regelmäßigen Dienstplangestaltung entspricht, ergibt sich eine durchschnittliche Einsatzhäufigkeit von 0,96-mal, also knapp einmal pro Siebentage-Rufbereitschaftswoche. Hinzu kommt, dass auch das durchschnittliche zeitliche Maß der Inanspruchnahme pro Einsatz äußerst geringfügig war. Auf insgesamt aufgerundet 2567 vom Kläger geleistete Rufbereitschaftsstunden im vorgenannten Zeitraum entfielen lediglich aufgerundet 26 Einsatzstunden. Durchschnittlich kam es somit nur während 1 % der Rufbereitschaftsstunden zu Einsätzen.
57Bei den vom Kläger geltend gemachten Rufbereitschaftszeiten handelt es sich auch nicht um Arbeitszeit im unionsrechtlichen Sinne, woraus folgt, dass durch diese Zeiten keine einen Ausgleichsanspruch begründende Überschreitung der nach Art. 6 Buchst. b Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl. EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9) höchstzulässigen Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden pro Siebentageszeitraum erfolgt sein kann.
58Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zählt die sogenannte Rufbereitschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer in der Weise Bereitschaftsdienst leistet, dass er ständig erreichbar ist, ohne jedoch zur Anwesenheit am Arbeitsplatz verpflichtet zu sein, nicht zur Arbeitszeit. Begründet wird dies damit, dass der Arbeitnehmer, selbst wenn er seinem Arbeitgeber in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, in dieser Situation doch freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen kann, so dass nur Zeit für die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistungen als Arbeitszeit anzusehen sei.
59Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98 -, Simap, Rn. 50, und vom 9. September 2003 – Rs. C-151/02 -, Jaeger, Rn. 51.
60Die vorgenannten Erwägungen gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes treffen exakt auf die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Rufbereitschaftszeiten des Klägers zu. Während dieser Rufbereitschaftszeiten kann er freier über seine Zeit verfügen, als er es könnte, wenn er entsprechend den Bereitschaftsdienstzeiten der Beamten des mittleren feuerwehrtechnischen Dienstes zur Anwesenheit auf der Feuerwache verpflichtet wäre. Insbesondere kann er während dieser Zeiten zumindest in – durch die für die sofortige Einsatzaufnahme erforderliche Radiusbegrenzung hinsichtlich seines Aufenthaltsortes bedingtem – beschränktem Maße auch eigenen Interessen nachgehen. Beispiele möglicher Freizeitbeschäftigungen des Klägers während der Rufbereitschaftszeiten hat das Gericht oben bereits benannt.
61Vor allem lässt es angesichts der geringen durchschnittlichen dienstlichen Inanspruchnahme des Klägers für Einsätze während der Rufbereitschaftszeiten auch der Regelungszweck der Richtlinie 2003/88/EG, Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung der Arbeitnehmer aufzustellen, nicht als geboten erscheinen, die Rufbereitschaftszeiten als Arbeitszeit im unionsrechtlichen Sinne anzusehen. Da nämlich im Falle von Einsätzen während der Rufbereitschaftszeiten die Einsatzzeiten selbst zweifellos als Arbeitszeit einzustufen sind, resultiert aus solchen Einsatzzeiten ein an diese in Verbindung mit den sonstigen Arbeitszeiten anknüpfender Mindestschutz in Form von täglichen Ruhezeiten nach Art. 3, Ruhepausen nach Art. 4, wöchentlichen Ruhezeiten nach Art. 5 und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten nach Art. 6 Richtlinie 2003/88/EG. Im Falle von tatsächlichen Einsätzen während der Rufbereitschaftszeiten ist dadurch sichergestellt, dass der Kläger den für seine Gesundheit und Sicherheit erforderlichen arbeitszeitrechtlichen Mindestschutz zu erlangen hat und zu diesem Zweck nötigenfalls seine sonstigen Arbeitszeiten im Rahmen des Tagesdienstes und auch eventuelle sich unmittelbar anschließende Rufbereitschaftszeiten zu reduzieren sind, um ihm die im Mindestmaß erforderlichen Ruhezeiten zu ermöglichen.
62Aus letzteren Ausführungen folgt zugleich, dass der vom Kläger mit dem Hauptantrag geltend gemachte Freizeitausgleichsanspruch auch nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch,
63vgl. zu diesem EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2011, 53 Rn. 47 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 -, NVwZ 2012, 1472 ff. = juris,
64gestützt werden kann, denn es fehlt an einem qualifizierten Verstoß der Beklagten gegen eine unionsrechtliche Norm. Insbesondere hat die Beklagte durch die Anordnung der Rufbereitschaftszeiten gegenüber dem Kläger nicht gegen Art. 6 Buchst. b Richtlinie 2003/88/EG, wonach die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich Überstunden nicht überschreiten darf, verstoßen.
65Weitere – ernsthaft in Betracht kommende – Anspruchsgrundlagen für den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Freizeitausgleichsanspruch sind nicht ersichtlich.
66Aus dem Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Freizeitausgleichsanspruchs sowohl auf der Grundlage des Grundsatzes von Treu und Glauben als auch auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs folgt, dass zugleich der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte finanzielle Ausgleichsanspruch einschließlich des von diesem abhängigen Rechtshängigkeitszinsanspruchs nicht besteht, denn dieser kann nur dann zum Tragen kommen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für den Freizeitausgleichsanspruch vorliegen, in der Rechtsfolge aber aus vom Beamten nicht zu vertretenden Gründen ein Freizeitausgleich nicht in angemessener Zeit gewährt werden kann, so dass sich der Anspruch auf Freizeitausgleich in einen solchen auf finanziellen Ausgleich umwandelt.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 -, a.a.O., juris, Rn. 28 ff.
68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tatbestand
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Der Kläger steht als Hauptbrandmeister im Dienst des Beklagten. Er verlangt einen Ausgleich für vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2006 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst. In dieser Zeit betrug die Wochenarbeitszeit bei der Berliner Feuerwehr im 24-Stunden-Dienst einschließlich des Bereitschaftsdienstes durchschnittlich 55 Stunden.
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Nachdem seine 2001 und 2007 gestellten Anträge auf Ausgleich der Zuvielarbeit nicht beschieden worden waren, hat er im Dezember 2007 Klage auf Freizeitausgleich, hilfsweise Mehrarbeitsvergütung erhoben. Die Klage hat in der Berufungsinstanz mit dem Hilfsantrag in Höhe von 9 253,60 € teilweise Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
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Die Festsetzung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit einschließlich Bereitschaftsdienst auf 55 Stunden habe gegen Unionsrecht verstoßen. Der Kläger habe deshalb seit dem 1. Januar 2004 einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, da seitdem ein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht anzunehmen sei. Eines Antrages bedürfe es nicht, sodass dahinstehen könne, ob der Kläger bereits 2001 einen solchen gestellt habe. Für die Zeit vor dem 1. Januar 2004 sei der Anspruch verjährt. Umfang und Höhe des Ausgleichsanspruchs richteten sich nach dem beamtenrechtlichen Billigkeitsausgleich des deutschen Rechts. Danach sei vorrangig Freizeitausgleich zu gewähren. Da dieser nicht allen anspruchsberechtigten Berliner Feuerwehrbeamten ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr gewährt werden könne, sei ein Ausgleich durch Geldzahlung geboten. Auszugleichen sei jede Stunde, die der Beamte monatlich über die ohne Ausgleich höchstzulässige Mehrarbeit von fünf Stunden im Monat hinaus Dienst geleistet habe. Der finanzielle Ausgleich sei in Anlehnung an die Vergütung für Mehrarbeit zu gewähren. Diese sei um ein Sechstel zu reduzieren, weil sie auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche berechnet werde, während es um einen Ausgleich für über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst gehe. Danach seien beim Kläger 688 Stunden mit 13,45 € auszugleichen.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision beantragt der Kläger,
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den Beklagten zu verpflichten, ihm für die in der Zeit vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2006 zuviel geleistete Arbeit von insgesamt 1 627,5 Stunden Entschädigung in Geld nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die Mehrarbeitsvergütung zu zahlen, hilfsweise Freizeitausgleich zu gewähren, und die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Oktober 2011 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. November 2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegen stehen.
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Der Beklagte tritt dem entgegen und beantragt,
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die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist teilweise begründet. Der Kläger kann für den vom Berufungsgericht zuerkannten Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 einen finanziellen Ausgleich im Umfang von 945 Stunden nach den im Zeitraum der Zuvielarbeit jeweils geltenden Sätzen der Mehrarbeitsvergütung verlangen. Soweit das Berufungsgericht demgegenüber vom monatlich zuviel geleisteten Dienst fünf Stunden abgezogen und zudem die Mehrarbeitsvergütung um ein Sechstel reduziert hat, verstößt das Berufungsurteil gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Revision ist jedoch unbegründet, soweit der Kläger auch für Abwesenheitszeiten und für vor dem 1. Januar 2004 liegende Zeiten Ansprüche geltend macht.
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Der Kläger hat vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2006 regelmäßig anstelle der unionsrechtlich höchstens zulässigen 48 Wochenstunden 55 Stunden Dienst geleistet. Dies verstieß gegen Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 93/104/EG, ABl EG Nr. L 307 vom 13. Dezember 1993 S. 18) sowie Art. 6 Buchst. b der insoweit inhaltsgleichen Nachfolge-Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9, Arbeitszeitrichtlinie), sodass die entgegenstehenden Bestimmungen des Arbeitszeitrechts des Beklagten wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts außer Betracht zu bleiben haben (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - BVerwGE 136, 165 = Buchholz 239.1 § 6 BeamtVG Nr. 6 jeweils Rn. 28). Nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG sowie Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG sind Zeiten des Bereitschaftsdienstes in vollem Umfang in die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit einzubeziehen, da die Beamten in der Dienststelle anwesend und jederzeit einsatzbereit sein mussten. Die Umsetzungsfrist der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängerrichtlinie war bereits seit 1996 abgelaufen (Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG). Eine Rechtfertigung der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit als Mehrarbeit war nicht möglich (vgl. Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwG 140, 351 Rn. 11 - 14 m.w.N.).
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Für diese unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit stehen dem Kläger ein unionsrechtlicher (1) und ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch (2) zu. Die beiden Ansprüche unterscheiden sich zwar in ihren Voraussetzungen, sind aber in der Rechtsfolge (3) gleichgerichtet. Danach ist die pauschal zu errechnende Zuvielarbeit (4) ohne Abzüge auszugleichen, und zwar vorrangig durch Freizeit, hier ausnahmsweise durch Geld (5). Der Geldausgleich ist in Anlehnung an die zum jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Stundensätze für Mehrarbeit im Vollzeitdienst zu gewähren (6). Allerdings sind die Ansprüche des Klägers für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2004 verjährt (7).
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1. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch entsteht nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union (EuGH), wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, verleiht dem Geschädigten Rechte (a), der Verstoß gegen diese Norm ist hinreichend qualifiziert (b), und zwischen dem Verstoß und dem Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (c). Diese von den nationalen Gerichten zu prüfenden Voraussetzungen sind gegeben (vgl. zum Ganzen: EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2011, 53 Rn. 47 f. m.w.N.).
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a) Die erste Voraussetzung liegt vor. Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG verleihen mit der Festsetzung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung in das Arbeitszeitrecht des Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 49 f.).
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b) Die Überschreitung der unionsrechtlich vorgegebenen Wochenarbeitszeit begründet bereits seit 1. November 2001 einen hinreichend qualifizierten Verstoß.
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Ein derartiger Verstoß liegt vor, wenn der Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Umsetzungsermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Ob und wann dies der Fall ist, hängt unter anderem davon ab, wie eindeutig die verletzte Vorschrift ist und wie viel Spielraum dem Mitgliedstaat bei der Umsetzung eingeräumt ist. Ist eine Vorschrift der Auslegung fähig und bedürftig, ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht erst dann anzunehmen, wenn die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 51 f. m.w.N.).
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Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit (48 Stunden in der Woche) durch Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG ist eindeutig. Sie war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 23. November 1996 im nationalen Recht zu verankern. Seit dem Urteil des Gerichtshofs der Union vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) stand zudem fest, dass nach Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG bei der Festsetzung von Höchstarbeitszeiten Bereitschaftsdienst wie Volldienst zu werten ist. In der Nachfolgerichtlinie ist auch diese Vorschrift wortgleich in Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG übernommen worden. Damit hätte spätestens zum 1. Januar 2001 das Arbeitszeitrecht für die Landesbeamten durch den Beklagten als umsetzungspflichtigen Landesgesetz- und Verordnungsgeber angepasst werden müssen. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte während des hier streitigen Zeitraums nicht nachgekommen (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 LBG Bln a.F. sowie § 6 Abs. 1 AZVO Bln), obwohl der Gerichtshof diese Rechtsprechung noch mehrfach bestätigt hat (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Rs. C-151/02 Jaeger - Slg. 2003, I-08415 und vom 5. Oktober 2004 - verb. Rs. C-397/01 bis 403/01, Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8878; Beschlüsse vom 3. Juli 2001 - Rs. C-241/99 CIG - Slg. 2001, I-5141 und vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7113). Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 39 und 85 sowie vom 15. April 2008 - Rs. C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat der Beklagte nicht nur in seiner Eigenschaft als zuständiger Normgeber durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in seiner Eigenschaft als Dienstherr durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts musste nicht erst durch den EuGH geklärt werden, dass die Arbeitszeitrichtlinien auch den Dienst bei der Feuerwehr erfassen. Der Wortlaut der Richtlinien ist insoweit eindeutig. Eines zusätzlichen Indizes für das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes bedarf es deshalb nicht. Insbesondere hängt die Anwendbarkeit des Unionsrechts nicht davon ab, dass sie vom EuGH für jede einzelne Vorschrift und für jede von den beiden Richtlinien erfasste Beschäftigtengruppe gesondert festgestellt wird. Ob eine eindeutige Vorschrift des Unionsrechts vorliegt, deren Nichtbeachtung die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, ist anhand objektiver Kriterien, für deren Feststellung auf die Rechtsprechung des EuGH zurückzugreifen ist, zu ermitteln; auf ein Verschulden des Mitgliedstaates kommt es nicht an. Deshalb ist es unerheblich, ob der Mitgliedstaat durch seine Organe (so hier der Bundesrat mit Beschluss vom 2. April 2004 - BRDrucks 105/04 -), Behörden oder Gerichte (wie hier insbesondere BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 5 AZR 370/01 - PersV 2002, 457 ff. und BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 ff. = Buchholz 451.9 Art. 234 EG-Vertrag Nr. 2) die Anwendung der Richtlinien auf den Feuerwehrdienst für zweifelhaft gehalten oder sogar verneint haben.
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Der Beklagte hatte zur Rechtfertigung seines Verhaltens darauf abgestellt, dass er den Feuerwehrdienst nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl EG L 183 S. 1) als von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen halten durfte. Mit dem EuGH ist demgegenüber festzustellen, dass die Vorschriften insoweit eindeutig und klar sind und keinen Raum für vernünftige Zweifel lassen (Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 54, 57 f., Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 36).
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Bereits nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasst die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG keine ganzen Tätigkeitsfelder, sondern nur Ausschnitte ("spezifische Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten"). Deshalb hatte der EuGH bereits im Urteil vom 3. Oktober 2000 - Simap - a.a.O. (Rn. 35) ausgeführt, dass diese Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist. Diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof während des hier streitigen Zeitraums noch mehrfach bestätigt (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Jaeger - a.a.O. Rn. 89 und vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 52 ff.; Beschlüsse vom 3. Juli 2001 a.a.O. - CIG - Rn. 28 ff. und vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 42 ff.), wobei er dies in dem Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - (Rn. 52 ff.) näher mit dem Hinweis auf den Wortlaut begründet und im Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - (Rn. 42, 48) sogar ausdrücklich in Bezug auf den Feuerwehrdienst festgestellt hat.
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Im Übrigen erwähnt Art. 17 Abs. 2 Nr. 2.1 Buchst. c Ziff. iii RL 93/104/EG unter anderem ausdrücklich die Feuerwehrdienste, ebenso die Nachfolgerichtlinie in Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii RL 2003/88/EG. Diese Erwähnung wäre überflüssig, wenn die betreffende Tätigkeit bereits ganz vom Anwendungsbereich der beiden Arbeitszeitrichtlinien ausgeschlossen wäre. Sie belegt im Gegenteil eindeutig, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Richtlinie auf den Feuerwehrdienst festgelegt, zugleich aber vorgesehen hat, dass unter außergewöhnlichen Umständen von einzelnen Bestimmungen der Richtlinie - hier insbesondere vom kürzeren Bezugszeitraum, nicht aber von der 48-Stunden-Grenze - abgewichen werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 60, sowie Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 62 zu den in derselben Richtlinienvorschrift ebenfalls erwähnten Ambulanzdiensten).
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c) Schließlich besteht unzweifelhaft ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen diese Richtlinien und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn die in dieser Bestimmung vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit eingehalten worden wäre (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 59). Dabei ist es unerheblich, dass zusätzlicher Dienst eines Beamten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellt (vgl. dazu Urteile vom 21. Februar 1991 - BVerwG 2 C 48.88 - BVerwGE 88, 60 <63 f.> = Buchholz 237.1 Art. 80 BayLBG Nr. 2 S. 4 f. m.w.N. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 m.w.N.). Denn auch insoweit ist allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Tenor 1 und Tenor 4 sowie Rn. 59, 61, 63).
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d) An weitere Voraussetzungen - etwa an ein Antragserfordernis - ist der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht gebunden (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 78, 84, 86 f., 90). Die im Urteil vom 29. September 2011 (- BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20) zum Ausdruck kommende gegenteilige Ansicht gibt der Senat auf. Die Rechtsfolgen des unionsrechtlichen Ausgleichsanspruchs richten sich nach dem nationalen Recht, wobei Form, Art und Weise der Berechnung der Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum Schaden stehen müssen, sodass ein effektiver Schutz der Rechte des Einzelnen gewährleistet ist. Danach ist es Sache des nationalen Rechts, ob der Schadensersatz in Form von Freizeitausgleich oder in Form einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 92 f. 94 ff. jeweils m.w.N.). Da der Verlust an Freizeit nach nationalem Recht kein Schaden ist, ist zur Ausfüllung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Rechtsfolgen aus dem nationalrechtlichen Billigkeitsanspruch zurückzugreifen.
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2. Für die unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit steht dem Kläger daneben ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben i.V.m. den Regeln über einen Ausgleich von Mehrarbeit, hier § 35 Abs. 2 Satz 2 LBG Bln a.F. (entspricht § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG Bln) zu (vgl. Urteile vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351, LS 1 und Rn. 8 f. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - a.a.O. S. 6 f.). Der Billigkeitsanspruch setzt voraus, dass der Beamte rechtswidrig zuviel gearbeitet hat. Er kommt aber nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. LS 3 und Rn. 19 f.).
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Das Oberverwaltungsgericht hat - im Hinblick auf die Verjährung folgerichtig - dahinstehen lassen, ob das Schreiben des Klägers vom Oktober 2001 ein "Antrag" in diesem Sinne gewesen ist. Insoweit ist aber klarzustellen, dass normativ geregelte Ansprüche im Beamtenrecht nicht von einer Antragstellung abhängen. Nur wenn es um (nationalrechtliche) Ausgleichsansprüche geht, die nicht im Gesetz geregelt sind - wie der Anspruch auf Zeitausgleich bei rechtswidriger Zuvielarbeit -, bedarf es einer Geltendmachung im Sinne einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht des Beamten. An die Rüge sind keine hohen Anforderungen zu stellen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19). Es genügt, dass der Beamte schriftlich zum Ausdruck bringt, dass er die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Ein Antrag im rechtstechnischen Sinn ist nicht erforderlich. Insbesondere muss der Beamte nicht bereits Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ersatz beantragen oder gar die Ansprüche richtig benennen.
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Diese Rügeobliegenheit dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 20). Zugleich muss sich der Dienstherr darauf einstellen können, dass ab diesem Zeitpunkt möglicherweise Ausgleichsansprüche auf ihn zukommen. Insofern folgt die Rügeobliegenheit aus der allgemein bei Rechtsverletzungen geltenden Schadensminderungspflicht des Gläubigers. Sie ist zugleich Ausdruck des Grundsatzes, dass Beamte auf die finanziellen Belastungen des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht nehmen müssen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19).
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Die Verpflichtung des Beamten, dies zu rügen, gilt auch dann für den Ausgleichsanspruch, wenn er durch einen Verstoß gegen Unionsrecht ausgelöst wird. Der nationale Ausgleichsanspruch entsteht nicht erst bei einem hinreichend qualifizierten, sondern bereits bei einem einfachen Verstoß gegen das Unionsrecht. Deshalb tritt er zum unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinzu und ergänzt ihn im Vorfeld eines qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht. Der Beamte gibt dem Dienstherrn mit der Geltendmachung bereits vor dem Vorliegen eines qualifizierten Verstoßes Anlass zu prüfen, ob die Vorgaben der Richtlinie beachtet sind. Damit dient die Rügeobliegenheit gleichzeitig der effektiven Umsetzung des Unionsrechts zum frühest möglichen Zeitpunkt, denn das Unionsrecht verlangte von vornherein - und nicht etwa erst ab der erstmaligen Klärung durch den EuGH -, dass Bereitschaftsdienst wie Volldienst bei der 48-Stunden-Woche anzurechnen ist.
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3. Beide Ansprüche sind auf zeitlichen Ausgleich in angemessenem Umfang gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn über mehrere Jahre Zuvielarbeit geleistet wurde (Urteile vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 9 und vom 28. Mai 2003 a.a.O. S. 6 f.). Als angemessen ist der zeitliche Ausgleich von Zuvielarbeit grundsätzlich dann anzusehen, wenn er ebenso lang ist wie der zuvor geleistete rechtswidrig geforderte Dienst. Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind in vollem Umfang auszugleichen; ein Abzug von monatlich fünf ausgleichslos zu leistenden Stunden ist nicht zulässig (vgl. Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 15 - 18).
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Eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes oder ein Abzug von fünf Stunden monatlich wären kein voller Ausgleich für Zuvielarbeit über die wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus und würden dem Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Arbeitszeitregelung widersprechen, die die wöchentliche Höchstarbeitszeit zum Schutz der Gesundheit und der Arbeitssicherheit festgelegt hat. Die Sanktionierung einer unionsrechtswidrigen Praxis würde zudem das Gebot verletzen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, weil die Überschreitung der normativ festgelegten Höchstarbeitszeit in diesem Umfang folgenlos bliebe. Zwar sind Beamte grundsätzlich verpflichtet, in gewissem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit zu leisten (vgl. § 35 Abs. 2 LBG Bln a.F., entspricht § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG Bln, § 88 BBG). Dies gilt jedoch nur bei (rechtmäßiger) Mehrarbeit, nicht aber bei rechtswidrig angeordneter Zuvielarbeit (in Abkehr von den Urteilen vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 35.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 39 S. 9 und - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5). Unabhängig davon darf die unionsrechtlich verbindliche Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit grundsätzlich nicht durch Mehrarbeitsstunden überschritten werden (Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG sowie Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG); Abweichungen sind nur im Rahmen der unionsrechtlichen Bestimmungen zulässig (vgl. Art. 17, 18 und 22 RL 2003/88/EG sowie Art. 17 und 18 RL 93/104/EG).
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4. Die Zuvielarbeit ist pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen. Darüber hinausgehende Anwesenheitstage sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit, Sonderurlaub, Abordnungen, Fortbildungen, etc. sind nur dann abzuziehen, wenn sie im Jahr einen erheblichen Umfang erreichen. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte deshalb mindestens in Höhe des Jahresurlaubs von sechs Wochen ununterbrochen keinen Feuerwehrdienst geleistet hat.
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Danach sind von 52 Wochen im Jahr sieben Wochen abzuziehen, sodass der Berechnung der auszugleichenden Zuvielarbeit 45 Wochen mit je sieben Stunden zugrunde zu legen sind. Damit sind im Jahr bei der Berliner Feuerwehr 315 Stunden, und im Monat 26,25 Stunden, rechtswidrig zu viel gearbeitet worden. Abwesenheitszeiten in erheblichem Umfang sind nicht festgestellt, sodass im gesamten geltend gemachten Zeitraum beim Kläger 1 627,5 Stunden Zuvielarbeit angefallen sind.
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5. Die so errechneten Zuvielarbeitsstunden sind vorrangig durch Freizeit auszugleichen. Kann aber aus vom Beamten nicht zu vertretenden Gründen ein Freizeitausgleich nicht in angemessener Zeit gewährt werden, so gebieten sowohl der an Treu und Glauben orientierte Interessenausgleich als auch der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln. Dies betrifft zunächst Fälle, in denen Feuerwehrbeamte nicht mehr in einem aktiven Beamtenverhältnis zur beklagten Körperschaft stehen. Dies gilt aber auch, wenn - wie hier - zwingende dienstliche Gründe der zeitnahen Gewährung von Freizeitausgleich entgegenstehen.
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Insofern kann trotz des grundlegenden Unterschieds zwischen rechtmäßiger Mehrarbeit und rechtswidriger Zuvielarbeit auf die Vorschriften des Mehrarbeitsrechts zurückgegriffen werden, weil der Zweck des Ausgleichs von Mehrarbeit der gleiche ist wie derjenige von Zuvielarbeit. In beiden Fällen geht es um einen Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Beamten zum Dienst. Hieraus ergibt sich zunächst die Verpflichtung, den Anspruch auf Freizeitausgleich zeitnah zu erfüllen, damit dieser seinen Zweck, die besonderen gesundheitlichen Belastungen der Zuvielarbeit auszugleichen, erreichen kann. Zudem kann ein Beamter nach jahrelangem Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinien nicht darauf verwiesen werden, nun ebenso lange auf die Erfüllung seines Ausgleichsanspruchs zu warten. Deshalb ist zeitliche Grenze für die Erfüllung des Freizeitausgleichs der sich aus dem Mehrarbeitsrecht ergebende Jahreszeitraum (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV, § 35 Abs. 2 Satz 2 LBG Bln a.F., § 9 Abs. 1 AZVO Bln) nach der endgültigen Entscheidung über den Ausgleichsanspruch.
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Kann aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht innerhalb dieses Jahreszeitraums Freizeitausgleich gewährt werden, sieht das Mehrarbeitsrecht dessen Umwandlung in einen Geldanspruch vor (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 3 LBG Bln a.F. <§ 53 Abs. 2 Satz 2 LBG Bln>, § 9 Abs. 2 AZVO Bln und § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV). Zwingende dienstliche Gründe liegen nur dann vor, wenn die Dienstbefreiung mit großer Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Dienstbetriebes führen würde (vgl. Urteil vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 23.05 - Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 Rn. 17 f. zu einer Teilzeitbeschäftigung).
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Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Gefährdung des Dienstbetriebs wird umso höher, je größer der Kreis der Anspruchsberechtigten ist und je länger die Zeiträume werden, für die eine Vielzahl von Beamten Ansprüche geltend machen können. Eine Kumulation von langjähriger Zuvielarbeit und einer Vielzahl Anspruchsberechtigter führt zwar allein noch nicht dazu, dass der Gewährung von Freizeitausgleich zwingende dienstliche Gründe entgegenstünden. In den Verwaltungsbereichen, die, wie die Feuerwehr, die Polizei und der Strafvollzug, der unmittelbaren Gefahrenabwehr dienen und mit denen der Staat Leib und Leben seiner Bürger unmittelbar schützt, ist nicht hinnehmbar, wenn der Sicherheitsstandard aufgrund fehlenden Personals über einen längeren Zeitraum herabgesenkt werden müsste. Deshalb genügt es für die Annahme einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebes, wenn der Dienstherr plausibel darlegt, dass die Funktionsfähigkeit der Feuerwehr bei Gewährung von Freizeitausgleich gefährdet wäre, weil die zur Gefahrenabwehr erforderliche personelle Ausstattung nicht mehr erreicht werden könnte. Welche personelle Ausstattung erforderlich ist, unterfällt allerdings allein der Organisationsentscheidung des Dienstherrn.
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Danach stehen einer Erfüllung der Freizeitausgleichsansprüche des Klägers zwingende dienstliche Gründe entgegen. Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts können die Ausgleichsansprüche der Feuerwehrbeamten nicht binnen eines Jahres ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Berliner Feuerwehr erfüllt werden. Deshalb haben sich die Ansprüche des Klägers in solche auf Geldausgleich gewandelt.
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6. Als Anknüpfungspunkt für den danach zu gewährenden Geldausgleich bieten sich allein die im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung an. Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden, da diese kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste darstellt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63>, und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern vielmehr die Gegenleistung des Dienstherrn dafür ist, dass sich der Beamte mit voller Hingabe der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15.Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.
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Bei dem Wertersatz geht es wie beim Freizeitausgleich, an dessen Stelle er tritt, um einen billigen sowie angemessenen Ausgleich, der zudem dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz entsprechen muss. Eine Ermäßigung des Ausgleichs durch eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 5 BMVergV) ist daher auch bei einer Umwandlung in einen Geldausgleich aus den bereits dargestellten Gründen unzulässig (vgl. zum Ganzen auch Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 16 f.). Deshalb darf entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Mehrarbeitsvergütung auch nicht um ein Sechstel reduziert werden. Die regelmäßige Arbeitszeit, auf deren Grundlage die Mehrarbeitsvergütung gewährt wird, beträgt auch für Feuerwehrbeamte 40 und nicht etwa 48 Stunden (vgl. § 1 Abs. 1 AZVO Bln). Zu einer Überschreitung dieser Stundenzahl kommt es nur aufgrund einer geringeren Gewichtung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 6 Abs. 1 AZVO Bln) gegenüber dem Volldienst durch den Landesverordnungsgeber, die aber bei der Bemessung der Mehrarbeitsvergütung ohne Bedeutung ist.
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7. Nicht nur der nationalrechtliche Ausgleichsanspruch, sondern auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch unterliegt den Verjährungsregeln des nationalen Rechts (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 m.w.N. und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35 m.w.N.). Fehlen - wie hier - spezielle Verjährungsvorschriften des einschlägigen Fachrechts, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (vgl. Urteile vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20 Rn. 45 m.w.N. und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8 = Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 11 Rn. 8 m.w.N.).
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Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadensersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegen beide Ansprüche den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren. Vorher entstandene Ansprüche unterlagen der 30-jährigen Verjährungsfrist, die aber nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tage beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzt worden ist.
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Bei den monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Außerdem muss der Gläubiger von der Person des Schuldners und den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben oder diese ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dass er aber auch aus dieser Kenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht, wird nicht vorausgesetzt. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - juris Rn. 7 - WM 2008, 1077 f.; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - juris Rn. 19 - LM BGB § 852 Nr. 150<9/1999> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 -, NJW-RR 2009, 547-549
), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat der Senat den Billigkeitsausgleich erstmals im Urteil vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - (Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38, S. 6 f.) gewährt, jedoch hatte der EuGH bereits 1991 den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35; vgl. auch Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 45). Ein hinreichend qualifizierter Verstoß des Beklagten gegen Unionsrecht ist zudem seit dem Urteil des EuGH vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) anzunehmen, sodass spätestens seitdem hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch wegen der Zuvielarbeit erfolgversprechend sein könnte.
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Der Lauf der Verjährungsfrist wird durch Klageerhebung oder durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen sowie seit dem 1. Januar 2002 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt (vgl. Urteil vom 9. März 1979 - BVerwG 6 C 11.78 - juris Rn. 12, 13; Beschluss vom 14. April 2011 - BVerwG 2 B 27.10 - juris Rn. 18). Danach wurde die Verjährung der Ansprüche des Klägers erst durch die Klageerhebung gehemmt, sodass sie für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2004 verjährt sind. Deshalb kann der Kläger nur noch einen Ausgleich für 945 Stunden Zuvielarbeit verlangen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.