Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 11. Okt. 2016 - 2 K 9062/16.A
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
3Sie sind syrische Staatsangehörige, arabischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Die Kläger beantragten am 20. Juli 2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Sie gaben an, am 28. Februar 2014 ihr Heimatland verlassen zu haben. Zuletzt hätten sie in A. gelebt. Nach ihrer Ausreise hätten sie sich sieben Monate im Libanon aufgehalten. Am 24. Oktober 2015 seien sie in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Bei ihrer am 21. Juli 2016 erfolgten persönlichen Anhörung führte die Klägerin zu 1 aus, ihre Heimatstadt sei bombardiert und völlig zerstört worden. Es habe weder Schulen noch Arbeit gegeben. Sie hätten innerhalb Syriens zunächst umziehen müssen. Anschließend hätten sie sich entschlossen, Syrien zu verlassen, insbesondere weil ihr Sohn - der Kläger zu 4 - große Angst gehabt habe.
4Mit Bescheid vom 25. Juli 2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Klägern den subsidiären Schutzstatus zu. Im Übrigen lehnte es den Asylantrag ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, für die Feststellung des Flüchtlingsstatus müsse zwischen den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen und den in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründen eine Verknüpfung bestehen. Die Verfolgung müsse den Asylsuchenden gerade wegen mindestens einem dieser Verfolgungsgründe drohen. Dies sei hier nicht der Fall.
5Dagegen haben die Kläger am 5. August 2016 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, sie seien aufgrund ihrer illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und ihrem Auslandsaufenthalt bei einer Rückkehr nach Syrien von Verfolgung bedroht, weil der syrische Staat dies als Ausdruck einer regimekritischen Gesinnung auffasse. Bei einer Rückkehr hätten sie mit Verfolgungsmaßnahmen des Regimes, der Rebellen oder des IS zu rechnen.
6Die Kläger beantragen,
7die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Juli 2016 zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
8Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Erkenntnisliste verwiesen.
10Entscheidungsgründe:
11Die Kammer konnte durch den Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit zur Entscheidung mit Beschluss vom 14. September 2016 übertragen hat.
12Die Klage ist unbegründet. Das Gericht folgt den Feststellungen in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes, mit dem die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes im Sinne der §§ 3 bis 3e Asylgesetz (AsylG) abgelehnt worden ist, macht sie sich zu eigen und sieht deshalb – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Hinweise – von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
13Ergänzend weist die Kammer auf Folgendes hin:
14Soweit die Kläger sich pauschal darauf berufen, dass ihnen allein wegen ihrer (illegalen) Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und des Aufenthaltes im Ausland bei einer Rückkehr nach Syrien eine politische Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG drohe, weil allein dieses Verhalten vom syrischen Staat als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst und verfolgt werde, vermag das Gericht in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) nicht festzustellen, dass diese Gefahr mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit bestünde.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2016 - 14 A 1802/16.A -, juris, vorangegangen: VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2016 - 5 K 5853/16.A -; so auch VG Trier, Urteil vom 10. Mai 2016 – 1 K 771/16.TR -.
16Nach der angeführten obergerichtlichen Rechtsprechung belegt der Hinweis darauf, dass rückkehrende regimenahe Geheimdienstmitarbeiter oder Asylbewerber, die bereits während ihres Auslandsaufenthalts Informationen an syrische Dienststellen weitergeleitet haben, nicht mit einer informatorischen Befragung unter Folter zu rechnen hätten, nicht, dass andere Rückkehrer vom syrischen Staat unterschiedslos der Gegenseite oder einer anderen Person, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist, zugerechnet werden. Dies anzunehmen ist – so hat das OVG NRW weiter festgestellt – lebensfremd, da auch dem syrischen Staat bekannt sein dürfte, dass die übergroße Zahl der Asylbewerber vor dem Bürgerkrieg und nicht vor politischer Verfolgung flieht.
17Vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. September 2016 - 1 A 10786/16.OVG -, wonach angesichts der massenhaften Ausreise seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien einiges dafür spricht, dass für die Annahme einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit neben der illegalen Ausreise, der Asylantragstellung und dem längerem Auslandsaufenthalt noch „individuelle Gründe“ für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hinzutreten müssen.
18Hinreichende Erkenntnisse, die eine abweichende rechtliche Bewertung stützen, liegen nicht vor. Der letzte Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien stammt vom 27. September 2010. Dort wird auf Blatt 21 ausgeführt, dass die Asylantragstellung oder ein längerfristiger Auslandsaufenthalt für sich allein kein Grund für Verhaftungen oder Repressalien sind. Danach ist den syrischen Behörden bekannt, dass der Aufenthalt in der Bundesrepublik oft (lediglich) auf der Basis behaupteter politischer Verfolgung erfolgt. Nur vereinzelt gab es Fälle, in denen aus Deutschland abgeschobene abgelehnte Asylbewerber bei der Einreise wegen politischer Aktivitäten (Hervorhebung durch die Kammer) verhaftet wurden. In der Regel erfolgt nach der Einreise zurückgeführter Personen eine Befragung durch die syrische Einwanderungsbehörde und die Sicherheitsdienste. In Einzelfällen werden Personen dabei für die Dauer einer Identitätsüberprüfung durch die Einreisebehörden festgehalten.
19Vgl. Ad-hoc Ergänzungsbericht zum Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 7. April 2010.
20Noch am 3. Februar 2016 hat die Deutsche Botschaft Beirut mitgeteilt, dass zwar Fälle bekannt seien, bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden seien. Dies stünde aber überwiegend in Zusammenhang mit „oppositionsnahen Aktivitäten“.
21Die gegenteilige Einschätzung, dass der syrische Staat gegenwärtig das Stellen eines Asylantrages im Zusammenhang mit der (illegalen) Ausreise und dem entsprechenden Aufenthalt im Ausland als Ausdruck einer politisch missliebigen Gesinnung und damit als Kritik am herrschenden System ansieht, die das Gebot der Loyalität gegenüber diesem mit der Folge verletzt, dass Rückkehrer aus dem westlichen Ausland – ungeachtet einer tatsächlichen oppositionellen Haltung des Einzelnen – in der Regel mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, teilt die Kammer nicht.
22Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2013 - A 11 S 927/13 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 3 A 917/13.Z.A -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 29. Juni 2016 - RO 11 K 16.30707 -, juris, Rn. 30.
23Die vorangestellte Auffassung beruht mangels Referenzfällen, die es wegen ausgesetzter Abschiebungen nicht gibt, notwendigerweise auf einer wertenden Gesamtschau aller Umstände. Dieser Wertung schließt sich die Kammer nicht an. Denn es liegt fern anzunehmen, der syrische Staat, dessen Machthaber gegen Aufständische um das politische und physische Überleben kämpfen und dabei die Kontrolle über erhebliche Landesteile verloren haben, hätte Veranlassung und Ressourcen, alle zurückgeführten unpolitischen Asylbewerber ohne erkennbaren individuellen Grund aus den in § 3b AsylG genannten Gründen zu verfolgen. Für die Annahme, dass die syrischen Sicherheitsorgane eine solche auf jeden Asylbewerber bezogene, an asylerhebliche Merkmale anknüpfende Verfolgungstätigkeit entfalten, gibt es keinen hinreichenden Anhalt.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2014 - 14 A 215/14.A - (zu § 60 Abs. 1 AufenthG); VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Januar 2014 - 17 K 804/13.A -, juris, wonach sich belastbare Erkenntnisse, die die Annahme rechtfertigen, der syrische Staat erkenne in unpolitischen erfolglosen Asylbewerbern grundsätzlich eine erhöhte Gefahr und habe anders als vor Ausbruch des Konflikts eine entsprechende Handlungsmotivation dieser Personengruppe gegenüber entwickelt, so dass nunmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung bestehe, derzeit nicht ausmachen lassen.
25Angesichts des weit verbreiteten und wahllosen Einsatzes der Folter durch den syrischen Staat besteht zwar für jeden rückgeführten Asylbewerber die beachtliche Wahrscheinlichkeit, auch ohne individuellen Bezug zu Gruppen oder Personen der Exilszene über sein Wissen darüber während seines Aufenthaltes etwa in der Bundesrepublik Deutschland unter Einsatz der Folter abgeschöpft zu werden.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2014 - 14 A 215/14.A -, Urteil vom 14. Februar 2012 - 14 A 2708/10.A -; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2016 - 5 K 5853/16.A -.
27Die allgemeine Gefahr informatorischer Befragung unter Folter ohne erkennbaren individuellen – und sei es auch nur gruppenabgeleiteten – Grund knüpft aber nicht an asylerhebliche Merkmale an. Folter kann ein Indiz für eine asylrechtsrelevante Gerichtetheit der Verfolgung sein, führt aber nicht als solche zur Annahme einer politischen Verfolgung, sondern auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes. Zur Annahme der politischen Verfolgung eines durch Folter Bedrohten ist, wenn nicht in seiner Person an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, jedenfalls dessen Zurechnung zur Gegenseite des Verfolgungsstaates oder zu einer anderen Person, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist, erforderlich.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2014 - 14 A 215/14.A -, mit weiteren Nachweisen.
29Daran fehlt es, wenn (lediglich) die beachtliche Wahrscheinlichkeit für jeden Asylbewerber besteht, bei seiner Rückkehr routinemäßig auch unter Einsatz der Folter befragt zu werden.
30Im Streitfall ist hervorzuheben, dass die Klägerin zu 1 - die Mutter der Kläger zu 2 bis 4 - noch im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 21. Juli 2016 angegeben hat, bei einer Rückkehr nach Syrien persönlich „nichts“ zu befürchten. Die Kläger haben im Übrigen im Termin zur mündlichen Verhandlung keinerlei Anknüpfungspunkte für eine politisch motivierte Verfolgung dargetan. Im Gegenteil haben sie angegeben, sich zwecks Beschaffung von Reisepässen nach Damaskus begeben und auf dem Weg dorthin nahezu 100 Kontrollpunkte der syrischen Armee passiert zu haben. Auf der Hinfahrt habe es keinerlei Schwierigkeiten gegeben. Zwar sei der Ehemann der Klägerin zu 1 bei der Rückfahrt für die Dauer von fünf Tagen festgenommen worden. Dies sei aber auf eine Personenverwechselung zurückzuführen, weil Angehörige der syrischen Armee ihn aufgrund einer Namensähnlichkeit für einen syrischen Rebellen gehalten hätten. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt waren, die an asylrechtsrelevante Merkmale anknüpfen und über die Beeinträchtigungen hinausgehen, denen die Bevölkerung aufgrund der Lage in Syrien allgemein ausgesetzt ist, sind nicht erkennbar. Nichts anderes gilt im Ergebnis im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland.
31Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
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(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.