Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 K 83/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob das beklagte Land die Übernahme des Klägers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst aus gesundheitlichen Gründen ablehnen durfte.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger bewarb sich im September 2014 beim Landesamt für B. (LB.) um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2015. Seine Körpergröße wurde mit 185 cm, sein Gewicht mit 99 kg angegeben, was einem Body-Maß-Index (BMI) von 28,9 entsprach. Des Weiteren gab der Kläger an, regel- oder gewohnheitsmäßig das Medikament L-Thyroxin einzunehmen. Diesbezüglich legte er eine Bescheinigung der Fachärzte für Allgemeinmedizin D. und S. -D. vom 12. August 2014 vor. Daraus ging hervor, dass der Kläger 2003 an Morbus Basedow erkrankt sei, im Mai 2005 eine Radiojodtheraphie durchgeführt habe, L-Thyroxin 175 einnehme, und beschwerdefrei sowie uneingeschränkt belastbar sei.
4Mit Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2014 erklärte das beklagte Land, der zur Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit zuständige Arzt habe festgestellt, dass die Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne. Gründe seien der Zustand nach Morbus Basedow mit Dauersubstitution mit Schilddrüsenhormonen sowie Übergewicht.
5Der Kläger legte daraufhin mit Schreiben vom 15. November 2014 ein weiteres Attest der Fachärzte für Allgemeinmedizin D. und S. -D. vom 27. Oktober 2014 vor. Diesem zufolge sei beim Kläger 2003 eine Basedow-Hyperthyreose diagnostiziert worden, wobei nach thyreostatischer Behandlung als definitive Therapie im Mai 2005 eine Radiojodtherapie durchgeführt worden sei. Erwartungsgemäß sei es dann zu einer Hypothyreose gekommen, welche mit dem Medikament „L-Tyroxin 175“ substituiert werde. Der Kläger sei durch dieses Krankheitsbild in keinerlei Weise in den Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt. Der erhöhte BMI ergebe sich größtenteils aus der Muskelmasse, da der Kläger seit Jahren Sport – insbesondere Kraftsport/Kampfsport – betreibe und sein Körperbau muskulös-athletisch sei. Ein Anhaltspunkt dafür, dass dem Kläger aufgrund des Krankheitsbildes in gesundheitlicher Hinsicht die Eignung für die Ausübung des Polizistenberufes fehle, habe sich nicht ergeben. Weiter legte der Kläger ein Attest des Facharztes für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014 vor. Diesem zufolge bestehe seit der Radiojodtherapie, die zu einer dauerhaften Beseitigung der Hyperthyreose geführt habe, eine substitutionsbedürftige Schilddrüsenunterfunktion, die seither „ganz unproblematisch“ mit einer Thyroxinsubstitution gut eingestellt sei. Der Kläger stelle sich in größeren Abständen zur Kontrolle vor. Probleme hätten seither nicht bestanden. Der Kläger sei kooperativ hinsichtlich der Medikamenteneingabe und in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit durch die Schilddrüsenerkrankung in keiner Weise eingeschränkt. Im Hinblick auf die Schilddrüsenerkrankung sei er ohne Einschränkungen auch für den Polizeidienst geeignet. Weitere therapeutische Maßnahmen seien hinsichtlich der Schilddrüse nicht mehr zu erwarten. Die Thyroxinsubstitution müsse allerdings mit einer Einnahme einmal täglich morgens lebenslang fortgeführt werden. Hinsichtlich des vermeintlichen Übergewichts erklärte Dr. med. T. , der Kläger verfüge über eine überdurchschnittliche Muskelmasse. Die alleinige Betrachtung des BMI ohne Berücksichtigung der Fettmasse sei insofern im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Klägers irreführend. Schließlich legte der Kläger ein Attest des Facharztes für innere Medizin M. vom 13. November 2014 vor. Diesem zufolge könne die Unterfunktion der Schilddrüse mit regelmäßiger Einnahme von Schilddrüsenhormonen unproblematisch behandelt werden. Regelmäßige endokrinologische Kontrollen zeigten wie erwartet ein stabiles Geschehen. Auch in Zukunft sei mit keinerlei gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens zu rechnen.
6In einer internen Stellungnahme vom 2. Dezember 2014 stellte der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. fest, dass beim Kläger auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Atteste keine gesundheitliche Tauglichkeit zur Einstellung in den Polizeivollzugsdienst bestünde. Ausweislich der vom Kläger eingereichten Unterlagen bestehe eine Hypothyreose bei Zustand nach Morbus Basedow sowie Übergewicht. Die Schilddrüsenunterfunktion sei medikamentös behandlungspflichtig und kontrollbedürftig. Bei diesem Krankheitsbild handle es sich um eine „Krankheit des endokrinen Systems“ bzw. „behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderung“ im Sinne des Merkmals 2.1.1 der Anlage 1.1 zur Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), welche die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit ausschlössen. Die polizeiärztliche Untersuchung habe insbesondere auch auf sog. „Zufallsfunde“ bzw. körperliche Besonderheiten zu achten, auch wenn diese derzeit ohne jede klinische Bedeutung oder Therapiebedürftigkeit sein sollten. Mit Blick auf die Möglichkeit einer uneingeschränkten Berufsausübung im Polizeivollzugsdienst mit seinen besonderen Anforderungen auch an die körperliche und seelische Belastbarkeit seien gesundheitliche Risiken weitestmöglich auszuschließen.
7Mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 lehnte das beklagte Land die Einstellung des Klägers unter Bezugnahme auf die Bewertung des Polizeiarztes und die PDV 300 ab. Ergänzend führte er aus, dass nach ständiger Rechtsprechung amtsärztliche/polizeiärztliche Äußerungen gegenüber privatärztlichen Attesten bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit/-tauglichkeit einen grundsätzlich höheren Beweiswert hätten.
8Am 6. Januar 2015 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen des Polizeiarztes nicht auf eine persönliche Untersuchung stützten. Eine Beurteilung allein auf der Grundlage von Erfahrungssätzen sei unzulässig. Die Polizeidiensttauglichkeit könne nicht pauschal bei bestimmten Krankheitsbildern verneint werden. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger seit 2005 täglich und ohne jegliche Nebenwirkungen eine Tablette einnehme. In den vergangenen 14 Jahren habe er keinerlei Einschränkung seiner Gesundheit oder sonstigen körperlichen Fähigkeiten erlebt. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen im Polizeidienst eine regelmäßige Hormonsubstitution nicht sichergestellt sein solle. Auch die Tatsache, dass er sehr viel Sport betreibe, belege die Polizeidiensttauglichkeit und sei zu berücksichtigen.
9Der Kläger beantragt,
10das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für B. vom 4. Dezember 2014 zu verpflichten, ihn in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen,
11hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für B. vom 4. Dezember 2014 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
12Das beklagte Land beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich auf die im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gründe und führt ergänzend aus: Ein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis existiere nicht, allenfalls könne der Kläger einen Anspruch auf rechts- und insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung geltend machen. Die für die Einstellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung der Polizei – LVOPol) erforderliche Polizeidiensttauglichkeit sei nach der bundeseinheitlichen PDV 300 zu beurteilen. Diese werde auf Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse erarbeitet und ständig fortgeschrieben. Die darin aufgeführten Fehler schlössen die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst aus. Die gesundheitliche Eignung läge beim Kläger nicht vor. Nach Aussage des Polizeiarztes handle es sich bei der beim Kläger vorliegenden Hypothyreose um eine dauerhaft kontroll- und behandlungsbedürftige Schilddrüsenveränderung, die einer regelmäßigen Hormonsubstitution bedürfe. Die zur Behandlung der Hyperthyreose durchgeführte Radiojodtherapie habe definitiv zum dauerhaften Funktionsverlust der Schilddrüse geführt. Im Falle des Ausbleibens der Hormonsubstitution oder einer unzureichenden Einstellung komme es rasch zu erheblichen gesundheitlichen Problemen. Diese könnten sich von unspezifischen Allgemeinsymptomen bis zu erheblichen psychiatrischen Störungen erstrecken. Nicht in allen polizeilichen Aufgabenbereichen könne aber dienstlicherseits die regelmäßige Versorgung mit Medikamenten sichergestellt werden, beispielsweise bei mehrtägigen Einsätzen aus besonderem Anlass. Die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit setze jedoch die uneingeschränkte Einsetzbarkeit in jedem Amt der Laufbahngruppe voraus. Der Kläger sei daher schon grundsätzlich nicht geeignet. Eine Prognoseeinschätzung sei aus polizeiärztlicher Sicht somit nicht erforderlich.
15Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß Empfangsbekenntnis zugestellt am 6. August 2015, ist der Kläger aufgefordert worden, bis zum 21. August 2015 etwaige neue Tatsachen und Beweismittel anzugeben, sowie Urkunden vorzulegen, auf die er sich zur Begründung der Klage stützen wolle. Dabei ist darauf hingewiesen worden, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht würden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei.
16In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine unter dem 12. August 2015 ausgestellte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. med. T. zur Akte gereicht. Darin wird ein Auszug aus dem Werk von Daunderer, Klinische Toxikologie, 23. Erg.-Lfg. 2/87 über die Pharmakokinetik von Thyroxin zitiert. Demnach betrage die „Plasma-HWZ (…) bei Hypothyreose 9-10 Tage“. Nach „p.o. Gabe“ – gemeint ist die Einnahme über den Mund, Anm. der Kammer – trete die Wirkung „in 3-5 Tagen“ ein. Eine „maximale Wirkung“ sei „meist erst in 1-3 Wochen erreicht“. Die Wirkung könne „noch 1-6 Wochen nach dem Absetzen andauern“. Wie Dr. med. T. weiter ausführt, resultiere aus der „langen Plasmahalbwertszeit von Thyroxin“, dass „eine Therapieunterbrechung der Thyroxinsubstitution nicht sofort zu einer schweren Schilddrüsenunterfunktion mit Symptomatik“ führe. Mit der „regelmäßigen Einnahme“ werde „eine Art Depot hergestellt, das über mehrere Tage erhalten“ bleibe. Es sei „grundsätzlich (…) natürlich die regelmäßige Einnahme zu empfehlen, um eine optimale Einstellung zu gewährleisten“. Eine „wesentliche klinische Symptomatik oder körperliche Beeinträchtigung“ sei bei „fehlender Einnahme über einige Tage aufgrund von Notfallsituationen aber nicht zu erwarten“. Insofern sehe er „weiterhin keine wesentliche Beeinträchtigung der körperlichen Verfassung“ des Klägers durch die „notwendige Thyroxinsubstitution“.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Klage ist zunächst im Hauptantrag unbegründet.
20Die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Dem Kläger steht in dem für die rechtliche Beurteilung seines Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung,
21vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113, Rn. 217,
22der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Feststellung der mangelnden gesundheitlichen Eignung im Ablehnungsbescheid vom 4. Dezember 2014 hält – jedenfalls teilweise in einem die Ablehnung tragenden Umfang – einer rechtlichen Prüfung stand.
23Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Allerdings gewähren weder diese ein grundrechtsgleiches Recht begründende Norm noch die zu ihrer Konkretisierung ergangenen Vorschriften – hier: § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 11 Abs. 1, § 3 Abs. 1 LVOPol – einen strikten Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt. Vielmehr liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers in ein Beamtenverhältnis und die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
24Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, juris, Rn. 50, und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris, Rn. 13; BVerwG, Urteile vom 7. Mai 1981 - 2 C 42.79 -, juris, Rn. 19, und vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, juris, Rn. 11.
25Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol kann in den Polizeivollzugsdienst eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf (§ 11 Abs. 3 LVOPol) ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen,
26vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris, Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 19. September 2011 - 3 CE 11.1823 -, juris, Rn. 20.
27Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass die den Polizeivollzugsdienst betreffenden Vorschriften des Bundes und der Länder besondere Bestimmungen enthalten, die – als in polizeilicher Praxis gewonnene Erfahrungssätze – Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig aufführen, bei deren Vorliegen der Dienstherr auf die Polizeidienstuntauglichkeit der Bewerber schließen darf. In diesem Sinne maßgeblich konkretisiert wird der Begriff der Polizeidiensttauglichkeit durch die Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), Ausgabe 2012. Die bundeseinheitliche PDV 300 ist nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 3. August 2012 (Az.: 413-60.03.08) anwendbar. Sie fasst aufgrund besonderer Sachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende ärztliche Erfahrungssätze zusammen,
28vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. November 1998 - 6 B 2200/98 -, NRWE, Rn. 7; vom 7. Februar 2013 - 6 E 581/12 -, juris, Rn. 6.
29Hierbei sind zur Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit stets die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit zu berücksichtigen (vgl. Nr. 1.2 PDV 300). Nach Nr. 2.3.3 PDV 300 ist ein Bewerber als polizeidienstuntauglich zu beurteilen, wenn ein oder mehrere die Polizeidiensttauglichkeit ausschließende Merkmale festgestellt werden, die in der Anlage 1.1 der PDV 300, welche insoweit,
30vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 15 K 1480/04 -, juris, Rn. 46; sinngemäß auch die erkennende Kammer VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. August 2014 - 2 L 1911/14 -, nicht veröffentlicht, S. 5,
31als antizipiertes Sachverständigengutachten betrachtet werden kann, aufgeführt sind. Wie jede normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift muss die PDV 300 dabei zugleich für die sachgerechte Erfassung von Ausnahmetatbeständen Raum lassen und kann die Pflicht zur Berücksichtigung besonderer Umstande des Einzelfalls niemals beseitigen,
32vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 28 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris, Rn. 23 (jeweils m.w.N.).
33Ausgehend von diesem Maßstab ist zunächst festzustellen, dass das beklagte Land die Ablehnung des Klägers nicht pauschal auf dessen vermeintliches Übergewicht stützen durfte. Zwar lag der aus den Angaben des Klägers errechnete BMI von 28,9 über dem BMI von 27,5 kg/m2, der gemäß Nr. 2.3.3 PDV 300 i.V.m. dem Merkmal 1.4.1 der Anlage 1.1 zur PDV 300 die Polizeidiensttauglichkeit allgemein ausschließt. Das LB. hat insoweit aber nicht die gebotene Einzelfallbetrachtung zur gesundheitlichen Eignung angestellt.
34Auch wenn nach dem Wortlaut der genannten Regelungen („Merkmale, die die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen“) eine Ausnahme nicht vorgesehen ist, muss mit Blick auf die – gemessen am jeweiligen Normzweck – atypischen Sachverhalte stets ein Entscheidungsspielraum verbleiben. Aufgrund ihrer typisierenden Betrachtungsweise erfasst die Verwaltungsvorschrift – wie ausgeführt – nur den „Regelfall“. Sie erfasst aber nicht solche atypischen Konstellationen, in denen die jeweilige Tatbestandsvoraussetzung formal zwar erfüllt ist, ihre Anwendung materiell aber im Widerspruch zu der damit bezweckten Eignungsfeststellung steht. Diese Wertung obliegt der im Einzelfall zur Entscheidung berufenen Behörde. Diese muss auch bei vorhandenen „absoluten“ Fehlern im Sinne der PDV 300 prüfen, ob die allgemeine Risikoprognose, die der entsprechenden Bestimmung zugrunde liegt, auf den jeweiligen Bewerber auch individuell zutrifft. Diese Frage stellt sich insbesondere bei solchen Krankheiten/Fehlern, bei denen atypische Sachverhalte und vom „Regelfall“ abweichende Risikopotentiale durchaus denkbar und ggf. auch naheliegend sind,
35vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 32 und 35; zur grundsätzlich notwendigen Einzelfalluntersuchung bei Übergewicht auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2014 - 6 A 1552/12 -, juris, Rn. 6.
36Diesem Erfordernis hat das LB. nicht entsprochen. Der angegriffene Bescheid verweist ohne nähere Begründung auf das festgestellte „Übergewicht“. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass sich der Bescheid insoweit auf die oben genannten Regelungen der PDV 300 bezieht. Eine Einzelfallprüfung unter Abklärung der individuellen gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers ist gleichwohl nicht erfolgt. Eine solche wäre spätestens nach Vorlage der substantiierten ärztlichen Atteste angezeigt gewesen. Diese geben jedenfalls hinreichenden Anlass zu der Annahme, dass der Kläger aufgrund seines athletisch-muskulösen Körperbaus einen solchen atypischen Fall darstellt. Die mit einem BMI von mehr als 27,5 kg/m2 bekanntermaßen oft verbundenen Risikofaktoren (unter anderem Gefahr von Stoffwechselerkrankungen, von Herz-/Kreislauferkrankungen und von psycho-sozialen Folgeerkrankungen) treten bei nur „formalem Übergewicht“, das sich aus einem hohen Anteil an Muskelmasse ergeben kann, regelmäßig gerade nicht auf,
37vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 39; allgemein zur Ungeeignetheit des BMI für eine typisierende beamtenrechtliche Prognoseentscheidung OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 1 B 477/11 -, juris, Rn. 18 ff (m.w.N.).
38Insofern ist nicht von Belang, ob das LB. – wie anzunehmen – von einer individuellen Untersuchung und Begründung allein mit Blick auf die als tragenden Entscheidungsgrund verstandene Hypothyreose absah. Denn der Kläger musste die Formulierung in der Bescheidbegründung („besteht bei Ihnen […] Übergewicht. Daher musste die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt werden.“) so verstehen, dass auch dieser gesundheitliche Grund einer Einstellung entgegenstünde.
39Die Ablehnung ist jedoch nach dem oben genannten Maßstab im Ergebnis nicht zu beanstanden, weil das LB. die gesundheitliche Eignung zu Recht wegen der Schilddrüsenveränderung und der Erforderlichkeit einer Hormonsubstitution verneint hat.
40Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) des Klägers fällt unter das Merkmal 2.1.1 der Anlage 1.1 zur PDV 300. Danach schließen „alle Krankheiten des endokrinen Systems“ bzw. „behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderungen“ die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit aus. Dass die Hypothyreose als solche beim Kläger vorliegt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und ergibt sich aus den im Bewerbungsverfahren vorgelegten Attesten der behandelnden Ärzte. Die durch die Radiojodtherapie hervorgerufene Hypothyreose ist jedenfalls eine Schilddrüsenveränderung im Sinne der PDV 300. Denn im Vergleich zu einer voll funktionsfähigen Schilddrüse ist die Hormonproduktion mindestens erheblich verringert und die Funktion als Hormondrüse folglich eingeschränkt. Diese Veränderung ist auch behandlungs- und überwachungsbedürftig. Eine Behandlungsbedürftigkeit setzt keine akuten Beschwerden oder Einschränkungen der Leistungsfähigkeit voraus, sondern besteht auch bei einer fortwährenden Therapie zur Vorbeugung solcher Einschränkungen. Behandlungsbedürftig ist ein Krankheitszustand also insbesondere dann, wenn er eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten verlangt, und ohne eine solche eine Verschlechterung des Gesundheitszustands mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. So liegt es hier. Ausweislich des Attestes von Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014 muss die Hormonsubstitution täglich und lebenslang erfolgen. Die Schilddrüsenveränderung ist ferner auch überwachungsbedürftig. Ein Zustand ist insbesondere dann überwachungsbedürftig, wenn aus medizinischer Sicht eine regelmäßige Vorstellung bei einem Arzt erforderlich ist, um Gesundheitsgefahren vorzubeugen, die im konkreten Fall bekannt sind und nicht nur allgemein bestehen. Im Streitfall ergibt sich dies bereits aus der regelmäßigen und lebenslangen Hormonsubstitution, deren Einstellung ärztlicherseits überprüft werden muss. Unerheblich ist insoweit, dass die behandelnden Ärzte nach jetziger Einschätzung nicht mit weiteren gesundheitlichen Einschränkungen oder therapeutischen Maßnahmen rechnen. Schon aus der Hervorhebung der regelmäßigen Kontrollen in den Attesten ist erkennbar, dass diese auch weiterhin angezeigt sein werden.
41Es liegt auch kein atypischer Sachverhalt vor, der im konkreten Fall zu einer Ausnahme von der generellen Einschätzung der Polizeidienstuntauglichkeit führen musste.
42Die PDV 300 führt in der Anlage 2.1.1 nicht allein solche absoluten „Fehler“ auf, welche die aktuelle Leistungsfähigkeit des Bewerbers einschränken können, oder aus denen sich ein Wahrscheinlichkeitsurteil über eine Leistungseinschränkung in der Zukunft ableiten ließe. Wie das beklagte Land nachvollziehbar dargelegt hat, schließt die behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderung die Polizeidiensttauglichkeit im Streitfall vielmehr deshalb aus, weil der Kläger aufgrund der notwendigen Hormonsubstitution von vornherein nicht die Gewähr bietet, uneingeschränkt in allen polizeilichen Aufgabenbereichen eingesetzt werden zu können. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes setzt die Polizeidiensttauglichkeit eine universelle Einsetzbarkeit der Bewerber voraus. Der (künftige) Polizeivollzugsbeamte muss also grundsätzlich die Gewähr bieten, zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung eingesetzt werden zu können,
43vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 K 1762/13 -, juris, Rn. 28; zur Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2015 - 6 A 1443/14 -, juris, Rn. 8.
44Dementsprechend müssen die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst zulassen (vgl. Nr. 1.2 Satz 2 PDV 300). Hierzu gehören unter anderem – wie das beklagte Land vorgetragen hat – mehrtägige Einsätze aus besonderem Anlass. Hierbei kann seitens des Dienstherrn nicht immer sichergestellt werden, dass die Beamten regelmäßig mit den für sie notwendigen Medikamenten versorgt werden können. Auch wenn der Bewerber grundsätzlich die Gewähr dazu bietet, eigenverantwortlich einen Vorrat an Medikamenten mit sich zu führen, können gerade bei aufeinanderfolgenden mehrtägigen Verwendungen Versorgungsengpässe oder eine zeitlich verzögerte Einnahme vor dem Hintergrund der besonderen Anforderungen an die Einsatzbereitschaft von Polizeivollzugsbeamten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.
45Schwerwiegender und durchgreifend ist jedoch die nach Auffassung der Kammer feststehende eingeschränkte Verwendbarkeit des Klägers im sogenannten „Wach- und Wechselschichtdienst“. Diese Art der dienstlichen Verwendung ist – wie der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt hat – unter anderem durch kurze Schichtdienstfolgen und kurze Schlafphasen gekennzeichnet. Dadurch stelle sich auch der Biorhythmus um. Bei einer solchen Verwendung kann eine regelmäßige Hormonsubstitution in der aus medizinischen Gesichtspunkten gebotenen Form nicht hinreichend sichergestellt werden.
46Medizinisch angeraten ist eine grundsätzlich regelmäßige Hormonsubstitution, die jedenfalls annähernd zum gleichen Tageszeitpunkt stattfinden sollte. Diese Auffassung stützt die Kammer zum einen auf das Attest des behandelnden Arztes Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014, wonach der Kläger „einmal täglich morgens“ eine Tablette einzunehmen habe. Der Kläger hat dies in der mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisiert, dass ihm ärztlicherseits angeraten worden sei, die Tablette „nüchtern“ morgens eine halbe Stunde vor dem Frühstück einzunehmen, damit sich die Wirkung des Medikaments voll entfalten könne. Diese Einschätzung wurde vom Polizeiarzt LRMD Dr. Q. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Demnach solle das Hormon eingenommen werden, wenn die jeweilige Belastung – in Form der Tag- bzw. Wachphase nach dem Ausschlafen – anstehe.
47Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegensetzen, dass er selbst bereits über einen Zeitraum von 4 bis 5 Jahren hinweg in seinem Beruf als Industriemechaniker im Dreischichtbetrieb mit Früh-, Spät- und Nachtschicht gearbeitet habe. Zunächst bestätigt seine Darstellung aus dieser Zeit die Erklärung des Polizeiarztes, dass sich die notwendige Einnahme der Tablette nicht an einem bestimmten Tageszeitpunkt („morgens“) sondern am jeweiligen Zeitpunkt nach Beendigung der „Schlafphase“ zu orientieren habe. Diesbezüglich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er die Tablette während seines Einsatzes im Schichtdienst etwa dann genommen habe, wenn er ausgeschlafen war.
48Des Weiteren steht aufgrund des bereits bekannten ärztlichen Sachverstands zur Überzeugung der Kammer fest, dass die medizinisch begründeten Bedenken des beklagten Landes gegen eine solche unregelmäßig verteilte Hormonsubstitution gleichwohl plausibel sind und überwiegen. Insoweit besteht kein Anlass, an den Ausführungen des Polizeiarztes zu zweifeln, dass bei der Hormonsubstitution der Tagesrhythmus „einigermaßen“ eingehalten werden sollte und dies im Schichteinsatz nicht der Fall wäre. Der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. hat darauf verwiesen, dass es bei dem einzunehmenden Medikament keinen „Speicher“ gebe. Ebenso nachvollziehbar hat der Polizeiarzt erklärt, dass es im Falle des Ausbleibens der Hormonsubstitution oder einer unzureichenden Einstellung rasch zu erheblichen gesundheitlichen Problemen komme, die sich von unspezifischen Allgemeinsymptomen und psychischen Problemen bis zu erheblichen psychiatrischen Störungen und Erkrankungen auch mit lebensbedrohlichem Umfang erstrecken könnten. Wenn die zeitlichen Intervalle der Einnahme des Medikamentes nicht annähernd gleich seien, könne sich eine „schleichende Hypothyreose“ bilden, welche dann zu Erkrankungen, unter anderem Leistungsabfall und psychischen Erkrankungen, führe.
49Diese Aussagen werden auch nicht nachhaltig durch die ärztliche Bescheinigung des Dr. med. T. vom 12. August 2015 entkräftet. Da der Kläger die Bescheinigung ohne genügende Entschuldigung nach Ablauf der von der Kammer gesetzten Frist gemäß § 87b Abs. 2 VwGO eingereicht hat, und ersichtlich keine erst nach Fristablauf eingetretenen neue Tatsachen vorgetragen werden, könnte die Kammer den Vortrag aus der Bescheinigung gemäß § 87b Abs. 3 VwGO bereits zurückweisen. Dem steht auch nicht entgegen, dass das beklagte Land erstmalig in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die fehlende Speicherung des Thyroxins im menschlichen Körper hinwies, und die Bescheinigung unter anderem auf die Wirkungsdauer des Medikamentes eingeht. Das beklagte Land hatte sich schon zuvor auf die erforderliche Regelmäßigkeit der Hormonsubstitution berufen, so dass nähere Ausführungen des Polizeiarztes in der mündlichen Verhandlung durchaus zu erwarten waren. Auch der erstmals in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erfolgte Hinweis auf die eingeschränkte Verwendbarkeit im Wach- und Wechselschichtdienst stellte insoweit keinen unerwarteten Vortrag dar, als sich die notwendige Verwendbarkeit im Wechselschichtdienst unter anderem – wie ausgeführt – ausdrücklich aus der PDV 300 selbst ergibt.
50Aber auch inhaltlich führen die Ausführungen in der Bescheinigung von Dr. med. T. vom 12. August 2015 nicht zu einer anderen Wertung. Zunächst bestätigen dessen Angaben, dass eine optimale Einstellung (nur) durch eine regelmäßige tägliche Einnahme gewährleistet wird und eine solche daher „grundsätzlich“ zu empfehlen ist. Auch auf Basis dieser ärztlichen Einschätzung wäre das beklagte Land im Falle der Einstellung aus Fürsorgegesichtspunkten gehalten, den Kläger nicht im Wach- und Wechselschichtdienst zu verwenden. Im Übrigen stehen die Aussagen, wonach eine Unterbrechung der Thyroxinsubstitution „nicht sofort zu einer schweren Schilddrüsenunterfunktion mit Symptomatik“ führe und eine „wesentliche klinische Symptomatik oder körperliche Beeinträchtigung“ bei fehlender Einnahme über einige Tage hinweg nicht zu erwarten sei, den Ausführungen des Polizeiarztes nicht substantiiert entgegen. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass den Einschätzungen des Polizeiarztes über die Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes aufgrund seiner spezifischen Kenntnisse über die Einsatzbedingungen der Polizeivollzugsbeamten ein grundsätzlich höheres Gewicht als privatärztlichen Bescheinigungen beizumessen ist,
51vgl. zum höheren Beweiswert polizeiärztlicher Äußerungen OVG NRW, Beschluss vom 24. März 2011 - 6 B 187/11 -, juris, Rn. 11 ff. (m.w.N).
52Daraus folgt auch, dass der Einschätzung des Polizeiarztes darüber, welche gesundheitlichen Risiken bei der jeweiligen Verwendung für den Dienstherrn nicht mehr hinnehmbar sind, eine eigenständige Bedeutung zukommt. Vor diesem Hintergrund lässt die ärztliche Bescheinigung gerade nicht erkennen, dass die gesundheitlichen Risiken einer unregelmäßigen Hormonsubstitution zu vernachlässigen wären, sondern dass diese allenfalls „nicht sofort“ einträten oder nicht „wesentlich“ wären. Dies ist nach der Darstellung in der Bescheinigung ohnehin nur bei einer „regelmäßigen Einnahme“ anzunehmen, welche im Wach- und Wechselschichtdienst gerade nicht gewährleistet wäre. Auch die in der Bescheinigung angesprochene Herstellung einer „Art Depot“ schließt nach der Überzeugung der Kammer diese gesundheitlichen Risiken nicht aus. Sie steht vielmehr mit den Ausführungen des Polizeiarztes in Einklang. Dieser hat zunächst erläutert, dass der Begriff des „Depots“ nicht im Sinne eines „Speichers“ zu verstehen sei, sondern sich auf den nach Einnahme vorhandenen „Spiegel“ und die damit verbundene „Restwirksamkeit“ des Thyroxins beziehe. Diese Einschätzung lässt sich auch auf das Zitat aus der Fachliteratur stützen, welches Dr. med. T. seinen Ausführungen voranstellt. Diesem ist zu entnehmen, dass das Thyroxin einerseits eine hohe Plasmahalbwertszeit habe und andererseits die Wirkung nach der oralen Einnahme zeitlich versetzt eintrete. Dies steht der Annahme einer „schleichenden Hypothyreose“ gerade nicht entgegen. Aus der Gesamtschau der ärztlichen Ausführungen ergibt sich vielmehr widerspruchsfrei, dass die grundsätzlich möglichen gesundheitlichen Folgen einer unzureichenden Einnahme allenfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten wären. Die Kammer folgt aus diesem Grund auch nicht der Beweisanregung des Klägers zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die Schilddrüsenerkrankung des Klägers seinem Einsatz im Wach- und Wechseldienst entgegen steht.
53An der Einschätzung des beklagten Landes, dass die oben beschriebene regelmäßige Medikamenteneinnahme im Wach- und Wechselschichtdienst nicht sichergestellt wäre, hat die Kammer nichts zu erinnern. Ohne Weiteres nachvollziehbar ist zunächst, dass die unterschiedlich gelagerten und unterschiedlich langen Wach- und Schlafphasen einer regelmäßigen Einnahme am Morgen entgegenstehen. Die Einnahme könnte jedoch ebenso wenig gleichmäßig zu einem anderen einigermaßen gleichen Tageszeitpunkt erfolgen. Bei einem üblichen Tag-Nacht-Zyklus steht eine Belastung in Form einer Wach- und Tätigkeitsphase regelmäßig morgens nach dem Aufstehen bevor. Hingegen sind diese Belastungsphasen bei einem Beamten im Wach- und Wechselschichtdienst aufgrund kurzer Schichtdienstfolgen und regelmäßig abwechselnder Früh-, Spät- und Nachteinsätze unregelmäßig verteilt. Da die Wirkung des einzunehmenden Medikamentes in erster Linie nicht an einen bestimmten Tageszeitpunkt, sondern an den Zeitpunkt vor der jeweiligen Belastung geknüpft ist, träten somit unweigerlich unterschiedliche Zeitabstände zwischen der jeweiligen Medikamenteneinnahme ein.
54Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger – ausweislich seiner unwidersprochen gebliebenen eigenen Aussage und der Aussagen seiner behandelnden Ärzte – lediglich einmal täglich eine Tablette zu sich nehmen muss, und dass auch anzunehmen ist, dass er dies eigenverantwortlich und zuverlässig fortführen wird. Schon die Tatsache, dass das beklagte Land aus Fürsorgegesichtspunkten den Kläger bei einem Hinweis auf seine Hypothyreose regelmäßig vom Wach- und Wechselschichtdienst ausnehmen, oder ihn hierbei jedenfalls nur unter Einschränkungen verwenden dürfte, schließt die universelle Einsetzbarkeit des Klägers im Polizeivollzugsdienst aus. Im Rahmen seines Entscheidungsspielraums bei der Einstellung muss es dem (künftigen) Dienstherrn möglich sein, dies als Ausschlussgrund zu begreifen. Das gilt bei der vorliegenden Hormonsubstitution ungeachtet dessen, dass diese nicht situationsabhängig und individuell dosiert werden muss. Denn für die auch vom Dienstherrn zu berücksichtigende optimale Wirkung der Hormonsubstitution ist eine möglichst regelmäßige und zugleich an den anstehenden Belastungen orientierte Einnahme geboten. Diese ist folglich ebenfalls – im Hinblick auf den jeweiligen Tagesablauf – situationsabhängig.
55Da der Kläger wegen der schon jetzt nicht gegebenen vollumfänglichen Einsetzbarkeit polizeidienstuntauglich ist, kommt es zudem – wie vom Beklagten zu Recht vorgetragen – nicht darauf an, ob eine auf den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bezogene Prognose gleichfalls negativ ausfiele. Somit bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der vom Bundesverwaltungsgericht für aktuell dienstfähige Bewerber entwickelte Prognosemaßstab, wonach die gesundheitliche Eignung nur dann nicht gegeben ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, der Bewerber werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen,
56vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris, Rn. 16, sowie Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, juris, Rn. 26,
57auch bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst (Polizeidiensttauglichkeit) Anwendung findet,
58bejahend VG Berlin, Urteil vom 22. Januar 2014 - 7 K 117.13 -, juris, Rn. 22, sowie Urteil vom 20. März 2015 - 28 K 58.14 -, juris, Rn. 26; offen gelassen in VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. August 2014 - 2 L 1911/14 -, nicht veröffentlicht, S. 5 f., und diesen bestätigend OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2014 - 6 B 1079/14 -, juris, Rn. 10; kritisch hinsichtlich der weiteren Anwendbarkeit der PDV 300 jedenfalls für Wahrscheinlichkeitsaussagen VG Gießen, Urteil vom 17. September 2014 – 5 K 1123/13.GI -, juris, Rn. 17 f.
59Darüber hinaus bliebe der Hauptantrag ohne Erfolg, weil die Sache nicht spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kammer ist zu einer abschließenden Entscheidung über die Verpflichtung des beklagten Landes, ihn in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen, nicht in der Lage. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung liegen nicht alle für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen vor und können von der Kammer auch nicht in eigener Verantwortung festgestellt werden,
60vgl. zum Maßstab der Spruchreife Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113, Rn. 193.
61Wie ausgeführt liegt die Entscheidung über die Einstellung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 11 Abs. 1, § 3 Abs. 1 LVOPol im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Demgemäß kann ein Kläger grundsätzlich (nur) dann einen Anspruch auf unmittelbare Einstellung haben, wenn allein diese Entscheidung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei wäre. Das setzt insbesondere voraus, dass die Einstellungsbehörde das ihr obliegende Ermessen bezüglich aller – über die im angegriffenen Bescheid aufgeworfenen gesundheitlichen Bedenken hinausgehenden – beamten- und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen bereits ausgeübt oder zumindest insoweit gebunden hat, dass diese Eignungsmerkmale dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden können, und keine gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielräume mehr verbleiben. So liegt es hier nicht. Eine abschließende Beurteilung der weiteren – insbesondere fachlichen – Eignung des Klägers durch das LB. ist noch nicht erfolgt.
62Der Kläger bleibt auch mit seinem Hilfsantrag ohne Erfolg, da die Ablehnung der Bewerbung aus den genannten Gründen rechtmäßig ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 K 83/15
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 K 83/15 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Zur Entschädigung in Land (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) oder zur Unterbringung von Personen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) soll, unbeschadet der Vorschriften in § 16, in erster Linie zurückgegriffen werden auf den Grundbesitz der Körperschaften des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände usw.) sowie der Stiftungen und sonstigen zweckgebundenen Vermögen mit und ohne Rechtspersönlichkeit, die der Aufsicht des Bundes oder der Länder unterliegen oder ihrer Verwaltung unterstehen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 19. August 2014 bei Gericht eingegangene Antrag,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zum 1. September 2014 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Kommissaranwärter in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen einzustellen,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
6Der Antrag des Antragstellers ist auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Mit der begehrten Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen als Kommissaranwärter würde der in einem Klageverfahren zu verfolgende Anspruch jedenfalls weitgehend erfüllt. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache liegen nicht vor. Zwar wäre aufgrund des Fortschreitens der Ausbildung wirksamer Rechtsschutz in einem erst noch anhängig zu machenden Klageverfahren aller Voraussicht nach nicht rechtzeitig zu erreichen und sind die im Falle einer ablehnenden Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren eintretenden Folgen für den Antragteller schwerwiegend, weil sich eine weitere Einstellungsmöglichkeit frühestens in einem Jahr eröffnen wird. Die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache ist aber jedenfalls deshalb nicht geboten, weil der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach unterläge.
7Die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller zum 1. September 2014 nicht als Kommissaranwärter in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen, steht nach der im vorliegenden Verfahren und angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit allein möglichen summarischen Prüfung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und verletzt den Antragsteller nicht in seinem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgendem Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol kann in den Vorbereitungsdienst für den Laufbahnabschnitt II (gehobener Dienst) nur eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Diese Voraussetzung erfüllt der Antragsteller derzeit nicht.
8Ein Bewerber hat keinen Rechtsanspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis. Die Entscheidung darüber, ob jemand als Beamter in den öffentlichen Dienst eingestellt wird, liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Diesem ist es überlassen, in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung umsetzt, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1990 - 2 C 13.87 -, DVBl. 1990, 867.
10Der Dienstherr obliegt es hiernach auch, bestimmte Anforderungen an die körperliche Konstitution des Bewerbers zu stellen. Insoweit steht ihm ein weiter Einschätzungsfreiraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem in einem ersten Schritt die aktuelle körperliche Leistungsfähigkeit des Bewerbers zu messen ist. Nur dann, wenn der Bewerber zum Einstellungstermin die Anforderungen erfüllt, die die Ämter der betreffenden Laufbahn an die Dienstausübung stellen, ist weiter – in einem zweiten Schritt – zu beurteilen, ob der Bewerber diesen Anforderungen voraussichtlich bis zum Eintritt in den Ruhestand gewachsen sein wird. Für die Prüfung der aktuellen und der zukünftigen Leistungsfähigkeit des Bewerbers steht dem Dienstherrn kein Beurteilungsfreiraum zu. Vielmehr hat über die gesundheitliche Eignung des Antragstellers das Gericht zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein.
11BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris Rn 12 f., 24.
12Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Erlass vom 3. August 2012 (Az.: 413-60.03.08) angeordnet, dass die PDV 300 („Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“, Ausgabe 2012) zur Anwendung gelangt. Die PDV 300 fasst aufgrund besonderer Fachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende ärztliche Erfahrungssätze zusammen.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris Rn. 22, vom 26. August 2005 - 6 E 889/05 -, juris, und vom 10. November 1998 - 6 B 2200/98 -.
14Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit, die deshalb nach besonderen Maßstäben zu beurteilen sind (vgl. Nr. 1.2 PDV 300). Hiernach ist der Antragsteller gegenwärtig polizeidienstuntauglich.
15Nr. 2.4.2 PDV 300 bestimmt, dass ein bei der zu Beginn des Auswahlverfahrens durchgeführten polizeiärztlichen Untersuchung als polizeidiensttauglich beurteilter Bewerber, bei dem anlässlich der abschließenden Einstellungsuntersuchung Erkrankungen festgestellt werden, nur dann polizeidiensttauglich „bleibt“, wenn es sich um „leichte und vorübergehende Erkrankungen“ handelt, „die die Polizeidienstfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht beeinträchtigen werden“. Gegen die auf die Stellungnahme des Polizeiarztes vom 19. August 2014 gestützte Einschätzung des Antragsgegners, die zwischenzeitlich eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigung des Antragstellers sei weder „leicht“, noch bleibe die Polizeidiensttauglichkeit hiervon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unberührt, ist von Gerichts wegen nicht zu erinnern. Der Antragsteller erlitt am 4. August 2014 bei einem Fußballspiel einen Schien- und Wadenbeinbruch. Am 14. August 2014 wurde er im Katholischen Klinikum F. – St. W. Krankenhaus – operiert. Hierbei wurde nach dem Bericht der behandelnden Ärzte vom 18./19. August 2014 eine „intramedulläre T2-Tibiaschaft-Marknagelung“ durchgeführt. Der Antragsteller wurde am 19. August 2014 aus der stationären Behandlung in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Die Kammer tritt der Einschätzung des Antragsgegners bei, dass eine derartige Unterschenkelfraktur auch dann, wenn es sich um einen „glatten“ und geschlossenen Bruch ohne gleichzeitige Beschädigung von Bändern oder Sehnen handelt, bereits angesichts der damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Mobilität keineswegs eine „Kleinigkeit“ ist. Zudem kann bei einer derartigen Verletzung die vollständige Wiederherstellung der Gesundheit und somit auch der Polizeidienstfähigkeit schwerlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden. Der Polizeiarzt hat hierzu in seiner Stellungnahme vom 19. August 2014 einleuchtende Gründe aufgezeigt:
16„Die bestehende Verletzung ist jedoch keine leichte Verletzung, sondern eine schwere Verletzung, die mehrmalige operative Eingriffe mit den dazugehörigen Risiken sowie Risiken einer Knochenbruchheilung umfasst […]. Es kann zum jetzigen Zeitpunkt also nicht hinreichend sicher vorhergesagt werden, ob die Knochenbruchheilung erfolgreich verlaufen ist, da die typischen Risiken (Gestörte Knochenbruchheilung, Op.-Risiko, Infektionsrisiko) fortbestehen.“
17Derartige Risiken werden auch nicht durch den Klinikbericht vom 18./19. August 2014 ernsthaft in Frage gestellt. Mit dem Hinweis darauf, die Unterschenkelfraktur werde „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb von 3 Monaten folgenlos mit dann gegebener voller Belastbarkeit des rechten Beines ausgeheilt sein“, hat offenkundig nicht zum Ausdruck gebracht werden sollen, der Antragsteller werde in diesen drei Monaten auch wieder die volle Polizeidienstfähigkeit erlangen. Denn ausweislich des nachfolgenden Satzes ist das Erreichen der „Außendiensttauglichkeit“ erst „nach (Hervorhebung durch das Gericht) dem 3.post-OP-Monat […] anzunehmen; eine genauere zeitliche Perspektive zeigen auch die behandelnden Ärzte nicht auf. Darüber hinaus erscheint eine bereits vier Tage nach dem operativen Eingriff erfolgte Prognose wenig verlässlich. Das gilt auch dann, wenn – wie in der ärztlichen Stellungnahme ausgeführt wird – der postoperative Verlauf sich komplikationsfrei gestaltete, die Wunden eine primäre Heilungstendenz erkennen ließen und die radiologische Kontrolle eine regelrechte Lage des Tibiamarknagels zeigte. Der frühzeitige Ausschluss sämtlicher Zweifel an der folgenlosen Heilung überzeugt zudem deshalb nicht, weil der Arztbericht nach dem Ergebnis der radiologischen Kontrolle lediglich eine „weitgehend“ regelrechte anatomische Frakturstellung festgestellt hat. Weitere Risiken bestehen deshalb, weil auch nach der Darstellung der behandelnden Ärzte in 18 Monaten – also nach Beginn der praktischen Ausbildung – ein weiterer operativer Eingriff bevorsteht, bei dem die metallene „Tibiaschaft-Marknagelung“ (Zusammenfügung des gebrochenen Schienbeins mittels eines Nagels – Osteosynthese) entfernt werden muss.
18Darüber hinaus steht bereits der Umstand, dass die Fraktur mittels der Tibiaschaft-Marknagelung fixiert worden ist, als solcher gegenwärtig der Annahme der Polizeidiensttauglichkeit entgegen. Der Antragsgegner hat zutreffend darauf verwiesen, dass nach Nr. 2.3.3 PDV 300 ein Bewerber als polizeidienstuntauglich zu beurteilen ist, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1.1 unter einer Merkmalnummer aufgeführt sind. Nach der Merkmalnummer 4.1.4 Spiegelstrich 3 ist im Hinblick auf die Bewegungsorgane ein die Polizeidiensttauglichkeit ausschließendes Merkmal gegeben, wenn sich im Körper „noch zu entfernendes oder funktionsbeeinträchtigendes Osteosynthesematerial“ befindet. Hierum handelt es sich bei der „Tibiaschaft-Marknagelung“.
19Im Hinblick darauf, dass die PDV 300 – quasi als einzelfallübergreifendes Sachverständigengutachten – bestimmte Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend aufführt, bei denen aufgrund der in polizeilicher Praxis gewonnenen Erfahrungssätze nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Bewerber die Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst erfüllt,
20vgl. zu den Bestimmungen der PDV 300 bezüglich der Polizeidienstfähigkeit: BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris,
21ist – zumal im vorliegenden Eilverfahren – auch kein Raum für die von dem Antragsteller beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens. Soweit der Antragsteller sich diesbezüglich auf das Verfahren VG Düsseldorf - 2 L 19043/13 - beruft, verkennt er, dass das seinerzeit vom Gericht in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten nicht die Frage klären sollte, ob die PDV 300 eine bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigung zurecht als Einstellungshindernis aufführt, sondern lediglich, ob die Voraussetzungen eines in dem Katalog der PDV 300 aufgeführten Hindernisses, dessen Vorliegen oder Nichtvorliegen durch eine wenig aufwendige Untersuchung festgestellt werden konnte, tatsächlich gegeben waren.
22Ist hiernach der Einschätzung des Antragsgegners zu folgen, dass der Antragsteller jedenfalls zum Einstellungstermin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die uneingeschränkte Verwendung im Amt eines Kommissaranwärters nicht erfüllt, bedarf es keiner Entscheidung, ob eine auf den Zeitraum bis zu Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bezogene Prognose gleichfalls negativ ausfiele. Es kann daher entgegen der Ansicht des Antragstellers letztlich auch dahinstehen, ob der von dem Bundesverwaltungsgericht für aktuell dienstfähige Bewerber entwickelte Prognosemaßstab, wonach die gesundheitliche Eignung nur dann nicht gegeben ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Dienstunfähigkeit eintritt wird oder jedenfalls in erheblichem Maße krankheitsbedingte Ausfälle zu befürchten sind,
23Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris Rn. 16, und - 2 C 18.12 -, juris Rn. 16 sowie Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, juris Rn. 26,
24auch bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung (Polizeidiensttauglichkeit) eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst Anwendung findet.
25So VG Berlin, Urteil vom 22. Januar 2014 - 7 K 117.13 -, juris Rn. 22.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 sowie Sätze 3 und 3 GKG. Eine Reduzierung des sich hiernach ergebenden Streitwertes (Hälfte der Jahresbezüge eines Anwärters) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt mit Blick auf die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt das Antragsvorbringen nicht.
4Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme seiner Polizeidienstunfähigkeit durch das Verwaltungsgericht. Der Begriff der – für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst vorausgesetzten (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol NRW) – Polizeidiensttauglichkeit wird maßgeblich konkretisiert durch die Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende (ärztliche) Erfahrungssätze zusammenfasst.
5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. November 2013 – 6 B 1226/13 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
6Nach Nr. 1.4.1 PDV 300 (Anlage 1) ist ein Bewerber bei „Übergewicht mit einem BMI ab 27,5 kg/m²“ als „polizeidienstuntauglich“ zu beurteilen. Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. Die Amtsärztin des Gesundheitsamtes des Kreises N. -M. , Frau Dr. M1. , hat in ihrer Stellungnahme vom 9. März 2011 ausgeführt, dass der Kläger einen Body-Mass-Index (BMI) von 35 aufweise. Dass sich dieser Wert bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Versetzungsverfügung (1. August 2011) zugunsten des Klägers entscheidend verändert haben könnte, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Hierfür spricht auch sonst nichts. Denn auch der vom Kläger im Verfahren 4 L 420/11 überreichte Entlassungsbrief des St. K. -Hospitals vom 31. Oktober 2011 führt einen BMI von 35,2 kg/m² an.
7Der Kläger wendet ein, nach Nr. 1.4 PDV 300 (Anlage 1) sei für die Bewertung des von Körpergröße und Körperbau abhängigen Körpergewichts – unter Berücksichtigung des BMI oder eines vergleichbaren Systems – der ärztliche Gesamteindruck maßgebend. Ferner sei bei der Überschreitung eines BMI von 25 kg/m² auf Risikofaktoren zu achten. Der BMI könne danach für sich allein noch nicht die Polizeidienstunfähigkeit begründen. Dieser Einwand rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Kläger verkennt zunächst, dass vorliegend – wie ausgeführt – die speziellere Nr. 1.4.1 PDV 300 (Anlage 1) einschlägig ist. Danach ist bei der Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit bei einem BMI ab 27,5 kg/m² nicht noch auf weitere Risikofaktoren abzustellen. Davon abgesehen hat der Senat bereits im Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 11. April 2012, 6 B 196/12, ausgeführt, dass sich die Regierungsmedizinaldirektorin Dr. med. von X. in ihren Gutachten vom 25. Januar 2006 und vom 26. November 2008 nicht darauf beschränkt hat, den BMI des Klägers anhand seiner Körpergröße und seines Körpergewichts zu berechnen. Sie hat vielmehr auch seinen Körperzustand und seine körperliche Leistungsfähigkeit untersucht. Aufgrund dessen ist sie zu der Feststellung gelangt, dass der Kläger in erheblichem Maße übergewichtig ist. Sie hat zudem auf die Folgen und Einschränkungen hingewiesen, die mit dem Übergewicht einhergehen. Hierauf stützen sich auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der im Hauptsacheverfahren ergangenen Entscheidung. Angesichts dessen gehen die Ausführungen des Klägers, der BMI könne für sich allein noch nicht seine Polizeidienstunfähigkeit begründen, an den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorbei. Aus diesen Gründen macht der Kläger auch ohne Erfolg geltend, das beklagte Land überspanne die Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit lebensälterer Beamter, wenn es insoweit die für die Einstellung „junger Bewerber“ geltenden Maßstäbe der PDV 300 heranziehe. Denn das beklagte Land hat, wie ausgeführt, nicht allein auf die Anforderungen der PDV 300 abgestellt.
8Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils weckt auch der Einwand des Klägers nicht, „dass zahlreiche aktive Polizeibeamte übergewichtig sind, ohne dass deren Polizeidienstfähigkeit überprüft wird“. Ihm mangelt es bereits an jeglicher Substantiierung. Hinzu kommt, dass der Kläger ein „erhebliches“ Übergewicht (polizeiärztliches Gutachten vom 26. November 2008) aufweist. Ferner hat das Verwaltungsgericht die Annahme der Polizeidienstunfähigkeit, wie ausgeführt, auch nicht allein auf das Übergewicht des Klägers gestützt.
9Soweit der Kläger im Zulassungsverfahren unter Vorlage eines Arztberichtes von Dr. G. vom 29. Mai 2012 darauf hinweist, dass er sein Körpergewicht reduziert habe, weckt auch dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Dieser Bericht verhält sich nicht zum Gesundheitszustand des Klägers im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Davon abgesehen weist der Kläger auch nach diesem Bericht noch einen BMI von 33,6 kg/m² auf.
10Wenn der Kläger weiter vorbringt, die Ergebnisse eines von ihm am 26. Juni 2012 durchgeführten Belastungs-Elektrokardiogramms zeigten, dass er „körperlich fit“ sei, lässt er zum einen aus dem Blick, dass auch hieraus keine Rückschlüsse für die Beurteilung seiner Polizeidienstfähigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt gezogen werden können. Zum anderen verhält sich die in diesem Zusammenhang angeführte Bescheinigung der Dres. T. und L. -T. allein zu seiner körperlichen Belastbarkeit „unter sportmedizinischen Gesichtspunkten“. Hierauf kommt es vorliegend indes nicht entscheidungserheblich an. Denn die Polizeidienstunfähigkeit wurde auch und insbesondere auf die Adipositas des Klägers sowie ausweislich des im angefochtenen Bescheid in Bezug genommenen polizeiärztlichen Gutachtens vom 26. November 2008 darauf gestützt, dass der Kläger nicht ausreichend psychisch belastbar sei und deswegen Nacht- und Wechselschichtdienste nicht wahrnehmen könne. Vor diesem Hintergrund hilft auch der Einwand des Klägers nicht weiter, die festgestellte ventrikuläre Extrasystolie (Herzrhythmusstörungen) könne „auch bei völlig gesunden Menschen auftreten“, die arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) habe auf sein körperliches Wohlbefinden keinen Einfluss und die Diagnose „narzisstische Persönlichkeitsstörung“ im polizeiärztlichen Gutachten vom 14. Februar 1997 sei unzutreffend gewesen.
11Aus den vorstehenden Gründen macht der Kläger auch ohne Erfolg geltend, dass er im Rahmen der kardiologischen Untersuchung im Universitätsklinikum N1. die von der Regierungsmedizinaldirektorin in ihrem polizeiamtsärztlichen Gutachten vom 25. Januar 2006 geforderte „Belastbarkeit von mindestens 175 Watt“ beim Belastungs-Elektrokardiogramm erreicht habe. Davon abgesehen gibt es für diese Behauptung keinen greifbaren Anhalt. Nach dem internistisch-kardiologischen Fachgutachten vom 15. Dezember 2005 musste das Belastungs-Elektrokardiogramm vielmehr bei 150 Watt wegen muskulärer Erschöpfung und Blutdruckanstiegs abgebrochen werden.
12Ohne Erfolg macht der Kläger auch im Zulassungsverfahren geltend, er könne im Polizeivollzugsdienst weiterverwendet werden. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 11. April 2012, 6 B 196/12, wie auch das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil, ausgeführt, dass und aus welchen Gründen die Entscheidung des beklagten Landes, den Kläger nicht mehr im Polizeivollzugsdienst zu verwenden, rechtlich nicht zu beanstanden ist. Mit diesen Gründen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht näher auseinander, sodass es bereits den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des Klägers, es sei nicht ersichtlich, dass die Bezirksregierung geprüft habe, ob er anderweitig im Polizeivollzugsdienst verwendet werden könne, ist vor dem Hintergrund der Ausführungen auf den Seiten 2 bis 5 des angegriffenen Bescheides vom 1. August 2011 nicht nachvollziehbar.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
14Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
1. Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Beamtin auf Probe in den Polizeivollzugsdienst einzustellen. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.03.2013 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.06.2013 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch, ihm im Rahmen der freien Heilfürsorge die zur Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendige Implantatversorgung zu erstatten, nicht zu. Der Anspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die freie Heilfürsorge der Polizei (FHVOPol NRW) sei durch Erfüllung erloschen, weil das beklagte Land dem mit der Festsetzung des doppelten befundbezogenen Festzuschusses am 9. und 23. Mai 2011 bereits nachgekommen sei. Ein weitergehender Anspruch aus der FHVOPol NRW bestehe nicht, da § 5 Abs. 1 Satz 3 FHVOPol NRW im Rahmen der freien Heilfürsorge auch dann nur die Leistung des doppelten Festzuschusses vorsehe, wenn der Polizeivollzugsbeamte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wähle. Nichts Abweichendes folge aus – dem seinerseits keine eigene Anspruchsgrundlage darstellenden – § 2 Abs. 1 FHVOPol NRW, wonach die freie Heilfürsorge die Aufgabe habe, die Gesundheit der Polizeivollzugsbeamten zu erhalten oder wiederherzustellen. Denn der Umfang der in dieser Regelung genannten Leistungen bestimme sich, sofern das SGB V nichts anderes regele, nach den Vorschriften der FHVOPol NRW, also auch des § 5 Abs. 1 Satz 3 FHVOPol NRW. § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, wonach implantologische Leistungen grundsätzlich nicht zur zahnärztlichen Behandlung zählten, regele nichts anderes. Eine der seltenen vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegenden Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle habe beim Kläger nicht vorgelegen. Die Nichtberücksichtigung der Atrophiefälle (allmähliche Rückbildung des zahnlosen Kieferknochens) stehe mit der Ermächtigung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V in Einklang; die Nichteinbeziehung der Kieferatrophien in die Ausnahmeregelung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V verletzte ihrerseits kein Verfassungsrecht. Schließlich vermittele § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW auch unter Berücksichtigung von Fürsorgeerwägungen keinen darüber hinaus gehenden Anspruch. Danach umfasse die freie Heilfürsorge alle zur Erhaltung und Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendigen und angemessenen Aufwendungen des Landes; das Nähere werde durch Rechtsverordnung geregelt. Unabhängig davon, ob die FHVOPol NRW diesen Regelungsauftrag mit § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 3 FHVOPol NRW ausreichend umsetze, sei im konkreten Fall nicht zu befürchten, dass die dem Kläger zu gewährenden Leistungen der freien Heilfürsorge die Wiederherstellung seiner Polizeidienstfähigkeit ausschließen würden. Die Zahnlosigkeit des Kiefers stelle die Verwendbarkeit im Polizeivollzugsdienst auch dann nicht in Frage, wenn keine vollständige implantatgestützte Rekonstruktion erfolge. Eine Polizeidienstunfähigkeit des Klägers nach den Vorgaben des Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Justiz „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit (PDV 300)“ sei auszuschließen.
5Diese weiter begründeten Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers nicht anzunehmen, dass er beanspruchen kann, ihm im Rahmen der freien Heilfürsorge die Kosten für die zur Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendige Implantatversorgung zu erstatten.
6Zunächst wendet der Kläger zu Unrecht ein, das Verwaltungsgericht habe offensichtlich übersehen, dass bei ihm eine „Vollprothese“ vorliege, was bedeute, dass sein Kiefer „zahnlos“ sei. Vielmehr stellt das Verwaltungsgericht in seinem Urteil ausdrücklich eine „beim Kläger bestehende Zahnlosigkeit des Kiefers“ fest (S. 9, 2. Absatz der Urteilsabschrift).
7Aber auch die Auffassung des Klägers, aus § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW folge in Verbindung mit den sich aus der PDV 300 ergebenden Anforderungen, dass ihm der begehrte Zahnersatz zu gewähren sei, ist nicht zutreffend. Richtig ist zwar, dass die freie Heilfürsorge nach § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW alle zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendigen und angemessenen Aufwendungen des Landes umfasst. Soweit der Kläger sich jedoch zur weiteren Begründung seiner Einschätzung auf die Regelungen der PDV 300 beruft, verkennt er die darin enthaltene maßgebliche Unterscheidung zwischen der Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit. Daher greift es zu kurz, wenn der Kläger aus Nr. 7.2 Abs. 5 Sätze 2 und 3 der Anlage 1 zur PDV 300, wonach die „Zahnlosigkeit bereits eines Kiefers … die Tauglichkeit“ ausschließt, ableitet, dies führe (zwingend) auch zur Polizeidienstunfähigkeit.
8Während die Polizeidiensttauglichkeit die „gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst“ betrifft, bezeichnet die Polizeidienstfähigkeit die „gesundheitliche Fähigkeit, Polizeivollzugsdienst zu leisten“ (vgl. Nr. 1.2 PDV 300). Daran anknüpfend ergeben sich unterschiedliche Voraussetzungen für die Annahme der Polizeidienstfähigkeit einerseits und die Polizeidiensttauglichkeit andererseits.
9Für die Bejahung der (allgemeinen) Dienstfähigkeit (vgl. § 33 Abs. 1 LBG NRW) ist es ausreichend, dass der Beamte (aktuell) in der Lage ist, (gegebenenfalls auch trotz vorliegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen) die ihm obliegenden Dienstpflichten seines abstrakt-funktionelles Amtes zu erfüllen. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes setzt die Polizeidienstfähigkeit (vgl. § 116 Abs. 1 LBG NRW) voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist.
10Vgl. zur allgemeinen Dienstfähigkeit BVerwG, Beschluss vom 5. November 2013 – 2 B 60.13 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 – 6 A 2615/05 –, nrwe.de, sowie zur Polizeidienstfähigkeit BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 – 2 C 4.04 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2014 – 6 A 2662/12 –, nrwe.de, und Urteil vom 11. März 2009, a.a.O.
11Die Polizeidiensttauglichkeit, also die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst, verlangt hingegen eine über die aktuelle Dienstfähigkeit hinausgehende, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze betreffende Prognose, ob der Bewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (künftig) dauernd polizeidienstunfähig oder bis zum Eintritt in den Ruhestand regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen werden wird.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – 2 C 16.12 –, juris,
13Die unterschiedlichen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit und Polizeidiensttauglichkeit sind mit Blick auf die verschiedenen Zielsetzungen gerechtfertigt. Die Feststellung der Polizeidienst(un)fähigkeit ist dafür maßgeblich, ob der Polizeivollzugsbeamte derzeit seinen Dienst ausüben kann, oder ob möglicherweise – wegen gesundheitlicher Einschränkungen – seine Zurruhesetzung oder ein Laufbahnwechsel einzuleiten ist. Dagegen dient die der Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit dem Zweck, eine Abschätzung über die Entwicklung der Dienstfähigkeit über die gesamte Dienstzeit bis zur Regelaltersgrenze zu treffen. Dies folgt aus dem Lebenszeit- und Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG), die den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten verpflichten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird.
14BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013, a.a.O.
15Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn bei der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ein, über die aktuelle Polizeidienstfähigkeit hinausgehender Gesundheitszustand verlangt wird. Ebenso ist es sachgerecht, an die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit wegen der sich über viele, bzw. regelmäßig sogar mehrere Jahrzehnte erstreckenden Dienstzeit und dem damit ohnehin einhergehenden „natürlichen“ Rückgangs der physischen Leistungsfähigkeit abweichende Anforderungen zu stellen. Dem entsprechend sieht auch Nr. 3.1 PDV 300 für die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit vor, dass dabei – ausgehend von den Tauglichkeitsanforderungen der Nr. 2 und der Anlage 1 – „die altersbedingt eingetretenen Veränderungen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit und der seelischen Belastbarkeit (…) zu berücksichtigen“ sind.
16Dies alles zu Grunde gelegt, ist es nicht zu beanstanden, wenn – wie hier im Hinblick auf die Zahngesundheit – im Rahmen der Polizeidiensttauglichkeit strengere Anforderungen gestellt werden als bei der Polizeidienstfähigkeit. Daher trifft es zunächst auch auf keine grundsätzlichen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, es liege allein wegen der Zahnlosigkeit des Kiefers bzw. der Versorgung mit einer Vollprothese beim Kläger keine Polizeidienstunfähigkeit vor.
17Neben den – danach nicht durchgreifenden – auf die Regelungen der PDV 300 zur Polizeidiensttauglichkeit gestützten Einwänden benennt der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass er ohne die begehrte Implantatversorgung als polizeidienstunfähig angesehen werden müsste. Die von ihm geäußerten Bedenken, es sei damit zu rechnen, dass in Einsatzsituationen die Prothese herausfalle oder schlimmstenfalls verschluckt werde, überzeugen mangels näherer Substantiierung nicht. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht unwidersprochen festgestellt, dass das beklagte Land zu keinem Zeitpunkt habe erkennen lassen, dass bei einer konventionellen prothetischen Versorgung Anlass zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit zu haben.
18Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
19Dies wäre anzunehmen, wenn die Angriffe des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden.
20Das ist nicht der Fall. Der Kläger benennt – wie oben festgestellt – keine durchgreifenden Gründe für die Unrichtigkeit des Urteils.
21Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
22Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
23Die aufgeworfene Rechtsfrage,
24„ob der Dienstherr einen Polizeibeamten auf den doppelten Festzuschuss gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 FHVOPol NRW verweisen kann, obwohl der Kiefer des Beamten zahnlos ist und deshalb eine Vollprothese mangels Zähnen eine genügende Abstützung im Seitenzahngebiet nicht mehr hat, mit der Folge, dass der konventionelle Zahnersatz nach Ziffer 7.2 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 PDV 300 die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers zur Folge hat, oder ob der Dienstherr nicht vielmehr verpflichtet ist, zur Vermeidung der Polizeidienstunfähigkeit die Kosten für den partiellen Zahnersatz (Implantate) insgesamt im Rahmen der Fürsorgepflicht bzw. gemäß Ziffer 7.2 Abs. 6 Satz 1 PDV 300 zu übernehmen hat“,
25lässt sich auch ohne die vertiefte Prüfung in einem Berufungsverfahren auf der Grundlage des Wortlauts der Vorschriften sowie anerkannter Auslegungsmethoden in dem oben dargestellten Sinn beantworten.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.
(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen
- 1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen, - 2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.
(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn
- 1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und - 2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und - 3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 19. August 2014 bei Gericht eingegangene Antrag,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zum 1. September 2014 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Kommissaranwärter in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen einzustellen,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
6Der Antrag des Antragstellers ist auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Mit der begehrten Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen als Kommissaranwärter würde der in einem Klageverfahren zu verfolgende Anspruch jedenfalls weitgehend erfüllt. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache liegen nicht vor. Zwar wäre aufgrund des Fortschreitens der Ausbildung wirksamer Rechtsschutz in einem erst noch anhängig zu machenden Klageverfahren aller Voraussicht nach nicht rechtzeitig zu erreichen und sind die im Falle einer ablehnenden Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren eintretenden Folgen für den Antragteller schwerwiegend, weil sich eine weitere Einstellungsmöglichkeit frühestens in einem Jahr eröffnen wird. Die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache ist aber jedenfalls deshalb nicht geboten, weil der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach unterläge.
7Die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller zum 1. September 2014 nicht als Kommissaranwärter in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen, steht nach der im vorliegenden Verfahren und angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit allein möglichen summarischen Prüfung im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und verletzt den Antragsteller nicht in seinem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgendem Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol kann in den Vorbereitungsdienst für den Laufbahnabschnitt II (gehobener Dienst) nur eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Diese Voraussetzung erfüllt der Antragsteller derzeit nicht.
8Ein Bewerber hat keinen Rechtsanspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis. Die Entscheidung darüber, ob jemand als Beamter in den öffentlichen Dienst eingestellt wird, liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Diesem ist es überlassen, in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung umsetzt, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1990 - 2 C 13.87 -, DVBl. 1990, 867.
10Der Dienstherr obliegt es hiernach auch, bestimmte Anforderungen an die körperliche Konstitution des Bewerbers zu stellen. Insoweit steht ihm ein weiter Einschätzungsfreiraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem in einem ersten Schritt die aktuelle körperliche Leistungsfähigkeit des Bewerbers zu messen ist. Nur dann, wenn der Bewerber zum Einstellungstermin die Anforderungen erfüllt, die die Ämter der betreffenden Laufbahn an die Dienstausübung stellen, ist weiter – in einem zweiten Schritt – zu beurteilen, ob der Bewerber diesen Anforderungen voraussichtlich bis zum Eintritt in den Ruhestand gewachsen sein wird. Für die Prüfung der aktuellen und der zukünftigen Leistungsfähigkeit des Bewerbers steht dem Dienstherrn kein Beurteilungsfreiraum zu. Vielmehr hat über die gesundheitliche Eignung des Antragstellers das Gericht zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein.
11BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris Rn 12 f., 24.
12Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Erlass vom 3. August 2012 (Az.: 413-60.03.08) angeordnet, dass die PDV 300 („Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“, Ausgabe 2012) zur Anwendung gelangt. Die PDV 300 fasst aufgrund besonderer Fachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende ärztliche Erfahrungssätze zusammen.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris Rn. 22, vom 26. August 2005 - 6 E 889/05 -, juris, und vom 10. November 1998 - 6 B 2200/98 -.
14Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit, die deshalb nach besonderen Maßstäben zu beurteilen sind (vgl. Nr. 1.2 PDV 300). Hiernach ist der Antragsteller gegenwärtig polizeidienstuntauglich.
15Nr. 2.4.2 PDV 300 bestimmt, dass ein bei der zu Beginn des Auswahlverfahrens durchgeführten polizeiärztlichen Untersuchung als polizeidiensttauglich beurteilter Bewerber, bei dem anlässlich der abschließenden Einstellungsuntersuchung Erkrankungen festgestellt werden, nur dann polizeidiensttauglich „bleibt“, wenn es sich um „leichte und vorübergehende Erkrankungen“ handelt, „die die Polizeidienstfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht beeinträchtigen werden“. Gegen die auf die Stellungnahme des Polizeiarztes vom 19. August 2014 gestützte Einschätzung des Antragsgegners, die zwischenzeitlich eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigung des Antragstellers sei weder „leicht“, noch bleibe die Polizeidiensttauglichkeit hiervon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unberührt, ist von Gerichts wegen nicht zu erinnern. Der Antragsteller erlitt am 4. August 2014 bei einem Fußballspiel einen Schien- und Wadenbeinbruch. Am 14. August 2014 wurde er im Katholischen Klinikum F. – St. W. Krankenhaus – operiert. Hierbei wurde nach dem Bericht der behandelnden Ärzte vom 18./19. August 2014 eine „intramedulläre T2-Tibiaschaft-Marknagelung“ durchgeführt. Der Antragsteller wurde am 19. August 2014 aus der stationären Behandlung in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Die Kammer tritt der Einschätzung des Antragsgegners bei, dass eine derartige Unterschenkelfraktur auch dann, wenn es sich um einen „glatten“ und geschlossenen Bruch ohne gleichzeitige Beschädigung von Bändern oder Sehnen handelt, bereits angesichts der damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Mobilität keineswegs eine „Kleinigkeit“ ist. Zudem kann bei einer derartigen Verletzung die vollständige Wiederherstellung der Gesundheit und somit auch der Polizeidienstfähigkeit schwerlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden. Der Polizeiarzt hat hierzu in seiner Stellungnahme vom 19. August 2014 einleuchtende Gründe aufgezeigt:
16„Die bestehende Verletzung ist jedoch keine leichte Verletzung, sondern eine schwere Verletzung, die mehrmalige operative Eingriffe mit den dazugehörigen Risiken sowie Risiken einer Knochenbruchheilung umfasst […]. Es kann zum jetzigen Zeitpunkt also nicht hinreichend sicher vorhergesagt werden, ob die Knochenbruchheilung erfolgreich verlaufen ist, da die typischen Risiken (Gestörte Knochenbruchheilung, Op.-Risiko, Infektionsrisiko) fortbestehen.“
17Derartige Risiken werden auch nicht durch den Klinikbericht vom 18./19. August 2014 ernsthaft in Frage gestellt. Mit dem Hinweis darauf, die Unterschenkelfraktur werde „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb von 3 Monaten folgenlos mit dann gegebener voller Belastbarkeit des rechten Beines ausgeheilt sein“, hat offenkundig nicht zum Ausdruck gebracht werden sollen, der Antragsteller werde in diesen drei Monaten auch wieder die volle Polizeidienstfähigkeit erlangen. Denn ausweislich des nachfolgenden Satzes ist das Erreichen der „Außendiensttauglichkeit“ erst „nach (Hervorhebung durch das Gericht) dem 3.post-OP-Monat […] anzunehmen; eine genauere zeitliche Perspektive zeigen auch die behandelnden Ärzte nicht auf. Darüber hinaus erscheint eine bereits vier Tage nach dem operativen Eingriff erfolgte Prognose wenig verlässlich. Das gilt auch dann, wenn – wie in der ärztlichen Stellungnahme ausgeführt wird – der postoperative Verlauf sich komplikationsfrei gestaltete, die Wunden eine primäre Heilungstendenz erkennen ließen und die radiologische Kontrolle eine regelrechte Lage des Tibiamarknagels zeigte. Der frühzeitige Ausschluss sämtlicher Zweifel an der folgenlosen Heilung überzeugt zudem deshalb nicht, weil der Arztbericht nach dem Ergebnis der radiologischen Kontrolle lediglich eine „weitgehend“ regelrechte anatomische Frakturstellung festgestellt hat. Weitere Risiken bestehen deshalb, weil auch nach der Darstellung der behandelnden Ärzte in 18 Monaten – also nach Beginn der praktischen Ausbildung – ein weiterer operativer Eingriff bevorsteht, bei dem die metallene „Tibiaschaft-Marknagelung“ (Zusammenfügung des gebrochenen Schienbeins mittels eines Nagels – Osteosynthese) entfernt werden muss.
18Darüber hinaus steht bereits der Umstand, dass die Fraktur mittels der Tibiaschaft-Marknagelung fixiert worden ist, als solcher gegenwärtig der Annahme der Polizeidiensttauglichkeit entgegen. Der Antragsgegner hat zutreffend darauf verwiesen, dass nach Nr. 2.3.3 PDV 300 ein Bewerber als polizeidienstuntauglich zu beurteilen ist, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1.1 unter einer Merkmalnummer aufgeführt sind. Nach der Merkmalnummer 4.1.4 Spiegelstrich 3 ist im Hinblick auf die Bewegungsorgane ein die Polizeidiensttauglichkeit ausschließendes Merkmal gegeben, wenn sich im Körper „noch zu entfernendes oder funktionsbeeinträchtigendes Osteosynthesematerial“ befindet. Hierum handelt es sich bei der „Tibiaschaft-Marknagelung“.
19Im Hinblick darauf, dass die PDV 300 – quasi als einzelfallübergreifendes Sachverständigengutachten – bestimmte Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend aufführt, bei denen aufgrund der in polizeilicher Praxis gewonnenen Erfahrungssätze nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Bewerber die Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst erfüllt,
20vgl. zu den Bestimmungen der PDV 300 bezüglich der Polizeidienstfähigkeit: BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris,
21ist – zumal im vorliegenden Eilverfahren – auch kein Raum für die von dem Antragsteller beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens. Soweit der Antragsteller sich diesbezüglich auf das Verfahren VG Düsseldorf - 2 L 19043/13 - beruft, verkennt er, dass das seinerzeit vom Gericht in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten nicht die Frage klären sollte, ob die PDV 300 eine bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigung zurecht als Einstellungshindernis aufführt, sondern lediglich, ob die Voraussetzungen eines in dem Katalog der PDV 300 aufgeführten Hindernisses, dessen Vorliegen oder Nichtvorliegen durch eine wenig aufwendige Untersuchung festgestellt werden konnte, tatsächlich gegeben waren.
22Ist hiernach der Einschätzung des Antragsgegners zu folgen, dass der Antragsteller jedenfalls zum Einstellungstermin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die uneingeschränkte Verwendung im Amt eines Kommissaranwärters nicht erfüllt, bedarf es keiner Entscheidung, ob eine auf den Zeitraum bis zu Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bezogene Prognose gleichfalls negativ ausfiele. Es kann daher entgegen der Ansicht des Antragstellers letztlich auch dahinstehen, ob der von dem Bundesverwaltungsgericht für aktuell dienstfähige Bewerber entwickelte Prognosemaßstab, wonach die gesundheitliche Eignung nur dann nicht gegeben ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Dienstunfähigkeit eintritt wird oder jedenfalls in erheblichem Maße krankheitsbedingte Ausfälle zu befürchten sind,
23Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris Rn. 16, und - 2 C 18.12 -, juris Rn. 16 sowie Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, juris Rn. 26,
24auch bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung (Polizeidiensttauglichkeit) eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst Anwendung findet.
25So VG Berlin, Urteil vom 22. Januar 2014 - 7 K 117.13 -, juris Rn. 22.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 sowie Sätze 3 und 3 GKG. Eine Reduzierung des sich hiernach ergebenden Streitwertes (Hälfte der Jahresbezüge eines Anwärters) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt mit Blick auf die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 7.000 EUR festgesetzt
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Aus den in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag durch Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der (Haupt-)Antrag auf eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ist. Mit der im Wege der einstweiligen Anordnung begehrten Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen würde der im Klageverfahren zu verfolgende Anspruch jedenfalls vorübergehend erfüllt. Dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gegeben sind, ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich. Denn der Antragsteller hat bereits nicht aufgezeigt, dass er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen würde.
5Vgl. zu den Voraussetzungen OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2008 - 6 B 971/08 ‑, juris, Rn 2.
6Damit fehlt es zugleich auch an der für den Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches.
7Die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit durch das Verwaltungsgericht wird mit dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht durchgreifend in Frage gestellt.
8Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
9- vgl. Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, und 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, beide juris, -
10dürfe einem aktuell dienstfähigen Bewerber die gesundheitliche Eignung nur dann abgesprochen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigten, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten werde oder jedenfalls in erheblichem Maße krankheitsbedingte Ausfälle zu befürchten seien. Nach diesen Maßstäben habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht festgestellt, dass der Antragsteller polizeidienstuntauglich sei. Denn derzeit sei ein „äußerst positiv verlaufender Heilungsprozess im Gange“. Ausweislich des ärztlichen Berichts des Facharztes für Orthopädie Dr. von T. vom 4. September 2014 verlaufe die Wundheilung der Unterschenkelfraktur komplikationslos. Insgesamt sei ein „regelgerechter Verlauf zu verzeichnen, so dass der Belastungsaufbau 6 Wochen nach OP zügig durchgeführt werden kann. In Anbetracht des jungen Alters [des Antragstellers] und der unkomplizierten Wund- und Knochenbruchheilung kann hier auch die ME [Marknagelentfernung] frühzeitig, d.h. 6 Monate nach OP, geplant werden. Nach Abschluss des gesamten Behandlungsverlaufes im März 2015 wird die volle Sport- und Dienstfähigkeit wieder hergestellt sein“.
11Mit diesem Vorbringen dringt die Beschwerde nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller bereits zum Einstellungstermin (1. September 2014) polizeidiensttauglich sein muss, und dass es daher im Streitfall keiner Entscheidung bedarf, ob der von dem Bundesverwaltungsgericht für aktuell dienstfähige Bewerber (Hervorhebungen durch den Senat) entwickelte Prognosemaßstab auch bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung (Polizeidiensttauglichkeit) eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst Anwendung findet. Zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führt der Einwand des Antragstellers, in den ersten 31 Ausbildungswochen des Vorbereitungsdienstes fände ausschließlich eine theoretische Ausbildung (an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung) statt, für die er „unzweifelhaft derzeit die gesundheitliche Eignung besitzt“. Die Rechtsauffassung des Antragstellers, es müsse hinsichtlich der an die gesundheitliche Eignung zu stellenden Anforderungen zwischen theoretischen und praktischen Ausbildungsabschnitten differenziert werden, ist unzutreffend. Die nach Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG für den Zugang zu einem öffentlichen Amt erforderliche gesundheitliche Eignung ist im Bereich des Antragsgegners für die hier in Rede stehende Laufbahn durch § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (LVOPol) vom 4. Januar 1995, GV. NRW. S. 42, konkretisiert worden. Danach kann in den Polizeivollzugsdienst nur eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Die Einstellungsvoraussetzung der Polizeidiensttauglichkeit ist demnach laufbahnbezogen und nicht, wie die Beschwerde meint, ausbildungsabschnittsbezogen.
12Erfolglos bleibt das Beschwerdevorbringen, die Einschätzung des Antragsgegners, der Antragsteller sei polizeidienstuntauglich, beruhe „ausschließlich und unterschiedslos“ auf der auf Nr. 4.1.4 der Anlage 1 zur „Ärztliche[n] Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit und der Polizeidiensttauglichkeit (PDV 300)“ gestützten Annahme, noch zu entfernendes oder funktionsbeeinträchtigendes Osteosynthesematerial stünde der begehrten Einstellung entgegen. Aus der Stellungnahme des Polizeiarztes, LRMD Dr. Q. , vom 19. August 2014 gingen keine konkreten Anhaltspunkte hervor, aus welchen Gründen „gerade in der besonderen Situation des Antragstellers Polizeidienstuntauglichkeit vorliegen sollte“. Dieser Einwand lässt bereits unberücksichtigt, dass der Polizeiarzt die Polizeidienstuntauglichkeit des Antragstellers nicht allein damit begründet hat, dass eine operative Entfernung des Marknagels noch anstehe. Der Polizeiarzt hat die angegriffene Feststellung der Polizeidienstuntauglichkeit darüber hinaus auch darauf gestützt, dass ein Bewerber nach Nr. 2.4.2 der PDV 300 nur bei - anlässlich der Einstellungsuntersuchung festgestellten - leichten und vorübergehenden Erkrankungen, die die Polizeidienstfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht beeinträchtigen werden, polizeidiensttauglich bleibe. Diese Voraussetzungen seien beim Antragsteller nicht erfüllt, weil es sich bei der am 9. August 2014 erlittenen Unterschenkelfraktur um eine schwere Verletzung handele, die mehrfache operative Eingriffe erfordere. Hinzu komme, dass die - der Entfernung des Marknagels vorgelagerte - Knochenbruchheilung noch nicht abgeschlossen sei. Diese Feststellungen werden mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
13Abgesehen davon ist nichts dagegen zu erinnern, dass der Antragsgegner die angegriffene Entscheidung auch auf Nr. 4.1.4 der Anlage 1 zur PDV 300 gestützt hat. Der Antragsteller verkennt in diesem Zusammenhang, dass der Begriff der – für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst vorausgesetzten – Polizeidiensttauglichkeit (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol) maßgeblich konkretisiert wird durch die PDV 300, die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende (ärztliche) Erfahrungssätze zusammenfasst.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. November 2013 - 6 B 1226/13 -, juris, Rn. 5, mit weiteren Nachweisen.
15Aus den vorstehenden Gründen bleibt auch dem Hilfsantrag der Erfolg versagt.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Eine den grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des sich aus diesen Vorschriften ergebenden Wertes ist nicht geboten, da der für die Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag - wie ausgeführt - auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
17Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Zur Entschädigung in Land (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) oder zur Unterbringung von Personen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) soll, unbeschadet der Vorschriften in § 16, in erster Linie zurückgegriffen werden auf den Grundbesitz der Körperschaften des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände usw.) sowie der Stiftungen und sonstigen zweckgebundenen Vermögen mit und ohne Rechtspersönlichkeit, die der Aufsicht des Bundes oder der Länder unterliegen oder ihrer Verwaltung unterstehen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.