Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Sept. 2016 - M 5 E 16.3299

published on 12/09/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 12. Sept. 2016 - M 5 E 16.3299
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Gericht

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Tenor

I.

Die Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 3485,52 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1991 geborene Antragsteller ist als Offsetdrucker tätig und seit 2007 Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Er begehrt die Einstellung als Brandmeisteranwärter bei der Antragsgegnerin. Ihm fehlt von Geburt an die rechte Hand, weshalb er einen Grad der Behinderung von 50% aufweist.

Die Antragsgegnerin schrieb zum Einstellungstermin 1. Oktober 2016 mehrere Stellen für eine Ausbildung zum Brandmeister/zur Brandmeisterin bei der Berufsfeuerwehr … für die zweite Qualifikationsebene aus, auf welche sich u. a. der Antragsteller bewarb. Dabei wies er auf seine fehlende Hand hin sowie darauf, dass er dennoch voll erwerbstätig sei. Die Einstellungsprüfung für den feuerwehrtechnischen Dienst bestand er mit der Gesamtprüfungsnote „gut“.

Am 13. Juni 2016 wurde der Antragsteller amtsärztlich untersucht. Das Gutachten vom 28. Juni 2016 verneinte eine gesundheitliche Eignung für die vorgesehene Ausbildung und spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe und Lebenszeit. Das Fehlen der rechten Hand bedinge eine Funktionsbeeinträchtigung des Greifens, Haltens und der Feinmotorik und Sensorik, was eine Feuerwehrdiensttauglichkeit gemäß den Vorgaben der Feuerwehrdienstvorschrift 300 ausschließe.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2016 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er für die Einstellung als Brandmeisteranwärter und Ernennung zum Beamten im Einsatzdienst der Feuerwehr gesundheitlich nicht geeignet sei. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 19. Juli 2016 Widerspruch ein. Über diesen ist, soweit ersichtlich, bislang nicht entschieden.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2016 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass aufgrund der Feststellungen des Amtsarztes die allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen nach § 12 Satz 1 der Verordnung über den fachlichen Schwerpunkt feuerwehrtechnischer Dienst nicht erfüllt seien. Daneben sei die Antragsgegnerin jederzeit in der Lage, einen entsprechenden Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen, weshalb ein gerichtliches Eilverfahren nicht notwendig sei.

Am 12. August 2016 haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller zum 1. Oktober 2016 zur Ausbildung zum Brandmeister im feuerwehrtechnischen Dienst der Qualifikationsebene zwei bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache einstweilen zuzulassen,

hilfsweise,

die Antragsgegnerin wird verpflichtet, für den Antragsteller eine für ihn geeignete Stelle zur Ausbildung zum Brandmeister im feuerwehrtechnischen Dienst der Qualifikationsebene zwei bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache freizuhalten.

Der Amtsarzt habe den Antragsteller nicht näher untersucht, sondern bereits mit Blick auf die fehlende Hand hin erklärt, er sei nicht geeignet. Die erforderliche Untersuchung sei letztlich nicht erfolgt. Hierin liege ein Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz, denn die Entscheidung über die gesundheitliche Eignung stehe nicht dem Amtsarzt zu, sondern der Dienststelle. Da diese jedoch den Antragsteller in Kenntnis des Fehlens der rechten Hand zur amtsärztlichen Untersuchung geschickt hatte, habe sie gezeigt, dass sie diese körperliche Beeinträchtigung nicht als gesundheitlichen Mangel ansehe. Im Übrigen leide der Antragsteller nicht an einer Erkrankung, sondern habe von Geburt an ohne die Hand auskommen müssen, was ihm ohne Beeinträchtigung gelinge. Der Erste Kommandant der Feuerwehr … habe dem Antragsteller bescheinigt, dass dieser trotz seiner Einschränkung sämtliche Arbeiten im Feuerwehrdienst versehen und voll im Einsatzdienst verwendet werden könne. Die positiven Aspekte hätten bei der Auslegung der amtsärztlichen Untersuchung zwingend mit einfließen müssen. Die Feuerwehrdienstvorschrift 300 enthalte bloße Hinweise, es bestehe ein ärztlicher Ermessensspielraum. Dieser sei dem Arzt vorliegend offenbar nicht bewusst gewesen, er habe keine Ermessensentscheidung getroffen. Die Antragsgegnerin könne sich daher nicht auf die fehlende gesundheitliche Eignung stützen, sondern mache sich dadurch den Ermessensfehler zu eigen. Ein Anordnungsgrund bestehe, da sich die Antragsgegnerin auf die erreichte Platzziffer beziehe und unklar sei, ob zu einem anderen Einstellungstermin bei veränderter Bewerberlage eine Einstellung des Antragstellers aufgrund der aktuellen Platzziffer noch möglich sei. Ein Abwarten des rechtskräftigen Abschlusses des Hauptsacheverfahrens sei bei einem unmittelbar bevorstehenden Einstellungstermin nicht zumutbar. Auch eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liege nicht vor, da beim Abwarten des rechtskräftigen Abschlusses des Hauptsacheverfahrens ernstliche Nachteile drohten und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache sprächen. Da Bewerber nicht älter als 28 Jahre sein dürften, könne ein mehrjähriges Hauptsacheverfahren zu einer Überschreitung der Altersgrenze führen.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 3. August 2016 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es fehle bereits das Rechtschutzbedürfnis. Die Einstellungen fänden jeweils zum 1. April und 1. Oktober eines Jahres statt, so dass der Antragsteller theoretisch jederzeit zu diesen Terminen eingestellt werden könne. Zwar treffe es zu, dass die Einstellung in Abhängigkeit von der Platzziffer erfolge, die aufgrund der Leistungen bei der Einstellungsprüfung erreicht wird. Allerdings sei die Antragsgegnerin in der Lage, dem Antragsteller bei Erfüllen der sonstigen Einstellungsvoraussetzungen ohne Wiederholung der Einstellungsprüfung einen Ausbildungsplatz zuzuweisen. Im Übrigen könne davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller mit seinem Ergebnis der Einstellungsprüfung in den Folgeterminen ohnehin unter den erfolgreichen Bewerbern sein werde. Auch ein Scheitern der Einstellung des Antragstellers an der Altersgrenze drohe aktuell nicht, ein mehrjähriges Hauptsacheverfahren sei reine Spekulation. Es drohe kein irreparabler Schaden. Daher bestehe auch kein Anordnungsgrund. Insbesondere gehe nicht der Bewerbungsverfahrensanspruch durch die Besetzung von Ausbildungsstellen im betroffenen Bereich unter.

Ein Anordnungsanspruch sei ebenfalls nicht gegeben. Das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung werde durch einen Amtsarzt beurteilt, da die Dienstherrin diese Entscheidung nicht ohne fachliche Einschätzung treffen könne. Eine Untersuchung durch den Amtsarzt sei erfolgt. Das ärztliche Ermessen sei durch die Einzelfallbetrachtung ausgeübt worden. Es handele sich bei Ziffer 2.1 der Feuerwehrdienstvorschrift 300 gerade nicht um eine Kann-Vorschrift. Die Einstellungsbehörde sei nicht von einer gesundheitlichen Eignung des Antragstellers ausgegangen, indem sie diesen trotz seines Hinweises auf die fehlende Hand im Rahmen der Bewerbung zu den Prüfungen und der amtsärztlichen Untersuchung schickte. Sie habe sich vor der amtsärztlichen Untersuchung nicht zur gesundheitlichen Eignung geäußert.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 123 VwGO ist unbegründet.

1. Gemäß § 123 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Das Gericht hat nur eine „einstweilige“ Anordnung zur Regelung eines „vorläufigen“ Zustandes zu treffen. Daraus ergibt sich ein wesentliches Element vorläufigen Rechtsschutzes, nämlich das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Das Gericht darf im Grundsatz nur die Lage offen halten, um zu vermeiden, dass das Recht bis zu einer Klärung im Hauptsacheprozess untergeht oder seine Durchsetzung wegen des Zeitablaufs mit wesentlichen Nachteilen verbunden ist (Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 123, Rn. 66 a).

Dem Anordnungsbegehren ist nicht zu entsprechen, da die erstrebte Anordnung eine Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten würde. Dies läuft dem Sinn und Zweck der einstweiligen Anordnung zuwider, die grundsätzlich nur der Sicherung, nicht aber auch der Befriedigung des geltend gemachten Rechts dient. Eine dahingehende einstweilige Anordnung würde dem Antragsteller - wenn auch nur vorläufig - gerade die Rechtsposition vermitteln, die er in einem Hauptsacheverfahren anstreben müsste. Eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Entscheidung kann nur dann ausnahmsweise ergehen, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem betreffenden Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und der Antragsteller im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach obsiegen wird (st. Rspr., vgl. etwa OVG NRW, B.v. 18.10.2013 - 6 B 998/13 - juris Rn. 5 ff.; BayVGH, B.v. 17.9.2009 - 3 CE 09.1383 - juris Rn. 45).

Es ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache gegeben sind.

a) Dem Antragsteller drohen ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung bereits keine unzumutbaren Nachteile. Es findet alle sechs Monate eine Einstellung zur Ausbildung statt. Die Antragsgegnerin hat deutlich gemacht, dass der Antragsteller zu jedem dieser folgenden Termine eingestellt werden könnte. Weder ist eine Wiederholung der Einstellungsprüfung durch den Antragsteller notwendig, noch entstehen Risiken aufgrund der erreichten Platzziffer. Es ist zudem nicht ersichtlich, weshalb es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, auf den nächsten Einstellungstermin zu warten (vgl. zu Wartezeiten von bis zu zwei Jahren VG Hamburg, B.v. 5.3.1999 - 13 VG 534/99 - juris Rn. 28; 12.1.1999 - 2 VG 5455/98 - juris Rn. 5, VG Dresden, B.v. 18.8.2009 - 5 L 367/09 - juris Rn. 25; VG Düsseldorf, B.v. 20.4.2016 - 2 L 572/16 - juris Rn. 8). Auch die vorgetragene Gefahr eines möglichen Überschreitens der Altersgrenze begründet keine unzumutbaren Nachteile. Der Antragsteller ist im Juni diesen Jahres 25 Jahre alt geworden. Die Altersgrenze ist erst mit 29 Jahren überschritten, so dass als spätester Einstellungstermin der 1. April 2020 in Betracht kommt. Bei dieser erheblichen Zeitspanne kann keine Rede davon sein, dass bereits jetzt unzumutbare Nachteile drohen, sofern keine Einstellung zum nächstmöglichen Termin erfolgt. Auch kann nicht pauschal unterstellt werden, dass sich die Gerichtsverfahren durch mehrere Instanzen über einen längeren Zeitraum hinziehen und dieser späteste Einstellungstermin nicht eingehalten werden kann.

b) Daneben ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren - welches bislang nicht eingeleitet ist - voraussichtlich obsiegen würde. Die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Es besteht kein Anspruch auf die mit einem Hauptantrag zu verfolgende Einstellung zur Ausbildung im feuerwehrtechnischen Dienst, da es an der hierfür erforderlichen gesundheitlichen Eignung in Form der Feuerwehrdiensttauglichkeit fehlt.

aa) Die gesundheitliche Eignung ist in § 9 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) ausdrücklich als Voraussetzung der Einstellung in ein Beamtenverhältnis genannt. Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (BVerwG, B.v. 3.6.2004 - 2 B 52/03 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 19.9.2011 - 3 CE 11.1823 - juris Rn. 20; VG Düsseldorf, U.v. 16.9.2015 - 2 K 83/15 - juris Rn. 23). Da der Feuerwehrdienst, ähnlich dem Polizeivollzugsdienst, Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, von einem Feuerwehrmann ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen. § 12 Satz 1 Nr. 3 der Verordnung über den fachlichen Schwerpunkt feuerwehrtechnischer Dienst (FachV-Fw) fordert in diesem Sinne von den Bewerbern, dass sie feuerwehrdiensttauglich sind. Die Feuerwehrdienstvorschrift 300 - Gesundheitliche Anforderungen und medizinische Untersuchungen für den Dienst in der Feuerwehr (FwDV 300 HH) füllt den Begriff der Feuerwehrdiensttauglichkeit aus und bestimmt unter Punkt 0 der FwDV 300, dass hierbei unter Berücksichtigung jahrelanger arbeitsmedizinischer Erfahrungen generell hohe Anforderungen gestellt werden.

bb) Die gesundheitlichen Anforderungen an die Feuerwehrdiensttauglichkeit sind vergleichbar mit jenen an die Polizeivollzugsdiensttauglichkeit. Nach der Rechtsprechung ist es im Hinblick auf den Polizeivollzugsdienst nicht zu beanstanden, dass die betreffenden Vorschriften des Bundes und der Länder besondere Bestimmungen enthalten, die - als in polizeilicher Praxis gewonnene Erfahrungssätze - Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig aufführen, bei deren Vorliegen der Dienstherr prognostizieren darf, dass künftige gehäufte Erkrankungen und Leistungsschwächen nicht mit dem bezeichneten Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden können (BVerwG, B.v. 3.6.2004, a. a. O.; BayVGH, B.v. 19.9.2011, a. a. O.) Als derartige Vorschriften hat das Bundesverwaltungsgericht die Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ - PDV 300 - angesehen. Der Begriff der Polizeidiensttauglichkeit werde hier durch die Auflistung bestimmter Fehler ausgefüllt, nach denen ein Bewerber als polizeidienstuntauglich zu beurteilen ist. Die PDV 300 stelle eine den Begriff der Polizeidiensttauglichkeit konkretisierende Verwaltungsvorschrift dar, um die gleichmäßige Anwendung der gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen zu gewährleisten. Sie ist eine rechtsnormausfüllende, auch Fürsorgegesichtspunkten Rechnung tragende, allgemeine Entscheidung des Dienstherrn, welche gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen von Polizeibeamten erfüllt sein müssen, um den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit zu genügen (BVerwG, B.v. 3.6.2004, a. a. O.; BayVGH, B.v. 19.9.2011, a. a. O.; VGH BW, U.v. 31.5.1994 - 4 S 533/93 - juris Rn. 28).

cc) Die vorliegend einschlägige FwDV 300 HH stellt das Gegenstück zur PDV 300 für den Bereich der Feuerwehrdienstes dar. Sie enthält gesundheitliche Umstände („Fehlertypen“), die einer Feuerwehrdiensttauglichkeit entgegenstehen können. Unter Punkt 2.1 ist explizit „Missbildung, Fehlstellung der Hände; Verlust von Fingergliedern […], die eine Funktionsbeeinträchtigung […] bedingen“ aufgeführt, welche eine Feuerwehrdiensttauglichkeit ausschließen. Daneben findet sich der Hinweis, dass im Hinblick auf die Beanspruchung des Bewegungsapparates insbesondere bei Händen und Füßen eine uneingeschränkte Gebrauchsfähigkeit Voraussetzung ist. Das Fehlen der rechten Hand des Antragstellers ist diesem Fehlertyp zuzuordnen und schließt eine Feuerwehrdiensttauglichkeit somit aus. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Amtsarzt dem Bewerber im Gesundheitszeugnis die gesundheitliche Eignung abgesprochen hat. Denn obwohl der Dienstherrin die Letztentscheidung diesbezüglich zusteht, darf sie sich ärztlicher Fachkunde bedienen, durch den Amtsarzt eine eindeutige Aussage hierüber einholen und sich dieser anschließen. Schließlich war es auch die Dienstherrin, die auf Basis des Gesundheitszeugnisses die entsprechende Entscheidung traf und die Bewerbung des Antragstellers zurückwies. Allein aus der Tatsache, dass der Dienstherrin die körperliche Beeinträchtigung des Antragstellers mitgeteilt worden war und sie diesen dennoch zur amtsärztlichen Untersuchung schickte, kann nicht abgeleitet werden, dass sie die körperliche Beeinträchtigung akzeptiert und nicht als gesundheitlichen Mangel angesehen hat. Denn mit dem Vorgehen war weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Zusicherung verbunden, die geeignet war, einen Vertrauenstatbestand aufzubauen. Denkbar ist etwa auch, dass der zuständige Behördenmitarbeiter diesen Umstand schlicht übersehen hat.

dd) Ein Ermessensfehler ist nicht erkennbar. Zwar trifft es zu, dass die FwDV 300 HH einen ärztlichen Ermessenspielraum vorsieht, doch ist dieses Ermessen vorliegend auf Null reduziert. Denn die genannte Einschränkung bezüglich der Hände unter Punkt 2.1 ist der Überschrift „Folgende Erkrankungen schließen die Feuerwehrdiensttauglichkeit aus“ zugeordnet. Anhand dieser Formulierung lässt sich erkennen, dass es sich nicht um einen bloßen Hinweis zur Orientierung handelt, sondern um eine das Ermessen reduzierende Bestimmung. Andernfalls wäre dies dergestalt formuliert, dass die entsprechenden Erkrankungen eine Tauglichkeit „in der Regel ausschließen“ oder „ausschließen können“. Die vorgenommene, absolute Formulierung lässt jedoch keinen Spielraum zu. Dies erscheint auch sachgerecht, da die genannten Erkrankungen schwerwiegend sind und notwendigerweise eine gewisse Einschränkung nach sich ziehen. Davon ist auszugehen trotz der Angaben des Antragstellers, voll erwerbstätig und bei der Freiwilligen Feuerwehr bislang voll eingesetzt worden zu sein. Das Gericht ist überzeugt, dass der Antragsteller, der von Geburt an ohne rechte Hand auskommen musste, den Alltag ohne größere Probleme meistert und den körperlichen Nachteil sehr geschickt ausgleicht. Dennoch kann naturgemäß keine vollständige Kompensation erreicht werden.

Auch ist der Satzteil „Missbildung, Fehlstellung der Hände“ durch ein Semikolon vom Satzteil „Verlust von Fingergliedern und Unfallfolgen, die eine Funktionsbeeinträchtigung darstellen“ getrennt, woraus sich entnehmen lässt, dass bei ersterem keine konkrete Einzelfallbetrachtung und -abwägung erfolgt. Eine solche wird nur beim zweiten Satzteil vorgenommen und geprüft, ob eine Funktionsbeeinträchtigung besteht. Auch hieran wird erkennbar, dass der Dienstherr eine Missbildung oder Fehlstellung als derart schwerwiegend bewertet hat, dass generell eine die Feuerwehrdiensttauglichkeit ausschließende Beeinträchtigung vorliegt. Daher ist nicht dem Argument des Antragstellers zu folgen, dass positive Aspekte hätten Berücksichtigung finden müssen.

Der Anwendung der unter Punkt 2.1 aufgezählten Erkrankungen steht nicht entgegen, dass der Antragsteller die körperliche Beeinträchtigung von Geburt an aufweist. Denn der Begriff „Erkrankung“ ist nicht so eng auszulegen, dass damit nur nachträgliche, im Lauf des Lebens aufgetretene Krankheiten erfasst werden. Vielmehr unterfällt dem jede gesundheitliche Beeinträchtigung unabhängig vom Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens.

Da die angestrebte Tätigkeit als Beamter in der Berufsfeuerwehr die uneingeschränkte Tauglichkeit für alle dort anfallenden Aufgaben erfordert, kann der Umstand, dass der Antragsteller sämtliche Arbeiten bei einer Freiwilligen Feuerwehr bewältigen kann, nicht entgegengehalten werden. Denn die Einsätze der Berufsfeuerwehr unterscheiden sich hinsichtlich der Zahl und der Komplexität von denen einer Freiwilligen Feuerwehr.

Auf dieser Grundlage war es zulässig, die körperliche Untersuchung durch den Amtsarzt an dieser Stelle sofort zu beenden und keine weiteren Untersuchungsmaßnahmen vorzunehmen. Denn mangels Raum für eine Ermessensentscheidung hätte eine weitere Untersuchung, gleich mit welchem Ergebnis, zu keinem Unterschied geführt.

c) Unter diesen Gesichtspunkten ist auch der Hilfsantrag abzulehnen. Einen Anspruch darauf, dass ihm durch die Antragsgegnerin ein Patz freigehalten wird, besteht mangels hinreichender Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht.

2. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG, wobei der sich daraus ergebende Wert im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der begehrten Entscheidung zu halbieren ist.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 16/09/2015 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund de
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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 7.143,31 EUR festgesetzt. Gründe I. Der 1994 geborene (aktuell noch
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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.