Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 08. Apr. 2015 - 13 L 914/15.A
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 16. März 2015 bei Gericht gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 2076/15.A gegen die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. März 2015 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung die Einzelrichterin gemäß § 76 Absatz 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.
5Die im summarischen Eilverfahren gebotene Abwägung des öffentlichen Interesses der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung mit dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragsteller fällt zu Lasten der Antragsteller aus, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
6Das Bundesamt hat den Asylantrag der Antragsteller zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil Polen für dessen Prüfung zuständig ist. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
7I. Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Diese findet gemäß ihrem Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 1 auf Schutzgesuche Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2013 gestellt werden, also auch auf die Asylanträge der Antragsteller vom 5. Februar 2015.
8Danach ist Polen der zuständige Staat für die Prüfung dieser Asylanträge. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 13 Absatz 1 Satz 1 Dublin III-VO für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Vorliegend haben die Antragsteller in ihrer Anhörung beim Bundesamt am 5. Februar 2015 selbst angegeben, sich zuvor in Polen aufgehalten zu haben. Dies wird bestätigt durch das Ergebnis der Abfrage der Eurodac-Datenbank durch das Bundesamt.
9Dementsprechend hat die Antragsgegnerin unter dem 26. Februar 2015 ein Übernahmeersuchen an Polen gerichtet. Dieses wurde am 3. März 2015 angenommen. Polen ist daher grundsätzlich gemäß Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO verpflichtet, die Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Aufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
10Lediglich vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass sich die Antragsteller auf einen etwaigen Verstoß gegen diese Fristenregelung auch nicht berufen könnten, da die Vorschrift ihnen kein subjektives Recht einräumt.
11Vgl. hierzu ausführlich Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014– 13 K 8286/13.A –, juris.
12Den Antragstellern bleibt es unbenommen, sich freiwillig bei den zuständigen Behörden in Polen zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. Dies betreffend regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, die ausweislich der der Dublin III-VO vorangestellten Erwägungen (Nr. 24) entsprechend anwendbar ist, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
13Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
14Hat es der Asylbewerber folglich selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgt und dass sie überhaupt erfolgt, kann er mithin selbst zu der von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet schon der allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgeleitete – Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“), sich auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland zu berufen.
15Entgegen der Ansicht der Antragsteller vermag das Gericht auch nicht zu erkennen, dass das Verfahren unangemessen lange gedauert hat. Dahingestellt bleiben kann, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer infolge einer verspäteten Anhörung auszugehen ist. Zwar sind die Antragsteller nach eigenem Vortrag bereits am 1. Oktober 2014 in die Bundesrepublik eingereist. Indes haben sie erst am 5. Februar 2015 einen Asylantrag gestellt. Die Anhörung konnte aber naturgemäß erst erfolgen, nachdem ein entsprechender Asylantrag vorlag. Vorliegend wurden die Antragsteller noch am Tage ihrer Asylbeantragung angehört.
16Anhaltspunkte für die Annahme von systemischen Mängeln im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen Polens haben die Antragsteller nicht hinreichend substantiiert vorgetragen; solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
17Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. März 2015 – 6a K 3687/14.A –, juris, Rn. 27 m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Februar 2015 – 10 L 3022/14.A –, juris, Rn. 24 m.w.N.
18Schließlich ist die Antragsgegnerin auch nicht gemäß Artikel 16 Absatz 1 Dublin III-VO zu einer Familienzusammenführung verpflichtet. Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, entscheiden danach die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben. Ungeachtet dessen, dass die gemeinsame Tochter der Antragsteller (Themine Arakelian) den Wunsch von ihren Eltern unterstützt zu werden nicht schriftlich erklärt hat und nicht erkennbar ist, ob die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, fehlt es jedenfalls an einem rechtmäßigen Aufenthalt der Tochter der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts setzt voraus, dass der Aufenthalt durch einen exekutiven oder legislativen Akt legalisiert wurde. Das ist der Fall, wenn die Gebietszulassung – wie bei einer Duldung oder Aussetzung der Abschiebung – nicht nur hingenommen, sondern ausdrücklich ermöglicht wird. Ein bloßes gesetzliches vorübergehendes verfahrensbegleitendes Aufenthaltsrecht wie etwa § 81 Absatz 3 Satz 1 bzw. Absatz 4 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) oder – wie vorliegend – § 55 Absatz 1 AsylVfG vermitteln, stellt keine Legalisierung in dem vorstehend genannten Sinne dar.
19Vgl. Funke-Kaiser, in GK-AsylVfG, Stand: 98 Ergänzungslieferung 2013, § 27a, Rn. 75 f.
20Damit kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob die Tochter der Antragsteller eine abhängige Person im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Dublin III-VO ist.
21II. Gegen die Rechtmäßigkeit der auf § 34a Absatz 1 AsylVfG beruhenden Abschiebungsanordnung bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Mitgliedsstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Das ist hier der Fall. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung liegen weder zielstaatsbezogene (2.) noch in der Person der Antragsteller bestehende, also inlandsbezogene (1.) Abschiebungshindernisse, vor.
221. Einer Überstellung der Antragsteller nach Polen stehen weder rechtliche (a) noch tatsächliche (b) Gründe im Sinne von § 60a Absatz 2 Satz 1 AufenthG entgegen.
23a) Die Trennung der Antragsteller von ihrer gemeinsamen volljährigen Tochter und ihrem Enkelkind, deren Asylanträge ebenfalls wegen der nach der Dublin III-VO bestehenden Zuständigkeit Polens als unzulässig abgelehnt worden sind, wogegen sie ebenfalls einen Eilantrag gestellt und Klage (22 K 2472/15.A) erhoben haben, verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlich- und unionsrechtlich verankerten Grundsatz der Familieneinheit (Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz [GG] und Artikel 8 Europäische Menschenrechtskonvention[EMRK]). Zwar kann auch die Bindung zwischen volljährigen Kindern und ihren Eltern in den Schutzbereich von Artikel 6 Absatz 1 GG bzw. Artikel 8 EMRK fallen. Indes kann sich daraus nur ausnahmsweise ein Anspruch auf Abschiebungsschutz, beispielsweise wenn ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe des anderen Familienmitgliedes angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, ergeben. Unter diesen Voraussetzungen erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft. Kann der Beistand nur in der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zuzumuten ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück.
24Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Mai 1996 – A 13 S 1431/94 –, juris, Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Stand: 64. Aktualisierung Juni 2009, § 60a Rn. 40.
25Ein solcher Ausnahmefall liegt bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht vor. Zwar folgt aus dem eingereichten ärztlichen Attest des die Tochter der Antragsteller behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Valentin Agadzanov vom 3. Februar 2015, dass das Zusammenleben der Tochter mit den Antragstellern aus seiner Sicht notwendig sei um die Verschlechterung des psychopathologischen Zustandes zu vermeiden. Indes lässt sich dem Attest bereits nicht entnehmen, dass und wenn ja inwieweit die Tochter und/oder das Enkelkind der Antragsteller auf ihre Hilfe angewiesen ist/sind.
26Ungeachtet dessen erfüllt das Attest auch nicht die Mindestanforderungen, die in der Rechtsprechung an ärztliche Atteste gestellt werden. Zur Substantiierung eines Vorbringens einer psychischen Erkrankung gehört regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
27Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2015 – 13 L 937/15.A –, juris, Rn. 14.
28Vorliegend lässt sich dem Attest bereits keine genaue Diagnose entnehmen. Das Attest enthält auch keine näheren Angaben zur Behandlungsbedürftigkeit sowie dem bisherigen Behandlungsverlauf.
29b) Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Absatz 2 Satz 1 AufenthG in Gestalt einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn krankheitsbedingt schon keine Transportfähigkeit besteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne).
30Bei einer psychischen Erkrankung, wie sie hier beim Antragsteller zu 1.) in Rede steht, kann vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engeren Sinne nur dann ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann, oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings – in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen – nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf. Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.
31Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 29. November 2010 – 18 B 910/10 –, juris, Rn. 15 f. m.w.N.
32Einen diesen Anforderungen genügenden Nachweis einer Vorerkrankung, die zur Annahme der Reiseunfähigkeit führen könnte, hat der Antragsteller zu 1.) nicht erbracht. Zwar diagnostiziert der den Antragsteller zu 1.) behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Valentin Agadzanov ihm eine posttraumatische Belastungsstörung mit latenter Suizidalität sowie eine rezidivierende depressive Störung. Zudem wird eine Reiseunfähigkeit für die voraussichtliche Dauer von einem Jahr prognostiziert. Allerdings genügt diese Bescheinigung schon nicht den vorstehend dargestellten Anforderungen, die an die Substantiierung eines Vorbringens einer solchen Erkrankung zu stellen sind.
33Das vorgelegte ärztliche Attest vom 13. März 2015 enthält keine nachvollziehbaren tatsächlichen Umstände bezüglich der Erkrankung des Antragstellers, die die Prognose zuließen, dass sich sein psycholpathologischer Zustand infolge der Abschiebung in den Zielstaat Polen – und gerade nicht nach Armenien – massiv verschlechtern und höchstwahrscheinlich ein Suizid durchgeführt werden wird. Die die psychische Erkrankung des Antragstellers zu 1.) ausgelösten Erlebnisse beziehen sich ausschließlich auf Armenien. Da ein Zusammenhang zwischen den psychischen Problemen des Antragstellers zu 1.) und dem Aufenthalt in Polen nicht erkennbar ist, erschließt sich dem Gericht auch nicht ohne weiteres, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers zu 1.) infolge der Überstellung nach Polen derart verschlechtern wird. Die geschilderten traumatischen Erlebnisse in Armenien werden durch die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers in Polen grundsätzlich weder positiv noch negativ beeinflusst. Überdies steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Antragsteller zu 1.) sich auch in Polen in fachärztliche Behandlung begeben kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller zu 1.) auf eine kontinuierliche Behandlung in kürzesten Abständen angewiesen ist, liegen dem Gericht nicht vor. Insbesondere enthält das vorgelegte Attest keine Angabe hinsichtlich der erforderlichen zeitlichen Abstände der empfohlenen „systemischen Traumatherapie“. Selbst wenn der Antragsteller zu 1.) auf eine psychologische Behandlung unmittelbar nach der Überstellung angewiesen sein sollte, bestehen aber keine Zweifel, dass die Republik Polen als Mitgliedstaat der Europäischen Union in einem auf psychischen Erkrankungen beruhenden Notfall die etwa notwendigen Notpsychiatrieaufenthalte oder die in Krisensituationen etwa notwendige medikamentöse und sonstige Notversorgung zur Verfügung zu stellen Willens und in der Lage ist, da die Erkenntnisse des Gerichts keinerlei Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme enthalten. Vielmehr ergibt sich aus den Erkenntnissen, dass die Versorgung psychischer Erkrankungen einschließlich posttraumatischer Belastungsstörungen in Polen grundsätzlich auch für Asylbewerber zugänglich ist.
34Vgl. VG Berlin, Urteil vom 01. April 2014 – 33 K 548.13 A –, juris, Rn. 63 m.w.N.
352. Schließlich liegen auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse vor.
36Gemäß § 60 Absatz 7 Satz 1 AsylVfG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben oder Freiheit besteht. Leidet der Ausländer bereits vor der Abschiebung unter einer Erkrankung, ist von einer solchen Gefahr auszugehen, wenn sich die Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände nach der Abschiebung voraussichtlich in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht,
37BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127,33 = juris, Rn. 15.
38Dies ist der Fall, wenn die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen etwa als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führt, das heißt eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lässt,
39vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2007 – 13 A 4611/04.A –, juris Rn. 32 = NRWE.
40Die Gefahr einer solchen Gesundheitsbeeinträchtigung besonderer Intensität ist hier nicht ersichtlich. Wie bereits ausgeführt sind keine Umstände ersichtlich oder vorgetragen, die einen Anhaltspunkt dafür geben könnten, dass eine Behandlung der psychischen Erkrankung des Antragstellers zu 1.) in Polen ausgeschlossen ist. Vielmehr bestehen in Polen grundsätzlich auch Behandlungsmöglichkeiten (s.o.).
41Dass Polen nach bestandskräftiger Ablehnung der dort gestellten Asylanträge die Asylbewerber in ihr Heimatland zurückführt, ist kein Umstand, der eine Ausnahme vom Verbot der Aussetzung der Abschiebung nach Polen rechtfertigen würde.
42Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 10. Februar 2014 – M 16 S7 14.30157 –, juris, Rn. 12.
43Soweit sich aufgrund gesundheitlicher Erwägungen womöglich eine Abschiebung in den Herkunftsstaat verbieten sollte, ist ein entsprechender Einwand in dem zuständigen Mitgliedstaat, also Polen, zu erheben. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies den Antragstellern nicht möglich sein soll.
44Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
45Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
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Annotations
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.