Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 06. Juli 2017 - Au 2 K 15.1698

bei uns veröffentlicht am06.07.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Unfallausgleich.

1. Die 1963 geborene Klägerin ist Beamtin auf Lebenszeit im Dienst der Beklagten (Postbetriebsassistentin, Besoldungsgruppe A5). Sie war zuletzt in Teilzeit als Postzustellerin bei der ... eingesetzt.

Ausweislich einer Unfallanzeige der Niederlassung Brief ... vom 22. Januar 2013 an die Unfallkasse ... habe die Klägerin am 17. Januar 2013 um 10.45 Uhr während der Zustellung ihr Kraftzeug im, ... abgestellt, um Sendungen im Hausbriefkasten zuzustellen. Es hätte zuvor geschneit, die Straße sei jedoch geräumt gewesen. Als die Klägerin zu ihrem Fahrzeug zurücklaufen habe wollen, sei sie ausgerutscht. Sie habe sich mit dem linken Arm am Fahrzeug abfangen wollen, sei jedoch gestürzt. Sie habe sich dabei den linken Arm ausgerenkt. Sie habe ihren Dienst sofort abbrechen und sich in ärztliche Behandlung begeben müssen. Feste Winterschuhe seien zum Unfallzeitpunkt getragen worden, Fersengleitschutz jedoch nicht.

Nach einer Erstbehandlung in der Notaufnahme des Klinikums ... erfolgten im Fall der Klägerin weitere ambulante medizinische Maßnahmen, die Beschwerden bestanden jedoch fort. Berufliche Belastungsproben (April 2013) und Wiedereingliederungsmaßnahmen (September 2013) scheiterten jeweils.

Vom 3. bis 6. Mai 2013 befand sich die Klägerin im Klinikum, wo eine Arthroskopie des linken Schultergelenks, eine Labrumrefixation und eine SLAP-Refixation durchgeführt wurde.

Ein durch die die Unfallkasse ... eingeholtes unfallchirurgisches Gutachten der Universitätsklinik ... vom 8. Januar 2014 (Untersuchungstag: 22.11.2013) gelangt u.a. zu dem Ergebnis, dass als wesentliche Unfallfolgen eine Funktionseinschränkung und Schmerzen im Bereich der linken Schulter nach arthroskopischer Labrumrefixation sowie Slap-Refixation mittels Knochenanker im Sinne einer deutlichen Bewegungseinschränkung hinsichtlich Abduktion und Anteversion festzustellen seien. Es seien eine geringe Kraftminderung hinsichtlich Außenrotation und Abduktion sowie lage- und belastungsabhängige Schmerzen ohne Sensibilitätsdefizit nach Plexusläsion gegeben, jedoch seien rezidivierende Parästhesien im Bereich des Unterarms festzustellen. Im Zeitraum vom 17. Januar 2013 bis 8. September 2013 sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 v.H. gegeben gewesen, seit 9. September 2013 sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v.H. gegeben.

Am 17. Juli 2014 wurde bei der Klägerin im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einer Klinik in ... eine weitere Schulterarthroskopie durchgeführt.

Seit 1. Oktober 2014 besteht bei der Klägerin ununterbrochen Dienstunfähigkeit.

Ein durch die Unfallkasse ... eingeholtes unfallchirurgisches Fachgutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik ... vom 30. Januar 2015 (Untersuchungstag: 27.1.2015) weist als bestehende Unfallfolgen eine stattgehabte Schultergelenks-Luxation links mit Labrum-Läsion, eine Subscapularissehnen-Ruptur, eine Instabilität des Bizepssehnenankers, eine Hill-Sachs-Delle, eine Bakart-Läsion sowie eine Ormarthrose mit Schmerzen im Schultergelenk links und einer Bewegungseinschränkung im Schultergelenk links aus. Sämtliche Beschwerden seien auf den Unfall vom 17. Januar 2013 zurückzuführen. Gegenüber der Begutachtung vom 22. November 2013 sei eine wesentliche Verschlechterung eingetreten, da hiernach eine erneute Operation aufgrund eines erneuten Labrum-Risses durchgeführt worden sei. Die passive Beweglichkeit des linken Schultergelenks betrage für die Seitwärtsführung 150 Grad, für die Vorwärtsführung 130 Grad und für die Auswärtsdrehung 60 Grad; die aktive Beweglichkeit sei reduziert mit einer Seitwärtsführung von 70 Grad und einer Vorwärtsführung von 110 Grad. Ab dem 27. Januar 2015 sei von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. auszugehen.

2. Mit Bescheid der Unfallkasse ... vom 24. März 2015 wurde das Ereignis vom 17. Januar 2013 als Dienstunfall gemäß § 31 BeamtVG anerkannt (Punkt 1). Es wurde festgestellt, dass sich die Klägerin bei dem Dienstunfall eine Schulterluxation links mit Slap-Läsion und Bankart-Läsion zugezogen habe (Punkt 2). Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG wurde nicht gewährt (Punkt 3).

Zur Begründung wurde auf das Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik ... vom 30. Januar 2015 verwiesen und u.a. angeführt, dass als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung und Kraftminderung des linken Schultergelenks, ein Zustand nach Schultergelenksluxation links (mit Labrum-Läsion, Subscapularissehnenruptur, Hill-Sachs-Delle, Bankart-Läsion) sowie eine Ormarthrose anerkannt würden. Es werde kein Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG gewährt, da die vorliegenden Dienstunfallfolgen nicht die gesetzlich geforderte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 25 v.H. über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinaus nach dem Unfall begründeten.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. April 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde u.a. angeführt, dass die behördliche Beurteilung nicht ihrem tatsächlichen Gesundheitszustand entspreche, insbesondere seien in die Begutachtung nicht alle Daten und Gutachten korrekt eingeflossen.

Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid der Unfallkasse ... vom 22. Oktober 2015 zurückgewiesen.

3. Mit ihrer am 18. November 2015 erhobenen Klage beantragt die Klägerin (sinngemäß),

die Beklagte unter Aufhebung von Punkt 3 des Bescheids der Unfallkasse ... vom 24. März 2015 und deren Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2015 zu verpflichten, die dienstunfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin auf mindestens 25 v.H. festzusetzen und ihr auf dieser Grundlage Unfallausgleich zu gewähren.

hilfsweise:

die Beklagte unter Aufhebung von Punkt des Bescheids der Unfallkasse ... vom 24. März 2015 und deren Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2015 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Unfallausgleich unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

Die Klägerin habe Anspruch auf die Gewährung von Unfallausgleich gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Das Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik ... vom 30. Januar 2015, auf dessen Grundlage die Beklagte zu dem Ergebnis gekommen sei, dass lediglich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. gegeben sei, sei fehlerhaft. Es habe sich auf unzutreffende Befunde gestützt, da die festgestellten und zugrunde gelegten Bewegungsausmaße des vom Dienstunfall beeinträchtigten linken Schultergelenks der Klägerin richtigerweise – entgegen der Angaben im Gutachten – nicht schmerzfrei hätten erreicht werden können. Anhand eines zwischenzeitlich von der Krankenkasse der Klägerin in Auftrag gegebenen Gutachtens einer Fachärztin für Orthopädie vom 19. Oktober 2015 nebst ergänzender Stellungnahme vom 29. Dezember 2015 könne nunmehr eindeutig belegt werden, dass die Funktionsbeeinträchtigung des linken Schultergelenks bzw. Arms bereits von Beginn an weit höher gewesen sei als im Gutachten vom 30. Januar 2015 festgehalten. Bei der Beurteilung durch die Fachärztin für Orthopädie sei auch ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 25. November 2015 berücksichtigt worden. Das Bewegungsausmaß weiche dabei bei der passiven Seitwärtsführung um 40 Grad nach unten, bei der passiven Vorwärtsführung um 20 Grad nach unten und bei der passiven Auswärtsdrehung sogar um 45 Grad nach unten ab. Hinsichtlich der aktiven Beweglichkeit weiche die Vorwärtsführung um 30 Grad nach unten von der Begutachtung vom 30. Januar 2015 ab. Insgesamt sei der Bewegungsspielraum daher deutlich eingeschränkter als im Gutachten vom 30. Januar 2015 festgehalten; es sei von einer dauerhaften Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks von 6/20 des Armwerts auszugehen. Im Gutachten vom 19. Oktober 2015 sei auch ausgeführt, dass im Vergleich zu einer Vorbegutachtung im Juni 2014 keine wesentliche Verbesserung des Bewegungsausmaßes habe festgestellt werden können; dies belege, dass auch zum Untersuchungszeitpunkt des 27. Januar 2015, auf dem das Gutachten vom 30. Januar 2015 basiere, keine besseren Werte des Bewegungsausmaßes vorgelegen haben könnten. Hinzu komme die nachgewiesene unfallbedingte Ormathrose (Gelenkverschleiß). Aufgrund der dargestellten Beeinträchtigungen sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v.H. anzunehmen. Insoweit bestätige auch eine Stellungnahme eines Unfallchirurgen vom 14. April 2016, dass bereits die im Fall der Klägerin festgestellte Funktionsbeeinträchtigung im linken Arm für sich genommen zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. führe, soweit man – wie fachlich geboten – im Kern die aktiv-geführten Bewegungen berücksichtige. Unabhängig davon dürften die beträchtliche Verschmächtigung der Unterarmmuskulatur um 3 cm sowie die von der linken Hand bis in die Schulter ziehenden massiven Schmerzen der Klägerin nicht unberücksichtigt bleiben.

4. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung werde auf das Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik ... vom 30. Januar 2015 und eine Stellungnahme des Beratungsarztes der Beklagten vom 10. Februar 2014 verwiesen, wonach die unfallbedingten funktionellen Einschränkungen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v.H. rechtfertigten. Hieran ändere auch das im Klageverfahren vorgelegte fachärztliche Gutachten vom 19. Oktober 2015 nichts; denn selbst wenn man dessen etwas schlechteren Ergebnisse zum Bewegungsausmaß zugrunde lege, verbleibe es nach Stellungnahme durch den Beratungsarzt der Beklagten vom 19. Januar 2016 bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H.

5. Mit Beschluss vom 20. Juli 2016 hat das Gericht ein Sachverständigengutachten u.a. zu den Fragen eingeholt, ob und ggf. welche weiteren körperlichen Beschwerden der Dienstunfall vom 17. Januar 2013 bei der Klägerin verursacht hat und ob dieser zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. oder höher über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten geführt hat.

Das sodann erstattete unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 14. Dezember 2016 (Untersuchungstag: 28.11.2016) gibt zunächst die Ergebnisse der bisherigen im Fall der Klägerin vorliegenden Untersuchungen und Gutachten wieder. Insbesondere wird auf das im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Gutachten der Fachärztin für Orthopädie vom 19. Oktober 2015 nebst ergänzender Stellungnahme vom 29. Dezember 2015 sowie die im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme des Unfallchirurgen vom 14. April 2016 Bezug genommen. Weiter führt das Gutachten aus, dass die Klägerin fortdauernde Beschwerden und Beeinträchtigungen von Seiten der linken Schulter und des linken Arms angebe; insbesondere die Beweglichkeit im Schultergelenk sei deutlich eingeschränkt und schmerzhaft. Bei Belastung verstärkten sich die Beschwerden nach Angabe der Klägerin, Überkopftätigkeiten seien grundsätzlich unmöglich. Die Klägerin berichte, dass die Muskulatur des linken Armes schwächer und die Kraft gemindert sei. Bei der Prüfung der Beweglichkeit der Schultergelenke zeige sich, dass diese auf der linken Seite eingeschränkt sei. Eine Seitwärtshebung sei aktiv durchaus bis 90 Grad möglich, aktiv geführt könne eine weitere Seitwärtshebung bis 100 Grad erfolgen. Die Vorwärtshebung könne aktiv geführt bis 110 Grad durchgeführt werden; hier bestehe endgradig eine geringe Gegenspannung und Schmerzangabe. Die Außenrotation mit anliegendem Oberarm sei eingeschränkt, es bestehe auch eine Einschränkung bei den Rotationsbewegungen mit 90 Grad angehobenem Oberarm. Bei den Umfangmaßen zeige sich im Vergleich eine geringe Seitendifferenz zu Ungunsten von links im Bereich des Oberarms von 1 cm. Der vorliegende Befund sei jedoch bei wie hier gegebener Rechtshändigkeit ein Normalbefund. Ansonsten bestünden keine Seitendifferenzen. Es sei an der linken Schulter eine im Vergleich leichte Minderung der schulterumgreifenden Muskulatur festzustellen. Der Befund der Oberarme und der beiden Ellenbogengelenke sei unauffällig. Am linken Schultereckgelenk sei keine vermehrte Instabilität oder Verschieblichkeit festzustellen. Es liege eine geringe Schrumpfung der Gelenkkapsel vor. Bei der Prüfung der Kraft zeige sich im Seitenvergleich eine Kraftminderung beim Heben und Senken des linken Arms im Schultergelenk von etwa einem Drittel.

Eine gutachterliche Einschätzung zur Minderung der Erwerbsfähigkeit habe stets in der Gesamtschau aller klinischen und funktionellen Untersuchungsbefunde sowie der Ergebnisse bildgebender Diagnostik (Radiologie, MRT) anhand der allgemein anerkannten Einschätzungsempfehlungen in der Literatur zu erfolgen. Nach der Literatur sei für die Beurteilung der Funktionalität eine aktiv geführte – und nicht nur passive – Prüfung der Beweglichkeit ausschlaggebend. Allgemein sei jedoch zu bedenken, dass die Messung der Beweglichkeit – wie im Übrigen auch die Kraftprüfung – kein objektives Verfahren sei, da es von anderen Faktoren (z.B. Gegenspannung, Messfehlern) abhängig sei; es sei auch nur ein Kriterium unter mehreren bei der Gesamtbeurteilung. Eine objektive Untersuchungsmethode sei jedoch die Messung der Umfangsmaße. Liege tatsächlich ein erheblicher Mindergebrauch des betroffenen Arms vor, so sei zwingend eine verminderte Muskulatur an dem betroffenen Arm zu erwarten. Durchaus müsse auch berücksichtigt werden, dass bei Rechtshändigkeit in den meisten Fällen mit einer leichten Minderung links zu rechts zu rechnen sei.

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sei im Fall der Klägerin, bei der keine Vorerkrankungen an der linken Schulter ersichtlich seien, von einer traumatischen Luxation auszugehen. Bei der klinischen Untersuchung und Prüfung der Beweglichkeit zeige sich durchaus eine aktiv geführte Seitwärtshebung bis 100 Grad und Vorwärtshebung bis 110 Grad. Die Beweglichkeit sei etwas ungünstiger als im Gutachten der Fachärztin für Orthopädie vom 19. Oktober 2015, jedoch durchaus etwas schlechter, als von den behandelnden Ärzten im Verlauf zeitweise dokumentiert worden sei. Hingegen seien die Rotationsbewegungen im Seitenvergleich nicht sehr stark eingeschränkt gewesen. Es sei eine freie Beweglichkeit im Ellbogengelenk und auch der Handgelenke festzustellen gewesen. Bei den Umfangmaßen zeige sich eine Seitendifferenz zu Ungunsten von links am Oberarm von 1 cm, dies sei bei Rechtshändigkeit ein Normalbefund. Zeichen einer ausgeprägten Belastungsminderung mit einer Atrophie der Muskulatur seien nicht zu erkennen. Die Kraft sei gemindert. Bei der klinischen Untersuchung seien die Impingement-Zeichen positiv. Eine relevante Instabilität bestehe nicht. In den Röntgenaufnahmen zeigten sich posttraumatische Veränderungen am Pfannenrand. Eine relevante Ormathrose sei nicht eingetreten. Hier ließen sich insgesamt keine Funktionsstörungen und Beeinträchtigungen feststellen, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. erreichen würden. Durchaus bestünden jedoch Beeinträchtigungen, die unter Abgleich mit den Einschätzungsempfehlungen in der Literatur und unter Berücksichtigung der vorliegenden Situation mit 20 v.H. eingeschätzt werden könnten.

Dem Gutachten ist abschließend u.a. zu entnehmen, dass der Dienstunfall der Klägerin zu einer Schulterluxation links mit entsprechenden Verrenkungsmarken und Verletzungen geführt habe, d.h. einer Hill-Sachs-Läsion, einer Labrumläsion und knöcherner Bankart-Läsion, einer Verletzung am Bizepssehnenanker (SLAP Läsion) und Verletzungen der vorderen Gelenkkapsel, der glenerohumeralen Bänder und der Subskapularissehne. Die nach dem Unfall und auch im Behandlungsverlauf dokumentierten Beschwerden und Beeinträchtigungen resultierten aus der Verletzung und den Verletzungsfolgen. Die bisherigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sowie Operationen seien aufgrund der Verletzung erforderlich gewesen. Die Behandlungen seien im Wesentlichen abgeschlossen, wobei durchaus immer wieder davon auszugehen sei, dass in Abhängigkeit vom Gebrauch des Arms und der Belastung vorübergehend vermehrt Beschwerden auftreten können, so dass dann erneut Behandlungen unfallbedingt erforderlich werden. Dabei dürfte es sich in erster Linie um Krankengymnastik oder physikalische Maßnahmen sowie auch die Verordnung von antiphlogistischen Medikamenten handeln. Die Unfallverletzungen und die Unfallfolgen hätten im bisherigen Verlauf zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit i.H.v. 25 v.H. oder mehr über einen Zeitraum von sechs Monaten geführt. Auch bei der aktuellen Begutachtung ließen sich keine Befunde feststellen, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. ergeben würden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei vielmehr weiterhin mit 20 v.H. einzuschätzen.

Die Klägerseite trug hierzu sodann vor, dass das im Sachverständigengutachten enthaltene Ergebnis einer Minderung der Erwerbsfähigkeit i.H.v. 20 v.H. im Umkehrschluss bedeute, dass der Klägerin 80 v.H. der Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich sein sollten. Unter Berücksichtigung der im Gutachten (S. 13) wiedergegebenen Beschwerden der Klägerin (deutliche Einschränkung der Beweglichkeit im linken Schultergelenk; ständige Schmerzen, welche sich bei Belastung verstärkten; Erschwerung von Tätigkeiten bis zur Horizontalen; Unmöglichkeit von Überkopftätigkeiten) sei dieses Ergebnis nicht nachvollziehbar.

Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Gutachter daraufhin mit ergänzender Stellungnahme vom 10. Februar 2017 u.a. mit, dass nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen unterschiedliche Bewegungsmaße der linken Schulter der Klägerin dokumentiert worden seien. Die Messung der Beweglichkeit sei jedoch – wie bereits im Gutachten ausgeführt – lediglich eine semi-objektive Untersuchung. Als objektive Messungen, die eine Belastungsminderung der betroffenen Extremität nachweisen, könne die bestehende Muskelatrophie herangezogen werden. Die Differenz zwischen linkem und rechtem Arm sei bei der Klägerin jedoch nur sehr gering ausgeprägt und entspreche dem Normalbefund bei Rechtshändigkeit. Bei einem deutlichen bzw. ausgeprägten Mindergebrauch des Arms sei jedoch zwingend eine deutlich stärkere Atrophie der Muskulatur zu erwarten, welche vorliegend fehle. Hier müsse man das Ausmaß der klägerseitig angegebenen und im Gutachten (S. 13) wiedergegebenen Beschwerden und Bewegungseinschränkungen teilweise relativieren. Auf Basis einer Gesamtschau der mit objektiven Befunden abgeglichenen funktionellen Einschränkungen und eines Abgleichs mit den Eckdaten in der Literatur – insbesondere den allgemein anerkannten Einschätzungsempfehlungen – sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 v.H. eingeschätzt worden. Dies bedeute im Rückschluss in der Tat, dass der Klägerin 80 v.H. der Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich seien. Für die Beeinträchtigung des Leistungsvermögens seien letztlich funktionelle Einschränkungen maßgeblich, die durch objektive Befunde verifiziert werden müssten; bloße subjektive Beschwerden der Klägerin seien aus wissenschaftlicher Sicht nicht maßgeblich.

Die Klägerseite führte abschließend aus, dass aufgrund der dargelegten Beeinträchtigungen und Beschwerden der Klägerin weiterhin davon ausgegangen werde, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v.H. erreicht werde und damit Unfallausgleich zu gewähren sei. Die Beklagte hielt hingegen unter Verweis auf das gerichtliche Gutachten an ihrer bisherigen ablehnenden Rechtsauffassung fest.

6. Mit Schriftsätzen vom 9. Mai 2017 bzw. 19. Mai 2017 haben die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet.

7. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht über die vorliegende Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat im Hauptantrag keinen Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich aufgrund ihres Dienstunfalls vom 17. Januar 2013 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

a) Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG Unfallfürsorge gewährt. Die Unfallfürsorge umfasst gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG Unfallausgleich i.S.v. § 35 BeamtVG. Ist ein infolge des Dienstunfalles verletzter Beamter in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 v.H. gemindert, so erhält er – solange dieser Zustand andauert – nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Die versorgungsrechtliche Minderung der Erwerbsfähigkeit ist gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen.

Maßstab der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist somit die Fähigkeit, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen; im Rahmen der Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt es daher insbesondere auf den bisherigen Beruf, die bisherige Tätigkeit oder die Dienstfähigkeit des Beamten nicht an (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2013 – 2 B 57/12 – juris Rn. 9; U.v. 21.9.2000 – 2 C 27.99 – BVerwGE 112, 92; VGH BW, U.v. 20.7.2016 – 4 S 2467/15 – juris Rn. 59; BayVGH, U.v. 29.7.2010 – 3 B 09.659 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 15.12.2016 – M 12 K 16.2825 – juris Rn. 42; VG Augsburg, U.v. 28.10.2010 – Au 2 K 08.137 – juris Rn. 24).

Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens festzustellen. Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte – also antizipierte Sachverständigengutachten – in der Regel die Basis für die Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch den Sachverständigen. Bei allen Richtwerten handelt es sich um Orientierungshilfen. Der Sachverständige kann sich an der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) ebenso wie an Erfahrungswerten der gesetzlichen Unfallversicherung oder an Verwaltungsvorschriften zu § 35 BeamtVG orientieren. Die konkrete Bewertung muss jedoch stets auf die Besonderheiten der Minderung der Erwerbsfähigkeit des betroffenen Beamten abstellen, sei es, dass multiple Dienstunfallschäden vorhanden sind, sei es, dass zwischen dienstunfallunabhängigen und dienstunfallabhängigen körperlichen Beeinträchtigungen zu differenzieren ist. Maßgeblich ist, dass der Sachverständige bei seiner dienstunfallrechtlichen Bewertung als Maßstab die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zugrunde legt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 1.2.2013 – 3 ZB 11.1166 – juris Rn. 13; VG München, U.v. 15.12.2016 – M 12 K 16.2825 – juris Rn. 44).

Bei der Minderung der Erwerbsfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, die verwaltungsgerichtlich uneingeschränkt überprüfbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 29.7.2010 – 3 B 09.659 – juris Rn. 48).

Für die Frage der kausalen Verknüpfung zwischen Unfallereignis und Körperschaden ist die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache maßgeblich. Hiernach sind (mit-)ursächlich für einen eingetretenen Körperschaden nur solche Bedingungen im natürlich-logischen Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. BVerwG, U.v. 29.1.2009 – 2 A 3.08 – BayVBl 2009, 347). Als wesentliche Ursache kann auch ein Ereignis in Betracht kommen, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn ihm im Verhältnis zu den anderen denkbaren Ursachen nach natürlicher Betrachtungsweise eine überragende oder zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Schadens zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 7.5.1999 – 2 B 117.98 – juris Rn. 4). Umgekehrt ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen der „letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. bereits BVerwG, U.v. 20.4.1967 – II C 118.64 – BVerwGE 26, 332; vgl. weiter BayVGH, B.v. 4.12.2014 – 14 ZB 12.2449 – juris Rn. 6 m.w.N.; vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 5.5.2015 – 3 B 12.2148 – juris Rn. 30).

Nicht ursächlich im Sinn des Gesetzes sind demnach die sogenannten Gelegenheitsursachen, d.h. solche Bedingungen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.2004 – 2 B54.03 – juris Rn. 7). Der im Dienstunfallrecht maßgebliche Ursachenbegriff soll zu einer dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung führen. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (BVerwG, B.v. 23.10.2013 – 2 B 34.12 – juris Rn. 8; vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 5.5.2015 – 3 B 12.2148 – juris Rn. 31).

Alle Tatbestandsvoraussetzungen für eine Dienstunfallanerkennung bzw. die geltend gemachten Unfallfolgen müssen zur Überzeugung der Behörde und des Gerichts vorliegen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerwG, U.v. 25.2.2010 – 2 C 81.08 – NVwZ 2010, 708; BVerwG, B.v. 4.4.2011 – 2 B 7.10 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 4.12.2014 – 14 ZB 12.2449 – juris Rn. 7; vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 5.5.2015 – 3 B 12.2148 – juris Rn. 32; U.v. 29.7.2010 – 3 B 09.659 – juris Rn. 30).

Für die Verpflichtungsklage auf einen Unfallausgleich ist der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Anspruchsvoraussetzungen die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – etwa des Widerspruchsbescheids (vgl. BayVGH, U.v. 5.5.2015 – 3 B 12.2148 – juris Rn. 23 unter Bezugnahme auf OVG Bremen, U.v. 29.10.2008 – 2 A 38/05 – juris Rn. 55; NdsOVG, B.v. 29.11.2000 – 2 L 3371/00 – juris Rn. 9).

b) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sind im Fall der Klägerin die Voraussetzungen der Gewährung von Unfallausgleich aus § 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nicht gegeben.

Grund hierfür ist, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 v.H. nicht erreicht wird.

Zu dieser Überzeugung ist das Gericht aufgrund der nachvollziehbaren und plausiblen Darlegungen im durch das Gericht beauftragten unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 14. Dezember 2016 (Blatt 106-137 der Gerichtsakte) nebst ergänzender Stellungnahme vom 10. Februar 2017 (Blatt 148-151 der Gerichtsakte) gelangt.

Der Gutachter hat insoweit – soweit ersichtlich – sämtliche zum Begutachtungszeitpunkt vorliegenden wesentlichen Arzt- und Befundberichte sowie Aufnahmen bildgebender Diagnostik – Röntgen, CT und MRT – ausgewertet (siehe Übersicht, S. 2 des Gutachtens; Blatt 107 der Gerichtsakte). Er hat auch die mit Klageerhebung durch die Klägerseite vorgelegten Gutachten berücksichtigt (S. 11 f. des Gutachtens; Blatt 116 f. der Gerichtsakte). Der Gutachter hat die Klägerin ferner am 28. November 2016 selbst untersucht und hierbei auch aktuelle Röntgenaufnahmen der linken Schulter in zwei Ebenen gefertigt. Hiervon ausgehend gelangt der Gutachter nach ausführlicher Wiedergabe der durchgeführten Eigenanamnese (Nr. 1), der Vorgeschichte der Schulterproblematik der Klägerin (Nr. 2), des Verlaufs der Heilung bzw. Therapie (Nr. 3), der aktuell seitens der Klägerin wahrgenommenen Beschwerden (Nr. 4) sowie selbst erhobener Befunde (Nr. 5) in seiner zusammenfassenden Beurteilung (Nr. 6) zu dem nachvollziehbaren und plausiblen Ergebnis, dass der Dienstunfall der Klägerin zu einer Schulterluxation links mit entsprechenden Verrenkungsmarken und Verletzungen geführt hat, d.h. einer Hill-Sachs-Läsion, einer Labrumläsion und knöcherner Bankart-Läsion, einer Verletzung am Bizepssehnenanker (SLAP Läsion) und Verletzungen der vorderen Gelenkkapsel, der glenerohumeralen Bänder und der Subskapularissehne. In der Gesamtschau aller klinischen und funktionellen Untersuchungsbefunde sowie der Ergebnisse bildgebender Diagnostik (Radiologie, MRT) ist aus Sicht des Gutachters unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Einschätzungsempfehlungen in der Literatur im Fall der Klägerin eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 25 v.H. nicht gegeben; diese ist vielmehr weiterhin mit 20 v.H. einzuschätzen (siehe zum Ganzen: S. 29-31 des Gutachtens, Blatt 134-136 der Gerichtsakte).

Der Gutachter verweist zur Begründung seines Ergebnisses nachvollziehbar und widerspruchsfrei darauf, dass bei der klinischen Untersuchung und Prüfung der Beweglichkeit der linken Schulter sich trotz Einschränkungen eine aktiv geführte Seitwärtshebung bis 100 Grad und Vorwärtshebung bis 110 Grad gezeigt hat. Die Rotationsbewegungen der linken Schulter sind im Seitenvergleich nicht sehr stark eingeschränkt. Es ist eine freie Beweglichkeit im Ellbogengelenk und auch der Handgelenke festzustellen gewesen. Bei der Prüfung der Kraft zeigte sich im Seitenvergleich eine Kraftminderung beim Heben und Senken des linken Arms im Schultergelenk von etwa einem Drittel. Allgemein weist der Gutachter jedoch darauf hin, dass die Messung der Beweglichkeit und auch der Kraftprüfung jedoch keine objektiven Verfahren sind, da sie von anderen Faktoren (z.B. Gegenspannung, Messfehlern) abhängig sind. Sie sind daher nur ein Kriterium unter mehreren bei der Gesamtbeurteilung. Als objektive Untersuchungsmethode hob der Gutachter hingegen die Messung der Umfangsmaße hervor. Er begründete diesen Ansatz nachvollziehbar und plausibel damit, dass ein erheblicher Mindergebrauch des betroffenen Arms zwingend mit einer verminderten Muskulatur an dem betroffenen Arm einhergeht. Bei den Umfangmaßen zeigte sich jedoch bei der Klägerin lediglich eine Seitendifferenz zu Ungunsten von links am Oberarm von 1 cm, was bei Rechtshändigkeit aus Sicht des Gutachters einen Normalbefund darstellt. Zeichen einer ausgeprägten Belastungsminderung mit einer Atrophie der Muskulatur waren nicht zu erkennen; lediglich war an der linken Schulter eine im Vergleich leichte Minderung der schulterumgreifenden Muskulatur festzustellen. Ansonsten bestanden keine Seitendifferenzen. Der Befund der Oberarme und der beiden Ellenbogengelenke war unauffällig. Bei der klinischen Untersuchung waren zwar die Zeichen für ein Impingement (Funktionsbeeinträchtigung der Gelenkbeweglichkeit) positiv. Am linken Schultereckgelenk war jedoch keine vermehrte Instabilität oder Verschieblichkeit festzustellen. In den Röntgenaufnahmen zeigten sich posttraumatische Veränderungen am Pfannenrand. Eine relevante Ormathrose (Gelenkverschleiß im Schultergelenk) ist jedoch nicht eingetreten. Insgesamt lassen sich aus Sicht des Gutachters keine Funktionsstörungen und Beeinträchtigungen feststellen, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. erreichen würden. Es bestehen nach seiner nachvollziehbaren Einschätzung lediglich Beeinträchtigungen, die unter Abgleich mit den Einschätzungsempfehlungen in der Literatur und unter Berücksichtigung der vorliegenden Situation mit 20 v.H. eingeschätzt werden könnten (siehe zum Ganzen: S. 24/29 des Gutachtens, Blatt 129/134 der Gerichtsakte; S. 14-17 des Gutachtens; Blatt 119-122 der Gerichtsakte; siehe auch Anlage „Messblatt für obere Gliedmaßen“, Blatt 137 der Gerichtsakte).

Auch in seiner auf Betreiben der Klägerseite eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 10. Februar 2017 (Blatt 148-151 der Gerichtsakte) weist der Gutachter nochmals plausibel darauf hin, dass die Messung der Beweglichkeit lediglich eine semi-objektive Untersuchung ist und als objektives Messverfahren zum Nachweis einer Belastungsminderung der betroffenen Extremität die bestehende Muskelatrophie herangezogen werden kann, die zwingend mit einem deutlichen bzw. ausgeprägten Mindergebrauch des Arms einhergeht. Eine relevante Differenz zwischen linkem und rechtem Arm fehlt jedoch bei der Klägerin. Der Gutachter weist abschließend zutreffend darauf hin, dass nicht die im Gutachten nachrichtlich wiedergegeben subjektiven Beschwerden der Klägerin (siehe hierzu S. 13 f. des Gutachtens; Blatt 118 f. der Gerichtsakte), sondern objektiv verifizierbare wissenschaftliche Daten und Befunde für die Minderung der Erwerbsfähigkeit maßgeblich sind.

Die vom Gutachter maßgeblich als objektives Messverfahren herangezogene Muskelatrophie ist auch nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ein anerkanntes Verfahren im Rahmen der Ermittlung der versorgungsrechtlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit (vgl. etwa VG Saarland, U.v. 24.11.2008 – 3 K 1872/07 – juris Rn. 35 f.).

Der Gutachter hat seine Einschätzung im Einzelfall der Klägerin auch hinreichend in Relation zu Einschätzungsempfehlungen in der Literatur und sonstigen Leitlinien gesetzt, auch wenn er die herangezogenen Quellen nicht ausdrücklich benannt hat. Der Gutachter hat insoweit darauf hingewiesen, dass bei einer Versteifung des Schultergelenks von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. auszugehen wäre. Bei einer Bewegungseinschränkung mit einer Vorwärtshebung oder Elevation bis 90° sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. gegeben. Eine Bewegungseinschränkung mit einer Vorwärtshebung und Seitwärtshebung bis 120° bedinge hingegen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v.H. Eine konzentrische Bewegungseinschränkung um die Hälfte für sämtliche Bewegungen einschließlich der Rotationsbewegungen würde schließlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. ergeben (siehe zum Ganzen: S. 23 f. des Gutachtens; Blatt 128 f. der Gerichtsakte). Die vom Gutachter genannten Regelempfehlungen entsprechen im Wesentlichen der in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-VerordnungVersMedV – enthaltenen Tabelle für den jeweiligen Grad der Schädigungsfolgen (GdS; vgl. Nr. 18.13: Schäden der oberen Gliedmaßen). Insbesondere ist dort für Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) ohne Versteifungen oder Instabilitäten – mithin ein Beschwerdebild, das dem der Klägerin entspricht – maximal ein Grad der Schädigungsfolgen von 20 v.H. vorgesehen.

Auch die durch die Klägerseite bereits mit Klageerhebung vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen vermögen das Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht in Frage zu stellen.

Soweit es das für eine private Unfallversicherung erstellte Gutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 19. Oktober 2015 nebst ergänzender Stellungnahme vom 29. Dezember 2015 (Blatt 19-33 der Gerichtsakte) betrifft, so ist hier zwar bezüglich des linken Schultergelenks eine dauerhafte Funktionseinschränkung von 5/20 des „Armwerts“ festgestellt worden; in der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Dezember 2015 (Blatt 75-78 der Gerichtsakte) ist dieses Ergebnis sogar noch auf 6/20 des „Armwerts“ angehoben worden. Für die streitgegenständliche Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit können die in der privaten Unfallversicherung verwendeten Bewertungszahlen („Gliedertaxe“) jedoch nicht herangezogen werden, da sie eine völlig andere Bewertungsstruktur haben. Dort wird dem Verlust von Gliedmaßen, etwa einem Arm, ein bestimmter Wert zugemessen (z.B. 70 v.H. der Versicherungssumme). Anschließend wird eine Beeinträchtigung des Arms in Bruchteilen bewertet, die wiederum Grundlage für die Kapitalentschädigung sind. Eine solche Beurteilung kann auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht übertragen werden, da diese nicht das Ergebnis einer Taxierung der Glieder ist, sondern den Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens bemisst. Die vorliegend ausgeworfenen Bruchteile von 5/20 bzw. 6/20 des „Armwerts“ entsprechen daher nicht etwa einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. oder 30 v.H. (vgl. zum Ganzen: BayLSG, U.v. 14.1.2004 – L 17 U 116/02 – juris Rn. 42; LSG Sachsen-Anhalt, U.v. 14.5.2003 – L 6 U 21/00 – juris Rn. 41). Nach alledem führt das genannte Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme vorliegend von vornherein nicht weiter. Hierauf hat auch der gerichtlich bestellte Gutachter zutreffend hingewiesen (S. 23 des Gutachtens; Blatt 148 der Gerichtsakte).

Soweit es die Stellungnahme eines Unfallchirurgen vom 14. April 2016 (Blatt 80-86 der Gerichtsakte) betrifft, so ist bereits festzuhalten, dass es sich insoweit um ein bloße Beurteilung nach Aktenlage handelt, d.h. eine persönliche Untersuchung der Klägerin durch den Unfallchirurgen hat nicht stattgefunden. Der Aussage des Unfallchirurgen, dass auch und gerade aktiv-geführte Bewegungen für die Messung der Beweglichkeit des Schultergelenks maßgeblich seien (S. 5 der Stellungnahme), hat sich der gerichtlich bestellte Gutachter überdies angeschlossen (S. 24 des Gutachtens; Blatt 129 der Gerichtsakte). Wie bereits ausgeführt ist er jedoch der nachvollziehbaren und plausiblen Auffassung, dass eine Testung der Beweglichkeit nur ein Kriterium unter mehreren bei der Gesamtbeurteilung des Grads der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist. Vor diesem Hintergrund vermag die in der Stellungnahme des Unfallchirurgen vom 14. April 2016 erfolgte schlichte Übertragung der im unfallversicherungsrechtlichen Gutachten der Fachärztin für Orthopädie vom 19. Oktober 2015 enthaltenen Bewegungswerte der Klägerin in die zitierten Einschätzungsempfehlungen nicht zu überzeugen. Die so ermittelte Minderung der Erwerbsfähigkeit um 25 v.H. wird letztlich nicht anhand des maßgeblichen Einzelfalls der Klägerin substantiiert begründet.

2. Auch der aufgrund der Erfolglosigkeit des Hauptantrags zu entscheidende Hilfsantrag ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung ihres Antrags auf Gewährung von Unfallausgleich aufgrund ihres Dienstunfalls vom 17. Januar 2013 (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Wie ausgeführt hat die Beklagte die Gewährung von Unfallausgleich zu Recht abgelehnt, da die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben sind (vgl. VG Augsburg, U.v. 15.2.2007 – Au 2 K 06.1135 – juris Rn. 20).

3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 06. Juli 2017 - Au 2 K 15.1698

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 06. Juli 2017 - Au 2 K 15.1698

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 06. Juli 2017 - Au 2 K 15.1698 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 31 Dienstunfall


(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch 1. Dienstreisen und die die

Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV | § 2 Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“


Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung#F1_771649als deren Bestandteil festgelegt.

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 35 Unfallausgleich


(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt ei

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 30 Allgemeines


(1) Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge gewährt. Unfallfürsorge wird auch dem Kind einer Beamtin gewährt, das durch deren Dienstunfall während der Schwangerschaft unmittelbar gesch

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 06. Juli 2017 - Au 2 K 15.1698 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 06. Juli 2017 - Au 2 K 15.1698 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Dez. 2016 - M 12 K 16.2825

bei uns veröffentlicht am 15.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 05. Mai 2015 - 3 B 12.2148

bei uns veröffentlicht am 05.05.2015

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, der Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Finanzen vom 29. Januar 2007 und der Bes

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2014 - 14 ZB 12.2449

bei uns veröffentlicht am 04.12.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 29.000 Euro festgesetzt. G

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Juli 2016 - 4 S 2467/15

bei uns veröffentlicht am 20.07.2016

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2014 - 5 K 2009/13 - wird geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Unfallruhegehalt zu gewähren. Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemb

Referenzen

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge gewährt. Unfallfürsorge wird auch dem Kind einer Beamtin gewährt, das durch deren Dienstunfall während der Schwangerschaft unmittelbar geschädigt wurde. Satz 2 gilt auch, wenn die Schädigung durch besondere Einwirkungen verursacht worden ist, die generell geeignet sind, bei der Mutter einen Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 zu verursachen.

(2) Die Unfallfürsorge umfasst

1.
Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen (§ 32),
2.
Heilverfahren (§§ 33, 34),
3.
Unfallausgleich (§ 35),
4.
Unfallruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag (§§ 36 bis 38),
5.
Unfall-Hinterbliebenenversorgung (§§ 39 bis 42),
6.
einmalige Unfallentschädigung und einmalige Entschädigung (§ 43),
7.
Schadensausgleich in besonderen Fällen (§ 43a),
8.
Einsatzversorgung im Sinne des § 31a.
Im Fall von Absatz 1 Satz 2 und 3 erhält das Kind der Beamtin Leistungen nach den Nummern 2 und 3 sowie nach § 38a.

(3) Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2014 - 5 K 2009/13 - wird geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Unfallruhegehalt zu gewähren. Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2011 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Neufestsetzung seiner Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines Unfallruhegehalts.
Der am ... geborene Kläger war bis zu seiner zum 01.08.2010 erfolgten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit im Schuldienst des Beklagten als Realschullehrer tätig.
Der Kläger nahm 1978 sein Studium an der Pädagogischen Hochschule mit den Fächern Sport und Englisch auf. Während des Studiums erlitt er 1980 einen schweren Verkehrsunfall, der zu einer Fraktur der Hüfte mit anschließenden degenerativen Hüftgelenkserkrankungen und zur Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft führte. Der Kläger stellte sein Studium um und wählte anstelle des Fachs Sport das Fach Biologie. Nach der 1988 erfolgten Übernahme in ein Beamtenverhältnis wurde er 1991 an eine wohnortnahe Realschule in ... versetzt. Im November 2000 unterzog er sich einer erneuten Hüftoperation. Mit Bescheid vom 18.04.2006 bewilligte ihm das Regierungspräsidium Karlsruhe Altersteilzeit im Blockmodell mit einer Beschäftigungsphase vom 01.08.2006 bis 31.01.2011. Im September 2006 absolvierte er einen stationären Aufenthalt in einer psychosomatischen Fachklinik. Ab 2007 traten vermehrt Unstimmigkeiten mit der Schulleitung auf, die u.a. die sinngemäße Frage betrafen, ob diese hinreichend Rücksicht auf seine behinderungsbedingten Einschränkungen nehme. Der mit der Prüfung der Dienstfähigkeit des Klägers beauftragte Amtsarzt ... hielt am 05.04.2007 gestützt auf das Ergebnis einer psychiatrischen Zusatzbegutachtung fest, der Gesundheitszustand des Klägers habe stabilisiert werden können und er werde mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres 2007/2008 wieder voll dienstfähig sein. Die Ausprägung seiner Erkrankung, die u.a. mit Ängsten basierend auf den orthopädischen Beschwerden verbunden sei, mache aber eine weitere ambulante fachärztliche Therapie erforderlich, die er auch absolviere. Er sei motiviert und zeige viel Bereitschaft, an der Genesung mitzuwirken.
Der Kläger trat anschließend seinen Dienst wieder an. Es kam erneut zu Auseinandersetzungen mit der Schulleitung u.a. über die Durchführung der amtsärztlich empfohlenen Rekonvaleszenzregelung. Das Regierungspräsidium führte mit der Schulleitung und dem Kläger im März 2008 eine Dienstbesprechung durch und unterbreitete einen Kompromissvorschlag, den der Schulleiter ablehnte. Nach weiteren Dienstunfähigkeitszeiten wurde der Kläger erneut amtsärztlich untersucht. Amtsarzt ... stellte am 25.09.2008 nach Einholung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens fest, der Kläger sei aus psychiatrischer Sicht wieder in der Lage, seine Dienstpflichten als Realschullehrer voll zu erfüllen, und empfahl einen Schulwechsel, mit dem sich der Kläger einverstanden erklärte. Er wurde zum 08.09.2008 an die ...-...-Realschule in ... versetzt.
Am 06.04.2009 wurde der Kläger dort von einem Schüler angegriffen. Er zeigte den Vorfall am 13.05.2009 als Dienstunfall an und machte folgende Angaben zum Hergang: Er habe einem Schüler, der sich entgegen der Schulregeln geweigert habe, seine Kopfbedeckung abzunehmen, die Mütze sanft vom Kopf genommen. Der Schüler sei aufgesprungen und habe angefangen, wild herumzubrüllen, er (der Kläger) solle ihm die Mütze wiedergeben oder er gehe zum Rektor. Er (der Kläger) habe ihn gebeten, dies zu tun, worauf der Schüler laut und wütend aus dem Klassenzimmer gelaufen sei. Nachdem er ebenfalls die Klasse verlassen habe, sei ihm der Schüler „Her mit der Mütze, Mütze her!“ schreiend entgegengelaufen. Der Schüler habe versucht die Mütze zu ergreifen. Während er (der Kläger) sich weggedreht habe, habe ihn der Schüler mehrere Male heftig angerempelt, offensichtlich um ihn zu Fall zu bringen, und versucht nach der Mütze zu greifen. Dies habe sich zwei bis drei Meter von einer Treppe entfernt ereignet. Schließlich habe der Schüler ihm einen derartigen Stoß an die Brust verpasst, dass er den Halt verloren habe, nach hinten getaumelt sei und sich unmittelbar vor der obersten Stufe der Treppe des dritten Stockes noch habe abfangen können. Der Schüler habe da gestanden, lauthals gelacht und dann versucht, seine Aktionen fortzusetzen. Es sei ihm (dem Kläger) daraufhin gelungen, den Schüler durch einen Abwehrgriff festzuhalten. Der Schüler habe dabei heftigen Widerstand geleistet, ihn an Beinen und Körper geschlagen, sodass es ihm schließlich gelungen sei, seiner Mütze wieder habhaft zu werden. Der Schüler sei in die Klasse gelaufen und habe lautstark verkündet, er habe ihn (den Kläger) geschlagen.
Der Kläger blieb dem Dienst nach dem Angriff krankheitsbedingt fern. Das Regierungspräsidium holte deshalb ein amtsärztliches Gutachten zu seiner Dienstfähigkeit ein. Amtsarzt ... stellte am 17.03.2010 fest, der Kläger sei dauerhaft dienstunfähig. Als körperliche Folge des Angriffs habe er einen Nabelbruch erlitten. Hauptursächlich für die Dienstunfähigkeit sei aber das durch den Angriff erlittene psychische Trauma, das u.a. zu Konzentrationsstörungen und vegetativen Symptomen geführt habe, die es ihm unmöglich machten, einen strukturierten Unterricht zu halten.
Mit Schreiben vom 18.06.2010 teilte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger mit, es sei amtsärztlich festgestellt, dass er auf Dauer nicht in der Lage sei, seine Dienstpflichten zu erfüllen. Es sei daher beabsichtigt, ihn wegen Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG in den Ruhestand zu versetzen. Der Kläger stimmte dem zu.
Mit Bescheid vom 01.07.2010 versetzte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger „nach Feststellung Ihrer Dienstunfähigkeit (…) gemäß § 26 (BeamtStG)“ mit Ablauf des 31.07.2010 in den Ruhestand.
Mit Bescheid vom 14.07.2010 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV) die Versorgungsbezüge des Klägers auf damals rund 2.015 EUR brutto fest. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein mit dem Antrag, ein Unfallruhegehalt festzusetzen.
10 
Mit Bescheid vom 28.10.2010 erkannte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Angriff vom 06.04.2009 als Dienstunfall an und stellte fest, dass dieser folgende Schäden verursacht hat: Nabelbruch, posttraumatische Stressreaktion, ischiocruraler Muskelfaserriss. Dem Kläger werde „Unfallfürsorge gewährt (§ 30 BeamtVG)“.
11 
Mit Schreiben vom selben Tag empfahl das Regierungspräsidium dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (Kultusministerium), dem LBV gegenüber festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines Unfallruhegehalts vorliegen. Das sei der Fall, da die Dienstunfähigkeit allein auf den Dienstunfall vom 06.04.2009 zurückzuführen sei.
12 
Das Kultusministerium folgte diesem Votum nicht, sondern forderte das Regierungspräsidium auf, ein neues Gutachten zu der Frage einzuholen, inwieweit die Beschwerden des Klägers auf den Dienstunfall zurückzuführen seien.
13 
Am 03.12.2010 beantragte der Kläger, ihm (zusätzlich zu dem begehrten Unfallruhegehalt) auch einen Unfallausgleich zu gewähren.
14 
Der vom Regierungspräsidium Karlsruhe auf die Weisung des Kultusministeriums beauftragte Amtsarzt ... bat den Neurologen und Psychiater Dr. ..., Mannheim, mit der Erstellung eines Zusatzgutachtens. Mit Schreiben vom 28.01.2011 teilte der Kläger mit, was er bei der Untersuchung erlebt habe, sei „das Allerletzte“ gewesen. Es seien zwei Termine vorgesehen gewesen, er habe aber nur einen wahrgenommen. Dr. ... erstellte am 18.02.2011 ein Zusatzgutachten. Er führte aus, in Bezug auf die Fragestellung sei natürlich eine fortgesetzte Exploration erforderlich gewesen. Insgesamt könne aber beim Kläger keine unfallbedingte psychische Störung festgemacht werden, die eine überdauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit stütze.
15 
Amtsarzt ... schloss sich dieser Einschätzung am 21.04.2011 an. Bei dem Krankheitsbild des Klägers handele es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um eine PTBS (posttraumatische Belastungsstörung), sondern um eine Persönlichkeitsstörung, die ihre Ursachen in subjektiv wahrgenommenen Kränkungen am Arbeitsplatz habe. Diese Kränkungen hätten jedoch schon Jahre vor dem jetzt als erkrankungsursächlich angegebenen Trauma vom 06.04.2009 begonnen.
16 
Mit Bescheid vom 20.05.2011 lehnte das Regierungspräsidium Karlsruhe den beantragten Unfallausgleich unter Verweis auf das amtsärztliche Gutachten vom 21.04.2011 ab. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein.
17 
Auf Weisung des Kultusministeriums bat das Regierungspräsidium den Amtsarzt um ergänzende Stellungnahme zu den Fragen, welche gesundheitlichen Erkrankungen des Klägers eindeutig dem Dienstunfall zuzuordnen seien, welche auch auf nicht dienstunfallbedingte Ursachen beruhten und wie sich beides zueinander verhalte. Der dazu erneut hinzugezogene Dr. ... erklärte in einer Stellungnahme nach Aktenlage am 10.08.2011, es gebe beim Kläger keine sozialmedizinisch relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die eindeutig und ausschließlich kausal einem mit dem Dienstunfall definierten Primärschaden zuzuordnen seien. Amtsarzt ... schloss sich dem am 22.08.2011 an.
18 
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2011 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Unfallausgleich zurück. Wie sich aus den amtsärztlichen Gutachten und den Zusatzgutachten von Dr. ... schlüssig ergebe, sei die beim Kläger bestehende psychische Störung nicht auf den am 06.04.2009 erlittenen Unfall zurückzuführen. Das Gutachten von Dr. ... sei verwertbar, da „das diagnostische Haus“ bereits nach dem ersten Untersuchungstag gestanden habe.
19 
Hiergegen erhob der Kläger am 12.12.2011 Klage (5 K 3322/11) zunächst mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide des Regierungspräsidiums zu verpflichten, ihm Unfallausgleich in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
20 
Während des Klageverfahrens wies das LBV mit Bescheid vom 28.12.2011 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14.07.2010 über die Ablehnung des Antrags auf Unfallruhegehalt zurück. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallruhegehalt lägen nicht vor. Das amtsärztliche Gutachten habe festgestellt, dass für die Dienstunfähigkeit des Klägers keine primär dienstunfallbedingten Beeinträchtigungen ursächlich seien.
21 
Der Kläger hat seine Klage daraufhin um den Antrag erweitert, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide des LBV zu verpflichten, ihm Unfallruhegehalt zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren insoweit abgetrennt (5 K 392/12, später 5 K 2009/13) und zunächst das Ruhen dieses Verfahrens angeordnet.
22 
In dem weiter betriebenen Klageverfahren betreffend die Gewährung eines Unfallausgleichs hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass sich die amtsärztlichen Zeugnisse vom 17.03.2010 und vom 21.04.2011 widersprächen, ohne dass dies begründet worden sei, ferner dass das Gutachten von Dr. ... vom 18.02.2011 nicht nachvollziehbar sei. Das Verwaltungsgericht hat deshalb ein fachpsychiatrisches Gutachten bei Prof. Dr. ..., Universitätsklinikum ..., zu der den Unfallausgleich betreffenden Frage eingeholt, ob der Kläger als Folge seines Dienstunfalls vom 06.04.2009 Verletzungen oder Schäden erlitten hat, die seine Erwerbsfähigkeit in der Zeit vom 06.04.2009 bis 12.11.2011 um mindestens 25 v.H. gemindert haben.
23 
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 28.02.2013, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, zusammenfassend ausgeführt, der Kläger habe „seit dem Dienstunfall 2009 bis 2011 als Unfallfolge seitens des psychiatrischen Fachgebietes eine posttraumatische Belastungsstörung oder besser eine ängstlich-depressive erlebnisreaktive Entwicklung. Er hat zusätzlich eine nicht unfallbedingte depressive Episode, die beeinträchtigender war als die oben genannte unfallbedingte psychische Störung. Die unfallbedingte MdE wird auf 25 % eingeschätzt.“
24 
Mit Beweisbeschlusses vom 29.05.2013 hat das Verwaltungsgericht eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. ... unter Hinweis darauf eingeholt, dass im Zuge der Dienstrechtsreform vom 01.01.2011 der frühere Bezugspunkt für den Unfallausgleich („Minderung der Erwerbsfähigkeit“, vgl. § 35 BeamtVG) durch den „Grad der Schädigungsfolgen“ (GdS, vgl. § 50 LBeamtVG) ersetzt worden sei. Der Sachverständige hat hierzu unter dem 30.07.2013 Stellung genommen und u.a. ausgeführt, der GdS könne in Anlehnung an den Begriff des „Grads der Behinderung“ (GdB), der auf die allgemeine Erlebnisfähigkeit ziele, auf 20 eingeschätzt werden. Der GdS erhöhe sich wie der GdB oder die MdE auf 25 bis 30, wenn der Lehrerberuf bezüglich der Folgen des Überfalls als Grundlage genommen werde.
25 
Mit Urteil vom 02.10.2013 - 5 K 3322/11 - hat das Verwaltungsgericht die Klage betreffend die Gewährung von Unfallausgleich abgewiesen. Nach § 50 LBeamtVG erhalte ein Verletzter neben den Dienstbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich, wenn ein wesentlicher GdS, der durch einen Dienstunfall verursacht worden sei und mindestens 25 betrage, länger als sechs Monate vorliege. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Bei ihm liege der durch den Dienstunfall verursachte GdS bei 20. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden.
26 
Mit weiterem Urteil vom 23.12.2014 - 5 K 2009/13 - hat das Verwaltungsgericht die Klage betreffend die Gewährung von Unfallruhegehalt abgewiesen. Das Gericht könne offen lassen, ob für den Anspruch auf Gewährung von Unfallruhgehalt noch § 36 Abs. 1 BeamtVG oder der am 01.01.2011 in Kraft getretene § 51 LBeamtVG einschlägig sei. Nach beiden Regelungen erhalte ein Beamter Unfallruhegehalt, wenn er „infolge des Dienstunfalls dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten“ sei. Beide Regelungen erforderten für den Anspruch auf Unfallruhegehalt, dass der Dienstunfall zur Dienstunfähigkeit geführt habe und der Beamte bei dienstunfallbedingter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten sei. Die Dienstunfähigkeit müsse Folge des Dienstunfalls sein. Es müsse ein rechtlich beachtlicher Zusammenhang zwischen Dienstunfall und Dienstunfähigkeit gegeben sein. Der Dienstunfall müsse eine wesentliche mitwirkende (Teil-)Ursache für die Dienstunfähigkeit sein, aufgrund der der Beamte vorzeitig in den Ruhestand getreten sei. Das sei hier nicht der Fall. Die Dienstunfähigkeit des Klägers sei nicht wesentlich auf den im Jahr 2009 erlittenen Dienstunfall zurückzuführen. Nach den Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. ... vom 28.02.2013 sei die nicht unfallbedingte depressive Episode beeinträchtigender als die unfallbedingte psychische Störung. Die durch den Dienstunfall ausgelösten Symptome des Klägers führten für sich genommen auch nicht zur Dienstunfähigkeit und zur Versetzung in den Ruhestand. Nach dem Gutachten vom 28.02.2013 führten die unfallbedingten psychischen Störungen dementsprechend bei speziellem Bezug auf den Lehrerberuf zu einer MdE von 25 %, bei Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu 20 %. Nach der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. ... vom 30.07.2013 sei der GdS, der auf die allgemeine Erlebnisfähigkeit ziele, beim Kläger bezüglich der spezifischen kausalen Schädigungsfolgen mit 20 einzuschätzen; dieser erhöhe sich, wenn der Lehrerberuf bezüglich der Folgen des Dienstunfalls als Grundlage genommen werde, auf mindestens 25 bis 30.
27 
Mit Beschluss vom 03.12.2015 hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft. Es habe seiner Überzeugungsbildung das Gutachten von Prof. Dr. ... vom 28.02.2013 zugrunde gelegt. Dieses Gutachten befasse sich aber nicht mit der Fragestellung, für deren Beantwortung das Gericht das Gutachten in der angegriffenen Entscheidung herangezogen habe. Er (der Kläger) habe im Verfahren 5 K 3322/11 auf Gewährung von Unfallausgleich geklagt. Nur dazu habe das Gericht das Gutachten eingeholt. Das Verwaltungsgericht habe dann aber in dem die Gewährung von Unfallruhegehalt betreffenden Verfahren 5 K 2009/13 aus der Schlussformulierung des Sachverständigen den eigenen Schluss gezogen, dass eine nicht unfallbedingte Erkrankung „wesentlicher“ für den Eintritt der Dienstunfähigkeit gewesen sei, als die Folgen des Dienstunfallereignisses. Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts seien insoweit fehlerhaft, als sie sich nur auf eine vom Sachverständigen in seiner Zusammenfassung gemachten Feststellung bezögen. In seinem Gutachten habe sich der Sachverständige mit dieser Frage überhaupt nicht befasst. Gegenstand des Gutachtens sei die Frage, in welchem Umfang seine (des Klägers) Erwerbsfähigkeit bei Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gemindert gewesen sei. Das Gutachten setze sich aber nicht mit der Frage auseinander, ob die eventuell vorhandene depressive Episode für die Dienstunfähigkeit beeinträchtigter gewesen sei, als die unfallbedingten psychischen Störungen. Das Gutachten sei in diesem Punkt unvollständig. Dies überrasche auch nicht, da eine vergleichende Wertung der Erkrankungen im Hinblick auf die Ursächlichkeit der Dienstunfähigkeit schon aufgrund der Zielrichtung des Gutachterauftrages nicht zu klären gewesen sei. Es fehlten im Gutachten daher Anknüpfungstatsachen, aus denen das Gericht Rückschlüsse für die Beantwortung der im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungsrelevanten Tatsachenfragen hätte ziehen können. Die Verwertung des Gutachtens aus dem Verfahren 5 K 3322/11 sei zur Klärung der Frage der Wesentlichkeit daher nicht geeignet. Die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichtes zeigten, dass es die Fragen der „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ auf der einen Seite (Verfahren 5 K 3322/11) und der im vorliegenden Verfahren zu entscheidenden Frage der „Wesentlichkeit“ des Dienstunfalls nicht hinreichend abgegrenzt habe. Sichtbar werde dies darin, dass das Gericht sich auch bei der Prüfung der Voraussetzungen des Unfallruhegehalts mit der Frage der MdE befasst habe. Der Grad der MdE lasse aber keine Rückschlüsse darauf zu, ob eine Vorerkrankung mehr oder weniger ins Gewicht falle als das Dienstunfallereignis. Der Sachverständige sei zu dem Schluss gekommen, dass solche Tätigkeiten, die mit Schülern verbunden und an die Schule gebunden seien, aufgrund der bestehenden Ängste zur Unfähigkeit, eine Schule aufsuchen zu können, und damit letztendlich zur Dienstunfähigkeit geführt hätten. Er habe ferner klargestellt, dass die auf dem pathologischen Lernen basierende Angst, eine Schule zu besuchen, nicht auf eine zusätzlich bestehende depressive Episode zurückzuführen sei. Es sei damit davon auszugeben, dass die traumatisierenden Ereignisse des Dienstunfalles wesentlicher gewesen seien, als eine depressive Episode, die zudem ärztlicherseits heute nicht mehr festgestellt werden könne.
28 
Der Kläger beantragt,
29 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23.12.2014 - 5 K 2009/13 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Unfallruhegehalt zu gewähren, und den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 14.07.2010 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
30 
Der Beklagte beantragt,
31 
die Berufung zurückzuweisen.
32 
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, nach den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. ... habe der Kläger eine nicht unfallbedingte psychische Störung, die beeinträchtigender gewesen sei als die unfallbedingte Störung. Die wertende Betrachtung ergebe daher, dass der Verursachungsbeitrag des Angriffs geringer zu werten sei, als der Beitrag der nicht unfallbedingten depressiven Störung. Es sei nicht Sinn und Zweck der Vorschriften über das Unfallruhegehalt, Risiken abzudecken, die in der persönlichen Konstitution des Beamten wurzelten. Im vorliegenden Fall spreche vieles dafür, dass die Dienstunfähigkeit primär durch die nicht unfallbedingte depressive Episode hervorgerufen worden sei. Diese Annahme werde auch durch das amtsärztliche Gutachten vom 21.04.2011 bestätigt. Mithin verblieben zumindest begründete Zweifel an der haftungsausfüllenden Kausalität. Diese Zweifel gingen zu Lasten des Klägers.
33 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
34 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Unfallruhegehalt zu. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 14.07.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011 sind rechtswidrig, soweit sie dem entgegenstehen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I.
35 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 36 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes in der zum Zeitpunkt des Dienstunfalls vom 06.04.2009 maßgeblichen Fassung vom 19.12.2000 (BeamtVG).
36 
Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 2 C 51.11 -, Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 4, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 30.04.2015 - 4 S 1882/15 -, und Senatsurteil vom 13.12.2010 - 4 S 215/10 -, Juris). Das am 01.01.2011 in Kraft getretene Landesbeamtenversorgungsgesetz (LBeamtVG) vom 09.11.2010 (GBl. 2010, S. 793, 911) enthält zwar in § 102 Abs. 4 Satz 1 eine Rückwirkungsregelung. Diese Vorschrift bestimmt, dass für die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor Inkrafttreten erlittener Dienstunfall im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung dem Dienstunfall dieses Gesetzes gleichsteht. Hieraus folgt allerdings nur, dass das Landesbeamtenversorgungsgesetz ab seinem Inkrafttreten auch bei der Beurteilung der Folgen von Alt-Unfällen anzuwenden ist. Bis zum 31.12.2010 richtet sich der Anspruch von Landesbeamten auf Unfallruhegehalt hingegen noch nach § 36 BeamtVG in der jeweils für den Zeitpunkt des Unfalls maßgeblichen Fassung (vgl. Senatsurteil vom 11.06.2015 - 4 S 898/13 -). Da der Kläger bereits mit Ablauf des 31.07.2010 in den Ruhestand versetzt wurde, hängt der Erfolg seines Klagebegehrens davon ab, ob er die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 BeamtVG erfüllt. Das ist der Fall.
37 
Ein Beamter erhält nach § 36 Abs. 1 BeamtVG Unfallruhegehalt, wenn er infolge des Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
38 
Der Gebrauch des Wortes „infolge“ in § 36 Abs. 1 BeamtVG macht deutlich, dass die Gewährung von Unfallruhegehalt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Dienstunfall, Dienstunfähigkeit und Zurruhesetzung voraussetzt. Als Ursache in diesem Sinne sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Keine Ursache im Rechtssinn sind so genannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Bei mehreren in gleichem Maße auf den Erfolg hinwirkenden Bedingungen ist jede von ihnen (Mit-)Ursache im Rechtssinne (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.04.2002 - 2 C 22.01 -, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 12, vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 -, Buchholz 232 § 46 BBG Nr. 3, vom 21.10.1964 - 6 C 132.61 -, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 22, und vom 16.01.1964 - 2 C 88.61 -, Buchholz 237.7 § 147 LBG NW Nr. 1 -; Senatsurteile vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). Hierbei genügt es, dass eine als Dienstunfallfolge anerkannte Erkrankung die wesentlich mitwirkende Teilursache für die Dienstunfähigkeit war; es ist nicht erforderlich, dass die Erkrankung der alleinige, unter Ausschluss jeglicher sonstiger Faktoren kausal gewordene Umstand gewesen ist (BVerwG, Urteil vom 01.03.2007 - 2 A 9.04 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16). Für den Nachweis des insoweit geforderten Kausalzusammenhangs trägt der Beamte die materielle Beweislast (vgl. BVerwG, vom 01.03.2007 - 2 A 9.04 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16). Dabei gelten im Dienstunfallrecht grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze (BVerwG, Urteil vom 11.02.1965 - BVerwG 2 C 11.62 -, ZBR 1965, 244). Es ist also grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 12.10.1972 - 6 B 22.72 -, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 50; Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -).
39 
Ausgehend von diesen Maßstäben kommt dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Unfallruhegehalt zu. Er hat einen Dienstunfall erlitten (1.). Der Dienstunfall war die wesentliche Ursache für den Eintritt der Dienstunfähigkeit (2.). Der Kläger ist infolge dieser Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden (3.).
40 
1. Der Kläger hat durch den Angriff vom 06.04.2009 einen Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG erlitten. Das steht aufgrund des Bescheids des Regierungspräsidium Karlsruhe vom 28.10.2010 („Anerkennung eines Dienstunfalls“) bestandskräftig und auch für die Versorgungsbehörde bindend fest (vgl. Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -).
41 
2. Der Dienstunfall war die wesentliche Ursache für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Klägers.
42 
Der Dienstunfall hat eine Gesundheitsstörung - eine posttraumatische Störung - verursacht (a). Diese Gesundheitsstörung war im naturwissenschaftlichen Sinne kausal für den Eintritt der Dienstunfähigkeit (b). Der Dienstunfall war für den Eintritt der Gesundheitsstörung und diese für den Eintritt der Dienstunfähigkeit auch die im oben genannten Sinne „wesentliche“ Ursache (c).
43 
a) Der Dienstunfall hat eine Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet verursacht. Der Dienstunfall führte dazu, dass der Kläger unter anderen die in dem Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.10.2010 so bezeichnete „posttraumatische Stressreaktion“ erlitten hat. Auch das steht aufgrund dieses Bescheides bestandskräftig fest. Das Regierungspräsidium hat diese Kausalität verbindlich festgestellt, wie sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheids („Dieser Unfall verursachte folgende Körperschäden: […]“) ergibt (vgl. Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). Die Ursächlichkeit des Dienstunfalls für die benannten Schädigungsfolgen ist nach der Bestandskraft eines solchen Bescheids nicht mehr in Zweifel zu ziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.03.2007 - 2 A 9.04 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16; Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -).
44 
b) Die durch den Dienstunfall verursachte Gesundheitsstörung war auch kausal für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Klägers. Das ergibt sich aus dem - insoweit allein maßgeblichen - amtsärztlichen Gutachten, das der Zurruhesetzungsverfügung vom 01.07.2010 zugrunde lag.
45 
Der zuletzt genannte Kausalzusammenhang wird in dem Zurruhesetzungsbescheid nicht ausdrücklich festgestellt. In einem solchen Fall ist die Frage, ob ein solcher Kausalzusammenhang besteht, allein anhand der Gründe der Versetzungsverfügung zu beurteilen. Nimmt diese Verfügung auf ärztliche Feststellungen Bezug, sind allein diese Feststellungen maßgeblich. Das ergibt sich bereits daraus, dass denknotwendig nur solche ärztlich festgestellte Erkrankungen für die Zurruhesetzung kausal sein können, die auch der Annahme der Dienstunfähigkeit im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens zugrunde lagen. Diese Kausalität kann sich nicht nachträglich ändern (Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -). Hinzu kommt, dass einer Verfügung, bei der im Verwaltungsverfahren und in der Begründung des Bescheids auf konkrete ärztliche Feststellungen Bezug genommen wird, auch inhaltlich die Feststellung zu entnehmen ist, dass die in diesen Feststellungen genannten Gesundheitsstörungen die Dienstunfähigkeit begründet haben (Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -).
46 
Nach diesen Grundsätzen ist für die Beantwortung der Frage, ob die durch den Dienstunfall verursachten Gesundheitsstörungen für die Dienstunfähigkeit kausal waren, allein das amtsärztliche Gutachten vom 17.03.2010 maßgeblich. Denn das Regierungspräsidium hat das Verfahren zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit allein auf das amtsärztliche Zeugnis vom 17.03.2010 gestützt und sowohl in dem Anhörungsschreiben vom 18.06.2010 als auch in der Zurruhesetzungsverfügung vom 01.07.2010 selbst allein auf dieses Gutachten Bezug genommen.
47 
Unter Zugrundelegung des amtsärztlichen Gutachtens vom 17.03.2010 steht fest, dass die durch den Dienstunfall verursachte Gesundheitsstörung für die Dienstunfähigkeit kausal war. Denn der Amtsarzt hat in dem Gutachten ohne Einschränkungen festgestellt, hauptursächlich für die Dienstunfähigkeit sei das durch den Angriff erlittene psychische Trauma, das u.a. zu Konzentrationsstörungen und vegetativen Symptomen geführt habe, die es dem Kläger unmöglich machten, einen strukturierten Unterricht zu halten.
48 
c) Der Dienstunfall war für den Eintritt der Gesundheitsstörung und diese für den Eintritt der Dienstunfähigkeit nicht nur kausal in einem rein naturwissenschaftlichen Sinne, sondern auch die „wesentliche“ Ursache.
49 
Der Dienstunfall - d.h. der Angriff des Schülers vom 06.04.2009 - hat wegen seiner besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt. Es handelte sich hierbei nicht um eine bloße Gelegenheitsursache. Bei dem Kläger bestand insbesondere keine krankhafte Veranlagung, bei der auch ein gegenüber einem Schülerangriff anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg - einem psychischen Trauma mit der Folge der Unfähigkeit zum Unterricht - geführt hätte.
50 
aa) Auch dies steht bereits aufgrund des maßgeblichen amtsärztlichen Gutachtens vom 17.03.2010 fest. Der Amtsarzt hat in dem Gutachten keine Angaben gemacht, die den Schluss zuließen, ein Trauma der hier vorliegenden Art hätte - etwa wegen der Vorerkrankungen des Klägers - auch durch einen anderen Unfall als einen Schülerangriff ausgelöst werden können. Das folgt bereits daraus, dass der Amtsarzt die ihm bekannten - und noch im Gutachten vom 25.09.2008 als nicht beeinträchtigend eingeordneten - Vorerkrankungen des Klägers in dem der Zurruhesetzung zugrunde liegenden Gutachten vom 17.03.2010 nicht erwähnt, sondern dort ausschließlich auf den Angriff als Ursache des Traumas abgestellt hat.
51 
Unabhängig davon bieten die Ausführungen des Amtsarztes im Gutachten vom 17.03.2010 auch sonst keinen Anhaltspunkt für die Annahme, eine andere Ursache als der Angriff des Schülers könne die wesentliche Ursache für das Trauma gewesen sein. Amtsarzt ... hat in dem Gutachten dargelegt, der Kläger sei „fixiert auf das dramatische Ereignis vom 06.04.2009“, seine Gedanken kreisten immer wieder um möglicherweise noch schlimmere Folgen des Übergriffs durch den Schüler, gleichzeitig mache er sich aber auch Vorwürfe, ob er sich als Lehrer denn richtig verhalten habe. Aus amtsärztlicher Sicht leide er schwer an den psychischen Folgen des traumatischen Ereignisses an seiner Schule. Nach diesen amtsärztlichen Feststellungen hat gerade der Schülerangriff mit seinen in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen auf den Kläger an dem Eintritt des Traumas wesentlich mitgewirkt.
52 
bb) Keine andere Bewertung ergibt sich aus dem Umstand, dass Amtsarzt ... später - im Widerspruch zu seinem Gutachten vom 17.03.2010 - ausgeführt hat, bei dem Kläger liege „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ (doch) keine posttraumatische Belastungsstörung vor, sondern eine Persönlichkeitsstörung, die ihre Ursachen in subjektiv wahrgenommenen Kränkungen am Arbeitsplatz habe. Diese Ausführungen im amtsärztlichen Zeugnis vom 21.04.2011 sind bereits aus rechtlichen Gründen unbeachtlich. Denn aufgrund der genannten Bindungswirkung der Zurruhesetzungsverfügung (vgl. oben b) ist es unzulässig, nach der erfolgten Zurruhesetzung die Diagnosen, mit denen die Dienstunfähigkeit begründet wurde, auszutauschen (Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -).
53 
Unabhängig davon ist das amtsärztliche Zeugnis vom 21.04.2011 auch inhaltlich nicht dazu geeignet, die amtsärztliche Einschätzung vom 17.03.2010 zu erschüttern. Amtsarzt ... hat sich in seinem Gutachten vom 21.04.2011 allein auf das Zusatzgutachten von Dr. ... gestützt. Dessen Gutachten ist aber keine taugliche Beurteilungsgrundlage. Das folgt schon daraus, dass dieses Gutachten, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, widersprüchlich ist. Denn Dr. ... hat darin einerseits erklärt, es hätte „natürlich“ einer weiteren Exploration bedurft, um die Beweisfragen zu beantworten, sich dann aber doch ohne eine solche Exploration zur Beantwortung der ihm gestellten Fragen in der Lage gesehen. Es bedarf daher keiner weiteren Ausführungen dazu, ob der vom Kläger sinngemäß erhobene Vorwurf, Dr. ... sei voreingenommen gewesen, berechtigt ist.
54 
cc) Die Wesentlichkeit des Dienstunfalls für die Dienstunfähigkeit wird auch nicht durch die Gutachten des vom Verwaltungsgericht befragten Sachverständigen Prof. Dr. ... in Frage gestellt.
55 
(1) Die Gutachten wurden am 28.02. bzw. 30.07.2013 erstellt. Sie sind nach dem zuvor Gesagten bereits aus zeitlichen Gründen nicht dazu geeignet, den der Zurruhesetzungsverfügung vom 01.07.2010 zugrunde gelegten Kausalitätszusammenhang nachträglich in Frage zu stellen.
56 
(2) Unabhängig davon bieten die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. ... auch inhaltlich keinen Anlass, den Dienstunfall nicht als die wesentliche Ursache der Dienstunfähigkeit anzusehen.
57 
Der Sachverständige hat dargelegt, dass der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung oder, in anderen Worten, unter einer ängstlich-depressiven erlebnisreaktiven Reaktion leidet. Bedingung für das spätere Wiedererleben, für die Alpträume und auch für Befürchtungen vor einem erneuten Auftreten der Symptomatik mit Vermeiden der Situationen, sei das Überfallereignis vom 06.04.2009 (d.h. der Dienstunfall). Durch das Erleben und den damit verbundenen Affekt seien die Angst und das Wiedererleben konditioniert worden. Es handele sich um eine Art des pathologischen Lernens oder „Nichtvergessenkönnens“, die nicht auf die zusätzlich bestehende depressive Episode zurückzuführen sei oder auf Persönlichkeitseigenschaften des Klägers. Damit ist auch Prof. Dr. ... der Sache nach davon ausgegangen, dass das Trauma nicht etwa wesentlich auf die depressive Erkrankung des Klägers zurückzuführen war und nur „gelegentlich“ des Schülerangriffs ausgelöst wurde, sondern dass - im ersten Schritt der Kausalkette - der Dienstunfall wesentliche Ursache für das Entstehen dieses Traumas war.
58 
Dass das Trauma - und nicht andere Erkrankungen - im zweiten Schritt der Kausalkette auch die wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit des Klägers war, wird durch das Gutachten von Prof. Dr. ... ebenfalls bestätigt. Den Begriff der „Dienstunfähigkeit“ verwendet § 36 Abs. 1 BeamtVG im statusrechtlichen Sinne (Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist der Beamte dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Maßstab dafür ist das funktionelle Amt im abstrakten Sinne bei einer bestimmten Behörde ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1990 - 2 C 18.89 -, Buchholz 237.6 § 56 Nds LBG Nr. 1; Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). An diesem Maßstab gemessen war die posttraumatische Belastungsstörung des Klägers - und nicht dessen weitere Erkrankungen - auch nach den Ausführungen von Prof. Dr. ... die wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung. Denn der Sachverständige hat dargelegt, dass der Kläger wegen dieser Belastungsstörung - nicht etwa wegen seiner Erkrankung aus dem depressiven Formenkreis - unter Ängsten und Wiedererlebnissen leidet, die unter anderem „zur Unfähigkeit, die Schule aufzusuchen, ähnliche Tätigkeiten wie beim Überfall auszuführen“ führt (Gutachten vom 28.02.2013, S. 18). Daraus ergibt sich, dass der Kläger gerade wegen dieses Traumas nicht in der Lage ist (und zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung nicht in der Lage war), das abstrakt-funktionelle Amt eines Realschullehrers an seiner damaligen Schule auszuüben.
59 
Nichts anderes folgt aus dem vom Verwaltungsgericht hervorgehobenen Umstand, dass der Sachverständige Prof. Dr. ... in seinem Gutachten vom 28.02.2013 ausgeführt hat, die nicht unfallbedingte depressive Episode sei „beeinträchtigender“ als die unfallbedingte psychische Störung gewesen. Dieses Zitat führt im vorliegenden, allein das Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG) betreffenden Fall nicht weiter. Denn die vom Sachverständigen angesprochene „Beeinträchtigung“ bezieht sich nicht auf das im Rahmen des § 36 BeamtVG, wie dargelegt, maßgebliche abstrakt-funktionelle Amt eines Realschullehrers an der betroffenen Schule, sondern auf die in § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG angesprochene „Beeinträchtigung“. § 35 BeamtVG regelt die Voraussetzungen für die Gewährung eines Unfallausgleichs. Nach dieser Vorschrift erhält ein Beamter, der einen Dienstunfall erlitten hat und infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich (§ 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nach der körperlichen „Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben“ zu beurteilen. Maßstab ist damit die Fähigkeit, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.2000 - 2 C 27.99 -, und Beschluss vom 25.02.2013 - 2 B 57.12 -, Juris; Senatsurteil vom 11. Juni 2015 - 4 S 898/13 -). Im Rahmen der Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt es daher insbesondere auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.02.2013 - 2 B 57.12 -, Juris, m.w.N.; Senatsurteil vom 11. Juni 2015 - 4 S 898/13 -; OVG Berlin-Brandeburg, Urteil vom 25.03.2014 - OVG 4 B 3.11 -, Juris, m.w.N.). Schon angesichts dieser unterschiedlichen Maßstäbe lässt der Prozentsatz einer krankheitsbedingten „MdE“ im Sinne des § 35 BeamtVG keinen Schluss für die Beantwortung der sich bei § 36 BeamtVG stellenden Frage zu, ob diese Krankheit „wesentliche“ Ursache für eine Dienstunfähigkeit war. Dementsprechend werden Unfallruhegehälter auch in Fällen gewährt, in denen der Grad der MdE unter 50 v.H. liegt (vgl. etwa schon Senatsurteil vom 20.03.1979 - IV 325/78 -, Juris). Dass der Grad der MdE im Rahmen des das Unfallruhegehalt regelnden § 36 BeamtVG unerheblich ist, zeigt ferner ein Umkehrschluss aus § 37 BeamtVG, der das „erhöhte Unfallruhegehalt“ normiert. Denn bei dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber - anders als bei jener - unter anderem das Erreichen eines bestimmten Grads der MdE zur Tatbestandsvoraussetzung erhoben (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG).
60 
Soweit der Sachverständige Prof. Dr. ... ergänzend ausgeführt hat, die unfallbedingten Störungen führten im Fall des Klägers „mit speziellem Bezug auf den Lehrerberuf“ zu einer MdE von 25 % (Gutachten vom 28.02.2013, S. 18) rechtfertigt auch das nicht den Schluss, jene Störungen seien nicht die „wesentliche“ Ursache für die Dienstunfähigkeit des Klägers. Der Sachverständige hat auch insoweit eine mathematische Bemessung der vom Kläger erlittenen Schädigungen vorgenommen, die sich ersichtlich an den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ - AHP - bzw. an der Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), orientiert (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11.06.2015 - 4 S 898/13 - und OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.03.2014 - OVG 4 B 3.11 -, Juris, m.w.N.). Der nach diesen Regelwerken ermittelte MdE-Grad lässt jedoch gerade keinen Schluss auf das Ausmaß der Leistungsfähigkeit des Betroffenen zu (vgl. Nr. 18 AHP). Er ist erst recht nicht dazu geeignet, die nicht mathematisch, sondern wertend zu beurteilende Frage zu beantworten, ob eine Erkrankung die „wesentliche“ Ursache für eine Dienstunfähigkeit war. Unabhängig davon, mit welchem MdE-Grad die beim Kläger durch den Dienstunfall verursachte posttraumatische Belastungsstörung zu bewerten ist, ist die Erkrankung jedenfalls die wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit, weil sie, wie dargelegt, dazu geführt hat, dass er nicht mehr dazu in der Lage ist, die Schule aufzusuchen und sich Unterrichtssituationen wie denen am Unterrichtstag zu stellen, mithin die Anforderungen seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen.
61 
3. Der Kläger ist wegen der durch den Dienstunfall wesentlich verursachten Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Das steht aufgrund des bestandskräftigen Zurruhesetzungsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 01.07.2010 fest.
62 
Für die Beantwortung der Frage, aus welchem Grund ein Beamter in den Ruhestand versetzt wird, entfaltet grundsätzlich die Versetzungsverfügung Feststellungswirkung für die Festsetzung der Versorgungsbezüge. Status- und Versorgungsgesetz sind systematisch darauf angelegt, ineinander zu greifen und nicht zu konträren Ergebnissen zu kommen. Dies wird dadurch sichergestellt, dass die Bindungswirkung der Versetzungsverfügung sich auch auf den Grund der Zurruhesetzung als unselbständigen Teil dieser Verfügung erstreckt (BVerwG, Urteile vom 30.04.2014 - 2 C 65.11 -, NVwZ-RR 2014, 653, und vom 25.10.2007 - 2 C 22.06 -, NVwZ-RR 2008, 193; Senatsurteile vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 - und vom 10.09.2013 - 4 S 1042/12 -, Juris). Die Versorgungsbehörde muss die Versorgungsbezüge auf der Grundlage des durch die Versetzungsverfügung rechtsverbindlich bestimmten Grundes der vorzeitigen Zurruhesetzung festsetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 133; Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -).
63 
Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall bestandskräftig und auch für das LBV bindend festgestellt, dass der Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten ist. Denn das Regierungspräsidium hat ihn mit dem Bescheid vom 01.07.2010 „nach Feststellung Ihrer Dienstunfähigkeit (…) gemäß § 26 (BeamtStG)“ mit Ablauf des 31.07.2010 in den Ruhestand versetzt.
64 
Da in der Zurruhesetzungsverfügung ausschließlich auf das amtsärztliche Gutachten vom 01.07.2010 Bezug genommen wurde, steht zugleich fest, dass gerade die in diesem Gutachten festgestellten Gesundheitsstörungen die Dienstunfähigkeit begründet haben, die zur Zurruhesetzung geführt haben (vgl. Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -). Da diese Gesundheitsstörungen, wie gezeigt, ihrerseits wesentlich durch den Dienstunfall verursacht wurden, steht fest, dass das Dienstunfall wesentliche Ursache auch für die Zurruhesetzung des Klägers war.
II.
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
66 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
67 
Beschluss vom 20.07.2016
68 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG auf 29.512,80 EUR festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs 2013: zweifacher Jahresbetrag der Differenz zwischen innegehabter und erstrebter Versorgung, hier 24 x 1.229,70 EUR ).
69 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
34 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Unfallruhegehalt zu. Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 14.07.2010 und dessen Widerspruchsbescheid vom 28.12.2011 sind rechtswidrig, soweit sie dem entgegenstehen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I.
35 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 36 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes in der zum Zeitpunkt des Dienstunfalls vom 06.04.2009 maßgeblichen Fassung vom 19.12.2000 (BeamtVG).
36 
Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 2 C 51.11 -, Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 4, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 30.04.2015 - 4 S 1882/15 -, und Senatsurteil vom 13.12.2010 - 4 S 215/10 -, Juris). Das am 01.01.2011 in Kraft getretene Landesbeamtenversorgungsgesetz (LBeamtVG) vom 09.11.2010 (GBl. 2010, S. 793, 911) enthält zwar in § 102 Abs. 4 Satz 1 eine Rückwirkungsregelung. Diese Vorschrift bestimmt, dass für die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor Inkrafttreten erlittener Dienstunfall im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung dem Dienstunfall dieses Gesetzes gleichsteht. Hieraus folgt allerdings nur, dass das Landesbeamtenversorgungsgesetz ab seinem Inkrafttreten auch bei der Beurteilung der Folgen von Alt-Unfällen anzuwenden ist. Bis zum 31.12.2010 richtet sich der Anspruch von Landesbeamten auf Unfallruhegehalt hingegen noch nach § 36 BeamtVG in der jeweils für den Zeitpunkt des Unfalls maßgeblichen Fassung (vgl. Senatsurteil vom 11.06.2015 - 4 S 898/13 -). Da der Kläger bereits mit Ablauf des 31.07.2010 in den Ruhestand versetzt wurde, hängt der Erfolg seines Klagebegehrens davon ab, ob er die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 BeamtVG erfüllt. Das ist der Fall.
37 
Ein Beamter erhält nach § 36 Abs. 1 BeamtVG Unfallruhegehalt, wenn er infolge des Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
38 
Der Gebrauch des Wortes „infolge“ in § 36 Abs. 1 BeamtVG macht deutlich, dass die Gewährung von Unfallruhegehalt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Dienstunfall, Dienstunfähigkeit und Zurruhesetzung voraussetzt. Als Ursache in diesem Sinne sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Keine Ursache im Rechtssinn sind so genannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Bei mehreren in gleichem Maße auf den Erfolg hinwirkenden Bedingungen ist jede von ihnen (Mit-)Ursache im Rechtssinne (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.04.2002 - 2 C 22.01 -, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 12, vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 -, Buchholz 232 § 46 BBG Nr. 3, vom 21.10.1964 - 6 C 132.61 -, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 22, und vom 16.01.1964 - 2 C 88.61 -, Buchholz 237.7 § 147 LBG NW Nr. 1 -; Senatsurteile vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). Hierbei genügt es, dass eine als Dienstunfallfolge anerkannte Erkrankung die wesentlich mitwirkende Teilursache für die Dienstunfähigkeit war; es ist nicht erforderlich, dass die Erkrankung der alleinige, unter Ausschluss jeglicher sonstiger Faktoren kausal gewordene Umstand gewesen ist (BVerwG, Urteil vom 01.03.2007 - 2 A 9.04 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16). Für den Nachweis des insoweit geforderten Kausalzusammenhangs trägt der Beamte die materielle Beweislast (vgl. BVerwG, vom 01.03.2007 - 2 A 9.04 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16). Dabei gelten im Dienstunfallrecht grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze (BVerwG, Urteil vom 11.02.1965 - BVerwG 2 C 11.62 -, ZBR 1965, 244). Es ist also grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 12.10.1972 - 6 B 22.72 -, Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 50; Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -).
39 
Ausgehend von diesen Maßstäben kommt dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Unfallruhegehalt zu. Er hat einen Dienstunfall erlitten (1.). Der Dienstunfall war die wesentliche Ursache für den Eintritt der Dienstunfähigkeit (2.). Der Kläger ist infolge dieser Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden (3.).
40 
1. Der Kläger hat durch den Angriff vom 06.04.2009 einen Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG erlitten. Das steht aufgrund des Bescheids des Regierungspräsidium Karlsruhe vom 28.10.2010 („Anerkennung eines Dienstunfalls“) bestandskräftig und auch für die Versorgungsbehörde bindend fest (vgl. Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -).
41 
2. Der Dienstunfall war die wesentliche Ursache für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Klägers.
42 
Der Dienstunfall hat eine Gesundheitsstörung - eine posttraumatische Störung - verursacht (a). Diese Gesundheitsstörung war im naturwissenschaftlichen Sinne kausal für den Eintritt der Dienstunfähigkeit (b). Der Dienstunfall war für den Eintritt der Gesundheitsstörung und diese für den Eintritt der Dienstunfähigkeit auch die im oben genannten Sinne „wesentliche“ Ursache (c).
43 
a) Der Dienstunfall hat eine Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet verursacht. Der Dienstunfall führte dazu, dass der Kläger unter anderen die in dem Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.10.2010 so bezeichnete „posttraumatische Stressreaktion“ erlitten hat. Auch das steht aufgrund dieses Bescheides bestandskräftig fest. Das Regierungspräsidium hat diese Kausalität verbindlich festgestellt, wie sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheids („Dieser Unfall verursachte folgende Körperschäden: […]“) ergibt (vgl. Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). Die Ursächlichkeit des Dienstunfalls für die benannten Schädigungsfolgen ist nach der Bestandskraft eines solchen Bescheids nicht mehr in Zweifel zu ziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.03.2007 - 2 A 9.04 -, Schütz BeamtR ES/C II 3.5 Nr. 16; Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -).
44 
b) Die durch den Dienstunfall verursachte Gesundheitsstörung war auch kausal für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Klägers. Das ergibt sich aus dem - insoweit allein maßgeblichen - amtsärztlichen Gutachten, das der Zurruhesetzungsverfügung vom 01.07.2010 zugrunde lag.
45 
Der zuletzt genannte Kausalzusammenhang wird in dem Zurruhesetzungsbescheid nicht ausdrücklich festgestellt. In einem solchen Fall ist die Frage, ob ein solcher Kausalzusammenhang besteht, allein anhand der Gründe der Versetzungsverfügung zu beurteilen. Nimmt diese Verfügung auf ärztliche Feststellungen Bezug, sind allein diese Feststellungen maßgeblich. Das ergibt sich bereits daraus, dass denknotwendig nur solche ärztlich festgestellte Erkrankungen für die Zurruhesetzung kausal sein können, die auch der Annahme der Dienstunfähigkeit im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens zugrunde lagen. Diese Kausalität kann sich nicht nachträglich ändern (Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -). Hinzu kommt, dass einer Verfügung, bei der im Verwaltungsverfahren und in der Begründung des Bescheids auf konkrete ärztliche Feststellungen Bezug genommen wird, auch inhaltlich die Feststellung zu entnehmen ist, dass die in diesen Feststellungen genannten Gesundheitsstörungen die Dienstunfähigkeit begründet haben (Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -).
46 
Nach diesen Grundsätzen ist für die Beantwortung der Frage, ob die durch den Dienstunfall verursachten Gesundheitsstörungen für die Dienstunfähigkeit kausal waren, allein das amtsärztliche Gutachten vom 17.03.2010 maßgeblich. Denn das Regierungspräsidium hat das Verfahren zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit allein auf das amtsärztliche Zeugnis vom 17.03.2010 gestützt und sowohl in dem Anhörungsschreiben vom 18.06.2010 als auch in der Zurruhesetzungsverfügung vom 01.07.2010 selbst allein auf dieses Gutachten Bezug genommen.
47 
Unter Zugrundelegung des amtsärztlichen Gutachtens vom 17.03.2010 steht fest, dass die durch den Dienstunfall verursachte Gesundheitsstörung für die Dienstunfähigkeit kausal war. Denn der Amtsarzt hat in dem Gutachten ohne Einschränkungen festgestellt, hauptursächlich für die Dienstunfähigkeit sei das durch den Angriff erlittene psychische Trauma, das u.a. zu Konzentrationsstörungen und vegetativen Symptomen geführt habe, die es dem Kläger unmöglich machten, einen strukturierten Unterricht zu halten.
48 
c) Der Dienstunfall war für den Eintritt der Gesundheitsstörung und diese für den Eintritt der Dienstunfähigkeit nicht nur kausal in einem rein naturwissenschaftlichen Sinne, sondern auch die „wesentliche“ Ursache.
49 
Der Dienstunfall - d.h. der Angriff des Schülers vom 06.04.2009 - hat wegen seiner besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt. Es handelte sich hierbei nicht um eine bloße Gelegenheitsursache. Bei dem Kläger bestand insbesondere keine krankhafte Veranlagung, bei der auch ein gegenüber einem Schülerangriff anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg - einem psychischen Trauma mit der Folge der Unfähigkeit zum Unterricht - geführt hätte.
50 
aa) Auch dies steht bereits aufgrund des maßgeblichen amtsärztlichen Gutachtens vom 17.03.2010 fest. Der Amtsarzt hat in dem Gutachten keine Angaben gemacht, die den Schluss zuließen, ein Trauma der hier vorliegenden Art hätte - etwa wegen der Vorerkrankungen des Klägers - auch durch einen anderen Unfall als einen Schülerangriff ausgelöst werden können. Das folgt bereits daraus, dass der Amtsarzt die ihm bekannten - und noch im Gutachten vom 25.09.2008 als nicht beeinträchtigend eingeordneten - Vorerkrankungen des Klägers in dem der Zurruhesetzung zugrunde liegenden Gutachten vom 17.03.2010 nicht erwähnt, sondern dort ausschließlich auf den Angriff als Ursache des Traumas abgestellt hat.
51 
Unabhängig davon bieten die Ausführungen des Amtsarztes im Gutachten vom 17.03.2010 auch sonst keinen Anhaltspunkt für die Annahme, eine andere Ursache als der Angriff des Schülers könne die wesentliche Ursache für das Trauma gewesen sein. Amtsarzt ... hat in dem Gutachten dargelegt, der Kläger sei „fixiert auf das dramatische Ereignis vom 06.04.2009“, seine Gedanken kreisten immer wieder um möglicherweise noch schlimmere Folgen des Übergriffs durch den Schüler, gleichzeitig mache er sich aber auch Vorwürfe, ob er sich als Lehrer denn richtig verhalten habe. Aus amtsärztlicher Sicht leide er schwer an den psychischen Folgen des traumatischen Ereignisses an seiner Schule. Nach diesen amtsärztlichen Feststellungen hat gerade der Schülerangriff mit seinen in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen auf den Kläger an dem Eintritt des Traumas wesentlich mitgewirkt.
52 
bb) Keine andere Bewertung ergibt sich aus dem Umstand, dass Amtsarzt ... später - im Widerspruch zu seinem Gutachten vom 17.03.2010 - ausgeführt hat, bei dem Kläger liege „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ (doch) keine posttraumatische Belastungsstörung vor, sondern eine Persönlichkeitsstörung, die ihre Ursachen in subjektiv wahrgenommenen Kränkungen am Arbeitsplatz habe. Diese Ausführungen im amtsärztlichen Zeugnis vom 21.04.2011 sind bereits aus rechtlichen Gründen unbeachtlich. Denn aufgrund der genannten Bindungswirkung der Zurruhesetzungsverfügung (vgl. oben b) ist es unzulässig, nach der erfolgten Zurruhesetzung die Diagnosen, mit denen die Dienstunfähigkeit begründet wurde, auszutauschen (Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -).
53 
Unabhängig davon ist das amtsärztliche Zeugnis vom 21.04.2011 auch inhaltlich nicht dazu geeignet, die amtsärztliche Einschätzung vom 17.03.2010 zu erschüttern. Amtsarzt ... hat sich in seinem Gutachten vom 21.04.2011 allein auf das Zusatzgutachten von Dr. ... gestützt. Dessen Gutachten ist aber keine taugliche Beurteilungsgrundlage. Das folgt schon daraus, dass dieses Gutachten, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, widersprüchlich ist. Denn Dr. ... hat darin einerseits erklärt, es hätte „natürlich“ einer weiteren Exploration bedurft, um die Beweisfragen zu beantworten, sich dann aber doch ohne eine solche Exploration zur Beantwortung der ihm gestellten Fragen in der Lage gesehen. Es bedarf daher keiner weiteren Ausführungen dazu, ob der vom Kläger sinngemäß erhobene Vorwurf, Dr. ... sei voreingenommen gewesen, berechtigt ist.
54 
cc) Die Wesentlichkeit des Dienstunfalls für die Dienstunfähigkeit wird auch nicht durch die Gutachten des vom Verwaltungsgericht befragten Sachverständigen Prof. Dr. ... in Frage gestellt.
55 
(1) Die Gutachten wurden am 28.02. bzw. 30.07.2013 erstellt. Sie sind nach dem zuvor Gesagten bereits aus zeitlichen Gründen nicht dazu geeignet, den der Zurruhesetzungsverfügung vom 01.07.2010 zugrunde gelegten Kausalitätszusammenhang nachträglich in Frage zu stellen.
56 
(2) Unabhängig davon bieten die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. ... auch inhaltlich keinen Anlass, den Dienstunfall nicht als die wesentliche Ursache der Dienstunfähigkeit anzusehen.
57 
Der Sachverständige hat dargelegt, dass der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung oder, in anderen Worten, unter einer ängstlich-depressiven erlebnisreaktiven Reaktion leidet. Bedingung für das spätere Wiedererleben, für die Alpträume und auch für Befürchtungen vor einem erneuten Auftreten der Symptomatik mit Vermeiden der Situationen, sei das Überfallereignis vom 06.04.2009 (d.h. der Dienstunfall). Durch das Erleben und den damit verbundenen Affekt seien die Angst und das Wiedererleben konditioniert worden. Es handele sich um eine Art des pathologischen Lernens oder „Nichtvergessenkönnens“, die nicht auf die zusätzlich bestehende depressive Episode zurückzuführen sei oder auf Persönlichkeitseigenschaften des Klägers. Damit ist auch Prof. Dr. ... der Sache nach davon ausgegangen, dass das Trauma nicht etwa wesentlich auf die depressive Erkrankung des Klägers zurückzuführen war und nur „gelegentlich“ des Schülerangriffs ausgelöst wurde, sondern dass - im ersten Schritt der Kausalkette - der Dienstunfall wesentliche Ursache für das Entstehen dieses Traumas war.
58 
Dass das Trauma - und nicht andere Erkrankungen - im zweiten Schritt der Kausalkette auch die wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit des Klägers war, wird durch das Gutachten von Prof. Dr. ... ebenfalls bestätigt. Den Begriff der „Dienstunfähigkeit“ verwendet § 36 Abs. 1 BeamtVG im statusrechtlichen Sinne (Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist der Beamte dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Maßstab dafür ist das funktionelle Amt im abstrakten Sinne bei einer bestimmten Behörde ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.1990 - 2 C 18.89 -, Buchholz 237.6 § 56 Nds LBG Nr. 1; Senatsurteil vom 04.10.2012 - 4 S 704/10 -). An diesem Maßstab gemessen war die posttraumatische Belastungsstörung des Klägers - und nicht dessen weitere Erkrankungen - auch nach den Ausführungen von Prof. Dr. ... die wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung. Denn der Sachverständige hat dargelegt, dass der Kläger wegen dieser Belastungsstörung - nicht etwa wegen seiner Erkrankung aus dem depressiven Formenkreis - unter Ängsten und Wiedererlebnissen leidet, die unter anderem „zur Unfähigkeit, die Schule aufzusuchen, ähnliche Tätigkeiten wie beim Überfall auszuführen“ führt (Gutachten vom 28.02.2013, S. 18). Daraus ergibt sich, dass der Kläger gerade wegen dieses Traumas nicht in der Lage ist (und zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung nicht in der Lage war), das abstrakt-funktionelle Amt eines Realschullehrers an seiner damaligen Schule auszuüben.
59 
Nichts anderes folgt aus dem vom Verwaltungsgericht hervorgehobenen Umstand, dass der Sachverständige Prof. Dr. ... in seinem Gutachten vom 28.02.2013 ausgeführt hat, die nicht unfallbedingte depressive Episode sei „beeinträchtigender“ als die unfallbedingte psychische Störung gewesen. Dieses Zitat führt im vorliegenden, allein das Unfallruhegehalt (§ 36 BeamtVG) betreffenden Fall nicht weiter. Denn die vom Sachverständigen angesprochene „Beeinträchtigung“ bezieht sich nicht auf das im Rahmen des § 36 BeamtVG, wie dargelegt, maßgebliche abstrakt-funktionelle Amt eines Realschullehrers an der betroffenen Schule, sondern auf die in § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG angesprochene „Beeinträchtigung“. § 35 BeamtVG regelt die Voraussetzungen für die Gewährung eines Unfallausgleichs. Nach dieser Vorschrift erhält ein Beamter, der einen Dienstunfall erlitten hat und infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich (§ 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG nach der körperlichen „Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben“ zu beurteilen. Maßstab ist damit die Fähigkeit, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.2000 - 2 C 27.99 -, und Beschluss vom 25.02.2013 - 2 B 57.12 -, Juris; Senatsurteil vom 11. Juni 2015 - 4 S 898/13 -). Im Rahmen der Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt es daher insbesondere auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.02.2013 - 2 B 57.12 -, Juris, m.w.N.; Senatsurteil vom 11. Juni 2015 - 4 S 898/13 -; OVG Berlin-Brandeburg, Urteil vom 25.03.2014 - OVG 4 B 3.11 -, Juris, m.w.N.). Schon angesichts dieser unterschiedlichen Maßstäbe lässt der Prozentsatz einer krankheitsbedingten „MdE“ im Sinne des § 35 BeamtVG keinen Schluss für die Beantwortung der sich bei § 36 BeamtVG stellenden Frage zu, ob diese Krankheit „wesentliche“ Ursache für eine Dienstunfähigkeit war. Dementsprechend werden Unfallruhegehälter auch in Fällen gewährt, in denen der Grad der MdE unter 50 v.H. liegt (vgl. etwa schon Senatsurteil vom 20.03.1979 - IV 325/78 -, Juris). Dass der Grad der MdE im Rahmen des das Unfallruhegehalt regelnden § 36 BeamtVG unerheblich ist, zeigt ferner ein Umkehrschluss aus § 37 BeamtVG, der das „erhöhte Unfallruhegehalt“ normiert. Denn bei dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber - anders als bei jener - unter anderem das Erreichen eines bestimmten Grads der MdE zur Tatbestandsvoraussetzung erhoben (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG).
60 
Soweit der Sachverständige Prof. Dr. ... ergänzend ausgeführt hat, die unfallbedingten Störungen führten im Fall des Klägers „mit speziellem Bezug auf den Lehrerberuf“ zu einer MdE von 25 % (Gutachten vom 28.02.2013, S. 18) rechtfertigt auch das nicht den Schluss, jene Störungen seien nicht die „wesentliche“ Ursache für die Dienstunfähigkeit des Klägers. Der Sachverständige hat auch insoweit eine mathematische Bemessung der vom Kläger erlittenen Schädigungen vorgenommen, die sich ersichtlich an den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ - AHP - bzw. an der Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), orientiert (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11.06.2015 - 4 S 898/13 - und OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.03.2014 - OVG 4 B 3.11 -, Juris, m.w.N.). Der nach diesen Regelwerken ermittelte MdE-Grad lässt jedoch gerade keinen Schluss auf das Ausmaß der Leistungsfähigkeit des Betroffenen zu (vgl. Nr. 18 AHP). Er ist erst recht nicht dazu geeignet, die nicht mathematisch, sondern wertend zu beurteilende Frage zu beantworten, ob eine Erkrankung die „wesentliche“ Ursache für eine Dienstunfähigkeit war. Unabhängig davon, mit welchem MdE-Grad die beim Kläger durch den Dienstunfall verursachte posttraumatische Belastungsstörung zu bewerten ist, ist die Erkrankung jedenfalls die wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit, weil sie, wie dargelegt, dazu geführt hat, dass er nicht mehr dazu in der Lage ist, die Schule aufzusuchen und sich Unterrichtssituationen wie denen am Unterrichtstag zu stellen, mithin die Anforderungen seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen.
61 
3. Der Kläger ist wegen der durch den Dienstunfall wesentlich verursachten Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Das steht aufgrund des bestandskräftigen Zurruhesetzungsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 01.07.2010 fest.
62 
Für die Beantwortung der Frage, aus welchem Grund ein Beamter in den Ruhestand versetzt wird, entfaltet grundsätzlich die Versetzungsverfügung Feststellungswirkung für die Festsetzung der Versorgungsbezüge. Status- und Versorgungsgesetz sind systematisch darauf angelegt, ineinander zu greifen und nicht zu konträren Ergebnissen zu kommen. Dies wird dadurch sichergestellt, dass die Bindungswirkung der Versetzungsverfügung sich auch auf den Grund der Zurruhesetzung als unselbständigen Teil dieser Verfügung erstreckt (BVerwG, Urteile vom 30.04.2014 - 2 C 65.11 -, NVwZ-RR 2014, 653, und vom 25.10.2007 - 2 C 22.06 -, NVwZ-RR 2008, 193; Senatsurteile vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 - und vom 10.09.2013 - 4 S 1042/12 -, Juris). Die Versorgungsbehörde muss die Versorgungsbezüge auf der Grundlage des durch die Versetzungsverfügung rechtsverbindlich bestimmten Grundes der vorzeitigen Zurruhesetzung festsetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 133; Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -).
63 
Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall bestandskräftig und auch für das LBV bindend festgestellt, dass der Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten ist. Denn das Regierungspräsidium hat ihn mit dem Bescheid vom 01.07.2010 „nach Feststellung Ihrer Dienstunfähigkeit (…) gemäß § 26 (BeamtStG)“ mit Ablauf des 31.07.2010 in den Ruhestand versetzt.
64 
Da in der Zurruhesetzungsverfügung ausschließlich auf das amtsärztliche Gutachten vom 01.07.2010 Bezug genommen wurde, steht zugleich fest, dass gerade die in diesem Gutachten festgestellten Gesundheitsstörungen die Dienstunfähigkeit begründet haben, die zur Zurruhesetzung geführt haben (vgl. Senatsurteil vom 24.03.2015 - 4 S 2562/13 -). Da diese Gesundheitsstörungen, wie gezeigt, ihrerseits wesentlich durch den Dienstunfall verursacht wurden, steht fest, dass das Dienstunfall wesentliche Ursache auch für die Zurruhesetzung des Klägers war.
II.
65 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
66 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
67 
Beschluss vom 20.07.2016
68 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG auf 29.512,80 EUR festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs 2013: zweifacher Jahresbetrag der Differenz zwischen innegehabter und erstrebter Versorgung, hier 24 x 1.229,70 EUR ).
69 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … geborene Kläger begehrt die Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).

Der Kläger erlitt am … 1959 als Polizeibeamter einen Verkehrsunfall, welcher mit Bescheid vom 20. April 1960 als Dienstunfall anerkannt wurde (Akte Teil 1 Bl. 2). Als Körperschäden wurden zunächst eine Unterschenkelfraktur links und eine Platzwunde am linken Sprunggelenk anerkannt.

Mit Bescheid vom 9. Juli 1976 wurde dem Kläger rückwirkend ab 1. Januar 1973 eine MdE von 25 von Hundert zuerkannt (Akte 0 Bl. 52). Der Beklagte stützte sich dabei auf die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei vom … Juni 1976 (Akte 0 Bl. 51).

Mit Bescheid vom 29. Januar 1981 wurde dem Kläger ab 1. Dezember 1979 eine MdE von 40 von Hundert, gestützt auf eine amtsärztliche Stellungnahme vom … Dezember 1980, gewährt (Akte 0 Bl. 88).

Mit Bescheid vom 18. März 1986 wurden die anerkannten Unfallfolgen um eine Arthrose am linken Sprunggelenk erweitert (Akte Teil 1 Bl. 95).

Mit Bescheid vom 1. Juni 1987 wurden die anerkannten Unfallfolgen um eine Coxarthrose (Hüftgelenksarthrose) rechts sowie eine Großzehengrundgelenksarthrose links erweitert (Akte Teil 1 Bl. 116).

Für die Zeit ab 26. November 1986 schätzte der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei die unfallbedingte MdE auf 50 von Hundert, welche durch Bescheid vom 23. Februar 1987 festgesetzt wurde (Akte 0 Bl. 124 ff.). Er legte dabei eine Coxarthrose rechts infolge einer Fehlbelastung bei Sprunggelenksarthrose mit einer Einzel-MdE von 20 von Hundert, eine posttraumatische Arthrose des linken oberen Sprunggelenks mit einer Einzel-MdE von 20 von Hundert und eine Großzehengrundgelenksarthrose links infolge einer Fehlbelastung bei Sprunggelenksarthrose mit einer Einzel-MdE von 10 von Hundert zugrunde.

Mit Ablauf des 31. Dezember 1993 wurde der Kläger altersbedingt pensioniert.

Am … Juli 2006 implantierte die … GmbH beim Kläger eine Sprunggelenksendoprothese links.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2007 erfolgte eine Erweiterung der Dienstunfallfolgen um eine Nervus peronaeus-Endastläsion links und eine Nervus tibialis-Endastirritation links (Akte Teil 5 Bl. 766 f.).

Laut des Gutachtens vom ... November 2007 von Dr. med. H … seien eine posttraumatische Arthrose linkes oberes Sprunggelenk nach distaler Unterschenkelfraktur links, eine sekundäre Fußwurzelversteifung links mit Krallenzehenbildung und Hallux rigidus, ein endoprothetischer Gelenkersatz im oberen Sprunggelenk links, eine sensible Endastschädigung im Nervus peronaeus und tibialis und eine chronische Überlastungsperiostose am rechten großen Rollhügel (Hüfte) die Dienstunfallfolgen (Akte 0 Bl. 203 ff.). Unfallfremd seien die Coxarthrose links, die Periarthropathie in der rechten Schulter und das degenerative HWS- und LWS-Syndrom mit Bewegungseinschränkung. Wegen des Fehlens eines beweisenden Erstklinikberichts könnten die anerkannten Unfallfolgen nicht um eine AS-Ruptur erweitert werden. Die Zerstörung des oberen Sprunggelenks sei als sicher anzunehmen. Eine besondere Hervorhebung der Großzehengrundgelenkarthrose halte er nicht für notwendig, diese sei seines Erachtens in der funktionellen Einsteifung des Gesamtfußes enthalten. Er sehe keinen Grund, die MdE von 30% wegen der Versteifung des oberen Sprunggelenks und unteren Sprunggelenks zu ändern. Wegen der zunehmenden Schmerzhaftigkeit des teilversteiften oberen Sprunggelenks müsse die MdE ab Oktober 1992 auf 40% angehoben werden. Das seit der implantierten Endoprothese verbesserte Gehen wegen der freieren Dorsalextension im oberen Sprunggelenk werde durch die vermutlich anhaltenden Dysästhesien (Empfindungsstörungen) durch Endastirritation bzw. -läsion der Nerven peronaeus und tibialis im Fußbereich kompensiert. Die degenerativen Prozesse in den Hüftgelenken ständen in keinem Zusammenhang mit dem Dienstunfall. Eine Gelenkarthrose entstehe aus innerlicher Schwäche, lokalen Fehlstellungen oder direkten Schadenseinflüssen, nicht aus einer einseitigen Mehr- oder Fehlbelastung. Wenn eine Fernwirkung vom linken Fuß auf das rechte Hüftgelenk nachweisbar wäre, müsste sich dieses ganz deutlich vom linken unterscheiden und in den mehr als 20 Jahren seit der ersten Erwähnung verschlechtert haben, was hier nicht der Fall sei. Die echte Ursache der rechtsbetonten, beginnenden Coxarthrose könne er nicht klären, halte sie jedoch mit Sicherheit für dienstunfallunabhängig. Durch die jahrzehntelange, schmerzbedingte Schonung des linken Unterbeins habe sich auf der Gegenseite am rechten Becken eine gewebliche Überlastungsveränderung in Form einer tastbaren, sehr druckschmerzhaften, im Bild mäßig deutlich darstellbaren Tendoperiostose am großen Rollhügel eingestellt. Die dienstunfallbedingte Grund-MdE werde davon nicht beeinflusst. Dienstunfallfremd sei eine vermutlich lange zurückliegende Verletzung des rechten Schultereckgelenks mit verbliebener Armhebe- und dreheinschränkung. Die Tendoperiostose am rechten Rollhügel solle die Stelle der Coxarthrose rechts bei den anerkannten dienstunfallbedingten Körperschäden einnehmen. Diese führe zu keiner messbaren Einzel-MdE. Für eine zusätzliche Erweiterung sehe er keinen Anlass. Eine MdE von 50% sei aus seiner Sicht nicht begründet. Vermutlich sei sie aus der Gesamt-GdB des Versorgungsamtes München II übernommen worden. Die dienstunfallbedingte MdE schätze er anhaltend und auf Dauer bei 40%. Die Endoprothesenimplantation habe den MdE-Wert nicht gesenkt.

In einem Schreiben des Gesundheitsamts des Landratsamts … vom 22. November 2007 werden die Einschätzungen Dr. H … bestätigt (Akte 0 Bl. 213). Die Coxarthrose rechts sei als dienstunfallfremd einzuordnen. Die Diagnose „Tendoperiostose am rechten Rollhügel“ sei neu einzufügen.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Coxarthrose rechts in keinem Zusammenhang mit dem anerkannten Dienstunfall stehe. Somit sei der Erweiterungsbescheid vom 1. Juli 1987 teilweise rechtswidrig und teilweise zurückzunehmen (Akte 0 Bl. 214 ff.). Nach den Feststellungen Dr. H … sei eine MdE von 50 von Hundert durch die ermittelten Befunde und die einschlägige, medizinische Fachliteratur nicht abgesichert. Ein solcher MdE-Wert habe nie vorgelegen.

Auf Grundlage des Gutachtens vom ... November 2007 von Dr. H … und der Stellungnahme des Landratsamts … vom 22. November 2007 wurde durch Bescheid vom 21. Mai 2008 die MdE auf 40 von Hundert ab 1. Juni 2008 festgesetzt (Akte 0 Bl. 218 f.).

In einer Stellungnahme vom … September 2008 führte Dr. H … aus, dass die Voraussetzungen dafür, bei den Unfallfolgen eine Tendoperiostose anzusetzen, entfielen, da der Beklagte die Coxarthrose rechts aufgrund der spärlichen Befunde zum Zeitpunkt der Anerkennung im Juni 1987 nicht aberkannt habe (Akte 0 Bl. 234 ff.). Die Tendoperiostose gehöre durchaus zum Symptomkreis einer Coxarthrose, sei darin enthalten und brauche nicht getrennt aufgeführt werden. Eine zusätzliche, in einem messbaren MdE-Wert sich darstellende Auswirkung habe sie nicht. Die Herabsetzung der bisherigen MdE beruhe auf in der Literatur aufgeführten, einheitlichen Tabellen. Diese bewerteten eine totale Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks mit 30%, wobei jede Art von Schmerzgrad inbegriffen sei. 1975 sei die Sprunggelenksarthrose mit 25% festgelegt worden, 1983 habe das chirurgische Gutachten des Klinikums … das obere Sprunggelenk mit einem Einzel-Grad der Behinderung (GdB) von 30% bewertet. Leider sei die nötige Unterscheidung zwischen der MdE und dem oft höher eingestuften GdB verwischt worden. 1987 sei es beim Kläger ohne nähere Begründung zu der nicht gerechtfertigten Erhöhung auf 50% gekommen, welche aus medizinischer Sicht für den Zustand des verletzten linken Sprunggelenks nicht korrekt gewesen sei. Vertretbar wäre nur die Weiterführung der MdE von 30% gewesen. Der Wert von 40% entspreche dem aktuellen Zustand des Fußes. Weder die Coxarthrose noch die Rollhügel-Tendoperiostose führten zu einem messbaren Einzel-MdE-Wert.

Eine dagegen erhobene Klage beim Verwaltungsgericht München (Az.: M 5 K 10.5058) nahm der Kläger nach einem von ihm selbst eingeholten orthopädischen Gutachten vom … Juli 2009 am 15. Oktober 2010 wieder zurück, was zu einer Einstellung des Verfahrens durch Beschluss vom 25. Oktober 2010 führte.

Laut dem Gutachten vom … Juli 2009 des Direktors der Orthopädischen Klinik … Prof. Dr. … H … könne sich dieser der Beurteilung Dr. H … bzgl. einer MdE von 40% uneingeschränkt anschließen (Akte 0 Bl. 257 ff.). Das rechte Hüftgelenk zeige auf Röntgenaufnahmen Hinweise auf eine leichte Hüftdysplasie und damit einen anlagebedingten Vorschaden, welcher unfallunabhängig sei. Er könne sich nicht der Einschätzung anschließen, die Mitte der 80er Jahre eine einseitige Hüftarthrose rechts als sekundäre Unfallfolge anerkannt habe.

Gemäß einem amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes des Landratsamtes … vom 18. Januar 2012 beträgt der Gesamt-MdE 40 von Hundert (Akte 0 Bl. 279 f.). Mit einer wesentlichen Veränderung sei nicht zu rechnen.

Mit Schreiben vom ... Februar 2016 beantragte der Kläger eine Neubewertung seiner MdE. Sein Gesundheitszustand habe sich als Folge des Dienstunfalles in den vergangenen Jahren sukzessive verschlechtert (Akte Teil 9 Bl. 1332 f.). Besonders die Folge der Implantation der Endoprothese im linken Sprunggelenk mache sich zunehmend negativ bemerkbar. Die Coxarthrose, die Hammerzehenbildung der versteiften Zehengelenke links und die durch die OP verursachte Endastschädigung schränke seinen Gesundheitszustand immer mehr ein. Die tägliche erforderliche Einnahme von Schmerz- und Schlafmitteln und die daraus resultierenden Nebenwirkungen wirkten sich sukzessive immer stärker aus. Auch im Hinblick auf die ungerechte Rückstufung seiner MdE durch den Bescheid vom 21. Mai 2008 hoffe er, dass die damalige Entscheidung revidiert werde.

Am ... März 2016 fand die Nachuntersuchung statt.

Mit Gutachten des Amtsarztes Dr. M … vom … März 2016 stellte dieser fest, dass aufgrund der Untersuchung vom ... März 2016 eine MdE von 40 von Hundert noch als ausreichend einzustufen sei (Akte 0 Bl. 282 f.).

Mit Schreiben vom 30. März 2016 wurde dem Kläger infolge der Ergebnisse der Nachuntersuchung mitgeteilt, dass sich keine Änderungen beim Unfallausgleich ergeben hätten. Unfallunabhängig hätten sich insbesondere die Bewegungsausmaße am rechten Sprunggelenk und an den beiden Kniegelenken massiv gegenüber den Vorgutachten verschlechtert (Akte 0 Bl. 284). Diese seien jedoch nicht als Dienstunfallfolgen anerkannt und stünden nach den bisherigen Gutachten auch nicht im Zusammenhang mit dem Ereignis vom ... Juli 1959. Bei der Einstufung könnten nur die dienstunfallbedingten Körperschäden und deren derzeitige Folgen berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom ... April 2016 legte der Kläger den Änderungsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom … März 2016 vor. Laut diesem beträgt der Grad der Behinderung des Klägers 80, zudem erfüllt der Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ (Akte Teil 9 Bl. 1345 f.). Der Einzel-GdB für die Funktionsbehinderung des oberen Sprunggelenks links mit künstlichem Gelenkersatz, die Funktionsbehinderung des unteren Sprunggelenks links, die Funktionsstörung durch die Zehenfehlform und die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke beträgt 50.

Mit Schreiben des Beklagten vom 11. April 2016 teilte dieser dem Kläger mit, dass der Grad der Behinderung (GdB) mit dem Grad der MdE nicht vergleichbar und weitreichender sei. Zudem seien weder die Coxarthrose links noch die Funktionsstörung durch die Zehenfehlform als Dienstunfallfolgen anerkannt. Im Gutachten von Dr. H … sei es primär darum gegangen, ob die bisherigen Dienstunfallfolgen zu erweitern seien. Dies sei mit Ausnahme der Nervenschädigungen und Nervenirritationen verneint worden. Zur Beurteilung der MdE würden die Bewegungsausmaße herangezogen. Diese zeigten sich verschlechtert, im Gesamtkontext sei aber eine MdE mit 40 von Hundert ausreichend.

Mit Schreiben vom … April 2016 legte der Kläger Widerspruch ein (Akte Teil 9 Bl. 1352 f.). Er erkenne das Untersuchungsergebnis vom … März 2016 nicht an, da eine Untersuchung, die zu einer gutachterlichen Befundung nötig gewesen wäre, nicht stattgefunden habe. Die vom Gesundheitsamt erhobenen Messdaten ließen keinen Vergleich mit denen aus den Jahren 2007 und 2012 zu. Dr. H … habe in seinem Gutachten von 2007 die Verletzung des oberen Sprunggelenks als Zerstörung bezeichnet. Er spreche in seiner Beurteilung von einer funktionellen Einsteifung des Gesamtfußes und einem schmerzhaften bewegungsgeminderten Großzehengelenk. Dr. M … setze dem Messdaten von 5 - 110 bzw. von 30 - 30 entgegen. Zudem sei im amtsärztlichen Gutachten vom … Januar 2012 auch eine Großzehengelenksarthrose als dienstunfallbedingt attestiert worden. Darüber hinaus würden sowohl das Zentrum Bayern Familie und Soziales als auch der Beklagte nach der GdB/GdE Tabelle werten. Zudem werde nicht berücksichtigt, dass bei dem vorliegenden Verletzungsgrad des Oberschenkelgelenks grundsätzlich auch das Unterschenkelgelenk zerstört sei. Die Versteifung und Krallenbildung blieben völlig unberücksichtigt. Zudem müsse das Alter des Klägers berücksichtigt werden. Er reklamiere für seine Person, dass gerade im Hinblick auf sein Alter und seine insgesamt sehr fragliche Behandlung in der Vergangenheit, wie es in der allgemeinen Rechtsprechung auch gelte, im Zweifelsfall zu seinen Gunsten entschieden werde.

Mit Schreiben vom 20. April 2016 führte der Beklagte aus, dass im Rahmen der Neubewertung auch eine Vermessung der aktuellen Werte vorgenommen worden sei (Akte Teil 9 Bl. 1350 f.). Diese seien dann mit den Werten des Gutachtens von Dr. H … verglichen worden. Nach Eingang des Gutachtens vom … März 2016 habe man eine nochmalige Sichtung der dokumentierten Daten vorgenommen und habe die Angaben im Gutachten als abgedeckt gesehen und bestätigt.

Mit Schreiben vom 21. April 2016 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Coxarthrose links und die Funktionsstörung der Zehenfehlform (Krallenzehen) von Dr. H … nicht als Dienstunfallfolge gesehen worden sei. Es ergebe sich eine Abweichung von der Einstufung des Zentrums Bayern Familie und Soziales, da die von diesem angeführten Körperschäden/Befunde nicht alle als Dienstunfallfolgen anerkannt seien. Die Versteifung sei mit 30 von Hundert bewertet und übernommen worden. Somit könne nicht von einer Nichtberücksichtigung gesprochen werden. Die Beurteilung der MdE erfolge altersunabhängig. Eine „Alterskomponente“ sei rechtlich nicht vorgesehen (Akte Teil 9 Bl. 1354 f.).

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2016 wies der Beklagte den Widerspruch vom … April 2016 zurück (Akte Teil 9 Bl. 1358 ff.). Für die Beurteilung der MdE sei die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) zugrunde zu legen. Aus dem Gutachten des Amtsarztes des Landratsamts … vom 22. März 2016 ergebe sich, dass eine MdE mit 40 von Hundert als ausreichend eingestuft sei. Laut des Gutachtens sei der Kläger am ... März 2016 amtsärztlich untersucht und begutachtet worden. Der Kläger werde alle zwei Jahre wegen der Prüfung der Voraussetzungen für die Durchführung einer Heilmaßnahme nach den §§ 2, 4 und 7 BayHeilvfV am Gesundheitsamt in … untersucht und somit wisse der Amtsarzt genau über die körperlichen Beeinträchtigungen Bescheid.

Mit Schreiben vom … Juni 2016 reichte der Kläger eine Petition beim Bayerischen Landtag ein.

Mit Schreiben vom … Juni 2016, eingegangen am 27. Juni 2016, erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 2016 zu verpflichten, dem Antrag des Klägers vom *. Februar 2016 auf Neubewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 auf 50 von Hundert zu entsprechen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte entgegen des Vorschlags des Obergutachters Dr. H … die fachärztlich diagnostizierte Coxarthrose rechts als unfallabhängig bewertet habe und dennoch die MdE von 50 auf 40 von Hundert abgestuft habe. Dies sei widersprüchlich. Zudem blieben alle weiteren anerkannten Körperschäden, einschließlich der altersbedingten Auswirkungen bei der Bewertung der MdE ohne jede Anerkennung. Auch wenn keine Addition der Einzelwerte vorgesehen sei, könnten diese nicht gänzlich unbeachtet bleiben. Besonders die Versteifung der Zehen mit Krallenbildung links und die durch die OP bedingten Nervenschädigungen ergäben nach der GdB/GdE-Tabelle einen Einzelwert von 30 von Hundert. Es sei auch beachtlich, dass dem Kläger vom Zentrum Bayern Familie und Soziales durch Bescheid von … März 2016 bezüglich der Dienstunfallverletzungen ein Einzel-Grad der Behinderung von 50 von Hundert zuerkannt worden sei. Des Weiteren habe im Rahmen der Nachuntersuchung am ... März 2016 keine Untersuchung im tatsächlichen Sinne stattgefunden. Die vom Arzt im beigefügten Merkblatt gewonnenen Daten seien bei vollständiger Bekleidung des Klägers unter nicht zu beschreibenden Zuständen erhoben worden. Abschließend habe der Arzt erklärt, er werde noch Einblick in das umfassende Aktenbündel nehmen. Diesem Untersuchungsergebnis dürfe keinesfalls eine so bedeutende Entscheidungshilfe beigemessen werden.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2015 beantragte der Beklagte, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klageantrag des Klägers zu unbestimmt sei, da unklar sei, ab welchem Zeitpunkt er den höheren Unfallausgleich anstrebe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit beurteile sich gemäß Art. 52 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG nach der körperlichen Beeinträchtigung im Erwerbsleben. Ausgangspunkt seien die durch den Dienstunfall vom ... Juli 1959 verursachten festgestellten Körperschäden. Ein Vergleich der Messwerte laut dem Gutachten von Prof. Dr. … H … vom … Juli 2009 und laut des Schreibens des Landratsamts vom 22. März 2016 zeige eine Verschlechterung der Werte für die unteren Gliedmaßen, insbesondere im Hinblick auf die linke Körperseite. Einschränkungen der Beweglichkeit des linken Hüftgelenks hätten ihre Ursache jedoch nicht in einem dienstunfallbedingten Körperschaden. Verschlechterungen der Bewegungsausmaße führten nicht zwingend zu einer höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit, da gemäß VersMedV Anlage Teil A: Allgemeine Grundsätze Nr. 2 Buchstabe c physiologische Veränderungen im Alter bei der Beurteilung des Grads der Behinderung und des Grads der Schädigungsfolgen nicht zu berücksichtigen seien. Als solche Veränderungen seien die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickelten, d. h. für das Alter nach Art und Umfang typisch seien. Gemäß VersMedV Anlage Teil B: GdS-Tabelle N. 18.12 (Endoprothesen) Stichwort „Oberes Sprunggelenk“ betrage bei einer einseitigen Endoprothese, wie beim Kläger, der Grad der Schädigungsfolgen mindestens 10. In Nr. 18.14 (Schädigung der unteren Gliedmaßen) fänden sich für Bewegungseinschränkungen des Hüftgelenks geringen Grades, etwa Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 wie beim Kläger, ein Wert von 10-20, für Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk, je nach deren Grad, Werte bis 20, für Bewegungseinschränkungen im unteren Sprunggelenk ein Wert bis zu 10, für Zehenversteifungen Werte bis 20 und für einen vollständigen Ausfall des Nervus peronaeus und des Nervus tibialis jeweils ein Wert von 30, wobei Teilausfälle der genannten Nerven, wie beim Kläger, entsprechend geringer zu bewerten seien. Nach VersMedV Anlage Teil A: Allgemeine Grundsätze Nr. 3 dürften bei der Ermittlung des Gesamtgrads der Schädigungsfolgen die einzelnen Werte nicht addiert werden, maßgebend seien die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei tendenziell niedriger zu bewerten als der Grad der Schädigungsfolgen oder der Grad der Behinderung, da die in der VersMedV Anlage Teil B: GdS-Tabelle genannten Werte die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen zum Inhalt hätten, nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben (VersMedV Anlage Teil A: Allgemeine Grundsätze Nr. 2 Buchstabe a) und es beim Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nur um einen Ausschnitt aus allen Lebensbereichen gehe. Die Einschätzung des Landratsamts … vom 22. März 2016 mit einem MdE von 40 von Hundert sei gegenüber der Einschätzung des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom … März 2016 mit einem Grad der Behinderung von 50 nachvollziehbar und überzeugend, da das Zentrum Bayern Familie und Soziales auch die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke berücksichtigt habe, die im Rahmen der MdE durch Dienstunfallfolgen, bei der nur die Coxarthrose rechts anerkannt worden sei, keine Rolle spiele.

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 wurde Herr Dr. M … als sachverständiger Zeuge vernommen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Erhöhung des Unfallausgleichs und Neufestsetzung der durch den Dienstunfall vom ... Juli 1959 bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Auf die vorliegende Verpflichtungsklage ist das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, berichtigt S. 764), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (GVBl. S. 399) anzuwenden. Denn nach Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG steht für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall im Sinn des Beamtenversorgungsgesetzes in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall im Sinn des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes gleich. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der am ... Juli 1959 erlittene Dienstunfall des Klägers mit Bescheid vom 20. April 1960 gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG anerkannt wurde.

Gem. Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG erhält ein Beamter, der infolge eines Dienstunfalls in der Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 von Hundert beschränkt ist, neben der Besoldung einen Unfallausgleich in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 4 BVG, solange dieser Zustand andauert. Eine unfallunabhängige Minderung der Erwerbsfähigkeit bleibt außer Betracht, Art. 52 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG. Die Vorschriften stimmen inhaltlich mit den bis 31. Dezember 2010 geltenden Normen des § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG überein. Gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der seit dem Dienstunfall unverändert gültigen Fassung erhält ein verletzter Beamter, der infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt Unfallausgleich, solange dieser Zustand andauert. Wesentlich ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, wenn sie wenigstens 25 v.H. beträgt. Dies folgt aus der Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG auf § 31 Bundesversorgungsgesetz (Weinbrenner in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, § 35 Rn. 36).

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (im Folgenden: MdE) ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Dabei handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Erwerbsfähigkeit ist die Kompetenz des Verletzten, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm abstrakt im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen. Auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit wird nicht abgestellt. Es kommt nicht auf die individuellen Verhältnisse, also die persönlichen Kenntnisse oder die geistigen, körperlichen, psychischen und sozialen Fähigkeiten an. Die Festsetzung der MdE im Versorgungsrecht folgt den unfallversicherungsrechtlichen Anforderungen. Sie richtet sich auch dort nach den verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens, die sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergeben (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Voraussetzung ist ein Vergleich der vor und nach dem Dienstunfall bestehenden individuellen Erwerbsfähigkeit.

Für das Vorliegen eines Dienstunfalls ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Dieser ist nur dann erfüllt, wenn der Nachweis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erbracht ist (BVerwG B.v. 7.2. 1989 - Az. 2 B 179/88, juris; VGH München B.v. 24.3.2004 - Az. 3 ZB 05.431, juris). Dies gilt sowohl für das Vorliegen eines behaupteten Körperschadens als auch für den Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfallgeschehen. Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, was auch für die Frage der Kausalität gilt, trifft die materielle Beweislast den Kläger, da im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze gelten. Im Bereich des Unfallausgleichs gelten ebenfalls die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. VG Augsburg, U.v. 21.2.2013 - Au 2 K 11.1459). Derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet, trägt die materielle Beweislast, wenn das Gericht in Erfüllung seiner Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen zu seiner vollen Überzeugungsgewissheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) weder feststellen noch ausschließen kann („non liquet“) und wenn sich aus der materiellen Anspruchsnorm nichts Abweichendes ergibt (BVerwG, U.v. 28.4.2011 - 2 C 55.09, ZBR 2012, 38).

Der Grad der MdE ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens zu ermitteln. Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, in der Regel die Basis für die Bewertung der MdE durch den Sachverständigen. Die konkrete Bewertung muss jedoch stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen. Entscheidend ist, dass der Sachverständige bei seiner dienstunfallrechtlichen Bewertung als Maßstab die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu Grunde legt (OVG NRW, B.v. 25.8.2011 - 3 A 3339/08, juris; BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166, juris; Weinbrenner in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 35, Rn. 54).

Die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) regelt nunmehr verbindlich die Grundsätze und Einzelheiten der Bildung des Grades der Schädigung (GdS). Sie schreibt dabei nahezu wortgleich die früher für die Feststellung des Grades der Behinderung nach § 69 SGB IX und der Voraussetzungen für den Unfallausgleich (vgl. BVerwG U.v. 21.9.2000 - 2 C 27.99 - BVerwGE 112, 92 = DÖD 2001, 68 = NVwZ-RR 2001, 168 = DÖV 2001, 294 = DVBl 2001, 732 = ZBR 2001, 251 = Buchholz 239.1 § 35 BeamtVG Nr. 4) heranziehbare, im Interesse der gleichmäßigen Beurteilung der Behinderungen anerkannte GdB/MdE-Tabelle der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP 2008) fort. Hierbei handelte es sich nach der nun obsolet gewordenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zu den entsprechenden Vorauflagen) um antizipierte Sachverständigengutachten, die (im sozialen Entschädigungsrecht) wie untergesetzliche Normen anzuwenden waren (BSG U.v. 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - RegNr. 26835 (BSG-Intern); U.v. 18.9.2003 - B 9 SB 3/02 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 2 = BSGE 91, 205 = Breith 2004, 297). Das bedeutet, dass für die Bildung des GdS dieselben Grundsätze gelten wie für die Bildung der MdE, wobei es sich bei ersterem Begriff um einen Grad handelt, während der letztere ein Vomhundertsatz war.

Nach Nr. 3 a) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen zwar Einzel-GdS anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdS durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdS ungeeignet. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Nach Nr. 3 c) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdS in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdS bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdS 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Von Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, führen dabei zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdS von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (Nr. 3 d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A).

Bei der Neufestsetzung des Unfallausgleichs für den Kläger war der Beklagte nicht an die Feststellung des Zentrums Bayern Familie und Soziales gebunden, das beim Kläger einen Grad der Behinderung von 80 v.H. festgestellt hat. Denn es fehlt insoweit an der inhaltlichen Gleichheit der Tatbestandsmerkmale „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ in Art. 52 BayBeamtVG und „Grad der Behinderung“ im Schwerbehindertenrecht (vgl. § 4 SchwbG). Denn während für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft die Gründe der Behinderung unerheblich sind, setzt der Unfallausgleich einen Dienstunfall voraus, wobei nur aufgrund und dem Umfang der durch den Dienstunfall eingetretenen Minderung der Erwerbsfähigkeit Unfallausgleich gewährt wird. Zudem sind bei der Bestimmung des Grades der Behinderung nach dem SchwbG auch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung in den verschiedenen Bereichen des Lebens zu berücksichtigen. Demgegenüber kommt es für den Unfallausgleich nach Art. 52 BayBeamtVG darauf an, um wie viel die Befähigung zur üblichen, auf Erwerb gerichteten Arbeit und deren Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folge eines Dienstunfalls anerkannten Körperschäden nicht nur vorübergehend beeinträchtigt sind.

In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Gericht auf der Grundlage der VersMedV und der vorliegenden Gutachten zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger für den hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 1. Februar 2016 eine MdE von 40 von Hundert vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. M … vom … Februar 2016, dem Gutachten des Orthopäden Dr. H … vom ... November 2007 und dessen Stellungnahme vom … September 2008 sowie den Erläuterungen des sachverständigen Zeugen Dr. M … in der mündlichen Verhandlung.

Auszugehen ist dabei von den als dienstunfallbedingt anerkannten Körperschäden Unterschenkelfraktur links und Platzwunde am linken Unterschenkel, Arthrose am linken Sprunggelenk, Coxarthrose rechts, Großzehengrundgelenksarthrose links, Läsion des Endastes des linken Nervus peronaeus und Irritation des Endastes des linken Nervus tibialis. Weitere Körperschäden müssen außer Betracht bleiben, da diese nicht als Dienstunfallfolgen anerkannt sind.

Der sachverständige Zeuge Dr. M … führte in der mündlichen Verhandlung überzeugend aus, er orientiert sich bei der Bewertung der Einzelbehinderungen im Wesentlichen an der Versorgungsmedizin-Verordnung. Gegenüber den festgestellten Werten bzgl. des GdS, die alle Lebensbereiche betreffen, ist im Rahmen der MdE ein Abstrich zu machen. Zudem muss das Alter des Klägers berücksichtigt werden, da dieser 82 Jahre alt ist und dienstunfallunabhängige Abnutzungserscheinungen bei allen Gelenken vorliegen. Die festgestellten GdS-Werte lassen sich nicht eins-zu-eins auf die MdE übertragen.

Der sachverständige Zeuge führte weiter überzeugend aus, die Situation am Sprunggelenk wurde mit einer MdE von 30 von ihm bewertet. Diese ergibt sich aus der Versteifung des oberen Sprunggelenks in ungünstiger Stellung. Die GdS-Tabelle der VersMedV enthält dafür keinen entsprechenden Wert. Da sie aber für eine Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung einen GdS-Wert von 30 und in ungünstiger Stellung einen GdS-Wert von 40 sowie für Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk stärkeren Grades einen GdS-Wert von 20 (B 18.14 der Anlage zu § 2 VersMedV Teil B) ausweist, ist die Bewertung mit einem MdE von 30 durch den sachverständigen Zeugen plausibel und nachvollziehbar.

Die Rest-MdE von 10 ergibt sich aus der „springenden“ Großzehe links, welche eine Folge der unfallbedingt aufgetretenen Großzehengrundgelenksarthrose ist, den Gefühlsstörungen am Fußrücken links infolge der Nervenschädigungen und der schlechteren Beweglichkeit der Gliedmaßen, vor allem links. Diese Aussagen decken sich mit denen Dr. H … auf Seite 18 seines Gutachtens vom ... November 2007, der auch von einer MdE von 40 von Hundert ausgeht. Dabei bewertete er die Nervenempfindungsstörungen und Teilausfälle mit einer Einzel-MdE von 10, da diese nicht mit einem vollständigen Ausfall der Nerven zu vergleichen sind. Nur bei einem vollständigen Ausfall kann die MdE ausgehend von einem GdS von 30 gemäß B 18.14 der Anlage zu § 2 VersMedV Teil B ermittelt werden, Teilausfälle der Nerven sind entsprechend geringer zu bewerten.

Weiter führte der sachverständige Zeuge überzeugend aus, die Coxarthrose rechts führt, wenn man diese dem Beklagten folgend als dienstunfallabhängig einstuft, zu keiner Erhöhung der MdE. Dies stimmt mit den Aussagen aus dem Gutachten Dr. H … vom ... November 2007 und seiner Stellungnahme vom … September 2008 überein. Dr. H … stellte beim Kläger eine Tendoperiostose am rechten Rollhügel statt einer Coxarthrose rechts fest. Er kommt auf Seite 21 seines Gutachtens vom ... November 2007 aber zu dem Ergebnis, dass die Tendoperiostose zu keiner messbaren Einzel-MdE führt und führt auf Seite 4 seiner Stellungnahme vom … September 2008 eindeutig aus, dass weder die Coxarthrose noch die Rollhügel-Tendoperiostose zu einem messbaren Einzel-MdE-Wert führen.

Der GdS- bzw. MdE-Wert umfasst auch die Schmerzen des Klägers. Gemäß Nr. 2 j) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind bei der Beurteilung des Grades der Schädigungsfolgen auch seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu beachten. Die in der GdS (Grad der Schädigungsfolgen) - Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen erfahrungsgemäß auch besonders schmerzhafte Zustände. Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Das kommt zum Beispiel bei Kausalgien und bei stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen in Betracht. Solche Zustände liegen beim Kläger nicht vor bzw. sind nicht nachgewiesen.

Mit diesen vom Beklagten eingeholten Gutachten liegen dem Gericht ärztliche Sachverständigengutachten zu den entscheidungserheblichen Tatsachen vor, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können (BVerwG, B.v. 30. 9. 2010 - 8 B 15/10 - juris). Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten liegt bei diesem Sachverhalt im Ermessen des Gerichts (§ 98 VwGO; § 412 Abs. 1 ZPO). Eine weitere Beweiserhebung wäre nur dann erforderlich, wenn sich die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten aufdrängen würde. Dies wäre dann der Fall, wenn die vorhandenen Gutachten grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen würden, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgingen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters bestünde, ein anderer Sachverständige über neue oder überlegene Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügte oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert werden würde (vgl. BVerwG, B.v. 3. 2. 2010 - 7 B 38/09- juris).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die vorhandenen ärztlichen Sachverständigengutachten sind für das Gericht nachvollziehbar und weisen, soweit ersichtlich, keine Mängel oder Widersprüche auf; sie vermitteln dem Gericht einen hinreichenden Einblick in die Zusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Der Kläger selbst hat keine Gutachten vorgelegt.

Der Einwand des Klägers, es sei widersprüchlich, dass der Beklagte entgegen des Vorschlags Dr. H … in seinem Gutachten vom ... November 2007 die Coxarthrose als unfallabhängig bewertet und dennoch von einem MdE von 40 von Hundert ausgeht, ist unbegründet. Dr. H … stellt in seiner Stellungnahme von … September 2008 auf Seite 2 selbst fest, dass die Tendoperiostose zum Symptomkreis einer Coxarthrose gehört, darin enthalten ist und daher nicht getrennt aufgeführt werden muss und keine zusätzliche, in einem messbaren MdE-Wert sich darstellende Auswirkung hat. Weiter stellt er auf Seite 3, 4 fest, dass die Tendoperiostose am rechten großen Rollhügel keine weitere Unfallfolge, sondern eine Begleiterscheinung der Coxarthrose ist und nicht zusätzlich aufgeführt werden muss. Zudem führt die die Coxarthrose, wie oben bereits dargestellt zu keinem messbaren Einzel-MdE-Wert.

Der Einwand des Klägers, es sei rechtswidrig, dass die altersbedingten Auswirkungen nicht anerkannt würden, ist verfehlt. Nach Nr. 2 a) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind die physiologischen Veränderungen im Alter bei der Beurteilung des GdS - und somit auch der MdE - nicht zu berücksichtigen. Als solche sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen zu sehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, d.h. für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Wie oben bereits ausgeführt wurde im Rahmen der MdE-Bewertung das Alter des Klägers berücksichtigt und Abstriche hinsichtlich der alterstypischen Auswirkungen gemacht.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … geborene Kläger begehrt die Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).

Der Kläger erlitt am … 1959 als Polizeibeamter einen Verkehrsunfall, welcher mit Bescheid vom 20. April 1960 als Dienstunfall anerkannt wurde (Akte Teil 1 Bl. 2). Als Körperschäden wurden zunächst eine Unterschenkelfraktur links und eine Platzwunde am linken Sprunggelenk anerkannt.

Mit Bescheid vom 9. Juli 1976 wurde dem Kläger rückwirkend ab 1. Januar 1973 eine MdE von 25 von Hundert zuerkannt (Akte 0 Bl. 52). Der Beklagte stützte sich dabei auf die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei vom … Juni 1976 (Akte 0 Bl. 51).

Mit Bescheid vom 29. Januar 1981 wurde dem Kläger ab 1. Dezember 1979 eine MdE von 40 von Hundert, gestützt auf eine amtsärztliche Stellungnahme vom … Dezember 1980, gewährt (Akte 0 Bl. 88).

Mit Bescheid vom 18. März 1986 wurden die anerkannten Unfallfolgen um eine Arthrose am linken Sprunggelenk erweitert (Akte Teil 1 Bl. 95).

Mit Bescheid vom 1. Juni 1987 wurden die anerkannten Unfallfolgen um eine Coxarthrose (Hüftgelenksarthrose) rechts sowie eine Großzehengrundgelenksarthrose links erweitert (Akte Teil 1 Bl. 116).

Für die Zeit ab 26. November 1986 schätzte der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei die unfallbedingte MdE auf 50 von Hundert, welche durch Bescheid vom 23. Februar 1987 festgesetzt wurde (Akte 0 Bl. 124 ff.). Er legte dabei eine Coxarthrose rechts infolge einer Fehlbelastung bei Sprunggelenksarthrose mit einer Einzel-MdE von 20 von Hundert, eine posttraumatische Arthrose des linken oberen Sprunggelenks mit einer Einzel-MdE von 20 von Hundert und eine Großzehengrundgelenksarthrose links infolge einer Fehlbelastung bei Sprunggelenksarthrose mit einer Einzel-MdE von 10 von Hundert zugrunde.

Mit Ablauf des 31. Dezember 1993 wurde der Kläger altersbedingt pensioniert.

Am … Juli 2006 implantierte die … GmbH beim Kläger eine Sprunggelenksendoprothese links.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2007 erfolgte eine Erweiterung der Dienstunfallfolgen um eine Nervus peronaeus-Endastläsion links und eine Nervus tibialis-Endastirritation links (Akte Teil 5 Bl. 766 f.).

Laut des Gutachtens vom ... November 2007 von Dr. med. H … seien eine posttraumatische Arthrose linkes oberes Sprunggelenk nach distaler Unterschenkelfraktur links, eine sekundäre Fußwurzelversteifung links mit Krallenzehenbildung und Hallux rigidus, ein endoprothetischer Gelenkersatz im oberen Sprunggelenk links, eine sensible Endastschädigung im Nervus peronaeus und tibialis und eine chronische Überlastungsperiostose am rechten großen Rollhügel (Hüfte) die Dienstunfallfolgen (Akte 0 Bl. 203 ff.). Unfallfremd seien die Coxarthrose links, die Periarthropathie in der rechten Schulter und das degenerative HWS- und LWS-Syndrom mit Bewegungseinschränkung. Wegen des Fehlens eines beweisenden Erstklinikberichts könnten die anerkannten Unfallfolgen nicht um eine AS-Ruptur erweitert werden. Die Zerstörung des oberen Sprunggelenks sei als sicher anzunehmen. Eine besondere Hervorhebung der Großzehengrundgelenkarthrose halte er nicht für notwendig, diese sei seines Erachtens in der funktionellen Einsteifung des Gesamtfußes enthalten. Er sehe keinen Grund, die MdE von 30% wegen der Versteifung des oberen Sprunggelenks und unteren Sprunggelenks zu ändern. Wegen der zunehmenden Schmerzhaftigkeit des teilversteiften oberen Sprunggelenks müsse die MdE ab Oktober 1992 auf 40% angehoben werden. Das seit der implantierten Endoprothese verbesserte Gehen wegen der freieren Dorsalextension im oberen Sprunggelenk werde durch die vermutlich anhaltenden Dysästhesien (Empfindungsstörungen) durch Endastirritation bzw. -läsion der Nerven peronaeus und tibialis im Fußbereich kompensiert. Die degenerativen Prozesse in den Hüftgelenken ständen in keinem Zusammenhang mit dem Dienstunfall. Eine Gelenkarthrose entstehe aus innerlicher Schwäche, lokalen Fehlstellungen oder direkten Schadenseinflüssen, nicht aus einer einseitigen Mehr- oder Fehlbelastung. Wenn eine Fernwirkung vom linken Fuß auf das rechte Hüftgelenk nachweisbar wäre, müsste sich dieses ganz deutlich vom linken unterscheiden und in den mehr als 20 Jahren seit der ersten Erwähnung verschlechtert haben, was hier nicht der Fall sei. Die echte Ursache der rechtsbetonten, beginnenden Coxarthrose könne er nicht klären, halte sie jedoch mit Sicherheit für dienstunfallunabhängig. Durch die jahrzehntelange, schmerzbedingte Schonung des linken Unterbeins habe sich auf der Gegenseite am rechten Becken eine gewebliche Überlastungsveränderung in Form einer tastbaren, sehr druckschmerzhaften, im Bild mäßig deutlich darstellbaren Tendoperiostose am großen Rollhügel eingestellt. Die dienstunfallbedingte Grund-MdE werde davon nicht beeinflusst. Dienstunfallfremd sei eine vermutlich lange zurückliegende Verletzung des rechten Schultereckgelenks mit verbliebener Armhebe- und dreheinschränkung. Die Tendoperiostose am rechten Rollhügel solle die Stelle der Coxarthrose rechts bei den anerkannten dienstunfallbedingten Körperschäden einnehmen. Diese führe zu keiner messbaren Einzel-MdE. Für eine zusätzliche Erweiterung sehe er keinen Anlass. Eine MdE von 50% sei aus seiner Sicht nicht begründet. Vermutlich sei sie aus der Gesamt-GdB des Versorgungsamtes München II übernommen worden. Die dienstunfallbedingte MdE schätze er anhaltend und auf Dauer bei 40%. Die Endoprothesenimplantation habe den MdE-Wert nicht gesenkt.

In einem Schreiben des Gesundheitsamts des Landratsamts … vom 22. November 2007 werden die Einschätzungen Dr. H … bestätigt (Akte 0 Bl. 213). Die Coxarthrose rechts sei als dienstunfallfremd einzuordnen. Die Diagnose „Tendoperiostose am rechten Rollhügel“ sei neu einzufügen.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Coxarthrose rechts in keinem Zusammenhang mit dem anerkannten Dienstunfall stehe. Somit sei der Erweiterungsbescheid vom 1. Juli 1987 teilweise rechtswidrig und teilweise zurückzunehmen (Akte 0 Bl. 214 ff.). Nach den Feststellungen Dr. H … sei eine MdE von 50 von Hundert durch die ermittelten Befunde und die einschlägige, medizinische Fachliteratur nicht abgesichert. Ein solcher MdE-Wert habe nie vorgelegen.

Auf Grundlage des Gutachtens vom ... November 2007 von Dr. H … und der Stellungnahme des Landratsamts … vom 22. November 2007 wurde durch Bescheid vom 21. Mai 2008 die MdE auf 40 von Hundert ab 1. Juni 2008 festgesetzt (Akte 0 Bl. 218 f.).

In einer Stellungnahme vom … September 2008 führte Dr. H … aus, dass die Voraussetzungen dafür, bei den Unfallfolgen eine Tendoperiostose anzusetzen, entfielen, da der Beklagte die Coxarthrose rechts aufgrund der spärlichen Befunde zum Zeitpunkt der Anerkennung im Juni 1987 nicht aberkannt habe (Akte 0 Bl. 234 ff.). Die Tendoperiostose gehöre durchaus zum Symptomkreis einer Coxarthrose, sei darin enthalten und brauche nicht getrennt aufgeführt werden. Eine zusätzliche, in einem messbaren MdE-Wert sich darstellende Auswirkung habe sie nicht. Die Herabsetzung der bisherigen MdE beruhe auf in der Literatur aufgeführten, einheitlichen Tabellen. Diese bewerteten eine totale Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks mit 30%, wobei jede Art von Schmerzgrad inbegriffen sei. 1975 sei die Sprunggelenksarthrose mit 25% festgelegt worden, 1983 habe das chirurgische Gutachten des Klinikums … das obere Sprunggelenk mit einem Einzel-Grad der Behinderung (GdB) von 30% bewertet. Leider sei die nötige Unterscheidung zwischen der MdE und dem oft höher eingestuften GdB verwischt worden. 1987 sei es beim Kläger ohne nähere Begründung zu der nicht gerechtfertigten Erhöhung auf 50% gekommen, welche aus medizinischer Sicht für den Zustand des verletzten linken Sprunggelenks nicht korrekt gewesen sei. Vertretbar wäre nur die Weiterführung der MdE von 30% gewesen. Der Wert von 40% entspreche dem aktuellen Zustand des Fußes. Weder die Coxarthrose noch die Rollhügel-Tendoperiostose führten zu einem messbaren Einzel-MdE-Wert.

Eine dagegen erhobene Klage beim Verwaltungsgericht München (Az.: M 5 K 10.5058) nahm der Kläger nach einem von ihm selbst eingeholten orthopädischen Gutachten vom … Juli 2009 am 15. Oktober 2010 wieder zurück, was zu einer Einstellung des Verfahrens durch Beschluss vom 25. Oktober 2010 führte.

Laut dem Gutachten vom … Juli 2009 des Direktors der Orthopädischen Klinik … Prof. Dr. … H … könne sich dieser der Beurteilung Dr. H … bzgl. einer MdE von 40% uneingeschränkt anschließen (Akte 0 Bl. 257 ff.). Das rechte Hüftgelenk zeige auf Röntgenaufnahmen Hinweise auf eine leichte Hüftdysplasie und damit einen anlagebedingten Vorschaden, welcher unfallunabhängig sei. Er könne sich nicht der Einschätzung anschließen, die Mitte der 80er Jahre eine einseitige Hüftarthrose rechts als sekundäre Unfallfolge anerkannt habe.

Gemäß einem amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes des Landratsamtes … vom 18. Januar 2012 beträgt der Gesamt-MdE 40 von Hundert (Akte 0 Bl. 279 f.). Mit einer wesentlichen Veränderung sei nicht zu rechnen.

Mit Schreiben vom ... Februar 2016 beantragte der Kläger eine Neubewertung seiner MdE. Sein Gesundheitszustand habe sich als Folge des Dienstunfalles in den vergangenen Jahren sukzessive verschlechtert (Akte Teil 9 Bl. 1332 f.). Besonders die Folge der Implantation der Endoprothese im linken Sprunggelenk mache sich zunehmend negativ bemerkbar. Die Coxarthrose, die Hammerzehenbildung der versteiften Zehengelenke links und die durch die OP verursachte Endastschädigung schränke seinen Gesundheitszustand immer mehr ein. Die tägliche erforderliche Einnahme von Schmerz- und Schlafmitteln und die daraus resultierenden Nebenwirkungen wirkten sich sukzessive immer stärker aus. Auch im Hinblick auf die ungerechte Rückstufung seiner MdE durch den Bescheid vom 21. Mai 2008 hoffe er, dass die damalige Entscheidung revidiert werde.

Am ... März 2016 fand die Nachuntersuchung statt.

Mit Gutachten des Amtsarztes Dr. M … vom … März 2016 stellte dieser fest, dass aufgrund der Untersuchung vom ... März 2016 eine MdE von 40 von Hundert noch als ausreichend einzustufen sei (Akte 0 Bl. 282 f.).

Mit Schreiben vom 30. März 2016 wurde dem Kläger infolge der Ergebnisse der Nachuntersuchung mitgeteilt, dass sich keine Änderungen beim Unfallausgleich ergeben hätten. Unfallunabhängig hätten sich insbesondere die Bewegungsausmaße am rechten Sprunggelenk und an den beiden Kniegelenken massiv gegenüber den Vorgutachten verschlechtert (Akte 0 Bl. 284). Diese seien jedoch nicht als Dienstunfallfolgen anerkannt und stünden nach den bisherigen Gutachten auch nicht im Zusammenhang mit dem Ereignis vom ... Juli 1959. Bei der Einstufung könnten nur die dienstunfallbedingten Körperschäden und deren derzeitige Folgen berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom ... April 2016 legte der Kläger den Änderungsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom … März 2016 vor. Laut diesem beträgt der Grad der Behinderung des Klägers 80, zudem erfüllt der Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ (Akte Teil 9 Bl. 1345 f.). Der Einzel-GdB für die Funktionsbehinderung des oberen Sprunggelenks links mit künstlichem Gelenkersatz, die Funktionsbehinderung des unteren Sprunggelenks links, die Funktionsstörung durch die Zehenfehlform und die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke beträgt 50.

Mit Schreiben des Beklagten vom 11. April 2016 teilte dieser dem Kläger mit, dass der Grad der Behinderung (GdB) mit dem Grad der MdE nicht vergleichbar und weitreichender sei. Zudem seien weder die Coxarthrose links noch die Funktionsstörung durch die Zehenfehlform als Dienstunfallfolgen anerkannt. Im Gutachten von Dr. H … sei es primär darum gegangen, ob die bisherigen Dienstunfallfolgen zu erweitern seien. Dies sei mit Ausnahme der Nervenschädigungen und Nervenirritationen verneint worden. Zur Beurteilung der MdE würden die Bewegungsausmaße herangezogen. Diese zeigten sich verschlechtert, im Gesamtkontext sei aber eine MdE mit 40 von Hundert ausreichend.

Mit Schreiben vom … April 2016 legte der Kläger Widerspruch ein (Akte Teil 9 Bl. 1352 f.). Er erkenne das Untersuchungsergebnis vom … März 2016 nicht an, da eine Untersuchung, die zu einer gutachterlichen Befundung nötig gewesen wäre, nicht stattgefunden habe. Die vom Gesundheitsamt erhobenen Messdaten ließen keinen Vergleich mit denen aus den Jahren 2007 und 2012 zu. Dr. H … habe in seinem Gutachten von 2007 die Verletzung des oberen Sprunggelenks als Zerstörung bezeichnet. Er spreche in seiner Beurteilung von einer funktionellen Einsteifung des Gesamtfußes und einem schmerzhaften bewegungsgeminderten Großzehengelenk. Dr. M … setze dem Messdaten von 5 - 110 bzw. von 30 - 30 entgegen. Zudem sei im amtsärztlichen Gutachten vom … Januar 2012 auch eine Großzehengelenksarthrose als dienstunfallbedingt attestiert worden. Darüber hinaus würden sowohl das Zentrum Bayern Familie und Soziales als auch der Beklagte nach der GdB/GdE Tabelle werten. Zudem werde nicht berücksichtigt, dass bei dem vorliegenden Verletzungsgrad des Oberschenkelgelenks grundsätzlich auch das Unterschenkelgelenk zerstört sei. Die Versteifung und Krallenbildung blieben völlig unberücksichtigt. Zudem müsse das Alter des Klägers berücksichtigt werden. Er reklamiere für seine Person, dass gerade im Hinblick auf sein Alter und seine insgesamt sehr fragliche Behandlung in der Vergangenheit, wie es in der allgemeinen Rechtsprechung auch gelte, im Zweifelsfall zu seinen Gunsten entschieden werde.

Mit Schreiben vom 20. April 2016 führte der Beklagte aus, dass im Rahmen der Neubewertung auch eine Vermessung der aktuellen Werte vorgenommen worden sei (Akte Teil 9 Bl. 1350 f.). Diese seien dann mit den Werten des Gutachtens von Dr. H … verglichen worden. Nach Eingang des Gutachtens vom … März 2016 habe man eine nochmalige Sichtung der dokumentierten Daten vorgenommen und habe die Angaben im Gutachten als abgedeckt gesehen und bestätigt.

Mit Schreiben vom 21. April 2016 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Coxarthrose links und die Funktionsstörung der Zehenfehlform (Krallenzehen) von Dr. H … nicht als Dienstunfallfolge gesehen worden sei. Es ergebe sich eine Abweichung von der Einstufung des Zentrums Bayern Familie und Soziales, da die von diesem angeführten Körperschäden/Befunde nicht alle als Dienstunfallfolgen anerkannt seien. Die Versteifung sei mit 30 von Hundert bewertet und übernommen worden. Somit könne nicht von einer Nichtberücksichtigung gesprochen werden. Die Beurteilung der MdE erfolge altersunabhängig. Eine „Alterskomponente“ sei rechtlich nicht vorgesehen (Akte Teil 9 Bl. 1354 f.).

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2016 wies der Beklagte den Widerspruch vom … April 2016 zurück (Akte Teil 9 Bl. 1358 ff.). Für die Beurteilung der MdE sei die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) zugrunde zu legen. Aus dem Gutachten des Amtsarztes des Landratsamts … vom 22. März 2016 ergebe sich, dass eine MdE mit 40 von Hundert als ausreichend eingestuft sei. Laut des Gutachtens sei der Kläger am ... März 2016 amtsärztlich untersucht und begutachtet worden. Der Kläger werde alle zwei Jahre wegen der Prüfung der Voraussetzungen für die Durchführung einer Heilmaßnahme nach den §§ 2, 4 und 7 BayHeilvfV am Gesundheitsamt in … untersucht und somit wisse der Amtsarzt genau über die körperlichen Beeinträchtigungen Bescheid.

Mit Schreiben vom … Juni 2016 reichte der Kläger eine Petition beim Bayerischen Landtag ein.

Mit Schreiben vom … Juni 2016, eingegangen am 27. Juni 2016, erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 2016 zu verpflichten, dem Antrag des Klägers vom *. Februar 2016 auf Neubewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 auf 50 von Hundert zu entsprechen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte entgegen des Vorschlags des Obergutachters Dr. H … die fachärztlich diagnostizierte Coxarthrose rechts als unfallabhängig bewertet habe und dennoch die MdE von 50 auf 40 von Hundert abgestuft habe. Dies sei widersprüchlich. Zudem blieben alle weiteren anerkannten Körperschäden, einschließlich der altersbedingten Auswirkungen bei der Bewertung der MdE ohne jede Anerkennung. Auch wenn keine Addition der Einzelwerte vorgesehen sei, könnten diese nicht gänzlich unbeachtet bleiben. Besonders die Versteifung der Zehen mit Krallenbildung links und die durch die OP bedingten Nervenschädigungen ergäben nach der GdB/GdE-Tabelle einen Einzelwert von 30 von Hundert. Es sei auch beachtlich, dass dem Kläger vom Zentrum Bayern Familie und Soziales durch Bescheid von … März 2016 bezüglich der Dienstunfallverletzungen ein Einzel-Grad der Behinderung von 50 von Hundert zuerkannt worden sei. Des Weiteren habe im Rahmen der Nachuntersuchung am ... März 2016 keine Untersuchung im tatsächlichen Sinne stattgefunden. Die vom Arzt im beigefügten Merkblatt gewonnenen Daten seien bei vollständiger Bekleidung des Klägers unter nicht zu beschreibenden Zuständen erhoben worden. Abschließend habe der Arzt erklärt, er werde noch Einblick in das umfassende Aktenbündel nehmen. Diesem Untersuchungsergebnis dürfe keinesfalls eine so bedeutende Entscheidungshilfe beigemessen werden.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2015 beantragte der Beklagte, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klageantrag des Klägers zu unbestimmt sei, da unklar sei, ab welchem Zeitpunkt er den höheren Unfallausgleich anstrebe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit beurteile sich gemäß Art. 52 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG nach der körperlichen Beeinträchtigung im Erwerbsleben. Ausgangspunkt seien die durch den Dienstunfall vom ... Juli 1959 verursachten festgestellten Körperschäden. Ein Vergleich der Messwerte laut dem Gutachten von Prof. Dr. … H … vom … Juli 2009 und laut des Schreibens des Landratsamts vom 22. März 2016 zeige eine Verschlechterung der Werte für die unteren Gliedmaßen, insbesondere im Hinblick auf die linke Körperseite. Einschränkungen der Beweglichkeit des linken Hüftgelenks hätten ihre Ursache jedoch nicht in einem dienstunfallbedingten Körperschaden. Verschlechterungen der Bewegungsausmaße führten nicht zwingend zu einer höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit, da gemäß VersMedV Anlage Teil A: Allgemeine Grundsätze Nr. 2 Buchstabe c physiologische Veränderungen im Alter bei der Beurteilung des Grads der Behinderung und des Grads der Schädigungsfolgen nicht zu berücksichtigen seien. Als solche Veränderungen seien die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickelten, d. h. für das Alter nach Art und Umfang typisch seien. Gemäß VersMedV Anlage Teil B: GdS-Tabelle N. 18.12 (Endoprothesen) Stichwort „Oberes Sprunggelenk“ betrage bei einer einseitigen Endoprothese, wie beim Kläger, der Grad der Schädigungsfolgen mindestens 10. In Nr. 18.14 (Schädigung der unteren Gliedmaßen) fänden sich für Bewegungseinschränkungen des Hüftgelenks geringen Grades, etwa Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 wie beim Kläger, ein Wert von 10-20, für Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk, je nach deren Grad, Werte bis 20, für Bewegungseinschränkungen im unteren Sprunggelenk ein Wert bis zu 10, für Zehenversteifungen Werte bis 20 und für einen vollständigen Ausfall des Nervus peronaeus und des Nervus tibialis jeweils ein Wert von 30, wobei Teilausfälle der genannten Nerven, wie beim Kläger, entsprechend geringer zu bewerten seien. Nach VersMedV Anlage Teil A: Allgemeine Grundsätze Nr. 3 dürften bei der Ermittlung des Gesamtgrads der Schädigungsfolgen die einzelnen Werte nicht addiert werden, maßgebend seien die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei tendenziell niedriger zu bewerten als der Grad der Schädigungsfolgen oder der Grad der Behinderung, da die in der VersMedV Anlage Teil B: GdS-Tabelle genannten Werte die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen zum Inhalt hätten, nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben (VersMedV Anlage Teil A: Allgemeine Grundsätze Nr. 2 Buchstabe a) und es beim Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nur um einen Ausschnitt aus allen Lebensbereichen gehe. Die Einschätzung des Landratsamts … vom 22. März 2016 mit einem MdE von 40 von Hundert sei gegenüber der Einschätzung des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom … März 2016 mit einem Grad der Behinderung von 50 nachvollziehbar und überzeugend, da das Zentrum Bayern Familie und Soziales auch die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke berücksichtigt habe, die im Rahmen der MdE durch Dienstunfallfolgen, bei der nur die Coxarthrose rechts anerkannt worden sei, keine Rolle spiele.

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 wurde Herr Dr. M … als sachverständiger Zeuge vernommen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Erhöhung des Unfallausgleichs und Neufestsetzung der durch den Dienstunfall vom ... Juli 1959 bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Auf die vorliegende Verpflichtungsklage ist das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410, 528, berichtigt S. 764), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (GVBl. S. 399) anzuwenden. Denn nach Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG steht für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall im Sinn des Beamtenversorgungsgesetzes in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall im Sinn des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes gleich. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der am ... Juli 1959 erlittene Dienstunfall des Klägers mit Bescheid vom 20. April 1960 gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG anerkannt wurde.

Gem. Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG erhält ein Beamter, der infolge eines Dienstunfalls in der Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 von Hundert beschränkt ist, neben der Besoldung einen Unfallausgleich in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 4 BVG, solange dieser Zustand andauert. Eine unfallunabhängige Minderung der Erwerbsfähigkeit bleibt außer Betracht, Art. 52 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG. Die Vorschriften stimmen inhaltlich mit den bis 31. Dezember 2010 geltenden Normen des § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG überein. Gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der seit dem Dienstunfall unverändert gültigen Fassung erhält ein verletzter Beamter, der infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt Unfallausgleich, solange dieser Zustand andauert. Wesentlich ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, wenn sie wenigstens 25 v.H. beträgt. Dies folgt aus der Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG auf § 31 Bundesversorgungsgesetz (Weinbrenner in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, § 35 Rn. 36).

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (im Folgenden: MdE) ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Dabei handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Erwerbsfähigkeit ist die Kompetenz des Verletzten, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm abstrakt im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen. Auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit wird nicht abgestellt. Es kommt nicht auf die individuellen Verhältnisse, also die persönlichen Kenntnisse oder die geistigen, körperlichen, psychischen und sozialen Fähigkeiten an. Die Festsetzung der MdE im Versorgungsrecht folgt den unfallversicherungsrechtlichen Anforderungen. Sie richtet sich auch dort nach den verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens, die sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergeben (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Voraussetzung ist ein Vergleich der vor und nach dem Dienstunfall bestehenden individuellen Erwerbsfähigkeit.

Für das Vorliegen eines Dienstunfalls ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Dieser ist nur dann erfüllt, wenn der Nachweis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erbracht ist (BVerwG B.v. 7.2. 1989 - Az. 2 B 179/88, juris; VGH München B.v. 24.3.2004 - Az. 3 ZB 05.431, juris). Dies gilt sowohl für das Vorliegen eines behaupteten Körperschadens als auch für den Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfallgeschehen. Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, was auch für die Frage der Kausalität gilt, trifft die materielle Beweislast den Kläger, da im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze gelten. Im Bereich des Unfallausgleichs gelten ebenfalls die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. VG Augsburg, U.v. 21.2.2013 - Au 2 K 11.1459). Derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet, trägt die materielle Beweislast, wenn das Gericht in Erfüllung seiner Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen zu seiner vollen Überzeugungsgewissheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) weder feststellen noch ausschließen kann („non liquet“) und wenn sich aus der materiellen Anspruchsnorm nichts Abweichendes ergibt (BVerwG, U.v. 28.4.2011 - 2 C 55.09, ZBR 2012, 38).

Der Grad der MdE ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens zu ermitteln. Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, in der Regel die Basis für die Bewertung der MdE durch den Sachverständigen. Die konkrete Bewertung muss jedoch stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen. Entscheidend ist, dass der Sachverständige bei seiner dienstunfallrechtlichen Bewertung als Maßstab die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu Grunde legt (OVG NRW, B.v. 25.8.2011 - 3 A 3339/08, juris; BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166, juris; Weinbrenner in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 35, Rn. 54).

Die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) regelt nunmehr verbindlich die Grundsätze und Einzelheiten der Bildung des Grades der Schädigung (GdS). Sie schreibt dabei nahezu wortgleich die früher für die Feststellung des Grades der Behinderung nach § 69 SGB IX und der Voraussetzungen für den Unfallausgleich (vgl. BVerwG U.v. 21.9.2000 - 2 C 27.99 - BVerwGE 112, 92 = DÖD 2001, 68 = NVwZ-RR 2001, 168 = DÖV 2001, 294 = DVBl 2001, 732 = ZBR 2001, 251 = Buchholz 239.1 § 35 BeamtVG Nr. 4) heranziehbare, im Interesse der gleichmäßigen Beurteilung der Behinderungen anerkannte GdB/MdE-Tabelle der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP 2008) fort. Hierbei handelte es sich nach der nun obsolet gewordenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zu den entsprechenden Vorauflagen) um antizipierte Sachverständigengutachten, die (im sozialen Entschädigungsrecht) wie untergesetzliche Normen anzuwenden waren (BSG U.v. 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - RegNr. 26835 (BSG-Intern); U.v. 18.9.2003 - B 9 SB 3/02 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 2 = BSGE 91, 205 = Breith 2004, 297). Das bedeutet, dass für die Bildung des GdS dieselben Grundsätze gelten wie für die Bildung der MdE, wobei es sich bei ersterem Begriff um einen Grad handelt, während der letztere ein Vomhundertsatz war.

Nach Nr. 3 a) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen zwar Einzel-GdS anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdS durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdS ungeeignet. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Nach Nr. 3 c) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdS in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdS bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdS 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Von Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, führen dabei zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdS von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (Nr. 3 d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A).

Bei der Neufestsetzung des Unfallausgleichs für den Kläger war der Beklagte nicht an die Feststellung des Zentrums Bayern Familie und Soziales gebunden, das beim Kläger einen Grad der Behinderung von 80 v.H. festgestellt hat. Denn es fehlt insoweit an der inhaltlichen Gleichheit der Tatbestandsmerkmale „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ in Art. 52 BayBeamtVG und „Grad der Behinderung“ im Schwerbehindertenrecht (vgl. § 4 SchwbG). Denn während für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft die Gründe der Behinderung unerheblich sind, setzt der Unfallausgleich einen Dienstunfall voraus, wobei nur aufgrund und dem Umfang der durch den Dienstunfall eingetretenen Minderung der Erwerbsfähigkeit Unfallausgleich gewährt wird. Zudem sind bei der Bestimmung des Grades der Behinderung nach dem SchwbG auch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung in den verschiedenen Bereichen des Lebens zu berücksichtigen. Demgegenüber kommt es für den Unfallausgleich nach Art. 52 BayBeamtVG darauf an, um wie viel die Befähigung zur üblichen, auf Erwerb gerichteten Arbeit und deren Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folge eines Dienstunfalls anerkannten Körperschäden nicht nur vorübergehend beeinträchtigt sind.

In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Gericht auf der Grundlage der VersMedV und der vorliegenden Gutachten zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger für den hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 1. Februar 2016 eine MdE von 40 von Hundert vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. M … vom … Februar 2016, dem Gutachten des Orthopäden Dr. H … vom ... November 2007 und dessen Stellungnahme vom … September 2008 sowie den Erläuterungen des sachverständigen Zeugen Dr. M … in der mündlichen Verhandlung.

Auszugehen ist dabei von den als dienstunfallbedingt anerkannten Körperschäden Unterschenkelfraktur links und Platzwunde am linken Unterschenkel, Arthrose am linken Sprunggelenk, Coxarthrose rechts, Großzehengrundgelenksarthrose links, Läsion des Endastes des linken Nervus peronaeus und Irritation des Endastes des linken Nervus tibialis. Weitere Körperschäden müssen außer Betracht bleiben, da diese nicht als Dienstunfallfolgen anerkannt sind.

Der sachverständige Zeuge Dr. M … führte in der mündlichen Verhandlung überzeugend aus, er orientiert sich bei der Bewertung der Einzelbehinderungen im Wesentlichen an der Versorgungsmedizin-Verordnung. Gegenüber den festgestellten Werten bzgl. des GdS, die alle Lebensbereiche betreffen, ist im Rahmen der MdE ein Abstrich zu machen. Zudem muss das Alter des Klägers berücksichtigt werden, da dieser 82 Jahre alt ist und dienstunfallunabhängige Abnutzungserscheinungen bei allen Gelenken vorliegen. Die festgestellten GdS-Werte lassen sich nicht eins-zu-eins auf die MdE übertragen.

Der sachverständige Zeuge führte weiter überzeugend aus, die Situation am Sprunggelenk wurde mit einer MdE von 30 von ihm bewertet. Diese ergibt sich aus der Versteifung des oberen Sprunggelenks in ungünstiger Stellung. Die GdS-Tabelle der VersMedV enthält dafür keinen entsprechenden Wert. Da sie aber für eine Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung einen GdS-Wert von 30 und in ungünstiger Stellung einen GdS-Wert von 40 sowie für Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk stärkeren Grades einen GdS-Wert von 20 (B 18.14 der Anlage zu § 2 VersMedV Teil B) ausweist, ist die Bewertung mit einem MdE von 30 durch den sachverständigen Zeugen plausibel und nachvollziehbar.

Die Rest-MdE von 10 ergibt sich aus der „springenden“ Großzehe links, welche eine Folge der unfallbedingt aufgetretenen Großzehengrundgelenksarthrose ist, den Gefühlsstörungen am Fußrücken links infolge der Nervenschädigungen und der schlechteren Beweglichkeit der Gliedmaßen, vor allem links. Diese Aussagen decken sich mit denen Dr. H … auf Seite 18 seines Gutachtens vom ... November 2007, der auch von einer MdE von 40 von Hundert ausgeht. Dabei bewertete er die Nervenempfindungsstörungen und Teilausfälle mit einer Einzel-MdE von 10, da diese nicht mit einem vollständigen Ausfall der Nerven zu vergleichen sind. Nur bei einem vollständigen Ausfall kann die MdE ausgehend von einem GdS von 30 gemäß B 18.14 der Anlage zu § 2 VersMedV Teil B ermittelt werden, Teilausfälle der Nerven sind entsprechend geringer zu bewerten.

Weiter führte der sachverständige Zeuge überzeugend aus, die Coxarthrose rechts führt, wenn man diese dem Beklagten folgend als dienstunfallabhängig einstuft, zu keiner Erhöhung der MdE. Dies stimmt mit den Aussagen aus dem Gutachten Dr. H … vom ... November 2007 und seiner Stellungnahme vom … September 2008 überein. Dr. H … stellte beim Kläger eine Tendoperiostose am rechten Rollhügel statt einer Coxarthrose rechts fest. Er kommt auf Seite 21 seines Gutachtens vom ... November 2007 aber zu dem Ergebnis, dass die Tendoperiostose zu keiner messbaren Einzel-MdE führt und führt auf Seite 4 seiner Stellungnahme vom … September 2008 eindeutig aus, dass weder die Coxarthrose noch die Rollhügel-Tendoperiostose zu einem messbaren Einzel-MdE-Wert führen.

Der GdS- bzw. MdE-Wert umfasst auch die Schmerzen des Klägers. Gemäß Nr. 2 j) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind bei der Beurteilung des Grades der Schädigungsfolgen auch seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu beachten. Die in der GdS (Grad der Schädigungsfolgen) - Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen erfahrungsgemäß auch besonders schmerzhafte Zustände. Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Das kommt zum Beispiel bei Kausalgien und bei stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen in Betracht. Solche Zustände liegen beim Kläger nicht vor bzw. sind nicht nachgewiesen.

Mit diesen vom Beklagten eingeholten Gutachten liegen dem Gericht ärztliche Sachverständigengutachten zu den entscheidungserheblichen Tatsachen vor, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können (BVerwG, B.v. 30. 9. 2010 - 8 B 15/10 - juris). Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten liegt bei diesem Sachverhalt im Ermessen des Gerichts (§ 98 VwGO; § 412 Abs. 1 ZPO). Eine weitere Beweiserhebung wäre nur dann erforderlich, wenn sich die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten aufdrängen würde. Dies wäre dann der Fall, wenn die vorhandenen Gutachten grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen würden, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgingen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters bestünde, ein anderer Sachverständige über neue oder überlegene Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügte oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert werden würde (vgl. BVerwG, B.v. 3. 2. 2010 - 7 B 38/09- juris).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die vorhandenen ärztlichen Sachverständigengutachten sind für das Gericht nachvollziehbar und weisen, soweit ersichtlich, keine Mängel oder Widersprüche auf; sie vermitteln dem Gericht einen hinreichenden Einblick in die Zusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Der Kläger selbst hat keine Gutachten vorgelegt.

Der Einwand des Klägers, es sei widersprüchlich, dass der Beklagte entgegen des Vorschlags Dr. H … in seinem Gutachten vom ... November 2007 die Coxarthrose als unfallabhängig bewertet und dennoch von einem MdE von 40 von Hundert ausgeht, ist unbegründet. Dr. H … stellt in seiner Stellungnahme von … September 2008 auf Seite 2 selbst fest, dass die Tendoperiostose zum Symptomkreis einer Coxarthrose gehört, darin enthalten ist und daher nicht getrennt aufgeführt werden muss und keine zusätzliche, in einem messbaren MdE-Wert sich darstellende Auswirkung hat. Weiter stellt er auf Seite 3, 4 fest, dass die Tendoperiostose am rechten großen Rollhügel keine weitere Unfallfolge, sondern eine Begleiterscheinung der Coxarthrose ist und nicht zusätzlich aufgeführt werden muss. Zudem führt die die Coxarthrose, wie oben bereits dargestellt zu keinem messbaren Einzel-MdE-Wert.

Der Einwand des Klägers, es sei rechtswidrig, dass die altersbedingten Auswirkungen nicht anerkannt würden, ist verfehlt. Nach Nr. 2 a) der Anlage zu § 2 VersMedV Teil A sind die physiologischen Veränderungen im Alter bei der Beurteilung des GdS - und somit auch der MdE - nicht zu berücksichtigen. Als solche sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen zu sehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, d.h. für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Wie oben bereits ausgeführt wurde im Rahmen der MdE-Bewertung das Alter des Klägers berücksichtigt und Abstriche hinsichtlich der alterstypischen Auswirkungen gemacht.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 29.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m. w. N.). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (vgl. Happ a. a. O. Rn. 61).

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Anerkennung verschiedener weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen als Folge eines am 15. Juni 2009 während einer Dienstfahrt erlittenen und mit streitgegenständlichem Bescheid der Beklagten vom 15. April 2011 als Dienstunfall anerkannten Autounfalls des Klägers sowie auf Gewährung von weiterer Heilfürsorge und eines höheren Unfallausgleichs unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Begründung des - insoweit - ablehnenden streitgegenständlichen Bescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 11. Oktober 2011 abgewiesen. Ergänzend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren umfangreich eingeholten und für die gerichtliche Sachentscheidung ausreichenden ärztlichen Befunde und Stellungnahmen sei vorliegend nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Kausalität zwischen dem Dienstunfall und den vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen - zumindest nicht im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilverursachung - auszugehen. Ausweislich der von der Beklagten eingeholten Gutachten seien die zusätzlich geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht Folgen des Dienstunfalls, sondern auf seine Vorerkrankung bzw. Vorschädigung, insbesondere auf seine seit langem bestehende Multiple-Sklerose-Erkrankung, zurückzuführen. Daher sei die Klage auch hinsichtlich der anderen mit der begehrten Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen zusammenhängenden Streitgegenstände abzuweisen gewesen.

Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften. Der Kläger hat die Bewertung des Verwaltungsgerichts, er habe den ihm obliegenden Beweis nicht erbringen können, dass die von ihm reklamierten weiteren Körperschäden kausal durch den Dienstunfall verursacht worden seien, nicht erschüttert.

Nicht durchdringen kann der Kläger mit seinem Einwand, er sei ungeachtet seiner Grunderkrankung bis zu seinem Verkehrsunfall vollzeitbeschäftigt gewesen, habe seinen beruflichen Pflichten nachkommen können und sei allen körperlichen sowie geistigen Anforderungen gewachsen gewesen, als Folge des Dienstunfalls sei er nun dauerhaft erkrankt, zu 100% erwerbsunfähig und wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Zwar gilt bei typischen Geschehensabläufen grundsätzlich auch im Dienstunfallrecht der Anscheinsbeweis. Danach besteht auf erste Sicht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Schaden, wie es bei typischen, in ähnlicher Weise immer wieder vorkommenden Geschehensabläufen nach allgemeiner Erfahrung des täglichen Lebens der Fall ist; sind keine Tatsachen erwiesen, welche die Möglichkeit eines von dem typischen Geschehensablauf abweichenden Geschehens dartun, so bedarf es für den Ursachenzusammenhang keines weiteren Nachweises (st. Rspr. des BVerwG, vgl. U. v. 23.5.1962 - VI C 39.60 - BVerwGE 14, 181 m. w. N.). Auch wenn es durchaus nachvollziehbar ist, dass der Kläger nach dem ersten Anschein davon ausgeht, der Dienstunfall sei kausal für seine Beeinträchtigungen, liegen hier im Hinblick auf seine Vorerkrankung und seine Vorschädigung Tatsachen vor, die ihm den Nachweis der Kausalität mittels Anscheinsbeweises verwehren.

Treffen Vorschädigungen, anlagebedingte Leiden, oder Vorerkrankungen - wie im Fall des Klägers seine Multiple-Sklerose-Erkrankung - mit einem Dienstunfall zusammen, sind geltend gemachte Körperschäden nur dann im Rechtssinn kausal durch den Dienstunfall verursacht, wenn der Dienstunfall im Verhältnis zu diesen Vorschädigungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentlich mitwirkende Teilursache für diese Körperschäden ist. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann zwar auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt. Dies setzt aber voraus, dass diesem Ereignis im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung oder Vorschädigung gehört - keine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich für die Körperschäden anzusehen sind. Keine Ursachen im Rechtssinn sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solch untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m.w.N; BayVGH, B. v. 21.3.2014 - 14 ZB 12.1024 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Nach den auch im Dienstunfallrecht geltenden Regeln über die materielle Beweislast (vgl. BayVGH, B. v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - juris Rn. 13 m. w. N.) hat der Kläger den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass jede einzelne von ihm geltend gemachte körperliche Beeinträchtigung tatsächlich besteht und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf dem als Dienstunfall anerkannten Verkehrsunfall beruht (vgl. BVerwG, B. v. 12.10.1972 - 6 B 22.72 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 50). Nur dann kann der Kläger eine Anerkennung der geltend gemachten Körperschäden als Dienstunfallfolgen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beanspruchen. Lassen sich wie hier die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht klären, geht dies zulasten des Klägers.

Dies zugrunde gelegt hätte der Kläger in der Zulassungsbegründung darlegen müssen, durch welche der vorhandenen Gutachten er den notwendigen Beweis geführt sieht, zumal er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die Stellung eines Beweisantrags verzichtet hat. Unabhängig davon, dass der Kläger insoweit seinen Darlegungspflichten nicht nachgekommen ist und ungeachtet der diesbezüglichen Einschätzungen des fachärztlichen Beraters der Beklagten, der die im Verwaltungsverfahren eingeholten unfallchirurgischen, neurologischen, psychiatrischen und psychologischen Zusammenhangs- bzw. Zusatzgutachten ausgewertet hat, lässt sich dem neurologischen Gutachten des Klinikums Nürnberg vom 4. Juni 2010 und dem Ergänzungsgutachten vom 17. Januar 2011 nicht entnehmen, dass die Verschlechterung der Multiplen Sklerose kausal durch den Dienstunfall verursacht wurde. Zwar wird im neurologischen Ergänzungsgutachten ausgeführt, es bleibe festzuhalten, dass sowohl eine Posttraumatische Belastungsstörung als auch eine depressive Symptomatik zu verminderten Kortisolspiegeln im Serum führen und aufgrund der bei Multipler Sklerose verminderten Lymphozytenaffinität für Kortisol Entzündungsprozesse im zentralen Nervensystem in Gang induziert oder perpetuiert werden könnten. Allerdings wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „im Rahmen des vorliegenden Gutachtens selbstverständlich kein genauer Mechanismus definiert werden“ könne, „der beim Kläger zur vorliegenden Verschlechterung - seiner Erkrankung - geführt“ habe, „da die genaue Pathophysiologie der Multiplen Sklerose trotz intensiver weltweiter Forschung bislang nur teilweise aufgeklärt“ sei. Mit einer derartigen gutachterlichen Aussage ist der Beweis für die Kausalität zwischen Dienstunfall und des geltend gemachten Körperschadens eines schubförmig remittierenden Verlaufs einer Multiplen-Sklerose-Erkrankung nicht geführt. Unsicherheiten, die auf den wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärten Krankheitsmechanismen der Multiplen Sklerose beruhen, gehen zulasten des Klägers. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden, dass auch im Beamtenrecht entstehende Beweisschwierigkeiten keine von den allgemeinen Beweisgrundsätzen abweichende mildere Beurteilung der Beweisanforderungen rechtfertigen (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.).

Da es somit im Hinblick auf die Verschlechterung der Multiplen-Sklerose-Erkrankung auf die Bewertung des fachärztlichen Beraters der Beklagten nicht allein ankommt und sich das Verwaltungsgericht insoweit lediglich ergänzend geäußert hat, kann der Kläger diesbezüglich auch nicht mit seiner Rüge durchdringen, das Verwaltungsgericht folge fast ausschließlich dessen Auswertung, obwohl der fachliche Berater seine Begutachtung lediglich nach Aktenlage ausgeführt und ihn noch nicht einmal persönlich untersucht habe. Soweit der Kläger die Bewertungen des Fachberaters hinsichtlich der als Unfallfolge geltend gemachten Entwicklung einer schweren depressiven Symptomatik mit kognitiven Störungen in Zweifel ziehen möchte, ist er ebenfalls seinen Darlegungspflichten nicht nachgekommen. Denn die Auswertung eines ärztlichen Gutachtens ist nicht schon deshalb fehlerhaft und unbrauchbar, weil sie nach Aktenlage vorgenommen wurde. Der Kläger hätte insoweit substantiiert dartun müssen, in welchen Punkten die fachärztliche Auswertung fehlerhaft war und warum sich dies dem Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung hätte aufdrängen müssen.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, der Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Finanzen vom 29. Januar 2007 und der Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 9. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2008 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer dienstunfallbedingten Gesamt-MdE von 50 v. H. beginnend ab dem 1. Juli 2006 zu gewähren.

Der Beklagte wird verpflichtet, die Kosten für die am 17. Juni 2006 beantragte psychologisch-ambulante Behandlung zu übernehmen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 19... geborene Kläger erlitt am 12. Oktober 1988 bei einer Fortbildungsveranstaltung für Justizwachtmeister einen Unfall, der mit Bescheid der damaligen Bezirksfinanzdirektion M. (BFD M.; heute: Landesamt für Finanzen) vom 23. November 1988 als Dienstunfall anerkannt wurde. Einschließlich eines Erweiterungsbescheides vom 14. November 1989 wurden eine Clavikularluxation rechts Grad II (Tossy) mit Ruptur des Ligamentum acromio clavikularae, eine ACG-Arthrose rechts bei ehemaliger AVG-Sprengung Tossy III rechts sowie eine Armplexusschädigung rechts festgestellt. Aufgrund des Dienstunfalls wurde mit Bescheid der BFD M. vom 6. November 1995 Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG auf der Grundlage einer dienstunfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v. H. ab 1. Juli 1994 bewilligt. In dem damaligen Verfahren hatte die frühere Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 2. September 1994 ein Gutachten von Dr. R. vom 30. Juni 1994 vorgelegt, der ein somatisiert-depressives Syndrom im Rahmen einer neurotischen Fehlverarbeitung bei einer vermutlich hypochondrischen Grundhaltung festgestellt hat und mit ausreichender Wahrscheinlichkeit von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der auf psychischen Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis ausgegangen ist. Die BFD M. ist dieser gutachterlichen Feststellung indes beim der Festlegung des Unfallausgleichs nicht gefolgt.

Der Kläger beantragte am 17. Juni 2006 die Zusage der Kostenübernahme einer psychologischen Weiterbehandlung und legte einen Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. ... vom 1. Juni 2006 vor. Aus dem Entlassungsbericht folgt, dass im Rahmen der psychologischen Mitbehandlung eine Stabilisierung erreicht werden konnte und dringend eine psychologische Weiterbehandlung zur Krankheitsverarbeitung empfohlen wird. Das Landesamt für Finanzen, Dienststelle R. (Landesamt) lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Juli 2007 unter Hinweis auf ein amtsärztliches Gutachten vom 29. Juni 2006 ab. Nach dem amtsärztlichen Gutachten sei die vorgesehene Behandlung zwar notwendig, sie stehe jedoch nicht ursächlich in Zusammenhang mit den anerkannten Dienstunfallfolgen.

Der Kläger beantragte mit einem weiteren Schreiben vom 17. Juni 2006 die Erhöhung der MdE auf 50 v. H.; mit Telefax vom 11. Juni 2007 änderte er den ursprünglichen Antrag vom 17. Juni 2006 dahingehend, dass er nunmehr eine Gesamt-MdE von 80 v. H. begehrt. Das Landesamt lehnte die - nicht weiter begründeten Anträge - mit Bescheid vom 9. Oktober 2007 ab. Zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen sei von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. ein fachärztlich-chirurgisches Gutachten eingeholt worden. Danach betrage die unfallbedingte MdE unverändert 25 v. H.

Nach erfolgten Widerspruchsverfahren erhob der Kläger mit Schriftsätzen vom 2. März 2007 (Behandlungskosten) und vom 14. Februar 2008 (Unfallausgleich) Klage zum Verwaltungsgericht mit den zuletzt gestellten Anträgen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2007 zu verpflichten, die Kosten für die psychologisch-ambulante Behandlung zu übernehmen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 9. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2008 zu verpflichten, dem Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von 70 v. H. zu gewähren.

Die Klagen wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die eingeholten gutachterlichen Feststellungen nicht ausreichend seien.

Mit Urteil vom 7. September 2010 hat das Verwaltungsgericht die Klagen abgewiesen. Die psychischen Beschwerden des Klägers seien nicht auf den Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 zurückzuführen. Dies ergebe sich aus dem im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. D. vom 23. Juni 2009. Danach leide der Kläger an einer Anpassungsstörung bzw. somatoformen Schmerzstörung, die vor dem Hintergrund einer testpsychologischen wie klinisch festzustellenden paranoiden Persönlichkeitsstörung bzw. differentialdiagnostisch zu erwägenden wahnhaften Störungen ab 1991/1992 dadurch entstanden sei, dass der Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung die getroffenen Entscheidungen bezüglich der Einschätzung seines Grads der Behinderung und des daraus abzuleitenden Dienstunfallausgleichs nicht habe akzeptieren können oder wollen und darauf mit der Entwicklung psychischer Beschwerden reagiert habe. Die psychischen Störungen seien nicht unmittelbar auf den erlittenen Dienstunfall zurückzuführen.

Der auf Grundlage einer - nicht näher substantiierten - Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 70 v. H. geltend gemachte Unfallausgleich stehe dem Kläger nicht zu. Nach der Einschätzung des gerichtlichen Gutachters bedingten die festgestellten psychischen Beschwerden/Störungen des Klägers (Anpassungsstörung, somatoforme Schmerzstörung, paranoide Persönlichkeitsstörung) die Annahme einer Gesamt-MdE von 40 v. H. Da diese jedoch nicht unfallbedingt seien, blieben sie auf die Höhe der festgestellten unfallbedingten MdE ohne Einfluss.

Der Kläger hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und zuletzt beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2007 zu verpflichten, die Kosten für die psychologisch-ambulante Behandlung zu übernehmen,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 9. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2008 zu verpflichten, dem Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von 50 v. H. beginnend ab dem 1. Juli 2006 zu gewähren.

Der Kläger verweist auf das psychiatrische Gutachten von Herrn MedDir. Dr. H. bei dem Landgericht M. ... vom 14. April 2011 (das dort zur Frage der Schuldfähigkeit des Klägers eingeholt worden war), das den Dienstunfall anders als das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten Prof. Dr. D. als kausal für die psychische Erkrankung des Klägers ansieht und damit im Widerspruch zum gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten steht.

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 hat der Senat Beweis erhoben über die Frage, ob die psychischen Beschwerden des Klägers durch den Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 verursacht sind, bejahendenfalls, ob die vom Kläger begehrte psychologische Behandlung zur Heilung oder Linderung dieser Beschwerden geeignet ist, sowie ferner wie hoch die insgesamt durch den Dienstunfall verursache Minderung der Erwerbsfähigkeit ist.

Unter dem 19. Februar 2014 legte der Sachverständige Prof. Dr. W. sein psychiatrisches und neurologisches Fachgutachten vor. Zusammenfassend könnten die Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, differentialdiagnostisch einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom, auch nach neurologischer und orthopädischer Einordnung des Schmerzsyndroms gestellt werden. Der Kläger sei aufgrund seines Schmerzsyndroms und der Persönlichkeitsänderung in seinem Alltag deutlich eingeschränkt. Sein Aktivitätsradius habe sich reduziert und sein Sozialleben stark negativ verändert, so dass es weiterhin erforderlich erscheine, eine regelmäßige ambulante psychologische und psychotherapeutische Behandlung zu erhalten. Hinsichtlich der Kausalitätsfrage sei anzuführen, dass es sich bei somatoformen Schmerzstörungen und den dadurch bedingten Persönlichkeitswandel grundsätzlich um ein multifaktorielles Geschehen handele. Einerseits sei das Unfallgeschehen die notwendige Bedingung, ohne die das weitere Krankheitsgeschehen nicht aufgetreten wäre, andererseits spielten anlage- und aufrechterhaltende Faktoren eine wichtige Rolle, zumal seit dem Unfallereignis bereits viele Jahre vergangen seien. Daher könne das heutige Beschwerdebild nicht mehr allein dem Dienstunfallereignis zugeordnet werden. Es kämen sicherlich andere Faktoren hinzu, die das Schmerzleben beeinflussen und aufrechterhalten, wie die erst nach dem Unfallereignis aufgetretenen Ehe- und Arbeitsplatzprobleme. Die Persönlichkeitsänderung sei im Wesentlichen eine Folge der Schmerzen, ggf. verstärkt durch weitere ungünstige Faktoren.

Von chirurgischer Seite sei bereits durch die einschlägigen chirurgischen Zusatzgutachten eine Minderung der Erwerbstätigkeit von 25 v. H. erhoben worden. Da dem Dienstunfall die chronischen Schmerzen und in Folge auch psychiatrische Beschwerden gefolgt seien, sei der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die psychiatrischen Diagnosen und das Schmerzsyndrom zu ergänzen (30 - 40 v. H.). Aufgrund der Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom) sei zusammenfassend eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um insgesamt 50 v. H. gegeben. Allerdings könne die Minderung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht insgesamt dem Unfallereignis zugeordnet werden, so dass die dienstunfallbedingte Gesamt-MdE 35 bis 40 v. H. betrage.

Der Beklagte erhebt Einwände gegen das Gutachten Prof. Dr. W.; es fehle eine Auseinandersetzung mit der im Dienstunfallrecht geltenden Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache. Dem Anspruch des Klägers stehe die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 2 BeamtVG bzw. des Art. 47 Abs. 2 BeamtVG entgegen. Hiernach werde Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen seien. Selbst der Antrag des Klägers vom 17. Juni 2006 liege außerhalb der 10-jährigen Ausschlussfrist. Das Gutachten Prof. Dr. W. gehe von einer Minderung der Erwerbstätigkeit des Klägers auf chirurgischem Gebiet in Höhe von 25 v. H. aus. Das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie und Sozialmedizin Dr. W. vom 14. Januar 2014, das im Auftrag des Landesamts erstellt worden sei, gelange hingegen lediglich zu einer Minderung der Erwerbstätigkeit von 20 v. H.

In der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2015 erläuterte der Sachverständige sein Gutachten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 18. März 2015 führte er aus, dass die Minderung der Erwerbstätigkeit des Klägers von 50 v. H. nach seiner Überzeugung im Wesentlichen seit Juli 2006 besteht und dem Gesamtverlauf im zeitlichen Durchschnitt angemessen ist.

Die Beteiligten haben auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m.. § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Dem Kläger ist ab dem 1. Juli 2006 Unfallausgleich für eine dienstunfallbedingte Gesamt-MdE von 50 v. H. zu gewähren (1.) und der Beklagte zu verpflichten, die Kosten für die am 17. Juni 2006 beantragte psychologisch-ambulante (Weiter-)Behandlung des Klägers zu übernehmen (2.).

1. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich ab dem 1. Juli 2006 auf der Grundlage einer Gesamt-MdE von 50 v. H.

1.1. Für die Verpflichtungsklage auf einen Unfallausgleich ist der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Anspruchsvoraussetzungen die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. OVG Bremen, U. v. 29.10.2008 - 2 A 38/05 - juris Rn. 55; OVG Lüneburg, B. v. 29.11.2000 - 2 L 3371/00 - juris Rn. 9; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Hauptband I, Stand: Okt. 2015, § 35 BeamtVG Rn. 107; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, 2. Band, Stand: Feb. 2015, § 35 BeamtVG Rn. 87). Damit ist auf die Sach- und Rechtslage am 11. Januar 2008 - Erlass des Widerspruchsbescheids hinsichtlich des begehrten Unfallausgleichs - abzustellen und mithin auf das Beamtenversorgungsgesetz in der am 31. August 2006 (BeamtVG 2006) geltenden Fassung (vgl. § 108 Abs. 1 BeamtVG, Art. 117 BayBeamtVG), das gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes im maßgeblichen Zeitpunkt als Bundesrecht fortgalt.

1.2. Ein (Ruhestands-)Beamter, der in Folge eines Dienstunfalls in seiner Erwerbstätigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, erhält neben den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich, solange dieser Zustand andauert. Eine wesentliche Beschränkung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die dienstunfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mindestens 25 v. H. beträgt. Aufgrund dessen ist dem Kläger mit Bescheid vom 6. November 1995 Unfallausgleich basierend auf einer MdE von 25 v. H. ab 1. Juli 1994 gewährt worden (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung vom 1.10.1994). Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 (i. V. m. Abs. 1 Satz 1) BeamtVG 2006 wird der Unfallausgleich neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. So liegt der Fall hier. Eine wesentliche Änderung ist eingetreten, weil die im Laufe der Jahre vom Kläger entwickelte „anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom)“ zu einer Erhöhung der Gesamt-MdE führt, die nunmehr mit 50 v. H. zu bewerten ist (1.2.1.). Die Änderung ist zu berücksichtigen, weil sie zum einen kausal im Sinne der mitwirkenden Teilursache auf den Dienstunfall zurückzuführen ist (1.2.2.) und der Kläger die psychischen Beschwerden rechtzeitig als Dienstunfallfolge angezeigt hat (1.2.3.).

1.2.1. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 2006 ist gegeben, wenn sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit ununterbrochen für mehr als sechs Monate um mindestens 10 v. H. ändert oder wenn durch die Änderung die Mindestgrenze von 25 v. H. erreicht oder unterschritten wird (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Hauptband I, Stand: Okt. 2015, § 35 Rn. 85; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, 2. Band, Stand: Feb. 2015, § 35 BeamtVG Rn. 69; BVerwG, U. v. 15.9.1966 - II C 95.64 - BVerwGE 25,46 - juris Rn. 22; BayVGH, U. v. 18.10.2006 - 3 B 03.2950 - juris Rn. 31; Tz. 35.3.1 Satz 4 der Allgemeinen Vorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz, GMBl 1980, 742). Dies setzt jedoch voraus, dass sich der durch den Dienstunfall eingetretene Gesundheitszustand tatsächlich auch geändert hat, nicht lediglich dessen ärztliche Beurteilung (BVerwG, B. v 16.9.1980 - 6 B 44.80 - juris; BayVGH, B. v. 7.1.2015 - 3 ZB 12.1391 - juris Rn. 6).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat Anspruch auf Unfallausgleich, der sich nunmehr auf der Grundlage einer Gesamt-MdE von 50 v. H. errechnet. Damit hat sich die Sachlage gegenüber dem Bescheid vom 6. November 1995 (Unfallausgleich basierend auf einer MdE von 25 v. H. ab 1. Juli 1994) wesentlich geändert. Der Unfallausgleich ist daher gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 2006 vom Beklagten - unter Anerkennung einer anhaltenden somatoforme Schmerzstörung (Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom) - ab 1. Juli 2006 neu festzusetzen.

Der Senat legt seiner Entscheidung das von ihm eingeholte wissenschaftlich begründete psychiatrische und neurologische Fachgutachten von Prof. Dr. W. vom 19. Februar 2014 (Gutachten Prof. Dr. W.), erläutert in der mündlichen Verhandlung am 9. Februar 2015 und ergänzt mit Schreiben vom 18. März 2015, das er für schlüssig und nachvollziehbar erachtet, zugrunde.

Der Kläger leidet nach Prof. Dr. W. an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und (differentialdiagnostisch) Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom (schwere, andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom). Insoweit stimmt das Gutachten Prof. Dr. W. mit den weiteren hinsichtlich des Klägers erstellten psychiatrischen Gutachten überein. Dr. R. stellt in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 30. Juni 1994, das er gegenüber dem Sozialgericht M. zur Frage der Einschätzung hinsichtlich des Grades der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz erstellte, ebenso wie Dr. B. in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 13. September 1995 ein „somatisiert-depressives Syndrom“ fest. Prof. Dr. D. konstatiert in seinem psychiatrischen Gutachten vom 23. Juni 2009 eine „Anpassungsstörung und somatoforme Störung“ und auch MedDir. H. diagnostiziert in seinem psychiatrischen Gutachten vom 14. April 2011 eine „schwere andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom“.

1.2.2. Die Sachverständigen beurteilen jedoch die Frage, ob die psychischen Störungen auf den im Jahre 1988 erlittenen Dienstunfall zurückzuführen sind, unterschiedlich.

Für die Frage der kausalen Verknüpfung zwischen Unfallereignis und Körperschaden ist die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache maßgeblich. Hiernach sind (mit-)ursächlich für einen eingetretenen Körperschaden nur solche Bedingungen im natürlich-logischen Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. BVerwG, U. v. 29.1.2009 - 2 A 3.08 - BayVBl 2009, 347). Als wesentliche Ursache kann auch ein Ereignis in Betracht kommen, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn ihm im Verhältnis zu den anderen denkbaren Ursachen nach natürlicher Betrachtungsweise eine überragende oder zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Schadens zukommt (vgl. BVerwG, B. v. 7.5.1999 - 2 B 117.98 - juris Rn. 4). Umgekehrt ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen der „letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. bereits BVerwG, U. v. 20.4.1967 - II C 118.64 - BVerwGE 26, 332 <339 f.>; vgl. weiter BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 6 m. w. N.).

Nicht ursächlich im Sinn des Gesetzes sind demnach die sogenannten Gelegenheitsursachen, d. h. solche Bedingungen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. BVerwG, B. v. 8.3.2004 - 2 B54.03 - juris Rn. 7). Der im Dienstunfallrecht maßgebliche Ursachenbegriff soll zu einer dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung führen. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (BVerwG, B. v. 23.10.2013 - 2 B 34.12 - juris Rn. 8).

Alle Tatbestandsvoraussetzungen für eine Dienstunfallanerkennung bzw. die geltend gemachten Unfallfolgen müssen zur Überzeugung der Behörde und des Gerichts vorliegen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerwG, U. v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - NVwZ 2010, 708; BVerwG, B. v. 4.4.2011 - 2 B 7.10 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 7).

Dies zugrunde gelegt steht für den Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 zumindest eine wesentlich mitwirkende Teilursache für die nunmehr manifeste, sich im Laufe der Jahre entwickelte, „schwere, andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom“ des Klägers ist. Der Senat schließt sich insoweit den Sachverständigen Dr. R., MedDir. Dr. H. und (insbesondere) Prof. Dr. W. an. Den Sachverständigen Dr. B. und Prof. Dr. D. folgt der Senat nicht. Hierfür sind die folgenden Überlegungen maßgeblich:

Dr. B. verneint eine Kausalität wegen einer vorbestehenden psychopathische Persönlichkeitsstruktur mit latent soziopathischen bzw. querulatorisch-rechthaberischen Tendenzen (vgl. Gutachten vom 13.9.1995, Bl. 30) ebenso wie Prof. Dr. D. in einem psychiatrischen Gutachten vom 23.6.2009. Dr. B. untersuchte den Kläger sieben Jahre nach dem Unfall und stellte eine psychische Entwicklung fest, die aus seiner Sicht ohne eine vorbestehende psychopathische Persönlichkeitsstruktur mit soziopathischen bzw. querulatorisch-rechthaberischen Tendenzen nicht zu erklären sei (vgl. Gutachten vom 13.9.1995, Bl. 30). Insoweit fußt das Gutachten auf einer nicht weiter begründeten Behauptung, wenngleich der Sachverständige darauf hinweist, dass eine egozentrische Blindheit des Klägers für seinen erheblichen eigenen Anteil am Zustandekommen des Unfalls auffiele, was wohl zum Beleg einer vorbestehenden psychopathischen Persönlichkeitsstruktur dienen soll. Auch Prof. Dr. D. stellte eine dienstunfallunabhängige paranoide Persönlichkeitsstörung fest und schlussfolgert, dass die psychischen Beschwerden (Anpassungsstörung, somatoforme Schmerzstörung) dadurch entstanden seien, dass der Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung die getroffenen Entscheidungen bezüglich der Einschätzung seines Grads der Behinderung und den daraus abzuleitenden Dienstunfallausgleich nicht habe akzeptieren können/wollen und deshalb Symptome einer Anpassungsstörung und somatoforme Störung entwickelt habe (vgl. Bl. 66/68 des Gutachtens). Prof. Dr. D. begründet seine Meinung damit, dass sich die Symptome bei dem Kläger nicht als unmittelbare Unfallfolge, sondern im Zusammenhang mit dem „Kampf“ des Klägers gegen die Ablehnung des von ihm geforderten Grades der Behinderung und entsprechend der Entschädigung durch den Dienstunfallausgleich entwickelt hätten. Die von ihm durchgeführten testpsychologischen und klinischen Untersuchungen ergäben eindeutige Hinweise auf das Vorliegen überdauernder, prämorbider Persönlichkeitsmerkmale, die die Kriterien einer (unfallunabhängigen) paranoiden Persönlichkeitsstörung erfüllten. Bei andauernden Persönlichkeitsänderungen handele es sich um Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, die sich bei Personen ohne vorbestehende Persönlichkeitsstörung nach extremer oder übermäßiger anhaltender Belastung oder nach schwerer psychiatrischer Krankheit entwickelt hätten. Eine derartige „andauernde Persönlichkeitsänderung“ werde meist als Folge „verheerender traumatischer Erfahrungen“ gesehen. Eine „andauernde Persönlichkeitsänderung“ sollte nur diagnostiziert werden, wenn diese als anhaltend und lebensverändernd anzusehen sei und ätiologisch auf eine „tiefgreifende, existenziell extreme Erfahrung“ zurückgeführt werden könne. Bei dem 1988 erlittenen Dienstunfall und seinen Folgen könne nicht von einer „tiefgreifenden, existentiell extremen Erfahrung“ bzw. einer „extremen oder übermäßigen anhaltenden Belastung“ gesprochen werden (immerhin könne der Kläger im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung seinen Dienst mittlerweile wieder für sechs Stunden, wenn auch unter Belastung, verrichten).

Anders wird die Frage der Kausalität von Dr. R. beurteilt, der in seinem Gutachten vom 30. Juni 1994 mit einer ausreichenden Wahrscheinlichkeit von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der auf psychiatrischem Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis ausgeht und das Vorliegen einer relevanten neurotischen Fehlhaltung vor dem Unfall verneint. Auch MedDir. Dr. H. verneint in seinem psychiatrischen Gutachten vom 14. April 2011 relevante psychiatrische Auffälligkeiten vor dem Unfallereignis im Oktober 1988 (vgl. Bl. 22 des Gutachtens). Der Kläger litt auch nach den Feststellungen von Prof. Dr. W. an keinen wesentlichen somatischen Vor- und Grunderkrankungen, keinen psychiatrischen Vorerkrankungen und auch keiner Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert vor dem Unfallereignis. Prof. Dr. W. stellte zwar psychiatrisch ausgeprägte negativistische sowie paranoide Persönlichkeitszüge fest, konnte jedoch keine eindeutigen Belege dafür finden, dass diese Auffälligkeiten bereits in der frühen Kindheit oder Jugend des Klägers bestanden hätten. Dieses Merkmal stelle - so Prof. Dr. W. - definitionsgemäß eine Voraussetzung für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung dar. Beim Kläger habe keine paranoide Persönlichkeitsstörung bzw. differenzialdiagnostisch eine wahnhafte Störung entsprechend dem Gutachten Prof. Dr. D. festgestellt werden können. Vielmehr gehe er mit Dr. H. von einem chronischen Schmerzsyndrom aus, das nach dem Unfall und unter teilweise ungünstig geschilderten sozialen Interaktionen über die Jahre zu einer andauernden Veränderung der Wahrnehmung, des Denkens und des Verhaltens geführt habe. Aufgrund der deutlichen Ausprägung mit bisweilen unflexibel und eindeutig fehlangepasstem Verhalten sei es zu einem deutlichen subjektiven Leid sowie sozialen beruflichen Beeinträchtigungen im Sinne einer nachhaltigen Lebensänderung gekommen. Aus psychiatrischer Sicht sei es vorliegend entscheidend, ob beim Kläger bereits vor dem Dienstunfallereignis aus dem Jahr 1988 eine nachweisbare psychische Störung im Sinne einer Persönlichkeitsstörung vorgelegen habe oder nicht. Sollte eine solche Persönlichkeitsstörung nachweisbar vorgelegen haben, dann wäre es sehr wahrscheinlich, dass das fragliche Dienstunfallereignis als eine von mehreren Teilursachen in der Kausalitätsbeurteilung an Gewicht verliere. Eine solche psychologische Auffälligkeit vor dem Dienstunfallereignis sei jedoch nicht nachweisbar. Damit sei das Dienstunfallereignis zumindest eine wesentlich mitwirkende Teilursache. Um die Frage zu klären, sei der Kläger sowohl psychiatrisch als auch klinisch psychologisch untersucht worden. Hierbei hätten für den Zeitraum vor dem Dienstunfallereignis keine psychischen Veränderungen festgestellt werden können, auch keine sog. Disposition für die psychischen Auffälligkeiten. Da es zur wissenschaftlich anerkannten Definition einer Persönlichkeitsstörung gehöre, dass diese spätestens seit der Adoleszenz oder dem frühen Erwachsenenalter nachweisbar sein müsse, habe er sich der Einschätzung der Vorgutachter Prof. D. und Dr. B. nicht anschließen können. Er halte es für wesentlich plausibler, dass die beim Kläger zweifelslos vorhandenen auffälligen Wesenszüge in seiner Persönlichkeit im Zuge des Krankheitsverlaufs seit 1988 entstanden seien.

Der Senat folgt dem Gutachten von Prof. Dr. W., denn es hat überzeugend die Grundlagen herausgearbeitet, womit der Senat die Kausalitätsfrage beantworten konnte. Die Fragen des Beklagten zum Gutachten hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung klarstellend und unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Theorie der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache klarstellend beantwortet. Die Schlussfolgerungen von Prof. Dr. W. sind in sich stimmig und in allen Punkten nachvollziehbar. Insbesondere hat Prof. Dr. W. überzeugend begründet, warum er sich den der Einschätzung der Vorgutachter Dr. B. und Prof. Dr. D. nicht anzuschließen vermag.

Der Senat folgt auch der Bewertung der Gesamt-MdE durch Prof. Dr. W., die er unter Einbeziehung der MdE auf orthopädischem Gebiet in einer Höhe von 20 bzw. 25 v. H. mit 50 v. H. angibt, weil der Kläger offensichtlich durch die psychische Komponente an einer erheblichen Alltagsbeeinträchtigung leidet. Abweichungen um 5% in den zugrundeliegenden orthopädischen Einschätzungen seien aus seiner Sicht unerheblich. Zwar hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten vom 19. Februar 2014 ursprünglich ausgeführt, die Minderung auf psychiatrischem Fachgebiet könne nicht insgesamt dem Unfallereignis zugeordnet werden, so dass die dienstunfallbedingte Gesamt-MdE 35 bis 40 v. H. betrage. Daran hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung aber nicht festgehalten, nachdem ihm vom Senat die Rechtsprechung zur wesentlich mitwirkenden Teilursache erläutert worden war. Der Senat erachtet die Ausführungen des Sachverständigen auch insoweit für schlüssig und überzeugend. Auch der Beklagte ist diesen nicht entgegen getreten.

1.2.3. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG in der zum Zeitpunkt der Anzeige - 2. September 1994 - geltenden Fassung (§ 45 BeamtVG 1994) wird nach Ablauf der zweijährigen Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 1994 für die Meldung eines Dienstunfalls Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass eine den Anspruch auf Unfallfürsorge begründende Folge des Unfalls erst später bemerkbar geworden ist. Die Meldung muss innerhalb von drei Monaten erfolgen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG 1994). Unschädlich ist, dass sich schon früher Unfallfolgen gezeigt haben. § 45 Abs. 2 BeamtVG 1994 verlangt nur, dass „eine“ anspruchsbegründende Unfallfolge erst später bemerkbar geworden ist. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Dreimonatsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG (vgl. BVerwG. U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - IÖD 2002, 200 - juris Rn. 9).

Bemerkbar geworden ist eine Unfallfolge, wenn der verletzte Beamte bei sorgfältiger Prüfung nach seinem Urteilsvermögen zu der Überzeugung gekommen ist oder kommen musste, dass sein Leiden durch den Unfall verursacht ist. Dass er nur mit einer solchen Möglichkeit rechnen musste, genügt nicht (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - juris Rn. 10).

Die Dienstunfallfolgen des Klägers beschränkten sich zunächst im Wesentlichen auf den orthopädischen Bereich. In einem sozialgerichtlichen Verfahren wegen des Grades der Schwerbehinderung des Klägers stellte Dr. R. mit Gutachten vom 30. Juni 1994 im Rahmen einer psychiatrischen Beurteilung - soweit ersichtlich erstmals - ein somatisiert-depressives Syndrom im Rahmen einer neurotischen Fehlverarbeitung bei einer vermutlich hypochondrischen Grundhaltung fest und ging mit „ausreichender Wahrscheinlichkeit“ von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der auf psychiatrischen Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis aus. Der Kläger legte dieses Gutachten mit Schreiben seiner (früheren) Bevollmächtigten vom 2. September 1994 in einem Verfahren betreffend einen Antrag auf Gewährung von Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von 35 v. H. mit der Bitte um Berücksichtigung vor, was die Bezirksfinanzdirektion zum Anlass nahm, ein Gutachten zur Frage, ob auf psychiatrischem Gebiet Körperschäden bzw. Beschwerden vorliegen, die allein oder wesentlich bzw. annährend gleichwertig durch den Unfall verursacht worden sind. Das Gutachten Dr. R. vom 30. Juni 1994 genügt den inhaltlichen Anforderung an die Meldung einer erst nach Ablauf der zweijährigen Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bemerkbar gewordenen anspruchsbegründenden Unfallfolge. Die Unfallfolgenanzeige wahrte die Dreimonatsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG 1994, wenn für den Kläger als medizinischer Laie erst durch das nervenärztliche Gutachten Dr. R. vom 30. Juni 1994 erkennbar wurde, dass seine psychischen Beschwerden unmittelbar auf den Dienstunfall beruhen könnten (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - juris Rn. 11). Mit dem Gutachten Dr. R. und der dort geäußerten „ausreichenden Wahrscheinlichkeit“ eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten der auf psychiatrischen Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis war die Unfallfolge für den Kläger im Sinne der vorstehenden Ausführungen „bemerkbar“ geworden. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger bereits 1991/1992 psychische Beschwerden bemerkte, „gegenüber seinen Mitmenschen immer aggressiver“ wurde, da mit dieser Feststellung kein Bezug zum Unfallgeschehen hergestellt worden ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Sachverständige Prof. Dr. W. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausführte, dass der Kläger wohl erst im Jahr 2006 anlässlich einer Rehamaßnahme in B. ... bewusst erkannt habe, dass eine Kausalität zwischen Dienstunfall und psychischen Beschwerden besteht.

Gemäß § 45 Abs. 2 BeamtVG sind Leistungen der Unfallfürsorge ausgeschlossen, die mit Rücksicht auf einen Körperschaden verlangt werden, der auf einem mehr als zehn Jahren zurückliegenden Ereignis beruht. Das ist der Fall, wenn nach Ablauf der Ausschlussfrist von zehn Jahren das Dienstunfallgeschehen als solches oder auch ein - weiterer - Körperschaden aufgrund eines solchen Ergebnisses gemeldet wird. § 45 Abs. 2 BeamtVG hindert nicht die Leistung von Unfallfürsorge über mehr als zehn Jahre. Vielmehr sollen nach zehn Jahren nur Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf und über den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - juris Rn. 18).

Die von ihm geltend gemachten psychischen Beschwerden sind erst nach etwa sechs Jahren nach dem Dienstunfall aufgetreten. In diesem Fall deckt die damalige Meldung des Dienstunfalls die später eingetretene weitere Unfallfolge nicht ab (vgl. BayVGH, U. v. 16.7.2008 - 14 B 05.2548 - juris Rn. 8; BVerwG, U. v. 21.9.2000 - 2 C 22/99 - NVwZ 2001, 328 - juris Rn. 13). Der selbstständige Fristenlauf für später auftretende Unfallfolgen rechtfertigt sich aus dem Sinn und Zweck des § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG, wonach durch die rechtzeitige Unfallmeldung vermieden werden soll, dass notwendige Ermittlungen hinsichtlich des Unfallgeschehens und des Kausalzusammenhangs erst nach vielen Jahren und unter kaum zu bewältigenden Schwierigkeiten festgestellt werden müssen (vgl. BayVGH, U. v. 16.7.2008 - 14 B 05.2548 - juris Rn. 9).

Der Kläger hat nach Sachlage mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls - einer (andauernden) Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom - vor Ablauf der Ausschlussfrist von zwei Jahren nicht rechnen können, weil ein entsprechender Zusammenhang aufgrund der Krankheitsentwicklung erst Jahre später erkennbar war.

2. Ist aus den vorstehenden Gründen der Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 ursächlich für die psychischen Beschwerden des Klägers, so ist die Ablehnung der Übernahme der hierfür erforderlichen Behandlungskosten gemäß Art. 33 BeamtVG 2006 rechtswidrig. Denn die für die Erstattung von Behandlungskosten hinsichtlich des beim Kläger vorliegenden Persönlichkeitsänderung erforderliche Voraussetzung eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Dienstunfall und der Heilbehandlung liegt - wie vorstehend dargestellt - aufgrund der unfallabhängigen Schädigung vor.

3. Der Berufung des Klägers war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, da dem Kläger nicht zugemutet werden konnte, das Vorverfahren allein, ohne rechtskundigen Rat, zu betreiben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 29.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m. w. N.). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (vgl. Happ a. a. O. Rn. 61).

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Anerkennung verschiedener weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen als Folge eines am 15. Juni 2009 während einer Dienstfahrt erlittenen und mit streitgegenständlichem Bescheid der Beklagten vom 15. April 2011 als Dienstunfall anerkannten Autounfalls des Klägers sowie auf Gewährung von weiterer Heilfürsorge und eines höheren Unfallausgleichs unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Begründung des - insoweit - ablehnenden streitgegenständlichen Bescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 11. Oktober 2011 abgewiesen. Ergänzend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren umfangreich eingeholten und für die gerichtliche Sachentscheidung ausreichenden ärztlichen Befunde und Stellungnahmen sei vorliegend nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Kausalität zwischen dem Dienstunfall und den vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen - zumindest nicht im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilverursachung - auszugehen. Ausweislich der von der Beklagten eingeholten Gutachten seien die zusätzlich geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht Folgen des Dienstunfalls, sondern auf seine Vorerkrankung bzw. Vorschädigung, insbesondere auf seine seit langem bestehende Multiple-Sklerose-Erkrankung, zurückzuführen. Daher sei die Klage auch hinsichtlich der anderen mit der begehrten Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen zusammenhängenden Streitgegenstände abzuweisen gewesen.

Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften. Der Kläger hat die Bewertung des Verwaltungsgerichts, er habe den ihm obliegenden Beweis nicht erbringen können, dass die von ihm reklamierten weiteren Körperschäden kausal durch den Dienstunfall verursacht worden seien, nicht erschüttert.

Nicht durchdringen kann der Kläger mit seinem Einwand, er sei ungeachtet seiner Grunderkrankung bis zu seinem Verkehrsunfall vollzeitbeschäftigt gewesen, habe seinen beruflichen Pflichten nachkommen können und sei allen körperlichen sowie geistigen Anforderungen gewachsen gewesen, als Folge des Dienstunfalls sei er nun dauerhaft erkrankt, zu 100% erwerbsunfähig und wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Zwar gilt bei typischen Geschehensabläufen grundsätzlich auch im Dienstunfallrecht der Anscheinsbeweis. Danach besteht auf erste Sicht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Schaden, wie es bei typischen, in ähnlicher Weise immer wieder vorkommenden Geschehensabläufen nach allgemeiner Erfahrung des täglichen Lebens der Fall ist; sind keine Tatsachen erwiesen, welche die Möglichkeit eines von dem typischen Geschehensablauf abweichenden Geschehens dartun, so bedarf es für den Ursachenzusammenhang keines weiteren Nachweises (st. Rspr. des BVerwG, vgl. U. v. 23.5.1962 - VI C 39.60 - BVerwGE 14, 181 m. w. N.). Auch wenn es durchaus nachvollziehbar ist, dass der Kläger nach dem ersten Anschein davon ausgeht, der Dienstunfall sei kausal für seine Beeinträchtigungen, liegen hier im Hinblick auf seine Vorerkrankung und seine Vorschädigung Tatsachen vor, die ihm den Nachweis der Kausalität mittels Anscheinsbeweises verwehren.

Treffen Vorschädigungen, anlagebedingte Leiden, oder Vorerkrankungen - wie im Fall des Klägers seine Multiple-Sklerose-Erkrankung - mit einem Dienstunfall zusammen, sind geltend gemachte Körperschäden nur dann im Rechtssinn kausal durch den Dienstunfall verursacht, wenn der Dienstunfall im Verhältnis zu diesen Vorschädigungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentlich mitwirkende Teilursache für diese Körperschäden ist. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann zwar auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt. Dies setzt aber voraus, dass diesem Ereignis im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung oder Vorschädigung gehört - keine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich für die Körperschäden anzusehen sind. Keine Ursachen im Rechtssinn sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solch untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., BVerwG, U. v. 30.6.1988 - 2 C 77.86 - DÖD 1988, 295 m.w.N; BayVGH, B. v. 21.3.2014 - 14 ZB 12.1024 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Nach den auch im Dienstunfallrecht geltenden Regeln über die materielle Beweislast (vgl. BayVGH, B. v. 13.1.2014 - 14 CS 13.1790 - juris Rn. 13 m. w. N.) hat der Kläger den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass jede einzelne von ihm geltend gemachte körperliche Beeinträchtigung tatsächlich besteht und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zumindest im Sinne einer wesentlich mitwirkenden Teilursache - auf dem als Dienstunfall anerkannten Verkehrsunfall beruht (vgl. BVerwG, B. v. 12.10.1972 - 6 B 22.72 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 50). Nur dann kann der Kläger eine Anerkennung der geltend gemachten Körperschäden als Dienstunfallfolgen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG beanspruchen. Lassen sich wie hier die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht klären, geht dies zulasten des Klägers.

Dies zugrunde gelegt hätte der Kläger in der Zulassungsbegründung darlegen müssen, durch welche der vorhandenen Gutachten er den notwendigen Beweis geführt sieht, zumal er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die Stellung eines Beweisantrags verzichtet hat. Unabhängig davon, dass der Kläger insoweit seinen Darlegungspflichten nicht nachgekommen ist und ungeachtet der diesbezüglichen Einschätzungen des fachärztlichen Beraters der Beklagten, der die im Verwaltungsverfahren eingeholten unfallchirurgischen, neurologischen, psychiatrischen und psychologischen Zusammenhangs- bzw. Zusatzgutachten ausgewertet hat, lässt sich dem neurologischen Gutachten des Klinikums Nürnberg vom 4. Juni 2010 und dem Ergänzungsgutachten vom 17. Januar 2011 nicht entnehmen, dass die Verschlechterung der Multiplen Sklerose kausal durch den Dienstunfall verursacht wurde. Zwar wird im neurologischen Ergänzungsgutachten ausgeführt, es bleibe festzuhalten, dass sowohl eine Posttraumatische Belastungsstörung als auch eine depressive Symptomatik zu verminderten Kortisolspiegeln im Serum führen und aufgrund der bei Multipler Sklerose verminderten Lymphozytenaffinität für Kortisol Entzündungsprozesse im zentralen Nervensystem in Gang induziert oder perpetuiert werden könnten. Allerdings wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „im Rahmen des vorliegenden Gutachtens selbstverständlich kein genauer Mechanismus definiert werden“ könne, „der beim Kläger zur vorliegenden Verschlechterung - seiner Erkrankung - geführt“ habe, „da die genaue Pathophysiologie der Multiplen Sklerose trotz intensiver weltweiter Forschung bislang nur teilweise aufgeklärt“ sei. Mit einer derartigen gutachterlichen Aussage ist der Beweis für die Kausalität zwischen Dienstunfall und des geltend gemachten Körperschadens eines schubförmig remittierenden Verlaufs einer Multiplen-Sklerose-Erkrankung nicht geführt. Unsicherheiten, die auf den wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärten Krankheitsmechanismen der Multiplen Sklerose beruhen, gehen zulasten des Klägers. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden, dass auch im Beamtenrecht entstehende Beweisschwierigkeiten keine von den allgemeinen Beweisgrundsätzen abweichende mildere Beurteilung der Beweisanforderungen rechtfertigen (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.1981 - 2 C 17.81 - NJW 1982, 1893 m. w. N.).

Da es somit im Hinblick auf die Verschlechterung der Multiplen-Sklerose-Erkrankung auf die Bewertung des fachärztlichen Beraters der Beklagten nicht allein ankommt und sich das Verwaltungsgericht insoweit lediglich ergänzend geäußert hat, kann der Kläger diesbezüglich auch nicht mit seiner Rüge durchdringen, das Verwaltungsgericht folge fast ausschließlich dessen Auswertung, obwohl der fachliche Berater seine Begutachtung lediglich nach Aktenlage ausgeführt und ihn noch nicht einmal persönlich untersucht habe. Soweit der Kläger die Bewertungen des Fachberaters hinsichtlich der als Unfallfolge geltend gemachten Entwicklung einer schweren depressiven Symptomatik mit kognitiven Störungen in Zweifel ziehen möchte, ist er ebenfalls seinen Darlegungspflichten nicht nachgekommen. Denn die Auswertung eines ärztlichen Gutachtens ist nicht schon deshalb fehlerhaft und unbrauchbar, weil sie nach Aktenlage vorgenommen wurde. Der Kläger hätte insoweit substantiiert dartun müssen, in welchen Punkten die fachärztliche Auswertung fehlerhaft war und warum sich dies dem Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung hätte aufdrängen müssen.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, der Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Finanzen vom 29. Januar 2007 und der Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 9. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2008 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer dienstunfallbedingten Gesamt-MdE von 50 v. H. beginnend ab dem 1. Juli 2006 zu gewähren.

Der Beklagte wird verpflichtet, die Kosten für die am 17. Juni 2006 beantragte psychologisch-ambulante Behandlung zu übernehmen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 19... geborene Kläger erlitt am 12. Oktober 1988 bei einer Fortbildungsveranstaltung für Justizwachtmeister einen Unfall, der mit Bescheid der damaligen Bezirksfinanzdirektion M. (BFD M.; heute: Landesamt für Finanzen) vom 23. November 1988 als Dienstunfall anerkannt wurde. Einschließlich eines Erweiterungsbescheides vom 14. November 1989 wurden eine Clavikularluxation rechts Grad II (Tossy) mit Ruptur des Ligamentum acromio clavikularae, eine ACG-Arthrose rechts bei ehemaliger AVG-Sprengung Tossy III rechts sowie eine Armplexusschädigung rechts festgestellt. Aufgrund des Dienstunfalls wurde mit Bescheid der BFD M. vom 6. November 1995 Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG auf der Grundlage einer dienstunfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v. H. ab 1. Juli 1994 bewilligt. In dem damaligen Verfahren hatte die frühere Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 2. September 1994 ein Gutachten von Dr. R. vom 30. Juni 1994 vorgelegt, der ein somatisiert-depressives Syndrom im Rahmen einer neurotischen Fehlverarbeitung bei einer vermutlich hypochondrischen Grundhaltung festgestellt hat und mit ausreichender Wahrscheinlichkeit von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der auf psychischen Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis ausgegangen ist. Die BFD M. ist dieser gutachterlichen Feststellung indes beim der Festlegung des Unfallausgleichs nicht gefolgt.

Der Kläger beantragte am 17. Juni 2006 die Zusage der Kostenübernahme einer psychologischen Weiterbehandlung und legte einen Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. ... vom 1. Juni 2006 vor. Aus dem Entlassungsbericht folgt, dass im Rahmen der psychologischen Mitbehandlung eine Stabilisierung erreicht werden konnte und dringend eine psychologische Weiterbehandlung zur Krankheitsverarbeitung empfohlen wird. Das Landesamt für Finanzen, Dienststelle R. (Landesamt) lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Juli 2007 unter Hinweis auf ein amtsärztliches Gutachten vom 29. Juni 2006 ab. Nach dem amtsärztlichen Gutachten sei die vorgesehene Behandlung zwar notwendig, sie stehe jedoch nicht ursächlich in Zusammenhang mit den anerkannten Dienstunfallfolgen.

Der Kläger beantragte mit einem weiteren Schreiben vom 17. Juni 2006 die Erhöhung der MdE auf 50 v. H.; mit Telefax vom 11. Juni 2007 änderte er den ursprünglichen Antrag vom 17. Juni 2006 dahingehend, dass er nunmehr eine Gesamt-MdE von 80 v. H. begehrt. Das Landesamt lehnte die - nicht weiter begründeten Anträge - mit Bescheid vom 9. Oktober 2007 ab. Zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen sei von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. ein fachärztlich-chirurgisches Gutachten eingeholt worden. Danach betrage die unfallbedingte MdE unverändert 25 v. H.

Nach erfolgten Widerspruchsverfahren erhob der Kläger mit Schriftsätzen vom 2. März 2007 (Behandlungskosten) und vom 14. Februar 2008 (Unfallausgleich) Klage zum Verwaltungsgericht mit den zuletzt gestellten Anträgen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2007 zu verpflichten, die Kosten für die psychologisch-ambulante Behandlung zu übernehmen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 9. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2008 zu verpflichten, dem Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von 70 v. H. zu gewähren.

Die Klagen wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die eingeholten gutachterlichen Feststellungen nicht ausreichend seien.

Mit Urteil vom 7. September 2010 hat das Verwaltungsgericht die Klagen abgewiesen. Die psychischen Beschwerden des Klägers seien nicht auf den Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 zurückzuführen. Dies ergebe sich aus dem im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. D. vom 23. Juni 2009. Danach leide der Kläger an einer Anpassungsstörung bzw. somatoformen Schmerzstörung, die vor dem Hintergrund einer testpsychologischen wie klinisch festzustellenden paranoiden Persönlichkeitsstörung bzw. differentialdiagnostisch zu erwägenden wahnhaften Störungen ab 1991/1992 dadurch entstanden sei, dass der Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung die getroffenen Entscheidungen bezüglich der Einschätzung seines Grads der Behinderung und des daraus abzuleitenden Dienstunfallausgleichs nicht habe akzeptieren können oder wollen und darauf mit der Entwicklung psychischer Beschwerden reagiert habe. Die psychischen Störungen seien nicht unmittelbar auf den erlittenen Dienstunfall zurückzuführen.

Der auf Grundlage einer - nicht näher substantiierten - Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 70 v. H. geltend gemachte Unfallausgleich stehe dem Kläger nicht zu. Nach der Einschätzung des gerichtlichen Gutachters bedingten die festgestellten psychischen Beschwerden/Störungen des Klägers (Anpassungsstörung, somatoforme Schmerzstörung, paranoide Persönlichkeitsstörung) die Annahme einer Gesamt-MdE von 40 v. H. Da diese jedoch nicht unfallbedingt seien, blieben sie auf die Höhe der festgestellten unfallbedingten MdE ohne Einfluss.

Der Kläger hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und zuletzt beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2007 zu verpflichten, die Kosten für die psychologisch-ambulante Behandlung zu übernehmen,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 9. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2008 zu verpflichten, dem Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von 50 v. H. beginnend ab dem 1. Juli 2006 zu gewähren.

Der Kläger verweist auf das psychiatrische Gutachten von Herrn MedDir. Dr. H. bei dem Landgericht M. ... vom 14. April 2011 (das dort zur Frage der Schuldfähigkeit des Klägers eingeholt worden war), das den Dienstunfall anders als das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten Prof. Dr. D. als kausal für die psychische Erkrankung des Klägers ansieht und damit im Widerspruch zum gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten steht.

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 hat der Senat Beweis erhoben über die Frage, ob die psychischen Beschwerden des Klägers durch den Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 verursacht sind, bejahendenfalls, ob die vom Kläger begehrte psychologische Behandlung zur Heilung oder Linderung dieser Beschwerden geeignet ist, sowie ferner wie hoch die insgesamt durch den Dienstunfall verursache Minderung der Erwerbsfähigkeit ist.

Unter dem 19. Februar 2014 legte der Sachverständige Prof. Dr. W. sein psychiatrisches und neurologisches Fachgutachten vor. Zusammenfassend könnten die Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, differentialdiagnostisch einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom, auch nach neurologischer und orthopädischer Einordnung des Schmerzsyndroms gestellt werden. Der Kläger sei aufgrund seines Schmerzsyndroms und der Persönlichkeitsänderung in seinem Alltag deutlich eingeschränkt. Sein Aktivitätsradius habe sich reduziert und sein Sozialleben stark negativ verändert, so dass es weiterhin erforderlich erscheine, eine regelmäßige ambulante psychologische und psychotherapeutische Behandlung zu erhalten. Hinsichtlich der Kausalitätsfrage sei anzuführen, dass es sich bei somatoformen Schmerzstörungen und den dadurch bedingten Persönlichkeitswandel grundsätzlich um ein multifaktorielles Geschehen handele. Einerseits sei das Unfallgeschehen die notwendige Bedingung, ohne die das weitere Krankheitsgeschehen nicht aufgetreten wäre, andererseits spielten anlage- und aufrechterhaltende Faktoren eine wichtige Rolle, zumal seit dem Unfallereignis bereits viele Jahre vergangen seien. Daher könne das heutige Beschwerdebild nicht mehr allein dem Dienstunfallereignis zugeordnet werden. Es kämen sicherlich andere Faktoren hinzu, die das Schmerzleben beeinflussen und aufrechterhalten, wie die erst nach dem Unfallereignis aufgetretenen Ehe- und Arbeitsplatzprobleme. Die Persönlichkeitsänderung sei im Wesentlichen eine Folge der Schmerzen, ggf. verstärkt durch weitere ungünstige Faktoren.

Von chirurgischer Seite sei bereits durch die einschlägigen chirurgischen Zusatzgutachten eine Minderung der Erwerbstätigkeit von 25 v. H. erhoben worden. Da dem Dienstunfall die chronischen Schmerzen und in Folge auch psychiatrische Beschwerden gefolgt seien, sei der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die psychiatrischen Diagnosen und das Schmerzsyndrom zu ergänzen (30 - 40 v. H.). Aufgrund der Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom) sei zusammenfassend eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um insgesamt 50 v. H. gegeben. Allerdings könne die Minderung auf psychiatrischem Fachgebiet nicht insgesamt dem Unfallereignis zugeordnet werden, so dass die dienstunfallbedingte Gesamt-MdE 35 bis 40 v. H. betrage.

Der Beklagte erhebt Einwände gegen das Gutachten Prof. Dr. W.; es fehle eine Auseinandersetzung mit der im Dienstunfallrecht geltenden Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache. Dem Anspruch des Klägers stehe die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 2 BeamtVG bzw. des Art. 47 Abs. 2 BeamtVG entgegen. Hiernach werde Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen seien. Selbst der Antrag des Klägers vom 17. Juni 2006 liege außerhalb der 10-jährigen Ausschlussfrist. Das Gutachten Prof. Dr. W. gehe von einer Minderung der Erwerbstätigkeit des Klägers auf chirurgischem Gebiet in Höhe von 25 v. H. aus. Das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie und Sozialmedizin Dr. W. vom 14. Januar 2014, das im Auftrag des Landesamts erstellt worden sei, gelange hingegen lediglich zu einer Minderung der Erwerbstätigkeit von 20 v. H.

In der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2015 erläuterte der Sachverständige sein Gutachten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 18. März 2015 führte er aus, dass die Minderung der Erwerbstätigkeit des Klägers von 50 v. H. nach seiner Überzeugung im Wesentlichen seit Juli 2006 besteht und dem Gesamtverlauf im zeitlichen Durchschnitt angemessen ist.

Die Beteiligten haben auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m.. § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Dem Kläger ist ab dem 1. Juli 2006 Unfallausgleich für eine dienstunfallbedingte Gesamt-MdE von 50 v. H. zu gewähren (1.) und der Beklagte zu verpflichten, die Kosten für die am 17. Juni 2006 beantragte psychologisch-ambulante (Weiter-)Behandlung des Klägers zu übernehmen (2.).

1. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich ab dem 1. Juli 2006 auf der Grundlage einer Gesamt-MdE von 50 v. H.

1.1. Für die Verpflichtungsklage auf einen Unfallausgleich ist der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Anspruchsvoraussetzungen die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. OVG Bremen, U. v. 29.10.2008 - 2 A 38/05 - juris Rn. 55; OVG Lüneburg, B. v. 29.11.2000 - 2 L 3371/00 - juris Rn. 9; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Hauptband I, Stand: Okt. 2015, § 35 BeamtVG Rn. 107; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, 2. Band, Stand: Feb. 2015, § 35 BeamtVG Rn. 87). Damit ist auf die Sach- und Rechtslage am 11. Januar 2008 - Erlass des Widerspruchsbescheids hinsichtlich des begehrten Unfallausgleichs - abzustellen und mithin auf das Beamtenversorgungsgesetz in der am 31. August 2006 (BeamtVG 2006) geltenden Fassung (vgl. § 108 Abs. 1 BeamtVG, Art. 117 BayBeamtVG), das gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes im maßgeblichen Zeitpunkt als Bundesrecht fortgalt.

1.2. Ein (Ruhestands-)Beamter, der in Folge eines Dienstunfalls in seiner Erwerbstätigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, erhält neben den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich, solange dieser Zustand andauert. Eine wesentliche Beschränkung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die dienstunfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mindestens 25 v. H. beträgt. Aufgrund dessen ist dem Kläger mit Bescheid vom 6. November 1995 Unfallausgleich basierend auf einer MdE von 25 v. H. ab 1. Juli 1994 gewährt worden (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung vom 1.10.1994). Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 (i. V. m. Abs. 1 Satz 1) BeamtVG 2006 wird der Unfallausgleich neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. So liegt der Fall hier. Eine wesentliche Änderung ist eingetreten, weil die im Laufe der Jahre vom Kläger entwickelte „anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom)“ zu einer Erhöhung der Gesamt-MdE führt, die nunmehr mit 50 v. H. zu bewerten ist (1.2.1.). Die Änderung ist zu berücksichtigen, weil sie zum einen kausal im Sinne der mitwirkenden Teilursache auf den Dienstunfall zurückzuführen ist (1.2.2.) und der Kläger die psychischen Beschwerden rechtzeitig als Dienstunfallfolge angezeigt hat (1.2.3.).

1.2.1. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 2006 ist gegeben, wenn sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit ununterbrochen für mehr als sechs Monate um mindestens 10 v. H. ändert oder wenn durch die Änderung die Mindestgrenze von 25 v. H. erreicht oder unterschritten wird (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Hauptband I, Stand: Okt. 2015, § 35 Rn. 85; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, 2. Band, Stand: Feb. 2015, § 35 BeamtVG Rn. 69; BVerwG, U. v. 15.9.1966 - II C 95.64 - BVerwGE 25,46 - juris Rn. 22; BayVGH, U. v. 18.10.2006 - 3 B 03.2950 - juris Rn. 31; Tz. 35.3.1 Satz 4 der Allgemeinen Vorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz, GMBl 1980, 742). Dies setzt jedoch voraus, dass sich der durch den Dienstunfall eingetretene Gesundheitszustand tatsächlich auch geändert hat, nicht lediglich dessen ärztliche Beurteilung (BVerwG, B. v 16.9.1980 - 6 B 44.80 - juris; BayVGH, B. v. 7.1.2015 - 3 ZB 12.1391 - juris Rn. 6).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat Anspruch auf Unfallausgleich, der sich nunmehr auf der Grundlage einer Gesamt-MdE von 50 v. H. errechnet. Damit hat sich die Sachlage gegenüber dem Bescheid vom 6. November 1995 (Unfallausgleich basierend auf einer MdE von 25 v. H. ab 1. Juli 1994) wesentlich geändert. Der Unfallausgleich ist daher gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 2006 vom Beklagten - unter Anerkennung einer anhaltenden somatoforme Schmerzstörung (Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom) - ab 1. Juli 2006 neu festzusetzen.

Der Senat legt seiner Entscheidung das von ihm eingeholte wissenschaftlich begründete psychiatrische und neurologische Fachgutachten von Prof. Dr. W. vom 19. Februar 2014 (Gutachten Prof. Dr. W.), erläutert in der mündlichen Verhandlung am 9. Februar 2015 und ergänzt mit Schreiben vom 18. März 2015, das er für schlüssig und nachvollziehbar erachtet, zugrunde.

Der Kläger leidet nach Prof. Dr. W. an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und (differentialdiagnostisch) Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom (schwere, andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom). Insoweit stimmt das Gutachten Prof. Dr. W. mit den weiteren hinsichtlich des Klägers erstellten psychiatrischen Gutachten überein. Dr. R. stellt in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 30. Juni 1994, das er gegenüber dem Sozialgericht M. zur Frage der Einschätzung hinsichtlich des Grades der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz erstellte, ebenso wie Dr. B. in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 13. September 1995 ein „somatisiert-depressives Syndrom“ fest. Prof. Dr. D. konstatiert in seinem psychiatrischen Gutachten vom 23. Juni 2009 eine „Anpassungsstörung und somatoforme Störung“ und auch MedDir. H. diagnostiziert in seinem psychiatrischen Gutachten vom 14. April 2011 eine „schwere andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom“.

1.2.2. Die Sachverständigen beurteilen jedoch die Frage, ob die psychischen Störungen auf den im Jahre 1988 erlittenen Dienstunfall zurückzuführen sind, unterschiedlich.

Für die Frage der kausalen Verknüpfung zwischen Unfallereignis und Körperschaden ist die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache maßgeblich. Hiernach sind (mit-)ursächlich für einen eingetretenen Körperschaden nur solche Bedingungen im natürlich-logischen Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. BVerwG, U. v. 29.1.2009 - 2 A 3.08 - BayVBl 2009, 347). Als wesentliche Ursache kann auch ein Ereignis in Betracht kommen, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn ihm im Verhältnis zu den anderen denkbaren Ursachen nach natürlicher Betrachtungsweise eine überragende oder zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für den Eintritt des Schadens zukommt (vgl. BVerwG, B. v. 7.5.1999 - 2 B 117.98 - juris Rn. 4). Umgekehrt ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen der „letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. bereits BVerwG, U. v. 20.4.1967 - II C 118.64 - BVerwGE 26, 332 <339 f.>; vgl. weiter BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 6 m. w. N.).

Nicht ursächlich im Sinn des Gesetzes sind demnach die sogenannten Gelegenheitsursachen, d. h. solche Bedingungen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. BVerwG, B. v. 8.3.2004 - 2 B54.03 - juris Rn. 7). Der im Dienstunfallrecht maßgebliche Ursachenbegriff soll zu einer dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung führen. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (BVerwG, B. v. 23.10.2013 - 2 B 34.12 - juris Rn. 8).

Alle Tatbestandsvoraussetzungen für eine Dienstunfallanerkennung bzw. die geltend gemachten Unfallfolgen müssen zur Überzeugung der Behörde und des Gerichts vorliegen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Ein Anspruch ist nur dann anzuerkennen, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerwG, U. v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - NVwZ 2010, 708; BVerwG, B. v. 4.4.2011 - 2 B 7.10 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 4.12.2014 - 14 ZB 12.2449 - juris Rn. 7).

Dies zugrunde gelegt steht für den Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 zumindest eine wesentlich mitwirkende Teilursache für die nunmehr manifeste, sich im Laufe der Jahre entwickelte, „schwere, andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom“ des Klägers ist. Der Senat schließt sich insoweit den Sachverständigen Dr. R., MedDir. Dr. H. und (insbesondere) Prof. Dr. W. an. Den Sachverständigen Dr. B. und Prof. Dr. D. folgt der Senat nicht. Hierfür sind die folgenden Überlegungen maßgeblich:

Dr. B. verneint eine Kausalität wegen einer vorbestehenden psychopathische Persönlichkeitsstruktur mit latent soziopathischen bzw. querulatorisch-rechthaberischen Tendenzen (vgl. Gutachten vom 13.9.1995, Bl. 30) ebenso wie Prof. Dr. D. in einem psychiatrischen Gutachten vom 23.6.2009. Dr. B. untersuchte den Kläger sieben Jahre nach dem Unfall und stellte eine psychische Entwicklung fest, die aus seiner Sicht ohne eine vorbestehende psychopathische Persönlichkeitsstruktur mit soziopathischen bzw. querulatorisch-rechthaberischen Tendenzen nicht zu erklären sei (vgl. Gutachten vom 13.9.1995, Bl. 30). Insoweit fußt das Gutachten auf einer nicht weiter begründeten Behauptung, wenngleich der Sachverständige darauf hinweist, dass eine egozentrische Blindheit des Klägers für seinen erheblichen eigenen Anteil am Zustandekommen des Unfalls auffiele, was wohl zum Beleg einer vorbestehenden psychopathischen Persönlichkeitsstruktur dienen soll. Auch Prof. Dr. D. stellte eine dienstunfallunabhängige paranoide Persönlichkeitsstörung fest und schlussfolgert, dass die psychischen Beschwerden (Anpassungsstörung, somatoforme Schmerzstörung) dadurch entstanden seien, dass der Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung die getroffenen Entscheidungen bezüglich der Einschätzung seines Grads der Behinderung und den daraus abzuleitenden Dienstunfallausgleich nicht habe akzeptieren können/wollen und deshalb Symptome einer Anpassungsstörung und somatoforme Störung entwickelt habe (vgl. Bl. 66/68 des Gutachtens). Prof. Dr. D. begründet seine Meinung damit, dass sich die Symptome bei dem Kläger nicht als unmittelbare Unfallfolge, sondern im Zusammenhang mit dem „Kampf“ des Klägers gegen die Ablehnung des von ihm geforderten Grades der Behinderung und entsprechend der Entschädigung durch den Dienstunfallausgleich entwickelt hätten. Die von ihm durchgeführten testpsychologischen und klinischen Untersuchungen ergäben eindeutige Hinweise auf das Vorliegen überdauernder, prämorbider Persönlichkeitsmerkmale, die die Kriterien einer (unfallunabhängigen) paranoiden Persönlichkeitsstörung erfüllten. Bei andauernden Persönlichkeitsänderungen handele es sich um Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, die sich bei Personen ohne vorbestehende Persönlichkeitsstörung nach extremer oder übermäßiger anhaltender Belastung oder nach schwerer psychiatrischer Krankheit entwickelt hätten. Eine derartige „andauernde Persönlichkeitsänderung“ werde meist als Folge „verheerender traumatischer Erfahrungen“ gesehen. Eine „andauernde Persönlichkeitsänderung“ sollte nur diagnostiziert werden, wenn diese als anhaltend und lebensverändernd anzusehen sei und ätiologisch auf eine „tiefgreifende, existenziell extreme Erfahrung“ zurückgeführt werden könne. Bei dem 1988 erlittenen Dienstunfall und seinen Folgen könne nicht von einer „tiefgreifenden, existentiell extremen Erfahrung“ bzw. einer „extremen oder übermäßigen anhaltenden Belastung“ gesprochen werden (immerhin könne der Kläger im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung seinen Dienst mittlerweile wieder für sechs Stunden, wenn auch unter Belastung, verrichten).

Anders wird die Frage der Kausalität von Dr. R. beurteilt, der in seinem Gutachten vom 30. Juni 1994 mit einer ausreichenden Wahrscheinlichkeit von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der auf psychiatrischem Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis ausgeht und das Vorliegen einer relevanten neurotischen Fehlhaltung vor dem Unfall verneint. Auch MedDir. Dr. H. verneint in seinem psychiatrischen Gutachten vom 14. April 2011 relevante psychiatrische Auffälligkeiten vor dem Unfallereignis im Oktober 1988 (vgl. Bl. 22 des Gutachtens). Der Kläger litt auch nach den Feststellungen von Prof. Dr. W. an keinen wesentlichen somatischen Vor- und Grunderkrankungen, keinen psychiatrischen Vorerkrankungen und auch keiner Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert vor dem Unfallereignis. Prof. Dr. W. stellte zwar psychiatrisch ausgeprägte negativistische sowie paranoide Persönlichkeitszüge fest, konnte jedoch keine eindeutigen Belege dafür finden, dass diese Auffälligkeiten bereits in der frühen Kindheit oder Jugend des Klägers bestanden hätten. Dieses Merkmal stelle - so Prof. Dr. W. - definitionsgemäß eine Voraussetzung für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung dar. Beim Kläger habe keine paranoide Persönlichkeitsstörung bzw. differenzialdiagnostisch eine wahnhafte Störung entsprechend dem Gutachten Prof. Dr. D. festgestellt werden können. Vielmehr gehe er mit Dr. H. von einem chronischen Schmerzsyndrom aus, das nach dem Unfall und unter teilweise ungünstig geschilderten sozialen Interaktionen über die Jahre zu einer andauernden Veränderung der Wahrnehmung, des Denkens und des Verhaltens geführt habe. Aufgrund der deutlichen Ausprägung mit bisweilen unflexibel und eindeutig fehlangepasstem Verhalten sei es zu einem deutlichen subjektiven Leid sowie sozialen beruflichen Beeinträchtigungen im Sinne einer nachhaltigen Lebensänderung gekommen. Aus psychiatrischer Sicht sei es vorliegend entscheidend, ob beim Kläger bereits vor dem Dienstunfallereignis aus dem Jahr 1988 eine nachweisbare psychische Störung im Sinne einer Persönlichkeitsstörung vorgelegen habe oder nicht. Sollte eine solche Persönlichkeitsstörung nachweisbar vorgelegen haben, dann wäre es sehr wahrscheinlich, dass das fragliche Dienstunfallereignis als eine von mehreren Teilursachen in der Kausalitätsbeurteilung an Gewicht verliere. Eine solche psychologische Auffälligkeit vor dem Dienstunfallereignis sei jedoch nicht nachweisbar. Damit sei das Dienstunfallereignis zumindest eine wesentlich mitwirkende Teilursache. Um die Frage zu klären, sei der Kläger sowohl psychiatrisch als auch klinisch psychologisch untersucht worden. Hierbei hätten für den Zeitraum vor dem Dienstunfallereignis keine psychischen Veränderungen festgestellt werden können, auch keine sog. Disposition für die psychischen Auffälligkeiten. Da es zur wissenschaftlich anerkannten Definition einer Persönlichkeitsstörung gehöre, dass diese spätestens seit der Adoleszenz oder dem frühen Erwachsenenalter nachweisbar sein müsse, habe er sich der Einschätzung der Vorgutachter Prof. D. und Dr. B. nicht anschließen können. Er halte es für wesentlich plausibler, dass die beim Kläger zweifelslos vorhandenen auffälligen Wesenszüge in seiner Persönlichkeit im Zuge des Krankheitsverlaufs seit 1988 entstanden seien.

Der Senat folgt dem Gutachten von Prof. Dr. W., denn es hat überzeugend die Grundlagen herausgearbeitet, womit der Senat die Kausalitätsfrage beantworten konnte. Die Fragen des Beklagten zum Gutachten hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung klarstellend und unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Theorie der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache klarstellend beantwortet. Die Schlussfolgerungen von Prof. Dr. W. sind in sich stimmig und in allen Punkten nachvollziehbar. Insbesondere hat Prof. Dr. W. überzeugend begründet, warum er sich den der Einschätzung der Vorgutachter Dr. B. und Prof. Dr. D. nicht anzuschließen vermag.

Der Senat folgt auch der Bewertung der Gesamt-MdE durch Prof. Dr. W., die er unter Einbeziehung der MdE auf orthopädischem Gebiet in einer Höhe von 20 bzw. 25 v. H. mit 50 v. H. angibt, weil der Kläger offensichtlich durch die psychische Komponente an einer erheblichen Alltagsbeeinträchtigung leidet. Abweichungen um 5% in den zugrundeliegenden orthopädischen Einschätzungen seien aus seiner Sicht unerheblich. Zwar hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten vom 19. Februar 2014 ursprünglich ausgeführt, die Minderung auf psychiatrischem Fachgebiet könne nicht insgesamt dem Unfallereignis zugeordnet werden, so dass die dienstunfallbedingte Gesamt-MdE 35 bis 40 v. H. betrage. Daran hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung aber nicht festgehalten, nachdem ihm vom Senat die Rechtsprechung zur wesentlich mitwirkenden Teilursache erläutert worden war. Der Senat erachtet die Ausführungen des Sachverständigen auch insoweit für schlüssig und überzeugend. Auch der Beklagte ist diesen nicht entgegen getreten.

1.2.3. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG in der zum Zeitpunkt der Anzeige - 2. September 1994 - geltenden Fassung (§ 45 BeamtVG 1994) wird nach Ablauf der zweijährigen Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 1994 für die Meldung eines Dienstunfalls Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass eine den Anspruch auf Unfallfürsorge begründende Folge des Unfalls erst später bemerkbar geworden ist. Die Meldung muss innerhalb von drei Monaten erfolgen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG 1994). Unschädlich ist, dass sich schon früher Unfallfolgen gezeigt haben. § 45 Abs. 2 BeamtVG 1994 verlangt nur, dass „eine“ anspruchsbegründende Unfallfolge erst später bemerkbar geworden ist. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Dreimonatsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG (vgl. BVerwG. U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - IÖD 2002, 200 - juris Rn. 9).

Bemerkbar geworden ist eine Unfallfolge, wenn der verletzte Beamte bei sorgfältiger Prüfung nach seinem Urteilsvermögen zu der Überzeugung gekommen ist oder kommen musste, dass sein Leiden durch den Unfall verursacht ist. Dass er nur mit einer solchen Möglichkeit rechnen musste, genügt nicht (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - juris Rn. 10).

Die Dienstunfallfolgen des Klägers beschränkten sich zunächst im Wesentlichen auf den orthopädischen Bereich. In einem sozialgerichtlichen Verfahren wegen des Grades der Schwerbehinderung des Klägers stellte Dr. R. mit Gutachten vom 30. Juni 1994 im Rahmen einer psychiatrischen Beurteilung - soweit ersichtlich erstmals - ein somatisiert-depressives Syndrom im Rahmen einer neurotischen Fehlverarbeitung bei einer vermutlich hypochondrischen Grundhaltung fest und ging mit „ausreichender Wahrscheinlichkeit“ von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der auf psychiatrischen Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis aus. Der Kläger legte dieses Gutachten mit Schreiben seiner (früheren) Bevollmächtigten vom 2. September 1994 in einem Verfahren betreffend einen Antrag auf Gewährung von Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von 35 v. H. mit der Bitte um Berücksichtigung vor, was die Bezirksfinanzdirektion zum Anlass nahm, ein Gutachten zur Frage, ob auf psychiatrischem Gebiet Körperschäden bzw. Beschwerden vorliegen, die allein oder wesentlich bzw. annährend gleichwertig durch den Unfall verursacht worden sind. Das Gutachten Dr. R. vom 30. Juni 1994 genügt den inhaltlichen Anforderung an die Meldung einer erst nach Ablauf der zweijährigen Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bemerkbar gewordenen anspruchsbegründenden Unfallfolge. Die Unfallfolgenanzeige wahrte die Dreimonatsfrist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG 1994, wenn für den Kläger als medizinischer Laie erst durch das nervenärztliche Gutachten Dr. R. vom 30. Juni 1994 erkennbar wurde, dass seine psychischen Beschwerden unmittelbar auf den Dienstunfall beruhen könnten (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - juris Rn. 11). Mit dem Gutachten Dr. R. und der dort geäußerten „ausreichenden Wahrscheinlichkeit“ eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten der auf psychiatrischen Gebiet vorliegenden Störungen und dem Unfallereignis war die Unfallfolge für den Kläger im Sinne der vorstehenden Ausführungen „bemerkbar“ geworden. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger bereits 1991/1992 psychische Beschwerden bemerkte, „gegenüber seinen Mitmenschen immer aggressiver“ wurde, da mit dieser Feststellung kein Bezug zum Unfallgeschehen hergestellt worden ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Sachverständige Prof. Dr. W. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausführte, dass der Kläger wohl erst im Jahr 2006 anlässlich einer Rehamaßnahme in B. ... bewusst erkannt habe, dass eine Kausalität zwischen Dienstunfall und psychischen Beschwerden besteht.

Gemäß § 45 Abs. 2 BeamtVG sind Leistungen der Unfallfürsorge ausgeschlossen, die mit Rücksicht auf einen Körperschaden verlangt werden, der auf einem mehr als zehn Jahren zurückliegenden Ereignis beruht. Das ist der Fall, wenn nach Ablauf der Ausschlussfrist von zehn Jahren das Dienstunfallgeschehen als solches oder auch ein - weiterer - Körperschaden aufgrund eines solchen Ergebnisses gemeldet wird. § 45 Abs. 2 BeamtVG hindert nicht die Leistung von Unfallfürsorge über mehr als zehn Jahre. Vielmehr sollen nach zehn Jahren nur Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf und über den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden (vgl. BVerwG, U. v. 28.2.2002 - 2 C 5/01 - juris Rn. 18).

Die von ihm geltend gemachten psychischen Beschwerden sind erst nach etwa sechs Jahren nach dem Dienstunfall aufgetreten. In diesem Fall deckt die damalige Meldung des Dienstunfalls die später eingetretene weitere Unfallfolge nicht ab (vgl. BayVGH, U. v. 16.7.2008 - 14 B 05.2548 - juris Rn. 8; BVerwG, U. v. 21.9.2000 - 2 C 22/99 - NVwZ 2001, 328 - juris Rn. 13). Der selbstständige Fristenlauf für später auftretende Unfallfolgen rechtfertigt sich aus dem Sinn und Zweck des § 45 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG, wonach durch die rechtzeitige Unfallmeldung vermieden werden soll, dass notwendige Ermittlungen hinsichtlich des Unfallgeschehens und des Kausalzusammenhangs erst nach vielen Jahren und unter kaum zu bewältigenden Schwierigkeiten festgestellt werden müssen (vgl. BayVGH, U. v. 16.7.2008 - 14 B 05.2548 - juris Rn. 9).

Der Kläger hat nach Sachlage mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls - einer (andauernden) Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom - vor Ablauf der Ausschlussfrist von zwei Jahren nicht rechnen können, weil ein entsprechender Zusammenhang aufgrund der Krankheitsentwicklung erst Jahre später erkennbar war.

2. Ist aus den vorstehenden Gründen der Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 ursächlich für die psychischen Beschwerden des Klägers, so ist die Ablehnung der Übernahme der hierfür erforderlichen Behandlungskosten gemäß Art. 33 BeamtVG 2006 rechtswidrig. Denn die für die Erstattung von Behandlungskosten hinsichtlich des beim Kläger vorliegenden Persönlichkeitsänderung erforderliche Voraussetzung eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Dienstunfall und der Heilbehandlung liegt - wie vorstehend dargestellt - aufgrund der unfallabhängigen Schädigung vor.

3. Der Berufung des Klägers war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, da dem Kläger nicht zugemutet werden konnte, das Vorverfahren allein, ohne rechtskundigen Rat, zu betreiben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

(1) Wird ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm und seinen Hinterbliebenen Unfallfürsorge gewährt. Unfallfürsorge wird auch dem Kind einer Beamtin gewährt, das durch deren Dienstunfall während der Schwangerschaft unmittelbar geschädigt wurde. Satz 2 gilt auch, wenn die Schädigung durch besondere Einwirkungen verursacht worden ist, die generell geeignet sind, bei der Mutter einen Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 zu verursachen.

(2) Die Unfallfürsorge umfasst

1.
Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen (§ 32),
2.
Heilverfahren (§§ 33, 34),
3.
Unfallausgleich (§ 35),
4.
Unfallruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag (§§ 36 bis 38),
5.
Unfall-Hinterbliebenenversorgung (§§ 39 bis 42),
6.
einmalige Unfallentschädigung und einmalige Entschädigung (§ 43),
7.
Schadensausgleich in besonderen Fällen (§ 43a),
8.
Einsatzversorgung im Sinne des § 31a.
Im Fall von Absatz 1 Satz 2 und 3 erhält das Kind der Beamtin Leistungen nach den Nummern 2 und 3 sowie nach § 38a.

(3) Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.