Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Feb. 2016 - 1 K 1324/14
Tenor
Der Zurruhesetzungsbescheid des Beklagten vom 17. Juni 2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand.
3Die 1961 geborene Klägerin steht seit Februar 1999 als Beamtin auf Lebenszeit im Dienst des beklagten Landes. Vor ihrer Versetzung in den Ruhestand war sie als Lehrerin (Besoldung nach A 12 BBesO) für die Fächer Musik und Sozialwissenschaften an der N. -N1. -Gesamtschule in Aachen beschäftigt. Unter anderem aufgrund einer Funktionsstörung der unteren Extremitäten ist sie mit einem Grad der Behinderung von 90 schwerbehindert.
4Nachdem es im schulischen Umfeld zu Problemen gekommen war, wurde bereits im Jahr 2007 ein Zurruhesetzungsverfahren durchgeführt. Laut amtsärztlichem Gutachten vom 2. Januar 2007 war die Klägerin grundsätzlich dienstfähig, sollte jedoch nicht mehr auf ihrem früheren Arbeitsplatz eingesetzt werden. Die damalige Zurruhesetzungsverfügung wurde im Verwaltungsstreitverfahren (VG Aachen 1 K 2342/08) auf einen entsprechenden rechtlichen Hinweis hin aufgehoben.
5Daraufhin wurde die Klägerin im Jahr 2009 erneut amtsärztlich begutachtet. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 9. Dezember 2009 wurde ihr im Rahmen eines fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens eine deutliche Einschränkung der Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie mangelnde Empathie attestiert. Daher sei ihr die Tätigkeit als Lehrerin unmöglich. Es werde demnach eine Tätigkeit außerhalb des Lehrbetriebs empfohlen; eine Nachuntersuchung nach einem Jahr werde anheimgestellt.
6Nachdem die Klägerin angemahnt hatte, dass nicht der amtsärztliche Dienst des Rheinisch-Bergischen Kreises, sondern der der Städteregion Aachen für sie zuständig sei, beauftragte die Bezirksregierung Köln unter dem 11. Oktober 2011 die Nachuntersuchung bei der zuständigen Städteregion. Dabei erstreckte sich der Untersuchungsumfang auf die Frage der dauernden Dienstunfähigkeit sowie einer anderweitigen Verwendbarkeit.
7Im amtsärztlichen Gutachten vom 20. April 2012 wurde zunächst das eingeholte neurologisch-psychiatrische Zusatzgutachten dahingehend zitiert, dass aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, emotional instabilen, aggressiven und rechthaberischen Zügen zwar eine dauerhafte Schuldienstunfähigkeit bestehe, die Klägerin aber durchaus noch eine Verwaltungstätigkeit ausüben könne. Im Rahmen einer Bürotätigkeit bzw. im Innendienst könne sie vollschichtig in Tagesschicht mit mittelschweren bis schweren Anforderungen an die geistige Tätigkeit und geringen körperlichen Anforderungen eingesetzt werden. Arbeiten mit Publikumsverkehr, unter massivem Zeitdruck und häufigem Bücken sowie Tragen von Lasten und in Zwangshaltungen seien ihr nicht möglich. Dieser Einschätzung schloss sich der Amtsarzt in vollem Umfang an und attestierte der Klägerin eine Schuldienstunfähigkeit bei weiterhin bestehender Fähigkeit zur Ausübung anderer Tätigkeiten, solange die o.g. Einschränkungen berücksichtigt würden.
8Unter dem 21. Mai 2012 wurde festgehalten, dass die Bezirksregierung außerhalb des schulischen Bereichs nicht über eine geeignete Einsatzmöglichkeit verfüge. Ausweislich eines Vermerks vom 29. Mai 2012 bestand auch im schulischen Bereich keine Möglichkeit für einen Einsatz der Klägerin, da der Kontakt zu Schülern auch bei einem Einsatz im Sekretariat o.ä. nicht verhindert werden könne.
9Mit Schreiben vom 14. September 2012 bat die Bezirksregierung Köln das Projekt "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" um die Überprüfung, ob für die Klägerin eine anderweitige Einsatzmöglichkeit bestehe. Hierin wurden die im amtsärztlichen Gutachten festgehaltenen Parameter einer anderweitigen Verwendung aufgeführt. Der durch die Klägerin ausgefüllte Personalbogen sowie die Personalakten waren beigefügt.
10Im Rahmen des Projekts "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" wurde eine Vielzahl von Landesbehörden um die Prüfung einer Verwendungsmöglichkeit gebeten. Dazu gehörten u.a. diverse Ministerien und Landesämter sowie die Bezirksregierung Düsseldorf. Darüber hinaus wurden diverse Stellenausschreibungen ausgewertet, auf denen jeweils vermerkt ist, dass die betreffende Stelle nur bis A 11 BBesO besetzbar sei bzw. dass es sich um eine befristete Stelle handle und die Klägerin sich bezüglich der letztgenannten Stelle auch im Auswahlverfahren nicht durchgesetzt habe.
11Unter dem 25. Februar 2013 übermittelte das Projekt "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" seinen Abschlussbericht an die Bezirksregierung Köln. Darin wurde zunächst der Lebenslauf der Klägerin zusammengefasst. Ferner wurde festgehalten, dass sie sich mit einer Vermittlung im gesamten Land NRW und auch in anderen Bundesländern sowie der Verwaltung des Bundes einverstanden erklärt und bekundet habe, dass ein Umzug kein Problem sei. Das Projektteam habe verschiedenste Stellen hinsichtlich einer anderweitigen Verwendung angefragt und hierbei jeweils betont, dass die Klägerin bereit sei, jedwede Tätigkeit auszuüben und umzuziehen. Auch habe die Klägerin selbst ihr Interesse an bestimmten ausgeschriebenen Stellen aus dem Stellennewsletter mitgeteilt. Die Stellen des Landes NRW, für die sie sich interessierte, hätten jedoch entweder nicht der Wertigkeit der Besoldungsgruppe A 12 BBesO entsprochen oder seien vom Anforderungsprofil derart spezifisch gewesen, dass diese auch nach einer entsprechenden Qualifizierungsmaßnahme nicht ausgeübt werden könnten. Am Tag des Abschlussgesprächs, dem 18. Februar 2013, habe die Klägerin morgens noch zwei Stellenbeschreibungen per Mail übersandt. Die ausgeschriebene Tätigkeit beim PP Düsseldorf habe jedoch nicht der Wertigkeit A 12 BBesO entsprochen, während es sich bei der Stelle in der Landtagsverwaltung NRW um eine befristete Stelle gehandelt habe, sodass diese nicht in Betracht zu ziehen gewesen seien. Im Rahmen dieses Gesprächs habe die Klägerin auch bekundet, mit einer Herabstufung in die Besoldungsgruppe A 11 BBesO einverstanden zu seien. Abschließend seien die ausgeschriebenen Stellen im Land Nordrhein-Westfalen auf eine leidensgerechte Einsatzmöglichkeit für die 51-jährige Klägerin (Besoldungsgruppe A 12 / gehobener Dienst) abgeglichen worden. Diese hätten jedoch entweder nicht dieser Wertigkeit entsprochen oder seien ausschließlich mit Tarifbeschäftigten zu besetzen gewesen.
12Unter dem 22. März 2013 wurde die Klägerin zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand angehört.
13Mit Schreiben vom gleichen Tag erhielt die Vertrauensperson für schwerbehinderte Lehrkräfte an Gesamtschulen die Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich der beabsichtigten Zurruhesetzung. Diese teilte unter dem 7. April 2013 mit, dass keine Bedenken gegen die beabsichtigte Maßnahme bestünden. Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 nahm sie allerdings dahingehend Stellung, die Beteiligung des Integrationsamts nach § 84 Abs. 1 SGB IX sei fehlerhaft unterblieben. Ferner sei nicht auszuschließen, dass sich der psychische Zustand der Klägerin seit der Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung wieder stabilisiert habe; insbesondere die Einschränkungen hinsichtlich des Publikumsverkehrs hätten ein erhebliches Vermittlungshemmnis dargestellt und könnten durch eine erneute Untersuchung abgeklärt werden. Zuletzt sei zu prüfen, ob hinreichend nach einer anderweitigen Verwendung gesucht worden sei.
14Mit Schreiben vom 8. April 2013, welches zugleich der Gleichstellungsbeauftragten zugeleitet wurde, die jedoch bereits unter dem 25. März 2013 mitteilte, sie wolle keine Stellungnahme abgeben, wurde der Personalrat für Lehrerinnen und Lehrer an Gesamtschulen bei der Bezirksregierung Köln um Zustimmung zur beabsichtigten vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand gebeten. Unter dem 5. Juni 2013 teilte dieser nach einem Erörterungstermin am 22. Mai 2013 mit, dass er die beabsichtigte Maßnahme abgelehnt habe. Zunächst sei fraglich, ob das Integrationsamt doch noch beteiligt werden müsse. Ferner erschienen dem Personalrat die herangezogenen Gutachten (19. und 20. April 2012) nicht mehr hinreichend aktuell. Auch werde nicht deutlich, dass der Amtsarzt sich aufgrund eigener Feststellungen dem fachpsychiatrischen Zusatzgutachten angeschlossen habe. Es sei demnach nicht auszuschließen, dass die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung zu relativieren sei. Insbesondere die Frage der Eignung zur Arbeit mit Publikumsverkehr hätte angesichts des Abschlussberichts des Projekts "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" (erneut) geprüft werden müssen. Mit Schreiben vom 17. Juni 2013 beantragte die Bezirksregierung Köln daraufhin beim Hauptpersonalrat des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW (MSW NRW) die Einleitung des Stufenverfahrens gem. § 66 Abs. 5 LPVG NRW und äußerte dabei u.a. die Auffassung, die Prüfung einer geringerwertigen Tätigkeit sei nicht erforderlich. Unter dem 30. August 2013 teilte das MSW NRW mit, dass die Suche nach einer geringerwertigen Tätigkeit durchaus verlangt werde und zunächst von einer Entscheidung über die Aufnahme des Stufenverfahrens abgesehen werde. Mit Schreiben vom 9. Mai 2014 teilte das MSW NRW mit, dass am 31. März 2014 das Stufenverfahren eingeleitet worden sei und die Zustimmung mangels Beschlussfassung des Personalrats innerhalb der nach dem LPVG NRW eingeräumten Frist fingiert werde. Die beteiligte Hauptschwerbehindertenvertreterin habe unter dem 7. April 2014 mitgeteilt, dass sie keine Bedenken habe.
15Bereits mit Schreiben vom 29. November 2013 hatte das Projekt "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" angegeben, dass die Überprüfung der anderweitigen Verwendung auf Grundlage des § 26 BeamtStG durchgeführt worden sei, wonach insbesondere die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit im nicht eingeschränkten Ermessen des Dienstherren stehe. Die Prüfung beim Projekt "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" erfolge regelmäßig vorwiegend mit dem Fokus einer gleichwertigen Vermittlung; gleichwohl würden auch unterwertige Verwendungsmöglichkeiten erwogen. Im vorliegenden Fall sei jedoch auch für diese Stellen die Eignung verneint worden.
16Mit Bescheid vom 17. Juni 2014 wurde die Klägerin mit Ablauf des 30. Juni 2014 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Hierin wurde u.a. ausgeführt, dass für die nach dem amtsärztlichen Gutachten dienstunfähige Klägerin im Rahmen der Suche nach einer anderweitigen Verwendung auch unterwertige Stellen geprüft worden seien. Der Klägerin sei seitens des Projekts "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" jedoch die Eignung für diese Stellen abgesprochen worden. An diese Entscheidung sei die Bezirksregierung Köln gebunden.
17Die Klägerin hat am 17. Juli 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, es bestünden bereits Zweifel an der Objektivität des der Zurruhesetzungsverfügung zugrundegelegten amtsärztlichen Gutachtens. Ferner sei fraglich, ob dieses Gutachten, das im Wesentlichen darin bestehe, dass der Amtsarzt sich dem eingeholten fachpsychiatrischen Gutachten anschließe, als Tatsachenbasis genügt. Zudem habe sich das Gutachten nicht mit dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 8. November 2006, in dem festgehalten wurde, dass sie jedenfalls nicht unter einer Persönlichkeitsstörung im engeren Sinne leide, auseinandergesetzt. Im Übrigen sei bereits fraglich, ob das Gutachten zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung noch hinreichend aktuell gewesen sei. Auch gehe aus dem Gutachten nicht hervor, inwieweit ihr ein Publikumsverkehr zugemutet werden könne. Zuletzt liege ein Verstoß gegen die in § 26 BeamtStG niedergelegte Suchpflicht vor. Es fehle an dialogischen Bemühungen im Rahmen des Projekts "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung". In diesem Rahmen sei auch versäumt worden, eine unterwertige Verwendung zu prüfen, zu der sie sich jedoch explizit bereit erklärt habe.
18Die Klägerin beantragt,
19den Zurruhesetzungsbescheid des Beklagten vom 17. Juni 2014 aufzuheben.
20Der Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Das Gericht entscheidet wegen der einvernehmlichen Zustimmung der Beteiligten durch die Berichterstatterin (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO) und ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
26Die zulässige Klage ist begründet.
27Der Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 17. Juni 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
28Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids ist § 34 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW. Danach ist ein Beamter, wenn seine Dienstunfähigkeit festgestellt wird, mit dem Ende des Monats, in dem ihm oder seinem Vertreter die Verfügung zugestellt worden ist, in den Ruhestand zu versetzen. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 LBG NRW trifft die nach § 36 Abs. 1 LBG NRW zuständige Stelle - regelmäßig die für die Ernennung zuständige Stelle - die Entscheidung über die Zurruhesetzung.
29Die Zurruhesetzungsverfügung ist formell rechtmäßig.
30Die Gleichstellungsbeauftragte wurde entsprechend den §§ 17 Abs. 1 Nr. 1, 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 LGG NRW angehört.
31Auch die Hauptschwerbehindertenvertretung wurde gemäß §§ 95 Abs. 2 Satz 1, 97 Abs. 3 SGB IX unterrichtet und angehört.
32Die nach Verweigerung der Zustimmung des örtlichen Personalrats gemäß § 66 Abs. 5 i.V.m. §§ 72 Abs. 1 Nr. 9, 66 Abs. 1 Satz 1, 50 LPVG NRW erforderliche Zustimmung des Hauptpersonalrats gilt nach § 66 Abs. 2 Satz 5 als erteilt, weil dieser seine Zustimmung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Einleitung des Stufenverfahrens (schriftlich und unter Angabe von Gründen) verweigert hat.
33Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Gleiches gilt für die Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - 6 B 1022/15 -, juris Rn. 9 ff., m.w.N.
35Auch bedurfte es keiner Zustimmung oder anderweitigen Beteiligung des Integrationsamtes. Die Regelung des § 128 Abs. 2 SGB IX nach welcher vor der nicht selbst beantragten Versetzung schwerbehinderter Beamter in den Ruhestand das für die Dienststelle zuständige Integrationsamt zu hören war, ist bereits mit Wirkung vom 1. Mai 2004 aufgehoben worden.
36Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2012 - 1 A 644/12 -, juris Rn. 7.
37Die Klägerin wurde entsprechend § 34 Abs. 1 LBG NRW vor Erlass der streitigen Zurruhesetzungsverfügung angehört.
38Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ist jedoch materiell rechtswidrig.
39Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von mehr als drei Monaten keinen Dienst getan hat und bei dem keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW beträgt diese Frist sechs Monate. Von der Versetzung soll allerdings gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Eine anderweitige Verwendung ist nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In diesen Fällen ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG). Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen (§ 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG).
40Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ist danach nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 und 2 BeamtStG kumulativ vorliegen.
41Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68/11 -, BVerwGE 146, 347, juris Rn. 11 m.w.N.
43Zwar ist die Klägerin dienstunfähig, der Beklagte ist jedoch seiner Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung nicht hinreichend nachgekommen.
44Der Begriff der Dienstunfähigkeit knüpft dabei nicht an den jeweiligen Dienstposten ‑ mithin das Amt im konkret-funktionellen Sinn -, sondern an das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn an. Das heißt, von einer Dienstunfähigkeit ist nur dann auszugehen, wenn bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
45Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22/13 -, BVerwGE 150, 1, juris Rn. 14 und vom 26. März 2009 - 2 C 73/08 -, BVerwGE 133, 297, juris Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5/10 -, IÖD 2012, 122, juris Rn. 2.
46Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 20. April 2012, das insoweit mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. Dezember 2009 übereinstimmt, ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, als Lehrerin tätig zu sein. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
47Das Gutachten durfte der Entscheidung des beklagten Landes, die Klägerin in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen, auch zugrundegelegt werden.
48Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind. Das setzt voraus, dass ärztliche Gutachten zur Frage der Dienstunfähigkeit hinreichend und nachvollziehbar begründet sind. Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Es muss dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
49Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2014 - 6 A 2006/13 -, juris Rn. 16, und vom 4. September 2014 - 1 B 807/14 -, juris Rn. 22 ff., jeweils m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 2 B 2.10 -, juris Rn. 5;
50Das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes der Städteregion Aachen vom 20. April 2012 genügt diesen Anforderungen (noch). Dieses Gutachten stützt sich auf eine eigene Untersuchung durch den Amtsarzt, die beiden amtsärztlichen Gutachten aus den Jahren 2007 und 2009 sowie das neurologisch-psychiatrische Zusatzgutachten vom 19. April 2012. Diesem teilweise zitierten Zusatzgutachten hat sich der Amtsarzt unter Bezugnahme auf die eigene Untersuchung und Urteilsfindung vollumfänglich angeschlossen und sich diese Erkenntnisse somit zu Eigen gemacht.
51Vgl. auch VG Münster, Urteil vom 7. Januar 2016 - 5 K 3342/13 -, juris Rn. 46.
52Der Heranziehung dieses amtsärztlichen Gutachtens steht auch nicht entgegen, dass es zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand bereits ca. 26 Monate alt war. Grundsätzlich ist die Zurruhesetzung eines Beamten zwar auf eine aktuelle medizinische Tatsachengrundlage zu stellen. Das Ergebnis einer länger zurückliegenden Untersuchung genügt als Grundlage aber dann, wenn - im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides - eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustands des Beamten nicht zu erwarten war und belastbare Anhaltspunkte für eine solche Veränderung weder von dem Beamten selbst vorgebracht wurden noch sonst ersichtlich sind.
53Vgl. VG Minden, Urteil vom 10. September 2015 - 4 K 2457/14 -, juris Rn. 75; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Januar 2015 - 13 K 8291/13 -, juris, Rdn. 37, m.w.N.
54So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat nicht (substantiiert) dargelegt, dass sich ihr Gesundheitszustand hinsichtlich ihrer Fähigkeit, zu unterrichten, gebessert hat. Eine derartige Besserung ist zudem weder ersichtlich noch wird sie in dem Gutachten (wie auch dem vorangegangenen Gutachten) in Aussicht gestellt.
55Allerdings ist der Beklagte seiner Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (§ 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG) nicht hinreichend nachgekommen und der Bescheid vom 17. Juni 2014 daher rechtswidrig.
56§ 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG ist Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung". Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann. Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG ist eine anderweitige Verwendung möglich, wenn dem Beamten gleichwertige Funktionsämter einer anderen Laufbahn übertragen werden können. Der Anwendungsbereich der Vorschrift betrifft aber auch solche anderweitigen Verwendungen, die mit der Versetzung zu einer anderen Behörde verbunden sind. Bei dieser muss dem Beamten ein neues statusrechtliches Amt gleicher Wertigkeit verliehen werden, wenn er nicht auf einem Dienstposten eingesetzt wird, der dem bisherigen statusrechtlichen Amt zugeordnet ist. Neue Funktionsämter, die nicht dem bisherigen Amt im statusrechtlichen Sinne zugeordnet sind, können nur unter Verleihung des entsprechenden Amtes im statusrechtlichen Sinn übertragen werden.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris Rn. 68 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73/08 -, a.a.O., juris Rn. 20 ff.
58§ 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG begründet die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen (Suchpflicht). Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG, wonach die Übertragung eines anderen Amtes zulässig ist, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann. Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG nicht herleiten. Auch die amtliche Gesetzesbegründung enthält keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist.
59Vgl. BT-Drucks. 16/4027, S. 28 f., vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37/13 -, IÖD 2015, 134, juris Rn. 17; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Januar 2015 - 13 K 8291/13 -, juris Rn. 55; BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73/08 -, a.a.O., juris, Rn. 27.
60Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggfs. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn ein amtsangemessener Dienstposten vakant, ist der Beamte auf diesem Dienstposten zu verwenden. Zur Suchpflicht gehört auch eine Nachfrage bei einer anderen Behörde, wenn diese eine Anfrage unbeantwortet lässt.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37/13 -, a.a.O., juris Rn. 22.
62Wenn die Suche nach einer anderweitigen Verwendung nach § 26 Abs. 2 BeamtStG auch unter Beachtung der insoweit zu stellenden Anforderungen erfolglos geblieben ist, ist vor der Versetzung des Beamten in den Ruhestand zu prüfen, ob dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden kann (§ 26 Abs. 3 BeamtStG).
63Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten diese Vorgaben beachtet hat (Dokumentationspflicht). Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die erforderliche Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
64Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. März 2015 - 2 C 37/13 -, a.a.O., juris Rn. 20, vom 6. März 2012 - 2 A 5/10 -, IÖD 2012, 122, juris Rn. 4 und vom 26. März 2009 - 2 C 73/08 -, a.a.O., juris Rn. 25 ff.; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, a.a.O., juris Rn. 75 ff.
65Nach diesen Grundsätzen ist der Beklagte der Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung nicht im angemessenen Maße nachgekommen.
66Die Bezirksregierung Köln hat lediglich intern abgefragt, ob eine leidensgerechte Verwendung der Klägerin im schulischen oder außerschulischen Bereich möglich sei. Ungeachtet der Frage, ob hierbei hinreichende Bemühungen entfaltet wurden, wurde jedenfalls nicht im gesamten Bereich des Dienstherrn - hier des Landes Nordrhein-Westfalen - nach einer anderweitigen Verwendung gesucht.
67Die fehlenden Bemühungen der Bezirksregierung Köln sind auch nicht durch die Vermittlungsbemühungen im Rahmen des Projekts "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" nachgeholt worden. Die in diesem Rahmen durchgeführte Suche nach einer anderweitigen Verwendung genügt jedenfalls im vorliegenden Einzelfall nicht den vorstehenden Anforderungen an die Such- und Dokumentationspflicht.
68Schon angesichts der aus §§ 2 ff. des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (LOG NRW) ersichtlichen Vielzahl der Dienststellen der Landesverwaltung hätten Anfragen an weitaus mehr Dienststellen gerichtet werden müssen als tatsächlich geschehen. Zum Beispiel hätten alle Bezirksregierungen und nicht nur die Bezirksregierung Düsseldorf angeschrieben werden müssen.
69Entsprechende, konkrete Anfragen waren angesichts der Sichtung der freien Stellen im Newsletter auch nicht entbehrlich. Die Verpflichtung des beklagten Landes erstreckt sich nicht nur auf die freien, besetzbaren Stellen, die anhand von Stellenausschreibungen abgefragt werden können. Sie bezieht sich auch auf diejenigen Stellen, die innerhalb der nächsten sechs Monate frei werden. Derartige Stellen müssen nicht bereits von Stellenausschreibungen erfasst sein.
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 1364/14 -, juris Rn. 72.
71Dies zeigt auch gerade die Rückmeldung des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter NRW, in der es ausdrücklich heißt, dass es für den gehobenen Dienst möglich ist, dass in der näheren Zukunft Stellen besetzt werden, auf die sich die betroffenen Beamten sowohl initiativ als auch nach Veröffentlichung einer Ausschreibung bewerben könnten. Dieses Schreiben verdeutlicht auch, dass es keine dialogischen Bemühungen gegeben hat. Es hätte auf der Hand gelegen, hier konkreter nachzuhaken, ob und ggfs. wann mit der Besetzung welcher Stellen gerechnet werden kann. Insbesondere hätte seitens des Projekts "Vorfahrt für Weiterbeschäftigung" darauf hingewiesen werden müssen, dass "Vermittlungskandidaten" kein Bewerbungsverfahren durchlaufen müssen.
72Im Rahmen der Suche nach einer anderweitigen Verwendung hat ein an Artikel 33 Absatz 2 GG orientiertes Stellenausschreibungsverfahren von vornherein zu unterbleiben. Eine Ausrichtung am Bestenausleseprinzip ist unzulässig, da allein darüber zu entscheiden ist, der Beamtin bzw. dem Beamten eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
73Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 29. April 2014 - 3 CS 14.273 -, juris, Rn. 28; BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, juris, Rn. 4 und Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, juris, Rn. 41
74Dieser Fehler wurde im Rahmen der Stellenbesetzung in der Verwaltung des Landtags NRW gemacht. Die Klägerin hätte nicht in das nach Leistungsgesichtspunkten ausgerichtete Bewerbungsverfahren einbezogen werden dürfen. Hierbei ist auch unerheblich, dass es sich bei der fraglichen Stelle lediglich um eine befristete Beschäftigungsmöglichkeit gehandelt hat. Der Kammer erschließt sich in diesem Zusammenhang nicht, wieso befristet ausgeschriebene Stellen grundsätzlich anders zu behandeln sein sollten als unbefristete. Zum einen besteht bei einer Befristung oftmals die Möglichkeit, diese zu verlängern. Zum anderen hätte der Beklagte während der Befristung bzw. zum Ende der Befristung nach anderen freien Dienststellen suchen können und müssen.
75Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Januar 2015 - 13 K 8291/13 -, juris Rn. 67.
76Überdies hat es der Beklagte versäumt, eine Ermessensentscheidung nach § 26 Abs. 3 BeamtStG zu treffen.
77Danach kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Nach dieser Vorschrift kann dem Beamten folglich eine Tätigkeit übertragen werden, die in ihrer Wertigkeit nicht seinem abstrakt-funktionellen Amt entspricht, wobei er sein abstrakt-funktionelles Amt trotzdem behält. Bei der Ermessensausübung ist einerseits das öffentliche Interesse daran, den Beamten nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzen zu müssen und dadurch Versorgungsmittel einzusparen, zu berücksichtigen. Andererseits sind aus Gründen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und im Hinblick darauf, dass dem Beamten die geringerwertige Tätigkeit ohne seine Zustimmung übertragen werden kann, die schutzwürdigen Belange des Beamten, z.B. in gesundheitlicher Hinsicht, zu beachten.
78Vgl. VG Göttingen, Urteil vom 12. August 2013 - 1 A 274/12 -, juris, Rn. 25 m.w.N.
79Der Beklagte hat ausweislich des Abschlussberichts des Projektteams Stellen, die nicht der Besoldungsgruppe A 12 BBesO entsprachen, von vornherein nicht in Betracht gezogen ("Die ausgeschriebenen Stellen entsprechen entweder nicht der Wertigkeit […]") und damit das ihm durch § 26 Absatz 3 BeamtStG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Dieses Ergebnis wird sowohl durch die Formulierung des Anschreibens an die diversen Behörden und die hierauf ergangenen Antwortschreiben, die sich jedenfalls teilweise sehr explizit nur auf nach A 12 BBesO bewertet Stellen beziehen, als auch durch die handschriftlichen Kommentare auf diversen Stellenausschreibungen bestätigt. So antwortete beispielsweise die Generalstaatsanwaltschaft Hamm, dass in ihrem Geschäftsbereich keine Einsatzmöglichkeit bestünde, da Kräfte der Besoldungsgruppe A 12 BBesO jeweils einer speziellen fachlichen Qualifikation bedürften. Hinsichtlich der Stellenausschreibungen ist exemplarisch auf diejenige des Polizeipräsidiums Bielefeld hinzuweisen, auf der handschriftlich vermerkt wurde, dass diese Stelle nur bis A 11 besetzbar sei. Im Rahmen des Klageverfahrens hat das Projektteam diesbezüglich ausgeführt, dass die Ausschreibung sich an Verwaltungsbeamte der Besoldungsgruppen A 9 BBesO bis A 11 BBesO gerichtet habe, während die Klägerin nach A 12 BBesO besoldet werde. Eine entsprechende Planstelle sei seitens der Dienststelle nicht vorhanden gewesen.
80Vor diesem Hintergrund ist auch die pauschale Behauptung seitens des Projektteams im Schreiben vom 29. November 2013, dass auch unterwertige Vermittlungsmöglichkeiten erwogen, der Klägerin jedoch auch für diese Stellen die Eignung abgesprochen worden sei, unerheblich. Angesichts des Inhalts des übrigen Verwaltungsvorgangs bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage. Jedenfalls sind derartige Vermittlungsbemühungen nicht hinreichend dokumentiert. Hinzu kommt, dass in dem Schreiben lediglich § 26 Abs. 3 BeamtStG zitiert wird, ohne dass der Fall der Klägerin in irgendeiner Weise hierunter subsumiert wird. Dieser Ermessensfehler setzt sich in der Zurruhesetzungsverfügung fort, da die Bezirksregierung Köln sich an diese "Entscheidung" gebunden sah.
81Die Suchpflicht ist auch nicht wegen fehlendem ausreichendem Restleistungs-vermögens entfallen.
82Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 1 A 2111/13 -, nrwe.de Rn. 13 ff. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97/13 -, IÖD 2015, 2ff., juris Rn. 13.
83Von einem fehlenden Restleistungsvermögen ist nur auszugehen, wenn der Beamte nicht in der Lage ist, wenigstens noch einfache dienstliche Aufgaben in einem seiner oder einer anderen Laufbahn zugehörigen Amt wahrzunehmen. In dem amtsärztlichen Gutachten wurde jedoch ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerin grundsätzlich in der Lage ist, im allgemeinen Verwaltungsdienst zu arbeiten.
84Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Feb. 2016 - 1 K 1324/14
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Feb. 2016 - 1 K 1324/14 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).
(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.
(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.
(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Einwendungen, die nicht während der Fristen des § 31 Abs. 4 und des § 32 Abs. 2 vorgebracht worden sind, sind gegenüber der Enteignungsbehörde spätestens im Termin zu erheben; sie sollen nebst ihrer Begründung schriftlich im Termin vorgelegt werden. Nach diesem Zeitpunkt vorgebrachte Einwendungen und Anträge werden nicht mehr berücksichtigt; dies gilt auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.
(2) Mündliche Einwendungen sind in die Niederschrift aufzunehmen.
(1) Ist ein dingliches oder persönliches Recht, das zum Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt, allein Gegenstand der Enteignung, so kann die Enteignungsbehörde von der Aufstellung eines Plans absehen. In diesem Fall hat sie dem Berechtigten die Absicht der Enteignung seines Rechtes schriftlich mitzuteilen. § 32 Abs. 2 gilt sinngemäß.
(2) Die Vorschriften über die Planprüfung gelten sinngemäß.
Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.
(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.
(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.
(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.
(1) Soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Leistungserbringer seine vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt, prüft der Träger der Eingliederungshilfe oder ein von diesem beauftragter Dritter die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der vereinbarten Leistungen des Leistungserbringers. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, dem Träger der Eingliederungshilfe auf Verlangen die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Zur Vermeidung von Doppelprüfungen arbeiten die Träger der Eingliederungshilfe mit den Trägern der Sozialhilfe, mit den für die Heimaufsicht zuständigen Behörden sowie mit dem Medizinischen Dienst gemäß § 278 des Fünften Buches zusammen. Der Träger der Eingliederungshilfe ist berechtigt und auf Anforderung verpflichtet, den für die Heimaufsicht zuständigen Behörden die Daten über den Leistungserbringer sowie die Ergebnisse der Prüfungen mitzuteilen, soweit sie für die Zwecke der Prüfung durch den Empfänger erforderlich sind. Personenbezogene Daten sind vor der Datenübermittlung zu anonymisieren. Abweichend von Satz 5 dürfen personenbezogene Daten in nicht anonymisierter Form an die für die Heimaufsicht zuständigen Behörden übermittelt werden, soweit sie zu deren Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Durch Landesrecht kann von der Einschränkung in Satz 1 erster Halbsatz abgewichen werden.
(2) Die Prüfung nach Absatz 1 kann ohne vorherige Ankündigung erfolgen und erstreckt sich auf Inhalt, Umfang, Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der erbrachten Leistungen.
(3) Der Träger der Eingliederungshilfe hat den Leistungserbringer über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu unterrichten. Das Ergebnis der Prüfung ist dem Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.
(1) Einwendungen, die nicht während der Fristen des § 31 Abs. 4 und des § 32 Abs. 2 vorgebracht worden sind, sind gegenüber der Enteignungsbehörde spätestens im Termin zu erheben; sie sollen nebst ihrer Begründung schriftlich im Termin vorgelegt werden. Nach diesem Zeitpunkt vorgebrachte Einwendungen und Anträge werden nicht mehr berücksichtigt; dies gilt auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.
(2) Mündliche Einwendungen sind in die Niederschrift aufzunehmen.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(1) Nach Ablauf der Frist (§ 31 Abs. 2, § 32 Abs. 2) ist der Plan in einem nötigenfalls an Ort und Stelle abzuhaltenden Termin (Planprüfungstermin) mit den Beteiligten zu erörtern. Im Fall des § 32 tritt an die Stelle des Plans das Verzeichnis gemäß § 31 Abs. 2.
(2) Zu dem Termin sind zu laden
- 1.
der Bund, - 2.
von den sonstigen Beteiligten außer dem Eigentümer diejenigen, die Einwendungen erhoben haben, - 3.
die Gemeinde und der Landkreis.
(3) Der Ladung des Eigentümers ist ein Auszug aus dem Plan, der die ihn berührenden Teile des Plans enthält, beizufügen.
(4) Das Verfahren wird auch bei Nichterscheinen der zum Termin Geladenen fortgesetzt.
(5) In der Ladung ist auf die Vorschriften des Absatzes 4 und des § 34 hinzuweisen.
(6) Tag und Ort des Termins sind, soweit sie nicht durch die Gemeinde ortsüblich bekanntgemacht werden, durch die Enteignungsbehörde in den Zeitungen bekanntzumachen, die in den für die Grundstücke zuständigen Orten verbreitet sind. Hierbei sind diejenigen, deren Rechte durch das Enteignungsverfahren beeinträchtigt werden, aufzufordern, ihre Rechte im Termin wahrzunehmen.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin wendet sich gegen ihre vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.
- 2
-
Die 1946 geborene Klägerin stand seit 1973 als beamtete Realschullehrerin im Dienst des Beklagten. Zuletzt war sie an einer Realschule in Teilzeitbeschäftigung in den Fächern Englisch, Französisch und Bildende Kunst tätig.
- 3
-
Seit März 2008 bemängelten der Schulleiter und Elternvertreter den Englischunterricht der Klägerin. Beratungsgespräche und Unterrichtsbesuche führten nicht zu einer Verbesserung. Da sich die Beschwerden häuften und wegen der Fehlzeiten der Klägerin von 21 Arbeitstagen innerhalb eines Schuljahres forderte das Regierungspräsidium das Gesundheitsamt des Landkreises auf, die Klägerin amtsärztlich zu untersuchen sowie festzustellen, welche gesundheitlichen Probleme die Klägerin habe und gegebenenfalls Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Diese Aufforderung wurde der Klägerin nachrichtlich übersandt. Sie leistete weder dieser noch einer zweiten Untersuchungsaufforderung Folge.
- 4
-
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage gegen die Untersuchungsaufforderung erklärte die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht aufgrund eines gerichtlichen Hinweises für erledigt; der Beklagte stimmte zu.
- 5
-
Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Zurruhesetzungsverfügung aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
-
Der Verstoß gegen die besondere Pflicht zur Anhörung vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung sei unbeachtlich. Der Beklagte habe von der Dienstunfähigkeit der Klägerin ausgehen können, weil diese zweimal die angeordnete Untersuchung verweigert habe. Die Untersuchungsaufforderung könne nicht mehr inhaltlich untersucht werden, weil sie bestandskräftig geworden sei.
- 7
-
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie beantragt,
-
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2011 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2009 zurückzuweisen.
- 8
-
Der Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG; § 127 Nr. 2 BRRG). Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand verstößt gegen §§ 53 und 55 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg - LBG BW - in der hier anwendbaren Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 19. März 1996 (GBl S. 285), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, des Landespersonalvertretungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 3. Mai 2005 (GBl S. 321).
- 10
-
Die angegriffene Verfügung hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin inzwischen die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand erreicht hat. Denn die vorzeitige Zurruhesetzung entfaltet weiterhin Rechtswirkungen. Zum einen bleibt der Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Bemessung des Ruhegehalts außer Betracht. Auch ist sie Grundlage für die Einbehaltung eines Teils ihrer Bezüge (§ 55 Satz 3 LBG BW).
- 11
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Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (Urteile vom 16. Oktober 1997 - BVerwG 2 C 7.97 - BVerwGE 105, 267 <269 ff.> = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 22 S. 4 f.; vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 12, vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - Buchholz 237.95 § 208 SHLBG Nr. 1 Rn. 11 und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 9).
- 12
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Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG BW ist der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Nach Satz 3 ist der Beamte, sofern Zweifel über seine Dienstunfähigkeit bestehen, verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen. Entzieht sich der Beamte trotz zweimaliger schriftlicher Aufforderung, ohne hierfür einen hinreichenden Grund nachzuweisen, der Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde untersuchen oder beobachten zu lassen, so kann er nach Satz 4, wenn er die Versetzung in den Ruhestand nicht beantragt hat, so behandelt werden, als ob seine Dienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt worden wäre. Satz 5 verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten auf die Rechtsfolge des Satzes 4 hinzuweisen.
- 13
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Die Zurruhesetzung der Klägerin ist rechtswidrig, weil die Annahme der Dienstunfähigkeit der Klägerin entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW gestützt werden kann. Denn die zugrundeliegende Untersuchungsaufforderung vom März 2008 ist ihrerseits rechtswidrig (1). Zudem hat das Regierungspräsidium die Klägerin entgegen § 55 Satz 2 LBG BW vor Erlass der Verfügung nicht angehört (2) sowie der Suchpflicht des § 53 Abs. 3 LBG BW nicht genügt (3).
- 14
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1. Der Behörde ist durch § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW kein Ermessen eröffnet, dessen Ausübung an den Anforderungen des § 40 LVwVfG BW zu messen oder nach § 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG BW zu begründen wäre. Das Wort "kann" in § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW bringt die Berechtigung der Behörde zum Ausdruck, von der Verweigerung der geforderten Begutachtung auf die - amtsärztlich festgestellte - Dienstunfähigkeit des Beamten zu schließen. Die Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW stellt vergleichbar mit dem allgemeinen Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO eine Beweisregel dar. Sie gestattet, im Rahmen der Beweiswürdigung Schlüsse aus dem Verhalten des Beamten zu ziehen, der die rechtmäßig abverlangte Mitwirkung an der Klärung des Sachverhalts verweigert hat. Auch wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW erfüllt sind, darf die Behörde den Beamten nicht schematisch in den Ruhestand versetzen. Vielmehr muss sie die Gründe, die der Beamte für sein Verhalten angegeben hat, berücksichtigen und in die Entscheidungsfindung einbeziehen (vgl. Urteile vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - a.a.O. Rn. 14 und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - a.a.O. Rn. 12). Dies wird durch die Begründung des Entwurfs des Gesetzes, durch das § 53 Abs. 1 Satz 4 und 5 LBG BW angefügt worden sind (LTDrucks 11/6585, S. 28 zu Nr. 11 a), bestätigt. Danach soll die Regelung des Satzes 4 die Grundlage bieten, die Dienstunfähigkeit des betreffenden Beamten vermuten zu können. Daraus folgt, dass die Vermutung widerlegt werden kann.
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Die Dienstunfähigkeit der Klägerin kann hier nicht auf § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW gestützt werden. Da die erste Untersuchungsaufforderung rechtswidrig ist, musste die Klägerin ihr nicht Folge leisten (Urteile vom 26. Januar 2012 a.a.O. Rn. 15 und vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 13).
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Der Senat ist an der Prüfung der Rechtmäßigkeit der ersten Untersuchungsaufforderung nicht gehindert. Diese konnte nicht in Bestandskraft erwachsen, weil es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Die Anordnung ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, wie dies die Begriffsbestimmung gemäß § 35 Satz 1 LVwVfG BW als Merkmal eines Verwaltungsaktes verlangt. Dieses Merkmal fehlt Maßnahmen gegenüber Beamten, die nach ihrem objektiven Sinngehalt auf organisationsinterne Wirkung abzielen, weil sie dazu bestimmt sind, den Beamten nicht als Träger subjektiver Rechte, sondern als Amtswalter und Glied der Verwaltung anzusprechen (Urteil vom 2. März 2006 - BVerwG 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 = Buchholz 237.8 § 84 RhPLBG Nr. 1 jeweils Rn. 10). Die Aufforderung zur Untersuchung regelt lediglich einen einzelnen Schritt in einem gestuften Verfahren, das bei Feststellung der Dienstunfähigkeit mit der Zurruhesetzung endet (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 14 f.). Eine Maßnahme, die kein Verwaltungsakt ist, wird auch nicht dadurch zu einem solchen, dass über sie durch Widerspruchsbescheid entschieden oder sie von der Widerspruchsbehörde als solcher bezeichnet wurde (Urteil vom 2. März 2006 a.a.O. Rn. 11) oder die Behörde ihren Sofortvollzug angeordnet hat.
- 17
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Die erste Untersuchungsaufforderung vom März 2008 konnte den Schluss auf die Dienstunfähigkeit der Klägerin nach § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW aus mehreren Gründen nicht rechtfertigen. Sie war nicht an die Klägerin, sondern an das Gesundheitsamt des Landratsamts adressiert. Dieser wurde lediglich eine Mehrfertigung übersandt. Wegen ihrer weitgehenden Wirkungen muss die vollständig begründete Untersuchungsaufforderung an den Beamten gerichtet sein. Denn Adressat ist der Betroffene; dieser muss in die Lage versetzt werden, an Hand ihrer konkreten Begründung ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
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Die Aufforderung genügt auch nicht den inhaltlichen und formellen Anforderungen (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 17 f.).
- 19
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Nach § 53 Abs. 1 Satz 3 LBG BW ist die Behörde zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten bestehen. Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (vgl. Urteile vom 28. Juni 1990 - BVerwG 2 C 18.89 - Buchholz 237.6 § 56 NdsLBG Nr. 1, vom 23 September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55> = Buchholz 239.1 § 36 BeamtVG Nr. 2 und vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 4.04 - Buchholz 237.7 § 194 NWLBG Nr. 2 Rn. 10). Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69 <85 f.>; Beschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 19). Die Feststellung, die für die Anordnung sprechenden Gründe "seien nicht aus der Luft gegriffen", reicht für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung nicht aus.
- 20
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Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind (Urteil vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14 S. 6). Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, "worum es geht".
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Eine unzureichende Begründung kann nicht durch das Nachschieben weiterer Gründe geheilt werden. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Anordnung tatsächliche Umstände vorlagen, die den Schluss auf Zweifel eine Dienstfähigkeit gerechtfertigt hätten. Für eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG BW ist wegen des Zwecks der Untersuchungsaufforderung kein Raum. Erkennt die Behörde die Begründungsmängel der ersten Aufforderung zur Untersuchung, kann sie eine neue Aufforderung mit verbesserter Begründung erlassen.
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Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 a.a.O. S. 82 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 17).
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Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.
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Danach ist die Untersuchungsaufforderung vom März 2008 bereits deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium Art und Umfang der Untersuchung nicht einmal in den Grundzügen bestimmt, sondern diese vollständig dem Gesundheitsamt überlassen und damit der Klägerin die inhaltliche Prüfung der Anordnung unmöglich gemacht hat.
- 25
-
Zur Begründung der Aufforderung hat das Regierungspräsidium auf Klagen von Elternvertretern und Schülern über die nachlassende Qualität des Unterrichts der Klägerin sowie auf deren wiederholte Krankmeldungen und die damit verbundenen unterrichtlichen Defizite verwiesen. Zudem sei das Verhältnis zum Schulleiter durch die Beratungsgespräche belastet worden, weil die Klägerin Vereinbarungen und Ratschläge nicht annehme. Durch die ständigen dienstlichen Auseinandersetzungen seien das Schulklima außerordentlich belastet und der Schulfrieden gefährdet.
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Diese Umstände sind in der Aufforderung vom März 2008 nicht in einer Weise dargestellt und belegt, dass der Klägerin die Prüfung ihrer inhaltlichen Richtigkeit möglich gewesen wäre.
- 27
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Zwar können Fehlzeiten grundsätzlich Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 3 LBG BW begründen. Dies muss aber schlüssig dargelegt werden. Denn Fehlzeiten können auch auf Erkrankungen zurückzuführen sein, die die Dienstfähigkeit eines Beamten tatsächlich nicht dauerhaft berühren. Zur Klärung hätte das Regierungspräsidium den Schulleiter beauftragen können, die Klägerin nach den Ursachen ihrer Fehlzeiten zu befragen. Sollte das Regierungspräsidium Zweifel an der Belastbarkeit der privatärztlichen Bescheinigungen über die Dienstunfähigkeit der Klägerin gehabt haben, so wäre es in Betracht gekommen, dieser aufzuerlegen, künftig zum Nachweis ihrer Dienstunfähigkeit ein amtsärztliches Attest ab dem ersten Werktag vorzulegen (Beschluss vom 23. Februar 2006 - BVerwG 2 A 12.04 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 29).
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2. Die Zurruhesetzungsverfügung ist auch deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium die Klägerin vor ihrem Erlass entgegen § 55 Satz 2 LBG BW nicht angehört hat.
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§ 55 Satz 2 LBG BW schreibt vor, dass der Beamte Gelegenheit erhält, sich zu den für die Zurruhesetzung erheblichen Tatsachen innerhalb eines Monats schriftlich zu äußern. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat das Regierungspräsidium die Klägerin vor der Bekanntgabe der Verfügung nicht nach § 55 Satz 2 LBG BW angehört. Die besondere Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW ist auch den Fällen des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW geboten. Ist der Beamte der zweimaligen Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen, so kann er im Rahmen der Anhörung geltend machen, die Untersuchungsanordnung als solche genüge nicht den formellen oder inhaltlichen Anforderungen mit der Folge, dass aus der Verweigerung der Untersuchung nicht auf seine Dienstunfähigkeit geschlossen werden dürfe.
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Die Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW konnte nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 LVwVfG BW im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden. Der Gesetzgeber hat durch mehrere gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht spezielle Regelungen, wie das zwingende Erfordernis einer Anhörung, die Schriftform und die Anhörungsfrist, deutlich gemacht, dass der Beamte vor der Entscheidung über seine Zurruhesetzung anzuhören ist (LTDrucks 13/3783, S. 20).
- 31
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§ 46 LVwVfG BW ist aber auf den festgestellten Verstoß gegen § 55 Satz 2 LBG BW nicht anwendbar. Nach § 46 LVwVfG BW kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG BW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Annahme der "Offensichtlichkeit" im Sinne von § 46 LVwVfG BW ist aber bereits dann ausgeschlossen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre (Urteile vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <361 f.>, vom 25. Januar 1996 -BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>, vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 38 und vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 7.11 - a.a.O. Rn. 20 und 23).
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Sind im Verfahren der Zurruhesetzung ärztliche Gutachten erstellt worden, so scheidet die Anwendung von § 46 LVwVfG BW regelmäßig aus. Die Entscheidung über die Dienstunfähigkeit des Beamten anhand dieser Gutachten ist in der Regel tatsächlich und rechtlich schwierig. Die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung aufgrund einer Stellungnahme des Betroffenen zu diesen ärztlichen Feststellungen ist nicht auszuschließen. Aber auch in den Fällen, in denen der Beamte die Begutachtung verweigert hat, kann die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung aufgrund der Angaben des Beamten im Rahmen seiner Anhörung nicht ausgeschlossen werden. Die gesetzliche Regelung des § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW ist Ausdruck des allgemeinen, aus §§ 427, 444 und 446 ZPO abgeleiteten Rechtsgrundsatzes, wonach das die Beweisführung vereitelnde Verhalten eines Beteiligten zu dessen Nachteil berücksichtigt werden kann. Dieser Schluss ist aber auch bei einer gesetzlichen Regelung nicht zwingend vorgegeben, so dass die Behörde auch hier sämtliche Umstände zu würdigen hat (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 23 m.w.N.).
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Hier lässt es sich nicht ausschließen, dass die Klägerin im Falle ihrer Anhörung nach § 55 Satz 2 LBG BW vor Erlass der Verfügung geltend gemacht hätte, die konkrete Untersuchungsanordnung genüge nicht den an sie zu stellenden formellen und inhaltlichen Anforderungen und das Regierungspräsidium deshalb vom Erlass der Zurruhesetzungsverfügung abgesehen hätte.
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3. Die Zurruhesetzungsverfügung ist schließlich deshalb rechtswidrig, weil das Regierungspräsidium nicht der Suchpflicht des § 53 Abs. 3 LBG BW genügt hat.
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Nach § 53 Abs. 3 Satz 1 LBG BW soll von der Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Vorrang der Weiterverwendung eines Beamten vor seiner Versorgung nicht gelten soll, wenn die Annahme der Dienstunfähigkeit des Beamten auf der Verweigerung einer von der Behörde angeordneten ärztlichen Begutachtung beruht.
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§ 53 Abs. 3 Satz 1 LBG BW begründet für den Dienstherrn die Pflicht, nach einer anderweitigen Verwendung des Beamten zu suchen. Die Soll-Vorschrift gestattet eine Abweichung von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an diese Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist. Wie sich aus § 53 Abs. 3 Satz 2 LBG BW ergibt, ist die Suche nach einer anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Da es um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind, ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er entsprechend § 53 Abs. 3 LBG BW nach einer Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten gesucht hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 20 ff.).
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Aus den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs und auch aus den Verwaltungsakten, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO verwiesen hat, ergibt sich nicht, dass der Beklagte als Dienstherr der ihm obliegenden Suchpflicht Genüge getan hat.
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4. Ist eine Verwaltungsentscheidung, wie hier nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG BW, gebunden und trifft die von der Behörde gegebene Begründung nicht zu, so obliegt dem Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Prüfung, ob der Verwaltungsakt aus anderen als den von der Behörde genannten Gründen rechtmäßig ist (Urteil vom 19. August 1988 - BVerwG 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96).
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Hier scheidet jedoch die Prüfung im gerichtlichen Verfahren aus, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG dienstunfähig war. Denn hierfür bestand kein tatsächlicher Anhaltspunkt.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, er rügt insbesondere die unterlassene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.
- 2
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Der 1956 geborene Kläger stand als Fernmeldebetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst der Beklagten und ist durch gesetzliche Überleitung der Deutschen Telekom AG zur Dienstleistung zugewiesen. 2003 wies ihn diese der Personalserviceagentur Vivento zu. Der Kläger war ab 2005 wiederholt längerfristig und ist seit Mai 2007 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.
- 3
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Eine von der Beklagten daraufhin veranlasste ärztliche Begutachtung diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression. Ein Leistungsvermögen bestehe aktuell nicht, prognostisch könne aber nach einer stufenweisen Wiedereingliederung mit der Wiederaufnahme vollschichtiger Arbeit gerechnet werden. Die Aufforderung, einen mit seinem Hausarzt abgestimmten Wiedereingliederungsplan vorzulegen, lehnte der Kläger unter Bezugnahme auf ein von diesem ausgestelltes Attest ab. Nach diesem war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig und eine stufenweise Eingliederung in den Arbeitsprozess nicht möglich. Nach wiederholten Untersuchungen und erfolglosen Aufforderungen zur Vorlage eines Wiedereingliederungsplans kam der von der Beklagten beauftragte Gutachter im Oktober 2008 zu dem Ergebnis, dass die Leistungseinschränkung dauerhaft sei und auch unterhalbschichtige Tätigkeiten ausschließe. Angesichts der Tatsache, dass trotz regelmäßiger fachärztlicher Behandlung eine Verbesserung nicht habe erzielt werden können, sei eine positive Prognose nicht mehr möglich. Die Beklagte versetzte den Kläger daraufhin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
- 4
-
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger insbesondere vorgetragen, bevor ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden könne, müsse der Dienstherr betriebliche Eingliederungsmaßnahmen durchführen und die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung umfassend prüfen. Beides habe nicht stattgefunden, vielmehr sei ihm ausschließlich eine seinem Gesundheitszustand nicht angemessene und unterwertige Tätigkeit als Wiedereingliederungsmaßnahme angeboten worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück.
- 5
-
Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Voraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Die Beklagte habe angesichts der fehlenden Restleistungsfähigkeit auch keine weitergehende Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers anstellen müssen. Bedenken gegen die ärztlichen Stellungnahmen bestünden nicht.
- 6
-
Mit der Revision beantragt der Kläger,
-
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2010 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 13. Januar 2009 in Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 20. April 2009 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es die Maßstäbe für die Dienstunfähigkeit eines Beamten (1.) unzutreffend auf den Tätigkeitsbereich bei einem Postnachfolgeunternehmen angewendet hat (2.). Die Entscheidung erweist sich im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil diesem Fehler angesichts des körperlichen und gesundheitlichen Zustands des Klägers, der zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids jegliche Dienstleistung ausschloss, keine Entscheidungserheblichkeit zukommt (3.). Die angefochtene Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX unterblieben ist (4.).
- 9
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1. Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung der Dienstunfähigkeit voraus.
- 10
-
a) Rechtsgrundlage der angegriffenen Verfügung ist § 44 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <170>), weil die Vorschriften des neuen Bundesbeamtengesetzes noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids in Kraft getreten sind. Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 11 m.w.N.).
- 11
-
Der Anwendung des Bundesbeamtengesetzes steht nicht entgegen, dass der Kläger während seiner letzten Dienstjahre bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <272>) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (vgl. Urteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893, jeweils Rn. 10 ff.).
- 12
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Nach § 44 Abs. 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig und nicht anderweitig verwendbar ist. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist damit zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" scheidet ein Beamter nur dann aus dem aktiven Dienst aus, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5 BBG). Für noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 25 ff.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - BVerwG 2 A 5.10 - juris Rn. 4). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, ist er für begrenzt dienstfähig zu erklären (§ 45 Abs. 1 BBG; hierzu auch Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 = NVwZ-RR 2012, 928, jeweils Rn. 11).
- 13
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b) Dienstunfähig ist ein Beamter gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG, wenn er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist.
- 14
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Der Dienstunfähigkeitsbegriff des § 44 BBG ist amtsbezogen (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG: "anderes Amt"). Er knüpft an den Aufgabenkreis an, der dem Inhaber des jeweiligen Statusamts bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (Amt im abstrakt-funktionellen Sinn: Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 11). Beschäftigungen in diesem Funktionsbereich sind amtsangemessen (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 <266 f.>) und können dem Beamten jederzeit übertragen werden (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56 f.>). Nicht maßgebend ist dagegen, ob der Beamte auch die Aufgaben des von ihm zuletzt wahrgenommenen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinn) erfüllen kann (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 14). Dienstunfähigkeit setzt damit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (stRspr; vgl. Urteile vom 23. September 2004 a.a.O. S. 55, vom 30. August 2012 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19).
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Bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der Deutschen Telekom AG gibt es keine Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 27; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - NVwZ 2013, 1603 Rn. 19), liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung (vgl. Urteil vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <113> = Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 28 S. 8).
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Welche Anforderungen an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist (Urteile vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 12 und vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 18). Er muss deshalb auch den ärztlichen Begutachtungen zugrunde gelegt werden.
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c) Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt (Urteil vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 C 67.11 - NVwZ-RR 2013, 1007 Rn. 11). Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung; zum Erfordernis eines durch Gesetz eröffneten Beurteilungsspielraums auch BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22>).
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Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 47 Abs. 1 Satz 1 BBG vor, dass die Einschätzung des Dienstherrn auf ein ärztliches Gutachten gestützt sein muss. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteile vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11 und vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 31 ff.). Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.
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Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG kann die ärztliche Untersuchung nur einem Amtsarzt oder einem Arzt, der als Gutachter zugelassen ist, übertragen werden. Welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten beauftragt werden kann, wird durch die oberste Dienstbehörde (oder durch eine von dieser ermächtigte nachgeordnete Behörde) bestimmt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG). Durch diese generalisierende Regelung wurden die vorangegangenen Sonderregelungen zu Betriebs- und Vertrauensärzten - wie für den Bereich der Telekom in § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325 <2353>) - überflüssig (vgl. BTDrucks 14/7064, S. 49 und 54).
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Allerdings kann das Gutachten eines vom Dienstherrn ausgewählten und beauftragten Arztes der Stellungnahme eines Amtsarztes nicht gleichgestellt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt klargestellt worden, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann (Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 - juris Rn. 22, vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 37 und vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 2.05 - juris Rn. 35; Beschlüsse vom 15. Februar 2010 - BVerwG 2 B 126.09 - Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 18 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 5). Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes, der Beamten und Dienststelle gleichermaßen fernsteht. Entsprechendes kann für die Gutachten eines von der Beklagten ausgewählten und bezahlten Gutachters nicht angenommen werden, auch wenn dieser Arzt als Gutachter zugelassen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBG). Insoweit fehlt es sowohl an Rechtsnormen, die die Neutralität und Unabhängigkeit dieser Ärzte begründen und gewährleisten (vgl. Beschluss vom 15. Februar 2010 a.a.O. Rn. 18), als auch an der für die Annahme einer unabhängigen Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Distanz zu den Beteiligten.
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2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch versäumt, den Maßstab für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit, sein abstrakt-funktionelles Amt, zu bestimmen.
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Aus der Amtsbezogenheit des Begriffs der Dienstunfähigkeit folgt, dass der Gesundheitszustand des Beamten und die sich hieraus ergebenen Einschränkungen seines Leistungsvermögens in Bezug zu den Anforderungen seines Amtes gesetzt werden müssen. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Bezugspunkt dieses Aufgabenkreises ist das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, sodass alle Dienstposten in den Blick zu nehmen sind, die bei der Beschäftigungsbehörde in der Wertigkeit des dem Beamten übertragenen Statusamtes eingerichtet sind (Urteil vom 30. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 30). Dienstunfähig ist der Beamte, wenn seine amtsangemessene Beschäftigung - auf irgendeinem dieser Dienstposten - aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist.
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Die Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG setzt damit die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten voraus. Nur so kann geprüft und festgestellt werden, ob ein Dienstposten - oder im Falle eines Postnachfolgeunternehmens eine Tätigkeit - zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und auch gesundheitlich für ihn geeignet ist. Welche Tätigkeiten bei dem Unternehmen, dem der Kläger nach § 4 Abs. 4 PostPersRG zugewiesen ist, als gleichwertig mit dem Funktionsbereich eines Fernmeldebetriebsinspektors der früheren Bundespost erachtet werden können (vgl. § 8 PostPersRG), hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.
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Hierzu hätte zunächst ermittelt werden müssen, welcher mögliche Aufgabenkreis für den Kläger in der ihn betreffenden Zuweisungsverfügung festgelegt worden ist. Dieser umschreibt - wie bei einem abstrakt-funktionellen Amt - den Kreis der bei dem Tochterunternehmen möglichen amtsangemessenen Tätigkeiten. Bei einer dauerhaften Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG müssen sowohl der mögliche als auch der konkret zu erfüllende Aufgabenbereich in der Zuweisungsverfügung festgelegt werden (Beschluss vom 3. April 2014 - BVerwG 2 B 70.12 - IÖD 2014, 124 <127>). Nur so kann der hergebrachte Grundsatz amtsangemessener Beschäftigung auch nach Überleitung zu einem Postnachfolgeunternehmen gewährleistet werden (Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 13 ff.).
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Bei einer Zuweisung zu der Personalserviceagentur Vivento ist den Betroffenen nach den Erkenntnissen des erkennenden Senats jedenfalls in der Vergangenheit ein Aufgabenbereich nicht zugewiesen worden (vgl. Urteile vom 22. Juni 2006 a.a.O. Rn. 23 ff., vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99, jeweils Rn. 11 ff. und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 20). Aufgrund dieses, mit Art. 33 Abs. 5 GG und den Vorgaben des Postpersonalrechtsgesetzes nicht in Einklang stehenden Fehlens einer amtsangemessenen Beschäftigung hat der erkennende Senat deshalb auch die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG ausgesprochen, Beamte auf entsprechenden Antrag von Vivento "wegzuversetzen" (Urteil vom 18. September 2008 a.a.O. Rn. 13). Die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigungsmöglichkeiten im Falle der Zuweisung eines Beamten zur Personalserviceagentur Vivento im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereitet daher Schwierigkeiten.
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3. Dass das Oberverwaltungsgericht es versäumt hat, den maßgeblichen rechtlichen Maßstab in der gebotenen Weise näher zu bestimmen, also den Gesundheitszustand des Klägers in Bezug zu den Anforderungen eines ihm bei Vivento zugewiesenen Aufgabenbereichs zu setzen, ist jedoch im konkreten Fall unschädlich. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchs aus gesundheitlichen Gründen generell nicht in der Lage, Dienst zu leisten.
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a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - und den gemäß § 130b Satz 1 VwGO in Bezug genommenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts - verfügte der Kläger über keinerlei Restleistungsvermögen und konnte daher überhaupt keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben. In sämtlichen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen hatte es selbst an Ansatzpunkten für eine wenigstens teilweise vorhandene Leistungsfähigkeit des Klägers im Bereich seines abstrakt-funktionellen Amtes sowie für anderweitige Verwendungen gefehlt.
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Diese Feststellungen sind vom Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden und daher auch für die Beurteilung des Revisionsgerichts bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).
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Zwar hat der Kläger geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, dass es weitere Maßnahmen zur Erforschung der Ursache des ermittelten Krankheitsbildes unterlassen habe. Bei zutreffender Beweiserhebung hätte sich ein direkter Zusammenhang zwischen "der vom Kläger durchlebten und für ihn frustrierenden beruflichen Phase" und seinem Gesundheitszustand ergeben. Diese Rüge ist indes nicht begründet.
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Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (Beschluss vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn 4 m.w.N.). Das Gericht kann hierfür ein im Verwaltungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten heranziehen. Demgemäß hat das Oberverwaltungsgericht seine Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Klägers und der hieraus folgenden Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit auf die Stellungnahme des von der Beklagten nach § 48 Abs. 1 BBG beauftragten Gutachters sowie die Atteste des Hausarztes des Klägers gestützt.
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Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom 25. Feb-ruar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - juris Rn. 5).
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Das Vorliegen eines solchen Mangels zeigt die Rüge nicht auf. Der Kläger hat die nunmehr vermisste Sachverhaltsaufklärung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 und § 165 ZPO) weder im Verfahren vor dem Tatsachengericht beantragt noch ist dargelegt, dass sich dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu der bezeichneten Frage auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. zum Darlegungserfordernis Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14 f. sowie zuletzt vom 31. Januar 2014 - BVerwG 2 B 88.13 - juris Rn. 5).
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Die ärztlichen Befundberichte des Facharztes Dr. T., auf die in der Rüge Bezug genommen wird, sind vielmehr weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch den Tatsachengerichten vorgelegt worden. Der Kläger hat im Klageverfahren zwar umfangreich zu seiner Erkrankung vorgetragen und auch nachträglich erstellte Gutachten vorgelegt, wie etwa das Attest seines Hausarztes Dr. S. vom 31. März 2010; eine Behandlung oder Begutachtung durch den Facharzt Dr. T. hat er jedoch nicht erwähnt. Die Existenz der fachärztlichen Bescheinigungen aus den Jahren 2007 und 2008 ist vielmehr erstmals im Rahmen der Begründung des Antrags auf Zulassung der Revision offenbart worden. Die Erkenntnisse aus den Gutachten konnten folglich weder von der Beklagten bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden noch konnten sie dem Oberverwaltungsgericht Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen geben. Auf die weitere Frage, ob die Ermittlung der Krankheitsursache entscheidungserheblich gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
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b) Die Feststellung der amtsbezogenen Anforderungen ist indes entbehrlich, wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann (Summer, in: GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand: Mai 2014, L § 44 Rn. 6 und 16; zur Unfähigkeit "jedweder Beschäftigung" auch BAG, Urteil vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 32). Kann der Beamte gar nicht auf der Dienststelle erscheinen, weil er generell arbeits- und dienstunfähig ist, kommt es auf die konkreten Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsfelder nicht mehr an.
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Entsprechendes gilt für die aus § 44 Abs. 3 BBG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Auch diese besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 40).
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4. Die angefochtene Verfügung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX durchgeführt wurde.
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Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX klärt der Arbeitgeber, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, mit der zuständigen Interessenvertretung, ggf. der Schwerbehindertenvertretung und der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).
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a) Die Vorschrift findet auch auf Beamte Anwendung (ebenso Beschluss vom 4. September 2012 - BVerwG 6 P 5.11 - BVerwGE 144, 156 = Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 3, jeweils Rn. 12).
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Nach § 68 Abs. 1 SGB IX gelten die Regelungen aus Teil 2 des SGB IX für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen; eine Ausnahme für Beamte ist nicht vorgesehen. Grundsätzlich richten sich die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen aber auch an öffentliche Arbeitgeber (§ 71 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), bei denen Beamte beschäftigt werden (§ 73 Abs. 1 SGB IX). Anderes folgt auch nicht aus dem Regelungsgehalt des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX selbst. Die Norm gilt zwar trotz ihrer systematischen Stellung in Teil 2 des SGB IX auch für nicht behinderte Beschäftigte (BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 35), sie enthält indes keine Einschränkungen für Beamte. Dementsprechend nimmt § 93 Satz 2 SGB IX auch auf Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräte Bezug.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX kann auch systematisch in Einklang mit den bestehenden Vorschriften zur Dienstunfähigkeit von Beamten gebracht werden. Die Verfahren stehen in den Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis zueinander. Während das betriebliche Eingliederungsmanagement als frühzeitiges Instrumentarium auf die Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung der Beschäftigungsmöglichkeit und damit auf die Vermeidung einer Dienstunfähigkeit zielt, knüpft das dienstrechtliche Instrumentarium an eine gesundheitsbedingte Dienstunfähigkeit an.
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Voraussetzung für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX sind krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres. Der Mechanismus greift daher oftmals früher als das dienstrechtliche Instrumentarium (vgl. z.B. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG) und unabhängig davon, ob aus den Fehlzeiten auf eine mögliche Dienstunfähigkeit geschlossen werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 27). Auch die sich aus dem betrieblichen Eingliederungsmanagement ergebenen Reaktionsmöglichkeiten sind nicht auf den amtsbezogenen Dienstfähigkeitsbegriff ausgerichtet und umfassen damit auch "niederschwelligere" Vorfeldmaßnahmen, wie etwa den Einsatz von technischen Hilfsmitteln, die Anpassung des Arbeitsgeräts, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes, die Verteilung von Arbeitszeiten oder Umsetzungen. Der Sache nach erfordert das betriebliche Eingliederungsmanagement eine Analyse der bestehenden Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschäftigten, um Möglichkeiten einer leidensgerechten Anpassung des konkreten Arbeitsplatzes auszuloten. Bezugspunkt der Dienstfähigkeit einer Beamtin oder eines Beamten dagegen ist das jeweilige abstrakt-funktionelle Amt.
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Können auch mit Hilfe des durch § 84 Abs. 2 SGB IX vorgegebenen Suchprozesses alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht aufgezeigt werden, liegen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die ernsthafte Besorgnis einer Dienstunfähigkeit vor (vgl. zum arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren auch BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - NZA 2010, 398 Rn. 24, dort sogar zur Präklusionswirkung des erfolglos durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagements). Dem präventiv ausgerichteten betrieblichen Eingliederungsmanagement schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren an, das die Prüfung der Dienstunfähigkeit in den Blick nimmt und - als ultima ratio - zur Versetzung in den Ruhestand führen kann.
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Diese zeitliche Staffelung entspricht auch dem Übergang des vom Freiwilligkeitsprinzip gekennzeichneten betrieblichen Eingliederungsmanagements auf das dienstrechtliche Verfahren, mit der dort bestehenden Möglichkeit, den Beamten zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung anzuweisen. Der Gesetzgeber hat die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an die Zustimmung des Betroffenen geknüpft. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass Wiedereingliederungsbemühungen ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen von vornherein zum Scheitern verurteilt sind (Beschluss vom 23. Juni 2010 - BVerwG 6 P 8.09 - BVerwGE 137, 148 = Buchholz 251.2 § 73 BlnPersVG Nr. 1, jeweils Rn. 40). In praktischer Hinsicht ergibt sich dies schon daraus, dass ohne Kenntnis der Krankheitsursachen und der einzelnen Krankheitswirkungen die vorgesehene Klärung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten nicht erfolgen kann.
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Das dienstrechtliche Verfahren dagegen setzt eine Einwilligung des Betroffenen nicht voraus. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, sind diese von der Behörde - schon im Interesse der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung - aufzuklären. Hierzu hat sich der Beamte gemäß § 44 Abs. 6 BBG nach Weisung auch ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert sich der Beamte einer ordnungsgemäßen Untersuchungsanordnung (vgl. zu den hierfür bestehenden Anforderungen Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.) Folge zu leisten, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert (Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 12).
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Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX kann daher als Ausdruck und Konkretisierung der Fürsorgepflicht verstanden werden, mit dem ein "gesetzlich verankertes Frühwarnsystem" (Ritz/Schian, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz, SGB IX, 6. Aufl. 2011, § 84 Rn. 24) etabliert wird. Der Dienstherr muss bereits zu einem frühen Zeitpunkt, überwacht und unterstützt durch den Personalrat und ggf. die Schwerbehindertenvertretung, die Initiative ergreifen und ein gesetzlich vorgegebenes Suchverfahren zur Überwindung der bestehenden Probleme anbieten. Kann damit keine Verbesserung erzielt werden, schließt sich ein dienstrechtliches Verfahren mit dem dort vorgesehenen Instrumentarium an. Der Beamte hat sich dann ggf. auch einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
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b) Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist aber keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.
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§ 84 Abs. 2 SGB IX regelt die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht. Insbesondere ist das Verfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX - anders als die Zustimmung des Integrationsamts in § 85 SGB IX - nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung einer arbeitsrechtlichen Kündigung ausgestaltet (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 36). Ein Unterlassen führt daher auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zur Rechtswidrigkeit einer Kündigung, sondern lediglich zur Verschiebung der Darlegungs- und Beweislastverteilung in einem hierauf bezogenen Gerichtsverfahren (vgl. BAG, Urteile vom 23. April 2008 - 2 AZR 1012/06 - NZA-RR 2008, 515 Rn. 27, vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 17 ff., vom 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - BAGE 135, 361 Rn. 14 und vom 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - NZA 2011, 993 Rn. 25).
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Diese Einschätzung gilt für das öffentliche Dienstrecht erst recht. Die Annahme einer zwingenden Rechtswidrigkeitsfolge der Ruhestandsversetzung im Falle eines unterbliebenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist mit dem Regelungssystem des Bundesbeamtengesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ist ein Beamter wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten des ihm zuletzt übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn als dauernd unfähig anzusehen und kommt auch eine anderweitige oder zeitlich begrenzte Verwendung des Beamten nicht in Betracht, so ist er in den Ruhestand zu versetzen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Diese gesetzliche Anordnung steht nicht unter dem Vorbehalt, dass zuvor ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist; vielmehr ist im Falle der genannten Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements kein Raum mehr. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt vor, sind abweichende Entscheidungen auch dann nicht mehr denkbar, wenn die Möglichkeiten der präventiven Wiedereingliederung nach § 84 Abs. 2 SGB IX versäumt worden sind.
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Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX enthaltene Verpflichtung ist auch kein Bestandteil des auf den Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichteten Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9 VwVfG). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist bereits förmlich nicht als Verfahrensschritt eines Verfahrens nach § 44 ff. BBG ausgestaltet, das gesetzliche Regelungsgefüge sieht eine Verzahnung der jeweiligen Verfahren nicht vor. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist auch nicht auf den Abschluss eines Zurruhesetzungsverfahrens gerichtet; es dient vielmehr dazu, bereits den Eintritt einer Dienstunfähigkeit und damit den materiellen Anknüpfungspunkt entsprechender Verfahren zu vermeiden. Schließlich knüpft das betriebliche Eingliederungsmanagement materiell an andere Voraussetzungen an als § 44 Abs. 1 BBG. Die Anordnung in § 84 Abs. 2 SGB IX und das Dienstunfähigkeitsverfahren sind jeweils eigenständige Verfahren, die in rechtlicher Hinsicht nicht verknüpft sind.
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Der Verstoß gegen die aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung des Dienstherrn, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen oder jedenfalls anzubieten, kann daher nur mittelbare Folgen für das Zurruhesetzungsverfahren eines Beamten wegen dauernder Dienstunfähigkeit entfalten (ähnlich auch BGH, Urteil des Dienstgerichts des Bundes vom 20. Dezember 2006 - RiZ (R) 2/06 - NVwZ-RR 2007, 328 zu § 84 Abs. 1 SGB IX).
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Dies gilt insbesondere für die Einleitung des Verfahrens. Bereits die Anordnung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, setzt substanzielle Zweifel an der dauernden Dienstfähigkeit des Beamten voraus. Der Dienstherr ist nur dann zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn tatsächliche Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 19 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 19). Diese liegen nach ordnungsgemäßer, aber erfolgloser Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements regelmäßig vor. Unterlässt der Dienstherr dagegen die ihm gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX obliegende Verpflichtung, muss er die Begründung einer Untersuchungsanordnung auf anderweitige, ausreichende Tatsachenfeststellungen stützen.
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Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Ausschluss einer anderweitigen Verwendbarkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BBG). Auch diese Voraussetzung einer Versetzung in den Ruhestand prüft das Verwaltungsgericht im Streitfall gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen; kann sie nicht festgestellt werden, hat die Verfügung keinen Bestand. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 3 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 30). Auch insoweit entlastet es den Dienstherrn hinsichtlich des Bereichs der betroffenen Dienststelle, wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermocht hat.
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c) Der angefochtenen Verfügung haften auch keine sonstigen Verfahrensfehler an.
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Der Kläger ist ordnungsgemäß angehört und auf die beabsichtige Versetzung in den Ruhestand hingewiesen worden. § 47 Abs. 1 BBG enthält insoweit keine Einschränkung auf den unmittelbaren Dienstvorgesetzten; Dienstvorgesetzter ist auch der Vorstand der Telekom AG (§ 1 Abs. 2 PostPersRG).
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Eine Beteiligung des Betriebsrats war nicht erforderlich. Nach § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG wirkt der Personalrat bei einer Versetzung in den Ruhestand zwar mit; er wird aber nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt (§ 29 Abs. 5 Satz 2 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt, obwohl er von der Beklagten auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist (vgl. hierzu Urteil vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 2 C 4.99 - BVerwGE 110, 173 <177> = Buchholz 232 § 35 BBG Nr. 4 S. 3).
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Die Beklagte hat auch ordnungsgemäß über die vom Kläger erhobenen Einwendungen befunden. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde über die Einwendungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG ernennt und entlässt das Bundesministerium der Finanzen die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten der Bundesbesoldungsordnung A; es kann diese Befugnis nach Satz 3 auf den Vorstand (und andere) übertragen. Von dieser Übertragungsmöglichkeit ist durch Abschnitt II der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Zuständigkeiten für den Bereich der Deutschen Telekom AG vom 17. Dezember 2003 (BGBl I S. 2919; geändert durch Anordnung vom 21. Dezember 2005, BGBl I S. 3727) Gebrauch gemacht worden. Der Vorstand der Deutschen Telekom AG war daher im maßgeblichen Zeitpunkt zur Entscheidung berufen.
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Anstelle des Einvernehmens der obersten Dienstbehörde, deren Befugnisse der Vorstand der Deutschen Telekom AG selbst wahrnimmt (§ 1 Abs. 2 PostPersRG), sehen § 1 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG, § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 16 BAPostG eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vor. Diese hat stattgefunden, dabei sind keine Einwände erhoben worden.
Gründe
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Nachdem die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie den angefochtenen Bescheid aufgehoben hat und damit dem Klagebegehren in vollem Umfang nachgekommen ist. Das entspricht auch der Rechtslage, weil der Bescheid den rechtlichen Anforderungen an einen Bescheid, der die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand verfügt, nicht genügt.
- 2
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Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 BBG setzt voraus, dass der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft außerstande ist. Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht der Dienstposten, sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 Rn. 14 m.w.N.). Die Verantwortung zur Feststellung der Dienstunfähigkeit hat die Behörde, nicht der Amtsarzt. Sie muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 23). Das setzt voraus, dass sie fachärztliche Äußerungen, die der Stellungnahme des Amtsarztes zugrunde liegen, zur Kenntnis nimmt und würdigt. Ein amtsärztliches Gutachten muss den im Beschluss vom 20. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.10 - (juris Rn. 5) formulierten Anforderungen genügen.
- 3
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Gegebenenfalls ist eine Anhörung der Schwerbehindertenvertretung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2, § 68 Abs. 1, § 73 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
- 4
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Bei der Frage der anderweitigen Verwendung nach § 44 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BBG ist dem in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" Rechnung zu tragen. Die Suche nach einem anderen Amt muss diesem Grundsatz in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen. In dem Senatsurteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - (a.a.O. Rn. 25) sind insoweit zu beachtende Anforderungen ausgeführt. So muss sich die Suche regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn erstrecken; im Einzelfall kann sich insbesondere unter Fürsorgeaspekten eine räumliche Begrenzung, wie hier auf Berlin, ergeben. Außerdem muss die Suche nach einer anderweitigen Verwendung sich auch auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit neu zu besetzen sind; der insoweit zu betrachtende Zeitraum ergibt sich aus der für den Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung erforderlichen Zeit. Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte auf diesem Dienstposten zu verwenden. Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt. Zur Suchpflicht gehört auch eine Nachfrage bei einer anderen Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt. Schließlich ist dann, wenn die Suche nach einer anderweitigen Verwendung nach § 44 Abs. 2 BBG auch unter Beachtung der insoweit zu stellenden Anforderungen erfolglos geblieben ist, vor der Versetzung des Beamten in den Ruhestand zu prüfen, ob dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden kann (§ 44 Abs. 3 BBG) und ob er auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden kann (§ 44 Abs. 4 BBG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 65.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO fristgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht in vollem Umfang.
6Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2011, mit dem die Klägerin mit Ablauf des Monats November 2011 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurde, aufgehoben. Zur Begründung hat es sich zum einen darauf gestützt, dass der Bescheid wegen fehlender Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten rechtswidrig sei; zum anderen hat es auch die materielle Rechtswidrigkeit des Bescheides angenommen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die Zurruhesetzung sei auf der Grundlage eines unzureichend ermittelten Sachverhalts verfügt worden. Bei Erlass des Bescheides habe nicht mit hinreichender Sicherheit festgestanden, dass die Klägerin dauernd dienstunfähig gewesen sei (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Prüfungsmaßstab hierfür sei das innegehabte abstrakt-funktionelle Amt einer Stadtbauoberamtsrätin. Dem Bescheid sei aber nicht zweifelsfrei zu entnehmen, welchen Amtsanforderungen die Klägerin mit den in dem amtsärztlichen Gutachten der Frau Dr. N. (Gesundheitsamt der Stadt L. ) vom 30. September 2011 festgestellten Erkrankungen nicht mehr gerecht werden könne. Daraus, dass die Amtsärztin auf eine „Zusammenschau“ der körperlichen Krankheitssymptome mit der schon vorhandenen Erschöpfungsdepression abgestellt habe, lasse sich folgern, dass sie ohne die Feststellung der Depression nicht ohne Weiteres zum Ergebnis der Dienstunfähigkeit gelangt wäre. Ob aber im Untersuchungszeitpunkt eine im Bereich der psychischen Erkrankungen anzusiedelnde Erschöpfungsdepression vorgelegen habe, lasse sich nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Angesichts der damals vorliegenden privatärztlichen Atteste hätte die Amtsärztin davon ausgehen müssen, dass es dringend geboten sei, eine weitere Aufklärung zu veranlassen. Dies sei erst im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt worden und habe zu dem Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie Nebeling vom 12. Oktober 2012 geführt. Dort werde aber ausgeführt, dass ein chronifiziertes Krankheitsbild nicht vorliege und auch nicht vorgelegen haben könne. Mit diesem Gutachten sei der Feststellung der Dienstunfähigkeit die tatsächliche Grundlage entzogen.
7Soweit das Zulassungsvorbringen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheides in Zweifel zieht, kann die Berechtigung dieser Einwände dahinstehen. Die selbstständig entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, der angefochtene Bescheid sei (auch) materiell rechtswidrig, wird durch das Zulassungsvorbringen nämlich nicht erschüttert.
8Das Zulassungsvorbringen weist zunächst darauf hin, dass entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit des Beamten der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also des Bescheides vom 25. November 2011 sei. Daraus zieht es den Schluss, das Verwaltungsgericht habe allein der Frage nachgehen dürfen, welche Kenntnisse zu diesem Zeitpunkt bei der Dienststelle und der begutachtenden Amtsärztin vorhanden gewesen seien, und ob die Beklagte auf der Grundlage dieser Kenntnisse die Dienstunfähigkeit der Klägerin habe annehmen müssen. Dagegen habe sich das Verwaltungsgericht nicht auf das erst im gerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten der Fachärztin O. stützen dürfen. Diese Einwände gehen fehl.
9Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, BVerwGE 146, 347 = juris, Rn. 11.
11Voraussetzung der Zurruhesetzung ist insbesondere, dass der Beamte in diesem Zeitpunkt wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist, § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Die Beurteilung der Dienstunfähigkeit unterliegt der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Erweist sich die von der Behörde für die Annahme der Dienstunfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig, so hat das Verwaltungsgericht zu klären, ob der betroffene Beamte im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich dienstunfähig war.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014 - 2 B 24.12 -, IÖD 2014, 100 = juris, Rn. 11.
13Nach § 86 Abs. 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Auskünfte und Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters.
14Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014, a.a.O., Rn. 10.
15Über Art und Zahl der ggf. einzuholenden Sachverständigengutachten hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
16Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - 2 B 57.12 -, juris, Rn. 5.
17Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Es muss dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
18Vgl. zu § 48 Abs. 2 BBG BVerwG, Beschluss vom 13. März 2014 - 2 B 49.12 -, juris, Rn. 8 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2014 - 1 B 807/14 -, juris, Rn. 22 ff.
19Diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht Rechnung getragen.
20Zunächst hat es angenommen und näher begründet, dass das amtsärztliche Gutachten vom 30. September 2011 - auf das sich der angefochtene Bescheid allein stützt - nicht ausreiche, um die Dienstunfähigkeit der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt bejahen zu können. Dieser schon angesichts der Kürze des Gutachtens, der vagen und aus sich heraus nicht nachvollziehbaren Begründung des gefundenen Ergebnisses („Zusammenschau“) und den fehlenden Feststellungen zu den Anforderungen des abstrakt-funktionellen Amtes der Klägerin naheliegenden Annahme setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen. Dessen Einwand, das Verwaltungsgericht sei nicht der Frage nachgegangen, welche Kenntnisse bei der Gutachterin Dr. N. sowie den die Klägerin behandelnden Ärzten im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung vorgelegen hätten, lässt eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den ärztlichen Stellungnahmen sowohl der Gutachterin als auch des behandelnden Arztes Dr. C. vermissen. Soweit das Zulassungsvorbringen darauf abheben sollte, dass sich die Amtsärztin Dr. N. im Besitz interner gutachterlicher Aufzeichnungen befunden habe, die aber der Beklagten nicht zugänglich gemacht worden seien (vgl. den Schriftsatz der Beklagten vom 1. August 2012 im erstinstanzlichen Verfahren), würde dies nichts daran ändern, dass jedenfalls nicht ersichtlich ist, dass diese Aufzeichnungen dem Gutachten zu Grunde gelegt worden sind.
21Nicht in Zweifel zu ziehen vermag das Zulassungsvorbringen ferner die weitere Feststellung des Verwaltungsgerichts, aus dem angefochtenen Bescheid lasse sich nicht ersehen, von welchen Voraussetzungen die Beklagte hinsichtlich der Anforderungen des von der Klägerin bekleideten abstrakt-funktionellen Amtes ausgegangen sei. Dass diese Feststellung zutrifft, ergibt sich ohne weiteres aus dem Bescheid selbst, in dem entsprechende Ausführungen nicht enthalten sind. Eine andere Frage ist, ob die Amtsärztin - wie das Zulassungsvorbringen meint - die Kenntnisse über diese Anforderungen besaß. Gegenteiliges hat das Verwaltungsgericht nicht angenommen, so dass dem nicht weiter nachzugehen ist. Insoweit erscheint lediglich der Hinweis angebracht, dass die Entscheidung über die Zurruhesetzung nicht der Amtsärztin, sondern dem Dienstherrn obliegt, der sich daher auch Klarheit darüber verschaffen muss, welche gesundheitlichen Anforderungen für die Amtsausübung unverzichtbar sind und welche Folgen sich aus den amtsärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben. Er darf sich nicht damit begnügen, das von ihm selbst nicht nachvollzogene Ergebnis des Amtsarztes in der Überzeugung, dieser werde mit den maßgeblichen Anforderungen vertraut sein, einfach zu übernehmen.
22Reichten danach die Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht aus, um die Dienstunfähigkeit der Klägerin bejahen zu können, kamen weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung in Betracht, die nach Art und Umfang im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts standen. Entgegen dem Zulassungsvorbringen begegnet es insoweit keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht das im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie O. vom 12. Oktober 2012 ausgewertet und seine Entscheidung darauf gestützt hat. Dabei handelte es sich um eine weitere Erkenntnisquelle, die das Gericht nach seinem Ermessen hinzugezogen und der es Aussagen in Bezug auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt entnommen hat. Die Ausführungen des Zulassungsvorbringens zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage mit der Folge eines aus der Sicht der Beklagten veranlassten Antrags nach § 29 BeamtStG gehen hieran vorbei.
23Zu keiner anderen Beurteilung führen die von ihr in der Zulassungsbegründung angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Senats. Nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. April 2000- 3 C 6.99 -, juris, Rn. 29, und vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris, Rn. 12, ist für die Begründetheit einer Anfechtungsklage auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen. Hiervon ist das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht abgewichen.
24Ohne Erfolg macht die Beklagte weiter geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, juris, Rn. 16, ebenso wie der beschließende Senat mit Urteil vom 14. Mai 2013 - 6 A 1883/09 -, juris, Rn. 53, festgestellt, dass sich die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten danach beurteile, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung „nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen“ annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist. Ungeachtet weiterer Rechtsfragen bleibt dieser Einwand bereits deshalb erfolglos, weil das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dass die Zurruhesetzung der Klägerin „auf der Grundlage eines unzureichend ermittelten (…) Sachverhalts getroffen worden“ sei. Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung nicht von einer dauernden Dienstunfähigkeit der Klägerin ausgehen.
25Auf die Frage einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit (§ 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG) kommt es danach nicht mehr an. Sie stellt sich nur, wenn die Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG bejaht wird; dies ist hier aber nicht der Fall. Auch das Verwaltungsgericht hat dieser Frage keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen, was sich daraus ergibt, dass die diesbezüglichen Ausführungen lediglich als ergänzender Hinweis angefügt worden sind.
262. Die angefochtene Entscheidung leidet auch nicht an einem Verfahrensmangel, wobei offen bleiben kann, ob dieser überhaupt, wie geschehen, als Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemacht werden konnte oder ob insoweit auf § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO hätte abgestellt werden müssen.
27Die Beklagte meint, das Verwaltungsgericht hätte ihren Beweisanregungen nachgehen müssen, die Amtsärztin Dr. N. als Zeugin zu vernehmen oder zumindest zu einer umfassenden Stellungnahme zu veranlassen, und zwar zum einen bezogen auf die medizinischen Feststellungen, zum anderen bezogen auf ihre Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen des abstrakt-funktionellen Amtes der Klägerin. Zudem hätte es ggf. durch Zeugenbeweis ermitteln müssen, ob eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit zur Verfügung gestanden hätte. Die damit gerügte Verletzung der Aufklärungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte vornehmen müssen. Mit dem fachärztlichen Gutachten vom 12. Oktober 2012 war aus der maßgeblichen Sicht des Verwaltungsgerichts der Annahme der Dienstunfähigkeit der Boden entzogen. Darauf, welche Kenntnisse die Amtsärztin hinsichtlich der gesundheitlichen Anforderungen des abstrakt-funktionellen Amtes der Klägerin hatte, kam es nicht mehr an. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich war - wie schon ausgeführt - die Frage einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG a.F.
30Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 16.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die gegen den angefochtenen Beschluss fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, soweit es um die begehrte Abänderung des Beschlusses geht, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern, mit welchem das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der bei ihm anhängigen Klage mit dem Aktenzeichen 13 K 1592/14 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom 12. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 wiederhergestellt hat. Vielmehr fällt die hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung ihrer bei dem VG Arnsberg erhobenen Klage 13 K 1592/14 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom 12. März 2014 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 wiederherzustellen,
4gebotene, auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin, weil sich die angefochtene Zurruhesetzung der Antragstellerin bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig darstellt und kein öffentliches Interesse am Vollzug offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte besteht.
5Der angefochtene, allein auf § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG gestützte Bescheid vom 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 ist offensichtlich rechtswidrig. Denn das sozialmedizinische Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin, Dr. X. von der B.A.D. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH (im Folgenden: B.A.D. GmbH), B.A.D.-Zentrum E. , vom 30. Oktober 2013 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 4. Dezember 2013 und 28. Januar 2014, welches die Antragsgegnerin ihrer Prognoseentscheidung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG zugrundegelegt hat, stellt hierfür keine tragfähige Grundlage dar. Das ergibt sich, wie der Beschwerde zuzugeben ist, allerdings nicht schon aus der auf sein Urteil vom 18. Juni 2010 – 13 K 185/09 –, NWVBl. 2010, 441 = juris, Bezug nehmenden Begründung des Verwaltungsgerichts, das Gutachten von Dr. X. könne die Prognoseentscheidung (schon) deshalb nicht stützen, weil es von einer „Betriebsärztin“ der B.A.D. GmbH „und damit von einer in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Antragsgegnerin stehenden Person erstellt worden“ sei (nachfolgend 1.). Es folgt aber daraus, dass das erstellte Gutachten ersichtlich nicht den Anforderungen genügt, welche an eine entsprechende ärztliche Begutachtung im Zurruhesetzungsverfahren zu stellen sind (nachfolgend 2.).
61. Das Gutachten kann nicht schon mit der Begründung als für die Prognoseent-scheidung ungeeignet qualifiziert werden, es sei von einer in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Antragsgegnerin stehenden Betriebsärztin gefertigt worden, und zwar unabhängig davon, ob die Ärzte der B.A.D. GmbH als Auftragnehmer der Deutschen Telekom AG (im Folgenden: DT AG) als „Betriebsärzte“ bezeichnet werden können und ob angenommen werden kann, dass sie zu der Antragsgegnerin bzw. zu der DT AG in einem „Beschäftigungsverhältnis“ stehen. Denn die Antragsgegnerin bzw. der Vorstand der DT AG, welcher nach § 1 Abs. 2 PostPersRG die Befugnisse der obersten Dienstbehörde wahrnimmt, hat nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin die Ärzte der B.A.D. GmbH generell als Gutachter in Verfahren auf Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit beauftragt. Dies entspricht § 48 Abs. 1 BBG.
7Nach § 48 Abs. 1 BBG kann in den Fällen der §§ 44 bis 47 BBG die zuständige Behörde die ärztliche Untersuchung nur einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt übertragen oder einer Ärztin oder einem Arzt, die oder der als Gutachterin oder Gutachter zugelassen ist (Satz 1). Die oberste Dienstbehörde bestimmt, welche Ärztin oder welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten betraut werden kann (Satz 2). Sie kann diese Befugnis auf nachgeordnete Behörden übertragen (Satz 3). Der solcherart zugelassene Arzt wird dem Amtsarzt in der Funktion als Gutachter im Zurruheset-zungsverfahren gleichgestellt („oder“), ohne dass sich dem Gesetz insoweit ein Rangverhältnis entnehmen lässt. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut muss es sich bei dem von der zuständigen Behörde zugelassenen Gutachter „lediglich“ um eine „Ärztin“ oder einen „Arzt“ handeln, weitere einschränkende Vorgaben hinsichtlich der Art oder Qualifikation des Arztes formuliert das Gesetz nicht. Die im heutigen § 48 Abs. 1 BBG getroffene Regelung entspricht, wie ein Wortlautvergleich zeigt und auch in der einschlägigen Gesetzesbegründung ausgeführt wird (BT-Drs. 16/7076, S. 113), im Wesentlichen der vom 1. Januar 2002 bis zum 11. Februar 2009 gültigen Regelung des § 46a Abs. 1 BBG a.F., die durch Art. 5 Nr. 5 Buchstabe a des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001, BGBl. I S. 3926, in § 46a BBG a.F. eingefügt worden war. Die Begründung des zugehörigen Gesetzentwurfs lässt die mit der Norm verbundenen gesetzgeberischen Erwartungen klar hervortreten: es ging darum, erfahrene Mediziner aus dem Bereich der sozialversicherungsrechtlichen Feststellung von Erwerbs- und Berufsunfähigkeit auch in das beamtenrechtliche Zurruhesetzungsverfahren wegen Dienstunfähigkeit einbeziehen zu können sowie – ergänzend – durch die unmittelbare Einschaltung medizinischer Spezialisten ggf. die Verfahrensdauer verkürzen zu können.
8Vgl. Summer, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, Band I, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Soldatenrecht, Stand: Juni 2014, BBG 2009 § 48 Rn. 2, und BT-Drs. 14/7064, S. 32: „Die ärztliche Untersuchung zur Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten soll künftig nicht nur durch Amtsärzte, sondern auch durch andere Ärzte möglich sein, die besondere Erfahrungen hinsichtlich der gesundheitlichen Anforderungen beruflicher Tätigkeiten besitzen“; vgl. ferner ebenda, S. 49, zu Art. 5 Nr. 2, wo u.a. ausgeführt wird: „Es soll deshalb künftig möglich sein, Beamte nicht nur durch einen Amtsarzt, sondern auch durch einen sonstigen, als Gutachter beauftragten Arzt auf seine Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen. Damit soll es den zuständigen Dienststellen eröffnet werden, auch das Fachwissen anderer Ärzte, die besondere Erfahrungen mit den Auswirkungen gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf Arbeitsfähigkeit und Arbeitseinsatz gesammelt haben, zu nutzen. Durch diese Neuregelung ist auch eine Verfahrensbeschleunigung zu erwarten. In vielen Fällen verfügt der Amtsarzt nicht über die erforderlichen spezialärztlichen Kenntnisse, so dass er weitere Ärzte hinzuziehen muss. Durch die Möglichkeit, künftig statt des örtlich zuständigen Amtsarztes sofort einen entsprechenden Spezialisten mit dem Gutachten zu betrauen, können Zeitverzögerungen vermieden werden“; vgl. schließlich ebenda S. 50 zu Art. 5 Nr. 5: „Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde muss Listen von Ärzten aufstellen, die als Gutachter in Betracht kommen. Diese können von den Behörden zur Begutachtung eines Beamten herangezogen werden. Besonders geeignet dürften z. B. Ärzte sein, die sich in ihrer bisherigen Praxis mit der Frage der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit von Arbeitnehmern befasst haben. Diese verfügen über einen großen Erfahrungsbestand, auf den für die Begutachtung zurückgegriffen werden sollte.“
9Es gibt daher keine Anhaltspunkte für die Annahme, das Gesetz erlaube die Begutachtung eines Beamten im Zurruhesetzungsverfahren durch andere Ärzte als Amtsärzte nur in den Fällen, in denen der Amtsarzt nicht über die erforderlichen Kenntnisse aus einem bestimmten medizinischen Fachgebiet verfügt.
10In diesem Sinne aber wohl VG Arnsberg, Urteil vom 18. Juni 2010 – 13 K 185/09 –, NVWBl 2010, 441 = juris.
11Dabei schließt das Gesetz auch nicht aus, dass die zuständigen Behörden den für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich als Gutachter im Zurruhesetzungsverfahren zugelassenen Ärzten die Begutachtung überwiegend oder sogar generell übertragen.
12In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass § 46a Abs. 1 BBG a.F., soweit es um Beamte der Postnachfolgeunternehmen ging, der Sache nach die vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2001 geltende Regelung des § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325, 2353) ersetzte.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 19; diese Regelung berücksichtigt das VG Arnsberg bei der Untersuchung der Entstehungsgeschichte nicht in seinem Urteil vom 18. Juni 2010 – 13 K 185/09 –, NWVBl. 2010, 441 = juris, Rn. 118.
14Nach § 4 Abs. 4 PostPersRG in der angeführten Fassung konnte das nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (damaliger Fassung) der Feststellung der Dienstunfähigkeit zugrundeliegende Gutachten das eines Amtsarztes, eines beamteten Arztes, eines Vertrauensarztes oder in Ausnahmefällen eines Facharztes sein. Die Streichung des § 4 Abs. 4 PostPersRG a.F. mit Ablauf des 31. Dezember 2001 hat der historische Gesetzgeber seinerzeit damit begründet, dass es den obersten Dienstbehörden bzw. den bei den Post-Aktiengesellschaften deren Befugnisse wahrnehmenden Vorständen nach § 46 Abs. 1 (neu) BBG [gemeint ist § 46a Abs. 1 (neu) BBG] möglich sei, die zuvor von § 4 Abs. 4 PostPersRG erfassten Ärzte in ihre Gutachterliste aufzunehmen, weshalb eine entsprechende gesetzliche Regelung nicht mehr erforderlich sei.
15So BT-Drs. 14/7064 S. 54, zu Art. 14; siehe auch ebenda, S. 49, zu Art. 5 Nr. 3, zum gleichzeitigen Wegfall der in § 44 BBG a.F. vorgesehen gewesenen Sonderregelungen für das Bundeseisenbahnvermögen und für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung.
16Von der vorbehandelten (zu bejahenden) Frage, ob das Gutachten einer als Gutachterin nach § 48 Abs. 1 BBG zugelassenen Ärztin der B.A.D. GmbH taugliche Grundlage einer Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten sein kann, ist die weitere Frage zu unterscheiden, ob diesem Gutachten im Falle gegenläufiger privatärztlicher Bewertungen derselbe allerdings nur eingeschränkte Vorrang zuzubilligen ist, wie er ggf. dem Gutachten eines Amtsarztes zukommt.
17Vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 26. September 2012 – 2 B 97.11 –, juris, Rn. 5, und vom15. Februar 2010 – 2 B 126.09 –, Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 = juris, Rn. 16.
18Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr ausdrücklich verneint,
19vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 20,
20was aber an der prinzipiellen Verwertbarkeit der Gutachten, die von nach § 48 Abs. 1 BBG zugelassenen Ärzten erstellt worden sind, nichts ändert.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 30 a.E.; aus dem vorangegangenen Berufungsurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 – 2 LB 1/12 – UA S. 8, ergibt sich, dass im konkreten Fall ein Arzt der B.A.D. GmbH tätig geworden war.
222. Das einschlägige sozialmedizinische Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen ist aber deshalb ungeeignet zur Stützung der von der Antragsgegnerin getroffenen, nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG erforderlichen Prognose, dass keine Aussicht besteht, dass die Dienstfähigkeit der Antragstellerin innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll hergestellt ist, weil es ersichtlich nicht den an ein ärztliches Gutachten im Zurruhesetzungsverfahren zu stellenden inhaltlichen Anforderungen (dazu nachfolgend a)) genügt (dazu nachfolgend b)). Den entsprechenden – zutreffenden – Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegengesetzt, sie muss deshalb ohne Erfolg bleiben.
23a) Welche Anforderungen an das ärztliche Gutachten im Verfahren auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zu stellen sind, ergibt sich aus § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG. Nach dieser Vorschrift teilt die Ärztin oder der Arzt der Behörde auf Anforderung im Einzelfall die tragenden Gründe des Gutachtens mit, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Aus dieser Vorschrift folgt, dass ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amtsärztliches) Gutachten sich nicht auf die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses beschränken darf, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe mitteilen muss, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Das Gutachten muss danach sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben.
24So bereits BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 2014– 2 B 49.12 –, juris, Rn. 8 f., und vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5 und 15.
25Ausgangspunkt für dieses Auslegungsergebnis ist der Wortlaut der Norm. Danach sind die tragenden Gründe des Gutachtens mitzuteilen, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat also die Beantwortung der Frage, was im jeweiligen Einzelfall zu den tragenden Gründen in diesem Sinne zu zählen hat, davon abhängig gemacht, welche Kenntnisse der Dienstherr zwingend benötigt, um die ihm aufgegebene, das Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Beamten abschließende Entscheidung seiner Aufgabe und Verantwortung entsprechend zu treffen; der Inhalt des Gutachtens richtet sich also nach seinem Zweck. Eine gutachtliche Stellungnahme im Zurruhesetzungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ob er im Falle der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann. Bei der Beurteilung der – spezifisch beamtenrechtlichen – Frage der Dienstfähigkeit des Beamten entscheidend sind die Auswirkungen seines körperlichen Zustandes oder der gesundheitlichen Gegebenheiten auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Es kommt dabei in der Regel darauf an, ob der Beamte auf Grund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten im abstrakt-funktionellen Amt bei der Beschäftigungsbehörde dauernd unfähig ist; in manchen Fällen werden allerdings schon Art und Ausmaß der einzelnen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Qualifikation als solche auf die Annahme der Dienstunfähigkeit führen können.
26Vgl. etwa das Senatsurteil vom 9. Mai 2011– 1 A 440/10 –, PersV 2011, 456 = juris, Rn. 87 = NRWE, m.w.N.
27Schon vor diesem Hintergrund und auch mit Blick darauf, dass der Dienstherr die Aussagen des medizinischen Gutachtens nicht ungeprüft übernehmen darf, sondern insbesondere auf ihre Nachvollziehbarkeit zu überprüfen hat, leuchtet es ein, dass das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen (z.B. orthopädischen) Befunde, als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen (z.B.: mangelnde Fähigkeit, Lasten über 20 kg zu heben oder länger als eine Stunde zu stehen) für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben, enthalten muss.
28Die genannten inhaltlichen Anforderungen muss das Gutachten nach dem Sinn und Zweck der Norm aber auch aus Gründen effektiven Rechtsschutzes erfüllen. Das erstellte Gutachten muss es dem Beamten nämlich ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen.
29Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass sich das Gutachten seinem– doppelten – Zweck entsprechend nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken darf, sondern die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen muss. Wie detailliert das Gutachten danach jeweils sein muss, ist dabei eine Frage des Einzelfalles.
30Vgl. insgesamt zum Vorstehenden BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 2014 – 2 B 49.12 –, juris, Rn. 8 f., und vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5 und 15.
31Ersichtlich ungenügend ist es demnach hingegen, wenn ein Gutachter sich auf die nicht nachvollziehbare und nicht weiter überprüfbare Aussage beschränkt, Dienstunfähigkeit sei „aufgrund des Krankheitsbildes“ gegeben oder nicht gegeben, die im Übrigen im Umfang ihrer spezifisch beamtenrechtlichen Schlussfolgerung außerhalb seiner Kompetenz liegt.
32Die Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG kann objektiv auch nicht, wie die Beschwerde indes meint, dahin verstanden werden, dass die nach dem Vorstehenden zu stellenden Anforderungen noch nicht den Regelfall der Mitteilung des Ergebnisses einer ärztlichen Untersuchung betreffen, sondern erst dann gelten, wenn die Behörde im Einzelfall – zur Ergänzung einer schon erfolgten gutachterlichen Stellungnahme –eine solchermaßen substantiierte Mitteilung anfordert. Ein solches Normverständnis verbietet sich schon mit Blick darauf, dass § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG die einzige Vorschrift darstellt, die die Anforderung des Gutachtens, welches auf der Grundlage der einem Arzt i.S.v. § 48 Abs. 1 BBG nach dieser Vorschrift übertragenen ärztlichen Untersuchung (§ 48 Abs. 3 BBG) erstellt worden ist, durch die Behörde und die damit korrespondierende Verpflichtung des Arztes zur Übermittlung regelt. Zudem ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen zu dem Sinn und Zweck des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG, der Behörde eine verantwortliche Entscheidung über die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten und Letzterem effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen, dass das erstellte Gutachten den dargestellten Anforderungen schon im ersten (und u.U. letzten) Zugriff genügen muss.
33Die Betrachtung der Entstehungsgeschichte des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBG bzw. der sich allein aus ihr erschließenden subjektiven Vorstellungen des historischen Gesetzgebers erlaubt kein vom Vorstehenden abweichendes Verständnis der Norm.
34Die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBG hat zwei ihr weitgehend entsprechende Vorgängerregelungen, nämlich § 46a Abs. 2 BBG Fassung 2002 sowie § 46a Abs. 1 BBG Fassung 1997. Nach der zuletzt genannten Vorschrift hatte der Arzt, wenn eine ärztliche Untersuchung der Dienstunfähigkeit des Beamten durchgeführt wurde, nur im Einzelfall auf Anforderung der Behörde das die tragenden Gründe und Feststellungen enthaltende Gutachten mitzuteilen, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich war. In der einschlägigen Bundestags-Drucksache 13/5057 (Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses vom 25. Juni 1996 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts [Reformgesetz] der Bundesregierung, BT-Drs. 13/3994) heißt es auf Seite 64 zu Artikel 2 Nummer 10a des Gesetzentwurfs (Einfügung von § 46a BBG) lapidar, mit der Neufassung werde den Wünschen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz weitgehend Rechnung getragen. Diese Wünsche wiederum erschließen sich aus zwei Schreiben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz an den Vorsitzenden des Innenausschusses, welche vom 7. Mai 1996 – III - 460 / 1 – (BT-InnenA Drs. 13/62) bzw. vom 17. Juni 1996 – III - 459 / 2 – datieren. Im erstgenannten Schreiben hat der Bundesbeauftragte ausgehend von seiner – irrigen – Ansicht, der beauftragte Arzt treffe bereits die Aussage über die Dienstfähigkeit des Beamten, dargelegt, eine Übermittlung von Anamnese, Befunden und ärztlicher Begründung sei – abgesehen von eng umgrenzten Ausnahmefällen – aus datenschutzrechtlichen Gründen grundsätzlich nicht erforderlich/zulässig. Hierauf fußend hat er sodann mit seinem späteren Schreiben dem Innenausschuss einen Formulierungsvorschlag unterbreitet, der– soweit hier von Interesse – lautet:
35„Der Arzt übermittelt der Behörde das Untersuchungsergebnis, das sich auf Auskünfte über Art und Umfang der Einschränkung der Dienstfähigkeit beschränkt. Auf Anforderung der Behörde im Einzelfall teilt der Arzt darüber hinaus weitere Einzelangaben mit, soweit deren Kenntnis für die Behörde erforderlich sind,
36- um eine unmittelbar drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwenden,
37- zum Schutz von Leben und Gesundheit des Bediensteten oder
38- wenn dies zur Erledigung überragend wichtiger Aufgaben im öffentlichen Interesse notwendig ist.“
39Ob die soeben dargestellte Entstehungsgeschichte dem hier vertretenen Auslegungsergebnis entgegensteht, ist mit Blick darauf zumindest zweifelhaft, dass– erstens – die nach dem Formulierungsvorschlag gewollte Zweiteilung (Übermittlung nur des Untersuchungsergebnisses, ggf. spätere Mitteilung von Einzelangaben auf gesonderte Anforderung) nicht erkennbar Eingang in den Gesetzeswortlaut gefunden hat und dass – zweitens – § 46a Abs. 1 BBG 1997 immerhin (überhaupt) eine Mitteilung des die tragenden Feststellungen und Gründe enthaltenden Gutachtens vorgesehen hat. Da der Innenausschuss gemeint hat, den Wünschen des Bundesbeauftragten weitgehend Rechnung getragen zu haben, erscheint aber auch die Annahme möglich, dass der historische Gesetzgeber der Sache nach von der angesprochenen Zweiteilung ausgegangen ist und lediglich aus Gründen sprachlicher Vereinfachung nur den besonderen Fall der Anforderung von Einzelangaben bzw. – nach seiner Lösung – des die tragenden Feststellungen und Gründe enthaltenden Gutachtens geregelt hat, also davon ausgegangen ist, dass im Regelfall nur ein „Ergebnis“ mitzuteilen sei.
40Letztlich kann die Beantwortung dieser Frage vorliegend aber auf sich beruhen. Denn hier verbietet sich eine abweichende Bewertung auf der Grundlage etwaiger Erwägungen zur Entstehungsgeschichte des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBG bzw. zu sich allein aus ihr erschließenden subjektiven Vorstellungen des historischen Gesetzgebers schon wegen des weiter oben dargelegten klaren Befundes zur Auslegung der objektiven Fassung der Norm. Führt nämlich die (Wortlaut, Systematik und/oder Sinn und Zweck des Gesetzes beleuchtende) Auslegung einer Norm auf ein sich aus der objektiven Gesetzesfassung bereits klar erschließendes Auslegungsergebnis, so ist es dem Auslegenden verwehrt, dieses Ergebnis allein wegen der angeführten entstehungsgeschichtlichen Erwägungen letztlich in sein Gegenteil zu verkehren.
41Vgl. etwa das Senatsurteil vom 13. August 2010– 1 A 1260/08 –, juris, Rn. 42 f. = NRWE, m.w.N.
42Das nach alledem zutreffende Verständnis des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG wird schließlich auch nicht durch das von der Beschwerde ins Feld geführte Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 5. November 2012 – D 1 – 210 142/42#0 – infrage gestellt, welches in seiner Anlage 2 davon ausgeht, in dem Gutachten sei regelmäßig nicht die genaue Diagnose/Erkrankung aufzuführen. Denn hierbei handelt es sich um bloßes Innenrecht, welches die zur verbindlichen Auslegung des geltenden Rechts berufenen Gerichte nicht zu binden vermag.
43b) Verbleibt es damit nach alledem bei den rechtlichen Ansätzen des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats, so genügt das in Rede stehende Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen den zu stellenden Anforderungen – wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat – nicht einmal ansatzweise. Die beauftragte Ärztin hat unter Bezugnahme auf die eigene Begutachtung und unter pauschaler Bezugnahme auf einen – nicht in den Akten vorhandenen – Fremdbefund ihre Verneinung jeglicher Dienstfähigkeit der Antragstellerin und ihre negativ ausgefallene Prognoseentscheidung allein mit der „Multimorbidität und der damit einhergehenden erheblich eingeschränkten Belastbarkeit und häufigen Fehlzeiten“ der Antragstellerin und ergänzend mit der Vielzahl von DU-Untersuchungen seit 2004 sowie ihrer Ansicht nach erfolglos gebliebenen einzelnen Rehabilitationsmaßnahmen begründet. Es liegt zunächst auf der Hand, dass mit dem einzigen medizinischen Begriff, der insoweit Verwendung findet („Multimorbidität“), keine substantiierte Angabe von Befunden verbunden ist. Denn dieser Begriff bezeichnet lediglich das gleichzeitige Bestehen mehrerer Erkrankungen bei einer einzelnen Person, trifft aber keine Aussage über die einzelnen Erkrankungen nach Art, Schwere und Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit. Zwar werden in der ergänzenden Stellungnahme vom 4. Dezember 2013 in Reaktion auf ein Schreiben der Antragstellerin als Erkrankungen „Rückenschmerzen, Bluthochdruck und Diabetes“ genannt; zugleich führt die Gutachterin aber aus, dass die Antragstellerin auch „an anderen gesundheitlichen Einschränkungen“ leide. Dem Gutachten lässt sich in der Summe also nur die Aussage entnehmen, dass bei der Antragstellerin neben den angeführten drei Erkrankungen noch weitere, nicht benannte Erkrankungen vorliegen und dass wegen der Fehlzeiten und sonstigen Entwicklungen in der Vergangenheit jegliche Dienstfähigkeit entfallen sei und weiter fehlen werde. Eine solche Aussage lässt schon jegliche Gewichtung der einzelnen Erkrankungen, vor allem aber die notwendige Erklärung vermissen, welche der Erkrankungen im Einzelnen aus welchen konkreten Gründen durchschlagend die Dienstfähigkeit der Antragstellerin entfallen lassen sollen. Ohne Letzteres kann indes schon der Dienstherr nicht nachvollziehen, ob die medizinische Beurteilung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgeht, in sich schlüssig, stimmig und nachvollziehbar ist, keine unauflösbaren Widersprüche aufweist und deshalb insgesamt die Schlussfolgerung trägt, die Antragstellerin sei nicht mehr in der Lage, ihr abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Außerdem wird es so der Antragstellerin in einer die gebotenen Rechtsschutzmöglichkeiten verkürzenden Weise verwehrt, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen der Ärztin und mit der darauf zu stützenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ausweislich der ergänzenden Stellungnahme der Gutachterin vom 4. Dezember 2013 erst ein nach Erstellung des Gutachtens erfolgtes, an die Augenärztin der Antragstellerin gerichtetes Schreiben offenbart hat, dass das Ergebnis des Gutachtens nicht auf Sehstörungen der Antragstellerin beruht. Dieser Vorgang macht, wie das Verwaltungsgericht gleichfalls zutreffend ausgeführt hat, deutlich, dass die Antragstellerin angesichts des ihr vorenthaltenen Wissens, welche Krankheiten für die Ärztin maßgebend waren, das Gutachten praktisch „ins Blaue hinein“ angreifen muss; das darf ihr nicht zugemutet werden. So hat sie sich denn auch mit Schreiben vom 10. Januar 2014 auf Anraten des Gesamtbetriebsrats veranlasst gesehen, vorsorglich Bescheinigungen mehrerer Ärzte vorzulegen, welche im Übrigen sämtlich von der Dienstfähigkeit der Antragstellerin ausgehen; insoweit wird insbesondere das Attest des Arztes für Allgemeinmedizin S. vom 9. Januar 2014 von Interesse sein, welches u.a. begründend feststellt, dass es nach „Umstellung der antidiabetischen Medikation“ zu einer „deutlichen Stoffwechselverbesserung“ gekommen sei.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
45Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG. Eine Anwendung der Sonderregelung des § 52 Abs. 5 Satz 4 Fall 2 GKG, welche eine Halbierung des sich nach § 52 Abs. 5 Satz 1 bis 3 GKG ergebenden Betrags anordnet, kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn diese Vorschrift erfasst nicht diejenigen Fälle, in denen – wie hier – die Frage der Versetzung in den Ruhestand dem Grunde nach streitig ist, sondern nur solche Fälle, in denen die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand allein wegen ihres Zeitpunktes, also wegen eines einzelnen Elementes innerhalb des Ruhestandsverfahrens angegriffen wird.
46Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit dessen Beschluss vom 30. Juli 2009– 2 B 30.09 –, NVwZ-RR 2009, 823 = juris, Rn. 3; dem seither in ständiger Rechtsprechung folgend der beschließende Senat, vgl. etwa die Senatsbeschlüsse vom 29. September 2009 – 1 A 2538/07 –, n.v., und vom 19. September 2011 – 1 A 1683/09 –, n.v.
47Bei der Ermittlung der sich nach dem Stand des Besoldungsrechts im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels (7. Juli 2014) ergebenden Summe der der Antragstellerin für das Kalenderjahr 2014 als aktive Beamtin nach A 7 BBesO zu zahlenden Bezüge ohne nicht ruhegehaltfähige Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, ist der Senat davon ausgegangen, dass die 1973 in die Dienste der Antragsgegnerin getretene Antragstellerin bereits eine höhere Erfahrungsstufe erreicht hat, mindestens jedoch die Erfahrungsstufe 3. Ferner hat der Senat den sich ergebenden Betrag wegen des nur vorläufigen Charakters der Eilentscheidung halbiert,
48ständige Rechtsprechung des Senats für Fälle der vorliegenden Art, vgl. etwa die Beschlüsse vom 19. November 2013 – 1 B 1161/13 –, juris, Rn. 31 = NRWE, vom 24. September 2009 – 1 B 477/09 –, n.v., und vom 15. August 2007 – 1 B 809/07 –, n.v.; vgl. ferner OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2013 – 6 B 11/13 –, juris, Rn. 19 = NRWE,
49also im Ergebnis die halbjährlichen Bezüge nach der ab dem 1. August 2013 geltenden Besoldungstabelle A für Beamtinnen und Beamte der Postnachfolgeunternehmen der Besoldungsgruppe A 7 angesetzt. Sowohl bei Zugrundelegung der Erfahrungsstufe 8 als auch schon bei Berücksichtigung der Erfahrungsstufe 3 ergibt sich ein in die festgesetzte Wertstufe bis 16.000,00 Euro fallender Streitwert (2.169,72 Euro x 6 = 13.018,32 Euro; 2.568,09 Euro x 6 = 15.408,54 Euro).
50Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Tenor
Der Bescheid der Bezirksregierung Münster vom 00.00.0000 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin steht als Beamtin der Besoldungsgruppe A 12/Stufe 11 in den Diensten des Beklagten. Sie war ab dem 00.00.0000 dienstunfähig erkrankt. Sie litt unter einem Hirntumor (Glioblastoma multiforme), aufgrund dessen am 2. Mai 2012 im Universitätsklinikum Münster (UKM) eine mikrochirurgische Resektion sowie anschließend eine Strahlen- und Chemotherapie erfolgten.
3Am 15. Juli 2013 wurde die Klägerin durch den Amtsarzt, Kreisobermedizinalrat E. . Lindner, untersucht. Mit Gutachten vom 23. Juli 2013 kam er zu dem Ergebnis, dass sich die Klägerin in einem Zustand nach Strahlentherapie befinde, unter einem Erschöpfungssyndrom und an Taubheitsgefühl und Feinmotorikstörungen im Bereich der linken Körperhälfte leide. Die Klägerin sei auf Dauer dienstunfähig erkrankt, und es könne mit der Wiederherstellung der Gesundheit nicht innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten gerechnet werden. Sie sei auch nicht außerhalb des Unterrichts einsetzbar. Die tägliche Arbeitszeit liege bei weniger als drei Stunden. Durch eine intensive Chemotherapie sei eine Befundbesserung nicht wahrscheinlich, aber möglich. Vor Ablauf von drei Jahren werde eine Nachuntersuchung nicht für zweckmäßig gehalten, weil das Glioblastom äußerst schwierig zu behandeln sei und eine endgültige Heilung bislang nicht möglich sei.
4Mit Schreiben vom 2. August 2013 wurde die Klägerin durch die Bezirksregierung Münster zur beabsichtigten Zurruhesetzung angehört.
5Mit Schreiben vom 6. September 2013 machte die Klägerin geltend, dass sie und ihr behandelnder Facharzt davon ausgingen, dass die Dienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten wieder hergestellt werden könne.
6Mit am 24. Oktober 2013 mittels Postzustellungsurkunde zugestelltem Bescheid vom 17. Oktober 2013 versetzte die Bezirksregierung Münster die Klägerin mit Ablauf des 31. Oktober 2013 in den Ruhestand.
7Die Klägerin hat am 22. November 2013 Klage erhoben. Sie trägt vor, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung im Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides nicht vorgelegen hätten. Der Bescheid stütze sich auf ein in diesem Zeitpunkt drei Monate altes Gutachten, das in Anbetracht ihres Genesungsprozesses veraltet gewesen sei. Es hätte ein fachärztliches Zusatzgutachten eingeholt werden müssen. Die Klägerin hat Stellungnahmen zu ihrem Gesundheitszustand vom 7. Oktober 2013, 13. November 2013 und 18. Dezember 2014 (Fachärztin für Allgemeinmedizin E. . T. ), 14. November 2013 (UKM, PD E. . X. ), vom 14. November 2013 (UKM, Prof. E. . F. ), vom 15. November 2013 (Physiotherapeut I. ), vom 20. November 2013 und 5. Mai 2015 (UKM, Prof. E. . T1. , E. . X1. ), vom 20. November 2013 (UKM, Kunsttherapeutin X2. ) und vom 28. November 2013 (Physiotherapeut U. ) vorgelegt, auf deren Inhalte Bezug genommen wird.
8Die Klägerin beantragt,
9den Bescheid der Bezirksregierung Münster vom 00.00.0000 aufzuheben.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er schließt sich den Ausführungen des Amtsarztes an. Dessen Prognose sei im Zeitpunkt der getroffenen Entscheidung nicht zu beanstanden. Seiner Einschätzung komme ein größeres Gewicht als den privatärztlichen Stellungnahmen zu. Ergänzend hat er eine amtsärztliche Stellungnahme (E. . L. , Amt für Gesundheit der Stadt Münster) vom 1. Dezember 2015 vorgelegt.
13Das Gericht hat den die Klägerin behandelnden Arzt, PD E. . med. habil. H. (Oberarzt, Leiter des Schwerpunkts Neuroonkologie, Stellvertretender Leiter des Hirntumorzentrums am UKM), mit Verfügung vom 13. Juli 2015 um Stellungnahme zu der Frage gebeten, welche ärztliche Einschätzung er im Zeitpunkt der Erstellung seiner Bescheinigung vom 30. Oktober 2013 hatte. In dieser hatte er ausgeführt, dass er eine „ihrer Krankheit bzw. Behinderung entsprechende Wiedereingliederung in der Schule (langsame Steigerung der Stundenzahl in einem möglichst langen Zeitraum) innerhalb der nächsten 6 Monate“ aktuell nicht nur als realistisch ansehe, sondern dieses Bestreben unterstütze. PD E. . H. wurde um Beantwortung der Fragen gebeten, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen einer vollzeitigen Beschäftigung der Klägerin im Zeitraum von November 2013 bis April 2014 entgegengestanden hätten, ab wann genau er den Beginn einer beruflichen Wiedereingliederung für realistisch gehalten habe, ob eine solche bereits ab November 2013 hätte erfolgen können oder eher gegen Ende des von ihm benannten 6-Monats-Zeitraums (April 2014), in welchem zeitlichen Umfang pro Tag (einschließlich Unterrichtsvorbereitung, -abhaltung und -nachbereitung) er im Zeitraum zwischen November 2013 und April 2014 eine Wiedereingliederung für realistisch gehalten hätte, welche Tätigkeiten die Klägerin hierbei auf keinen Fall hätte ausüben können und in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin aus ärztlicher Sicht im Zeitraum zwischen November 2013 und April 2014 „begleitende Reha-Maßnahmen wie Sport, viel Bewegung und Ergotherapie“ hätte durchführen müssen. PD E. . H. hat die Fragen mit Schreiben vom 14. August 2015 beantwortet; wegen des Inhalts wird auf dieses Bezug genommen. Hierzu hat E. . M. unter dem 30. November 2015 eine amtsärztliche Stellungnahme abgegeben, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird.
14Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Personalakte und des von der Bezirksregierung vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, Var. 1 VwGO zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Bezirksregierung Münster vom 00.00.0000 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage (§ 26 Abs. 1 BeamtStG i. V. m. §§ 33 Abs. 1 Satz 3, 36 LBG NRW) liegen nicht vor.
20Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, juris, Rn. 11.
22Die Voraussetzungen für die Zurruhesetzung der Klägerin nach § 26 Abs. 1 BeamtStG lagen zu diesem Zeitpunkt, dem 00.00.0000, nicht vor.
23Die Klägerin war in diesem Zeitpunkt nicht dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Hiernach ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f., m. w. N.
25Für die Feststellung einer Dienstunfähigkeit genügt keine bloß unsichere Prognose, ob der Beamte voll dienstfähig wird. Die Prognose muss vielmehr mit der gebotenen Sicherheit sachlich gerechtfertigt werden können. Die materielle Rechtmäßigkeit einer solchen Prognose und damit die Versetzung des Beamten in den Ruhestand hängt regelmäßig von den Kenntnissen ab, die der zuständigen Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zur Frage der Dienstunfähigkeit zur Verfügung stehen.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2012 - 1 B 1490/11 -, juris, Rn. 4 ff.
27Insoweit räumt das Gesetz der Behörde aber keinen gerichtsfreien Beurteilungsspielraum ein. So unterliegt nicht nur der vollen gerichtlichen Kontrolle, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung auch die Frage, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Das schließt etwaige Feststellungen oder Schlussfolgerungen im ärztlichen Gutachten grundsätzlich mit ein. Auch diese sind vom Gericht – in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis – nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen.
28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rn. 37 m. w. N.
29Das setzt allerdings voraus, dass ärztliche Gutachten zur Frage der Dienstunfähigkeit hinreichend und nachvollziehbar begründet sind. Das Gutachten muss sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d. h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Wie detailliert die Ausführungen sein müssen, ist im Hinblick auf die Funktion des Gutachtens zu beantworten. Eine ärztliche Stellungnahme im Zurruhesetzungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und gegebenenfalls welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind. Zugleich muss das Gutachten es dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie gegebenenfalls substanziiert anzugreifen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlages beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Arztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine ärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, kann allerdings nicht abstrakt beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.
30Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 2 B 2.10 -, juris, Rn. 5; BayVGH, Urteil vom 25. Januar 2013 - 6 B 12.2062 -, juris, Rn. 21.
31Der medizinischen Beurteilung des Amtsarztes kommt in diesem Zusammenhang kein unbedingter, sondern nur ein eingeschränkter Vorrang vor der Beurteilung des behandelnden Privatarztes zu, wenn beide Beurteilungen hinsichtlich desselben Krankheitsbildes des Beamten voneinander abweichen. Ein unbedingter Vorrang wäre mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zu vereinbaren. Danach besteht keine generelle Rangordnung der Beweismittel; diese sind grundsätzlich gleichwertig. Daher können sich die Tatsachengerichte im Konfliktfall nur dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes bestehen, seine Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht und in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt. Diese Grundsätze beanspruchen in gleicher Weise Geltung, wenn sich der Amtsarzt der medizinischen Beurteilung eines von ihm eingeschalteten Facharztes anschließt. Die Stellungnahme des Facharztes wird dann dem Amtsarzt zugerechnet. Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht Beamten und Dienststelle gleichermaßen fern.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2010 - 2 B 126.09 -, juris, Rn. 16 ff. m. w. N.
33Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergibt sich aus dem amtsärztlichen Gutachten des E. . M. vom 23. Juli 2013 und dessen Ergänzung vom 30. November 2015 in Anbetracht der medizinischen Stellungnahme des PD E. . H. vom 14. August 2015 nicht zur Überzeugung des Gerichts schlüssig, dass die Klägerin am 17. Oktober 2013 dienstunfähig, also zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig war. Zwar hat sie zu diesem Zeitpunkt bereits infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan; es bestand aber Aussicht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten, also bis zum 17. April 2014, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt sein würde.
34Die insoweit in den Blick zu nehmenden Dienstpflichten beziehen sich auf das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, nicht hingegen auf seinen Dienstposten (sein Amt im konkret-funktionellen Sinne).
35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44 ff.
36Bei der Klägerin ist das maßgebliche Amt im abstrakt-funktionellen Sinne dasjenige einer Lehrerin der Besoldungsgruppe A 12.
37PD E. . H. hatte bereits in seiner Bescheinigung vom 30. Oktober 2013 ausgeführt, dass er in Bezug auf die Klägerin eine „ihrer Krankheit bzw. Behinderung entsprechende Wiedereingliederung in der Schule (langsame Steigerung der Stundenzahl in einem möglichst langen Zeitraum) innerhalb der nächsten 6 Monate“ aktuell nicht nur als realistisch ansehe, sondern dieses Bestreben unterstütze. In Beantwortung der gerichtlichen Frage, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen einer vollzeitigen Beschäftigung der Klägerin im Zeitraum von November 2013 bis April 2014 entgegengestanden hätten, hat er mit Stellungnahme vom 14. August 2015 ausgeführt: „keine“. Auf die Frage, ab wann genau er den Beginn einer beruflichen Wiedereingliederung für realistisch gehalten habe, ob eine solche bereits ab November 2013 hätte erfolgen können oder eher gegen Ende des von ihm benannten 6-Monats-Zeitraums (April 2014), hat er ausgeführt: „ab Oktober 2013“. Auf die Frage, in welchem zeitlichen Umfang pro Tag (einschließlich Unterrichtsvorbereitung, -abhaltung und -nachbereitung) er im Zeitraum zwischen November 2013 und April 2014 eine Wiedereingliederung für realistisch gehalten hätte und welche Tätigkeiten die Klägerin hierbei auf keinen Fall hätte ausüben können, hat er ausgeführt: „stufenweise Wiedereingliederung mit langsamer Steigerung der Stundenzahl bis zur Wiederherstellung der vollständigen Arbeitsfähigkeit (Beginn mit 8 Wochenstunden über einen Zeitraum vom 6 Wochen, Steigerung um 4 Wochenstunden alle 6 Wochen, Vollbeschäftigung ab dem 6. Monat), keine Einschränkungen der Tätigkeiten“. Auf die Frage, in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin aus ärztlicher Sicht im Zeitraum zwischen November 2013 und April 2014 „begleitende Reha-Maßnahmen wie Sport, viel Bewegung und Ergotherapie“ hätte durchführen müssen, hat er ausgeführt: „Diese Maßnahmen und die weitere medikamentöse Behandlung hätte die Patientin ohne weiteres berufsbegleitend durchführen können.“
38PD E. . H. hat diese Schlussfolgerungen aufgrund der intensiven persönlichen ärztlichen Begleitung der Klägerin seit Mai 2012 gezogen. Die Klägerin wurde bis September 2014 im Rahmen der randomisierten, multizentrischen GLARIUS-Studie mit Avastin (Bevacizumab) behandelt. Die Klägerin hat von der Therapie nach seinen Angaben sehr profitiert. Im Rahmen der Studie sei die Klägerin in 14-tägigen Abständen therapiert worden und habe die Behandlung ohne wesentliche Nebenwirkungen stets gut vertragen. Nach anfänglicher Verzweiflung und Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Erkrankung habe sich der Gesundheitszustand mit zunehmender Behandlungsdauer stetig verbessert. Die Einschränkungen der Feinmotorik der linken Hand hätten durch zusätzliche Ergo- und Physiotherapie beseitigt werden können. Durch den ungewöhnlichen Therapieverlauf habe sich die Patientin auch in psychischer Hinsicht mit erkennbarem Zugewinn an Lebensfreude und Selbstvertrauen bei gleichzeitiger Zunahme der allgemeinen Belastbarkeit und Konzentrationsfähigkeit stabilisiert. Anfang 0000 habe sie an einem Interview des WDR zum Thema „Medikamentenstudien“ teilgenommen. Nach weiter stabilem MRT-Befund im September 2013 ohne Nachweis eines Tumorrezidivs und unauffälligem neurologischem Befund sei er von der Klägerin nach seiner Einschätzung hinsichtlich ihrer Dienstfähigkeit gefragt worden, die bereits zu diesem Zeitpunkt wieder gegeben gewesen sei. In seinem Schreiben vom 30. Oktober 2013 habe er daher zum Ausdruck gebracht, dass aufgrund der positiven Entwicklung und der Prognose einer beruflichen Wiedereingliederung aus neurologischer Sicht nichts im Wege stehe.
39Diese fundiert begründeten Ausführungen decken sich mit der ausführlich dokumentieren Entwicklung des Genesungsprozesses der Klägerin ab Mai 2012 und insbesondere ab der zweiten Jahreshälfte 2013.
40Die Fachärztin für Neurochirurgie/Psychotherapie und Psychoonkologin Oberärztin PD E. . X. (UKM) hat unter dem 14. November 2013 nach der am selben Tag durchgeführten klinisch-neurologischen Untersuchung zusammenfassend festgestellt, dass sich bei der Klägerin ein erstaunlich positiver klinischer und bildgebender Verlauf ergebe. Die zuletzt durchgeführten MRT-Untersuchungen ergäben keinen Hinweis auf ein erneutes Tumorwachstum. Es bestehe kein Hinweis auf ein neurologisches Defizit. Es spreche aktuell nichts gegen eine Wiedereingliederungsmaßnahme innerhalb der nächsten sechs Monate.
41Der Direktor der Klinik für Strahlentherapie am UKM, Prof. E. . F. , stellte aufgrund seiner Untersuchung der Klägerin am 14. November 2013 fest, dass diese sich in exzellentem Allgemein- und Ernährungszustand befinde. Die grobneurologische Untersuchung sei unauffällig. Von seiner Seite spreche nichts gegen die Wiedereingliederung in das Berufsleben. Spätnebenwirkungen der Radiotherapie seien derzeit nicht erkennbar. Er habe der Klägerin empfohlen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um wieder als Lehrerin tätig zu werden.
42Der Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie Prof. E. . T1. und der Leitende Oberarzt E. . X1. stellten unter dem 20. November 2013 fest, dass die Klägerin die letzte Vorstellung im Rahmen der Nachsorge voll orientiert, aktiv und durchaus auch belastbar wahrgenommen habe. Einer regelmäßigen und vollzeitigen Diensttätigkeit stehe nichts im Wege, solange ein stabiler Zustand bezüglich der Grunderkrankung bestehe. Mit Hinweis auf diverse, mittlerweile nicht mehr zutreffende Einzelbefunde im Bericht vom 23. Juli 2013 (etwa Seite 4 „kein Publikumsverkehr möglich“ etc.) werde die Neueinschätzung der Dienstfähigkeit der Klägerin angeregt.
43Fachärztin für Allgemeinmedizin E. . T. stellte am 13. November 2013 fest, dass die Klägerin gerade in den letzten drei Monaten große gesundheitliche Fortschritte gemacht habe. Neurologische Störungen seien nicht mehr feststellbar. Avastin vertrage sie mittlerweile ohne Beschwerden, sodass sie dadurch in ihrem Alltag nicht beeinträchtigt werde. Sie sehe die berufliche Wiedereingliederung in den nächsten sechs Monaten als sinnvoll an.
44Dieses positiv prognostische Bild wird durch die Stellungnahmen der Dipl. Grafikdesignerin und Kunsttherapeutin am UKM X2. vom 20. November 2013 („sehr stabil, selbstständig, aktiv, zufrieden, belastbar und selbstbewusst“) und des Physiotherapeuten U. vom 28. November 2013 (ausgeruhter belastbarer Eindruck, keine Einschränkung der Alltagsbelastbarkeit) abgerundet.
45Die Ausführungen in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 23. Juli 2013 setzen diesen Stellungnahmen nichts Durchgreifendes entgegen. Vielmehr wird schon dort ausgeführt, dass bei gutem Heilungsverlauf eine Befundbesserung möglich erscheine und eine Reaktivierung im Mai 2014 geprüft werden könne. Die oben wiedergegebenen Stellungnahmen werden auch durch die amtsärztliche Stellungnahme vom 30. November 2015 nicht widerlegt. Dort wird in Erwiderung auf die privatärztliche Stellungnahme lediglich ausgeführt, dass vor Beginn einer beruflichen Wiedereingliederung eine Rehabilitationsmaßnahme erforderlich sei. Diese sei in der Reha-Klinik C. I1. zwischen dem 8. Januar 2014 und dem 5. Februar 2014 erfolgt. In der abschließenden sozialmedizinischen Beurteilung werde eine stufenweise Wiedereingliederung und eine längerfristig teilzeitige Beschäftigung empfohlen. Die Einholung einer Stellungnahme durch einen Fachgutachter sei zu prüfen. Ein entsprechender Wiedereingliederungsantrag nach Abschluss der Reha-Maßnahme wäre sinnvoll gewesen.
46Mit diesen Ausführungen ist der Amtsarzt auf den näher erläuterten medizinischen Befund des Privatarztes der Klägerin, PD E. . H. , lediglich in der Weise eingegangen, dass er darauf hingewiesen hat, dass es sich um eine Stellungnahme über den Gesundheitszustand der Klägerin in einem Zeitraum vor ca. zwei Jahren handele. Dieser Hinweis trifft zwar zu, erschüttert die Ausführungen der privatärztlichen Stellungnahme jedoch nicht; diese entspricht zum einen exakt der gerichtlichen Fragestellung gegenüber PD E. . H. , zum anderen dem gesetzlichen Prüfprogramm. Das Gericht hat die Rechtmäßigkeit der Prognoseentscheidung des Dienstherrn im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung nachzuvollziehen (ex-ante-Sicht). Dem ist PD E. . H. gefolgt. E. . M. hat demgegenüber keinen Ansatzpunkt aufgezeigt, warum diesen Ausführungen in der Sache nicht zu folgen wäre. Es kann dahinstehen, ob die von E. . M. im Zeitpunkt der durch ihn erfolgten Untersuchung der Klägerin am 15. Juli 2013 abgegebene Prognose der dauernden Dienstunfähigkeit tragfähig begründet war; im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung (17. Oktober 2013) jedenfalls - gegebenenfalls aufgrund eines angesichts der Schwere der Erkrankung eigentlich nicht zu erwartenden glücklichen Heilungsverlaufs - ließ sich diese Prognose nicht mehr aufrechterhalten.
47Aus der von dem Beklagten überreichten Mitteilung des Ergebnisses der Begutachtung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit durch E. . L. , Amt für Gesundheit der Stadt Münster, vom 1. Dezember 2015 ergibt sich nichts Weiterführendes. Sie befasst sich allein mit der Frage der aktuellen Dienstfähigkeit zum 30. November 2015.
48Das Gericht sieht sich nicht veranlasst, die Anregung des E. . M. in seiner amtsärztlichen Stellungnahme vom 30. November 2015 aufzugreifen. Es ist zunächst Sache des Amtsarztes, seine Stellungnahme bei fehlender eigener Fachkompetenz durch die Einholung ergänzender Stellungnahmen anzureichern; schließt er sich dieser an, werden die Aussagen eines Fachgutachters dem Amtsarzt zugerechnet. Hiervon hat E. . M. keinen Gebrauch gemacht. Unabhängig hiervon ist für das Gericht nicht erkennbar, auf welche Aussage des Fachgutachters - der die Klägerin im Oktober 2013 überdies nicht untersucht hat - es in Auseinandersetzung mit der privatärztlichen Stellungnahme des PD E. . H. und der oben wiedergegebenen ärztlichen Stellungnahmen ankommen soll. Vielmehr ergibt sich auf der Grundlage des Gesamtbildes der dem Gericht vorliegenden privatärztlichen Stellungnahmen zur Überzeugung des Gerichts, dass aus damaliger Sicht die Aussicht bestand, dass bis zum 17. April 2014 die Dienstfähigkeit der Klägerin wieder voll hergestellt sein würde.
49Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der geborene Kläger wurde am 1. September 1993 in den Polizeivollzugsdienst des Landes I. eingestellt und steht seit dem 1. Juli 2001 im Dienst des beklagten Landes, seit April 2002 im Rang eines Kommissars (A 9).
3Nachdem es bereits im Jahr 2002 Hinweise auf einen psycho-physischen Erschöpfungszustand gegeben und der Kläger im Jahr 2005 über aus seiner Sicht stressbedingte Krankheitssymptome (Magenschleimhaut- und Gallenblasenentzündung) geklagt hatte, wandte sich der Kläger mit Mail vom 19. Mai 2011 an den Polizeiarzt Dr. L. und bat um einen Untersuchungstermin und, gegebenenfalls, die Befürwortung eines Kuraufenthaltes. Er leide nach der Diagnose seines Hausarztes an einem akuten psycho-somatischen Erschöpfungssyndrom, das mit Antriebslosigkeit, Weinkrämpfen, Schlaflosigkeit, Nervositätsschüben, Ängsten, Magenschleimhautbeschwerden und Kopfschmerzen einhergehe. Er selbst mache Probleme im familiären Bereich für seine Beschwerden verantwortlich. Die von ihm so genannten "Nackenschläge" hätten ihn aktuell zu einem absoluten mentalen Tiefpunkt gebracht, in dem ihm jegliche Motivation, Lebensfreude und Kraft fehle, um seine alltäglichen Aufgaben zu meistern.
4Dr L. verwies in seiner Antwort vom selben Tag auf die Notwendigkeit einer akuten ambulanten fachärztlichen Hilfe. Er werde dem Kläger einen entsprechende Überweisung zukommen lassen. Erst nach einem Scheitern der ambulanten fachärztlichen Bemühungen komme eine Reha-Maßnahme in Betracht.
5Am 26. Oktober 2011 meldete sich der Kläger krank. Am nächsten Tag wurde er von dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T. in Q. , an den ihn der Polizeiarzt überwiesen hatte, untersucht. Dieser stellte unter dem 10. November 2011 die Diagnose "Reaktive Depression". Aus seiner Sicht sei primär eine Gesprächstherapie zur Klärung der Lebenssituation und Krankheitsbewältigung indiziert, er habe diesbezüglich delegiert. Ein Antidepressivum werde vom Kläger nicht gewünscht. Ein Beratungsgespräch zur aktuellen Konfliktlösung habe stattgefunden. Die Krankschreibung dauerte an bis zum 5. Januar 2012.
6Die von Dr. T. vorgeschlagene ambulante Psychotherapie konnte nicht durchgeführt werden, da der Kläger - nach seinen Angaben - vor Ort nicht zeitnah einen Therapeuten fand. Auf Anraten des Polizeiarztes Dr. L. begab sich der Kläger deshalb vom 24. April bis zum 19. Juni 2012 in stationäre psychosomatische Behandlung in einer Klinik in C. Q1. . Von dort wurde er als dienstfähig entlassen.
7Ab dem 12. März 2013 war der Kläger wieder krankgeschrieben, bis zum 12. April 2013. Mit Schreiben vom 15. Mai 2013 machte man ihm ein Gesprächsangebot im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM), das er nicht annahm.
8Unmittelbar nach Rückkehr aus einem Erholungsurlaub meldete sich der Kläger am 26. August 2013 erneut krank. Unter dem 28. August 2013 bat er schriftlich, ihn von seiner Tätigkeit in der Direktion Kriminalität in X. zu entbinden und ihn zur Direktion Gefahrenabwehr der Polizeihauptwache I1. umzusetzen. Aufgrund gesundheitlicher Probleme und seiner persönlichen Lebensumstände fühle er sich nicht mehr in der "mentalen Lage, die gestellten Aufgaben motiviert und anspruchsvoll zu bewältigen". Die beantragte Umsetzung solle "dazu führen, in einem neuen dienstlichen bzw. sozialen Umfeld zu alter mentaler Stärke zurückzufinden".
9Auf Aufforderung des Landrates vom 2. September 2013 stellte sich der Kläger am 9. September 2013 zur Untersuchung bei dem Polizeiarzt Dr. L1. in E. vor, der den Kläger bis zum 6. Oktober 2013, später bis zum 5. Januar 2014, weiter krankschrieb. Es bestehe ein längerfristiges Krankheitsbild. Von einer Wiederherstellung der bisherigen Einsatz- und Verwendungsfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre sei aber auszugehen. Therapiemaßnahmen seien eingeleitet worden. Vermutlich könne innerhalb der nächsten sechs Monate eine Wiedereingliederung beginnen. Noch am gleichen Tag zog der Kläger seinen Antrag auf Umsetzung zurück.
10Der Hausarzt des Klägers verlängerte die Krankschreibung in der Folgezeit zumindest bis zum 4. Juni 2014.
11In einer Stellungnahme vom 2. Oktober 2013 äußerte sich der Leiter des Kriminalkommissariats 3 in X. , EKHK Q2. , zu Auffälligkeiten im Verhalten des Klägers. Wegen der Einzelheiten des Inhalts wird auf Blatt 27 ff. der Beiakte I verwiesen.
12Nach Beteiligung des Personalrates forderte der Beklagte den Kläger unter dem 30. Oktober 2013 auf, sich zwecks gutachterlicher Stellungnahme zu seiner Polizeidienst- und Dienstfähigkeit sowie seiner konkreten Verwendungsbreite beim Polizeigutachter des Landesamts für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW - LAFP - vorzustellen. Dort erteilte der zuständige Dr. Q3. nach einer Untersuchung des Klägers am 18. November 2013 einen Auftrag für ein psychiatrisches Zusatzgutachten, das der beauftragte Dr. N. -L2. von der LWL-Klinik Marsberg nach drei Untersuchungsterminen (am 3., 8. und 15. Januar 2014) unter dem 27. Januar 2014 erstellte. Nach der Diagnose gemäß ICD 10 liege beim Kläger eine "leichte bis mittelgradige depressive Episode bei kombinierter Persönlichkeitsakzentuierung mit dependenten, zwanghaften und narzisstischen Zügen F32.1" vor. Es bestehe aber keine Persönlichkeitsänderung von einem so hohen Ausmaß, dass von einer Persönlichkeitsstörung gesprochen werden könne. Um der sich abzeichnenden Chronifizierung entgegen zu wirken, müsse psychotherapeutisch neben den weiterhin sinnvollen verhaltenstherapeutischen Ansätzen die Psychogenese unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten aufgegriffen und bearbeitet werden. Eine Psychopharmakotherapie in Form einer suffizienten antidepressiven Medikation erfolge erst seit kurzem und habe daher noch keine nachhaltigen Effekte bewirkt. Die Symptomatik des Klägers unterscheide sich von klassischen endogenen, phasisch verlaufenden Episoden, die in erster Linie pharmakologisch behandelt würden. Bei ihm seien klinische Aspekte einer sog. atypischen Depression mit Gewichtszunahme und Hypersomnie verwirklicht. Die antidepressive Medikation stelle deshalb nur eine flankierend unterstützende Ergänzung der Behandlung dar. Als hauptsächliche oder alleinige Maßnahme wäre sie nicht adäquat, da die psychodynamisch begründeten Konflikte auf dem Boden der kombinierten Persönlichkeitsakzentuierung als tragende Problematik in erster Linie eine psychotherapeutische Herangehensweise erforderten.
13Abschließend führt der Gutachter aus (Gutachten ab S. 29):
14"Zusammenfassend handelt es sich bei Herrn X1. um einen bisher psychisch nicht wesentlich auffälligen Mann mittleren Lebensalters, der durch ein ungünstiges Zusammenwirken externer und innerer psychosozialer Konfliktfelder in einen narzisstischen Versagenszustand geraten ist. Dabei ist zu betonen, dass es sich bei Herrn . nicht um einen primär in seiner Struktur überwiegend narzisstisch geprägten Menschen handelt. Allerdings besteht der innere Konflikt in einer narzisstischen Selbstwertproblematik, die in der Lebensgeschichte des Probanden ihre Verankerung und Entsprechung findet. Modulierend spielt eine gewisse Empfindlichkeit und sensitive Reaktionsbereitschaft eines anankastischen, das heißt im Sinne dieser Charakterstruktur zwanghaften, also pflichtbewussten und mit einem hohen Anspruchsniveau an seine Person ausgestatteten Menschen eine Rolle. Diese Konstellation ist persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben und somit nicht kurzfristig auflösbar. …
15Es bedarf deshalb einer weiteren intensiven Psychotherapie, die neben verhaltenstherapeutischen auch die biografisch verankerten tiefenpsychologische[n] Aspekte aufgreift. Diese sollte von einer angemessen dosierten und gut verträglichen antidepressiven Psychopharmakotherapie flankiert werden. Zwar stellen die rigiden, in der Persönlichkeit verankerten starren Reaktionsstereotypien des Probanden eine therapeutische Schwierigkeit dar. Andererseits orientiert sich die Prognose im Falle des Probanden … auch bis zu einem gewissen Maße an willentlichen, nicht primär krankheitswertigen Verhaltens- und Bedingungseinflüssen. Unter diesen Voraussetzungen ist grundsätzlich von einer günstigen Prognose auszugehen.
16Die Psychotherapie sollte vorzugsweise auf ambulantem Wege erfolgen, um einer Chronifizierung der Symptomatik bzw. gar einer möglichen Hospitalisierung vorzubeugen. Sie sollte den Wiedereingliederungsprozess des Probanden in den beruflichen Wiedereinstieg nicht aufhalten bzw. weiter verzögern, sondern sich mit der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit überlappen bzw. diese begleiten. Von einer weiteren Aussetzung aus dem Arbeitsprozess ist kein klinischer Fortschritt zu erwarten, eher eine weitere Verfestigung der Problematik mit einer Zunahme negativ geprägter Erwartungsängste und des Vermeidungsverhaltens.
17Somit ist Herr X1. aus meiner Einschätzung grundsätzlich dienstfähig. …"
18Unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Zusatzgutachten kam der zuständige Polizeiarzt, LRMD Dr. Q3. , in seinem polizeiärztlichen Gutachten vom 14. Februar 2014 zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Zeitpunkt der Gutachtener-stellung nicht polizeidienstfähig war und auch nicht zu erwarten sei, dass er die volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wieder erlangen werde. Es bestehe auch keine allgemeine Dienstfähigkeit.
19Im Einzelnen führt der Polizeiarzt in seinem Gutachten (ab Seite 10) aus:
20"Wesentliche Elemente der psychosozialen Konfliktsituation des Beamten, die zu der Erkrankung mindestens beigetragen haben, liegen im privaten Umfeld des Betroffenen. Auch eine im Sinne des Beamten optimale Arbeitsumgebung wird nicht dazu führen, dass sich die Konflikte im privaten Umfeld dadurch lösen ließen. Schlüssel für eine denkbare Genesung … ist eine umfangreiche und damit auch langfristige psychotherapeutische Behandlung mit tiefenpsychologischem Schwerpunkt begleitet von einer effizienten Pharmakotherapie. Solange eine solche Behandlung nicht abgeschlossen ist, ist nicht davon auszugehen, dass die Dienstfähigkeit des Beamten wiederhergestellt ist. Nach dem mittlerweise jahrelangen Krankheitsprozess … ist nunmehr allenfalls eine Pharmakotherapie begonnen worden, deren Ende derzeit nicht absehbar ist.
21Nach dem psychiatrischen Gutachten von Herrn Dr. N. -L2. … (wird ausgeführt). Diese Konstellation ist persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben und somit nicht kurzfristig auflösbar. Es bedarf daher einer weiteren intensiven Psychotherapie, die neben verhaltenstherapeutischen … auch die biographisch verankerten tiefenpsychologischen Aspekte aufgreift. …
22Eine solche Befundkonstellation führt zu einer fehlenden gesundheitlichen Eignung für die komplexen Tätigkeiten des Polizeivollzugsdienstes. … Es ist aus Sicht des Unterzeichners nicht davon auszugehen, dass der Beamte infolge seiner besonderen psychischen Veranlagung oder Verfassung … innerhalb der nächsten zwei Jahre geeignet sein wird, die besonderen gesundheitlichen Erfordernisse des Polizeivollzugsdienstes zu erfüllen. Daher besteht bei dem Beamten Polizeidienstunfähigkeit.
23Hinsichtlich der allgemeinen Dienstfähigkeit besteht angesichts der noch anstehenden umfangreichen psychotherapeutischen Behandlung in Verbindung mit einer Psychopharmakotherapie auch keine allgemeine Dienstfähigkeit. …"
24Der Polizeiarzt stellte weiter fest, dass der Kläger eingeschränkt sei bei Tätigkeiten mit besonderen psychischen Belastungen (z.B. Todesermittlungen, Sexualdelikte, Zeitdruck, Vorgangsdruck) sowie beim Schießen und bei Eingriffstechniken. Ferner sei er zeitlich nicht uneingeschränkt verwendbar, denn er sei weder im (Wechsel-) Schichtdienst oder Bereitschaftsdienst noch im Wochenend- oder Nachtdienst verwendbar. Auch bei der polizeilichen Aufgabenverrichtung gebe es Einschränkungen, etwa bei der Ausübung des Außendienstes, bei einem körperlichen Einsatz gegen Rechtsbrecher, beim Führen von und dem Zugriff auf Schusswaffen. Insgesamt ergebe sich damit eine Polizeidienstunfähigkeit. Mit der Wiederherstellung der gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst innerhalb der nächsten zwei Jahre sei nicht zu rechnen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 46 ff. der Beiakte I verwiesen. Das Gutachten wurde gegengezeichnet durch den LRMD Dr. I2. .
26In einer ergänzenden Stellungnahme zur Möglichkeit eines Laufbahnwechsels vom 6. Mai 2014 führte der Polizeiarzt aus:
27"… Zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung besteht bei dem Beamten allgemeine Dienstunfähigkeit. Das Restleistungsvermögen zum Zeitpunkt der Begutachtung schließt einen Laufbahnwechsel aus. Die Ausübung einer verwaltungsdienstlich geprägten Innendienstfunktion war dem Beamten bereits vor Gutachtenerstellung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Er wurde ja schon zum damaligen Zeitpunkt in einer geschützten Innendienstfunktion mit reduzierter Vorgangsbelastung eingesetzt und gleichwohl kam es zu erheblichen Ausfallzeiten. Daher ist auch diese Option zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgversprechend."
28Mit Schreiben vom 28. Februar 2014 waren der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt worden. Der Personalrat stimmte der Zurruhesetzung in seiner Sitzung am 2. April 2014 zu.
29Mit Attest vom 15. Mai 2014 erklärte der Hausarzt, Dr. G. , der physische und psychische Zustand des Klägers habe sich stabilisiert. Er könne ab dem 5. Juni 2014 wieder ins Berufsleben eintreten.
30Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2014 zu der beabsichtigten Zurruhesetzung an. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass es nicht möglich sei, den Kläger bei der Kreispolizeibehörde I1. einzusetzen. Eine Verwendung in anderen Behörden oder anderen Aufgabenbereichen sowie ein Laufbahnwechsel kämen im Hinblick auf die laut polizeiärztlichem Gutachten zunächst durchzuführende umfangreiche psychotherapeutische Behandlung und Psychopharmaka-Therapie ebenfalls nicht in Betracht. Nach dem Gutachten sei auch ein optimiertes Arbeitsumfeld nicht geeignet, die gesundheitlichen Konflikte aufzulösen. Aufgrund des Krankheitsbildes bestehe keine Möglichkeit einer anderen Verwendung.
31Der Kläger äußerte sich in einem Schreiben vom 12. Juni 2014 ausführlich zu der geplanten Zurruhesetzung. Insbesondere monierte er, dass der Polizeiarzt bei Zugrundelegung des fachärztlichen Gutachtens zu völlig anderen Ergebnissen komme als der Facharzt. Insoweit liege ein Bruch in der Argumentation vor. Im Übrigen habe sich die private Lebensumfeld-Situation durch den Auszug der älteren Adoptivtochter inzwischen wesentlich entspannt. Mit Schreiben vom 10. September 2014 ergänzte er, dass er bei dem Diplom-Psychologen Reinhold in Q4. eine tiefenpsychologische Behandlung aufgenommen habe. Er sei voll dienstfähig und auch voll polizeidienstfähig. Einem Gutachten des Therapeuten S. vom 12. Juni 2015 ist zu entnehmen, dass die Behandlung am 4. September 2014 begonnen und bis zum 10. November 2014 acht Termine stattgefunden hatten.
32Mit Verfügung vom 18. September 2014 versetzte der Beklagte den Kläger wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats in den Ruhestand. Wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Blatt 15 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
33Am 16. Oktober 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente.
34Der Kläger beantragt,
35den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2014 aufzuheben.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der beim Kläger gegebenen Diagnose dieser bei günstigem Verlauf einer umfangreichen psychotherapeutischen Behandlung in Verbindung mit einer entsprechenden Medikamentierung seine Dienstfähigkeit wohl wieder erlangen könne, dass aber bis zum Abschluss dieser Behandlung von einer allgemeinen und einer Polizeidienstunfähigkeit auszugehen sei. Der Polizeiarzt habe eine erneute Begutachtung nach Ablauf von zwei Jahren empfohlen.
39Mit Schriftsatz vom 18. März 2015 hat der Kläger zwei ärztliche Stellungnahmen vorgelegt. Der Therapeut S. aus Q4. bescheinigt darin unter dem 18. Oktober 2014, dass er eine chronisch verlaufende oder rezidivierende Depression ausschließe. Er halte den Kläger nach aktuellem Eindruck für uneingeschränkt arbeitsfähig. Ein Dr. med. S1. T1. von der "Neuropsychiatrischen Gutachten-praxis" in B. hatte unter dem 6. August 2014 zum polizeiärztlichen Gutachten vom 14. Februar 2014 Stellung genommen.
40Mit weiterem Schriftsatz vom 3. Juli 2015 hat der Kläger ein "Tiefenpsychologisches Gutachten" seines Therapeuten S. überreicht, in dem dieser unter dem 12. Juni 2015 nach acht Therapiestunden zwischen September und November 2014 erklärt, die depressive Dekompensation des Klägers sei, wie von ihm, dem Therapeuten, von Anfang vermutet, "nur eine längere Reaktion auf eine besondere soziale Konfliktsituation" gewesen. Er halte den Kläger deshalb - auch bezüglich aller polizeirechtlichen Sonderrechte - für uneingeschränkt dienstfähig.
41Der Polizeiarzt Dr. Q3. , ist in der mündlichen Verhandlung am 10. September 2015 ergänzend zu seinem Gutachten vom 14. Februar 2014 gehört worden. Wegen des Inhaltes seiner Erläuterungen wird auf die Niederschrift der Verhandlung verwiesen.
42Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der dazu vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe:
44Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Zurruhesetzungsbescheid vom 18. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Verfügung ist materiell- (dazu I.) und formellrechtlich (dazu II.) nicht zu beanstanden.
45I. Die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ohne seinen Antrag beurteilt sich danach, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist. Danach eingetretene wesentliche Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen.
46Ständige Rechtsprechung, vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, juris, Rdn. 16; siehe auch SächsOVG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - 2 A 756/11 -, juris, Rdn. 10.
47Materiellrechtlich richtet sich die Zurruhesetzung nach § 26 Abs. 1 und 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - i.V.m. § 116 Abs. 1 und 3 Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen - LBG -. Danach sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind und eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist.
48Für den Polizeivollzugsdienst hat das beklagte Land aufgrund der Ermächtigung des § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG Sonderregelungen für die Dienstunfähigkeit getroffen. Nach § 116 Abs. 1 LBG ist ein Polizeivollzugsbeamter dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 BeamtStG, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit), es sei denn, die ausgeübte oder konkret auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt.
49Durch den zuletzt zitierten Halbsatz werden nicht die Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit eingeschränkt, sondern die Norm ermächtigt den Dienstherrn, den polizeidienstunfähig gewordenen Beamten unter den dort genannten Voraussetzungen weiter im Polizeivollzugsdienst zu verwenden.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4.04 -, juris, zum gleichlautenden § 194 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW a.F.
51Anders als bei der sog. allgemeinen Dienstfähigkeit im Sinne von § 26 BeamtStG ist damit Maßstab für die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit nicht das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, also die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann, sondern für den Maßstab sind sämtliche Ämter der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes in den Blick zu nehmen. Der Polizeivollzugsbeamte muss grundsätzlich zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspricht. Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand scheidet aber trotz Polizeidienstunfähigkeit aus, wenn der Polizeivollzugsbeamte in einer Funktion des Polizeidienstes verwendet werden kann, deren Aufgaben er erfüllen kann, ohne polizeidienstfähig zu sein.
52BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, juris, Rdn. 10 m.w.N.
53Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung eines Polizeibeamten in den Ruhestand ist damit, dass (1.) der Betroffene im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung polizeidienstunfähig im Sinne von § 116 Abs. 1 Halbsatz 1 LBG ist, dass (2.) die Voraussetzungen von § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG für eine Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst trotz Polizeidienstunfähigkeit zu dem Zeitpunkt nicht vorliegen und dass (3.) eine Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn - etwa in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst - im Sinne von § 116 Abs. 3 LBG ebenfalls nicht in Betracht kommt. Alle drei Kriterien sind hier gegeben.
541. Das beklagte Land hat zu Recht zugrunde gelegt, dass der Kläger im September 2014 polizeidienstunfähig war. Er genügte zu dem Zeitpunkt nicht mehr den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst (a), und es war nicht zu erwarten, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangen würde (b).
55a) Wie oben bereits ausgeführt, setzt die Polizeidienstfähigkeit voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4.04 -, juris, Rdn. 9 m.w.N.
57Dabei ist zugrunde zu legen, dass der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche aber auch psychische Leistungsfähigkeit erfordern.
58Vgl. zur physischen Leistungsfähigkeit BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 ‑ 2 B 52.03 -, juris, Rdn. 5.
59Bei der (Polizei)Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu.
60Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, juris, Rdn. 10.
61Die Versetzung eines (Polizei)Beamten in den vorzeitigen Ruhestand wegen Polizeidienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkung in physischer und/oder psychischer Hinsicht voraus. Dieser Beurteilungsvorgang erfordert in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend setzt die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit die Einholung eines amtlichen Gutachtens der unteren Gesundheitsbehörde oder ein Gutachten eines beamteten Polizeiarztes voraus, vgl. § 116 Abs. 2 LBG.
62Dieses Gutachten muss seinerseits gewissen Anforderungen genügen, die sich nach seinem Zweck richten. Auf der Grundlage des Gutachtens trifft die Behörde - und gegebenenfalls später das Gericht - die Schlussfolgerung, ob der Beamte angesichts des festgestellten Gesundheitszustandes weiterhin dienstfähig ist.
63Eine gutachtliche Stellungnahme im Zurruhesetzungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ob er im Falle der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann. Bei der Beurteilung der - hier spezifisch polizeivollzugsdienstrechtlichen - Frage der Dienstfähigkeit des Beamten sind entscheidend die Auswirkungen seines körperlichen Zustandes oder der gesundheitlichen Gegebenheiten auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Es kommt dabei in der Regel darauf an, ob der Beamte auf Grund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten bei der Beschäftigungsbehörde dauernd unfähig ist; in manchen Fällen werden allerdings schon Art und Ausmaß der einzelnen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Qualifikation als solche auf die Annahme der Dienstunfähigkeit führen können.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2014 - 1 B 807/14 -, juris, Rdn. 24, mit Verweis auf Senatsurteil vom 9. Mai 2011 - 1 A 440/10 -, juris, Rdn. 87.
65Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes ärztliches Gutachten muss bestimmten Anforderungen genügen: Es darf sich nicht auf die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses beschränken, sondern muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe mitteilen, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Das Gutachten muss danach sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d. h. die in Bezug auf die Beamtin bzw. auf den Beamten erhobenen Befunde, enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit der Beamtin bzw. des Beamten, ihr bzw. sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben.
66Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, juris, Rdn. 12, m.w.N., und OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2014 - 1 B 807/14 -, juris, Rdn. 22.
67Das Gutachten muss es aber auch dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amts- oder Polizeiarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es deshalb auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an
68Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 2014 - 2 B 49.12 -, juris, Rdn. 9, m.w.N.
69Das hier zugrunde gelegte polizeiärztliche Gutachten vom 14. Februar 2014 genügt ‑ jedenfalls mit den ergänzenden Erläuterungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung - den soeben dargelegten Anforderungen.
70Die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt finden sich insbesondere auf Seite 6 f. Der Gutachter stellt dort, nachdem er zuvor durch Inbezugnahme des behördlichen Anschreibens die weiter zurück liegende Krankengeschichte aufgegriffen hat, dar, dass der Kläger im Zeitpunkt der Gutachtenerstellung erneut seit ca. sechs Monaten dienstunfähig erkrankt war, und dass es in den Jahren seit 2010 bereits erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten, zwischen 24 und 98 Arbeitstagen, gegeben hatte. Er führt unter anderem auch aus, dass der Kläger subjektiv die Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit davon abhängig macht, dass insbesondere im dienstlichen Bereich Kränkungen von Kollegen ausbleiben. Insoweit besteht aber nach der Einschätzung des Arztes "eine erhebliche Einbuße seiner psychophysischen Belastbarkeit und ein intensives emotionales Stressmoment".
71Medizinisch schlussfolgert der Polizeiarzt, dass bei dem Kläger eine Störung der seelischen Gesundheit vorliege. In seiner Persönlichkeit imponierten dependente, zwanghaft anankastische und narzisstische Wesenszüge, die in ihrem kombinierten Zusammenwirken die Psychogenese der Symptomatik verstehbar machten. Jedoch bestehe keine Persönlichkeitsänderung von einem so hohen Ausmaß, dass von einer Persönlichkeitsstörung ausgegangen werden müsse. Es bestehe eine mittelgradige depressive Symptomatik, die grundsätzlich einer Therapie zugänglich sei. Allerdings liege keine klassische endogene, phasisch verlaufende depressive Episode vor, die in erster Linie pharmakologisch behandelt werden müsse. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eine sogenannte atypische Depression gegeben sei. Bei der stehe die antidepressive Medikation nur flankierend als unterstützende Ergänzung der Behandlung zur Verfügung. Erforderlich sei einer weitere intensive Psychotherapie, die neben verhaltenstherapeutischen auch biographisch verankerte tiefenpsychologische Aspekte aufgreife. Da die Konstellation beim Kläger persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben sei, sei sie nicht kurzfristig auflösbar. Die rigiden, in der Persönlichkeit des Klägers verankerten Reaktionsstereotypien stellten eine therapeutische Schwierigkeit dar. Andererseits orientiere sich die Prognose auch an willentlichen, nicht primär krankheitsbedingten Verhaltens- und Bedingungseinflüssen. Bei entsprechender zumutbarer Willensanstrengung des Klägers sei deshalb grundsätzlich von einer günstigeren Prognose auszugehen.
72Im Anschluss stellt der Polizeiarzt dar, dass eine solche Befundkonstellation zu einer fehlenden gesundheitlichen Eignung für die komplexen Tätigkeiten des Polizeivollzugsdienstes führt. Das ist zum einen unmittelbar nachvollziehbar. Zum anderen hat der Arzt in der mündlichen Verhandlung weiter erläutert, dass die erforderliche Psychotherapie, die von einer Behandlung mit Psychopharmaka begleitet wird, um zum Erfolg führen zu können eines verlässlichen Tag-/Nacht-Rhythmus bedarf und der Patient ausreichend Schlaf bekommen muss. Damit scheiden aus gesundheitlichen Gründen alle Schichtdienste aus, die zentraler Bestandteil des Polizeivollzugsdienstes sind.
73b) Zu der Frage, ob, wie von § 116 Abs. 1 Halbsatz 1 Teil 2 LBG NRW für das Vorliegen einer Polizeidienstunfähigkeit gefordert, auch "nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt", finden sich bereits im schriftlichen Gutachten einige Anhaltspunkte. Im Ergebnis geht der Polizeiarzt nicht davon aus (S. 11), dass der Kläger "infolge seiner besonderen psychischen Veranlagung oder Verfassung und hier ist ausdrücklich nicht nur ein krankheitswertiger Befund gemeint, innerhalb der nächsten zwei Jahre geeignet sein wird, die besonderen gesundheitlichen Erfordernisse des Polizeivollzugsdienstes zu erfüllen". In Bezug auf die von ihm zuvor für erforderlich und durchaus erfolgversprechend gehaltene weitere intensive Psychotherapie mit verhaltenstherapeutischen insbesondere aber auch mit tiefenpsychologischen Aspekten und begleitender antidepressiver pharmakologischer Behandlung spricht er an verschiedenen Stellen davon, dass diese "langfristig" sein müsse (S. 10), dass die (psychische) Konstellation des Klägers "nicht kurzfristig auflösbar" sei (S. 9) und dass "mittelfristig" eine Änderung der Selbstwahrnehmung und eine positive Beeinflussung auf der Symptomebene möglich sei (S. 8).
74In der mündlichen Verhandlung hat der Polizeiarzt auf Nachfrage des Gerichts dazu ergänzend erläutert, eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, wie sie beim Kläger angezeigt gewesen sei, sei in der Regel auf einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren ausgelegt, manchmal dauere sie auch länger. Mit Blick auf die vom Fachgutachter dargestellte Situation des Klägers und aufgrund der eigenen langjährigen Erfahrung sei er davon ausgegangen, dass eine entsprechende Therapie beim Kläger bis zu einem erfolgreichen Abschluss mindestens zwei Jahre erfolgen müsse. Dagegen spreche auch nicht, dass der Kläger subjektiv der Überzeugung sei, dass er nach acht besonders effektiven Therapiestunden in einem Zeitraum von etwa drei Monaten ab September 2014 seine psychische Gesundheit in vollem Maße wieder erlangt habe. Eine solch schnelle und gegebenenfalls nachhaltige Gesundung halte er nach seiner Erfahrung für ausgeschlossen.
75Beides ist für das Gericht ohne Weiteres nachvollziehbar. Nach den Ausführungen des zugezogenen Fachgutachters ist nicht davon auszugehen, dass es sich beim Kläger um eine relativ einfach und zügig änderbare Persönlichkeitskonstellation handelt, zumal die Problematik im Zeitpunkt der Begutachtung bereits seit mehreren Jahren andauerte und die zugrunde liegenden Belastungen sowohl aus dem familiären als auch aus dem beruflichen Bereich herrühren. Eine stationäre Behandlung im Jahr 2012 war weitgehend ohne Erfolg geblieben. Bereits zur damaligen Therapie heißt es, dass der Kläger sich "nur sehr zäh und mühsam aus der subjektiven Fehlbetrachtung habe lösen können". Er habe sich "in auffallender Weise abhängig von Lob und Anerkennung" gezeigt. Der weitere Verlauf habe nahe gelegt, "dass sich die Symptomatik weiter chronifiziert und sich eine Fehlhaltung zementiert". Der Fachgutachter führt weiter aus, dass die von ihm beschriebene Konstellation "persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben [sei] und somit nicht kurzfristig auflösbar". Zudem stellten "die rigiden, in der Persönlichkeit verankerten starren Reaktionsstereotypien … eine therapeutische Schwierigkeit dar", die aber unter bestimmten Voraussetzungen einer günstigen Prognose nicht entgegen stünden. Dass der Polizeiarzt vor diesem Hintergrund von der Erforderlichkeit einer langfristigen, mindestens zwei Jahre dauernden Therapie ausging, ist für das Gericht überzeugend. Auch die Zweifel, die er an dem Erfolg und der Nachhaltigkeit der vom Kläger in der Praxis für Psychotherapie des Herrn S2. zwischen September und November 2014 absolvierten Therapie geäußert hat, sind für das Gericht nach dem Eindruck, den es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, nachvollziehbar.
76Damit ist das beklagte Land im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung auf der Grundlage des polizeiärztlichen Gutachtens aus Februar 2014 zu Recht von einer Polizeidienstunfähigkeit des Klägers im Sinne von § 116 Abs. 1 Halbsatz 1 LBG NRW ausgegangen.
77Das Gericht weist insoweit ergänzend darauf hin, dass das Gutachten nicht deshalb als medizinische Grundlage für die Feststellung der Dienstunfähigkeit ausscheidet, weil die Untersuchungen im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand schon etwa sieben Monate zurücklagen. Grundsätzlich ist die Zurruhesetzung eines Beamten zwar auf eine aktuelle medizinische Tatsachengrundlage zu stellen. Das Ergebnis einer länger zurückliegenden Untersuchung genügt als Grundlage aber dann, wenn ‑ im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides ‑ eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustands des Beamten nicht zu erwarten war und belastbare Anhaltspunkte für eine solche Veränderung weder von dem Beamten selbst vorgebracht wurden noch sonst ersichtlich sind.
78Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Januar 2015 - 13 K 8291/13 -, juris, Rdn. 37, mit Verweis auf Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 29. November 2007 - 8 K 3505/05 -, juris, Rn. 64.
79Hier hat zwar der Kläger Ende Mai 2014 unter Vorlage eines ärztlichen Attestes des Arztes für Innere Medizin Dr. G. vom 15. Mai 2014 erklärt, er sei bereit und gesundheitlich in der Lage, ab dem 5. Juni 2014 seinen Dienst wieder aufzunehmen. Mitte August 2014 bestätigte seine Ehefrau in einem Schreiben an die Polizeibehörde I1. , dass der Kläger "die ärztlichen Ratschläge zu 100% befolgt und auch die 'mentalen Baustellen' im familiären und dienstlichen Umfeld … in Gänze aufgelöst" habe. Beiden Äußerungen sind aber keine belastbaren Anhaltspunkte für eine zu dem Zeitpunkt schon eingetretene Genesung des Klägers zu entnehmen. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass der Kläger bereits im Mai, zumindest aber im August 2014 die vom Polizeiarzt in Übereinstimmung mit dem Fachgutachter für dringend erforderlich gehaltene längerfristige Psychotherapie mit verhaltenstherapeutischen und tiefenpsychologischen Aspekten sowie die begleitende Pharmakotherapie begonnen und abschlossen hatte. Von daher gaben die beiden Schreiben keinen Anlass, vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung im September 2014 eine erneute polizeiärztliche Untersuchung in Auftrag zu geben.
80Gleiches gilt für die Mitteilung des Klägers vom 10. September 2014, dass er bei dem Diplom-Psychologen S2. in Q4. eine tiefenpsychologische Behandlung aufgenommen und im familiären Umfeld alle Belastungen ausgeräumt habe. Auch insoweit ging der Dienstherr im Zeitpunkt der Zurruhesetzung auf der Grundlage des polizeiärztlichen Gutachtens zu Recht davon aus, dass allein der Beginn einer voraussichtlich längerfristigen Psychotherapie noch keine kurzfristige Genesung versprach. Zudem waren die im Gutachten geschilderten psychischen Probleme des Klägers nicht ausschließlich auf Belastungen im unmittelbaren familiären Umfeld zurückzuführen, sondern auch auf in der Biografie verankerte Probleme und eine besondere Kränkungs-Sensibilität im dienstlichen Bereich.
812. Die Voraussetzungen von § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW für eine Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst trotz Polizeidienstunfähigkeit lagen nicht vor. Das beklagte Land war von der Suche nach einer Funktion für die Weiterwendung im Sinne der genannten Norm entbunden, weil im maßgeblichen Zeitpunkt feststand, dass der Kläger in dem von § 116 LBG NRW vorgegebenen Zeitraum, das heißt in den nächsten zwei Jahren, keinerlei Dienst leisten kann oder erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erwarten sind.
82Vgl. zum gleichlautenden § 110 Nieders. Beamtengesetz BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 977.13 -, juris, Rdn. 13.
83Aus dem Gutachten des Polizeiarztes mit der Ergänzung vom 6. Mai 2014 ergibt sich insoweit, dass bis zu einem - erfolgreichen - Abschluss der indizierten umfangreichen psychotherapeutischen Behandlung in Verbindung mit einer Psychopharmakotherapie nicht nur keine Polizeidienstfähigkeit sondern auch keine allgemeine Dienstfähigkeit besteht. Vor dem Hintergrund der vorhandenen Störungen und der deshalb erforderlichen Behandlung sieht der Arzt Einschränkungen bei Tätigkeiten mit besonderen psychischen Belastungen, z.B. auch bei Zeit- und Vorgangsdruck. Der Kläger sei bis zu seiner Genesung weder im Wechselschichtdienst noch im Schichtdienst verwendbar und auch nicht im Bereitschafts-, Wochenend- oder Nachtdienst. Damit scheidet eine - vorläufige - Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst aus.
843. Gleichzeitig entfällt damit auch die Möglichkeit der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn im Sinne von § 116 Abs. 3 LBG NRW. Der zuständige Polizeiarzt hat in seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich festgehalten, dass das Restleistungsvermögen des Klägers im Zeitpunkt der Begutachtung einen Laufbahnwechsel ausschließe.
85II. Auch formellrechtlich ist die Zurruhesetzungsverfügung nicht zu beanstanden. Insbesondere sind der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden. Dass sie nach Eingang der ergänzenden Stellungnahme von Dr. Q3. nicht erneut um Zustimmung gebeten bzw. angehört wurden, ist unschädlich. Die Stellungnahme ergänzt und bestätigt ausschließlich Aussagen, die der Polizeiarzt bereits in dem den Gremien vorliegenden Gutachten von Februar 2014 getroffen hat. Neue Aspekte enthält sie nicht. Damit war eine wiederholte Beteiligung von Personalrat und Gleichstellungsbeauftragter nicht erforderlich.
86Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Der Zurruhesetzungsbescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. Oktober 2013 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die im Jahre 1958 geborene Klägerin wendet sich gegen ihre Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
3Sie steht als Oberregierungsrätin (Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsordnung – BBesO) im Dienst des Beklagten. Von 1992 bis 2002 war sie am Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in T. tätig. Mit Wirkung vom 17. April 2002 wurde sie zum Landesinstitut für Qualifizierung des Landes Nordrhein-Westfalen (LfQ) aus dienstlichen Gründen abgeordnet. Nachdem das LfQ mit Beschluss vom 7. März 2006 aufgelöst und in das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) eingegliedert worden ist, wurde sie dorthin als Referentin innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ in die Projektgruppe „Fachliche Begleitung berufliche Aus- und Weiterbildung“ versetzt. Mit Wirkung vom 1. Juli 2006 wurde ihr ein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH (G.I.B) in C. zugewiesen. Mit Wirkung vom 22. Januar 2007 wurde sie innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ des MAIS in dem Referat „Zielgruppen-Integration, Investitionsförderung, Berufliche Rehabilitation“ eingesetzt. Aus dienstlichen Gründen wurde sie schließlich mit Wirkung vom 10. Juni 2011 in das Referat „Rechtliche Grundlagen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, Teilhabe am Arbeitsleben“ umgesetzt.
4Seit dem 17. Januar 2012 ist die Klägerin ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 29. März 2012 bis zum 6. Juni 2012 war die Klägerin in stationärer Behandlung in der Parkklinik I. Bad L. . Im Abschlussbericht hieß es, dass die Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich, möglichst in einen solchen, in dem sie entsprechend ihrer ursprünglichen Profession pädagogisch tätig sein könne, dringend empfohlen werde. Dies stelle für die Klägerin die geringste Stressbelastung dar und sei im Hinblick auf eine Rückfallprophylaxe sehr wichtig. Seitdem war die Klägerin in ambulanter Behandlung bei der Diplom-Psychologin E. N. .
5Am 13. Juli 2012 nahm die Klägerin an einem Gespräch im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanagements“ (BEM) mit dem Leiter des Personalreferates, Herrn T1. , teil. Dieser fertigte am 16. Juli 2012 einen Vermerk zu dem Gesprächsverlauf (Bl. 11 ff. Heft 1 der Beiakten). Danach habe die Klägerin erklärt, dass das BEM in ihrem Fall kein geeignetes Instrument darstelle. Die Dienststelle verfüge über keinerlei Möglichkeiten, um mit konkreten Maßnahmen die Situation zu verändern, da die Klägerin sich generell nicht in der Lage sehe, innerhalb einer Ministerialverwaltung zu arbeiten. Die Strukturen und Arbeitsweisen innerhalb einer Ministerialverwaltung führten automatisch zu dauerhaften Belastungen, die eine Dienstunfähigkeit nach sich zögen. Daher sei sodann über andere Einsatzmöglichkeiten innerhalb des Geschäftsbereichs – unter anderem auch bei der G.I.B. in C. – gesprochen worden. Die Klägerin habe aber auch diesen Vorschlag abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu Erkrankung und Dienstunfähigkeit geführt hätten. Vielmehr habe die Klägerin gewünscht, dass keine Schritte mehr im Rahmen des BEM eingeleitet würden. Eine Beschäftigung sei nur noch außerhalb des Ministeriums möglich.
6Unter dem 24. September 2012 gab der Beklagte gegenüber dem Gesundheitsamt Q. die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin in Auftrag (Bl. 24 f. Heft 1 der Beiakten).
7Mit Gutachten vom 24. Oktober 2012 stellte die begutachtende Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L1. fest, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer für nicht mehr in der Lage gehalten werde, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich zu erfüllen (Bl. 27 ff. Heft 1 der Beiakten). Eine Nachuntersuchung wurde für nicht erforderlich gehalten. In der Empfehlung hieß es, dass aufgrund der eigenen Einschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik sie eine Tätigkeit ausüben solle, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom- Pädagogin orientiere. Sie scheine mit engen Strukturen, Termindruck und straff strukturierten Tätigkeiten Schwierigkeiten zu haben. Es sei daher – sofern organisatorisch möglich – am sinnvollsten, der Klägerin eine andere Tätigkeit anzubieten und den Verlauf abzuwarten.
8Mit Schreiben vom 16. November 2012 teilte Herr T1. für den Beklagten der Klägerin mit, dass er sie vor dem Hintergrund des amtsärztlichen Gutachtens für nicht mehr in der Lage halte, ihre Dienstpflichten im derzeit ausgeübten oder in einem anderen Aufgabenbereich des Ministeriums dauerhaft auszuüben (Bl. 32 f. Heft 1 der Beiakten). Im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ (VfW) solle nunmehr geprüft werden, ob die Möglichkeit einer anderweitigen dienstlichen Verwendung bestehe. Nachdem die Klägerin zunächst an einem Personalgespräch mit dem Projektteam VfW teilgenommen hat, wurden ein Coaching sowie weitere Fortbildungsmaßnahmen, wie zum Beispiel eine Word-Schulung, mit ihr durchgeführt (Bl. 47 ff. Heft 1 der Beiakten).
9Mit Schreiben vom 1. Juli 2013 (Bl. 69 ff. Heft 1 der Beiakten) teilte das Projektteam dem MAIS gegenüber mit, dass eine Vermittlung der Klägerin im Rahmen des Projekts VfW nicht möglich sei. Die ausgeschriebenen Stellen hätten zum Teil nicht ihrer Besoldungsgruppe entsprochen, sich ausschließlich an Tarifbeschäftigte gerichtet, seien nur befristet zu besetzen gewesen oder es hätte durch angemessene Qualifizierungsmaßnahmen nicht erreicht werden können, dass eine fachfremde Beschäftigte die Aufgaben ausfüllend hätte wahrnehmen können. Das Projektteam habe verschiedenste Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung der Klägerin im Verwaltungsbereich an in Frage kommende Dienststellen des Landes geschickt und ihre Bewerbungsmappe an die Fortbildungsakademie des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW (Mont-Cenis) und die Universität Q. weitergeleitet. Der Leiter des Mont-Cenis habe mitgeteilt, dass der Klägerin dort auf absehbare Zeit keine Stelle angeboten werden könne. Ein Einsatz bei der Universität Q. sei ebenfalls nicht möglich gewesen. Ein Einsatz als Lehrkraft an einem Berufskolleg komme laut dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen höchstens bis zur Besoldungsgruppe A 13 BBesO in Betracht und erfordere im Bereich der Schulsozialarbeit eine Lehrbefähigung; hierüber verfüge die Klägerin nicht. Auch beim Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen sei eine Übernahme der Klägerin aufgrund ihrer Besoldungsgruppe A 14 BBesO nicht möglich gewesen.
10Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 wurde die Klägerin von diesem Ergebnis unterrichtet und zu ihrer beabsichtigten Zurruhesetzung angehört (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
11Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2013 (Bl. 82 Heft 1 der Beiakten) wie folgt: Zunächst bestreite sie ausdrücklich, dass sie die Übernahme einer Tätigkeit in der Projektgruppe „Fachliche Begleitung, berufliche Aus- und Weiterbildung“ bei der G.I.B. in C. oder einer anderen Regionalagentur abgelehnt habe. Sie habe vielmehr ausdrücklich ihre Bereitschaft zur Übernahme entsprechender Tätigkeiten erklärt; konkrete Stellenangebote hätten aber nicht vorgelegen. Die Problematik, dass einige Stellen nur für Tarifbeschäftigte ausgeschrieben worden seien, hätte durch ihre Abordnung geregelt werden können. Obwohl die Einrichtung einer Landeskoordinierungsstelle für die kommunalen Integrationszentren geplant gewesen sei, sei sie trotz ihrer fachlichen Eignung nicht für die dort entstandenen Stellen vorgesehen worden. Soweit ihr Einsatz auf Stellen abgelehnt worden sei, weil diese beispielsweise zunächst nur auf fünf Jahre befristet gewesen seien, sei die Ablehnung von vornherein nicht nachvollziehbar.
12Mit Bescheid vom 1. Oktober 2013 versetzte das MAIS die Klägerin in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, nachdem der Personalrat zuvor seine Zustimmung hierzu erteilt hatte und die Gleichstellungsbeauftragte in Kenntnis gesetzt worden war (Bl. 99 Heft 1 der Beiakten). Die Klägerin sei seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens des Gesundheitsamtes des Kreises Q. sei sie auf Dauer nicht mehr in der Lage, ihre Dienstpflichten zu erfüllen. Eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit habe ausweislich des Abschlussberichts des Projektteams VfW ebenfalls nicht bestanden. Die seitens der Klägerin insoweit vorgebrachten Einwendungen könnten zu keiner anderen Entscheidung führen: Die im Rahmen des BEM-Gesprächs angedeutete Möglichkeit, nochmals bei der G.I.B in C. zu arbeiten, habe sie ausdrücklich abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Sie sei nach einer rund siebenmonatigen Tätigkeit in der dortigen Projektgruppe auf eigenen Wunsch umgesetzt worden. Allein vor diesem Hintergrund komme eine erneute Tätigkeit in der Projektgruppe nicht in Betracht. Im Übrigen bestehe insoweit zurzeit und in absehbarer Zukunft kein Personalbedarf. Eine Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Versetzung oder Abordnung sei nur möglich, wenn eine entsprechende Plan- oder Abordnungsstelle vorliege. Eine Vermittlung von Beschäftigten in andere Geschäftsbereiche der Landesverwaltung sei dem Ministerium ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich. Die Stellenführung einer Beamtin auf einer Stelle für Tarifbeschäftigte sei nach den einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften unzulässig.
13Am 26. Oktober 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
14Sie ist der Ansicht, die Versetzung in den Ruhestand beruhe auf einem veralteten Gutachten. Ihr Gesundheitszustand habe sich infolge der seit mehr als einem Jahr erfolgenden ambulanten psychiatrischen Behandlung deutlich stabilisiert und verbessert. Insoweit verweise sie auf die psychotherapeutische Stellungnahme der sie behandelnden Diplom-Psychologin (Bl. 51 der Gerichtsakte). Die Empfehlungen im amtsärztlichen Gutachten stünden zudem im Widerspruch zu der Empfehlung im Entlassungsbericht der Parkklinik I. , wonach eine ambulante psychotherapeutische Behandlung zur Erhaltung der Dienstfähigkeit, Verbesserung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit als erfolgsversprechend bewertet werde. Bereits danach sei sie wieder in der Lage, eine berufliche Tätigkeit mit einer stärkeren pädagogischen Ausrichtung als der administrativen Tätigkeit im Ministerium zu verrichten.
15Zudem sei nicht hinreichend nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit gesucht worden. Insoweit ergänzt die Klägerin ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren dahingehend, dass sowohl beim MAIS als auch bei anderen Dienstbehörden eine ihrem Anforderungsprofil entsprechende anderweitige Verwendung in Betracht gekommen sei. Die zum 1. Dezember 2013 errichtete Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) habe beispielsweise zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld „Supportstelle allgemeine Weiterbildung“ gesucht. Dem Beklagten sei verwehrt, sich auf die Personalhoheit der obersten Landesbehörden zu berufen. Schließlich fehle es an einer Ermessensentscheidung des Beklagten gemäß § 26 Absatz 3 BeamtStG.
16Die Klägerin beantragt,
17den Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung wiederholt der Beklagte seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und vertieft diesen wie folgt:
21Anhaltspunkte dafür, dass die Versetzung in den Ruhestand auf einem veralteten Gutachten beruhe, lägen nicht vor. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens sei eine Nachuntersuchung der Klägerin nicht erforderlich gewesen, da sie auf Dauer nicht in der Lage sei, ihre Dienstpflichten in ihrem letzten oder einem anderen Aufgabenbereich des MAIS bzw. einer anderen obersten Landesbehörde zu erfüllen. Zudem seien von ihr seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen und in regelmäßigen Abständen Dienstunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht worden.
22Schließlich sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin umfassend und ermessensfehlerfrei geprüft worden. Aufgabenbereiche, die sich an der ursprünglichen Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pädagogin orientieren würden, seien nicht vorhanden gewesen. Die Klägerin habe zum einen die Möglichkeit gehabt, sich auf ausgeschriebene Stellen selbst zu bewerben. Zum anderen habe das Projektteam VfW über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten umfangreiche Vermittlungsbemühungen durchgeführt, die ohne Erfolg geblieben seien. Die von der Klägerin erwähnte „landesweite Koordinierungsstelle kommunale Integrationszentren“ sei ein Dezernat der Bezirksregierung B. im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen und gehöre damit nicht zum Zuständigkeitsbereich des MAIS. Gleiches gelte hinsichtlich einer Beschäftigung in einer Regionalagentur. Die Personalauswahl und der Personaleinsatz innerhalb der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen obliege der Personalhoheit der jeweiligen obersten Landesbehörde. Die Abordnung und/oder Versetzung einer Beamtin bzw. eines Beamten in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Ressorts der Landesverwaltung könne daher ausschließlich im Einvernehmen mit der aufnehmenden Dienststelle bzw. der zuständigen obersten Landesbehörde erfolgen.
23Eine Verwendung der Klägerin in einer niedrigeren Besoldungsgruppe bzw. in der Laufbahn des gehobenen Dienstes komme ausweislich des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Funktion, der organisatorischen Einbindung und der Tätigkeitsinhalte nicht in Betracht.
24Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten einschließlich der Personalakten der Klägerin Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Zurruhesetzungsbescheid des MAIS vom 1. Oktober 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
27Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand ist zwar formell rechtmäßig (I.). Sie ist indes materiell rechtswidrig (II.).
28I. Der Zurruhesetzungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die gemäß § 72 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 9 Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespersonalvertretungsgesetz – LPVG) erforderliche Zustimmung des Personalrates liegt vor (Bl. 92 Heft 1 der Beiakten). Die Gleichstellungsbeauftragte ist im Wege der Mitzeichnung ebenfalls ordnungsgemäß beteiligt worden (§ 17 Absatz 1 Halbsatz 1 Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesgleichstellungsgesetz – LGG, Bl. 91 Heft 1 der Beiakten). Die nach § 34 Absatz 1 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) vorgeschriebene Mitteilung über die beabsichtigte Zurruhesetzung ist durch das Schreiben des MAIS vom 18. Juli 2013 erfolgt (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
29II. Die Zurruhesetzung der Klägerin ist aber materiell rechtswidrig. Die Klägerin ist zwar dienstunfähig (1.) Indes ist die nach § 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG gebotene Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin hinter den Anforderungen dieser Vorschrift zurückgeblieben (2.). Überdies hat der Beklagte keine Ermessensentscheidung im Sinne des § 26 Absatz 3 BeamtStG getroffen (3.).
301. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG ist eine Beamtin auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Nach § 33 Absatz 1 Satz 3 LBG NRW beträgt diese Frist sechs Monate.
31Die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ohne seinen Antrag beurteilt sich danach, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist. Bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit ist auf das abstrakt-funktionelle Amt, also hier auf das Amt der Klägerin als Oberregierungsrätin beim MAIS, ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten abzustellen. Für die Feststellung der Dienstunfähigkeit reicht es daher nicht aus, dass die Beamtin den Pflichten ihres bisherigen Dienstpostens nicht mehr gewachsen ist. Dienstunfähigkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Beamtin den Anforderungen keines der für ihr statusrechtliches Amt innerhalb der Behörde vorgesehenen Dienstpostens mehr gerecht werden kann.
32Vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. November 2008 – 2 B 32.08 –, juris, Rn. 4 m.w.N. und vom 28. Juni 1990 – 2 C 18.89 –, juris, Rn. 17 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 45 m.w.N. und vom 17. September 2003 – 1 A 1069/01 –, juris, Rn. 46; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 5 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 23. Juni 2010 – 10 K 648/08 –, juris, Rn. 54; Verwaltungsgericht Arnsberg , Urteil vom 9. Juni 2010 – 2 K 14/08 –, juris, Rn. 35 m.w.N.
33Der Behörde kommt bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist bzw. seine Dienstunfähigkeit aufgrund langfristiger Erkrankung und negativer Prognose vermutet werden kann, kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Das schließt etwaige Feststellungen oder Schlussfolgerungen in ärztlichen Gutachten grundsätzlich mit ein. Auch diese sind vom Gericht in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen. Ärztliche Gutachten müssen zur Frage der Dienstunfähigkeit von Beamten hinreichend und nachvollziehbar begründet sein. Bei der Prüfung nach § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG muss insbesondere plausibel sein, dass keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.
34OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2012 – 1 B 1490/11 –, juris, Rn. 6 und 8; undUrteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 37 m.w.N.
35Gemessen an diesen Grundsätzen war im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vom 1. Oktober 2013 die Annahme gerechtfertigt, dass die Klägerin dienstunfähig i.S.d. § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG war. Die Klägerin war in der Zeit vom 17. Januar 2012 bis zu ihrer Zurruhesetzung im Oktober 2013 durchgehend krankgeschrieben und leistete während dieses Zeitraums – mithin mehr als eineinhalb Jahre – keinen Dienst. Zudem bestand keine Aussicht, dass sie innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wurde. Diese Annahme hat der Beklagte zu Recht auf das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 gestützt.
36Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind. Das setzt voraus, dass ärztliche Gutachten zur Frage der Dienstunfähigkeit hinreichend und nachvollziehbar begründet sind. Ein im Zurruhe-setzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Es muss dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellung-nahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
37BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2014 – 6 A 2006/13 –, juris, Rn. 16 m.w.N. und 4. September 2014 – 1 B 807/14 –, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.; Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 30. Juli 2014 – 2 A 281/12 –, juris, Rn. 38; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 6 f. des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
38Das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 genügt (noch) diesen Anforderungen. Es beruht auf einer eigenen Exploration im Gesundheitsamt am 18. Oktober 2012 sowie auf dem Abschlussbericht über die stationäre Behandlung in der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012 und dem Bericht der die Klägerin behandelnden Psychotherapeutin N. vom 6. August 2012. Die Amtsärztin Dr. L1. , die als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, von ihrer Ausbildung her befähigt ist, psychopathologische Befunde zu erheben, ist auf dieser Erkenntnisgrundlage zu der fachärztlichen Einschätzung gelangt, dass die Klägerin insbesondere an einer depressiven Störung und einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur leidet. Daher sei die Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung nicht in der Lage gewesen, in ihrem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer nicht in der Lage, die Dienstpflichten im derzeitigen Aufgabenbereich zu erfüllen. Das Gericht hat keine Zweifel an der Sachkunde der Amtsärztin. Ihre Ausführungen beruhen zudem auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage und sind in sich stimmig und nachvollziehbar. Insoweit führt die Amtsärztin weitergehend wie folgt aus: Die Klägerin gehe selbst davon aus, dass sie an dem bisherigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einsetzbar sei, indes an einem anderen Arbeitsplatz ihre Leistungsfähigkeit bestehe. Aus den Berichten und ihrer eigenen Schilderung gehe hervor, dass sie mit dieser Arbeit überfordert sei und die damit verbundenen Konflikte zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Die Klägerin solle nach eigener Einschätzung und der Empfehlung der Klinik eine Arbeit ausüben, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin orientiere. Inwieweit diese Einschätzung zutreffe müsse aber abgewartet werden.
39Das Gutachten scheidet auch nicht deshalb als medizinische Grundlage für die Feststellung der Dienstunfähigkeit aus, weil die Untersuchungen im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand schon mehr als ein Jahr zurücklagen. Grundsätzlich ist die Zurruhesetzung einer Beamtin zwar auf eine aktuelle medizinische Tatsachengrundlage zu stellen. Das Ergebnis einer länger zurückliegenden Untersuchung genügt als Grundlage allerdings dann, wenn – im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides – eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustands der Beamtin nicht zu erwarten ist und belastbare Anhaltspunkte für eine solche Veränderung weder von dem Beamten selbst vorgebracht wurden noch sonst ersichtlich sind.
40Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 29. November 2007 – 8 K 3505/05 –, juris, Rn. 64.
41So liegt es im vorliegenden Fall. Dass eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustandes der Beamtin nicht zu erwarten war, ergibt sich bereits aus dem amtsärztlichen Gutachten selbst, wonach es keiner Nachuntersuchung bedurfte. Dieses Ergebnis des Gutachtens wird zudem getragen von der eigenen Einlassung der Klägerin, die bereits im Rahmen des BEM-Gesprächs vom 16. Juli 2012 eine Beschäftigung innerhalb des Ministeriums ausgeschlossen hatte, und dem Abschlussbericht der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012. Darin wurde eine Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich – mit Bezug zu ihrer ursprünglichen Profession – empfohlen, da eine Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz einen Rückfall befürchten lasse.
42Überdies fehlt es an belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bis zu ihrer Zurruhesetzung positiv verändert hat. Die Klägerin hat vor dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheides – im Rahmen ihrer Anhörung – nichts zu ihrem Gesundheitszustand vorgetragen. Unabhängig davon, dass die psychotherapeutische Stellungnahme der die Klägerin behandelnden Diplom-Psychologin N. vom 20. April 2014 erst viel später eingereicht und auch erstellt worden und damit mit Blick auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt unerheblich ist, lassen sich auch dieser keine dahingehenden Anhaltspunkte entnehmen. Darin heißt es zwar, dass im Behandlungsverlauf eine deutliche Stabilisierung hinsichtlich der psychosomatischen und depressiven Symptomatik eingetreten sei. Diese basiere indes zum Teil darauf, dass die Klägerin nicht mehr an ihren alten Arbeitsplatz habe zurückkehren müssen. Aus Sicht der Diplom-Psychologin sei die Klägerin zumindest in einem Bereich, der ihrer beruflichen Identität entspreche, einsatzfähig. Zu der Frage, ob sie hingegen auch in ihrem jetzigen Aufgabenbereich im MAIS wieder einsatzfähig wäre, und zwar ohne dass ein Rückfall zu befürchten wäre, enthält das Gutachten hingegen keine Ausführungen. Darauf allein kommt es vorliegend aber an.
43Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die amtsärztlichen Feststellungen durch den langjährigen Krankheitsverlauf der Klägerin bestätigt wurden. Seit dem 17. Januar 2012 bis zur letzten behördlichen Entscheidung am 1. Oktober 2013 war die Klägerin weiterhin dauernd dienstunfähig.
442. Allerdings ist der Beklagte seinen Pflichten aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Das ist gemäß § 26 Absatz 2 Satz 1 BeamtStG der Fall, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Nach Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift ist die Übertragung eines anderen Amtes in den Fällen des Satzes 1 ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mindestens mit demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Nach Absatz 2 Satz 3 haben Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
45§ 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG sind Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung". Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann.
46Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21, unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/5372, S. 33 und 13/3994, S. 33; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 69; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 13 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 29 f.
47Die Vorschriften sind Teil der vielfältigen Bemühungen des Gesetzgebers, Pensionierungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze soweit wie möglich zu vermeiden. Hierzu gehören auch die Weiterverwendung begrenzt dienstfähiger Beamter nach § 27 BeamtStG und die Reaktivierung von Ruhestandsbeamten nach § 29 BeamtStG, § 35 LBG.
48Ebenso zu §§ 42a, 42 Absatz 3 und § 45 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 71; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 31 f.
49Da § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG an die Dienstunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 anknüpft, kann eine anderweitige Verwendung im Sinne der Vorschrift nur die Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen bzw. im konkret-funktionellen Sinne bedeuten, welches nicht dem bisherigen statusrechtlichen Amt des dienstunfähigen Beamten zugeordnet ist. Demzufolge ist eine anderweitige Verwendung im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde möglich, wenn dem Beamten dort gleichwertige Funktionsämter einer anderen Laufbahn übertragen werden können. Steht ein dem bisherigen Statusamt entsprechender anderer Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde zur Verfügung, fehlt es dagegen bereits an der Dienstunfähigkeit im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG (s.o.). Der Anwendungsbereich des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hat im Übrigen nicht nur einen Einsatz bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde im Blick. Er betrifft vielmehr auch gerade solche anderweitigen Verwendungen, die mit der Versetzung zu einer anderen Behörde verbunden sind. Bei dieser muss dem Beamten ein neues statusrechtliches Amt gleicher Wertigkeit verliehen werden, wenn er nicht auf einem Dienstposten eingesetzt wird, der dem bisherigen statusrechtlichen Amt zugeordnet ist. Neue Funktionsämter, die nicht dem bisherigen Amt im statusrechtlichen Sinne zugeordnet sind, können nur unter Verleihung des entsprechenden Amtes im statusrechtlichen Sinne übertragen werden.
50Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 73; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 33 f.
51§ 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG begründet zugleich die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar.
52Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 75; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 38 f.
53Eine Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit i.S.v. § 26 Abs. 2 BeamtStG zu suchen, besteht nur dann nicht, wenn aufgrund des Gesundheitszustandes des Beamten eine anderweitige Verwendung von vornherein ausgeschlossen ist. Der Dienstherr kann sich jedoch nur dann darauf berufen, nicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit verpflichtet zu sein, wenn seine Annahme einer fehlenden anderweitigen Verwendungsmöglichkeit auf tragfähigen Feststellungen gründet.
54Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. August 2012 – 6 A 2559/11 –, juris, Rn. 8 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Juli 2011 – 6 A 1581/10 –, juris, Rn. 6.
55Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Zwar lässt sich dem Gutachten auch keine positive Feststellung dahingehend entnehmen, dass der Gesundheitszustand sicher eine anderweitige Verwendung der Klägerin erlaubt. Solange aber auch nicht das Gegenteil feststeht, entfällt auch nicht die Suchpflicht des Dienstherrn. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Aussagen zur Dienstunfähigkeit allein auf das gegenwärtig innegehabte Amt im abstrakt-funktionellen Sinne beziehen und die anderen durch § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG angesprochenen Verwendungsmöglichkeiten ausblenden. Aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012 folgt lediglich, dass die Klägerin nicht mehr zur Ausübung ihrer Dienstpflichten in ihrem damaligen Aufgabenbereich beim MAIS in der Lage gewesen sei. Dem Gutachten lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die Klägerin aufgrund ihrer psychischen Leiden auch nicht mehr in der Lage ist, anderweitige Tätigkeiten auszuüben. Vielmehr hat die Gutachterin unter Bezugnahme auf die Selbsteinschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik ausdrücklich empfohlen, ihr – sofern organisatorisch möglich – eine andere, an ihrer ursprünglichen Ausbildung orientierte, Tätigkeit anzubieten und den weiteren Verlauf abzuwarten. Damit hält sie eine solche Tätigkeit offenbar für möglich.
56Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht der Klägerin obliegt substantiiert vorzutragen zu welchen Tätigkeiten sie gesundheitlich (noch) in der Lage ist. Vielmehr muss der Beklagte auf Grundlage tragfähiger Feststellungen – notfalls durch Einholung weiterer amtsärztlicher Gutachten – darlegen, welche Tätigkeiten von der Klägerin nicht mehr ausgeübt werden können, um von seiner Suchpflicht (teilweise) befreit zu werden.
57Die Suche nach einer § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 26 Absatz 2 Satz 2 BeamtStG, wonach die Übertragung eines anderen Amtes zulässig ist, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann. Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG nicht herleiten. Auch die amtliche Gesetzesbegründung enthält keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist.
58Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/4027, S. 28 f., zu § 27 des Entwurfs; ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 28; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 78; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 40 f.
59Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung darf sich nicht nur auf aktuell freie Stellen beschränken. Vielmehr muss sie sich auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit – etwa innerhalb eines Jahres – voraussichtlich neu zu besetzen sind. Denn eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 26 Absatz 2 BeamtStG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht und die dazu erforderliche Laufbahnbefähigung erst nach einer – ggf. längeren – Unterweisungszeit erworben werden kann.
60Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 29; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 42 f.
61Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird durch den Wortlaut des § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG verdeutlicht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Fällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist.
62Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 77; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 35 f.
63Nach alledem ist es – auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten die Vorgaben des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zu Lasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die erforderliche Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
64Ebenso mit Blick auf § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 –, BVerwGE 124, 99, 108 f., und vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 32; OVG NRW, Urteile vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 –, juris, Rn. 66, und vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 81; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 44 f.
65Das erkennende Gericht vermag nicht festzustellen, dass der Beklagte seiner Suchpflicht gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hinreichend nachgekommen ist. Vielmehr hat der Beklagte seine Suchpflicht verletzt, indem er die Klägerin in unzulässiger Weise auf die Möglichkeit zur Bewerbung auf freie Dienstposten verwiesen und die mangelnde anderweitige Verwendungsmöglichkeit mit der fehlenden Zustimmung der anderen Dienstbehörden bzw. mit der bevorzugten Auswahl anderer Personen nach Maßgabe des Bestenausleseprinzips begründet hat.
66Die Suchpflicht des Dienstherrn darf sich nicht auf die bloße Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Es kommt nicht darauf an, ob Verwendungen im Bereich einer anderen obersten Dienstbehörde deren Zustimmung bedürfen, da diese Behörde über die Erteilung der Zustimmung unter Beachtung der Verpflichtung des Dienstherrn aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG zu entscheiden und daher im Regelfall die erforderliche Zustimmung zu erteilen hat, wenn dadurch die Weiterbeschäftigung möglich wird. Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt. Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn, mithin des Landes Nordrhein-Westfalen, ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte daher auf diesem Dienstposten im Wege der Versetzung zu verwenden. Etwaige Differenzen zwischen Behörden desselben Dienstherrn sind Interna des zur Stellensuche Verpflichteten, die nicht zu Lasten des Beamten geltend gemacht werden können. Anders sieht es lediglich hinsichtlich einer dienstherrenübergreifende Versetzung aus. Auch ein an Artikel 33 Absatz 2 GG orientiertes Stellenausschreibungsverfahren hat von vornherein zu unterbleiben. Eine Ausrichtung am Bestenausleseprinzip ist unzulässig, da allein darüber zu entscheiden ist, der Beamtin bzw. dem Beamten eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
67BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris, Rn. 4 und Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 41; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris, Rn. 28; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 13. November 2014 – 2 K 730/11 –, juris, Rn. 24; Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 29. Februar 2008 – 9 E 941/07 –, juris, Rn. 43; v. Roetteken, in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, § 26, Rn. 130 f. m.w.N.
68Der Beklagte ist aber ausweislich der Begründung im Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 – und der schriftsätzlichen Einlassung im Gerichtsverfahren – davon ausgegangen, dass „die zuständigen Dienststellen – nach dem Grundsatz der Bestenauslese – in eigener Zuständigkeit über ihre Stellenbesetzung [entscheiden]“. Daher sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin in anderen Geschäftsbereichen der Landesverwaltung ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich gewesen. Die von der Klägerin beispielhaft gewünschte Verwendung bei der „Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunaler Integrationszentren“ könne nur im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens, über das die Bezirksregierung B. in eigener Zuständigkeit entscheide, erfolgen. Insoweit reduzierten sich die Bemühungen des Beklagten lediglich auf entsprechende Nachfragen bei in Frage kommenden Dienstbehörden. Sofern entsprechende Stellen vorhanden waren, sind diese nicht mit der Antragstellerin im Wege der Versetzung besetzt worden. Vielmehr ist die Antragstellerin darauf verwiesen worden, sich hierauf zu bewerben. So wurde beispielsweise bei der QUA-LiS NRW, die erst zum 1. Dezember 2013 im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung errichtet worden ist, zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld Supportstelle Allgemeine Weiterbildung gesucht. Das Anforderungsprofil entsprach dem der Klägerin; insbesondere bedurfte es auch keiner Lehramtbefähigung. Die Klägerin wurde daher auf ihre Bewerbung hin in das Auswahlverfahren einbezogen, die Auswahlentscheidung fiel aber nach Maßgabe des – in unzulässiger Weise angewandten – Bestenausleseprinzips zugunsten einer Mitbewerberin aus. Die Klägerin hat gegen die Besetzung des Dienstpostens mit der Mitbewerberin beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt (13 L 1338/14); der Dienstposten ist aber – in Verkennung der in der Rechtsprechung anerkannten Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung – bereits vor Ablauf der Wartezeit mit der Mitbewerberin besetzt worden.
69Dem Gericht erschließt sich in diesem Zusammenhang überdies nicht, wieso befristet ausgeschriebene Stellen von vornherein unberücksichtigt geblieben sind. Zum einen besteht bei einer Befristung oftmals die Möglichkeit diese zu verlängern. Zum anderen hätte der Beklagte während der Befristung bzw. zum Ende der Befristung nach anderen freien Dienststellen suchen müssen.
703.Überdies hat es der Beklagte versäumt, eine Ermessensentscheidung nach § 26 Absatz 3 BeamtStG zu treffen. Danach kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Nach dieser Vorschrift kann dem Beamten folglich eine Tätigkeit übertragen werden, die in ihrer Wertigkeit nicht seinem abstrakt-funktionellen Amt entspricht; wobei er sein abstrakt-funktionelles Amt trotzdem behält. Bei der Ermessensausübung ist einerseits das öffentliche Interesse daran, den Beamten nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzen zu müssen und dadurch Versorgungsmittel einzusparen, zu berücksichtigen. Andererseits sind aus Gründen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und im Hinblick darauf, dass dem Beamten die geringerwertige Tätigkeit ohne seine Zustimmung übertragen werden kann, die schutzwürdigen Belange des Beamten, z.B. in gesundheitlicher Hinsicht, zu beachten.
71Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 12. August 2013 – 1 A 274/12 –, juris, Rn. 25 m.w.N.
72Der Beklagte hat ausweislich des streitgegenständlichen Zurruhesetzungsbescheides Dienstposten, die der Besoldungsgruppe A 13 BBesO entsprachen, von vornherein nicht in Betracht gezogen („Die ausgeschriebenen Stellen entsprachen jedoch zum Teil nicht ihrer derzeitigen Besoldungsgruppe“) und damit das ihm durch § 26 Absatz 3 BeamtStG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt (Ermessensausfall). Hieran vermag auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte E-Mail vom 29. Januar 2015, woraus sich ergibt, dass das Projektteam auch einen unterwertigen Einsatz der Klägerin überprüft habe, nichts zu ändern. Denn der Inhalt der E-Mail – der insoweit im Widerspruch zu dem Abschlussbericht des Projektteams vom 1. Juli 2013 steht, wonach die ausgeschriebenen Stellen zum Teil nicht der Besoldungsgruppe A 14 BBesO entsprochen hätten, ist dem MAIS erst nach Erlass des Zurruhesetzungsbescheides bekannt geworden; er konnte mit anderen Worten daher bei der Entscheidung über die Zurruhesetzung der Klägerin noch gar nicht berücksichtigt worden sein. Insoweit scheidet auch ein Ergänzen der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO aus, da die Norm in Fällen, in denen das Ermessen noch gar nicht ausgeübt worden ist, keine Anwendung findet.
73Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 114, Rn. 50 m.w.N.
74Kommt es auf den Inhalt der E-Mail im Ergebnis also nicht an, da er als wahr unterstellt werden kann, ohne dass sich dies auf das Ergebnis der Entscheidung auswirken würde, bedarf es auch keiner weitergehenden Zeugenvernehmung des Leiters des Projektteams VfW.
75Entgegen der Ansicht des Beklagten ist auch nicht ersichtlich, dass sämtliche geringerwertige Tätigkeiten beim Dienstherrn von vornherein aufgrund des gesundheitlichen Zustandes der Klägerin nicht in Betracht kamen. Zwar heißt es in dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012, dass die Klägerin mit engen Strukturen (Termindruck und straffes Strukturieren von Tätigkeiten) ihre Schwierigkeiten zu haben scheint. Die Amtsärztin stellt aber nicht fest, dass die Klägerin generell zur Ausübung von eng(er) strukturierten Tätigkeiten nicht (mehr) in der Lage ist (hierzu siehe auch schon oben). Zudem trägt der Beklagte weder hinreichend substantiiert vor, noch ist sonst ersichtlich, dass jegliche in Betracht kommenden geringerwertigen Tätigkeiten derart eng strukturiert sind, dass der Gesundheitszustand der Klägerin einer Ausübung entgegenstünde. Das Gericht entnimmt den Ausführungen der Amtsärztin vielmehr, dass ein wesentlicher Faktor für die Erkrankung der Klägerin – neben den Besonderheiten einer Tätigkeit in einem Ministerium – zumindest auch der fehlende Bezug ihrer Tätigkeit beim MAIS zu ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin gewesen ist.
76Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
77Beschluss:
78Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000 Euro festgesetzt.
79Gründe:
80Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
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Der 1968 geborene Kläger steht als Studienrat mit der Lehrbefähigung für Musik seit 2000 als Beamter auf Lebenszeit (BesGr A 13 LBesO) im Dienst des Beklagten. Zuletzt war er an einem Gymnasium tätig und unterrichtete ausschließlich das Fach Musik.
- 3
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Nach dem gehäuften Auftreten von Fehltagen veranlasste der Beklagte im Herbst 2006 erstmals eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers. Der zuständige Amtsarzt, ein Psychiater, diagnostizierte eine leichte chronische seelische Störung und hielt den Kläger für in der Lage, 16 Wochenstunden zu unterrichten. Im Juni 2007 erkrankte der Kläger erneut für längere Zeit. Die vom Beklagten daraufhin veranlasste amtsärztliche Untersuchung führte ein Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen durch, der im Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 eine "chronifizierte seelische Störung" feststellte. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Beruf als Lehrer auszuüben. Für anderweitige Tätigkeiten im öffentlichen Dienst ohne Kontakt mit Schülern sei er hingegen uneingeschränkt leistungsfähig. Erläuterungen oder Herleitungen dieser Ergebnisse enthielt das amtsärztliche Zeugnis nicht.
- 4
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Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus sah in seinem Ressort keine Verwendungsmöglichkeit, da für den Kläger zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung und auch später keine geeigneten und statusgemäßen Stellen frei waren. Eine von ihm an die Staatskanzlei und die anderen Ressorts gerichtete schriftliche Suchanfrage bezüglich einer anderweitigen Verwendung des Klägers endete mit dem Satz: "Das Staatsministerium geht von einer Fehlanzeige aus, wenn nicht innerhalb von vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens eine Rückmeldung Ihres Hauses erfolgt." Die Ressorts reagierten auf diese Suchanfrage nicht.
- 5
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Der Beklagte versetzte den Kläger wegen Dienstunfähigkeit mit Wirkung zum 1. September 2008 in den Ruhestand. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner durch Beschluss ergangenen Entscheidung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Der Kläger sei dienstunfähig, weil er aufgrund seiner seelischen Störung nicht mehr in der Lage sei, den Beruf als Lehrer auszuüben. Der Beklagte sei auch seiner Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers nachgekommen.
- 6
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Mit der Revision beantragt der Kläger,
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den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 24. März 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2008 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), weil die vorzeitige Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ohne hinreichende Klärung seiner anderweitigen Verwendbarkeit gegen den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" verstößt.
- 9
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1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist Art. 56 Bayerisches Beamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998 (GVBl 702), in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 10) gültigen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 2003 (GVBl S. 374, künftig: BayBG a.F.).
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Gemäß Art. 56 Abs. 1 Satz 1 BayBG a.F. ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 17). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, soll er für begrenzt dienstfähig erklärt werden (Art. 56a BayBG a.F.; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 Rn. 11 und vom 27. März 2014 - 2 C 50.11 - BVerwGE 149, 244 Rn. 26).
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Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt.
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Den Gesundheitszustand des Beamten feststellen und medizinisch bewerten muss der Arzt, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 18 m.w.N.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - RiA 2012, 165 f.). Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (stRspr, BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 31 sowie zuletzt Beschluss vom 13. März 2014 - 2 B 49.12 - juris Rn. 8 f.).
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Die hier im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 der Sache nach bescheinigte "Schülerphobie" genügt diesen Anforderungen nicht. Die Einschätzung des Amtsarztes, der Kläger leide an einer chronifizierten seelischen Störung, die einen Kontakt mit Schülern ausschließe und es ihm unmöglich mache, den Lehrerberuf weiter auszuüben, ist nicht auf tatsächliche Umstände gestützt, die die Feststellung, dem Kläger sei ein Schülerkontakt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar, plausibel machen könnten. Die entsprechenden Mitteilungen im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 sind weder aus sich heraus verständlich noch nachvollziehbar. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass nur dreizehn Monate zuvor ein anderer Amtsarzt als Facharzt für Psychiatrie beim Kläger bei ähnlicher Diagnose noch zu dem Ergebnis gekommen war, seine psychosoziale Leistungsfähigkeit als Lehrer sei zwar reduziert, reiche aber noch für 16 Unterrichtsstunden wöchentlich bei bis zu vier Unterrichtsstunden täglich aus. Eine fundierte Aussage zum Umfang der gesundheitsbedingten Einschränkungen hätte unter diesen Voraussetzungen einer zusätzlichen fachpsychiatrischen Untersuchung und Begutachtung bedurft.
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Dessen ungeachtet hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner chronifizierten seelischen Störung dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, den Beruf als Lehrer auszuüben. An diese tatsächliche Feststellung ist das Bundesverwaltungsgericht mangels entsprechender Rügen des Klägers gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden und hat sie seiner rechtlichen Betrachtung zugrunde zu legen. Damit ist von einer dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers auszugehen.
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2. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Von einer Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit soll nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 BayBG a.F. abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben, einer entsprechenden, gleichwertigen oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 2 BayBG a.F. ist in Fällen des Satzes 1 die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amts genügt. Damit hat der Gesetzgeber den Dienstherrn die Verpflichtung auferlegt, für dienstunfähige Beamte nach anderweitigen, ihnen gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendungen zu suchen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff. zu § 42 Abs. 3 BBG a.F.). Erst wenn feststeht, dass der in seiner Beschäftigungsbehörde dienstunfähige Beamte auch nicht anderweitig von seinem Dienstherrn eingesetzt werden kann, darf er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff.).
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Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird auch durch den Wortlaut des Satzes 1 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. zum Ausdruck gebracht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 26).
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Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.
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Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 29).
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Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.
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Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).
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Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. Zwar wird in der Anfrage der Sachverhalt zutreffend dahin erläutert, dass der Kläger krankheitsbedingt nur den Beruf des Lehrers nicht mehr ausüben kann, er innerhalb der öffentlichen Verwaltung, aber außerhalb des Schuldienstes, jedoch vollschichtig einsatzfähig ist. Außerdem ist die Anfrage an die Personalabteilungen der anderen Ressorts und an die Staatskanzlei adressiert; sie deckt damit den gesamten Verwaltungsbereich des Beklagten ab. Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.
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In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - IÖD 2012, 122 <123>).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Tenor
Der Zurruhesetzungsbescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. Oktober 2013 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die im Jahre 1958 geborene Klägerin wendet sich gegen ihre Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
3Sie steht als Oberregierungsrätin (Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsordnung – BBesO) im Dienst des Beklagten. Von 1992 bis 2002 war sie am Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in T. tätig. Mit Wirkung vom 17. April 2002 wurde sie zum Landesinstitut für Qualifizierung des Landes Nordrhein-Westfalen (LfQ) aus dienstlichen Gründen abgeordnet. Nachdem das LfQ mit Beschluss vom 7. März 2006 aufgelöst und in das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) eingegliedert worden ist, wurde sie dorthin als Referentin innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ in die Projektgruppe „Fachliche Begleitung berufliche Aus- und Weiterbildung“ versetzt. Mit Wirkung vom 1. Juli 2006 wurde ihr ein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH (G.I.B) in C. zugewiesen. Mit Wirkung vom 22. Januar 2007 wurde sie innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ des MAIS in dem Referat „Zielgruppen-Integration, Investitionsförderung, Berufliche Rehabilitation“ eingesetzt. Aus dienstlichen Gründen wurde sie schließlich mit Wirkung vom 10. Juni 2011 in das Referat „Rechtliche Grundlagen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, Teilhabe am Arbeitsleben“ umgesetzt.
4Seit dem 17. Januar 2012 ist die Klägerin ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 29. März 2012 bis zum 6. Juni 2012 war die Klägerin in stationärer Behandlung in der Parkklinik I. Bad L. . Im Abschlussbericht hieß es, dass die Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich, möglichst in einen solchen, in dem sie entsprechend ihrer ursprünglichen Profession pädagogisch tätig sein könne, dringend empfohlen werde. Dies stelle für die Klägerin die geringste Stressbelastung dar und sei im Hinblick auf eine Rückfallprophylaxe sehr wichtig. Seitdem war die Klägerin in ambulanter Behandlung bei der Diplom-Psychologin E. N. .
5Am 13. Juli 2012 nahm die Klägerin an einem Gespräch im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanagements“ (BEM) mit dem Leiter des Personalreferates, Herrn T1. , teil. Dieser fertigte am 16. Juli 2012 einen Vermerk zu dem Gesprächsverlauf (Bl. 11 ff. Heft 1 der Beiakten). Danach habe die Klägerin erklärt, dass das BEM in ihrem Fall kein geeignetes Instrument darstelle. Die Dienststelle verfüge über keinerlei Möglichkeiten, um mit konkreten Maßnahmen die Situation zu verändern, da die Klägerin sich generell nicht in der Lage sehe, innerhalb einer Ministerialverwaltung zu arbeiten. Die Strukturen und Arbeitsweisen innerhalb einer Ministerialverwaltung führten automatisch zu dauerhaften Belastungen, die eine Dienstunfähigkeit nach sich zögen. Daher sei sodann über andere Einsatzmöglichkeiten innerhalb des Geschäftsbereichs – unter anderem auch bei der G.I.B. in C. – gesprochen worden. Die Klägerin habe aber auch diesen Vorschlag abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu Erkrankung und Dienstunfähigkeit geführt hätten. Vielmehr habe die Klägerin gewünscht, dass keine Schritte mehr im Rahmen des BEM eingeleitet würden. Eine Beschäftigung sei nur noch außerhalb des Ministeriums möglich.
6Unter dem 24. September 2012 gab der Beklagte gegenüber dem Gesundheitsamt Q. die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin in Auftrag (Bl. 24 f. Heft 1 der Beiakten).
7Mit Gutachten vom 24. Oktober 2012 stellte die begutachtende Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L1. fest, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer für nicht mehr in der Lage gehalten werde, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich zu erfüllen (Bl. 27 ff. Heft 1 der Beiakten). Eine Nachuntersuchung wurde für nicht erforderlich gehalten. In der Empfehlung hieß es, dass aufgrund der eigenen Einschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik sie eine Tätigkeit ausüben solle, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom- Pädagogin orientiere. Sie scheine mit engen Strukturen, Termindruck und straff strukturierten Tätigkeiten Schwierigkeiten zu haben. Es sei daher – sofern organisatorisch möglich – am sinnvollsten, der Klägerin eine andere Tätigkeit anzubieten und den Verlauf abzuwarten.
8Mit Schreiben vom 16. November 2012 teilte Herr T1. für den Beklagten der Klägerin mit, dass er sie vor dem Hintergrund des amtsärztlichen Gutachtens für nicht mehr in der Lage halte, ihre Dienstpflichten im derzeit ausgeübten oder in einem anderen Aufgabenbereich des Ministeriums dauerhaft auszuüben (Bl. 32 f. Heft 1 der Beiakten). Im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ (VfW) solle nunmehr geprüft werden, ob die Möglichkeit einer anderweitigen dienstlichen Verwendung bestehe. Nachdem die Klägerin zunächst an einem Personalgespräch mit dem Projektteam VfW teilgenommen hat, wurden ein Coaching sowie weitere Fortbildungsmaßnahmen, wie zum Beispiel eine Word-Schulung, mit ihr durchgeführt (Bl. 47 ff. Heft 1 der Beiakten).
9Mit Schreiben vom 1. Juli 2013 (Bl. 69 ff. Heft 1 der Beiakten) teilte das Projektteam dem MAIS gegenüber mit, dass eine Vermittlung der Klägerin im Rahmen des Projekts VfW nicht möglich sei. Die ausgeschriebenen Stellen hätten zum Teil nicht ihrer Besoldungsgruppe entsprochen, sich ausschließlich an Tarifbeschäftigte gerichtet, seien nur befristet zu besetzen gewesen oder es hätte durch angemessene Qualifizierungsmaßnahmen nicht erreicht werden können, dass eine fachfremde Beschäftigte die Aufgaben ausfüllend hätte wahrnehmen können. Das Projektteam habe verschiedenste Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung der Klägerin im Verwaltungsbereich an in Frage kommende Dienststellen des Landes geschickt und ihre Bewerbungsmappe an die Fortbildungsakademie des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW (Mont-Cenis) und die Universität Q. weitergeleitet. Der Leiter des Mont-Cenis habe mitgeteilt, dass der Klägerin dort auf absehbare Zeit keine Stelle angeboten werden könne. Ein Einsatz bei der Universität Q. sei ebenfalls nicht möglich gewesen. Ein Einsatz als Lehrkraft an einem Berufskolleg komme laut dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen höchstens bis zur Besoldungsgruppe A 13 BBesO in Betracht und erfordere im Bereich der Schulsozialarbeit eine Lehrbefähigung; hierüber verfüge die Klägerin nicht. Auch beim Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen sei eine Übernahme der Klägerin aufgrund ihrer Besoldungsgruppe A 14 BBesO nicht möglich gewesen.
10Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 wurde die Klägerin von diesem Ergebnis unterrichtet und zu ihrer beabsichtigten Zurruhesetzung angehört (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
11Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2013 (Bl. 82 Heft 1 der Beiakten) wie folgt: Zunächst bestreite sie ausdrücklich, dass sie die Übernahme einer Tätigkeit in der Projektgruppe „Fachliche Begleitung, berufliche Aus- und Weiterbildung“ bei der G.I.B. in C. oder einer anderen Regionalagentur abgelehnt habe. Sie habe vielmehr ausdrücklich ihre Bereitschaft zur Übernahme entsprechender Tätigkeiten erklärt; konkrete Stellenangebote hätten aber nicht vorgelegen. Die Problematik, dass einige Stellen nur für Tarifbeschäftigte ausgeschrieben worden seien, hätte durch ihre Abordnung geregelt werden können. Obwohl die Einrichtung einer Landeskoordinierungsstelle für die kommunalen Integrationszentren geplant gewesen sei, sei sie trotz ihrer fachlichen Eignung nicht für die dort entstandenen Stellen vorgesehen worden. Soweit ihr Einsatz auf Stellen abgelehnt worden sei, weil diese beispielsweise zunächst nur auf fünf Jahre befristet gewesen seien, sei die Ablehnung von vornherein nicht nachvollziehbar.
12Mit Bescheid vom 1. Oktober 2013 versetzte das MAIS die Klägerin in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, nachdem der Personalrat zuvor seine Zustimmung hierzu erteilt hatte und die Gleichstellungsbeauftragte in Kenntnis gesetzt worden war (Bl. 99 Heft 1 der Beiakten). Die Klägerin sei seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens des Gesundheitsamtes des Kreises Q. sei sie auf Dauer nicht mehr in der Lage, ihre Dienstpflichten zu erfüllen. Eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit habe ausweislich des Abschlussberichts des Projektteams VfW ebenfalls nicht bestanden. Die seitens der Klägerin insoweit vorgebrachten Einwendungen könnten zu keiner anderen Entscheidung führen: Die im Rahmen des BEM-Gesprächs angedeutete Möglichkeit, nochmals bei der G.I.B in C. zu arbeiten, habe sie ausdrücklich abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Sie sei nach einer rund siebenmonatigen Tätigkeit in der dortigen Projektgruppe auf eigenen Wunsch umgesetzt worden. Allein vor diesem Hintergrund komme eine erneute Tätigkeit in der Projektgruppe nicht in Betracht. Im Übrigen bestehe insoweit zurzeit und in absehbarer Zukunft kein Personalbedarf. Eine Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Versetzung oder Abordnung sei nur möglich, wenn eine entsprechende Plan- oder Abordnungsstelle vorliege. Eine Vermittlung von Beschäftigten in andere Geschäftsbereiche der Landesverwaltung sei dem Ministerium ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich. Die Stellenführung einer Beamtin auf einer Stelle für Tarifbeschäftigte sei nach den einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften unzulässig.
13Am 26. Oktober 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
14Sie ist der Ansicht, die Versetzung in den Ruhestand beruhe auf einem veralteten Gutachten. Ihr Gesundheitszustand habe sich infolge der seit mehr als einem Jahr erfolgenden ambulanten psychiatrischen Behandlung deutlich stabilisiert und verbessert. Insoweit verweise sie auf die psychotherapeutische Stellungnahme der sie behandelnden Diplom-Psychologin (Bl. 51 der Gerichtsakte). Die Empfehlungen im amtsärztlichen Gutachten stünden zudem im Widerspruch zu der Empfehlung im Entlassungsbericht der Parkklinik I. , wonach eine ambulante psychotherapeutische Behandlung zur Erhaltung der Dienstfähigkeit, Verbesserung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit als erfolgsversprechend bewertet werde. Bereits danach sei sie wieder in der Lage, eine berufliche Tätigkeit mit einer stärkeren pädagogischen Ausrichtung als der administrativen Tätigkeit im Ministerium zu verrichten.
15Zudem sei nicht hinreichend nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit gesucht worden. Insoweit ergänzt die Klägerin ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren dahingehend, dass sowohl beim MAIS als auch bei anderen Dienstbehörden eine ihrem Anforderungsprofil entsprechende anderweitige Verwendung in Betracht gekommen sei. Die zum 1. Dezember 2013 errichtete Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) habe beispielsweise zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld „Supportstelle allgemeine Weiterbildung“ gesucht. Dem Beklagten sei verwehrt, sich auf die Personalhoheit der obersten Landesbehörden zu berufen. Schließlich fehle es an einer Ermessensentscheidung des Beklagten gemäß § 26 Absatz 3 BeamtStG.
16Die Klägerin beantragt,
17den Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung wiederholt der Beklagte seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und vertieft diesen wie folgt:
21Anhaltspunkte dafür, dass die Versetzung in den Ruhestand auf einem veralteten Gutachten beruhe, lägen nicht vor. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens sei eine Nachuntersuchung der Klägerin nicht erforderlich gewesen, da sie auf Dauer nicht in der Lage sei, ihre Dienstpflichten in ihrem letzten oder einem anderen Aufgabenbereich des MAIS bzw. einer anderen obersten Landesbehörde zu erfüllen. Zudem seien von ihr seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen und in regelmäßigen Abständen Dienstunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht worden.
22Schließlich sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin umfassend und ermessensfehlerfrei geprüft worden. Aufgabenbereiche, die sich an der ursprünglichen Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pädagogin orientieren würden, seien nicht vorhanden gewesen. Die Klägerin habe zum einen die Möglichkeit gehabt, sich auf ausgeschriebene Stellen selbst zu bewerben. Zum anderen habe das Projektteam VfW über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten umfangreiche Vermittlungsbemühungen durchgeführt, die ohne Erfolg geblieben seien. Die von der Klägerin erwähnte „landesweite Koordinierungsstelle kommunale Integrationszentren“ sei ein Dezernat der Bezirksregierung B. im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen und gehöre damit nicht zum Zuständigkeitsbereich des MAIS. Gleiches gelte hinsichtlich einer Beschäftigung in einer Regionalagentur. Die Personalauswahl und der Personaleinsatz innerhalb der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen obliege der Personalhoheit der jeweiligen obersten Landesbehörde. Die Abordnung und/oder Versetzung einer Beamtin bzw. eines Beamten in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Ressorts der Landesverwaltung könne daher ausschließlich im Einvernehmen mit der aufnehmenden Dienststelle bzw. der zuständigen obersten Landesbehörde erfolgen.
23Eine Verwendung der Klägerin in einer niedrigeren Besoldungsgruppe bzw. in der Laufbahn des gehobenen Dienstes komme ausweislich des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Funktion, der organisatorischen Einbindung und der Tätigkeitsinhalte nicht in Betracht.
24Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten einschließlich der Personalakten der Klägerin Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Zurruhesetzungsbescheid des MAIS vom 1. Oktober 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
27Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand ist zwar formell rechtmäßig (I.). Sie ist indes materiell rechtswidrig (II.).
28I. Der Zurruhesetzungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die gemäß § 72 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 9 Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespersonalvertretungsgesetz – LPVG) erforderliche Zustimmung des Personalrates liegt vor (Bl. 92 Heft 1 der Beiakten). Die Gleichstellungsbeauftragte ist im Wege der Mitzeichnung ebenfalls ordnungsgemäß beteiligt worden (§ 17 Absatz 1 Halbsatz 1 Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesgleichstellungsgesetz – LGG, Bl. 91 Heft 1 der Beiakten). Die nach § 34 Absatz 1 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) vorgeschriebene Mitteilung über die beabsichtigte Zurruhesetzung ist durch das Schreiben des MAIS vom 18. Juli 2013 erfolgt (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
29II. Die Zurruhesetzung der Klägerin ist aber materiell rechtswidrig. Die Klägerin ist zwar dienstunfähig (1.) Indes ist die nach § 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG gebotene Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin hinter den Anforderungen dieser Vorschrift zurückgeblieben (2.). Überdies hat der Beklagte keine Ermessensentscheidung im Sinne des § 26 Absatz 3 BeamtStG getroffen (3.).
301. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG ist eine Beamtin auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Nach § 33 Absatz 1 Satz 3 LBG NRW beträgt diese Frist sechs Monate.
31Die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ohne seinen Antrag beurteilt sich danach, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist. Bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit ist auf das abstrakt-funktionelle Amt, also hier auf das Amt der Klägerin als Oberregierungsrätin beim MAIS, ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten abzustellen. Für die Feststellung der Dienstunfähigkeit reicht es daher nicht aus, dass die Beamtin den Pflichten ihres bisherigen Dienstpostens nicht mehr gewachsen ist. Dienstunfähigkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Beamtin den Anforderungen keines der für ihr statusrechtliches Amt innerhalb der Behörde vorgesehenen Dienstpostens mehr gerecht werden kann.
32Vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. November 2008 – 2 B 32.08 –, juris, Rn. 4 m.w.N. und vom 28. Juni 1990 – 2 C 18.89 –, juris, Rn. 17 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 45 m.w.N. und vom 17. September 2003 – 1 A 1069/01 –, juris, Rn. 46; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 5 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 23. Juni 2010 – 10 K 648/08 –, juris, Rn. 54; Verwaltungsgericht Arnsberg , Urteil vom 9. Juni 2010 – 2 K 14/08 –, juris, Rn. 35 m.w.N.
33Der Behörde kommt bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist bzw. seine Dienstunfähigkeit aufgrund langfristiger Erkrankung und negativer Prognose vermutet werden kann, kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Das schließt etwaige Feststellungen oder Schlussfolgerungen in ärztlichen Gutachten grundsätzlich mit ein. Auch diese sind vom Gericht in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen. Ärztliche Gutachten müssen zur Frage der Dienstunfähigkeit von Beamten hinreichend und nachvollziehbar begründet sein. Bei der Prüfung nach § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG muss insbesondere plausibel sein, dass keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.
34OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2012 – 1 B 1490/11 –, juris, Rn. 6 und 8; undUrteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 37 m.w.N.
35Gemessen an diesen Grundsätzen war im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vom 1. Oktober 2013 die Annahme gerechtfertigt, dass die Klägerin dienstunfähig i.S.d. § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG war. Die Klägerin war in der Zeit vom 17. Januar 2012 bis zu ihrer Zurruhesetzung im Oktober 2013 durchgehend krankgeschrieben und leistete während dieses Zeitraums – mithin mehr als eineinhalb Jahre – keinen Dienst. Zudem bestand keine Aussicht, dass sie innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wurde. Diese Annahme hat der Beklagte zu Recht auf das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 gestützt.
36Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind. Das setzt voraus, dass ärztliche Gutachten zur Frage der Dienstunfähigkeit hinreichend und nachvollziehbar begründet sind. Ein im Zurruhe-setzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Es muss dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellung-nahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
37BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2014 – 6 A 2006/13 –, juris, Rn. 16 m.w.N. und 4. September 2014 – 1 B 807/14 –, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.; Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 30. Juli 2014 – 2 A 281/12 –, juris, Rn. 38; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 6 f. des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
38Das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 genügt (noch) diesen Anforderungen. Es beruht auf einer eigenen Exploration im Gesundheitsamt am 18. Oktober 2012 sowie auf dem Abschlussbericht über die stationäre Behandlung in der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012 und dem Bericht der die Klägerin behandelnden Psychotherapeutin N. vom 6. August 2012. Die Amtsärztin Dr. L1. , die als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, von ihrer Ausbildung her befähigt ist, psychopathologische Befunde zu erheben, ist auf dieser Erkenntnisgrundlage zu der fachärztlichen Einschätzung gelangt, dass die Klägerin insbesondere an einer depressiven Störung und einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur leidet. Daher sei die Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung nicht in der Lage gewesen, in ihrem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer nicht in der Lage, die Dienstpflichten im derzeitigen Aufgabenbereich zu erfüllen. Das Gericht hat keine Zweifel an der Sachkunde der Amtsärztin. Ihre Ausführungen beruhen zudem auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage und sind in sich stimmig und nachvollziehbar. Insoweit führt die Amtsärztin weitergehend wie folgt aus: Die Klägerin gehe selbst davon aus, dass sie an dem bisherigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einsetzbar sei, indes an einem anderen Arbeitsplatz ihre Leistungsfähigkeit bestehe. Aus den Berichten und ihrer eigenen Schilderung gehe hervor, dass sie mit dieser Arbeit überfordert sei und die damit verbundenen Konflikte zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Die Klägerin solle nach eigener Einschätzung und der Empfehlung der Klinik eine Arbeit ausüben, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin orientiere. Inwieweit diese Einschätzung zutreffe müsse aber abgewartet werden.
39Das Gutachten scheidet auch nicht deshalb als medizinische Grundlage für die Feststellung der Dienstunfähigkeit aus, weil die Untersuchungen im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand schon mehr als ein Jahr zurücklagen. Grundsätzlich ist die Zurruhesetzung einer Beamtin zwar auf eine aktuelle medizinische Tatsachengrundlage zu stellen. Das Ergebnis einer länger zurückliegenden Untersuchung genügt als Grundlage allerdings dann, wenn – im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides – eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustands der Beamtin nicht zu erwarten ist und belastbare Anhaltspunkte für eine solche Veränderung weder von dem Beamten selbst vorgebracht wurden noch sonst ersichtlich sind.
40Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 29. November 2007 – 8 K 3505/05 –, juris, Rn. 64.
41So liegt es im vorliegenden Fall. Dass eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustandes der Beamtin nicht zu erwarten war, ergibt sich bereits aus dem amtsärztlichen Gutachten selbst, wonach es keiner Nachuntersuchung bedurfte. Dieses Ergebnis des Gutachtens wird zudem getragen von der eigenen Einlassung der Klägerin, die bereits im Rahmen des BEM-Gesprächs vom 16. Juli 2012 eine Beschäftigung innerhalb des Ministeriums ausgeschlossen hatte, und dem Abschlussbericht der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012. Darin wurde eine Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich – mit Bezug zu ihrer ursprünglichen Profession – empfohlen, da eine Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz einen Rückfall befürchten lasse.
42Überdies fehlt es an belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bis zu ihrer Zurruhesetzung positiv verändert hat. Die Klägerin hat vor dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheides – im Rahmen ihrer Anhörung – nichts zu ihrem Gesundheitszustand vorgetragen. Unabhängig davon, dass die psychotherapeutische Stellungnahme der die Klägerin behandelnden Diplom-Psychologin N. vom 20. April 2014 erst viel später eingereicht und auch erstellt worden und damit mit Blick auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt unerheblich ist, lassen sich auch dieser keine dahingehenden Anhaltspunkte entnehmen. Darin heißt es zwar, dass im Behandlungsverlauf eine deutliche Stabilisierung hinsichtlich der psychosomatischen und depressiven Symptomatik eingetreten sei. Diese basiere indes zum Teil darauf, dass die Klägerin nicht mehr an ihren alten Arbeitsplatz habe zurückkehren müssen. Aus Sicht der Diplom-Psychologin sei die Klägerin zumindest in einem Bereich, der ihrer beruflichen Identität entspreche, einsatzfähig. Zu der Frage, ob sie hingegen auch in ihrem jetzigen Aufgabenbereich im MAIS wieder einsatzfähig wäre, und zwar ohne dass ein Rückfall zu befürchten wäre, enthält das Gutachten hingegen keine Ausführungen. Darauf allein kommt es vorliegend aber an.
43Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die amtsärztlichen Feststellungen durch den langjährigen Krankheitsverlauf der Klägerin bestätigt wurden. Seit dem 17. Januar 2012 bis zur letzten behördlichen Entscheidung am 1. Oktober 2013 war die Klägerin weiterhin dauernd dienstunfähig.
442. Allerdings ist der Beklagte seinen Pflichten aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Das ist gemäß § 26 Absatz 2 Satz 1 BeamtStG der Fall, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Nach Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift ist die Übertragung eines anderen Amtes in den Fällen des Satzes 1 ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mindestens mit demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Nach Absatz 2 Satz 3 haben Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
45§ 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG sind Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung". Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann.
46Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21, unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/5372, S. 33 und 13/3994, S. 33; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 69; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 13 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 29 f.
47Die Vorschriften sind Teil der vielfältigen Bemühungen des Gesetzgebers, Pensionierungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze soweit wie möglich zu vermeiden. Hierzu gehören auch die Weiterverwendung begrenzt dienstfähiger Beamter nach § 27 BeamtStG und die Reaktivierung von Ruhestandsbeamten nach § 29 BeamtStG, § 35 LBG.
48Ebenso zu §§ 42a, 42 Absatz 3 und § 45 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 71; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 31 f.
49Da § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG an die Dienstunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 anknüpft, kann eine anderweitige Verwendung im Sinne der Vorschrift nur die Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen bzw. im konkret-funktionellen Sinne bedeuten, welches nicht dem bisherigen statusrechtlichen Amt des dienstunfähigen Beamten zugeordnet ist. Demzufolge ist eine anderweitige Verwendung im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde möglich, wenn dem Beamten dort gleichwertige Funktionsämter einer anderen Laufbahn übertragen werden können. Steht ein dem bisherigen Statusamt entsprechender anderer Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde zur Verfügung, fehlt es dagegen bereits an der Dienstunfähigkeit im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG (s.o.). Der Anwendungsbereich des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hat im Übrigen nicht nur einen Einsatz bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde im Blick. Er betrifft vielmehr auch gerade solche anderweitigen Verwendungen, die mit der Versetzung zu einer anderen Behörde verbunden sind. Bei dieser muss dem Beamten ein neues statusrechtliches Amt gleicher Wertigkeit verliehen werden, wenn er nicht auf einem Dienstposten eingesetzt wird, der dem bisherigen statusrechtlichen Amt zugeordnet ist. Neue Funktionsämter, die nicht dem bisherigen Amt im statusrechtlichen Sinne zugeordnet sind, können nur unter Verleihung des entsprechenden Amtes im statusrechtlichen Sinne übertragen werden.
50Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 73; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 33 f.
51§ 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG begründet zugleich die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar.
52Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 75; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 38 f.
53Eine Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit i.S.v. § 26 Abs. 2 BeamtStG zu suchen, besteht nur dann nicht, wenn aufgrund des Gesundheitszustandes des Beamten eine anderweitige Verwendung von vornherein ausgeschlossen ist. Der Dienstherr kann sich jedoch nur dann darauf berufen, nicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit verpflichtet zu sein, wenn seine Annahme einer fehlenden anderweitigen Verwendungsmöglichkeit auf tragfähigen Feststellungen gründet.
54Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. August 2012 – 6 A 2559/11 –, juris, Rn. 8 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Juli 2011 – 6 A 1581/10 –, juris, Rn. 6.
55Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Zwar lässt sich dem Gutachten auch keine positive Feststellung dahingehend entnehmen, dass der Gesundheitszustand sicher eine anderweitige Verwendung der Klägerin erlaubt. Solange aber auch nicht das Gegenteil feststeht, entfällt auch nicht die Suchpflicht des Dienstherrn. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Aussagen zur Dienstunfähigkeit allein auf das gegenwärtig innegehabte Amt im abstrakt-funktionellen Sinne beziehen und die anderen durch § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG angesprochenen Verwendungsmöglichkeiten ausblenden. Aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012 folgt lediglich, dass die Klägerin nicht mehr zur Ausübung ihrer Dienstpflichten in ihrem damaligen Aufgabenbereich beim MAIS in der Lage gewesen sei. Dem Gutachten lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die Klägerin aufgrund ihrer psychischen Leiden auch nicht mehr in der Lage ist, anderweitige Tätigkeiten auszuüben. Vielmehr hat die Gutachterin unter Bezugnahme auf die Selbsteinschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik ausdrücklich empfohlen, ihr – sofern organisatorisch möglich – eine andere, an ihrer ursprünglichen Ausbildung orientierte, Tätigkeit anzubieten und den weiteren Verlauf abzuwarten. Damit hält sie eine solche Tätigkeit offenbar für möglich.
56Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht der Klägerin obliegt substantiiert vorzutragen zu welchen Tätigkeiten sie gesundheitlich (noch) in der Lage ist. Vielmehr muss der Beklagte auf Grundlage tragfähiger Feststellungen – notfalls durch Einholung weiterer amtsärztlicher Gutachten – darlegen, welche Tätigkeiten von der Klägerin nicht mehr ausgeübt werden können, um von seiner Suchpflicht (teilweise) befreit zu werden.
57Die Suche nach einer § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 26 Absatz 2 Satz 2 BeamtStG, wonach die Übertragung eines anderen Amtes zulässig ist, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann. Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG nicht herleiten. Auch die amtliche Gesetzesbegründung enthält keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist.
58Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/4027, S. 28 f., zu § 27 des Entwurfs; ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 28; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 78; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 40 f.
59Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung darf sich nicht nur auf aktuell freie Stellen beschränken. Vielmehr muss sie sich auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit – etwa innerhalb eines Jahres – voraussichtlich neu zu besetzen sind. Denn eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 26 Absatz 2 BeamtStG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht und die dazu erforderliche Laufbahnbefähigung erst nach einer – ggf. längeren – Unterweisungszeit erworben werden kann.
60Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 29; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 42 f.
61Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird durch den Wortlaut des § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG verdeutlicht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Fällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist.
62Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 77; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 35 f.
63Nach alledem ist es – auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten die Vorgaben des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zu Lasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die erforderliche Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
64Ebenso mit Blick auf § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 –, BVerwGE 124, 99, 108 f., und vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 32; OVG NRW, Urteile vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 –, juris, Rn. 66, und vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 81; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 44 f.
65Das erkennende Gericht vermag nicht festzustellen, dass der Beklagte seiner Suchpflicht gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hinreichend nachgekommen ist. Vielmehr hat der Beklagte seine Suchpflicht verletzt, indem er die Klägerin in unzulässiger Weise auf die Möglichkeit zur Bewerbung auf freie Dienstposten verwiesen und die mangelnde anderweitige Verwendungsmöglichkeit mit der fehlenden Zustimmung der anderen Dienstbehörden bzw. mit der bevorzugten Auswahl anderer Personen nach Maßgabe des Bestenausleseprinzips begründet hat.
66Die Suchpflicht des Dienstherrn darf sich nicht auf die bloße Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Es kommt nicht darauf an, ob Verwendungen im Bereich einer anderen obersten Dienstbehörde deren Zustimmung bedürfen, da diese Behörde über die Erteilung der Zustimmung unter Beachtung der Verpflichtung des Dienstherrn aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG zu entscheiden und daher im Regelfall die erforderliche Zustimmung zu erteilen hat, wenn dadurch die Weiterbeschäftigung möglich wird. Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt. Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn, mithin des Landes Nordrhein-Westfalen, ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte daher auf diesem Dienstposten im Wege der Versetzung zu verwenden. Etwaige Differenzen zwischen Behörden desselben Dienstherrn sind Interna des zur Stellensuche Verpflichteten, die nicht zu Lasten des Beamten geltend gemacht werden können. Anders sieht es lediglich hinsichtlich einer dienstherrenübergreifende Versetzung aus. Auch ein an Artikel 33 Absatz 2 GG orientiertes Stellenausschreibungsverfahren hat von vornherein zu unterbleiben. Eine Ausrichtung am Bestenausleseprinzip ist unzulässig, da allein darüber zu entscheiden ist, der Beamtin bzw. dem Beamten eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
67BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris, Rn. 4 und Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 41; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris, Rn. 28; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 13. November 2014 – 2 K 730/11 –, juris, Rn. 24; Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 29. Februar 2008 – 9 E 941/07 –, juris, Rn. 43; v. Roetteken, in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, § 26, Rn. 130 f. m.w.N.
68Der Beklagte ist aber ausweislich der Begründung im Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 – und der schriftsätzlichen Einlassung im Gerichtsverfahren – davon ausgegangen, dass „die zuständigen Dienststellen – nach dem Grundsatz der Bestenauslese – in eigener Zuständigkeit über ihre Stellenbesetzung [entscheiden]“. Daher sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin in anderen Geschäftsbereichen der Landesverwaltung ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich gewesen. Die von der Klägerin beispielhaft gewünschte Verwendung bei der „Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunaler Integrationszentren“ könne nur im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens, über das die Bezirksregierung B. in eigener Zuständigkeit entscheide, erfolgen. Insoweit reduzierten sich die Bemühungen des Beklagten lediglich auf entsprechende Nachfragen bei in Frage kommenden Dienstbehörden. Sofern entsprechende Stellen vorhanden waren, sind diese nicht mit der Antragstellerin im Wege der Versetzung besetzt worden. Vielmehr ist die Antragstellerin darauf verwiesen worden, sich hierauf zu bewerben. So wurde beispielsweise bei der QUA-LiS NRW, die erst zum 1. Dezember 2013 im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung errichtet worden ist, zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld Supportstelle Allgemeine Weiterbildung gesucht. Das Anforderungsprofil entsprach dem der Klägerin; insbesondere bedurfte es auch keiner Lehramtbefähigung. Die Klägerin wurde daher auf ihre Bewerbung hin in das Auswahlverfahren einbezogen, die Auswahlentscheidung fiel aber nach Maßgabe des – in unzulässiger Weise angewandten – Bestenausleseprinzips zugunsten einer Mitbewerberin aus. Die Klägerin hat gegen die Besetzung des Dienstpostens mit der Mitbewerberin beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt (13 L 1338/14); der Dienstposten ist aber – in Verkennung der in der Rechtsprechung anerkannten Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung – bereits vor Ablauf der Wartezeit mit der Mitbewerberin besetzt worden.
69Dem Gericht erschließt sich in diesem Zusammenhang überdies nicht, wieso befristet ausgeschriebene Stellen von vornherein unberücksichtigt geblieben sind. Zum einen besteht bei einer Befristung oftmals die Möglichkeit diese zu verlängern. Zum anderen hätte der Beklagte während der Befristung bzw. zum Ende der Befristung nach anderen freien Dienststellen suchen müssen.
703.Überdies hat es der Beklagte versäumt, eine Ermessensentscheidung nach § 26 Absatz 3 BeamtStG zu treffen. Danach kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Nach dieser Vorschrift kann dem Beamten folglich eine Tätigkeit übertragen werden, die in ihrer Wertigkeit nicht seinem abstrakt-funktionellen Amt entspricht; wobei er sein abstrakt-funktionelles Amt trotzdem behält. Bei der Ermessensausübung ist einerseits das öffentliche Interesse daran, den Beamten nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzen zu müssen und dadurch Versorgungsmittel einzusparen, zu berücksichtigen. Andererseits sind aus Gründen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und im Hinblick darauf, dass dem Beamten die geringerwertige Tätigkeit ohne seine Zustimmung übertragen werden kann, die schutzwürdigen Belange des Beamten, z.B. in gesundheitlicher Hinsicht, zu beachten.
71Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 12. August 2013 – 1 A 274/12 –, juris, Rn. 25 m.w.N.
72Der Beklagte hat ausweislich des streitgegenständlichen Zurruhesetzungsbescheides Dienstposten, die der Besoldungsgruppe A 13 BBesO entsprachen, von vornherein nicht in Betracht gezogen („Die ausgeschriebenen Stellen entsprachen jedoch zum Teil nicht ihrer derzeitigen Besoldungsgruppe“) und damit das ihm durch § 26 Absatz 3 BeamtStG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt (Ermessensausfall). Hieran vermag auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte E-Mail vom 29. Januar 2015, woraus sich ergibt, dass das Projektteam auch einen unterwertigen Einsatz der Klägerin überprüft habe, nichts zu ändern. Denn der Inhalt der E-Mail – der insoweit im Widerspruch zu dem Abschlussbericht des Projektteams vom 1. Juli 2013 steht, wonach die ausgeschriebenen Stellen zum Teil nicht der Besoldungsgruppe A 14 BBesO entsprochen hätten, ist dem MAIS erst nach Erlass des Zurruhesetzungsbescheides bekannt geworden; er konnte mit anderen Worten daher bei der Entscheidung über die Zurruhesetzung der Klägerin noch gar nicht berücksichtigt worden sein. Insoweit scheidet auch ein Ergänzen der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO aus, da die Norm in Fällen, in denen das Ermessen noch gar nicht ausgeübt worden ist, keine Anwendung findet.
73Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 114, Rn. 50 m.w.N.
74Kommt es auf den Inhalt der E-Mail im Ergebnis also nicht an, da er als wahr unterstellt werden kann, ohne dass sich dies auf das Ergebnis der Entscheidung auswirken würde, bedarf es auch keiner weitergehenden Zeugenvernehmung des Leiters des Projektteams VfW.
75Entgegen der Ansicht des Beklagten ist auch nicht ersichtlich, dass sämtliche geringerwertige Tätigkeiten beim Dienstherrn von vornherein aufgrund des gesundheitlichen Zustandes der Klägerin nicht in Betracht kamen. Zwar heißt es in dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012, dass die Klägerin mit engen Strukturen (Termindruck und straffes Strukturieren von Tätigkeiten) ihre Schwierigkeiten zu haben scheint. Die Amtsärztin stellt aber nicht fest, dass die Klägerin generell zur Ausübung von eng(er) strukturierten Tätigkeiten nicht (mehr) in der Lage ist (hierzu siehe auch schon oben). Zudem trägt der Beklagte weder hinreichend substantiiert vor, noch ist sonst ersichtlich, dass jegliche in Betracht kommenden geringerwertigen Tätigkeiten derart eng strukturiert sind, dass der Gesundheitszustand der Klägerin einer Ausübung entgegenstünde. Das Gericht entnimmt den Ausführungen der Amtsärztin vielmehr, dass ein wesentlicher Faktor für die Erkrankung der Klägerin – neben den Besonderheiten einer Tätigkeit in einem Ministerium – zumindest auch der fehlende Bezug ihrer Tätigkeit beim MAIS zu ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin gewesen ist.
76Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
77Beschluss:
78Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000 Euro festgesetzt.
79Gründe:
80Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
- 2
-
Der 1968 geborene Kläger steht als Studienrat mit der Lehrbefähigung für Musik seit 2000 als Beamter auf Lebenszeit (BesGr A 13 LBesO) im Dienst des Beklagten. Zuletzt war er an einem Gymnasium tätig und unterrichtete ausschließlich das Fach Musik.
- 3
-
Nach dem gehäuften Auftreten von Fehltagen veranlasste der Beklagte im Herbst 2006 erstmals eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers. Der zuständige Amtsarzt, ein Psychiater, diagnostizierte eine leichte chronische seelische Störung und hielt den Kläger für in der Lage, 16 Wochenstunden zu unterrichten. Im Juni 2007 erkrankte der Kläger erneut für längere Zeit. Die vom Beklagten daraufhin veranlasste amtsärztliche Untersuchung führte ein Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen durch, der im Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 eine "chronifizierte seelische Störung" feststellte. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Beruf als Lehrer auszuüben. Für anderweitige Tätigkeiten im öffentlichen Dienst ohne Kontakt mit Schülern sei er hingegen uneingeschränkt leistungsfähig. Erläuterungen oder Herleitungen dieser Ergebnisse enthielt das amtsärztliche Zeugnis nicht.
- 4
-
Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus sah in seinem Ressort keine Verwendungsmöglichkeit, da für den Kläger zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung und auch später keine geeigneten und statusgemäßen Stellen frei waren. Eine von ihm an die Staatskanzlei und die anderen Ressorts gerichtete schriftliche Suchanfrage bezüglich einer anderweitigen Verwendung des Klägers endete mit dem Satz: "Das Staatsministerium geht von einer Fehlanzeige aus, wenn nicht innerhalb von vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens eine Rückmeldung Ihres Hauses erfolgt." Die Ressorts reagierten auf diese Suchanfrage nicht.
- 5
-
Der Beklagte versetzte den Kläger wegen Dienstunfähigkeit mit Wirkung zum 1. September 2008 in den Ruhestand. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner durch Beschluss ergangenen Entscheidung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Der Kläger sei dienstunfähig, weil er aufgrund seiner seelischen Störung nicht mehr in der Lage sei, den Beruf als Lehrer auszuüben. Der Beklagte sei auch seiner Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers nachgekommen.
- 6
-
Mit der Revision beantragt der Kläger,
-
den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 24. März 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2008 aufzuheben.
- 7
-
Der Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision des Klägers ist begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), weil die vorzeitige Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ohne hinreichende Klärung seiner anderweitigen Verwendbarkeit gegen den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" verstößt.
- 9
-
1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist Art. 56 Bayerisches Beamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998 (GVBl 702), in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 10) gültigen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 2003 (GVBl S. 374, künftig: BayBG a.F.).
- 10
-
Gemäß Art. 56 Abs. 1 Satz 1 BayBG a.F. ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 17). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, soll er für begrenzt dienstfähig erklärt werden (Art. 56a BayBG a.F.; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 Rn. 11 und vom 27. März 2014 - 2 C 50.11 - BVerwGE 149, 244 Rn. 26).
- 11
-
Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt.
- 12
-
Den Gesundheitszustand des Beamten feststellen und medizinisch bewerten muss der Arzt, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 18 m.w.N.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - RiA 2012, 165 f.). Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (stRspr, BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 31 sowie zuletzt Beschluss vom 13. März 2014 - 2 B 49.12 - juris Rn. 8 f.).
- 13
-
Die hier im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 der Sache nach bescheinigte "Schülerphobie" genügt diesen Anforderungen nicht. Die Einschätzung des Amtsarztes, der Kläger leide an einer chronifizierten seelischen Störung, die einen Kontakt mit Schülern ausschließe und es ihm unmöglich mache, den Lehrerberuf weiter auszuüben, ist nicht auf tatsächliche Umstände gestützt, die die Feststellung, dem Kläger sei ein Schülerkontakt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar, plausibel machen könnten. Die entsprechenden Mitteilungen im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 sind weder aus sich heraus verständlich noch nachvollziehbar. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass nur dreizehn Monate zuvor ein anderer Amtsarzt als Facharzt für Psychiatrie beim Kläger bei ähnlicher Diagnose noch zu dem Ergebnis gekommen war, seine psychosoziale Leistungsfähigkeit als Lehrer sei zwar reduziert, reiche aber noch für 16 Unterrichtsstunden wöchentlich bei bis zu vier Unterrichtsstunden täglich aus. Eine fundierte Aussage zum Umfang der gesundheitsbedingten Einschränkungen hätte unter diesen Voraussetzungen einer zusätzlichen fachpsychiatrischen Untersuchung und Begutachtung bedurft.
- 14
-
Dessen ungeachtet hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner chronifizierten seelischen Störung dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, den Beruf als Lehrer auszuüben. An diese tatsächliche Feststellung ist das Bundesverwaltungsgericht mangels entsprechender Rügen des Klägers gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden und hat sie seiner rechtlichen Betrachtung zugrunde zu legen. Damit ist von einer dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers auszugehen.
- 15
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2. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Von einer Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit soll nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 BayBG a.F. abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben, einer entsprechenden, gleichwertigen oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 2 BayBG a.F. ist in Fällen des Satzes 1 die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amts genügt. Damit hat der Gesetzgeber den Dienstherrn die Verpflichtung auferlegt, für dienstunfähige Beamte nach anderweitigen, ihnen gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendungen zu suchen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff. zu § 42 Abs. 3 BBG a.F.). Erst wenn feststeht, dass der in seiner Beschäftigungsbehörde dienstunfähige Beamte auch nicht anderweitig von seinem Dienstherrn eingesetzt werden kann, darf er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff.).
- 16
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Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird auch durch den Wortlaut des Satzes 1 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. zum Ausdruck gebracht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 26).
- 17
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Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.
- 18
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Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 29).
- 19
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Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.
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Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).
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Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. Zwar wird in der Anfrage der Sachverhalt zutreffend dahin erläutert, dass der Kläger krankheitsbedingt nur den Beruf des Lehrers nicht mehr ausüben kann, er innerhalb der öffentlichen Verwaltung, aber außerhalb des Schuldienstes, jedoch vollschichtig einsatzfähig ist. Außerdem ist die Anfrage an die Personalabteilungen der anderen Ressorts und an die Staatskanzlei adressiert; sie deckt damit den gesamten Verwaltungsbereich des Beklagten ab. Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.
- 22
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In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - IÖD 2012, 122 <123>).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
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Der 1968 geborene Kläger steht als Studienrat mit der Lehrbefähigung für Musik seit 2000 als Beamter auf Lebenszeit (BesGr A 13 LBesO) im Dienst des Beklagten. Zuletzt war er an einem Gymnasium tätig und unterrichtete ausschließlich das Fach Musik.
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Nach dem gehäuften Auftreten von Fehltagen veranlasste der Beklagte im Herbst 2006 erstmals eine amtsärztliche Untersuchung des Klägers. Der zuständige Amtsarzt, ein Psychiater, diagnostizierte eine leichte chronische seelische Störung und hielt den Kläger für in der Lage, 16 Wochenstunden zu unterrichten. Im Juni 2007 erkrankte der Kläger erneut für längere Zeit. Die vom Beklagten daraufhin veranlasste amtsärztliche Untersuchung führte ein Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen durch, der im Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 eine "chronifizierte seelische Störung" feststellte. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den Beruf als Lehrer auszuüben. Für anderweitige Tätigkeiten im öffentlichen Dienst ohne Kontakt mit Schülern sei er hingegen uneingeschränkt leistungsfähig. Erläuterungen oder Herleitungen dieser Ergebnisse enthielt das amtsärztliche Zeugnis nicht.
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Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus sah in seinem Ressort keine Verwendungsmöglichkeit, da für den Kläger zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung und auch später keine geeigneten und statusgemäßen Stellen frei waren. Eine von ihm an die Staatskanzlei und die anderen Ressorts gerichtete schriftliche Suchanfrage bezüglich einer anderweitigen Verwendung des Klägers endete mit dem Satz: "Das Staatsministerium geht von einer Fehlanzeige aus, wenn nicht innerhalb von vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens eine Rückmeldung Ihres Hauses erfolgt." Die Ressorts reagierten auf diese Suchanfrage nicht.
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Der Beklagte versetzte den Kläger wegen Dienstunfähigkeit mit Wirkung zum 1. September 2008 in den Ruhestand. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner durch Beschluss ergangenen Entscheidung insbesondere darauf verwiesen, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zurruhesetzung eines Beamten sei. Der Kläger sei dienstunfähig, weil er aufgrund seiner seelischen Störung nicht mehr in der Lage sei, den Beruf als Lehrer auszuüben. Der Beklagte sei auch seiner Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers nachgekommen.
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Mit der Revision beantragt der Kläger,
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den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 24. März 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2008 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), weil die vorzeitige Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ohne hinreichende Klärung seiner anderweitigen Verwendbarkeit gegen den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" verstößt.
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1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist Art. 56 Bayerisches Beamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998 (GVBl 702), in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 10) gültigen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 2003 (GVBl S. 374, künftig: BayBG a.F.).
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Gemäß Art. 56 Abs. 1 Satz 1 BayBG a.F. ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 17). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, soll er für begrenzt dienstfähig erklärt werden (Art. 56a BayBG a.F.; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 - Buchholz 237.6 § 54 NdsLBG Nr. 3 Rn. 11 und vom 27. März 2014 - 2 C 50.11 - BVerwGE 149, 244 Rn. 26).
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Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt.
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Den Gesundheitszustand des Beamten feststellen und medizinisch bewerten muss der Arzt, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 18 m.w.N.; hierzu auch Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - RiA 2012, 165 f.). Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (stRspr, BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204 Rn. 31 sowie zuletzt Beschluss vom 13. März 2014 - 2 B 49.12 - juris Rn. 8 f.).
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Die hier im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 der Sache nach bescheinigte "Schülerphobie" genügt diesen Anforderungen nicht. Die Einschätzung des Amtsarztes, der Kläger leide an einer chronifizierten seelischen Störung, die einen Kontakt mit Schülern ausschließe und es ihm unmöglich mache, den Lehrerberuf weiter auszuüben, ist nicht auf tatsächliche Umstände gestützt, die die Feststellung, dem Kläger sei ein Schülerkontakt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar, plausibel machen könnten. Die entsprechenden Mitteilungen im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 28. November 2007 sind weder aus sich heraus verständlich noch nachvollziehbar. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass nur dreizehn Monate zuvor ein anderer Amtsarzt als Facharzt für Psychiatrie beim Kläger bei ähnlicher Diagnose noch zu dem Ergebnis gekommen war, seine psychosoziale Leistungsfähigkeit als Lehrer sei zwar reduziert, reiche aber noch für 16 Unterrichtsstunden wöchentlich bei bis zu vier Unterrichtsstunden täglich aus. Eine fundierte Aussage zum Umfang der gesundheitsbedingten Einschränkungen hätte unter diesen Voraussetzungen einer zusätzlichen fachpsychiatrischen Untersuchung und Begutachtung bedurft.
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Dessen ungeachtet hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner chronifizierten seelischen Störung dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, den Beruf als Lehrer auszuüben. An diese tatsächliche Feststellung ist das Bundesverwaltungsgericht mangels entsprechender Rügen des Klägers gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden und hat sie seiner rechtlichen Betrachtung zugrunde zu legen. Damit ist von einer dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers auszugehen.
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2. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Von einer Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit soll nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 BayBG a.F. abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben, einer entsprechenden, gleichwertigen oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Gemäß Art. 56 Abs. 4 Satz 2 BayBG a.F. ist in Fällen des Satzes 1 die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amts genügt. Damit hat der Gesetzgeber den Dienstherrn die Verpflichtung auferlegt, für dienstunfähige Beamte nach anderweitigen, ihnen gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendungen zu suchen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff. zu § 42 Abs. 3 BBG a.F.). Erst wenn feststeht, dass der in seiner Beschäftigungsbehörde dienstunfähige Beamte auch nicht anderweitig von seinem Dienstherrn eingesetzt werden kann, darf er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 25 ff.).
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Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird auch durch den Wortlaut des Satzes 1 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. zum Ausdruck gebracht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 26).
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Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.
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Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 Rn. 29).
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Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.
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Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).
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Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. Zwar wird in der Anfrage der Sachverhalt zutreffend dahin erläutert, dass der Kläger krankheitsbedingt nur den Beruf des Lehrers nicht mehr ausüben kann, er innerhalb der öffentlichen Verwaltung, aber außerhalb des Schuldienstes, jedoch vollschichtig einsatzfähig ist. Außerdem ist die Anfrage an die Personalabteilungen der anderen Ressorts und an die Staatskanzlei adressiert; sie deckt damit den gesamten Verwaltungsbereich des Beklagten ab. Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.
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In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 - IÖD 2012, 122 <123>).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe
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Nachdem die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie den angefochtenen Bescheid aufgehoben hat und damit dem Klagebegehren in vollem Umfang nachgekommen ist. Das entspricht auch der Rechtslage, weil der Bescheid den rechtlichen Anforderungen an einen Bescheid, der die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand verfügt, nicht genügt.
- 2
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Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 BBG setzt voraus, dass der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft außerstande ist. Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht der Dienstposten, sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 Rn. 14 m.w.N.). Die Verantwortung zur Feststellung der Dienstunfähigkeit hat die Behörde, nicht der Amtsarzt. Sie muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 23). Das setzt voraus, dass sie fachärztliche Äußerungen, die der Stellungnahme des Amtsarztes zugrunde liegen, zur Kenntnis nimmt und würdigt. Ein amtsärztliches Gutachten muss den im Beschluss vom 20. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.10 - (juris Rn. 5) formulierten Anforderungen genügen.
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Gegebenenfalls ist eine Anhörung der Schwerbehindertenvertretung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2, § 68 Abs. 1, § 73 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
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Bei der Frage der anderweitigen Verwendung nach § 44 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BBG ist dem in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" Rechnung zu tragen. Die Suche nach einem anderen Amt muss diesem Grundsatz in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen. In dem Senatsurteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - (a.a.O. Rn. 25) sind insoweit zu beachtende Anforderungen ausgeführt. So muss sich die Suche regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn erstrecken; im Einzelfall kann sich insbesondere unter Fürsorgeaspekten eine räumliche Begrenzung, wie hier auf Berlin, ergeben. Außerdem muss die Suche nach einer anderweitigen Verwendung sich auch auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit neu zu besetzen sind; der insoweit zu betrachtende Zeitraum ergibt sich aus der für den Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung erforderlichen Zeit. Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte auf diesem Dienstposten zu verwenden. Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt. Zur Suchpflicht gehört auch eine Nachfrage bei einer anderen Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt. Schließlich ist dann, wenn die Suche nach einer anderweitigen Verwendung nach § 44 Abs. 2 BBG auch unter Beachtung der insoweit zu stellenden Anforderungen erfolglos geblieben ist, vor der Versetzung des Beamten in den Ruhestand zu prüfen, ob dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden kann (§ 44 Abs. 3 BBG) und ob er auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden kann (§ 44 Abs. 4 BBG).
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die 1975 geborene, mittlerweile 40-jährige Klägerin trat 1994 in den Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein und absolvierte eine Ausbildung im mittleren Dienst der Finanzverwaltung. Nach bestandener Laufbahnprüfung im August 1996 war sie seit Dezember 1996 an ihrer jetzigen Dienststelle, dem Finanzamt C. H. , beschäftigt. Im Anschluss an die im Jahr 2007 bestandene Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst war sie zunächst in wechselnden Einsatzgebieten tätig. Ab Dezember 2008 war sie für die Steuerfestsetzung von natürlichen Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit in einem Veranlagungsbezirk zuständig. Zuletzt wurde sie am 27. April 2009 zur Steuerinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) befördert.
3Die Klägerin war in den Jahren 2010 bis 2011 unter anderem vom 25. Januar bis zum 26. Februar 2010 sowie vom 11. bis zum 22. Juli 2011, im Jahr 2012 an 184 Arbeitstagen und im Jahr 2013 an 83 Arbeitstagen dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 28. März 2012 entband sie der Leiter des Finanzamtes C. H. wegen Dienstunfähigkeit von den Dienstgeschäften. Bereits mit Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hatte er ein Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeleitet. Dabei hatte er darauf verwiesen, dass sie seit Beginn ihres Einsatzes den Arbeitsanforderungen ihres Arbeitsbereiches nicht gerecht werde. Darüber hinaus sei es am 25. Januar 2010 zu einem Vorfall gekommen, in dessen Verlauf sie akustische Halluzinationen und die Befürchtung eines gegen sie gerichteten Mordkomplotts von Kollegenseite geschildert habe. Nach einer Wiedereingliederung unter psychiatrischer Begleitung habe sich an ihrer Überforderung auch nach einem Zuständigkeitswechsel nichts geändert. Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sei wenig verständnisvoll. Auf Kritik reagiere sie eher aggressiv.
4Der von der Amtsärztin hinzugezogene Facharzt für Psychiatrie X. E. kam in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 zu folgendem Ergebnis:
5„Aus psychiatrischer Sicht ist diagnostisch von einer Persönlichkeit mit emotional instabilen und paranoiden Anteilen auszugehen. Es kommt zu erheblichen Einschränkungen der Beziehungsfähigkeit, sodass Publikumsverkehr nicht möglich ist. Bei fehlender Krankheitseinsicht, wie es bei Persönlichkeitsstörungen in der Regel der Fall ist, ist eine therapeutische Zugänglichkeit kaum möglich. Offenbar hat es mindestens eine psychotische Episode zumindest mit wahnhaften Verkennungen gegeben, sodass unter diesem Eindruck zeitweise eine psychiatrisch medikamentöse Behandlung durchgeführt wurde. Die erheblichen Beziehungsstörungen schränken die Dienstfähigkeit insbesondere im Bereich des kollegialen Miteinanders ein. Offenbar wird nach Mitteilung des Dienstherrn auch die erforderte Leistung nicht gebracht, sodass vermutet werden kann, dass durch die am Arbeitsplatz entstehenden Anpassungsstörungen an die kollegiale Gemeinschaft, es zu kognitiven Einschränkungen kommt, die zu einer Leistungsminderung führen. Hinweise dazu bot das hier auffällige sehr schnelle Denk- und Sprachtempo, dem kaum zu folgen war, ohne dass sich allerdings inhaltliche Auffälligkeiten ergaben.
6Aus psychiatrischer Sicht besteht daher eine Einschränkung der Dienstfähigkeit hinsichtlich der Fähigkeit mit Publikum, aber auch Kollegen umzugehen, sodass es sich empfehlen würde, eine Arbeit vorzusehen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten auftreten und wobei Arbeitstempo und Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen. Insofern kann die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für ihre Laufbahn aus psychiatrischer Sicht derzeit verneint werden und die oben genannten arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen wären geeignet, um eine weitere Gefährdung der Gesundheit zu vermindern. Bei fehlender Krankheitseinsicht ist derzeit keine psychotherapeutische oder pharmakologische Therapie möglich, sodass mit einem Andauern des gegenwärtigen Gesundheitszustandes gerechnet werden muss.“
7Auf der Grundlage dieses fachärztlichen Zusatzgutachtens und der am 20. Januar 2012 durchgeführten eigenen Untersuchung der Klägerin kam die Amtsärztin Dr. T. in ihrem Gutachten vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei wegen einer Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Die Wiederherstellung innerhalb eines längeren Zeitraumes erscheine nicht wahrscheinlich. Die Beamtin werde für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. Im Falle der vorzeitigen Zurruhesetzung werde eine Nachuntersuchung vor Ablauf von drei Jahren für nicht zweckmäßig gehalten. Der Beamtin sei eine Tätigkeit zu empfehlen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten aufträten und das Arbeitstempo und die Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen sollten. Die Amtsärztin ergänzte ihre Ausführungen mit Schreiben vom 30. März 2012 dahin, dass für die bisherige Tätigkeit der Klägerin aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei und eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit zu einer Gefährdung ihrer Gesundheit führe.
8Unter dem 5. April 2012 ersuchte der Leiter des Finanzamts C. H. die Oberfinanzdirektion S. um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vorbehaltlich der ergebnislosen Prüfung einer anderweitigen Verwendung. Mit Anschreiben vom 10. April 2012 beteiligte er den örtlichen Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung und die Gleichstellungsbeauftragte. Sowohl Personalrat als auch Schwerbehindertenvertretung sahen sich angesichts der noch laufenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung zu einer Stellungnahme nicht in der Lage.
9Unter dem 30. April 2012 bat der Leiter des Finanzamtes C. H. das Landesamt für Personaleinsatzmanagement NRW zu prüfen, ob die Klägerin angesichts ihres Gesundheitszustandes in einem anderen Ressort noch eingesetzt werden könne. Zu einem ersten Gespräch mit dem Landesamt erschien die Klägerin am 11. Juli 2012 in Begleitung ihres damaligen Prozessbevollmächtigten. Sie verwies darauf, dass sie weiterhin in der Finanzverwaltung tätig sein wolle. Die für eine Durchführung des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ notwendige Vereinbarung unterzeichnete die Klägerin nicht. Laut Vermerk vom 14. Dezember 2012 fand am 6. Dezember 2012 ein weiteres Gespräch zwischen dem Landesamt und dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin statt. Die Klägerin selbst nahm daran nicht teil. Mit Bericht vom 10. Januar 2013 teilte das Finanzministerium NRW, in dessen Verantwortung das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ zwischenzeitlich übergegangen war, mit, dass die ausgeprägte Fokussierung der Klägerin auf eine Tätigkeit in der Finanzverwaltung auch mit Blick auf den gesundheitlichen Zustand keine aktive Unterstützung des Vermittlungsprozesses erwarten lasse. Das Projektteam habe verschiedene Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung an die in Frage kommenden Dienststellen gerichtet. Dies sei jedoch erfolglos geblieben. Hinsichtlich einer in Betracht kommenden Stelle habe die Stadt M. Interesse gezeigt. Eine Vermittlung sei jedoch an der fehlenden Reaktion der Klägerin auf das Ersuchen um ihre Einwilligung zur Einsichtnahme in ihre Personalakte gescheitert. Auf eine vom Projektteam übermittelte Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. habe sie nicht reagiert. Abschließend habe das Projektteam die im Land zu besetzenden Stellen (A 9 BBesO) nochmals im Hinblick auf ihre gesundheitliche Leistungsfähigkeit abgeglichen. Die Stellen seien jedoch ausschließlich für Tarifbeschäftigte vorgesehen oder aber derart spezifisch ausgerichtet, dass eine Qualifizierung nicht in Betracht komme. Eine Vermittlung der Klägerin werde daher nicht für möglich erachtet.
10Mit am 5. Februar 2013 zugestellten Schreiben hörte der Leiter des Finanzamtes C. H. die Klägerin zu der beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand an. Zugleich gab er ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Schreibens. Am 26. Februar 2013 teilten die jetzigen Prozessbevollmächtigten die Mandatsübernahme mit und baten um Akteneinsicht. Am 15. März 2013 ersuchten sie um ein Abwarten mit der Entscheidung, weil die Klägerin nochmals das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ angehen wolle.
11Nach Zustimmung des örtlichen und des Bezirkspersonalrats und Beteiligung der örtlichen Schwerbehindertenvertretung sowie der Gleichstellungsbeauftragten versetzte die Oberfinanzdirektion S. (heute: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, im Folgenden: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen) mit Bescheid vom 16. April 2013 die Klägerin mit Ablauf des 30. April 2013 in den Ruhestand. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei wegen ihrer Erkrankung seit längerer Zeit dienstunfähig. Nach dem amtsärztlichen Zeugnis vom 28. Februar 2012 könne mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorerst nicht gerechnet werden. Die Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei erfolglos verlaufen.
12Die Klägerin hat am 14. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es fehle bereits eine die Versetzung in den Ruhestand rechtfertigende Dienstunfähigkeit. Sowohl aus dem Gutachten von Dr. E. als auch dem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich lediglich eine Einschränkung der Dienstfähigkeit. Sie sei nunmehr bereit, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ anzugehen. Das habe sie dem Finanzamt schon vor Erlass der streitbefangenen Verfügung signalisiert. Das beklagte Land habe gegen die ihm obliegende Fürsorgepflicht verstoßen, indem es über ihre Bereitschaft zur Mitarbeit hinweg gegangen sei und sie in den Ruhestand versetzt habe. Sie leide nicht an einer Persönlichkeitsstörung. Vielmehr habe ihre Erkrankung mit dem unangemessenen dienstlichen Umgang mit ihr zu tun. So habe man zunächst keinerlei Rücksicht auf ihre polymorphe Lichtallergie genommen.
13Die Klägerin hat beantragt,
14den streitbefangenen Zurruhesetzungsbescheid aufzuheben.
15Das beklagte Land hat unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des angefochtenen Bescheides beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Ergänzend hat es ausgeführt, eine andere Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin habe es nicht gegeben. Die in dem psychiatrischen Gutachten festgestellten Einschränkungen in der Dienstfähigkeit schlössen eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung aus. Die Klägerin habe die Vereinbarung zur Aufnahme eines individuellen Vermittlungsversuchs durch das Projektteam „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ bis heute nicht unterschrieben, für weitere Vermittlungsversuche bestünden deshalb keine Erfolgsaussichten.
18Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gewesen. Sie habe innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate krankheitsbedingt keinen Dienst geleistet. Es habe auch keine Aussicht bestanden, dass innerhalb von weiteren sechs Monaten ihre Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt sei. Die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG habe nicht bestanden. Es sei angesichts des Krankheitsbildes der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar, dass innerhalb der Finanzverwaltung kein adäquater Dienstposten für die Klägerin zu finden sei. Eine Vermittlung eines Dienstpostens außerhalb der Finanzverwaltung sei an der fehlenden Mitwirkung der Klägerin gescheitert. Insoweit sei ihre Bekräftigung, sie wolle sich dem Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zuwenden, unerheblich. Diese sei erst nach Ablauf der Anhörung erfolgt. Sie stehe zudem im Widerspruch zu ihrer Angabe, sich weiterhin für dienstfähig in der Finanzverwaltung zu halten.
19Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 23. März 2015 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
20Es könne bereits nicht von ihrer Dienstunfähigkeit ausgegangen werden. Insoweit sei sowohl in dem amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten ausschließlich von einer Einschränkung in der Dienstfähigkeit die Rede, soweit es den Umgang mit Kollegen und Dritten betreffe. Zudem sei ein Sachverständigengutachten zur Frage ihrer Dienstfähigkeit einzuholen.
21Darüber hinaus habe eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit für sie bestanden. Ihr hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zu durchlaufen. Dies habe sie auch mit dem Finanzamt C. H. bereits telefonisch vorbesprochen, nachdem sie durch ihre neuen Prozessbevollmächtigten ausführlich beraten worden sei. Die anderweitige Entscheidung der Oberfinanzdirektion verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
22Die Klägerin beantragt,
23das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 aufzuheben.
24Das beklagte Land beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Es trägt vor:
27Zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand sei die Klägerin dienstunfähig gewesen. Eine Verwendung innerhalb der Finanzverwaltung sei nicht mehr möglich gewesen.
28Die Klägerin sei seit ihrem Aufstieg in den gehobenen Dienst den an sie gestellten dienstlichen Anforderungen nicht gerecht geworden. Später habe sie massive Beeinträchtigungen ihrer psychischen Gesundheit gezeigt. In Gesprächen über ihr Leistungsbild und ihr Verhalten im Dienst habe sie wenig verständnisvoll, vielmehr eher aggressiv reagiert. Sowohl im amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten sei eine Persönlichkeitsstörung festgestellt worden, die einen Publikumsverkehr nicht mehr erlaube und erhebliche Einschränkungen im kollegialen Umgang zur Folge habe. Könnten diese Einschränkungen bei einem anderweitigen Einsatz nicht berücksichtigt werden, sei von einer Dienstunfähigkeit auszugehen.
29Entgegen ihrer Ansicht gebe es keinen anderweitigen geeigneten Arbeitsplatz für sie in der Finanzverwaltung. Diese zeichne sich durch ein vernetztes, effizientes Arbeiten aus, das schon aus den Gesichtspunkten der Bürgerfreundlichkeit und Transparenz ein hohes Maß an sozialen Fähigkeiten erfordere. Die Ansprüche an ein effizientes Arbeiten stiegen in der Finanzverwaltung kontinuierlich. Die von der Klägerin angeführte Tätigkeit als Betriebsprüferin im Außendienst beinhalte entgegen ihrer Einschätzung besondere Anforderungen an den Umgang mit Steuerbürgern und deren rechtlichen Beratern. Beamte müssten dabei in hohem Maße fähig sein, Konflikte zu bewältigen. Darüber hinaus erfordere diese Tätigkeit ebenfalls die Zusammenarbeit mit anderen Kollegen innerhalb der Finanzverwaltung.
30Das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei mit ausführlicher Begründung unter dem 10. Januar 2013 beendet worden, weil eine Vermittlung der Klägerin unter anderem aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht möglich gewesen sei. Sie habe ihre Mitwirkung an diesem Projekt verweigert. Eine gleichwohl durchgeführte Prüfung der Vermittelbarkeit anhand der offenen Stellen sei ergebnislos verlaufen.
31Die nach Ablauf der Anhörungsfrist eingegangene Ankündigung der Klägerin, das Projekt nochmals anzugehen, begründe keinen Anspruch auf erneute Vermittlungsbemühungen. Das Projekt sei unter Mitwirkung der damaligen Prozessbevollmächtigten abgeschlossen worden. Zudem bestünden Zweifel daran, dass sie ernsthaft bereit gewesen sei, an einer nochmaligen Vermittlung teilzunehmen.
32Schließlich stelle sich die Frage, ob angesichts der ärztlichen Diagnosen überhaupt eine Suchpflicht des Dienstherrn bestanden habe. Aufgrund der Erkrankung der Klägerin habe es keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes (acht Hefte) verwiesen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
35Die Berufung hat Erfolg.
36Sie ist zulässig, auch wenn die Klägerin in der Berufungsbegründung ausschließlich auf ihre Zulassungsbegründung verwiesen und keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt hat. Mit dem gesonderten Schriftsatz zur Begründung ihrer Berufung hat sie hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie das Berufungsverfahren nach der Zulassung durchführen möchte. Darüber hinaus sind mit Blick auf die Zulassungsbegründung und den Gegenstand des Verfahrens auch Ziel und Umfang der Urteilsanfechtung ausreichend erkennbar.
37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Oktober 2009 – 2 B 51.09 -, juris, Rn. 4, und vom 10. März 2011 – 2 B 37.10 -, juris, Rn. 11.
38Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vom 16. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt sie dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin kann aufgrund der ungenügenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung nicht als dienstunfähig gemäß § 26 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 34 LBG NRW in den Ruhestand versetzt werden.
39Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, juris, Rn. 11.
41Dies ist im Streitfall die Entscheidung über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand am 16. April 2013. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen nicht vor. Die Klägerin war zwar dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (dazu unter I.). Das beklagte Land hat jedoch die umfassende Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG nur unvollständig durchgeführt (dazu unter II.). Desgleichen fehlt eine Prüfung der Verwendung in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG (dazu unter III.).
42I. Nach der Legaldefinition des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2015 – 6 A 371/12 -, juris, Rn. 106, und Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f., m.w.N.
44Das beklagte Land hat aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 28. Februar 2012 in der Ergänzung vom 30. März 2012 und des fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens 15. Februar 2012 ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten als Steuerinspektorin,
45vgl. zur Maßgeblichkeit des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn: BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 -, juris Rn. 2; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44.
46dauernd unfähig ist. Bei der Beschäftigungsbehörde der Klägerin, dem Finanzamt C. H. , steht kein Dienstposten zur Verfügung, der dem statusrechtlichen Amt der Klägerin zugeordnet und für sie gesundheitlich geeignet ist.
47Nach den ärztlichen Gutachten ist die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung dauerhaft nicht mehr in der Lage, mit Drittkontakten, sei es Publikum oder Kollegen, umzugehen. Gleichfalls erfordert ihre Erkrankung, Arbeitstempo und Arbeitsmenge dem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechend auszurichten. Die ärztlichen Einschätzungen ergeben sich aus den festgestellten Beziehungsstörungen der Klägerin, die sich aus dem diagnostizierten Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung mit sensitiv paranoiden Anteilen ergeben. Diese Diagnose, die der Facharzt für Psychiatrie E. in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 aufgrund eigener Untersuchung und der seitens der Beschäftigungsbehörde geschilderten Erfahrungen mit der Klägerin getroffen hat, ist in sich schlüssig. Die Amtsärztin kommt unter Würdigung und in inhaltlicher Übereinstimmung dieses Gutachtens mit ihren eigenen Feststellungen in ihrer Stellungnahme vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Persönlichkeitsstörung vorliege. Diese führe dazu, dass die Klägerin derzeit, innerhalb von sechs Monaten und auf absehbare Zeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Vielmehr wird sie für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 30. März 2012 erläutert die Amtsärztin, dass für die bisherige Tätigkeit aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei.
48Der daraus seitens des beklagten Landes gezogene Schluss auf die Dienstunfähigkeit der Klägerin in Bezug auf ihr Amt als Steuerinspektorin weist keinen Rechtsfehler auf. Bereits in ihrem Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hat die Beschäftigungsbehörde darauf verwiesen, dass neben der Klägerin 23 weitere Mitarbeiter/innen mit gleicher Qualifikation die Tätigkeit ausüben. Diese Art der Tätigkeit erfordert nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Dienstherrn eine sehr strukturierte, gewichtende Arbeitsweise. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben sei die Fähigkeit, dauerhaft auch unter Zeitdruck nachhaltige Entscheidungen treffen zu können, von zentraler Bedeutung. Insgesamt führten diese Anforderungen zu einer vergleichsweise hohen psychischen Belastung. In der Klageerwiderung vom 15. Januar 2014 und nochmals in der Berufungserwiderung vom 23. April 2015 hat das beklagte Land plausibel erläutert, dass die ärztlicherseits empfohlene Stelle in einer Verwaltung nicht existiert, in der die zahlreichen Einzelschritte im Bereich der Steuerfestsetzung und –erhebung auf verschiedene Stellen aufgeteilt sind, die effizient und vernetzt zusammenarbeiten müssen. Insoweit verweist es auf die Anforderungsmerkmale des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (www.fm.nrw.de) für eine Bewerbung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung, die unter anderem Teamfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft als Einstellungsvoraussetzungen benennen. Soweit die Klägerin sich für eine Tätigkeit als Betriebsprüferin als geeignet ansieht, verkennt sie die Anforderungen an eine derartige Außendiensttätigkeit. Diese hat das beklagte Land nachvollziehbar mit einer hohen Konfliktfähigkeit im Umgang mit Steuerbürgern und ihren rechtlichen Beratern sowie effizienter kollegialer Zusammenarbeit beschrieben.
49Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der aus den ärztlichen Stellungnahmen gewonnene Eindruck über die Dienstfähigkeit der Klägerin unzutreffend sein könnte. Es ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht nochmals ein Sachverständigengutachten zu ihrer Dienstfähigkeit einzuholen. Zwar unterliegt die Beurteilung der Dienstfähigkeit schon mit Blick auf die gerichtliche Amtsermittlungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Eines weiteren Gutachtens bedarf es jedoch nur dann, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck erfüllen kann, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts notwendige Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die für die Entscheidung notwendige Überzeugungsbildung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Entscheidungsfindung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 B 80.10 -, juris, Rn. 7.
51Derartige Mängel der vorliegenden Gutachten hat die Klägerin weder aufgezeigt, noch lassen sie sich den Akten entnehmen.
52II. Das beklagte Land ist jedoch der sich aus § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ergebenden umfassenden Prüfpflicht nach einer anderweitigen Verwendung der Klägerin nur unvollständig nachgekommen.
53Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Dies ist nach § 26 Abs. 2 BeamtStG der Fall, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
54Dass im Streitfall die im Regelfall („soll“) durchzuführende Suche nach einer anderweitigen Verwendung ausnahmsweise unterbleiben konnte, ist nicht erkennbar. Insbesondere war das beklagte Land seiner Suchpflicht nicht enthoben. Die Suchpflicht entfällt, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
55Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 1 A 2111/13 -, juris, Rn. 12.
56Anhaltspunkte dafür ergeben sich indes weder aus dem fachpsychiatrischen Gutachten noch aus den amtsärztlichen Stellungnahmen. Vielmehr wird der Klägerin ärztlich ein prinzipiell nicht eingeschränktes Leistungsvermögen, wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen, bescheinigt. Da bislang keine entsprechenden Arbeitsversuche stattgefunden haben, ist nichts dafür erkennbar, dass sie auch unter den genannten Voraussetzungen den dienstlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen oder es bei Wiederaufnahme der Tätigkeit zu erheblichen Fehlzeiten kommen werde.
57Für die Ausgestaltung der in § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG festgelegten Suchpflicht hat das Bundesverwaltungsgericht genaue Vorgaben aufgestellt, um gesetzlich nicht vorgesehenen Zweckmäßigkeitserwägungen des Dienstherrn vorzubeugen. In seinem Urteil vom 19. März 2015,
58- 2 C 37.13 -, juris, Rn. 17 ff.,
59heißt es:
60„Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.
61Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08- BVerwGE 133, 297 Rn. 29).
62Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.
63Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).
64Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. … Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.
65In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10- IÖD 2012, 122 <123>).“
66Der erkennende Senat hat sich bereits mit Urteil vom 2. Juli 2009,
67- 6 A 3712/06 -, a. a. O.,
68der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umfang und Nachweis der Suchpflicht des Dienstherrn,
69vgl. Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris,
70angeschlossen. Auch den im zitierten Urteil vom 19. März 2015 weiter konkretisierten Anforderungen folgt der Senat zur Wahrung der Rechtseinheit.
71Die danach geltenden Anforderungen hat das beklagte Land im Streitfall auch unter Einschaltung des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nicht erfüllt.
72Dabei ist es entgegen seiner Ansicht unerheblich, dass die Klägerin im Rahmen des Projektes nicht mitgewirkt hat. Die Suchpflicht ist allein dem Dienstherrn übertragen. Mit § 26 BeamtStG bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Prüfung der Möglichkeit einer Weiterverwendung ausschließlich Aufgabe des Dienstherrn ist. Der Wortlaut der Vorschrift bietet keinen Anhalt für eine Mitwirkungspflicht des betroffenen Beamten bei der Suche nach einer geeigneten Weiterverwendungsmöglichkeit. Das ist bereits dadurch bedingt, dass es um Vorgänge im Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 20,
74in die der Beamte in der Regel keinen Einblick hat und auf die er keinen Einfluss nehmen kann. Überdies zeigt § 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG, dass Entscheidungen über die Weiterverwendung eines dienstunfähigen Beamten sogar gegen seinen Willen getroffen werden können. Nach dieser Vorschrift ist die Übertragung eines neuen Amtes in bestimmten Fällen unter den dort geregelten Voraussetzungen nicht von der Zustimmung des Beamten abhängig. Mitwirkungspflichten des Beamten stellt § 26 BeamtStG lediglich für die Zeit nach erfolgreicher Suche des Dienstherrn auf. § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG verpflichtet den Beamten, an gegebenenfalls erforderlichen Qualifikationsmaßnahmen für eine Weiterverwendung teilzunehmen. Dass der Gesetzgeber dennoch die Suche von einer Mitwirkung des Beamten abhängig machen wollte, lässt sich dem zugrunde liegenden Gesetzentwurf nicht entnehmen. Vielmehr wird in dessen Begründung – ohne eine Mitwirkungspflicht des Beamten auszusprechen – allein auf die verbindliche Regelung der Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung vor der Zulässigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit verwiesen. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicher gestellt werden, dass der Ruhestand bei Dienstunfähigkeit immer nur die „ultima ratio“ sein kann.
75Vgl. Begründung zu § 27 „Dienstunfähigkeit“, Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 28, 29.
76Ebenso wenig sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift für eine Abhängigkeit der Suche von einer Mitwirkung des Beamten. Der in dieser Norm festgeschriebene Grundsatz der „Weiterverwendung vor Versorgung“ würde nicht nur dann unterlaufen, wenn dem Dienstherrn unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten eine Entscheidung über eine Verwendung zustünde,
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 15,
78sondern auch, wenn seine Verpflichtung von etwaigen – gegebenenfalls auch noch von ihm festzulegenden – Mitwirkungspflichten des betroffenen Beamten abhinge.
79Das beklagte Land hat ausweislich der vorgelegten Unterlagen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ folgende Vermittlungsbemühungen unternommen: Anschreiben an die Städte C. H. , M. , Bonn, Köln, den Landesbetrieb Straßenbau, den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen, den Landesbetrieb Wald und Holz, das Landesarbeitsgericht, das Oberlandesgericht Köln und die Bezirksregierung Köln unter Beifügung eines Personalbogens der Klägerin – ohne Mitteilung der gesundheitlichen Einschränkungen –. Antworten sind von der Stadt Köln und dem Landesbetrieb Wald und Holz ausgeblieben. Die Stadt M. hat unter dem 30. Juli 2012 Interesse an einer Vermittlung gezeigt. Die übrigen Antworten sind negativ ausgefallen. Zudem hat es die aktuellen Stellenausschreibungen von Mitte August bis Ende November 2012 in Bezug auf eine mögliche Vermittlung der Klägerin gesichtet. Von einer Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. hat es die Klägerin informiert und gleichzeitig ein Anschreiben an das Klinikum gerichtet, welches jedoch negativ beantwortet worden ist. Eine Vermittlung an die Stadt M. konnte nicht weiter betrieben werden, weil die Klägerin auf die Bitte um ihr Einverständnis mit der Übersendung ihrer Personalakte an die Stadt M. nicht reagiert hat. Mit Abschlusserklärung vom 6. Dezember 2012 und Abschlussbericht an die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 10. Januar 2013 wurde mitgeteilt, dass eine Vermittlung nicht habe erfolgen können.
80Mit den aufgezählten Vermittlungsbemühungen ist das beklagte Land seiner Suchverpflichtung nicht hinreichend nachgekommen. Bereits die Anstrengungen zur Vermittlung der Klägerin genügen den oben genannten Anforderungen nicht. In den Anschreiben an die unterschiedlichen Behörden fehlt schon eine Kurzbeschreibung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Demgemäß konnten die angeschriebenen Stellen nicht prüfen, ob ein gesundheitlich angemessener Dienstposten vorhanden oder aber absehbar besetzbar ist. Darüber hinaus hat das beklagte Land auf ausgebliebene Antworten nicht mit einer nochmaligen Nachfrage reagiert. Ebenso ist eine Nachfrage hinsichtlich der unter Verweis auf die fehlenden Laufbahnvoraussetzungen der Klägerin erfolgten Absage der Bezirksregierung Köln unterblieben.
81Dessen ungeachtet mangelt es aufgrund der gesetzlich nicht vorgesehenen, allerdings wohl im vermuteten Interesse der Klägerin erfolgten Einschränkung der Suche auf die Regionen Köln, Bonn, M. und C. H. an einer Erstreckung der Suche auf den gesamten Bereich des Dienstherrn. Schon angesichts der aus §§ 2 ff. des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (LOG NRW) ersichtlichen Vielzahl der Dienststellen der Landesverwaltung hätten Anfragen an weitaus mehr Dienststellen gerichtet werden müssen als tatsächlich geschehen (unter anderem Ministerien, alle Bezirksregierungen). Entsprechende, konkrete Anfragen waren angesichts der Sichtung der freien Stellen im Newsletter nicht entbehrlich. Die Verpflichtung des beklagten Landes erstreckt sich nicht nur auf die freien, besetzbaren Stellen, die anhand von Stellenausschreibungen abgefragt werden können. Sie bezieht sich auch auf diejenigen Stellen, die innerhalb der nächsten sechs Monate frei werden. Derartige Stellen müssen nicht bereits von Stellenausschreibungen erfasst sein.
82Der Klägerin kann hinsichtlich einer Einschränkung der Suche ein treuwidriges Verhalten nicht vorgehalten werden. Dass sie auf einer geographisch eingeengten Suche bestanden habe, lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen. Die Rahmenbedingungen im Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“, in denen ein Wunsch der Klägerin nach einer Tätigkeit möglichst in der Region Köln, M. , C. H. und gegebenenfalls Bonn erwähnt wird, hat sie nicht unterzeichnet. Dass das beklagte Land diesen Wunsch als verbindlich angesehen hat, ist im Übrigen auszuschließen. Denn es hat ihn mit dem Angebot einer Tätigkeit am Universitätsklinikum B. die Region weit überschritten. Auch hat das Projektteam die im (gesamten) Land zu besetzenden Stellen im Hinblick auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit der Klägerin abgeglichen.
83III. Des Weiteren fehlt eine Prüfung der Verwendung der Klägerin in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
84Die Prüfung dieser Vorschrift musste sich aus Sicht des beklagten Landes bereits deshalb aufdrängen, weil es selbst von der Unmöglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ausgegangen ist. Sie ist jedoch (tatsächlich) ausgeblieben. Erfolglos bleibt auch insoweit der pauschale Einwand des beklagten Landes, eine Suchpflicht habe deshalb nicht bestanden, weil es aufgrund der Erkrankung der Klägerin keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben habe. Die Feststellung von derart weitreichenden gesundheitlichen Einschränkungen lässt sich, wie bereits ausgeführt, den ärztlichen Gutachten nicht entnehmen. Überdies spricht die Tatsache, dass die Klägerin vor ihrer Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst ihrer Tätigkeit im mittleren Dienst beanstandungsfrei nachgekommen ist, dafür, dass eine vorzeitige Zurruhesetzung durch eine geringerwertige Tätigkeit hätte vermieden werden können.
85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Unter Abänderung von Nr. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. Januar 2014 wird der Streitwert für den Rechtszug erster Instanz auf 26.499,72 Euro festgesetzt. Für das Beschwerdeverfahren wird der Streitwert auf 20.000,70 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Zurruhesetzungsbescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. Oktober 2013 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die im Jahre 1958 geborene Klägerin wendet sich gegen ihre Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
3Sie steht als Oberregierungsrätin (Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsordnung – BBesO) im Dienst des Beklagten. Von 1992 bis 2002 war sie am Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in T. tätig. Mit Wirkung vom 17. April 2002 wurde sie zum Landesinstitut für Qualifizierung des Landes Nordrhein-Westfalen (LfQ) aus dienstlichen Gründen abgeordnet. Nachdem das LfQ mit Beschluss vom 7. März 2006 aufgelöst und in das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) eingegliedert worden ist, wurde sie dorthin als Referentin innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ in die Projektgruppe „Fachliche Begleitung berufliche Aus- und Weiterbildung“ versetzt. Mit Wirkung vom 1. Juli 2006 wurde ihr ein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH (G.I.B) in C. zugewiesen. Mit Wirkung vom 22. Januar 2007 wurde sie innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ des MAIS in dem Referat „Zielgruppen-Integration, Investitionsförderung, Berufliche Rehabilitation“ eingesetzt. Aus dienstlichen Gründen wurde sie schließlich mit Wirkung vom 10. Juni 2011 in das Referat „Rechtliche Grundlagen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, Teilhabe am Arbeitsleben“ umgesetzt.
4Seit dem 17. Januar 2012 ist die Klägerin ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 29. März 2012 bis zum 6. Juni 2012 war die Klägerin in stationärer Behandlung in der Parkklinik I. Bad L. . Im Abschlussbericht hieß es, dass die Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich, möglichst in einen solchen, in dem sie entsprechend ihrer ursprünglichen Profession pädagogisch tätig sein könne, dringend empfohlen werde. Dies stelle für die Klägerin die geringste Stressbelastung dar und sei im Hinblick auf eine Rückfallprophylaxe sehr wichtig. Seitdem war die Klägerin in ambulanter Behandlung bei der Diplom-Psychologin E. N. .
5Am 13. Juli 2012 nahm die Klägerin an einem Gespräch im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanagements“ (BEM) mit dem Leiter des Personalreferates, Herrn T1. , teil. Dieser fertigte am 16. Juli 2012 einen Vermerk zu dem Gesprächsverlauf (Bl. 11 ff. Heft 1 der Beiakten). Danach habe die Klägerin erklärt, dass das BEM in ihrem Fall kein geeignetes Instrument darstelle. Die Dienststelle verfüge über keinerlei Möglichkeiten, um mit konkreten Maßnahmen die Situation zu verändern, da die Klägerin sich generell nicht in der Lage sehe, innerhalb einer Ministerialverwaltung zu arbeiten. Die Strukturen und Arbeitsweisen innerhalb einer Ministerialverwaltung führten automatisch zu dauerhaften Belastungen, die eine Dienstunfähigkeit nach sich zögen. Daher sei sodann über andere Einsatzmöglichkeiten innerhalb des Geschäftsbereichs – unter anderem auch bei der G.I.B. in C. – gesprochen worden. Die Klägerin habe aber auch diesen Vorschlag abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu Erkrankung und Dienstunfähigkeit geführt hätten. Vielmehr habe die Klägerin gewünscht, dass keine Schritte mehr im Rahmen des BEM eingeleitet würden. Eine Beschäftigung sei nur noch außerhalb des Ministeriums möglich.
6Unter dem 24. September 2012 gab der Beklagte gegenüber dem Gesundheitsamt Q. die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin in Auftrag (Bl. 24 f. Heft 1 der Beiakten).
7Mit Gutachten vom 24. Oktober 2012 stellte die begutachtende Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L1. fest, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer für nicht mehr in der Lage gehalten werde, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich zu erfüllen (Bl. 27 ff. Heft 1 der Beiakten). Eine Nachuntersuchung wurde für nicht erforderlich gehalten. In der Empfehlung hieß es, dass aufgrund der eigenen Einschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik sie eine Tätigkeit ausüben solle, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom- Pädagogin orientiere. Sie scheine mit engen Strukturen, Termindruck und straff strukturierten Tätigkeiten Schwierigkeiten zu haben. Es sei daher – sofern organisatorisch möglich – am sinnvollsten, der Klägerin eine andere Tätigkeit anzubieten und den Verlauf abzuwarten.
8Mit Schreiben vom 16. November 2012 teilte Herr T1. für den Beklagten der Klägerin mit, dass er sie vor dem Hintergrund des amtsärztlichen Gutachtens für nicht mehr in der Lage halte, ihre Dienstpflichten im derzeit ausgeübten oder in einem anderen Aufgabenbereich des Ministeriums dauerhaft auszuüben (Bl. 32 f. Heft 1 der Beiakten). Im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ (VfW) solle nunmehr geprüft werden, ob die Möglichkeit einer anderweitigen dienstlichen Verwendung bestehe. Nachdem die Klägerin zunächst an einem Personalgespräch mit dem Projektteam VfW teilgenommen hat, wurden ein Coaching sowie weitere Fortbildungsmaßnahmen, wie zum Beispiel eine Word-Schulung, mit ihr durchgeführt (Bl. 47 ff. Heft 1 der Beiakten).
9Mit Schreiben vom 1. Juli 2013 (Bl. 69 ff. Heft 1 der Beiakten) teilte das Projektteam dem MAIS gegenüber mit, dass eine Vermittlung der Klägerin im Rahmen des Projekts VfW nicht möglich sei. Die ausgeschriebenen Stellen hätten zum Teil nicht ihrer Besoldungsgruppe entsprochen, sich ausschließlich an Tarifbeschäftigte gerichtet, seien nur befristet zu besetzen gewesen oder es hätte durch angemessene Qualifizierungsmaßnahmen nicht erreicht werden können, dass eine fachfremde Beschäftigte die Aufgaben ausfüllend hätte wahrnehmen können. Das Projektteam habe verschiedenste Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung der Klägerin im Verwaltungsbereich an in Frage kommende Dienststellen des Landes geschickt und ihre Bewerbungsmappe an die Fortbildungsakademie des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW (Mont-Cenis) und die Universität Q. weitergeleitet. Der Leiter des Mont-Cenis habe mitgeteilt, dass der Klägerin dort auf absehbare Zeit keine Stelle angeboten werden könne. Ein Einsatz bei der Universität Q. sei ebenfalls nicht möglich gewesen. Ein Einsatz als Lehrkraft an einem Berufskolleg komme laut dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen höchstens bis zur Besoldungsgruppe A 13 BBesO in Betracht und erfordere im Bereich der Schulsozialarbeit eine Lehrbefähigung; hierüber verfüge die Klägerin nicht. Auch beim Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen sei eine Übernahme der Klägerin aufgrund ihrer Besoldungsgruppe A 14 BBesO nicht möglich gewesen.
10Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 wurde die Klägerin von diesem Ergebnis unterrichtet und zu ihrer beabsichtigten Zurruhesetzung angehört (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
11Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2013 (Bl. 82 Heft 1 der Beiakten) wie folgt: Zunächst bestreite sie ausdrücklich, dass sie die Übernahme einer Tätigkeit in der Projektgruppe „Fachliche Begleitung, berufliche Aus- und Weiterbildung“ bei der G.I.B. in C. oder einer anderen Regionalagentur abgelehnt habe. Sie habe vielmehr ausdrücklich ihre Bereitschaft zur Übernahme entsprechender Tätigkeiten erklärt; konkrete Stellenangebote hätten aber nicht vorgelegen. Die Problematik, dass einige Stellen nur für Tarifbeschäftigte ausgeschrieben worden seien, hätte durch ihre Abordnung geregelt werden können. Obwohl die Einrichtung einer Landeskoordinierungsstelle für die kommunalen Integrationszentren geplant gewesen sei, sei sie trotz ihrer fachlichen Eignung nicht für die dort entstandenen Stellen vorgesehen worden. Soweit ihr Einsatz auf Stellen abgelehnt worden sei, weil diese beispielsweise zunächst nur auf fünf Jahre befristet gewesen seien, sei die Ablehnung von vornherein nicht nachvollziehbar.
12Mit Bescheid vom 1. Oktober 2013 versetzte das MAIS die Klägerin in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, nachdem der Personalrat zuvor seine Zustimmung hierzu erteilt hatte und die Gleichstellungsbeauftragte in Kenntnis gesetzt worden war (Bl. 99 Heft 1 der Beiakten). Die Klägerin sei seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens des Gesundheitsamtes des Kreises Q. sei sie auf Dauer nicht mehr in der Lage, ihre Dienstpflichten zu erfüllen. Eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit habe ausweislich des Abschlussberichts des Projektteams VfW ebenfalls nicht bestanden. Die seitens der Klägerin insoweit vorgebrachten Einwendungen könnten zu keiner anderen Entscheidung führen: Die im Rahmen des BEM-Gesprächs angedeutete Möglichkeit, nochmals bei der G.I.B in C. zu arbeiten, habe sie ausdrücklich abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Sie sei nach einer rund siebenmonatigen Tätigkeit in der dortigen Projektgruppe auf eigenen Wunsch umgesetzt worden. Allein vor diesem Hintergrund komme eine erneute Tätigkeit in der Projektgruppe nicht in Betracht. Im Übrigen bestehe insoweit zurzeit und in absehbarer Zukunft kein Personalbedarf. Eine Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Versetzung oder Abordnung sei nur möglich, wenn eine entsprechende Plan- oder Abordnungsstelle vorliege. Eine Vermittlung von Beschäftigten in andere Geschäftsbereiche der Landesverwaltung sei dem Ministerium ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich. Die Stellenführung einer Beamtin auf einer Stelle für Tarifbeschäftigte sei nach den einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften unzulässig.
13Am 26. Oktober 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
14Sie ist der Ansicht, die Versetzung in den Ruhestand beruhe auf einem veralteten Gutachten. Ihr Gesundheitszustand habe sich infolge der seit mehr als einem Jahr erfolgenden ambulanten psychiatrischen Behandlung deutlich stabilisiert und verbessert. Insoweit verweise sie auf die psychotherapeutische Stellungnahme der sie behandelnden Diplom-Psychologin (Bl. 51 der Gerichtsakte). Die Empfehlungen im amtsärztlichen Gutachten stünden zudem im Widerspruch zu der Empfehlung im Entlassungsbericht der Parkklinik I. , wonach eine ambulante psychotherapeutische Behandlung zur Erhaltung der Dienstfähigkeit, Verbesserung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit als erfolgsversprechend bewertet werde. Bereits danach sei sie wieder in der Lage, eine berufliche Tätigkeit mit einer stärkeren pädagogischen Ausrichtung als der administrativen Tätigkeit im Ministerium zu verrichten.
15Zudem sei nicht hinreichend nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit gesucht worden. Insoweit ergänzt die Klägerin ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren dahingehend, dass sowohl beim MAIS als auch bei anderen Dienstbehörden eine ihrem Anforderungsprofil entsprechende anderweitige Verwendung in Betracht gekommen sei. Die zum 1. Dezember 2013 errichtete Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) habe beispielsweise zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld „Supportstelle allgemeine Weiterbildung“ gesucht. Dem Beklagten sei verwehrt, sich auf die Personalhoheit der obersten Landesbehörden zu berufen. Schließlich fehle es an einer Ermessensentscheidung des Beklagten gemäß § 26 Absatz 3 BeamtStG.
16Die Klägerin beantragt,
17den Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung wiederholt der Beklagte seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und vertieft diesen wie folgt:
21Anhaltspunkte dafür, dass die Versetzung in den Ruhestand auf einem veralteten Gutachten beruhe, lägen nicht vor. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens sei eine Nachuntersuchung der Klägerin nicht erforderlich gewesen, da sie auf Dauer nicht in der Lage sei, ihre Dienstpflichten in ihrem letzten oder einem anderen Aufgabenbereich des MAIS bzw. einer anderen obersten Landesbehörde zu erfüllen. Zudem seien von ihr seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen und in regelmäßigen Abständen Dienstunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht worden.
22Schließlich sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin umfassend und ermessensfehlerfrei geprüft worden. Aufgabenbereiche, die sich an der ursprünglichen Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pädagogin orientieren würden, seien nicht vorhanden gewesen. Die Klägerin habe zum einen die Möglichkeit gehabt, sich auf ausgeschriebene Stellen selbst zu bewerben. Zum anderen habe das Projektteam VfW über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten umfangreiche Vermittlungsbemühungen durchgeführt, die ohne Erfolg geblieben seien. Die von der Klägerin erwähnte „landesweite Koordinierungsstelle kommunale Integrationszentren“ sei ein Dezernat der Bezirksregierung B. im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen und gehöre damit nicht zum Zuständigkeitsbereich des MAIS. Gleiches gelte hinsichtlich einer Beschäftigung in einer Regionalagentur. Die Personalauswahl und der Personaleinsatz innerhalb der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen obliege der Personalhoheit der jeweiligen obersten Landesbehörde. Die Abordnung und/oder Versetzung einer Beamtin bzw. eines Beamten in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Ressorts der Landesverwaltung könne daher ausschließlich im Einvernehmen mit der aufnehmenden Dienststelle bzw. der zuständigen obersten Landesbehörde erfolgen.
23Eine Verwendung der Klägerin in einer niedrigeren Besoldungsgruppe bzw. in der Laufbahn des gehobenen Dienstes komme ausweislich des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Funktion, der organisatorischen Einbindung und der Tätigkeitsinhalte nicht in Betracht.
24Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten einschließlich der Personalakten der Klägerin Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Zurruhesetzungsbescheid des MAIS vom 1. Oktober 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
27Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand ist zwar formell rechtmäßig (I.). Sie ist indes materiell rechtswidrig (II.).
28I. Der Zurruhesetzungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die gemäß § 72 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 9 Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespersonalvertretungsgesetz – LPVG) erforderliche Zustimmung des Personalrates liegt vor (Bl. 92 Heft 1 der Beiakten). Die Gleichstellungsbeauftragte ist im Wege der Mitzeichnung ebenfalls ordnungsgemäß beteiligt worden (§ 17 Absatz 1 Halbsatz 1 Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesgleichstellungsgesetz – LGG, Bl. 91 Heft 1 der Beiakten). Die nach § 34 Absatz 1 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) vorgeschriebene Mitteilung über die beabsichtigte Zurruhesetzung ist durch das Schreiben des MAIS vom 18. Juli 2013 erfolgt (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
29II. Die Zurruhesetzung der Klägerin ist aber materiell rechtswidrig. Die Klägerin ist zwar dienstunfähig (1.) Indes ist die nach § 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG gebotene Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin hinter den Anforderungen dieser Vorschrift zurückgeblieben (2.). Überdies hat der Beklagte keine Ermessensentscheidung im Sinne des § 26 Absatz 3 BeamtStG getroffen (3.).
301. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG ist eine Beamtin auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Nach § 33 Absatz 1 Satz 3 LBG NRW beträgt diese Frist sechs Monate.
31Die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ohne seinen Antrag beurteilt sich danach, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist. Bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit ist auf das abstrakt-funktionelle Amt, also hier auf das Amt der Klägerin als Oberregierungsrätin beim MAIS, ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten abzustellen. Für die Feststellung der Dienstunfähigkeit reicht es daher nicht aus, dass die Beamtin den Pflichten ihres bisherigen Dienstpostens nicht mehr gewachsen ist. Dienstunfähigkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Beamtin den Anforderungen keines der für ihr statusrechtliches Amt innerhalb der Behörde vorgesehenen Dienstpostens mehr gerecht werden kann.
32Vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. November 2008 – 2 B 32.08 –, juris, Rn. 4 m.w.N. und vom 28. Juni 1990 – 2 C 18.89 –, juris, Rn. 17 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 45 m.w.N. und vom 17. September 2003 – 1 A 1069/01 –, juris, Rn. 46; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 5 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 23. Juni 2010 – 10 K 648/08 –, juris, Rn. 54; Verwaltungsgericht Arnsberg , Urteil vom 9. Juni 2010 – 2 K 14/08 –, juris, Rn. 35 m.w.N.
33Der Behörde kommt bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist bzw. seine Dienstunfähigkeit aufgrund langfristiger Erkrankung und negativer Prognose vermutet werden kann, kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Das schließt etwaige Feststellungen oder Schlussfolgerungen in ärztlichen Gutachten grundsätzlich mit ein. Auch diese sind vom Gericht in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen. Ärztliche Gutachten müssen zur Frage der Dienstunfähigkeit von Beamten hinreichend und nachvollziehbar begründet sein. Bei der Prüfung nach § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG muss insbesondere plausibel sein, dass keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.
34OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2012 – 1 B 1490/11 –, juris, Rn. 6 und 8; undUrteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 37 m.w.N.
35Gemessen an diesen Grundsätzen war im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vom 1. Oktober 2013 die Annahme gerechtfertigt, dass die Klägerin dienstunfähig i.S.d. § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG war. Die Klägerin war in der Zeit vom 17. Januar 2012 bis zu ihrer Zurruhesetzung im Oktober 2013 durchgehend krankgeschrieben und leistete während dieses Zeitraums – mithin mehr als eineinhalb Jahre – keinen Dienst. Zudem bestand keine Aussicht, dass sie innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wurde. Diese Annahme hat der Beklagte zu Recht auf das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 gestützt.
36Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind. Das setzt voraus, dass ärztliche Gutachten zur Frage der Dienstunfähigkeit hinreichend und nachvollziehbar begründet sind. Ein im Zurruhe-setzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Es muss dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellung-nahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
37BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2014 – 6 A 2006/13 –, juris, Rn. 16 m.w.N. und 4. September 2014 – 1 B 807/14 –, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.; Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 30. Juli 2014 – 2 A 281/12 –, juris, Rn. 38; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 6 f. des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
38Das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 genügt (noch) diesen Anforderungen. Es beruht auf einer eigenen Exploration im Gesundheitsamt am 18. Oktober 2012 sowie auf dem Abschlussbericht über die stationäre Behandlung in der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012 und dem Bericht der die Klägerin behandelnden Psychotherapeutin N. vom 6. August 2012. Die Amtsärztin Dr. L1. , die als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, von ihrer Ausbildung her befähigt ist, psychopathologische Befunde zu erheben, ist auf dieser Erkenntnisgrundlage zu der fachärztlichen Einschätzung gelangt, dass die Klägerin insbesondere an einer depressiven Störung und einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur leidet. Daher sei die Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung nicht in der Lage gewesen, in ihrem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer nicht in der Lage, die Dienstpflichten im derzeitigen Aufgabenbereich zu erfüllen. Das Gericht hat keine Zweifel an der Sachkunde der Amtsärztin. Ihre Ausführungen beruhen zudem auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage und sind in sich stimmig und nachvollziehbar. Insoweit führt die Amtsärztin weitergehend wie folgt aus: Die Klägerin gehe selbst davon aus, dass sie an dem bisherigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einsetzbar sei, indes an einem anderen Arbeitsplatz ihre Leistungsfähigkeit bestehe. Aus den Berichten und ihrer eigenen Schilderung gehe hervor, dass sie mit dieser Arbeit überfordert sei und die damit verbundenen Konflikte zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Die Klägerin solle nach eigener Einschätzung und der Empfehlung der Klinik eine Arbeit ausüben, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin orientiere. Inwieweit diese Einschätzung zutreffe müsse aber abgewartet werden.
39Das Gutachten scheidet auch nicht deshalb als medizinische Grundlage für die Feststellung der Dienstunfähigkeit aus, weil die Untersuchungen im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand schon mehr als ein Jahr zurücklagen. Grundsätzlich ist die Zurruhesetzung einer Beamtin zwar auf eine aktuelle medizinische Tatsachengrundlage zu stellen. Das Ergebnis einer länger zurückliegenden Untersuchung genügt als Grundlage allerdings dann, wenn – im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides – eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustands der Beamtin nicht zu erwarten ist und belastbare Anhaltspunkte für eine solche Veränderung weder von dem Beamten selbst vorgebracht wurden noch sonst ersichtlich sind.
40Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 29. November 2007 – 8 K 3505/05 –, juris, Rn. 64.
41So liegt es im vorliegenden Fall. Dass eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustandes der Beamtin nicht zu erwarten war, ergibt sich bereits aus dem amtsärztlichen Gutachten selbst, wonach es keiner Nachuntersuchung bedurfte. Dieses Ergebnis des Gutachtens wird zudem getragen von der eigenen Einlassung der Klägerin, die bereits im Rahmen des BEM-Gesprächs vom 16. Juli 2012 eine Beschäftigung innerhalb des Ministeriums ausgeschlossen hatte, und dem Abschlussbericht der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012. Darin wurde eine Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich – mit Bezug zu ihrer ursprünglichen Profession – empfohlen, da eine Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz einen Rückfall befürchten lasse.
42Überdies fehlt es an belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bis zu ihrer Zurruhesetzung positiv verändert hat. Die Klägerin hat vor dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheides – im Rahmen ihrer Anhörung – nichts zu ihrem Gesundheitszustand vorgetragen. Unabhängig davon, dass die psychotherapeutische Stellungnahme der die Klägerin behandelnden Diplom-Psychologin N. vom 20. April 2014 erst viel später eingereicht und auch erstellt worden und damit mit Blick auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt unerheblich ist, lassen sich auch dieser keine dahingehenden Anhaltspunkte entnehmen. Darin heißt es zwar, dass im Behandlungsverlauf eine deutliche Stabilisierung hinsichtlich der psychosomatischen und depressiven Symptomatik eingetreten sei. Diese basiere indes zum Teil darauf, dass die Klägerin nicht mehr an ihren alten Arbeitsplatz habe zurückkehren müssen. Aus Sicht der Diplom-Psychologin sei die Klägerin zumindest in einem Bereich, der ihrer beruflichen Identität entspreche, einsatzfähig. Zu der Frage, ob sie hingegen auch in ihrem jetzigen Aufgabenbereich im MAIS wieder einsatzfähig wäre, und zwar ohne dass ein Rückfall zu befürchten wäre, enthält das Gutachten hingegen keine Ausführungen. Darauf allein kommt es vorliegend aber an.
43Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die amtsärztlichen Feststellungen durch den langjährigen Krankheitsverlauf der Klägerin bestätigt wurden. Seit dem 17. Januar 2012 bis zur letzten behördlichen Entscheidung am 1. Oktober 2013 war die Klägerin weiterhin dauernd dienstunfähig.
442. Allerdings ist der Beklagte seinen Pflichten aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Das ist gemäß § 26 Absatz 2 Satz 1 BeamtStG der Fall, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Nach Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift ist die Übertragung eines anderen Amtes in den Fällen des Satzes 1 ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mindestens mit demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Nach Absatz 2 Satz 3 haben Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
45§ 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG sind Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung". Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann.
46Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21, unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/5372, S. 33 und 13/3994, S. 33; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 69; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 13 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 29 f.
47Die Vorschriften sind Teil der vielfältigen Bemühungen des Gesetzgebers, Pensionierungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze soweit wie möglich zu vermeiden. Hierzu gehören auch die Weiterverwendung begrenzt dienstfähiger Beamter nach § 27 BeamtStG und die Reaktivierung von Ruhestandsbeamten nach § 29 BeamtStG, § 35 LBG.
48Ebenso zu §§ 42a, 42 Absatz 3 und § 45 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 71; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 31 f.
49Da § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG an die Dienstunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 anknüpft, kann eine anderweitige Verwendung im Sinne der Vorschrift nur die Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen bzw. im konkret-funktionellen Sinne bedeuten, welches nicht dem bisherigen statusrechtlichen Amt des dienstunfähigen Beamten zugeordnet ist. Demzufolge ist eine anderweitige Verwendung im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde möglich, wenn dem Beamten dort gleichwertige Funktionsämter einer anderen Laufbahn übertragen werden können. Steht ein dem bisherigen Statusamt entsprechender anderer Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde zur Verfügung, fehlt es dagegen bereits an der Dienstunfähigkeit im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG (s.o.). Der Anwendungsbereich des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hat im Übrigen nicht nur einen Einsatz bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde im Blick. Er betrifft vielmehr auch gerade solche anderweitigen Verwendungen, die mit der Versetzung zu einer anderen Behörde verbunden sind. Bei dieser muss dem Beamten ein neues statusrechtliches Amt gleicher Wertigkeit verliehen werden, wenn er nicht auf einem Dienstposten eingesetzt wird, der dem bisherigen statusrechtlichen Amt zugeordnet ist. Neue Funktionsämter, die nicht dem bisherigen Amt im statusrechtlichen Sinne zugeordnet sind, können nur unter Verleihung des entsprechenden Amtes im statusrechtlichen Sinne übertragen werden.
50Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 73; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 33 f.
51§ 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG begründet zugleich die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar.
52Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 75; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 38 f.
53Eine Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit i.S.v. § 26 Abs. 2 BeamtStG zu suchen, besteht nur dann nicht, wenn aufgrund des Gesundheitszustandes des Beamten eine anderweitige Verwendung von vornherein ausgeschlossen ist. Der Dienstherr kann sich jedoch nur dann darauf berufen, nicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit verpflichtet zu sein, wenn seine Annahme einer fehlenden anderweitigen Verwendungsmöglichkeit auf tragfähigen Feststellungen gründet.
54Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. August 2012 – 6 A 2559/11 –, juris, Rn. 8 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Juli 2011 – 6 A 1581/10 –, juris, Rn. 6.
55Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Zwar lässt sich dem Gutachten auch keine positive Feststellung dahingehend entnehmen, dass der Gesundheitszustand sicher eine anderweitige Verwendung der Klägerin erlaubt. Solange aber auch nicht das Gegenteil feststeht, entfällt auch nicht die Suchpflicht des Dienstherrn. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Aussagen zur Dienstunfähigkeit allein auf das gegenwärtig innegehabte Amt im abstrakt-funktionellen Sinne beziehen und die anderen durch § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG angesprochenen Verwendungsmöglichkeiten ausblenden. Aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012 folgt lediglich, dass die Klägerin nicht mehr zur Ausübung ihrer Dienstpflichten in ihrem damaligen Aufgabenbereich beim MAIS in der Lage gewesen sei. Dem Gutachten lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die Klägerin aufgrund ihrer psychischen Leiden auch nicht mehr in der Lage ist, anderweitige Tätigkeiten auszuüben. Vielmehr hat die Gutachterin unter Bezugnahme auf die Selbsteinschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik ausdrücklich empfohlen, ihr – sofern organisatorisch möglich – eine andere, an ihrer ursprünglichen Ausbildung orientierte, Tätigkeit anzubieten und den weiteren Verlauf abzuwarten. Damit hält sie eine solche Tätigkeit offenbar für möglich.
56Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht der Klägerin obliegt substantiiert vorzutragen zu welchen Tätigkeiten sie gesundheitlich (noch) in der Lage ist. Vielmehr muss der Beklagte auf Grundlage tragfähiger Feststellungen – notfalls durch Einholung weiterer amtsärztlicher Gutachten – darlegen, welche Tätigkeiten von der Klägerin nicht mehr ausgeübt werden können, um von seiner Suchpflicht (teilweise) befreit zu werden.
57Die Suche nach einer § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 26 Absatz 2 Satz 2 BeamtStG, wonach die Übertragung eines anderen Amtes zulässig ist, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann. Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG nicht herleiten. Auch die amtliche Gesetzesbegründung enthält keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist.
58Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/4027, S. 28 f., zu § 27 des Entwurfs; ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 28; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 78; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 40 f.
59Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung darf sich nicht nur auf aktuell freie Stellen beschränken. Vielmehr muss sie sich auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit – etwa innerhalb eines Jahres – voraussichtlich neu zu besetzen sind. Denn eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 26 Absatz 2 BeamtStG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht und die dazu erforderliche Laufbahnbefähigung erst nach einer – ggf. längeren – Unterweisungszeit erworben werden kann.
60Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 29; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 42 f.
61Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird durch den Wortlaut des § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG verdeutlicht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Fällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist.
62Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 77; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 35 f.
63Nach alledem ist es – auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten die Vorgaben des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zu Lasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die erforderliche Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
64Ebenso mit Blick auf § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 –, BVerwGE 124, 99, 108 f., und vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 32; OVG NRW, Urteile vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 –, juris, Rn. 66, und vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 81; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 44 f.
65Das erkennende Gericht vermag nicht festzustellen, dass der Beklagte seiner Suchpflicht gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hinreichend nachgekommen ist. Vielmehr hat der Beklagte seine Suchpflicht verletzt, indem er die Klägerin in unzulässiger Weise auf die Möglichkeit zur Bewerbung auf freie Dienstposten verwiesen und die mangelnde anderweitige Verwendungsmöglichkeit mit der fehlenden Zustimmung der anderen Dienstbehörden bzw. mit der bevorzugten Auswahl anderer Personen nach Maßgabe des Bestenausleseprinzips begründet hat.
66Die Suchpflicht des Dienstherrn darf sich nicht auf die bloße Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Es kommt nicht darauf an, ob Verwendungen im Bereich einer anderen obersten Dienstbehörde deren Zustimmung bedürfen, da diese Behörde über die Erteilung der Zustimmung unter Beachtung der Verpflichtung des Dienstherrn aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG zu entscheiden und daher im Regelfall die erforderliche Zustimmung zu erteilen hat, wenn dadurch die Weiterbeschäftigung möglich wird. Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt. Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn, mithin des Landes Nordrhein-Westfalen, ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte daher auf diesem Dienstposten im Wege der Versetzung zu verwenden. Etwaige Differenzen zwischen Behörden desselben Dienstherrn sind Interna des zur Stellensuche Verpflichteten, die nicht zu Lasten des Beamten geltend gemacht werden können. Anders sieht es lediglich hinsichtlich einer dienstherrenübergreifende Versetzung aus. Auch ein an Artikel 33 Absatz 2 GG orientiertes Stellenausschreibungsverfahren hat von vornherein zu unterbleiben. Eine Ausrichtung am Bestenausleseprinzip ist unzulässig, da allein darüber zu entscheiden ist, der Beamtin bzw. dem Beamten eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
67BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris, Rn. 4 und Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 41; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris, Rn. 28; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 13. November 2014 – 2 K 730/11 –, juris, Rn. 24; Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 29. Februar 2008 – 9 E 941/07 –, juris, Rn. 43; v. Roetteken, in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, § 26, Rn. 130 f. m.w.N.
68Der Beklagte ist aber ausweislich der Begründung im Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 – und der schriftsätzlichen Einlassung im Gerichtsverfahren – davon ausgegangen, dass „die zuständigen Dienststellen – nach dem Grundsatz der Bestenauslese – in eigener Zuständigkeit über ihre Stellenbesetzung [entscheiden]“. Daher sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin in anderen Geschäftsbereichen der Landesverwaltung ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich gewesen. Die von der Klägerin beispielhaft gewünschte Verwendung bei der „Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunaler Integrationszentren“ könne nur im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens, über das die Bezirksregierung B. in eigener Zuständigkeit entscheide, erfolgen. Insoweit reduzierten sich die Bemühungen des Beklagten lediglich auf entsprechende Nachfragen bei in Frage kommenden Dienstbehörden. Sofern entsprechende Stellen vorhanden waren, sind diese nicht mit der Antragstellerin im Wege der Versetzung besetzt worden. Vielmehr ist die Antragstellerin darauf verwiesen worden, sich hierauf zu bewerben. So wurde beispielsweise bei der QUA-LiS NRW, die erst zum 1. Dezember 2013 im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung errichtet worden ist, zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld Supportstelle Allgemeine Weiterbildung gesucht. Das Anforderungsprofil entsprach dem der Klägerin; insbesondere bedurfte es auch keiner Lehramtbefähigung. Die Klägerin wurde daher auf ihre Bewerbung hin in das Auswahlverfahren einbezogen, die Auswahlentscheidung fiel aber nach Maßgabe des – in unzulässiger Weise angewandten – Bestenausleseprinzips zugunsten einer Mitbewerberin aus. Die Klägerin hat gegen die Besetzung des Dienstpostens mit der Mitbewerberin beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt (13 L 1338/14); der Dienstposten ist aber – in Verkennung der in der Rechtsprechung anerkannten Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung – bereits vor Ablauf der Wartezeit mit der Mitbewerberin besetzt worden.
69Dem Gericht erschließt sich in diesem Zusammenhang überdies nicht, wieso befristet ausgeschriebene Stellen von vornherein unberücksichtigt geblieben sind. Zum einen besteht bei einer Befristung oftmals die Möglichkeit diese zu verlängern. Zum anderen hätte der Beklagte während der Befristung bzw. zum Ende der Befristung nach anderen freien Dienststellen suchen müssen.
703.Überdies hat es der Beklagte versäumt, eine Ermessensentscheidung nach § 26 Absatz 3 BeamtStG zu treffen. Danach kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Nach dieser Vorschrift kann dem Beamten folglich eine Tätigkeit übertragen werden, die in ihrer Wertigkeit nicht seinem abstrakt-funktionellen Amt entspricht; wobei er sein abstrakt-funktionelles Amt trotzdem behält. Bei der Ermessensausübung ist einerseits das öffentliche Interesse daran, den Beamten nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzen zu müssen und dadurch Versorgungsmittel einzusparen, zu berücksichtigen. Andererseits sind aus Gründen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und im Hinblick darauf, dass dem Beamten die geringerwertige Tätigkeit ohne seine Zustimmung übertragen werden kann, die schutzwürdigen Belange des Beamten, z.B. in gesundheitlicher Hinsicht, zu beachten.
71Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 12. August 2013 – 1 A 274/12 –, juris, Rn. 25 m.w.N.
72Der Beklagte hat ausweislich des streitgegenständlichen Zurruhesetzungsbescheides Dienstposten, die der Besoldungsgruppe A 13 BBesO entsprachen, von vornherein nicht in Betracht gezogen („Die ausgeschriebenen Stellen entsprachen jedoch zum Teil nicht ihrer derzeitigen Besoldungsgruppe“) und damit das ihm durch § 26 Absatz 3 BeamtStG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt (Ermessensausfall). Hieran vermag auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte E-Mail vom 29. Januar 2015, woraus sich ergibt, dass das Projektteam auch einen unterwertigen Einsatz der Klägerin überprüft habe, nichts zu ändern. Denn der Inhalt der E-Mail – der insoweit im Widerspruch zu dem Abschlussbericht des Projektteams vom 1. Juli 2013 steht, wonach die ausgeschriebenen Stellen zum Teil nicht der Besoldungsgruppe A 14 BBesO entsprochen hätten, ist dem MAIS erst nach Erlass des Zurruhesetzungsbescheides bekannt geworden; er konnte mit anderen Worten daher bei der Entscheidung über die Zurruhesetzung der Klägerin noch gar nicht berücksichtigt worden sein. Insoweit scheidet auch ein Ergänzen der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO aus, da die Norm in Fällen, in denen das Ermessen noch gar nicht ausgeübt worden ist, keine Anwendung findet.
73Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 114, Rn. 50 m.w.N.
74Kommt es auf den Inhalt der E-Mail im Ergebnis also nicht an, da er als wahr unterstellt werden kann, ohne dass sich dies auf das Ergebnis der Entscheidung auswirken würde, bedarf es auch keiner weitergehenden Zeugenvernehmung des Leiters des Projektteams VfW.
75Entgegen der Ansicht des Beklagten ist auch nicht ersichtlich, dass sämtliche geringerwertige Tätigkeiten beim Dienstherrn von vornherein aufgrund des gesundheitlichen Zustandes der Klägerin nicht in Betracht kamen. Zwar heißt es in dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012, dass die Klägerin mit engen Strukturen (Termindruck und straffes Strukturieren von Tätigkeiten) ihre Schwierigkeiten zu haben scheint. Die Amtsärztin stellt aber nicht fest, dass die Klägerin generell zur Ausübung von eng(er) strukturierten Tätigkeiten nicht (mehr) in der Lage ist (hierzu siehe auch schon oben). Zudem trägt der Beklagte weder hinreichend substantiiert vor, noch ist sonst ersichtlich, dass jegliche in Betracht kommenden geringerwertigen Tätigkeiten derart eng strukturiert sind, dass der Gesundheitszustand der Klägerin einer Ausübung entgegenstünde. Das Gericht entnimmt den Ausführungen der Amtsärztin vielmehr, dass ein wesentlicher Faktor für die Erkrankung der Klägerin – neben den Besonderheiten einer Tätigkeit in einem Ministerium – zumindest auch der fehlende Bezug ihrer Tätigkeit beim MAIS zu ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin gewesen ist.
76Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
77Beschluss:
78Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000 Euro festgesetzt.
79Gründe:
80Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Berufungszulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 35.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat durch den zuständigen Berichterstatter (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
3Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
4Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht entsprechend den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dargelegt bzw. liegt auf der Grundlage der maßgeblichen fristgerechten Darlegungen nicht vor.
5Das Zulassungsvorbringen zeigt ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erster Instanz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht auf. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
6Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 186, 194.
7In Anwendung dieser Grundsätze kann die begehrte Berufungszulassung nicht erfolgen.
8Mit seinem Antragsvorbringen wendet sich der Kläger als erstes gegen die Bewertung in dem angefochtenen Urteil, er sei im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung dienstunfähig im Sinne der Begriffsbestimmung des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG gewesen. Er führt hierzu im Wesentlichen an: Das Verwaltungsgericht habe den von ihm vorgelegten Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. und der Diplom-Psychologin I. , aus welchen sich seine Dienstfähigkeit ergebe, zu Unrecht einen geringeren Beweiswert eingeräumt als dem bahnärztlichen Gutachten des Dr. T. , dessen Bewertung die Beklagte bei der streitigen Zurruhesetzung im Wesentlichen gefolgt sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 8. März 2001 – 1 DB 8.01 –) komme den Feststellungen eines Amts- oder Betriebsarztes ein solcher Vorrang nur unter der Voraussetzung zu, dass dieser sich mit einer ihm bekannten, seinen Feststellungen widersprechenden substantiierten privatärztlichen Bescheinigung auseinander setzt und nachvollziehbar darlegt, warum er ihr nicht folgt. Diesen Anforderungen habe der Bahnarzt, was die ihm seinerzeit vorliegende Feststellung von Dr. C. betreffe, die depressive Störung remittiere zurzeit und der Zustand des Klägers sei ausreichend stabil, nicht genügt.
9Dieses Vorbringen greift in mehrfacher Hinsicht nicht durch. Zunächst verdeutlicht es schon nicht hinreichend und ist überdies auch in der Sache sehr zweifelhaft, ob die vom Kläger vorgelegten kurzen Befundberichte seiner behandelnden Privatärztin und der Therapeutin (Diplom-Psychologin) ihrem Inhalt nach überhaupt geeignet sind, eine hinreichend fundierte und zugleich nachvollziehbare Aussage zur (dauernden) Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG zu treffen. Denn die dortigen nur ergebnishaft wiedergegebenen Aussagen zur Stabilität des Zustandes der „zurzeit“ in Remission befindlichen depressiven Störung des Klägers lassen aus sich heraus nicht hinreichend erkennen, ob und ggf. auf welcher Grundlage sie über eine Bewertung des seinerzeit aktuellen Befundes hinaus auch die bisherige Entwicklung der hier unter erheblichen dienstlichen Fehlzeiten langjährig aufgetretenen psychischen Probleme des Klägers und beispielsweise auch die in der Vergangenheit – etwa bei Arbeitsversuchen – wiederholt schon bei geringster Belastung aufgetretenen Dekompensationen für die Bescheinigung eines angeblich zuletzt „ausreichend stabil“(en) Zustandes prognostisch mit in den Blick genommen haben. Fehlte es daran, so käme es hier auf die Frage eines grundsätzlichen Vorrangs des Gutachtens eines Bahnarztes vor privatärztlichen Stellungnahmen, auf welchen das Verwaltungsgericht (mit) abgehoben hat, schon gar nicht mehr an. Soweit die Zulassungsbegründung einen solchen Vorrang unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter den hier vorliegenden Verhältnissen in Frage stellt, überzeugt das aber ebenfalls nicht. Denn es lässt sich nach dem Vorstehenden schon nicht feststellen, dass die vom Kläger in Bezug genommenen Befundberichte den Feststellungen des Bahnarztes „substantiiert“ widersprochen haben. Davon abgesehen macht der Inhalt des aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 12. März 2012 erstatteten (abschließenden) bahnärztlichen Gutachtens des Dr. T. deutlich, dass dieser „den vorgelegten Bericht der behandelnden Psychiaterin“ (das zielt ersichtlich auf den seinerzeit schon vorliegenden ärztlichen Befundbericht von Dr. C. vom 7. März 2012) bei seiner Beurteilung sehr wohl berücksichtigt hat. Das gilt auch für dem Umstand, dass der Kläger im Untersuchungszeitpunkt seit vier Wochen wieder einer Tätigkeit nachging. Warum Dr. T. gleichwohl den Kläger im Ergebnis nicht im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG für dienstfähig gehalten hat, hat er in der genannten gutachterlichen Stellungnahme nachvollziehbar erläutert. Dabei ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bahnarzt für seine prognostische Bewertung, ob der Kläger über die aktuell erreichte Kompensation seines Befindens hinaus auch zukünftig in der Lage sein werde, mit der erforderlichen Regelmäßigkeit über einen längeren Zeitraum Dienst zu leisten, nicht nur den damals aktuellen Befund zugrunde gelegt, sondern diesen zugleich im Lichte der gesamten Vorgeschichte mitsamt den dabei gemachten Erfahrungen bei schon geringfügigen dienstlichen Belastungen, die zur psychischen Dekompensation geführt hatten, gewürdigt hat.
10Weiter wendet der Kläger gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ein, dass er auch nicht im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG als dienstunfähig anzusehen (gewesen) sei. Zwar sei er in den sechs Monaten vor seiner Zurruhesetzung über einen längeren Zeitraum erkrankt gewesen. Die weiter vorzunehmende Prognose hätte jedoch nicht ergeben dürfen, dass in den folgenden sechs Monaten keine Aussicht auf Wiederherstellung der Dienstfähigkeit bestanden habe. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten sich nämlich diesbezüglich nicht ausschließlich auf das bahnärztliche Gutachten zurückziehen dürfen. Denn jenes Gutachten stütze sich bei seiner Prognose unzulässigerweise auf die in der Vergangenheit vorhanden gewesenen Leiden und berücksichtige nicht die nach erfolgreicher Therapie erreichte Genesung.
11Das überzeugt nicht, wozu – was die Anforderungen an die Prognose zur Wiederherstellung einer auf Dauer angelegten Dienstfähigkeit betrifft – entsprechend auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden kann. Davon abgesehen ist dieser Vortrag schon nicht erheblich. Denn dann, wenn wie hier das Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG für die Dienstunfähigkeit des Beamten hinreichend nachgewiesen ist, kommt es nicht darauf an, ob zusätzlich auch die besonderen, der Beweiserleichterung dienenden Voraussetzungen nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG erfüllt sind.
12Der Kläger hält das Urteil weiter insofern für unrichtig, als es das Verwaltungsgericht gebilligt habe, dass die Beklagte ihm im Rahmen der Anwendung des § 44 Abs. 3 und 4 BBG auch eine andere, ggf. geringerwertige Tätigkeit bzw. eine Tätigkeit unter Reduzierung der Wochenarbeitszeit nicht habe übertragen müssen. Insofern habe es hier an der dem Dienstherrn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts obliegenden umfassenden Suche nach einer dem Leistungsvermögen des betroffenen Beamten entsprechenden anderweitigen Verwendung gefehlt. Die Beklagte hätte es insbesondere nicht bei den im Jahr 2011 durchgeführten Arbeitsversuchen belassen dürfen, da sich erst im Anschluss daran mit dem Abschluss der durchgeführten Psychotherapie sein Gesamtzustand gebessert habe. Auch ein Rückgriff auf die früheren Fehlzeiten verbiete sich daher in dem betreffenden Zusammenhang.
13Dieses Vorbringen benennt zutreffend die allgemeinen rechtlichen Anforderungen an die Anwendung des § 44 Abs. 3 und 4 BBG, von welchen auch das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen ist. Anerkannt ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass die in Rede stehende, prinzipiell auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu beziehende Suchpflicht im Einzelfall nur dann zum Tragen kommt, wenn bei dem betroffenen Beamten in gesundheitlicher Hinsicht überhaupt noch ein ausreichendes Restleistungsvermögen vorhanden ist, welches ihn befähigt, wenigstens noch einfache dienstliche Aufgaben wahrzunehmen. Kann er dagegen voraussichtlich keinerlei Dienst in einem seiner oder einer anderen Laufbahn zugehörigen Amt mehr leisten oder wären dabei erhebliche Fehlzeiten zu erwarten, so entfällt die Suchpflicht.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, NVwZ 2014, 1319 = juris, Rn. 35, und Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 –, DÖD 2015, 44 = juris, Rn.13; ferner etwa OVG Sachsen-Anhalt,Beschluss vom 20. Dezember 2012 – 1 M 121/12 –, juris, Rn. 11.
15Hieran hat das Verwaltungsgericht (sinngemäß) angeknüpft, indem es im Falle des Klägers das Bestehen eines Restleistungsvermögens auch für Tätigkeiten einfacher Art verneint hat. Es durfte sich für diese Feststellung auch auf Erkenntnisse aus den im Jahre 2011 sowie auch schon in den Jahren davor in einer als ausreichend zu bewertenden Zahl durchgeführten Arbeitsversuchen stützen. Denn unter den hier gegebenen Umständen durften daraus relevante Schlüsse auch für eine Zukunftsprognose gezogen werden. Der Kläger wendet in diesem Zusammenhang gegen das Urteil im Kern nur ein, dass sein nach Abschluss der Psychotherapie zwischenzeitlich gebesserter Gesundheitszustand unberücksichtigt geblieben sei. Dieses Argument greift hier aber – wie schon in anderem Zusammenhang – nicht durch, weil eine nachhaltige Stabilisierung des psychischen Zustands des Klägers, welche eine mögliche Dekompensation schon bei der Wahrnehmung einfacher Diensttätigkeiten im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung über die Versetzung in den Ruhestand unwahrscheinlich gemacht hätte, mangels Substanz der Behandlungsberichte der Fachärztin Dr. C. und der Diplom-Psychologin I. nicht hinreichend dargetan und auch sonst nicht ersichtlich ist. Gegen eine nachhaltige Stabilisierung spricht im Übrigen auch, dass der Kläger – wie in der Antragerwiderung der Beklagten und in dem Gutachten von Dr. T. mitgeteilt – schon in der Vergangenheit stationär psychotherapeutisch behandelt worden war. Das hatte im Ergebnis nicht zu mehr als einer temporären Verbesserung seiner psychischen Konstitution und Stabilität geführt.
16Soweit die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils auf die ggf. bestehende Möglichkeit einer künftigen Reaktivierung des Klägers eingehen, ist dies kein tragender Bestandteil der Begründung der Rechtmäßigkeit des Zurruhesetzungsbescheides. Das Urteil stellt deshalb nicht in Frage, dass ein Beamter, bei dem die rechtlichen Voraussetzungen für eine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht vorliegen, nicht einfach auf den Weg einer evtl. in Betracht kommenden Reaktivierung nach § 46 BBG verwiesen werden darf.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
18Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
Gründe
- 1
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Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor. Aufgrund des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist der Senat darauf beschränkt, über die Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO ausschließlich auf der Grundlage der Beschwerdebegründung zu entscheiden.
- 2
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter. Er leistete seit April 2005 längere Zeit krankheitsbedingt keinen Dienst. Im Jahr 2007 musste er eine Wiedereingliederungsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen für sechs Monate unterbrechen. Seit dem 1. November 2007 erledigte er Büroarbeiten. Nach mehreren weiteren krankheitsbedingten Abwesenheitsphasen leistete der Kläger seit September 2008 keinen Dienst mehr. Auf der Grundlage des polizeiärztlichen und eines vom Polizeiarzt eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens versetzte die Beklagte den Kläger mit Wirkung ab 1. September 2009 vorzeitig in den Ruhestand.
- 3
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Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzlich erfolgreiche Klage gegen die Zurruhesetzungsverfügung abgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es im Wesentlichen, der Kläger sei nicht nur polizeidienstunfähig, sondern allgemein dienstunfähig. Nach den Gutachten könne er aufgrund seiner Erkrankungen auf unabsehbare Zeit keinen Innendienst leisten, weil dabei sog. Flashbacks und Überlastungssituationen auftreten könnten. Die häufigen Abwesenheitszeiten des Klägers bei Verrichtung von Büroarbeiten bestätigten diese Einschätzung. Aufgrund des fehlenden Leistungsvermögens könne der Kläger weder im Polizeidienst noch im allgemeinen Verwaltungsdienst weiterverwendet werden.
- 4
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1. Mit der Grundsatzrüge wirft der Kläger die Rechtsfrage auf, ob die Regelungen über die Polizeidienstunfähigkeit durch Regelungen über die allgemeine Dienstunfähigkeit ergänzt werden können.
- 5
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Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).
- 6
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Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Voraussetzungen, unter denen ein dauerhaft polizeidienstunfähiger Polizeivollzugsbeamter im Polizeidienst oder in einer anderen Laufbahn weiterverwendet werden kann, sind - soweit hier entscheidungserheblich - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
- 7
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Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3, Abs. 2 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind und eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist. Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d.h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann (stRspr; vgl. nur Urteile vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 13 f. und vom 5. Juni 2014 - BVerwG 2 C 22.13 - NVwZ 2014, 1319 Rn. 14
).
- 8
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Für den Polizeivollzugsdienst haben die Länder aufgrund der Ermächtigung des § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG Sonderregelungen für die Dienstunfähigkeit getroffen. Nach § 110 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 25. März 2009 - NBG - (GVBl S. 72) ist ein Polizeivollzugsbeamter dienstunfähig (§ 26 Abs. 1 BeamtStG), wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit), es sei denn, die ausgeübte oder konkret auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt.
- 9
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Der Bedeutungsgehalt dieser Regelung ist insbesondere durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 4.04 - (Buchholz 237.7 § 194 NWLBG Nr. 2) geklärt, das zur weitgehend wortgleichen Vorschrift des § 194 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen ergangen ist.
- 10
-
Danach ist Maßstab der Polizeidienstfähigkeit nicht das abstrakt-funktionelle Amt eines Polizeibeamten bei seiner Beschäftigungsbehörde, sondern sämtliche Ämter der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes. Der Polizeivollzugsbeamte muss zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspricht. Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand scheidet trotz Polizeidienstunfähigkeit aus, wenn der Polizeivollzugsbeamte in einer Funktion des Polizeidienstes verwendet werden kann, deren Aufgaben er erfüllen kann, ohne polizeidienstfähig zu sein (Urteile vom 3. März 2005 a.a.O. S. 2 f. und vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 = Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 jeweils Rn. 10).
- 11
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Die Weiterverwendung im Polizeidienst setzt voraus, dass dort eine Funktion, d.h. ein Dienstposten, zur Verfügung steht, dessen Aufgaben der Beamte dauerhaft, d.h. voraussichtlich bis zum Erreichen der besonderen Altersgrenze, bewältigen kann (Urteil vom 3. März 2005 a.a.O. S. 3 f.). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Dienstherr verpflichtet ist, nach einer derartigen Funktion zu suchen. Insoweit können die Anforderungen herangezogen werden, die das Bundesverwaltungsgericht für die Suchpflicht nach § 42 Abs. 3 BBG a.F. aufgestellt hat (Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 25 f.).
- 12
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Maßstab für die Prüfung der gesundheitlichen Eignung sind die Anforderungen derjenigen Dienstposten, die für eine Weiterverwendung des Polizeivollzugsbeamten zur Verfügung stehen (Urteil vom 3. März 2005 a.a.O. S. 3). Diese Eignungsbeurteilung unterliegt der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 = Buchholz 232.01 § 9 BeamtStG Nr. 1 jeweils Rn. 24 f.).
- 13
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Der Dienstherr ist von der Suche nach einer Funktion für die Weiterverwendung im Sinne des § 110 NBG nur dann entbunden, wenn feststeht, dass der Polizeivollzugsbeamte in dem von § 110 NBG vorgegebenen Zeitraum, d.h. in den nächsten zwei Jahren keinerlei Dienst leisten kann oder erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erwarten sind (vgl. bereits Urteil vom 5. Juni 2014 a.a.O. Rn. 34 f. zur Weiterverwendung nach § 44 Abs. 3 BBG n.F.). Unter dieser Voraussetzung kommt es auf die konkreten Anforderungen der für die Weiterverwendung in Betracht kommenden Dienstposten nicht mehr an. Daher besteht in diesem Fall keine Pflicht zur Suche nach einem solchen Dienstposten im Polizeidienst, weil deren Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann.
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Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht nicht auf die gesundheitliche Eignung des Klägers für eine Funktion im Sinne von § 110 NBG, sondern auf dessen allgemeine Dienstfähigkeit im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtG abgestellt. Dies wirkt sich indessen im Ergebnis nicht aus, weil das Oberverwaltungsgericht seine nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden, weil nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen dahingehend gewürdigt hat, dass der Kläger im maßgebenden Zeitraum außerstande war, ohne erhebliche Fehlzeiten Dienst auch nur in Form von Bürotätigkeit zu leisten. Davon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht folgerichtig angenommen, eine Suchpflicht nach einer Funktion im Sinne von § 110 NBG habe nicht bestanden.
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Entsprechendes gilt für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung außerhalb des Polizeidienstes nach § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG. Diese Regelungen finden auch für Polizeivollzugsbeamte Anwendung, weil die Länder nach § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG nicht zur Regelung der weiteren Voraussetzungen für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand befugt sind. Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 2 BeamtStG setzt allerdings regelmäßig die allgemeine Dienstfähigkeit des Polizeivollzugsbeamten voraus. Eine Suchpflicht besteht nicht, wenn feststeht, dass er generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist. Besteht auch diese nicht, muss er vorzeitig in den Ruhestand zu versetzt werden (vgl. Urteil vom 5. Juni 2014 a.a.O. Rn. 34 f.).
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Davon ist das Oberverwaltungsgericht aufgrund seiner bindenden tatsächlichen Feststellungen ausgegangen.
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2. An die einzelfallbezogene rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts zur krankheitsbedingten Unmöglichkeit einer Weiterverwendung des Klägers innerhalb und außerhalb des Polizeidienstes ist der Senat gebunden, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass den zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anhaftet.
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Die Rüge, der Dienstherr habe die Suche nach einer Funktion im Sinne von § 110 NBG und nach einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 2 BeamtStG rechtsfehlerhaft unterlassen, ist nicht geeignet, einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO darzulegen. Dieser gesetzliche Begriff erfasst Verstöße des Gerichts gegen verwaltungsprozessrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, nicht aber Fehler des Verwaltungsverfahrens (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - NVwZ-RR 2008, 477 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2 jeweils Rn. 3).
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In Bezug auf die Suche nach einer anderweitigen Verwendung scheidet ein Verstoß des Oberverwaltungsgerichts gegen die Pflicht zur gerichtlichen Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO aus, weil nach dessen insoweit maßgebenden Rechtsauffassung keine Suchpflicht bestanden hat. Die Aufklärungspflicht verlangt nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil deren Ergebnis nach seinem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich ist (stRspr; Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 5 S. 58 f.; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 1 f.).
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Die Rüge des Klägers, die polizei- und fachärztlichen Untersuchungen seien nicht verwertbar, weil ihnen keine rechtmäßige Untersuchungsanordnung zugrunde gelegen habe, kann bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil sich der Kläger den Untersuchungen unterzogen hat. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung ist jedenfalls nach Erstellung und Bekanntgabe des Gutachtens ohne Bedeutung (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. jeweils Rn. 18).
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Auch die Rüge, die dem Berufungsurteil zugrunde liegende ärztliche Bewertung sei nicht umfassend und stehe in Widerspruch zu der Bewertung des Polizeiarztes aus den Jahren 2007 und 2008, ist nicht geeignet, einen Verstoß des Oberverwaltungsgerichts gegen die Aufklärungspflicht darzulegen.
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Über die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens entscheidet das Tatsachengericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO). Seine Weigerung, ein weiteres Gutachten einzuholen, findet im Prozessrecht nur dann keine Stütze, wenn das bereits vorliegende Gutachten nicht geeignet ist, dem Gericht die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist etwa der Fall, wenn das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass gibt, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln. Ein weiteres Gutachten muss nicht schon dann eingeholt werden, wenn ein Beteiligter ein vorliegendes Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr; vgl. nur Beschlüsse vom 26. Februar 2008 a.a.O. Rn. 29 und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - NJW 2009, 2614 = Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 jeweils Rn. 7).
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Einen derartigen Mangel der Gutachten des Polizeiarztes und der von ihm beauftragten Fachärztin hat der Kläger nicht nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, weil die Beschwerdebegründung insoweit völlig unsubstanziiert ist. Es fehlt jede Auseinandersetzung mit den Diagnosen und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen der Ärzte. Auch geht der Kläger nicht darauf ein, dass das Oberverwaltungsgericht eingehend dargelegt hat, die Einschätzung des Polizeiarztes werde durch den beruflichen Werdegang des Klägers seit 2005 bestätigt.
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3. Die Divergenzrüge genügt offensichtlich den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht; der Kläger hat sie mit keinem Wort begründet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 5 Nr. 1 GKG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.