Verwaltungsgericht Minden Urteil, 10. Sept. 2015 - 4 K 2457/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der geborene Kläger wurde am 1. September 1993 in den Polizeivollzugsdienst des Landes I. eingestellt und steht seit dem 1. Juli 2001 im Dienst des beklagten Landes, seit April 2002 im Rang eines Kommissars (A 9).
3Nachdem es bereits im Jahr 2002 Hinweise auf einen psycho-physischen Erschöpfungszustand gegeben und der Kläger im Jahr 2005 über aus seiner Sicht stressbedingte Krankheitssymptome (Magenschleimhaut- und Gallenblasenentzündung) geklagt hatte, wandte sich der Kläger mit Mail vom 19. Mai 2011 an den Polizeiarzt Dr. L. und bat um einen Untersuchungstermin und, gegebenenfalls, die Befürwortung eines Kuraufenthaltes. Er leide nach der Diagnose seines Hausarztes an einem akuten psycho-somatischen Erschöpfungssyndrom, das mit Antriebslosigkeit, Weinkrämpfen, Schlaflosigkeit, Nervositätsschüben, Ängsten, Magenschleimhautbeschwerden und Kopfschmerzen einhergehe. Er selbst mache Probleme im familiären Bereich für seine Beschwerden verantwortlich. Die von ihm so genannten "Nackenschläge" hätten ihn aktuell zu einem absoluten mentalen Tiefpunkt gebracht, in dem ihm jegliche Motivation, Lebensfreude und Kraft fehle, um seine alltäglichen Aufgaben zu meistern.
4Dr L. verwies in seiner Antwort vom selben Tag auf die Notwendigkeit einer akuten ambulanten fachärztlichen Hilfe. Er werde dem Kläger einen entsprechende Überweisung zukommen lassen. Erst nach einem Scheitern der ambulanten fachärztlichen Bemühungen komme eine Reha-Maßnahme in Betracht.
5Am 26. Oktober 2011 meldete sich der Kläger krank. Am nächsten Tag wurde er von dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T. in Q. , an den ihn der Polizeiarzt überwiesen hatte, untersucht. Dieser stellte unter dem 10. November 2011 die Diagnose "Reaktive Depression". Aus seiner Sicht sei primär eine Gesprächstherapie zur Klärung der Lebenssituation und Krankheitsbewältigung indiziert, er habe diesbezüglich delegiert. Ein Antidepressivum werde vom Kläger nicht gewünscht. Ein Beratungsgespräch zur aktuellen Konfliktlösung habe stattgefunden. Die Krankschreibung dauerte an bis zum 5. Januar 2012.
6Die von Dr. T. vorgeschlagene ambulante Psychotherapie konnte nicht durchgeführt werden, da der Kläger - nach seinen Angaben - vor Ort nicht zeitnah einen Therapeuten fand. Auf Anraten des Polizeiarztes Dr. L. begab sich der Kläger deshalb vom 24. April bis zum 19. Juni 2012 in stationäre psychosomatische Behandlung in einer Klinik in C. Q1. . Von dort wurde er als dienstfähig entlassen.
7Ab dem 12. März 2013 war der Kläger wieder krankgeschrieben, bis zum 12. April 2013. Mit Schreiben vom 15. Mai 2013 machte man ihm ein Gesprächsangebot im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM), das er nicht annahm.
8Unmittelbar nach Rückkehr aus einem Erholungsurlaub meldete sich der Kläger am 26. August 2013 erneut krank. Unter dem 28. August 2013 bat er schriftlich, ihn von seiner Tätigkeit in der Direktion Kriminalität in X. zu entbinden und ihn zur Direktion Gefahrenabwehr der Polizeihauptwache I1. umzusetzen. Aufgrund gesundheitlicher Probleme und seiner persönlichen Lebensumstände fühle er sich nicht mehr in der "mentalen Lage, die gestellten Aufgaben motiviert und anspruchsvoll zu bewältigen". Die beantragte Umsetzung solle "dazu führen, in einem neuen dienstlichen bzw. sozialen Umfeld zu alter mentaler Stärke zurückzufinden".
9Auf Aufforderung des Landrates vom 2. September 2013 stellte sich der Kläger am 9. September 2013 zur Untersuchung bei dem Polizeiarzt Dr. L1. in E. vor, der den Kläger bis zum 6. Oktober 2013, später bis zum 5. Januar 2014, weiter krankschrieb. Es bestehe ein längerfristiges Krankheitsbild. Von einer Wiederherstellung der bisherigen Einsatz- und Verwendungsfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre sei aber auszugehen. Therapiemaßnahmen seien eingeleitet worden. Vermutlich könne innerhalb der nächsten sechs Monate eine Wiedereingliederung beginnen. Noch am gleichen Tag zog der Kläger seinen Antrag auf Umsetzung zurück.
10Der Hausarzt des Klägers verlängerte die Krankschreibung in der Folgezeit zumindest bis zum 4. Juni 2014.
11In einer Stellungnahme vom 2. Oktober 2013 äußerte sich der Leiter des Kriminalkommissariats 3 in X. , EKHK Q2. , zu Auffälligkeiten im Verhalten des Klägers. Wegen der Einzelheiten des Inhalts wird auf Blatt 27 ff. der Beiakte I verwiesen.
12Nach Beteiligung des Personalrates forderte der Beklagte den Kläger unter dem 30. Oktober 2013 auf, sich zwecks gutachterlicher Stellungnahme zu seiner Polizeidienst- und Dienstfähigkeit sowie seiner konkreten Verwendungsbreite beim Polizeigutachter des Landesamts für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW - LAFP - vorzustellen. Dort erteilte der zuständige Dr. Q3. nach einer Untersuchung des Klägers am 18. November 2013 einen Auftrag für ein psychiatrisches Zusatzgutachten, das der beauftragte Dr. N. -L2. von der LWL-Klinik Marsberg nach drei Untersuchungsterminen (am 3., 8. und 15. Januar 2014) unter dem 27. Januar 2014 erstellte. Nach der Diagnose gemäß ICD 10 liege beim Kläger eine "leichte bis mittelgradige depressive Episode bei kombinierter Persönlichkeitsakzentuierung mit dependenten, zwanghaften und narzisstischen Zügen F32.1" vor. Es bestehe aber keine Persönlichkeitsänderung von einem so hohen Ausmaß, dass von einer Persönlichkeitsstörung gesprochen werden könne. Um der sich abzeichnenden Chronifizierung entgegen zu wirken, müsse psychotherapeutisch neben den weiterhin sinnvollen verhaltenstherapeutischen Ansätzen die Psychogenese unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten aufgegriffen und bearbeitet werden. Eine Psychopharmakotherapie in Form einer suffizienten antidepressiven Medikation erfolge erst seit kurzem und habe daher noch keine nachhaltigen Effekte bewirkt. Die Symptomatik des Klägers unterscheide sich von klassischen endogenen, phasisch verlaufenden Episoden, die in erster Linie pharmakologisch behandelt würden. Bei ihm seien klinische Aspekte einer sog. atypischen Depression mit Gewichtszunahme und Hypersomnie verwirklicht. Die antidepressive Medikation stelle deshalb nur eine flankierend unterstützende Ergänzung der Behandlung dar. Als hauptsächliche oder alleinige Maßnahme wäre sie nicht adäquat, da die psychodynamisch begründeten Konflikte auf dem Boden der kombinierten Persönlichkeitsakzentuierung als tragende Problematik in erster Linie eine psychotherapeutische Herangehensweise erforderten.
13Abschließend führt der Gutachter aus (Gutachten ab S. 29):
14"Zusammenfassend handelt es sich bei Herrn X1. um einen bisher psychisch nicht wesentlich auffälligen Mann mittleren Lebensalters, der durch ein ungünstiges Zusammenwirken externer und innerer psychosozialer Konfliktfelder in einen narzisstischen Versagenszustand geraten ist. Dabei ist zu betonen, dass es sich bei Herrn . nicht um einen primär in seiner Struktur überwiegend narzisstisch geprägten Menschen handelt. Allerdings besteht der innere Konflikt in einer narzisstischen Selbstwertproblematik, die in der Lebensgeschichte des Probanden ihre Verankerung und Entsprechung findet. Modulierend spielt eine gewisse Empfindlichkeit und sensitive Reaktionsbereitschaft eines anankastischen, das heißt im Sinne dieser Charakterstruktur zwanghaften, also pflichtbewussten und mit einem hohen Anspruchsniveau an seine Person ausgestatteten Menschen eine Rolle. Diese Konstellation ist persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben und somit nicht kurzfristig auflösbar. …
15Es bedarf deshalb einer weiteren intensiven Psychotherapie, die neben verhaltenstherapeutischen auch die biografisch verankerten tiefenpsychologische[n] Aspekte aufgreift. Diese sollte von einer angemessen dosierten und gut verträglichen antidepressiven Psychopharmakotherapie flankiert werden. Zwar stellen die rigiden, in der Persönlichkeit verankerten starren Reaktionsstereotypien des Probanden eine therapeutische Schwierigkeit dar. Andererseits orientiert sich die Prognose im Falle des Probanden … auch bis zu einem gewissen Maße an willentlichen, nicht primär krankheitswertigen Verhaltens- und Bedingungseinflüssen. Unter diesen Voraussetzungen ist grundsätzlich von einer günstigen Prognose auszugehen.
16Die Psychotherapie sollte vorzugsweise auf ambulantem Wege erfolgen, um einer Chronifizierung der Symptomatik bzw. gar einer möglichen Hospitalisierung vorzubeugen. Sie sollte den Wiedereingliederungsprozess des Probanden in den beruflichen Wiedereinstieg nicht aufhalten bzw. weiter verzögern, sondern sich mit der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit überlappen bzw. diese begleiten. Von einer weiteren Aussetzung aus dem Arbeitsprozess ist kein klinischer Fortschritt zu erwarten, eher eine weitere Verfestigung der Problematik mit einer Zunahme negativ geprägter Erwartungsängste und des Vermeidungsverhaltens.
17Somit ist Herr X1. aus meiner Einschätzung grundsätzlich dienstfähig. …"
18Unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Zusatzgutachten kam der zuständige Polizeiarzt, LRMD Dr. Q3. , in seinem polizeiärztlichen Gutachten vom 14. Februar 2014 zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Zeitpunkt der Gutachtener-stellung nicht polizeidienstfähig war und auch nicht zu erwarten sei, dass er die volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wieder erlangen werde. Es bestehe auch keine allgemeine Dienstfähigkeit.
19Im Einzelnen führt der Polizeiarzt in seinem Gutachten (ab Seite 10) aus:
20"Wesentliche Elemente der psychosozialen Konfliktsituation des Beamten, die zu der Erkrankung mindestens beigetragen haben, liegen im privaten Umfeld des Betroffenen. Auch eine im Sinne des Beamten optimale Arbeitsumgebung wird nicht dazu führen, dass sich die Konflikte im privaten Umfeld dadurch lösen ließen. Schlüssel für eine denkbare Genesung … ist eine umfangreiche und damit auch langfristige psychotherapeutische Behandlung mit tiefenpsychologischem Schwerpunkt begleitet von einer effizienten Pharmakotherapie. Solange eine solche Behandlung nicht abgeschlossen ist, ist nicht davon auszugehen, dass die Dienstfähigkeit des Beamten wiederhergestellt ist. Nach dem mittlerweise jahrelangen Krankheitsprozess … ist nunmehr allenfalls eine Pharmakotherapie begonnen worden, deren Ende derzeit nicht absehbar ist.
21Nach dem psychiatrischen Gutachten von Herrn Dr. N. -L2. … (wird ausgeführt). Diese Konstellation ist persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben und somit nicht kurzfristig auflösbar. Es bedarf daher einer weiteren intensiven Psychotherapie, die neben verhaltenstherapeutischen … auch die biographisch verankerten tiefenpsychologischen Aspekte aufgreift. …
22Eine solche Befundkonstellation führt zu einer fehlenden gesundheitlichen Eignung für die komplexen Tätigkeiten des Polizeivollzugsdienstes. … Es ist aus Sicht des Unterzeichners nicht davon auszugehen, dass der Beamte infolge seiner besonderen psychischen Veranlagung oder Verfassung … innerhalb der nächsten zwei Jahre geeignet sein wird, die besonderen gesundheitlichen Erfordernisse des Polizeivollzugsdienstes zu erfüllen. Daher besteht bei dem Beamten Polizeidienstunfähigkeit.
23Hinsichtlich der allgemeinen Dienstfähigkeit besteht angesichts der noch anstehenden umfangreichen psychotherapeutischen Behandlung in Verbindung mit einer Psychopharmakotherapie auch keine allgemeine Dienstfähigkeit. …"
24Der Polizeiarzt stellte weiter fest, dass der Kläger eingeschränkt sei bei Tätigkeiten mit besonderen psychischen Belastungen (z.B. Todesermittlungen, Sexualdelikte, Zeitdruck, Vorgangsdruck) sowie beim Schießen und bei Eingriffstechniken. Ferner sei er zeitlich nicht uneingeschränkt verwendbar, denn er sei weder im (Wechsel-) Schichtdienst oder Bereitschaftsdienst noch im Wochenend- oder Nachtdienst verwendbar. Auch bei der polizeilichen Aufgabenverrichtung gebe es Einschränkungen, etwa bei der Ausübung des Außendienstes, bei einem körperlichen Einsatz gegen Rechtsbrecher, beim Führen von und dem Zugriff auf Schusswaffen. Insgesamt ergebe sich damit eine Polizeidienstunfähigkeit. Mit der Wiederherstellung der gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst innerhalb der nächsten zwei Jahre sei nicht zu rechnen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 46 ff. der Beiakte I verwiesen. Das Gutachten wurde gegengezeichnet durch den LRMD Dr. I2. .
26In einer ergänzenden Stellungnahme zur Möglichkeit eines Laufbahnwechsels vom 6. Mai 2014 führte der Polizeiarzt aus:
27"… Zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung besteht bei dem Beamten allgemeine Dienstunfähigkeit. Das Restleistungsvermögen zum Zeitpunkt der Begutachtung schließt einen Laufbahnwechsel aus. Die Ausübung einer verwaltungsdienstlich geprägten Innendienstfunktion war dem Beamten bereits vor Gutachtenerstellung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Er wurde ja schon zum damaligen Zeitpunkt in einer geschützten Innendienstfunktion mit reduzierter Vorgangsbelastung eingesetzt und gleichwohl kam es zu erheblichen Ausfallzeiten. Daher ist auch diese Option zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgversprechend."
28Mit Schreiben vom 28. Februar 2014 waren der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt worden. Der Personalrat stimmte der Zurruhesetzung in seiner Sitzung am 2. April 2014 zu.
29Mit Attest vom 15. Mai 2014 erklärte der Hausarzt, Dr. G. , der physische und psychische Zustand des Klägers habe sich stabilisiert. Er könne ab dem 5. Juni 2014 wieder ins Berufsleben eintreten.
30Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2014 zu der beabsichtigten Zurruhesetzung an. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass es nicht möglich sei, den Kläger bei der Kreispolizeibehörde I1. einzusetzen. Eine Verwendung in anderen Behörden oder anderen Aufgabenbereichen sowie ein Laufbahnwechsel kämen im Hinblick auf die laut polizeiärztlichem Gutachten zunächst durchzuführende umfangreiche psychotherapeutische Behandlung und Psychopharmaka-Therapie ebenfalls nicht in Betracht. Nach dem Gutachten sei auch ein optimiertes Arbeitsumfeld nicht geeignet, die gesundheitlichen Konflikte aufzulösen. Aufgrund des Krankheitsbildes bestehe keine Möglichkeit einer anderen Verwendung.
31Der Kläger äußerte sich in einem Schreiben vom 12. Juni 2014 ausführlich zu der geplanten Zurruhesetzung. Insbesondere monierte er, dass der Polizeiarzt bei Zugrundelegung des fachärztlichen Gutachtens zu völlig anderen Ergebnissen komme als der Facharzt. Insoweit liege ein Bruch in der Argumentation vor. Im Übrigen habe sich die private Lebensumfeld-Situation durch den Auszug der älteren Adoptivtochter inzwischen wesentlich entspannt. Mit Schreiben vom 10. September 2014 ergänzte er, dass er bei dem Diplom-Psychologen Reinhold in Q4. eine tiefenpsychologische Behandlung aufgenommen habe. Er sei voll dienstfähig und auch voll polizeidienstfähig. Einem Gutachten des Therapeuten S. vom 12. Juni 2015 ist zu entnehmen, dass die Behandlung am 4. September 2014 begonnen und bis zum 10. November 2014 acht Termine stattgefunden hatten.
32Mit Verfügung vom 18. September 2014 versetzte der Beklagte den Kläger wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats in den Ruhestand. Wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Blatt 15 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
33Am 16. Oktober 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente.
34Der Kläger beantragt,
35den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2014 aufzuheben.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der beim Kläger gegebenen Diagnose dieser bei günstigem Verlauf einer umfangreichen psychotherapeutischen Behandlung in Verbindung mit einer entsprechenden Medikamentierung seine Dienstfähigkeit wohl wieder erlangen könne, dass aber bis zum Abschluss dieser Behandlung von einer allgemeinen und einer Polizeidienstunfähigkeit auszugehen sei. Der Polizeiarzt habe eine erneute Begutachtung nach Ablauf von zwei Jahren empfohlen.
39Mit Schriftsatz vom 18. März 2015 hat der Kläger zwei ärztliche Stellungnahmen vorgelegt. Der Therapeut S. aus Q4. bescheinigt darin unter dem 18. Oktober 2014, dass er eine chronisch verlaufende oder rezidivierende Depression ausschließe. Er halte den Kläger nach aktuellem Eindruck für uneingeschränkt arbeitsfähig. Ein Dr. med. S1. T1. von der "Neuropsychiatrischen Gutachten-praxis" in B. hatte unter dem 6. August 2014 zum polizeiärztlichen Gutachten vom 14. Februar 2014 Stellung genommen.
40Mit weiterem Schriftsatz vom 3. Juli 2015 hat der Kläger ein "Tiefenpsychologisches Gutachten" seines Therapeuten S. überreicht, in dem dieser unter dem 12. Juni 2015 nach acht Therapiestunden zwischen September und November 2014 erklärt, die depressive Dekompensation des Klägers sei, wie von ihm, dem Therapeuten, von Anfang vermutet, "nur eine längere Reaktion auf eine besondere soziale Konfliktsituation" gewesen. Er halte den Kläger deshalb - auch bezüglich aller polizeirechtlichen Sonderrechte - für uneingeschränkt dienstfähig.
41Der Polizeiarzt Dr. Q3. , ist in der mündlichen Verhandlung am 10. September 2015 ergänzend zu seinem Gutachten vom 14. Februar 2014 gehört worden. Wegen des Inhaltes seiner Erläuterungen wird auf die Niederschrift der Verhandlung verwiesen.
42Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der dazu vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe:
44Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Zurruhesetzungsbescheid vom 18. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Verfügung ist materiell- (dazu I.) und formellrechtlich (dazu II.) nicht zu beanstanden.
45I. Die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ohne seinen Antrag beurteilt sich danach, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist. Danach eingetretene wesentliche Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen.
46Ständige Rechtsprechung, vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, juris, Rdn. 16; siehe auch SächsOVG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - 2 A 756/11 -, juris, Rdn. 10.
47Materiellrechtlich richtet sich die Zurruhesetzung nach § 26 Abs. 1 und 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - i.V.m. § 116 Abs. 1 und 3 Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen - LBG -. Danach sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind und eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist.
48Für den Polizeivollzugsdienst hat das beklagte Land aufgrund der Ermächtigung des § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG Sonderregelungen für die Dienstunfähigkeit getroffen. Nach § 116 Abs. 1 LBG ist ein Polizeivollzugsbeamter dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 BeamtStG, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit), es sei denn, die ausgeübte oder konkret auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt.
49Durch den zuletzt zitierten Halbsatz werden nicht die Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit eingeschränkt, sondern die Norm ermächtigt den Dienstherrn, den polizeidienstunfähig gewordenen Beamten unter den dort genannten Voraussetzungen weiter im Polizeivollzugsdienst zu verwenden.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4.04 -, juris, zum gleichlautenden § 194 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW a.F.
51Anders als bei der sog. allgemeinen Dienstfähigkeit im Sinne von § 26 BeamtStG ist damit Maßstab für die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit nicht das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, also die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann, sondern für den Maßstab sind sämtliche Ämter der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes in den Blick zu nehmen. Der Polizeivollzugsbeamte muss grundsätzlich zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Stellung einsetzbar sein, die seinem statusrechtlichen Amt entspricht. Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand scheidet aber trotz Polizeidienstunfähigkeit aus, wenn der Polizeivollzugsbeamte in einer Funktion des Polizeidienstes verwendet werden kann, deren Aufgaben er erfüllen kann, ohne polizeidienstfähig zu sein.
52BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, juris, Rdn. 10 m.w.N.
53Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung eines Polizeibeamten in den Ruhestand ist damit, dass (1.) der Betroffene im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung polizeidienstunfähig im Sinne von § 116 Abs. 1 Halbsatz 1 LBG ist, dass (2.) die Voraussetzungen von § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG für eine Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst trotz Polizeidienstunfähigkeit zu dem Zeitpunkt nicht vorliegen und dass (3.) eine Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn - etwa in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst - im Sinne von § 116 Abs. 3 LBG ebenfalls nicht in Betracht kommt. Alle drei Kriterien sind hier gegeben.
541. Das beklagte Land hat zu Recht zugrunde gelegt, dass der Kläger im September 2014 polizeidienstunfähig war. Er genügte zu dem Zeitpunkt nicht mehr den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst (a), und es war nicht zu erwarten, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangen würde (b).
55a) Wie oben bereits ausgeführt, setzt die Polizeidienstfähigkeit voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 - 2 C 4.04 -, juris, Rdn. 9 m.w.N.
57Dabei ist zugrunde zu legen, dass der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche aber auch psychische Leistungsfähigkeit erfordern.
58Vgl. zur physischen Leistungsfähigkeit BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 ‑ 2 B 52.03 -, juris, Rdn. 5.
59Bei der (Polizei)Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu.
60Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, juris, Rdn. 10.
61Die Versetzung eines (Polizei)Beamten in den vorzeitigen Ruhestand wegen Polizeidienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkung in physischer und/oder psychischer Hinsicht voraus. Dieser Beurteilungsvorgang erfordert in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend setzt die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit die Einholung eines amtlichen Gutachtens der unteren Gesundheitsbehörde oder ein Gutachten eines beamteten Polizeiarztes voraus, vgl. § 116 Abs. 2 LBG.
62Dieses Gutachten muss seinerseits gewissen Anforderungen genügen, die sich nach seinem Zweck richten. Auf der Grundlage des Gutachtens trifft die Behörde - und gegebenenfalls später das Gericht - die Schlussfolgerung, ob der Beamte angesichts des festgestellten Gesundheitszustandes weiterhin dienstfähig ist.
63Eine gutachtliche Stellungnahme im Zurruhesetzungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ob er im Falle der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann. Bei der Beurteilung der - hier spezifisch polizeivollzugsdienstrechtlichen - Frage der Dienstfähigkeit des Beamten sind entscheidend die Auswirkungen seines körperlichen Zustandes oder der gesundheitlichen Gegebenheiten auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Es kommt dabei in der Regel darauf an, ob der Beamte auf Grund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten bei der Beschäftigungsbehörde dauernd unfähig ist; in manchen Fällen werden allerdings schon Art und Ausmaß der einzelnen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Qualifikation als solche auf die Annahme der Dienstunfähigkeit führen können.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2014 - 1 B 807/14 -, juris, Rdn. 24, mit Verweis auf Senatsurteil vom 9. Mai 2011 - 1 A 440/10 -, juris, Rdn. 87.
65Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes ärztliches Gutachten muss bestimmten Anforderungen genügen: Es darf sich nicht auf die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses beschränken, sondern muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe mitteilen, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Das Gutachten muss danach sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d. h. die in Bezug auf die Beamtin bzw. auf den Beamten erhobenen Befunde, enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit der Beamtin bzw. des Beamten, ihr bzw. sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben.
66Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, juris, Rdn. 12, m.w.N., und OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2014 - 1 B 807/14 -, juris, Rdn. 22.
67Das Gutachten muss es aber auch dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amts- oder Polizeiarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es deshalb auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an
68Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 2014 - 2 B 49.12 -, juris, Rdn. 9, m.w.N.
69Das hier zugrunde gelegte polizeiärztliche Gutachten vom 14. Februar 2014 genügt ‑ jedenfalls mit den ergänzenden Erläuterungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung - den soeben dargelegten Anforderungen.
70Die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt finden sich insbesondere auf Seite 6 f. Der Gutachter stellt dort, nachdem er zuvor durch Inbezugnahme des behördlichen Anschreibens die weiter zurück liegende Krankengeschichte aufgegriffen hat, dar, dass der Kläger im Zeitpunkt der Gutachtenerstellung erneut seit ca. sechs Monaten dienstunfähig erkrankt war, und dass es in den Jahren seit 2010 bereits erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten, zwischen 24 und 98 Arbeitstagen, gegeben hatte. Er führt unter anderem auch aus, dass der Kläger subjektiv die Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit davon abhängig macht, dass insbesondere im dienstlichen Bereich Kränkungen von Kollegen ausbleiben. Insoweit besteht aber nach der Einschätzung des Arztes "eine erhebliche Einbuße seiner psychophysischen Belastbarkeit und ein intensives emotionales Stressmoment".
71Medizinisch schlussfolgert der Polizeiarzt, dass bei dem Kläger eine Störung der seelischen Gesundheit vorliege. In seiner Persönlichkeit imponierten dependente, zwanghaft anankastische und narzisstische Wesenszüge, die in ihrem kombinierten Zusammenwirken die Psychogenese der Symptomatik verstehbar machten. Jedoch bestehe keine Persönlichkeitsänderung von einem so hohen Ausmaß, dass von einer Persönlichkeitsstörung ausgegangen werden müsse. Es bestehe eine mittelgradige depressive Symptomatik, die grundsätzlich einer Therapie zugänglich sei. Allerdings liege keine klassische endogene, phasisch verlaufende depressive Episode vor, die in erster Linie pharmakologisch behandelt werden müsse. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eine sogenannte atypische Depression gegeben sei. Bei der stehe die antidepressive Medikation nur flankierend als unterstützende Ergänzung der Behandlung zur Verfügung. Erforderlich sei einer weitere intensive Psychotherapie, die neben verhaltenstherapeutischen auch biographisch verankerte tiefenpsychologische Aspekte aufgreife. Da die Konstellation beim Kläger persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben sei, sei sie nicht kurzfristig auflösbar. Die rigiden, in der Persönlichkeit des Klägers verankerten Reaktionsstereotypien stellten eine therapeutische Schwierigkeit dar. Andererseits orientiere sich die Prognose auch an willentlichen, nicht primär krankheitsbedingten Verhaltens- und Bedingungseinflüssen. Bei entsprechender zumutbarer Willensanstrengung des Klägers sei deshalb grundsätzlich von einer günstigeren Prognose auszugehen.
72Im Anschluss stellt der Polizeiarzt dar, dass eine solche Befundkonstellation zu einer fehlenden gesundheitlichen Eignung für die komplexen Tätigkeiten des Polizeivollzugsdienstes führt. Das ist zum einen unmittelbar nachvollziehbar. Zum anderen hat der Arzt in der mündlichen Verhandlung weiter erläutert, dass die erforderliche Psychotherapie, die von einer Behandlung mit Psychopharmaka begleitet wird, um zum Erfolg führen zu können eines verlässlichen Tag-/Nacht-Rhythmus bedarf und der Patient ausreichend Schlaf bekommen muss. Damit scheiden aus gesundheitlichen Gründen alle Schichtdienste aus, die zentraler Bestandteil des Polizeivollzugsdienstes sind.
73b) Zu der Frage, ob, wie von § 116 Abs. 1 Halbsatz 1 Teil 2 LBG NRW für das Vorliegen einer Polizeidienstunfähigkeit gefordert, auch "nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt", finden sich bereits im schriftlichen Gutachten einige Anhaltspunkte. Im Ergebnis geht der Polizeiarzt nicht davon aus (S. 11), dass der Kläger "infolge seiner besonderen psychischen Veranlagung oder Verfassung und hier ist ausdrücklich nicht nur ein krankheitswertiger Befund gemeint, innerhalb der nächsten zwei Jahre geeignet sein wird, die besonderen gesundheitlichen Erfordernisse des Polizeivollzugsdienstes zu erfüllen". In Bezug auf die von ihm zuvor für erforderlich und durchaus erfolgversprechend gehaltene weitere intensive Psychotherapie mit verhaltenstherapeutischen insbesondere aber auch mit tiefenpsychologischen Aspekten und begleitender antidepressiver pharmakologischer Behandlung spricht er an verschiedenen Stellen davon, dass diese "langfristig" sein müsse (S. 10), dass die (psychische) Konstellation des Klägers "nicht kurzfristig auflösbar" sei (S. 9) und dass "mittelfristig" eine Änderung der Selbstwahrnehmung und eine positive Beeinflussung auf der Symptomebene möglich sei (S. 8).
74In der mündlichen Verhandlung hat der Polizeiarzt auf Nachfrage des Gerichts dazu ergänzend erläutert, eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, wie sie beim Kläger angezeigt gewesen sei, sei in der Regel auf einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren ausgelegt, manchmal dauere sie auch länger. Mit Blick auf die vom Fachgutachter dargestellte Situation des Klägers und aufgrund der eigenen langjährigen Erfahrung sei er davon ausgegangen, dass eine entsprechende Therapie beim Kläger bis zu einem erfolgreichen Abschluss mindestens zwei Jahre erfolgen müsse. Dagegen spreche auch nicht, dass der Kläger subjektiv der Überzeugung sei, dass er nach acht besonders effektiven Therapiestunden in einem Zeitraum von etwa drei Monaten ab September 2014 seine psychische Gesundheit in vollem Maße wieder erlangt habe. Eine solch schnelle und gegebenenfalls nachhaltige Gesundung halte er nach seiner Erfahrung für ausgeschlossen.
75Beides ist für das Gericht ohne Weiteres nachvollziehbar. Nach den Ausführungen des zugezogenen Fachgutachters ist nicht davon auszugehen, dass es sich beim Kläger um eine relativ einfach und zügig änderbare Persönlichkeitskonstellation handelt, zumal die Problematik im Zeitpunkt der Begutachtung bereits seit mehreren Jahren andauerte und die zugrunde liegenden Belastungen sowohl aus dem familiären als auch aus dem beruflichen Bereich herrühren. Eine stationäre Behandlung im Jahr 2012 war weitgehend ohne Erfolg geblieben. Bereits zur damaligen Therapie heißt es, dass der Kläger sich "nur sehr zäh und mühsam aus der subjektiven Fehlbetrachtung habe lösen können". Er habe sich "in auffallender Weise abhängig von Lob und Anerkennung" gezeigt. Der weitere Verlauf habe nahe gelegt, "dass sich die Symptomatik weiter chronifiziert und sich eine Fehlhaltung zementiert". Der Fachgutachter führt weiter aus, dass die von ihm beschriebene Konstellation "persönlichkeitsimmanent strukturell vorgegeben [sei] und somit nicht kurzfristig auflösbar". Zudem stellten "die rigiden, in der Persönlichkeit verankerten starren Reaktionsstereotypien … eine therapeutische Schwierigkeit dar", die aber unter bestimmten Voraussetzungen einer günstigen Prognose nicht entgegen stünden. Dass der Polizeiarzt vor diesem Hintergrund von der Erforderlichkeit einer langfristigen, mindestens zwei Jahre dauernden Therapie ausging, ist für das Gericht überzeugend. Auch die Zweifel, die er an dem Erfolg und der Nachhaltigkeit der vom Kläger in der Praxis für Psychotherapie des Herrn S2. zwischen September und November 2014 absolvierten Therapie geäußert hat, sind für das Gericht nach dem Eindruck, den es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, nachvollziehbar.
76Damit ist das beklagte Land im Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung auf der Grundlage des polizeiärztlichen Gutachtens aus Februar 2014 zu Recht von einer Polizeidienstunfähigkeit des Klägers im Sinne von § 116 Abs. 1 Halbsatz 1 LBG NRW ausgegangen.
77Das Gericht weist insoweit ergänzend darauf hin, dass das Gutachten nicht deshalb als medizinische Grundlage für die Feststellung der Dienstunfähigkeit ausscheidet, weil die Untersuchungen im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand schon etwa sieben Monate zurücklagen. Grundsätzlich ist die Zurruhesetzung eines Beamten zwar auf eine aktuelle medizinische Tatsachengrundlage zu stellen. Das Ergebnis einer länger zurückliegenden Untersuchung genügt als Grundlage aber dann, wenn ‑ im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides ‑ eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustands des Beamten nicht zu erwarten war und belastbare Anhaltspunkte für eine solche Veränderung weder von dem Beamten selbst vorgebracht wurden noch sonst ersichtlich sind.
78Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Januar 2015 - 13 K 8291/13 -, juris, Rdn. 37, mit Verweis auf Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 29. November 2007 - 8 K 3505/05 -, juris, Rn. 64.
79Hier hat zwar der Kläger Ende Mai 2014 unter Vorlage eines ärztlichen Attestes des Arztes für Innere Medizin Dr. G. vom 15. Mai 2014 erklärt, er sei bereit und gesundheitlich in der Lage, ab dem 5. Juni 2014 seinen Dienst wieder aufzunehmen. Mitte August 2014 bestätigte seine Ehefrau in einem Schreiben an die Polizeibehörde I1. , dass der Kläger "die ärztlichen Ratschläge zu 100% befolgt und auch die 'mentalen Baustellen' im familiären und dienstlichen Umfeld … in Gänze aufgelöst" habe. Beiden Äußerungen sind aber keine belastbaren Anhaltspunkte für eine zu dem Zeitpunkt schon eingetretene Genesung des Klägers zu entnehmen. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass der Kläger bereits im Mai, zumindest aber im August 2014 die vom Polizeiarzt in Übereinstimmung mit dem Fachgutachter für dringend erforderlich gehaltene längerfristige Psychotherapie mit verhaltenstherapeutischen und tiefenpsychologischen Aspekten sowie die begleitende Pharmakotherapie begonnen und abschlossen hatte. Von daher gaben die beiden Schreiben keinen Anlass, vor Erlass der Zurruhesetzungsverfügung im September 2014 eine erneute polizeiärztliche Untersuchung in Auftrag zu geben.
80Gleiches gilt für die Mitteilung des Klägers vom 10. September 2014, dass er bei dem Diplom-Psychologen S2. in Q4. eine tiefenpsychologische Behandlung aufgenommen und im familiären Umfeld alle Belastungen ausgeräumt habe. Auch insoweit ging der Dienstherr im Zeitpunkt der Zurruhesetzung auf der Grundlage des polizeiärztlichen Gutachtens zu Recht davon aus, dass allein der Beginn einer voraussichtlich längerfristigen Psychotherapie noch keine kurzfristige Genesung versprach. Zudem waren die im Gutachten geschilderten psychischen Probleme des Klägers nicht ausschließlich auf Belastungen im unmittelbaren familiären Umfeld zurückzuführen, sondern auch auf in der Biografie verankerte Probleme und eine besondere Kränkungs-Sensibilität im dienstlichen Bereich.
812. Die Voraussetzungen von § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW für eine Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst trotz Polizeidienstunfähigkeit lagen nicht vor. Das beklagte Land war von der Suche nach einer Funktion für die Weiterwendung im Sinne der genannten Norm entbunden, weil im maßgeblichen Zeitpunkt feststand, dass der Kläger in dem von § 116 LBG NRW vorgegebenen Zeitraum, das heißt in den nächsten zwei Jahren, keinerlei Dienst leisten kann oder erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erwarten sind.
82Vgl. zum gleichlautenden § 110 Nieders. Beamtengesetz BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 977.13 -, juris, Rdn. 13.
83Aus dem Gutachten des Polizeiarztes mit der Ergänzung vom 6. Mai 2014 ergibt sich insoweit, dass bis zu einem - erfolgreichen - Abschluss der indizierten umfangreichen psychotherapeutischen Behandlung in Verbindung mit einer Psychopharmakotherapie nicht nur keine Polizeidienstfähigkeit sondern auch keine allgemeine Dienstfähigkeit besteht. Vor dem Hintergrund der vorhandenen Störungen und der deshalb erforderlichen Behandlung sieht der Arzt Einschränkungen bei Tätigkeiten mit besonderen psychischen Belastungen, z.B. auch bei Zeit- und Vorgangsdruck. Der Kläger sei bis zu seiner Genesung weder im Wechselschichtdienst noch im Schichtdienst verwendbar und auch nicht im Bereitschafts-, Wochenend- oder Nachtdienst. Damit scheidet eine - vorläufige - Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst aus.
843. Gleichzeitig entfällt damit auch die Möglichkeit der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn im Sinne von § 116 Abs. 3 LBG NRW. Der zuständige Polizeiarzt hat in seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich festgehalten, dass das Restleistungsvermögen des Klägers im Zeitpunkt der Begutachtung einen Laufbahnwechsel ausschließe.
85II. Auch formellrechtlich ist die Zurruhesetzungsverfügung nicht zu beanstanden. Insbesondere sind der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden. Dass sie nach Eingang der ergänzenden Stellungnahme von Dr. Q3. nicht erneut um Zustimmung gebeten bzw. angehört wurden, ist unschädlich. Die Stellungnahme ergänzt und bestätigt ausschließlich Aussagen, die der Polizeiarzt bereits in dem den Gremien vorliegenden Gutachten von Februar 2014 getroffen hat. Neue Aspekte enthält sie nicht. Damit war eine wiederholte Beteiligung von Personalrat und Gleichstellungsbeauftragter nicht erforderlich.
86Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Minden Urteil, 10. Sept. 2015 - 4 K 2457/14
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Verwaltungsgericht Minden Urteil, 10. Sept. 2015 - 4 K 2457/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 16.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die gegen den angefochtenen Beschluss fristgerecht vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, soweit es um die begehrte Abänderung des Beschlusses geht, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern, mit welchem das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der bei ihm anhängigen Klage mit dem Aktenzeichen 13 K 1592/14 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom 12. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 wiederhergestellt hat. Vielmehr fällt die hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung ihrer bei dem VG Arnsberg erhobenen Klage 13 K 1592/14 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom 12. März 2014 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 wiederherzustellen,
4gebotene, auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin, weil sich die angefochtene Zurruhesetzung der Antragstellerin bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig darstellt und kein öffentliches Interesse am Vollzug offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte besteht.
5Der angefochtene, allein auf § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG gestützte Bescheid vom 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2014 ist offensichtlich rechtswidrig. Denn das sozialmedizinische Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin, Dr. X. von der B.A.D. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH (im Folgenden: B.A.D. GmbH), B.A.D.-Zentrum E. , vom 30. Oktober 2013 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 4. Dezember 2013 und 28. Januar 2014, welches die Antragsgegnerin ihrer Prognoseentscheidung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG zugrundegelegt hat, stellt hierfür keine tragfähige Grundlage dar. Das ergibt sich, wie der Beschwerde zuzugeben ist, allerdings nicht schon aus der auf sein Urteil vom 18. Juni 2010 – 13 K 185/09 –, NWVBl. 2010, 441 = juris, Bezug nehmenden Begründung des Verwaltungsgerichts, das Gutachten von Dr. X. könne die Prognoseentscheidung (schon) deshalb nicht stützen, weil es von einer „Betriebsärztin“ der B.A.D. GmbH „und damit von einer in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Antragsgegnerin stehenden Person erstellt worden“ sei (nachfolgend 1.). Es folgt aber daraus, dass das erstellte Gutachten ersichtlich nicht den Anforderungen genügt, welche an eine entsprechende ärztliche Begutachtung im Zurruhesetzungsverfahren zu stellen sind (nachfolgend 2.).
61. Das Gutachten kann nicht schon mit der Begründung als für die Prognoseent-scheidung ungeeignet qualifiziert werden, es sei von einer in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Antragsgegnerin stehenden Betriebsärztin gefertigt worden, und zwar unabhängig davon, ob die Ärzte der B.A.D. GmbH als Auftragnehmer der Deutschen Telekom AG (im Folgenden: DT AG) als „Betriebsärzte“ bezeichnet werden können und ob angenommen werden kann, dass sie zu der Antragsgegnerin bzw. zu der DT AG in einem „Beschäftigungsverhältnis“ stehen. Denn die Antragsgegnerin bzw. der Vorstand der DT AG, welcher nach § 1 Abs. 2 PostPersRG die Befugnisse der obersten Dienstbehörde wahrnimmt, hat nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin die Ärzte der B.A.D. GmbH generell als Gutachter in Verfahren auf Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit beauftragt. Dies entspricht § 48 Abs. 1 BBG.
7Nach § 48 Abs. 1 BBG kann in den Fällen der §§ 44 bis 47 BBG die zuständige Behörde die ärztliche Untersuchung nur einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt übertragen oder einer Ärztin oder einem Arzt, die oder der als Gutachterin oder Gutachter zugelassen ist (Satz 1). Die oberste Dienstbehörde bestimmt, welche Ärztin oder welcher Arzt mit der Fertigung von Gutachten betraut werden kann (Satz 2). Sie kann diese Befugnis auf nachgeordnete Behörden übertragen (Satz 3). Der solcherart zugelassene Arzt wird dem Amtsarzt in der Funktion als Gutachter im Zurruheset-zungsverfahren gleichgestellt („oder“), ohne dass sich dem Gesetz insoweit ein Rangverhältnis entnehmen lässt. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut muss es sich bei dem von der zuständigen Behörde zugelassenen Gutachter „lediglich“ um eine „Ärztin“ oder einen „Arzt“ handeln, weitere einschränkende Vorgaben hinsichtlich der Art oder Qualifikation des Arztes formuliert das Gesetz nicht. Die im heutigen § 48 Abs. 1 BBG getroffene Regelung entspricht, wie ein Wortlautvergleich zeigt und auch in der einschlägigen Gesetzesbegründung ausgeführt wird (BT-Drs. 16/7076, S. 113), im Wesentlichen der vom 1. Januar 2002 bis zum 11. Februar 2009 gültigen Regelung des § 46a Abs. 1 BBG a.F., die durch Art. 5 Nr. 5 Buchstabe a des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001, BGBl. I S. 3926, in § 46a BBG a.F. eingefügt worden war. Die Begründung des zugehörigen Gesetzentwurfs lässt die mit der Norm verbundenen gesetzgeberischen Erwartungen klar hervortreten: es ging darum, erfahrene Mediziner aus dem Bereich der sozialversicherungsrechtlichen Feststellung von Erwerbs- und Berufsunfähigkeit auch in das beamtenrechtliche Zurruhesetzungsverfahren wegen Dienstunfähigkeit einbeziehen zu können sowie – ergänzend – durch die unmittelbare Einschaltung medizinischer Spezialisten ggf. die Verfahrensdauer verkürzen zu können.
8Vgl. Summer, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, Band I, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Soldatenrecht, Stand: Juni 2014, BBG 2009 § 48 Rn. 2, und BT-Drs. 14/7064, S. 32: „Die ärztliche Untersuchung zur Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten soll künftig nicht nur durch Amtsärzte, sondern auch durch andere Ärzte möglich sein, die besondere Erfahrungen hinsichtlich der gesundheitlichen Anforderungen beruflicher Tätigkeiten besitzen“; vgl. ferner ebenda, S. 49, zu Art. 5 Nr. 2, wo u.a. ausgeführt wird: „Es soll deshalb künftig möglich sein, Beamte nicht nur durch einen Amtsarzt, sondern auch durch einen sonstigen, als Gutachter beauftragten Arzt auf seine Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen. Damit soll es den zuständigen Dienststellen eröffnet werden, auch das Fachwissen anderer Ärzte, die besondere Erfahrungen mit den Auswirkungen gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf Arbeitsfähigkeit und Arbeitseinsatz gesammelt haben, zu nutzen. Durch diese Neuregelung ist auch eine Verfahrensbeschleunigung zu erwarten. In vielen Fällen verfügt der Amtsarzt nicht über die erforderlichen spezialärztlichen Kenntnisse, so dass er weitere Ärzte hinzuziehen muss. Durch die Möglichkeit, künftig statt des örtlich zuständigen Amtsarztes sofort einen entsprechenden Spezialisten mit dem Gutachten zu betrauen, können Zeitverzögerungen vermieden werden“; vgl. schließlich ebenda S. 50 zu Art. 5 Nr. 5: „Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde muss Listen von Ärzten aufstellen, die als Gutachter in Betracht kommen. Diese können von den Behörden zur Begutachtung eines Beamten herangezogen werden. Besonders geeignet dürften z. B. Ärzte sein, die sich in ihrer bisherigen Praxis mit der Frage der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit von Arbeitnehmern befasst haben. Diese verfügen über einen großen Erfahrungsbestand, auf den für die Begutachtung zurückgegriffen werden sollte.“
9Es gibt daher keine Anhaltspunkte für die Annahme, das Gesetz erlaube die Begutachtung eines Beamten im Zurruhesetzungsverfahren durch andere Ärzte als Amtsärzte nur in den Fällen, in denen der Amtsarzt nicht über die erforderlichen Kenntnisse aus einem bestimmten medizinischen Fachgebiet verfügt.
10In diesem Sinne aber wohl VG Arnsberg, Urteil vom 18. Juni 2010 – 13 K 185/09 –, NVWBl 2010, 441 = juris.
11Dabei schließt das Gesetz auch nicht aus, dass die zuständigen Behörden den für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich als Gutachter im Zurruhesetzungsverfahren zugelassenen Ärzten die Begutachtung überwiegend oder sogar generell übertragen.
12In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass § 46a Abs. 1 BBG a.F., soweit es um Beamte der Postnachfolgeunternehmen ging, der Sache nach die vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2001 geltende Regelung des § 4 Abs. 4 PostPersRG in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325, 2353) ersetzte.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 19; diese Regelung berücksichtigt das VG Arnsberg bei der Untersuchung der Entstehungsgeschichte nicht in seinem Urteil vom 18. Juni 2010 – 13 K 185/09 –, NWVBl. 2010, 441 = juris, Rn. 118.
14Nach § 4 Abs. 4 PostPersRG in der angeführten Fassung konnte das nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (damaliger Fassung) der Feststellung der Dienstunfähigkeit zugrundeliegende Gutachten das eines Amtsarztes, eines beamteten Arztes, eines Vertrauensarztes oder in Ausnahmefällen eines Facharztes sein. Die Streichung des § 4 Abs. 4 PostPersRG a.F. mit Ablauf des 31. Dezember 2001 hat der historische Gesetzgeber seinerzeit damit begründet, dass es den obersten Dienstbehörden bzw. den bei den Post-Aktiengesellschaften deren Befugnisse wahrnehmenden Vorständen nach § 46 Abs. 1 (neu) BBG [gemeint ist § 46a Abs. 1 (neu) BBG] möglich sei, die zuvor von § 4 Abs. 4 PostPersRG erfassten Ärzte in ihre Gutachterliste aufzunehmen, weshalb eine entsprechende gesetzliche Regelung nicht mehr erforderlich sei.
15So BT-Drs. 14/7064 S. 54, zu Art. 14; siehe auch ebenda, S. 49, zu Art. 5 Nr. 3, zum gleichzeitigen Wegfall der in § 44 BBG a.F. vorgesehen gewesenen Sonderregelungen für das Bundeseisenbahnvermögen und für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung.
16Von der vorbehandelten (zu bejahenden) Frage, ob das Gutachten einer als Gutachterin nach § 48 Abs. 1 BBG zugelassenen Ärztin der B.A.D. GmbH taugliche Grundlage einer Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten sein kann, ist die weitere Frage zu unterscheiden, ob diesem Gutachten im Falle gegenläufiger privatärztlicher Bewertungen derselbe allerdings nur eingeschränkte Vorrang zuzubilligen ist, wie er ggf. dem Gutachten eines Amtsarztes zukommt.
17Vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 26. September 2012 – 2 B 97.11 –, juris, Rn. 5, und vom15. Februar 2010 – 2 B 126.09 –, Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 = juris, Rn. 16.
18Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr ausdrücklich verneint,
19vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 20,
20was aber an der prinzipiellen Verwertbarkeit der Gutachten, die von nach § 48 Abs. 1 BBG zugelassenen Ärzten erstellt worden sind, nichts ändert.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 30 a.E.; aus dem vorangegangenen Berufungsurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. März 2012 – 2 LB 1/12 – UA S. 8, ergibt sich, dass im konkreten Fall ein Arzt der B.A.D. GmbH tätig geworden war.
222. Das einschlägige sozialmedizinische Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen ist aber deshalb ungeeignet zur Stützung der von der Antragsgegnerin getroffenen, nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG erforderlichen Prognose, dass keine Aussicht besteht, dass die Dienstfähigkeit der Antragstellerin innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll hergestellt ist, weil es ersichtlich nicht den an ein ärztliches Gutachten im Zurruhesetzungsverfahren zu stellenden inhaltlichen Anforderungen (dazu nachfolgend a)) genügt (dazu nachfolgend b)). Den entsprechenden – zutreffenden – Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegengesetzt, sie muss deshalb ohne Erfolg bleiben.
23a) Welche Anforderungen an das ärztliche Gutachten im Verfahren auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zu stellen sind, ergibt sich aus § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG. Nach dieser Vorschrift teilt die Ärztin oder der Arzt der Behörde auf Anforderung im Einzelfall die tragenden Gründe des Gutachtens mit, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Aus dieser Vorschrift folgt, dass ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amtsärztliches) Gutachten sich nicht auf die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses beschränken darf, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe mitteilen muss, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Das Gutachten muss danach sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben.
24So bereits BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 2014– 2 B 49.12 –, juris, Rn. 8 f., und vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5 und 15.
25Ausgangspunkt für dieses Auslegungsergebnis ist der Wortlaut der Norm. Danach sind die tragenden Gründe des Gutachtens mitzuteilen, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat also die Beantwortung der Frage, was im jeweiligen Einzelfall zu den tragenden Gründen in diesem Sinne zu zählen hat, davon abhängig gemacht, welche Kenntnisse der Dienstherr zwingend benötigt, um die ihm aufgegebene, das Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit des Beamten abschließende Entscheidung seiner Aufgabe und Verantwortung entsprechend zu treffen; der Inhalt des Gutachtens richtet sich also nach seinem Zweck. Eine gutachtliche Stellungnahme im Zurruhesetzungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ob er im Falle der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann. Bei der Beurteilung der – spezifisch beamtenrechtlichen – Frage der Dienstfähigkeit des Beamten entscheidend sind die Auswirkungen seines körperlichen Zustandes oder der gesundheitlichen Gegebenheiten auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Es kommt dabei in der Regel darauf an, ob der Beamte auf Grund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten im abstrakt-funktionellen Amt bei der Beschäftigungsbehörde dauernd unfähig ist; in manchen Fällen werden allerdings schon Art und Ausmaß der einzelnen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Qualifikation als solche auf die Annahme der Dienstunfähigkeit führen können.
26Vgl. etwa das Senatsurteil vom 9. Mai 2011– 1 A 440/10 –, PersV 2011, 456 = juris, Rn. 87 = NRWE, m.w.N.
27Schon vor diesem Hintergrund und auch mit Blick darauf, dass der Dienstherr die Aussagen des medizinischen Gutachtens nicht ungeprüft übernehmen darf, sondern insbesondere auf ihre Nachvollziehbarkeit zu überprüfen hat, leuchtet es ein, dass das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen (z.B. orthopädischen) Befunde, als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen (z.B.: mangelnde Fähigkeit, Lasten über 20 kg zu heben oder länger als eine Stunde zu stehen) für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben, enthalten muss.
28Die genannten inhaltlichen Anforderungen muss das Gutachten nach dem Sinn und Zweck der Norm aber auch aus Gründen effektiven Rechtsschutzes erfüllen. Das erstellte Gutachten muss es dem Beamten nämlich ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen.
29Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass sich das Gutachten seinem– doppelten – Zweck entsprechend nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken darf, sondern die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen muss. Wie detailliert das Gutachten danach jeweils sein muss, ist dabei eine Frage des Einzelfalles.
30Vgl. insgesamt zum Vorstehenden BVerwG, Beschlüsse vom 13. März 2014 – 2 B 49.12 –, juris, Rn. 8 f., und vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5 und 15.
31Ersichtlich ungenügend ist es demnach hingegen, wenn ein Gutachter sich auf die nicht nachvollziehbare und nicht weiter überprüfbare Aussage beschränkt, Dienstunfähigkeit sei „aufgrund des Krankheitsbildes“ gegeben oder nicht gegeben, die im Übrigen im Umfang ihrer spezifisch beamtenrechtlichen Schlussfolgerung außerhalb seiner Kompetenz liegt.
32Die Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG kann objektiv auch nicht, wie die Beschwerde indes meint, dahin verstanden werden, dass die nach dem Vorstehenden zu stellenden Anforderungen noch nicht den Regelfall der Mitteilung des Ergebnisses einer ärztlichen Untersuchung betreffen, sondern erst dann gelten, wenn die Behörde im Einzelfall – zur Ergänzung einer schon erfolgten gutachterlichen Stellungnahme –eine solchermaßen substantiierte Mitteilung anfordert. Ein solches Normverständnis verbietet sich schon mit Blick darauf, dass § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG die einzige Vorschrift darstellt, die die Anforderung des Gutachtens, welches auf der Grundlage der einem Arzt i.S.v. § 48 Abs. 1 BBG nach dieser Vorschrift übertragenen ärztlichen Untersuchung (§ 48 Abs. 3 BBG) erstellt worden ist, durch die Behörde und die damit korrespondierende Verpflichtung des Arztes zur Übermittlung regelt. Zudem ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen zu dem Sinn und Zweck des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG, der Behörde eine verantwortliche Entscheidung über die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten und Letzterem effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen, dass das erstellte Gutachten den dargestellten Anforderungen schon im ersten (und u.U. letzten) Zugriff genügen muss.
33Die Betrachtung der Entstehungsgeschichte des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBG bzw. der sich allein aus ihr erschließenden subjektiven Vorstellungen des historischen Gesetzgebers erlaubt kein vom Vorstehenden abweichendes Verständnis der Norm.
34Die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBG hat zwei ihr weitgehend entsprechende Vorgängerregelungen, nämlich § 46a Abs. 2 BBG Fassung 2002 sowie § 46a Abs. 1 BBG Fassung 1997. Nach der zuletzt genannten Vorschrift hatte der Arzt, wenn eine ärztliche Untersuchung der Dienstunfähigkeit des Beamten durchgeführt wurde, nur im Einzelfall auf Anforderung der Behörde das die tragenden Gründe und Feststellungen enthaltende Gutachten mitzuteilen, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich war. In der einschlägigen Bundestags-Drucksache 13/5057 (Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses vom 25. Juni 1996 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts [Reformgesetz] der Bundesregierung, BT-Drs. 13/3994) heißt es auf Seite 64 zu Artikel 2 Nummer 10a des Gesetzentwurfs (Einfügung von § 46a BBG) lapidar, mit der Neufassung werde den Wünschen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz weitgehend Rechnung getragen. Diese Wünsche wiederum erschließen sich aus zwei Schreiben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz an den Vorsitzenden des Innenausschusses, welche vom 7. Mai 1996 – III - 460 / 1 – (BT-InnenA Drs. 13/62) bzw. vom 17. Juni 1996 – III - 459 / 2 – datieren. Im erstgenannten Schreiben hat der Bundesbeauftragte ausgehend von seiner – irrigen – Ansicht, der beauftragte Arzt treffe bereits die Aussage über die Dienstfähigkeit des Beamten, dargelegt, eine Übermittlung von Anamnese, Befunden und ärztlicher Begründung sei – abgesehen von eng umgrenzten Ausnahmefällen – aus datenschutzrechtlichen Gründen grundsätzlich nicht erforderlich/zulässig. Hierauf fußend hat er sodann mit seinem späteren Schreiben dem Innenausschuss einen Formulierungsvorschlag unterbreitet, der– soweit hier von Interesse – lautet:
35„Der Arzt übermittelt der Behörde das Untersuchungsergebnis, das sich auf Auskünfte über Art und Umfang der Einschränkung der Dienstfähigkeit beschränkt. Auf Anforderung der Behörde im Einzelfall teilt der Arzt darüber hinaus weitere Einzelangaben mit, soweit deren Kenntnis für die Behörde erforderlich sind,
36- um eine unmittelbar drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwenden,
37- zum Schutz von Leben und Gesundheit des Bediensteten oder
38- wenn dies zur Erledigung überragend wichtiger Aufgaben im öffentlichen Interesse notwendig ist.“
39Ob die soeben dargestellte Entstehungsgeschichte dem hier vertretenen Auslegungsergebnis entgegensteht, ist mit Blick darauf zumindest zweifelhaft, dass– erstens – die nach dem Formulierungsvorschlag gewollte Zweiteilung (Übermittlung nur des Untersuchungsergebnisses, ggf. spätere Mitteilung von Einzelangaben auf gesonderte Anforderung) nicht erkennbar Eingang in den Gesetzeswortlaut gefunden hat und dass – zweitens – § 46a Abs. 1 BBG 1997 immerhin (überhaupt) eine Mitteilung des die tragenden Feststellungen und Gründe enthaltenden Gutachtens vorgesehen hat. Da der Innenausschuss gemeint hat, den Wünschen des Bundesbeauftragten weitgehend Rechnung getragen zu haben, erscheint aber auch die Annahme möglich, dass der historische Gesetzgeber der Sache nach von der angesprochenen Zweiteilung ausgegangen ist und lediglich aus Gründen sprachlicher Vereinfachung nur den besonderen Fall der Anforderung von Einzelangaben bzw. – nach seiner Lösung – des die tragenden Feststellungen und Gründe enthaltenden Gutachtens geregelt hat, also davon ausgegangen ist, dass im Regelfall nur ein „Ergebnis“ mitzuteilen sei.
40Letztlich kann die Beantwortung dieser Frage vorliegend aber auf sich beruhen. Denn hier verbietet sich eine abweichende Bewertung auf der Grundlage etwaiger Erwägungen zur Entstehungsgeschichte des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBG bzw. zu sich allein aus ihr erschließenden subjektiven Vorstellungen des historischen Gesetzgebers schon wegen des weiter oben dargelegten klaren Befundes zur Auslegung der objektiven Fassung der Norm. Führt nämlich die (Wortlaut, Systematik und/oder Sinn und Zweck des Gesetzes beleuchtende) Auslegung einer Norm auf ein sich aus der objektiven Gesetzesfassung bereits klar erschließendes Auslegungsergebnis, so ist es dem Auslegenden verwehrt, dieses Ergebnis allein wegen der angeführten entstehungsgeschichtlichen Erwägungen letztlich in sein Gegenteil zu verkehren.
41Vgl. etwa das Senatsurteil vom 13. August 2010– 1 A 1260/08 –, juris, Rn. 42 f. = NRWE, m.w.N.
42Das nach alledem zutreffende Verständnis des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG wird schließlich auch nicht durch das von der Beschwerde ins Feld geführte Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 5. November 2012 – D 1 – 210 142/42#0 – infrage gestellt, welches in seiner Anlage 2 davon ausgeht, in dem Gutachten sei regelmäßig nicht die genaue Diagnose/Erkrankung aufzuführen. Denn hierbei handelt es sich um bloßes Innenrecht, welches die zur verbindlichen Auslegung des geltenden Rechts berufenen Gerichte nicht zu binden vermag.
43b) Verbleibt es damit nach alledem bei den rechtlichen Ansätzen des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats, so genügt das in Rede stehende Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen den zu stellenden Anforderungen – wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat – nicht einmal ansatzweise. Die beauftragte Ärztin hat unter Bezugnahme auf die eigene Begutachtung und unter pauschaler Bezugnahme auf einen – nicht in den Akten vorhandenen – Fremdbefund ihre Verneinung jeglicher Dienstfähigkeit der Antragstellerin und ihre negativ ausgefallene Prognoseentscheidung allein mit der „Multimorbidität und der damit einhergehenden erheblich eingeschränkten Belastbarkeit und häufigen Fehlzeiten“ der Antragstellerin und ergänzend mit der Vielzahl von DU-Untersuchungen seit 2004 sowie ihrer Ansicht nach erfolglos gebliebenen einzelnen Rehabilitationsmaßnahmen begründet. Es liegt zunächst auf der Hand, dass mit dem einzigen medizinischen Begriff, der insoweit Verwendung findet („Multimorbidität“), keine substantiierte Angabe von Befunden verbunden ist. Denn dieser Begriff bezeichnet lediglich das gleichzeitige Bestehen mehrerer Erkrankungen bei einer einzelnen Person, trifft aber keine Aussage über die einzelnen Erkrankungen nach Art, Schwere und Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit. Zwar werden in der ergänzenden Stellungnahme vom 4. Dezember 2013 in Reaktion auf ein Schreiben der Antragstellerin als Erkrankungen „Rückenschmerzen, Bluthochdruck und Diabetes“ genannt; zugleich führt die Gutachterin aber aus, dass die Antragstellerin auch „an anderen gesundheitlichen Einschränkungen“ leide. Dem Gutachten lässt sich in der Summe also nur die Aussage entnehmen, dass bei der Antragstellerin neben den angeführten drei Erkrankungen noch weitere, nicht benannte Erkrankungen vorliegen und dass wegen der Fehlzeiten und sonstigen Entwicklungen in der Vergangenheit jegliche Dienstfähigkeit entfallen sei und weiter fehlen werde. Eine solche Aussage lässt schon jegliche Gewichtung der einzelnen Erkrankungen, vor allem aber die notwendige Erklärung vermissen, welche der Erkrankungen im Einzelnen aus welchen konkreten Gründen durchschlagend die Dienstfähigkeit der Antragstellerin entfallen lassen sollen. Ohne Letzteres kann indes schon der Dienstherr nicht nachvollziehen, ob die medizinische Beurteilung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgeht, in sich schlüssig, stimmig und nachvollziehbar ist, keine unauflösbaren Widersprüche aufweist und deshalb insgesamt die Schlussfolgerung trägt, die Antragstellerin sei nicht mehr in der Lage, ihr abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Außerdem wird es so der Antragstellerin in einer die gebotenen Rechtsschutzmöglichkeiten verkürzenden Weise verwehrt, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen der Ärztin und mit der darauf zu stützenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ausweislich der ergänzenden Stellungnahme der Gutachterin vom 4. Dezember 2013 erst ein nach Erstellung des Gutachtens erfolgtes, an die Augenärztin der Antragstellerin gerichtetes Schreiben offenbart hat, dass das Ergebnis des Gutachtens nicht auf Sehstörungen der Antragstellerin beruht. Dieser Vorgang macht, wie das Verwaltungsgericht gleichfalls zutreffend ausgeführt hat, deutlich, dass die Antragstellerin angesichts des ihr vorenthaltenen Wissens, welche Krankheiten für die Ärztin maßgebend waren, das Gutachten praktisch „ins Blaue hinein“ angreifen muss; das darf ihr nicht zugemutet werden. So hat sie sich denn auch mit Schreiben vom 10. Januar 2014 auf Anraten des Gesamtbetriebsrats veranlasst gesehen, vorsorglich Bescheinigungen mehrerer Ärzte vorzulegen, welche im Übrigen sämtlich von der Dienstfähigkeit der Antragstellerin ausgehen; insoweit wird insbesondere das Attest des Arztes für Allgemeinmedizin S. vom 9. Januar 2014 von Interesse sein, welches u.a. begründend feststellt, dass es nach „Umstellung der antidiabetischen Medikation“ zu einer „deutlichen Stoffwechselverbesserung“ gekommen sei.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
45Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG. Eine Anwendung der Sonderregelung des § 52 Abs. 5 Satz 4 Fall 2 GKG, welche eine Halbierung des sich nach § 52 Abs. 5 Satz 1 bis 3 GKG ergebenden Betrags anordnet, kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn diese Vorschrift erfasst nicht diejenigen Fälle, in denen – wie hier – die Frage der Versetzung in den Ruhestand dem Grunde nach streitig ist, sondern nur solche Fälle, in denen die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand allein wegen ihres Zeitpunktes, also wegen eines einzelnen Elementes innerhalb des Ruhestandsverfahrens angegriffen wird.
46Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit dessen Beschluss vom 30. Juli 2009– 2 B 30.09 –, NVwZ-RR 2009, 823 = juris, Rn. 3; dem seither in ständiger Rechtsprechung folgend der beschließende Senat, vgl. etwa die Senatsbeschlüsse vom 29. September 2009 – 1 A 2538/07 –, n.v., und vom 19. September 2011 – 1 A 1683/09 –, n.v.
47Bei der Ermittlung der sich nach dem Stand des Besoldungsrechts im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels (7. Juli 2014) ergebenden Summe der der Antragstellerin für das Kalenderjahr 2014 als aktive Beamtin nach A 7 BBesO zu zahlenden Bezüge ohne nicht ruhegehaltfähige Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, ist der Senat davon ausgegangen, dass die 1973 in die Dienste der Antragsgegnerin getretene Antragstellerin bereits eine höhere Erfahrungsstufe erreicht hat, mindestens jedoch die Erfahrungsstufe 3. Ferner hat der Senat den sich ergebenden Betrag wegen des nur vorläufigen Charakters der Eilentscheidung halbiert,
48ständige Rechtsprechung des Senats für Fälle der vorliegenden Art, vgl. etwa die Beschlüsse vom 19. November 2013 – 1 B 1161/13 –, juris, Rn. 31 = NRWE, vom 24. September 2009 – 1 B 477/09 –, n.v., und vom 15. August 2007 – 1 B 809/07 –, n.v.; vgl. ferner OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2013 – 6 B 11/13 –, juris, Rn. 19 = NRWE,
49also im Ergebnis die halbjährlichen Bezüge nach der ab dem 1. August 2013 geltenden Besoldungstabelle A für Beamtinnen und Beamte der Postnachfolgeunternehmen der Besoldungsgruppe A 7 angesetzt. Sowohl bei Zugrundelegung der Erfahrungsstufe 8 als auch schon bei Berücksichtigung der Erfahrungsstufe 3 ergibt sich ein in die festgesetzte Wertstufe bis 16.000,00 Euro fallender Streitwert (2.169,72 Euro x 6 = 13.018,32 Euro; 2.568,09 Euro x 6 = 15.408,54 Euro).
50Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Tenor
Der Zurruhesetzungsbescheid des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. Oktober 2013 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die im Jahre 1958 geborene Klägerin wendet sich gegen ihre Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
3Sie steht als Oberregierungsrätin (Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsordnung – BBesO) im Dienst des Beklagten. Von 1992 bis 2002 war sie am Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in T. tätig. Mit Wirkung vom 17. April 2002 wurde sie zum Landesinstitut für Qualifizierung des Landes Nordrhein-Westfalen (LfQ) aus dienstlichen Gründen abgeordnet. Nachdem das LfQ mit Beschluss vom 7. März 2006 aufgelöst und in das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS) eingegliedert worden ist, wurde sie dorthin als Referentin innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ in die Projektgruppe „Fachliche Begleitung berufliche Aus- und Weiterbildung“ versetzt. Mit Wirkung vom 1. Juli 2006 wurde ihr ein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH (G.I.B) in C. zugewiesen. Mit Wirkung vom 22. Januar 2007 wurde sie innerhalb der Abteilung „Arbeit und Qualifizierung“ des MAIS in dem Referat „Zielgruppen-Integration, Investitionsförderung, Berufliche Rehabilitation“ eingesetzt. Aus dienstlichen Gründen wurde sie schließlich mit Wirkung vom 10. Juni 2011 in das Referat „Rechtliche Grundlagen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, Teilhabe am Arbeitsleben“ umgesetzt.
4Seit dem 17. Januar 2012 ist die Klägerin ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 29. März 2012 bis zum 6. Juni 2012 war die Klägerin in stationärer Behandlung in der Parkklinik I. Bad L. . Im Abschlussbericht hieß es, dass die Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich, möglichst in einen solchen, in dem sie entsprechend ihrer ursprünglichen Profession pädagogisch tätig sein könne, dringend empfohlen werde. Dies stelle für die Klägerin die geringste Stressbelastung dar und sei im Hinblick auf eine Rückfallprophylaxe sehr wichtig. Seitdem war die Klägerin in ambulanter Behandlung bei der Diplom-Psychologin E. N. .
5Am 13. Juli 2012 nahm die Klägerin an einem Gespräch im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanagements“ (BEM) mit dem Leiter des Personalreferates, Herrn T1. , teil. Dieser fertigte am 16. Juli 2012 einen Vermerk zu dem Gesprächsverlauf (Bl. 11 ff. Heft 1 der Beiakten). Danach habe die Klägerin erklärt, dass das BEM in ihrem Fall kein geeignetes Instrument darstelle. Die Dienststelle verfüge über keinerlei Möglichkeiten, um mit konkreten Maßnahmen die Situation zu verändern, da die Klägerin sich generell nicht in der Lage sehe, innerhalb einer Ministerialverwaltung zu arbeiten. Die Strukturen und Arbeitsweisen innerhalb einer Ministerialverwaltung führten automatisch zu dauerhaften Belastungen, die eine Dienstunfähigkeit nach sich zögen. Daher sei sodann über andere Einsatzmöglichkeiten innerhalb des Geschäftsbereichs – unter anderem auch bei der G.I.B. in C. – gesprochen worden. Die Klägerin habe aber auch diesen Vorschlag abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu Erkrankung und Dienstunfähigkeit geführt hätten. Vielmehr habe die Klägerin gewünscht, dass keine Schritte mehr im Rahmen des BEM eingeleitet würden. Eine Beschäftigung sei nur noch außerhalb des Ministeriums möglich.
6Unter dem 24. September 2012 gab der Beklagte gegenüber dem Gesundheitsamt Q. die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin in Auftrag (Bl. 24 f. Heft 1 der Beiakten).
7Mit Gutachten vom 24. Oktober 2012 stellte die begutachtende Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L1. fest, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer für nicht mehr in der Lage gehalten werde, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich zu erfüllen (Bl. 27 ff. Heft 1 der Beiakten). Eine Nachuntersuchung wurde für nicht erforderlich gehalten. In der Empfehlung hieß es, dass aufgrund der eigenen Einschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik sie eine Tätigkeit ausüben solle, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom- Pädagogin orientiere. Sie scheine mit engen Strukturen, Termindruck und straff strukturierten Tätigkeiten Schwierigkeiten zu haben. Es sei daher – sofern organisatorisch möglich – am sinnvollsten, der Klägerin eine andere Tätigkeit anzubieten und den Verlauf abzuwarten.
8Mit Schreiben vom 16. November 2012 teilte Herr T1. für den Beklagten der Klägerin mit, dass er sie vor dem Hintergrund des amtsärztlichen Gutachtens für nicht mehr in der Lage halte, ihre Dienstpflichten im derzeit ausgeübten oder in einem anderen Aufgabenbereich des Ministeriums dauerhaft auszuüben (Bl. 32 f. Heft 1 der Beiakten). Im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ (VfW) solle nunmehr geprüft werden, ob die Möglichkeit einer anderweitigen dienstlichen Verwendung bestehe. Nachdem die Klägerin zunächst an einem Personalgespräch mit dem Projektteam VfW teilgenommen hat, wurden ein Coaching sowie weitere Fortbildungsmaßnahmen, wie zum Beispiel eine Word-Schulung, mit ihr durchgeführt (Bl. 47 ff. Heft 1 der Beiakten).
9Mit Schreiben vom 1. Juli 2013 (Bl. 69 ff. Heft 1 der Beiakten) teilte das Projektteam dem MAIS gegenüber mit, dass eine Vermittlung der Klägerin im Rahmen des Projekts VfW nicht möglich sei. Die ausgeschriebenen Stellen hätten zum Teil nicht ihrer Besoldungsgruppe entsprochen, sich ausschließlich an Tarifbeschäftigte gerichtet, seien nur befristet zu besetzen gewesen oder es hätte durch angemessene Qualifizierungsmaßnahmen nicht erreicht werden können, dass eine fachfremde Beschäftigte die Aufgaben ausfüllend hätte wahrnehmen können. Das Projektteam habe verschiedenste Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung der Klägerin im Verwaltungsbereich an in Frage kommende Dienststellen des Landes geschickt und ihre Bewerbungsmappe an die Fortbildungsakademie des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW (Mont-Cenis) und die Universität Q. weitergeleitet. Der Leiter des Mont-Cenis habe mitgeteilt, dass der Klägerin dort auf absehbare Zeit keine Stelle angeboten werden könne. Ein Einsatz bei der Universität Q. sei ebenfalls nicht möglich gewesen. Ein Einsatz als Lehrkraft an einem Berufskolleg komme laut dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen höchstens bis zur Besoldungsgruppe A 13 BBesO in Betracht und erfordere im Bereich der Schulsozialarbeit eine Lehrbefähigung; hierüber verfüge die Klägerin nicht. Auch beim Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen sei eine Übernahme der Klägerin aufgrund ihrer Besoldungsgruppe A 14 BBesO nicht möglich gewesen.
10Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 wurde die Klägerin von diesem Ergebnis unterrichtet und zu ihrer beabsichtigten Zurruhesetzung angehört (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
11Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2013 (Bl. 82 Heft 1 der Beiakten) wie folgt: Zunächst bestreite sie ausdrücklich, dass sie die Übernahme einer Tätigkeit in der Projektgruppe „Fachliche Begleitung, berufliche Aus- und Weiterbildung“ bei der G.I.B. in C. oder einer anderen Regionalagentur abgelehnt habe. Sie habe vielmehr ausdrücklich ihre Bereitschaft zur Übernahme entsprechender Tätigkeiten erklärt; konkrete Stellenangebote hätten aber nicht vorgelegen. Die Problematik, dass einige Stellen nur für Tarifbeschäftigte ausgeschrieben worden seien, hätte durch ihre Abordnung geregelt werden können. Obwohl die Einrichtung einer Landeskoordinierungsstelle für die kommunalen Integrationszentren geplant gewesen sei, sei sie trotz ihrer fachlichen Eignung nicht für die dort entstandenen Stellen vorgesehen worden. Soweit ihr Einsatz auf Stellen abgelehnt worden sei, weil diese beispielsweise zunächst nur auf fünf Jahre befristet gewesen seien, sei die Ablehnung von vornherein nicht nachvollziehbar.
12Mit Bescheid vom 1. Oktober 2013 versetzte das MAIS die Klägerin in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, nachdem der Personalrat zuvor seine Zustimmung hierzu erteilt hatte und die Gleichstellungsbeauftragte in Kenntnis gesetzt worden war (Bl. 99 Heft 1 der Beiakten). Die Klägerin sei seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens des Gesundheitsamtes des Kreises Q. sei sie auf Dauer nicht mehr in der Lage, ihre Dienstpflichten zu erfüllen. Eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit habe ausweislich des Abschlussberichts des Projektteams VfW ebenfalls nicht bestanden. Die seitens der Klägerin insoweit vorgebrachten Einwendungen könnten zu keiner anderen Entscheidung führen: Die im Rahmen des BEM-Gesprächs angedeutete Möglichkeit, nochmals bei der G.I.B in C. zu arbeiten, habe sie ausdrücklich abgelehnt, da die dortigen Arbeitsweisen und Strukturen ebenfalls zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Sie sei nach einer rund siebenmonatigen Tätigkeit in der dortigen Projektgruppe auf eigenen Wunsch umgesetzt worden. Allein vor diesem Hintergrund komme eine erneute Tätigkeit in der Projektgruppe nicht in Betracht. Im Übrigen bestehe insoweit zurzeit und in absehbarer Zukunft kein Personalbedarf. Eine Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Versetzung oder Abordnung sei nur möglich, wenn eine entsprechende Plan- oder Abordnungsstelle vorliege. Eine Vermittlung von Beschäftigten in andere Geschäftsbereiche der Landesverwaltung sei dem Ministerium ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich. Die Stellenführung einer Beamtin auf einer Stelle für Tarifbeschäftigte sei nach den einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften unzulässig.
13Am 26. Oktober 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
14Sie ist der Ansicht, die Versetzung in den Ruhestand beruhe auf einem veralteten Gutachten. Ihr Gesundheitszustand habe sich infolge der seit mehr als einem Jahr erfolgenden ambulanten psychiatrischen Behandlung deutlich stabilisiert und verbessert. Insoweit verweise sie auf die psychotherapeutische Stellungnahme der sie behandelnden Diplom-Psychologin (Bl. 51 der Gerichtsakte). Die Empfehlungen im amtsärztlichen Gutachten stünden zudem im Widerspruch zu der Empfehlung im Entlassungsbericht der Parkklinik I. , wonach eine ambulante psychotherapeutische Behandlung zur Erhaltung der Dienstfähigkeit, Verbesserung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit als erfolgsversprechend bewertet werde. Bereits danach sei sie wieder in der Lage, eine berufliche Tätigkeit mit einer stärkeren pädagogischen Ausrichtung als der administrativen Tätigkeit im Ministerium zu verrichten.
15Zudem sei nicht hinreichend nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit gesucht worden. Insoweit ergänzt die Klägerin ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren dahingehend, dass sowohl beim MAIS als auch bei anderen Dienstbehörden eine ihrem Anforderungsprofil entsprechende anderweitige Verwendung in Betracht gekommen sei. Die zum 1. Dezember 2013 errichtete Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) habe beispielsweise zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld „Supportstelle allgemeine Weiterbildung“ gesucht. Dem Beklagten sei verwehrt, sich auf die Personalhoheit der obersten Landesbehörden zu berufen. Schließlich fehle es an einer Ermessensentscheidung des Beklagten gemäß § 26 Absatz 3 BeamtStG.
16Die Klägerin beantragt,
17den Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung wiederholt der Beklagte seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und vertieft diesen wie folgt:
21Anhaltspunkte dafür, dass die Versetzung in den Ruhestand auf einem veralteten Gutachten beruhe, lägen nicht vor. Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens sei eine Nachuntersuchung der Klägerin nicht erforderlich gewesen, da sie auf Dauer nicht in der Lage sei, ihre Dienstpflichten in ihrem letzten oder einem anderen Aufgabenbereich des MAIS bzw. einer anderen obersten Landesbehörde zu erfüllen. Zudem seien von ihr seit dem 17. Januar 2012 ununterbrochen und in regelmäßigen Abständen Dienstunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht worden.
22Schließlich sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin umfassend und ermessensfehlerfrei geprüft worden. Aufgabenbereiche, die sich an der ursprünglichen Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pädagogin orientieren würden, seien nicht vorhanden gewesen. Die Klägerin habe zum einen die Möglichkeit gehabt, sich auf ausgeschriebene Stellen selbst zu bewerben. Zum anderen habe das Projektteam VfW über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten umfangreiche Vermittlungsbemühungen durchgeführt, die ohne Erfolg geblieben seien. Die von der Klägerin erwähnte „landesweite Koordinierungsstelle kommunale Integrationszentren“ sei ein Dezernat der Bezirksregierung B. im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen und gehöre damit nicht zum Zuständigkeitsbereich des MAIS. Gleiches gelte hinsichtlich einer Beschäftigung in einer Regionalagentur. Die Personalauswahl und der Personaleinsatz innerhalb der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen obliege der Personalhoheit der jeweiligen obersten Landesbehörde. Die Abordnung und/oder Versetzung einer Beamtin bzw. eines Beamten in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Ressorts der Landesverwaltung könne daher ausschließlich im Einvernehmen mit der aufnehmenden Dienststelle bzw. der zuständigen obersten Landesbehörde erfolgen.
23Eine Verwendung der Klägerin in einer niedrigeren Besoldungsgruppe bzw. in der Laufbahn des gehobenen Dienstes komme ausweislich des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Funktion, der organisatorischen Einbindung und der Tätigkeitsinhalte nicht in Betracht.
24Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten einschließlich der Personalakten der Klägerin Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Zurruhesetzungsbescheid des MAIS vom 1. Oktober 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
27Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand ist zwar formell rechtmäßig (I.). Sie ist indes materiell rechtswidrig (II.).
28I. Der Zurruhesetzungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die gemäß § 72 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 9 Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespersonalvertretungsgesetz – LPVG) erforderliche Zustimmung des Personalrates liegt vor (Bl. 92 Heft 1 der Beiakten). Die Gleichstellungsbeauftragte ist im Wege der Mitzeichnung ebenfalls ordnungsgemäß beteiligt worden (§ 17 Absatz 1 Halbsatz 1 Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesgleichstellungsgesetz – LGG, Bl. 91 Heft 1 der Beiakten). Die nach § 34 Absatz 1 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) vorgeschriebene Mitteilung über die beabsichtigte Zurruhesetzung ist durch das Schreiben des MAIS vom 18. Juli 2013 erfolgt (Bl. 74 ff. Heft 1 der Beiakten).
29II. Die Zurruhesetzung der Klägerin ist aber materiell rechtswidrig. Die Klägerin ist zwar dienstunfähig (1.) Indes ist die nach § 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG gebotene Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin hinter den Anforderungen dieser Vorschrift zurückgeblieben (2.). Überdies hat der Beklagte keine Ermessensentscheidung im Sinne des § 26 Absatz 3 BeamtStG getroffen (3.).
301. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG ist eine Beamtin auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Nach § 33 Absatz 1 Satz 3 LBG NRW beträgt diese Frist sechs Monate.
31Die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ohne seinen Antrag beurteilt sich danach, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dauernd dienstunfähig ist. Bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit ist auf das abstrakt-funktionelle Amt, also hier auf das Amt der Klägerin als Oberregierungsrätin beim MAIS, ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten abzustellen. Für die Feststellung der Dienstunfähigkeit reicht es daher nicht aus, dass die Beamtin den Pflichten ihres bisherigen Dienstpostens nicht mehr gewachsen ist. Dienstunfähigkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Beamtin den Anforderungen keines der für ihr statusrechtliches Amt innerhalb der Behörde vorgesehenen Dienstpostens mehr gerecht werden kann.
32Vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. November 2008 – 2 B 32.08 –, juris, Rn. 4 m.w.N. und vom 28. Juni 1990 – 2 C 18.89 –, juris, Rn. 17 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 45 m.w.N. und vom 17. September 2003 – 1 A 1069/01 –, juris, Rn. 46; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 5 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 23. Juni 2010 – 10 K 648/08 –, juris, Rn. 54; Verwaltungsgericht Arnsberg , Urteil vom 9. Juni 2010 – 2 K 14/08 –, juris, Rn. 35 m.w.N.
33Der Behörde kommt bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist bzw. seine Dienstunfähigkeit aufgrund langfristiger Erkrankung und negativer Prognose vermutet werden kann, kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Das schließt etwaige Feststellungen oder Schlussfolgerungen in ärztlichen Gutachten grundsätzlich mit ein. Auch diese sind vom Gericht in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen. Ärztliche Gutachten müssen zur Frage der Dienstunfähigkeit von Beamten hinreichend und nachvollziehbar begründet sein. Bei der Prüfung nach § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG muss insbesondere plausibel sein, dass keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.
34OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2012 – 1 B 1490/11 –, juris, Rn. 6 und 8; undUrteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 37 m.w.N.
35Gemessen an diesen Grundsätzen war im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vom 1. Oktober 2013 die Annahme gerechtfertigt, dass die Klägerin dienstunfähig i.S.d. § 26 Absatz 1 Satz 2 BeamtStG war. Die Klägerin war in der Zeit vom 17. Januar 2012 bis zu ihrer Zurruhesetzung im Oktober 2013 durchgehend krankgeschrieben und leistete während dieses Zeitraums – mithin mehr als eineinhalb Jahre – keinen Dienst. Zudem bestand keine Aussicht, dass sie innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wurde. Diese Annahme hat der Beklagte zu Recht auf das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 gestützt.
36Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind. Das setzt voraus, dass ärztliche Gutachten zur Frage der Dienstunfähigkeit hinreichend und nachvollziehbar begründet sind. Ein im Zurruhe-setzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Es muss dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellung-nahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an.
37BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 – 2 B 2.10 –, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2014 – 6 A 2006/13 –, juris, Rn. 16 m.w.N. und 4. September 2014 – 1 B 807/14 –, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.; Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 30. Juli 2014 – 2 A 281/12 –, juris, Rn. 38; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 6 f. des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
38Das amtsärztliche Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises Q. vom 24. Oktober 2012 genügt (noch) diesen Anforderungen. Es beruht auf einer eigenen Exploration im Gesundheitsamt am 18. Oktober 2012 sowie auf dem Abschlussbericht über die stationäre Behandlung in der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012 und dem Bericht der die Klägerin behandelnden Psychotherapeutin N. vom 6. August 2012. Die Amtsärztin Dr. L1. , die als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, von ihrer Ausbildung her befähigt ist, psychopathologische Befunde zu erheben, ist auf dieser Erkenntnisgrundlage zu der fachärztlichen Einschätzung gelangt, dass die Klägerin insbesondere an einer depressiven Störung und einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur leidet. Daher sei die Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung nicht in der Lage gewesen, in ihrem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und auf Dauer nicht in der Lage, die Dienstpflichten im derzeitigen Aufgabenbereich zu erfüllen. Das Gericht hat keine Zweifel an der Sachkunde der Amtsärztin. Ihre Ausführungen beruhen zudem auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage und sind in sich stimmig und nachvollziehbar. Insoweit führt die Amtsärztin weitergehend wie folgt aus: Die Klägerin gehe selbst davon aus, dass sie an dem bisherigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr einsetzbar sei, indes an einem anderen Arbeitsplatz ihre Leistungsfähigkeit bestehe. Aus den Berichten und ihrer eigenen Schilderung gehe hervor, dass sie mit dieser Arbeit überfordert sei und die damit verbundenen Konflikte zu ihrer Erkrankung beigetragen hätten. Die Klägerin solle nach eigener Einschätzung und der Empfehlung der Klinik eine Arbeit ausüben, die sich mehr an ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin orientiere. Inwieweit diese Einschätzung zutreffe müsse aber abgewartet werden.
39Das Gutachten scheidet auch nicht deshalb als medizinische Grundlage für die Feststellung der Dienstunfähigkeit aus, weil die Untersuchungen im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand schon mehr als ein Jahr zurücklagen. Grundsätzlich ist die Zurruhesetzung einer Beamtin zwar auf eine aktuelle medizinische Tatsachengrundlage zu stellen. Das Ergebnis einer länger zurückliegenden Untersuchung genügt als Grundlage allerdings dann, wenn – im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Zurruhesetzungsbescheides – eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustands der Beamtin nicht zu erwarten ist und belastbare Anhaltspunkte für eine solche Veränderung weder von dem Beamten selbst vorgebracht wurden noch sonst ersichtlich sind.
40Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 29. November 2007 – 8 K 3505/05 –, juris, Rn. 64.
41So liegt es im vorliegenden Fall. Dass eine zwischenzeitliche positive Veränderung des Gesundheitszustandes der Beamtin nicht zu erwarten war, ergibt sich bereits aus dem amtsärztlichen Gutachten selbst, wonach es keiner Nachuntersuchung bedurfte. Dieses Ergebnis des Gutachtens wird zudem getragen von der eigenen Einlassung der Klägerin, die bereits im Rahmen des BEM-Gesprächs vom 16. Juli 2012 eine Beschäftigung innerhalb des Ministeriums ausgeschlossen hatte, und dem Abschlussbericht der Parkklinik I. vom 6. Juni 2012. Darin wurde eine Umsetzung der Klägerin in einen anderen Verwendungsbereich – mit Bezug zu ihrer ursprünglichen Profession – empfohlen, da eine Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz einen Rückfall befürchten lasse.
42Überdies fehlt es an belastbaren Anhaltspunkten dafür, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bis zu ihrer Zurruhesetzung positiv verändert hat. Die Klägerin hat vor dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheides – im Rahmen ihrer Anhörung – nichts zu ihrem Gesundheitszustand vorgetragen. Unabhängig davon, dass die psychotherapeutische Stellungnahme der die Klägerin behandelnden Diplom-Psychologin N. vom 20. April 2014 erst viel später eingereicht und auch erstellt worden und damit mit Blick auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt unerheblich ist, lassen sich auch dieser keine dahingehenden Anhaltspunkte entnehmen. Darin heißt es zwar, dass im Behandlungsverlauf eine deutliche Stabilisierung hinsichtlich der psychosomatischen und depressiven Symptomatik eingetreten sei. Diese basiere indes zum Teil darauf, dass die Klägerin nicht mehr an ihren alten Arbeitsplatz habe zurückkehren müssen. Aus Sicht der Diplom-Psychologin sei die Klägerin zumindest in einem Bereich, der ihrer beruflichen Identität entspreche, einsatzfähig. Zu der Frage, ob sie hingegen auch in ihrem jetzigen Aufgabenbereich im MAIS wieder einsatzfähig wäre, und zwar ohne dass ein Rückfall zu befürchten wäre, enthält das Gutachten hingegen keine Ausführungen. Darauf allein kommt es vorliegend aber an.
43Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die amtsärztlichen Feststellungen durch den langjährigen Krankheitsverlauf der Klägerin bestätigt wurden. Seit dem 17. Januar 2012 bis zur letzten behördlichen Entscheidung am 1. Oktober 2013 war die Klägerin weiterhin dauernd dienstunfähig.
442. Allerdings ist der Beklagte seinen Pflichten aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Das ist gemäß § 26 Absatz 2 Satz 1 BeamtStG der Fall, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Nach Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift ist die Übertragung eines anderen Amtes in den Fällen des Satzes 1 ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mindestens mit demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Nach Absatz 2 Satz 3 haben Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
45§ 26 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BeamtStG sind Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung". Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann.
46Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21, unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/5372, S. 33 und 13/3994, S. 33; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 69; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 13 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 29 f.
47Die Vorschriften sind Teil der vielfältigen Bemühungen des Gesetzgebers, Pensionierungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze soweit wie möglich zu vermeiden. Hierzu gehören auch die Weiterverwendung begrenzt dienstfähiger Beamter nach § 27 BeamtStG und die Reaktivierung von Ruhestandsbeamten nach § 29 BeamtStG, § 35 LBG.
48Ebenso zu §§ 42a, 42 Absatz 3 und § 45 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 71; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 31 f.
49Da § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG an die Dienstunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 anknüpft, kann eine anderweitige Verwendung im Sinne der Vorschrift nur die Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen bzw. im konkret-funktionellen Sinne bedeuten, welches nicht dem bisherigen statusrechtlichen Amt des dienstunfähigen Beamten zugeordnet ist. Demzufolge ist eine anderweitige Verwendung im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde möglich, wenn dem Beamten dort gleichwertige Funktionsämter einer anderen Laufbahn übertragen werden können. Steht ein dem bisherigen Statusamt entsprechender anderer Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde zur Verfügung, fehlt es dagegen bereits an der Dienstunfähigkeit im Sinne von § 26 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG (s.o.). Der Anwendungsbereich des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hat im Übrigen nicht nur einen Einsatz bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde im Blick. Er betrifft vielmehr auch gerade solche anderweitigen Verwendungen, die mit der Versetzung zu einer anderen Behörde verbunden sind. Bei dieser muss dem Beamten ein neues statusrechtliches Amt gleicher Wertigkeit verliehen werden, wenn er nicht auf einem Dienstposten eingesetzt wird, der dem bisherigen statusrechtlichen Amt zugeordnet ist. Neue Funktionsämter, die nicht dem bisherigen Amt im statusrechtlichen Sinne zugeordnet sind, können nur unter Verleihung des entsprechenden Amtes im statusrechtlichen Sinne übertragen werden.
50Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 73; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 33 f.
51§ 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG begründet zugleich die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar.
52Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 75; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 38 f.
53Eine Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit i.S.v. § 26 Abs. 2 BeamtStG zu suchen, besteht nur dann nicht, wenn aufgrund des Gesundheitszustandes des Beamten eine anderweitige Verwendung von vornherein ausgeschlossen ist. Der Dienstherr kann sich jedoch nur dann darauf berufen, nicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit verpflichtet zu sein, wenn seine Annahme einer fehlenden anderweitigen Verwendungsmöglichkeit auf tragfähigen Feststellungen gründet.
54Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. August 2012 – 6 A 2559/11 –, juris, Rn. 8 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Juli 2011 – 6 A 1581/10 –, juris, Rn. 6.
55Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Zwar lässt sich dem Gutachten auch keine positive Feststellung dahingehend entnehmen, dass der Gesundheitszustand sicher eine anderweitige Verwendung der Klägerin erlaubt. Solange aber auch nicht das Gegenteil feststeht, entfällt auch nicht die Suchpflicht des Dienstherrn. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Aussagen zur Dienstunfähigkeit allein auf das gegenwärtig innegehabte Amt im abstrakt-funktionellen Sinne beziehen und die anderen durch § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG angesprochenen Verwendungsmöglichkeiten ausblenden. Aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012 folgt lediglich, dass die Klägerin nicht mehr zur Ausübung ihrer Dienstpflichten in ihrem damaligen Aufgabenbereich beim MAIS in der Lage gewesen sei. Dem Gutachten lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass die Klägerin aufgrund ihrer psychischen Leiden auch nicht mehr in der Lage ist, anderweitige Tätigkeiten auszuüben. Vielmehr hat die Gutachterin unter Bezugnahme auf die Selbsteinschätzung der Klägerin und der Empfehlung der Klinik ausdrücklich empfohlen, ihr – sofern organisatorisch möglich – eine andere, an ihrer ursprünglichen Ausbildung orientierte, Tätigkeit anzubieten und den weiteren Verlauf abzuwarten. Damit hält sie eine solche Tätigkeit offenbar für möglich.
56Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht der Klägerin obliegt substantiiert vorzutragen zu welchen Tätigkeiten sie gesundheitlich (noch) in der Lage ist. Vielmehr muss der Beklagte auf Grundlage tragfähiger Feststellungen – notfalls durch Einholung weiterer amtsärztlicher Gutachten – darlegen, welche Tätigkeiten von der Klägerin nicht mehr ausgeübt werden können, um von seiner Suchpflicht (teilweise) befreit zu werden.
57Die Suche nach einer § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 26 Absatz 2 Satz 2 BeamtStG, wonach die Übertragung eines anderen Amtes zulässig ist, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann. Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG nicht herleiten. Auch die amtliche Gesetzesbegründung enthält keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist.
58Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/4027, S. 28 f., zu § 27 des Entwurfs; ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 28; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 78; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 40 f.
59Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung darf sich nicht nur auf aktuell freie Stellen beschränken. Vielmehr muss sie sich auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit – etwa innerhalb eines Jahres – voraussichtlich neu zu besetzen sind. Denn eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 26 Absatz 2 BeamtStG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht und die dazu erforderliche Laufbahnbefähigung erst nach einer – ggf. längeren – Unterweisungszeit erworben werden kann.
60Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 29; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 42 f.
61Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird durch den Wortlaut des § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG verdeutlicht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Fällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist.
62Ebenso zu § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 77; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 35 f.
63Nach alledem ist es – auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten die Vorgaben des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zu Lasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die erforderliche Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
64Ebenso mit Blick auf § 42 Absatz 3 BBG a.F. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 –, BVerwGE 124, 99, 108 f., und vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 32; OVG NRW, Urteile vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 –, juris, Rn. 66, und vom 22. Januar 2010 – 1 A 2211/07 –, juris, Rn. 81; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 12. Dezember 2014 – 13 K 6791/13 –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 6. Dezember 2010 – 13 K 2536/10 –, juris, Rn. 44 f.
65Das erkennende Gericht vermag nicht festzustellen, dass der Beklagte seiner Suchpflicht gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen des § 26 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 BeamtStG hinreichend nachgekommen ist. Vielmehr hat der Beklagte seine Suchpflicht verletzt, indem er die Klägerin in unzulässiger Weise auf die Möglichkeit zur Bewerbung auf freie Dienstposten verwiesen und die mangelnde anderweitige Verwendungsmöglichkeit mit der fehlenden Zustimmung der anderen Dienstbehörden bzw. mit der bevorzugten Auswahl anderer Personen nach Maßgabe des Bestenausleseprinzips begründet hat.
66Die Suchpflicht des Dienstherrn darf sich nicht auf die bloße Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Es kommt nicht darauf an, ob Verwendungen im Bereich einer anderen obersten Dienstbehörde deren Zustimmung bedürfen, da diese Behörde über die Erteilung der Zustimmung unter Beachtung der Verpflichtung des Dienstherrn aus § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG zu entscheiden und daher im Regelfall die erforderliche Zustimmung zu erteilen hat, wenn dadurch die Weiterbeschäftigung möglich wird. Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt. Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn, mithin des Landes Nordrhein-Westfalen, ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte daher auf diesem Dienstposten im Wege der Versetzung zu verwenden. Etwaige Differenzen zwischen Behörden desselben Dienstherrn sind Interna des zur Stellensuche Verpflichteten, die nicht zu Lasten des Beamten geltend gemacht werden können. Anders sieht es lediglich hinsichtlich einer dienstherrenübergreifende Versetzung aus. Auch ein an Artikel 33 Absatz 2 GG orientiertes Stellenausschreibungsverfahren hat von vornherein zu unterbleiben. Eine Ausrichtung am Bestenausleseprinzip ist unzulässig, da allein darüber zu entscheiden ist, der Beamtin bzw. dem Beamten eine leidensgerechte Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
67BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris, Rn. 4 und Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris, Rn. 41; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris, Rn. 28; Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 13. November 2014 – 2 K 730/11 –, juris, Rn. 24; Verwaltungsgericht Frankfurt, Urteil vom 29. Februar 2008 – 9 E 941/07 –, juris, Rn. 43; v. Roetteken, in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, § 26, Rn. 130 f. m.w.N.
68Der Beklagte ist aber ausweislich der Begründung im Zurruhesetzungsbescheid vom 1. Oktober 2013 – und der schriftsätzlichen Einlassung im Gerichtsverfahren – davon ausgegangen, dass „die zuständigen Dienststellen – nach dem Grundsatz der Bestenauslese – in eigener Zuständigkeit über ihre Stellenbesetzung [entscheiden]“. Daher sei eine anderweitige Verwendung der Klägerin in anderen Geschäftsbereichen der Landesverwaltung ohne Zustimmung der aufnehmenden Dienststelle nicht möglich gewesen. Die von der Klägerin beispielhaft gewünschte Verwendung bei der „Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunaler Integrationszentren“ könne nur im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens, über das die Bezirksregierung B. in eigener Zuständigkeit entscheide, erfolgen. Insoweit reduzierten sich die Bemühungen des Beklagten lediglich auf entsprechende Nachfragen bei in Frage kommenden Dienstbehörden. Sofern entsprechende Stellen vorhanden waren, sind diese nicht mit der Antragstellerin im Wege der Versetzung besetzt worden. Vielmehr ist die Antragstellerin darauf verwiesen worden, sich hierauf zu bewerben. So wurde beispielsweise bei der QUA-LiS NRW, die erst zum 1. Dezember 2013 im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung errichtet worden ist, zum 1. August 2014 eine Referentin im Arbeitsfeld Supportstelle Allgemeine Weiterbildung gesucht. Das Anforderungsprofil entsprach dem der Klägerin; insbesondere bedurfte es auch keiner Lehramtbefähigung. Die Klägerin wurde daher auf ihre Bewerbung hin in das Auswahlverfahren einbezogen, die Auswahlentscheidung fiel aber nach Maßgabe des – in unzulässiger Weise angewandten – Bestenausleseprinzips zugunsten einer Mitbewerberin aus. Die Klägerin hat gegen die Besetzung des Dienstpostens mit der Mitbewerberin beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt (13 L 1338/14); der Dienstposten ist aber – in Verkennung der in der Rechtsprechung anerkannten Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung – bereits vor Ablauf der Wartezeit mit der Mitbewerberin besetzt worden.
69Dem Gericht erschließt sich in diesem Zusammenhang überdies nicht, wieso befristet ausgeschriebene Stellen von vornherein unberücksichtigt geblieben sind. Zum einen besteht bei einer Befristung oftmals die Möglichkeit diese zu verlängern. Zum anderen hätte der Beklagte während der Befristung bzw. zum Ende der Befristung nach anderen freien Dienststellen suchen müssen.
703.Überdies hat es der Beklagte versäumt, eine Ermessensentscheidung nach § 26 Absatz 3 BeamtStG zu treffen. Danach kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Nach dieser Vorschrift kann dem Beamten folglich eine Tätigkeit übertragen werden, die in ihrer Wertigkeit nicht seinem abstrakt-funktionellen Amt entspricht; wobei er sein abstrakt-funktionelles Amt trotzdem behält. Bei der Ermessensausübung ist einerseits das öffentliche Interesse daran, den Beamten nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzen zu müssen und dadurch Versorgungsmittel einzusparen, zu berücksichtigen. Andererseits sind aus Gründen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und im Hinblick darauf, dass dem Beamten die geringerwertige Tätigkeit ohne seine Zustimmung übertragen werden kann, die schutzwürdigen Belange des Beamten, z.B. in gesundheitlicher Hinsicht, zu beachten.
71Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 12. August 2013 – 1 A 274/12 –, juris, Rn. 25 m.w.N.
72Der Beklagte hat ausweislich des streitgegenständlichen Zurruhesetzungsbescheides Dienstposten, die der Besoldungsgruppe A 13 BBesO entsprachen, von vornherein nicht in Betracht gezogen („Die ausgeschriebenen Stellen entsprachen jedoch zum Teil nicht ihrer derzeitigen Besoldungsgruppe“) und damit das ihm durch § 26 Absatz 3 BeamtStG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt (Ermessensausfall). Hieran vermag auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte E-Mail vom 29. Januar 2015, woraus sich ergibt, dass das Projektteam auch einen unterwertigen Einsatz der Klägerin überprüft habe, nichts zu ändern. Denn der Inhalt der E-Mail – der insoweit im Widerspruch zu dem Abschlussbericht des Projektteams vom 1. Juli 2013 steht, wonach die ausgeschriebenen Stellen zum Teil nicht der Besoldungsgruppe A 14 BBesO entsprochen hätten, ist dem MAIS erst nach Erlass des Zurruhesetzungsbescheides bekannt geworden; er konnte mit anderen Worten daher bei der Entscheidung über die Zurruhesetzung der Klägerin noch gar nicht berücksichtigt worden sein. Insoweit scheidet auch ein Ergänzen der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO aus, da die Norm in Fällen, in denen das Ermessen noch gar nicht ausgeübt worden ist, keine Anwendung findet.
73Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 114, Rn. 50 m.w.N.
74Kommt es auf den Inhalt der E-Mail im Ergebnis also nicht an, da er als wahr unterstellt werden kann, ohne dass sich dies auf das Ergebnis der Entscheidung auswirken würde, bedarf es auch keiner weitergehenden Zeugenvernehmung des Leiters des Projektteams VfW.
75Entgegen der Ansicht des Beklagten ist auch nicht ersichtlich, dass sämtliche geringerwertige Tätigkeiten beim Dienstherrn von vornherein aufgrund des gesundheitlichen Zustandes der Klägerin nicht in Betracht kamen. Zwar heißt es in dem amtsärztlichen Gutachten vom 24. Oktober 2012, dass die Klägerin mit engen Strukturen (Termindruck und straffes Strukturieren von Tätigkeiten) ihre Schwierigkeiten zu haben scheint. Die Amtsärztin stellt aber nicht fest, dass die Klägerin generell zur Ausübung von eng(er) strukturierten Tätigkeiten nicht (mehr) in der Lage ist (hierzu siehe auch schon oben). Zudem trägt der Beklagte weder hinreichend substantiiert vor, noch ist sonst ersichtlich, dass jegliche in Betracht kommenden geringerwertigen Tätigkeiten derart eng strukturiert sind, dass der Gesundheitszustand der Klägerin einer Ausübung entgegenstünde. Das Gericht entnimmt den Ausführungen der Amtsärztin vielmehr, dass ein wesentlicher Faktor für die Erkrankung der Klägerin – neben den Besonderheiten einer Tätigkeit in einem Ministerium – zumindest auch der fehlende Bezug ihrer Tätigkeit beim MAIS zu ihrer ursprünglichen Ausbildung als Diplom-Pädagogin gewesen ist.
76Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
77Beschluss:
78Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000 Euro festgesetzt.
79Gründe:
80Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.