Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 31. Aug. 2016 - 1 MB 5/16

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2016:0831.1MB5.16.0A
bei uns veröffentlicht am31.08.2016

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 09.06.2016 geändert:

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (VG 6 A 192/15) gegen die Genehmigungsbescheide vom 13.05.2015 (Az. LLUR 7713/7724-G10/2014/163 bis 170) nebst Widerspruchsbescheid vom 04.11.2015 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird gemäß §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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Die Antragstellerin ist Eigentümerin des im Außenbereich gelegenen „Resthofes“ … . Sie wendet sich gegen acht immissionsschutzrechtliche Genehmigungen, die der Beigeladenen zur Errichtung von Windkraftanlagen in … („Bürgerwindpark Füchtweg“) erteilt worden sind.

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Die örtliche Situation ergibt sich aus folgender Karte:

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Wegen den weiteren Einzelheiten wird auf den erstinstanzlichen Beschluss (zu. I.; S. 3-7 des Beschl.-Abdr.) Bezug genommen.

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Mit Beschluss vom 09.06.2016 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage entsprochen und zur Begründung i. w. ausgeführt: Die Antragstellerin sei antragsbefugt, da unzumutbare Lärmbelästigungen infolge der genehmigten Windkraftanlagen im Hinblick auf das schalltechnische Gutachten „Busch“ - IO 10 [40 dB(A) nachts], IO 9 [45 dB(A) nachts] - nicht offensichtlich ausgeschlossen seien. Der Antrag sei auch begründet, denn die Antragstellerin könne - unabhängig von der Verletzung subjektiver Rechte - die Aufhebung der Genehmigungen gem. § 4 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 lit. a UmwRG verlangen, da eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für eine „Windfarm“ (Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG) nicht durchgeführt worden sei. Die insgesamt 22 Windkraftanlagen (8 genehmigte sowie die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“) seien gemeinsam zu betrachten und damit als „Windfarm“ iSd Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG anzusehen. Eine „Windfarm“ bestehe aus mindestens 3 Anlagen im räumlichen Zusammenhang, unabhängig von der Zahl der Betreiber. Eine „räumliche Beziehung“ sei gegeben, wenn sich die UVP-relevanten Auswirkungen summierten bzw. sich die Einwirkungsbereiche der Anlagen überschneiden. Ein erster Ansatzpunkt für einen überschneidenden Einwirkungsbereich sei die Entfernung der Rotordurchmesser; übersteige diese das 10-fache des Durchmessers, berührten sich die Einwirkungsbereiche typischerweise nicht mehr. Der Rotordurchmesser der genehmigten acht Anlagen betrage 115,7 m, der 10-fache Wert liege also bei 1.157 m; der Abstand zwischen der genehmigten Anlage 03 und der nächstgelegenen Anlage des im Bereich „Trennewurth-West“ betrage knapp 1.000 m. Eine Prüfung im Einzelfall führe zu dem Ergebnis, dass die genehmigten Windkraftanlagen und die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ als eine Windfarm i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage zum UVPG anzusehen seien. Es sei wahrscheinlich, dass es zu einer Summierung der von den Windkraftanlagen ausgehenden Wirkungen in Bezug auf Lärm, optische Wirkung, sowie auf Habitate und den Vogelzug komme. Die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ hätten einen erheblichen Anteil an der bestehenden Vorbelastung. Der Einwirkungsbereich des Windparks „…“ reiche über die an der Bundesstraße B 5 liegenden Immissionsorte hinaus. Von einer Überschneidung der Einwirkungsbereiche beider Bereiche sei daher auszugehen. Die Anlagen seien auch nicht so weit voneinander entfernt, dass ausgeschlossen werden könne, dass sich die Einwirkungsbereiche in Bezug auf den Vogelzug überschneiden. Zur optischen Wirkung sei den vorliegenden Luftbildern zu entnehmen, dass die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ vom Windpark „…“ aus sichtbar seien. Die Anlagen beider Bereich könnten als „zusammengehörig erscheinen“; die dazwischen verlaufende Bundesstraße B 5 schaffe keine Zäsur. Unerheblich sei es, dass die Anlagen sukzessive errichtet worden seien und dass die - mittlerweile für unwirksam erklärte - Fortschreibung des Regionalplans zwei getrennte Eignungsgebiete ausgewiesen habe und insoweit eine strategische Umweltprüfung erfolgt sei. Das befreie nicht von einer vorhabenbezogenen UVP im Einzelfall. Es spiele auch keine Rolle, ob ein Turbulenzgutachten erforderlich gewesen sei. Entscheidend sei vielmehr, ob die Einwirkungsbereiche der Windkraftanlagen in beiden Bereiche an ein und demselben Punkt auf die nach dem UVPG relevanten Schutzgüter einwirkten.

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Eine Nachholung der UVP sei bislang nicht erfolgt. Mit den Zielen der Umweltverträglichkeitsprüfung sei es nicht vereinbar, wenn die Ausführung eines Vorhabens zugelassen werde, ohne dass zuvor eine notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei. Eine Genehmigung könne dann nicht erteilt werden. Der Vollzug der Genehmigung müsse ausgeschlossen sein, was die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage begründe.

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Gegen den am 15.06.2016 zugestellten Beschluss hat die Beigeladene am 20.06.2016 Beschwerde erhoben. Sie beanstandet, dass das Verwaltungsgericht von einem Anspruch der Antragstellerin auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigungen unabhängig von einer Verletzung subjektiver Rechte ausgehe. Vorliegend sei eine UVP-Vorprüfung durchgeführt worden, die - zutreffend - zu dem Ergebnis gelangt sei, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Der Behörde komme insoweit ein Beurteilungsspielraum zu und die gerichtliche Kontrolle sei grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt. Dem werde die Genehmigung gerecht.

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Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Bereiche „…“ und „Trennewurth-West“ bildeten keine gemeinsame Windfarm, da sich die Einwirkungsbereiche nicht überschneiden. Besondere Artengruppen (Vögel, Fledermäuse) seien offensichtlich nicht gefährdet. Artengefährdende Sachverhalte seien durch Vermeidungsmaßnahmen ausgeschlossen. Der Bereich liege außerhalb von Vorranggebieten für Vögel und auch nicht innerhalb eines Vogelzugkorridors. Mit Vogelzugaktivitäten bzw. erhöhten Vogelzugdichten sei also nicht zu rechnen. Durch die landwirtschaftliche Nutzung der arten- und strukturarmen Flächen im fraglichen Bereich seien auch keine Rastvögel anzutreffen. Die Flächen seien nicht als Nahrungshabitat geeignet. Das Projektgebiet habe für Brutvögel eine geringe Bedeutung; soweit es zu Vergrämungen von Brutvögeln kommen könne, betreffe dies zeitlich begrenzt nur die Bauphase und sei durch Bauarbeiten außerhalb der Brutzeiten vermeidbar. Angesichts der geringen Bedeutung des Projektgebiets für Brutvögel sowie für ziehende und rastende Vogelarten sei nicht von einem gemeinsamen Einwirkungsbereich der Windkraftanlagen auszugehen. Eine 2013 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung auf dem Gebiet der benachbarten Gemeinden Barlt, … und St. Michaelisdonn habe keinerlei Erkenntnisse zu einem Schutzpotential erbracht. Mögliche Auswirkungen auf Fledermäuse seien in einem Fachgutachten bewertet worden, dabei hätten sich keine Hinweise auf ziehende Fledermäuse ergeben. Aus Vorsorgegründen solle an einer der neuen Windkraftanlagen eine automatisierte Langzeithöhenuntersuchung (Monitoring) erfolgen; die Anlage solle während der Migrationszeit zeitweise abgeschaltet werden. Diese Vermeidungsmaßnahme habe bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer UVP berücksichtigt werden müssen.

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Hinsichtlich der Lärmwirkungen lägen die nächtlichen Immissionsbeiträge jeder einzelnen Anlage mindestens 10 dB(A) unter dem Immissionsrichtwert (IRW) von 45 dB(A); damit sei die gesamte Windfarm „…“ an den Immissionsorten (IO) 1-8 nicht als beurteilungsrelevant iSd TA Lärm anzusehen. Im vorliegenden Schallgutachten seien für eine „abgesicherte“ Prüfung mehr Windkraftanlagen berücksichtigt worden als von der TA Lärm gefordert; es seien auch Anlagen einbezogen worden, deren Beitrag mindestens 20 dB unter dem IRW liege. An den Immissionsorten, an denen der IRW bereits durch die Vorbelastung des Windparks „Trennenwurth-West“ überschritten werde, lägen die Immissionsbeiträge der Anlagen im Bereich „…“ jeweils 15 dB unter dem IRW und seien damit irrelevant. Für die geplanten Windkraftanlagen sei antragsgemäß nur ein nächtlich schallreduzierter Betrieb zu berücksichtigen gewesen. Die IO 1-8 lägen nicht im Einwirkungsbereich des Windparks „…“. Überschneidende Einwirkungsbereiche von Windkraftanlagen aus „…“ und „Trennwurth-West“ bestünden somit nicht.

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Zum „Landschaftsbild“ bestehe kein besonderer Prüfbedarf. In dem Bereich, der ausschließlich struktur- und artenarme und ackerbaulich intensiv genutzte landwirtschaftliche Nutzflächen in der Dithmarscher Marsch umfasse, seien keine in einer UVP bewertbaren Landschaftselemente vorhanden. Knicks, Biotopverbundachsen oder Wälder fehlten. Seit den späten 90er Jahren sei das Landschaftsbild hier mit Windkraftanlagen verbunden. Der 10-fache Rotordurchmesser sei für die Beurteilung von Einwirkbereichen im Landschaftsbild nicht ausschlaggebend. Es genüge nicht, dass die Windkraftanlagen von bestimmten Punkten aus sichtbar oder hörbar seien.

11

Die Antragstellerin hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie meint, der Antragsgegner wolle mit dem Resultat einer fiktiven UVP festlegen, ob eine UVP erforderlich ist; das könne nicht richtig sein. Die UVP sei erforderlich und fehle nach wie vor.

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Die Beigeladene hat sich den Inhalt der Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners zu Eigen gemacht (Schriftsatz vom 22.07.2016).

II.

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Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet. Der erstinstanzliche Beschluss ist zu ändern und der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Bescheide über die Genehmigung von acht Windkraftanlagen nebst Widerspruchsbescheid ist abzulehnen.

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Der Beschwerdebegründung ist - zwar - nicht darin zu folgen, dass das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 09.06.2016 einen „isolierten Aufhebungsanspruch ... allein aus den Verfahrensvorschriften des Umweltrechtsbehelfsgesetzes“ gerechtfertigt habe (1.). Die erstinstanzliche Entscheidung ist aber - im Ergebnis - aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen nicht zu halten; der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigungen kann nicht entgegengesetzt werden, dass keine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden habe (2.)

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1. Das Verwaltungsgericht hat einen Aufhebungsanspruch der Antragstellerin in Bezug auf die angefochtenen Genehmigungen nur in Betracht gezogen, weil es die Antragstellerin für (klage- und) antragsbefugt und ihren Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1 2. Alt. VwGO damit für zulässig gehalten hat. Die Antragsbefugnis hat das Verwaltungsgericht - überzeugend - aus der Möglichkeit abgeleitet, dass durch die Lärmwirkungen der genehmigten Windkraftanlagen die drittschützenden Vorschriften der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt sein könnten. Das ist im Hinblick auf die dem schalltechnischen Gutachten Busch vom 11.08.2014 entnommenen Beurteilungswerte für die Immissionsorte 9 und 10 nicht „offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise“ ausgeschlossen.

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Das Verwaltungsgericht hat damit nicht, wie die Beigeladene annimmt, einen „isolierten“ Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz angenommen, es ist vielmehr - im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.12.2011, 9 A 30.10, NVwZ 2012, 573) und des Senats (Beschl. v. 28.10.2014, 1 MB 5/13, NuR 2015, 652) - davon ausgegangen, dass (auch) der Verfahrensfehler einer rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht unabhängig von der Betroffenheit in eigenen Rechten „eingeklagt“ werden kann. Es bleibt - auch nach der erstinstanzlichen Entscheidung - dabei, dass § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens betrifft, dagegen keine Bedeutung für die Prüfung der Klagebefugnis hat. Die Klagebefugnis Einzelner kann nicht aus Allgemeinbelangen abgeleitet werden, auch nicht aus "umweltbezogenen" bau- oder naturschutzrechtlichen Vorschriften, die dem Einzelnen keine individuellen Rechte zuweisen. Solche Zuweisungen enthalten weder die Århus-Konvention (BGBl. 2006 II, S. 1252 ff.; vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 27.02.2013, 8 B 10254/13, NVwZ 2013, 881 [Rn. 10]) noch die europäischen Naturschutzrichtlinien (FFH-Richtlinie 92/43/ EWG), die auf den Naturschutz "um seiner selbst willen" abzielen und damit keine Individualrechte begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2007, 4 C 12.05, BVerwGE 128, 358 ff., Juris Rn. 33).

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Soweit die Beigeladene in ihrer Beschwerdebegründung den erstinstanzlichen Beschluss (S. 9 Mitte d. Abdr.) zitiert, wonach eine Aufhebungsanspruch der Antragstellerin „unabhängig von einer Verletzung subjektiver Rechte“ bestehe, missversteht sie diesen Satz. Damit wird nicht etwa das (Zulässigkeits-)Erfordernis einer individuellen (Klage- und) Antragsbefugnis der Antragstellerin negiert, sondern lediglich die - durch § 4 Abs. 3 S. 1 und § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit.a UmwRG entstandene - Rechtslage wiedergegeben, wonach ein klagebefugter Individualkläger mit seiner Klage unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bei einer zu Unrecht nicht erfolgten Umweltverträglichkeitsprüfung Erfolg haben kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.06.2013, 4 B 37.12, BauR 2013, 2014).

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2. Der Senat folgt der dem erstinstanzlichen Beschluss zu entnehmenden Prognose, dass die Klage der Antragstellerin gegen die angefochtenen Genehmigungen von acht Windkraftanlagen nebst Widerspruchsbescheid „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Erfolg haben wird, nicht. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe sowie die Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners im Schriftsatz vom 22.07.2016 führen dazu, dass der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide der (Verfahrens-)Fehler einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung nicht entgegengehalten werden kann.

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2.1 Das Verwaltungsgericht geht - im Ausgangspunkt - zutreffend davon aus, dass nach § 3c Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG für die genehmigten acht Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich war und dass - für den Fall, dass die Bereiche „Trennewurth-West“ und „…“ zusammen zu beurteilen sind - eine „Windfarm“ nach Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG in Betracht kommt mit der Folge, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Die Frage, ob die beiden Bereiche zusammen zu beurteilen sind, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen „kumulierender Vorhaben“ gem. § 3 b UVPG vorliegen.

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2.1.1 Ausgehend vom Wortlaut des § 3b UVPG liegen hier keine „kumulierenden Vorhaben“ vor.

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Das „Vorhaben“ der Beigeladenen besteht nach deren Antrag vom 31.10.2014 in der Errichtung von acht Windkraftanlagen im Bereich „…“. Dafür wäre nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG ausreichend. Da die genannten acht Anlagen nicht „gleichzeitig“ mit den (schon vorhandenen) Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ realisiert werden, ist der Fall „kumulierender Anlagen“ nach § 3b Abs. 2 UVPG nicht gegeben.

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Die von der Beigeladenen beantragten acht Windkraftanlagen führen auch nicht zu einer „Änderung oder Erweiterung“ der bestehenden Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“, so dass auch eine Kumulation nach § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG ausscheidet.

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Soweit nach § 3b Abs. 3 Satz 2 UVPG „bestehende Vorhaben“ auch als „kumulierende Vorhaben im Sinne des Abs. 2 Satz 1“ anzusehen sind, betrifft dies den Fall, dass das „neue“ Vorhaben - hier: das der Beigeladenen - als Änderung oder Erweiterung zu den bestehenden Vorhaben hinzutritt (vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Kommentar, 2012, § 3b Rn. 41). Das trifft im vorliegenden Fall nicht zu, denn das - selbständige - Vorhaben der Beigeladenen ändert oder erweitert die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ nicht.

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2.1.2 Die Antragstellerin hat demgegenüber bereits - zutreffend - darauf hingewiesen, dass auf den vorliegenden Fall die Regelung in § 3b Abs. 2 und 3 UVPG analog anzuwenden ist (Antragsschrift vom 21.03.2016, S. 6-7). Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.06.2015 - 4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219 f., Rn. 16 f. [= NVwZ 2015, 1458]), der der Senat folgt. Danach fehlt für den - vorliegenden - Fall einer nachträglichen Kumulation von Vorhaben im Gesetz eine Regelung; die Gesetzeslücke ist durch eine Gesamtanalogie zu § 3b Abs. 2 und 3 UVPG zu schließen, um den Regelungszweck des Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011 (ABl. EU Nr. L 26/1 vom 28.01.2012) - jetzt i. d. F. der Richtlinie 2014/52/EU vom 25.04.2014 (ABl. EU Nr. L 124/1 vom 25.04.2014) - nicht durch eine Aufsplitterung von Projekten zu umgehen. Auch die zeitlich versetzte Verwirklichung von Teilprojekten soll vom innerstaatlichen Recht erfasst werden.

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Nach diesen Grundsätzen ist auch der vorliegende Fall zu beurteilen; danach kommt eine Beurteilung der Anlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“ in Betracht mit der Folge, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung - und nicht nur eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls - erforderlich ist, wenn beide Bereiche als eine „Windfarm“ anzusehen sind, die den Größenwert von mehr als 20 Anlagen nach Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG überschreitet.

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2.2 Eine „Windfarm“ besteht nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG aus mindestens drei über 50 m hohen Anlagen. Bei 3 - 6 bzw. 6 - 20 Anlagen ist eine standortbezogene oder allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3 c Satz 1 bzw. 2 UVPG) durchzuführen. Bei mehr als 20 Anlagen ist eine UVP (§ 3 b Abs. 1 UVPG) erforderlich.

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Die Frage, unter welchen Voraussetzungen mehrere Anlagen einem Standort zuzuordnen und damit als (eine) „Windfarm“ anzusehen sind, ist im Gesetz (UVPG) und in den zugrundeliegenden europäischen Richtlinien (vgl. Nr. 3 lit. i des Anhangs II zur UVP-Richtlinie 2011/92/EU) nicht geregelt; die in den anderen Sprachfassungen der Richtlinie verwendete Bezeichnung „Windpark“ (parc éoliens, parques eólicos, vindmølleparker) hilft nicht weiter.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist von einer „Windfarm“ auszugehen, wenn drei oder mehr Windkraftanlagen räumlich einander so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren, wobei eine erhebliche Auswirkung auf die in Art. 3 UVP-Richtlinie genannten Schutzgüter maßgeblich ist. Nur der Fall einer Massierung zu erwartender negativer Umweltfolgen löst einen Prüfungsbedarf aus (BVerwG, Urt. v. 30.06. 2004, 4 C 9.03, BVerwGE 121, 182 [= NVwZ 2004, 1235], bei Juris Rn. 33). Der Gesetzgeber geht nach der Regelung in Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG davon aus, dass eine UVP-relevante Kumulation der Umweltfolgen erst ab 20 Anlagen generell anzunehmen ist.

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Das Verwaltungsgericht hat sich insoweit - im Sinne einer ersten Annäherung - an der Rechtsprechung orientiert, der zufolge sich die Einwirkungsbereiche der Windkraftanlagen nicht mehr berühren, wenn zwischen zwei Anlagen eine Entfernung von mehr als dem 10-fachen des Rotordurchmessers liegt (vgl. VGH München, Urt. v. 12.01.2007, 1 B 05.3387 u. a., NVwZ 2007, 1213 [bei Juris Rn. 23], m. w. N.). Dieses Abstandsmaß wird unterschritten, da bei einem Rotordurchmesser von 115,7 m die genehmigte Anlage 03 von der nächstgelegenen Anlage im Bereich „Trennewurth-West“ (nur) knapp 1.000 m entfernt liegt.

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Die genannte Entfernung stellt indes weder einen Rechtssatz oder rechtsverbindlichen Grenzwert noch eine „technische Wirkungsgröße" dar, sondern eine Konvention für einen im Regelfall zur Beurteilung des räumlichen Umgriffs einer Anlagengesamtheit in Relation zur Größe der einzelnen Anlagen zweckmäßigen Abstand (BVerwG, Beschl. v. 08.05.2007, 4 B 11.07, BauR 2007, 1698 [bei Juris Rn. 7]). Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben für die räumliche Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Es ist deshalb eine diesbezügliche - schutzgutbezogene - Prüfung im Einzelfall erforderlich.

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Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Einzelfallprüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass es zu einer „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen „jedenfalls hinsichtlich der Lärmimmissionen, der optischen Wirkung und der Auswirkungen auf Habitate und den Vogelzug kommt“ mit der Folge, dass die Bereiche „…“ und „Trennewurth-West“ als eine Windfarm i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG anzusehen sind (S. 12 u. des Beschl.-Abdr.). Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Bei der gebotenen schutzgutbezogenen Prüfung sind keine zureichenden Anhaltspunkte dafür festzustellen, dass die Anlagen in den beiden Bereichen UVP-relevante (überschneidende oder sich „berührende“) Wirkungsüberlagerungen begründen.

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2.2.1 Die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung sind § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG zu entnehmen. Zum Schutzgut „Mensch“ gehört auch die Beurteilung der möglichen Lärmauswirkungen des Vorhabens (2.2.2); dessen „optischen Auswirkungen“ gehören zum Schutzgut „Landschaft“ (2.2.3). Direkte oder mittelbare Auswirkungen auf Habitate bzw. den Vogelzug sind den Schutzgütern „Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ zuzuordnen (2.2.4; vgl. Appold, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 25, 27, 39).

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2.2.2 Die möglichen Lärmauswirkungen begründen das Vorliegen einer (UVP-pflichtigen) „Windfarm“ i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht.

34

Das Verwaltungsgericht leitet sein anderslautendes Ergebnis daraus ab, dass die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ einen „erheblichen Anteil“ an der bestehenden Vorbelastung“ hätten und der Einwirkungsbereich der (geplanten) Anlagen der Beigeladenen im Bereich „…“ über die an der B 5 gelegenen Immissionsorte hinausreiche (S. 13 u. des erstinstanzl. Beschl.-Abdr.). Danach lägen Wirkungsüberlagerungen vor.

35

Diese Überlagerungen sind aus der Anwendung der TA Lärm abgeleitet worden (s. „Schalltechnisches Gutachten“ vom 11.08.2014, S. 3, S. 19 [Tabelle 3]). Die TA Lärm gilt für die Zulassung oder Überwachung von Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, um dessen Schutz- und Vorsorgeanforderungen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG zu konkretisieren (vgl. Jarass, BImSchG, 2012, § 48 Rn. 15, 16, 23, 26). Allerdings verweist Nr. 1.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des UVPG (UVPVwV vom 18.09.1995 [GMBl. S. 671]) für die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die „gesetzlichen Umweltanforderungen (für den Genehmigungsanspruch)“, insbesondere auf § 6 Nr. 1 und § 5 BImSchG. Im Ergebnis erfolgt danach die Beurteilung der (UVP-relevanten) Umweltauswirkungen gleichlaufend mit den für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung relevanten Maßstäben, also auch denen der TA Lärm. Für die Anwendung der TA Lärm auch im Rahmen der UVP spricht überdies, dass die Beigeladene gem. § 6 Abs. 1 BImSchG einen Genehmigungsanspruch verfolgt („...ist zu erteilen...“), der im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht „strengeren“ Anforderungen unterworfen sein kann, als es nach dem „Fachrecht“ nach Maßgabe des BImSchG und der TA Lärm der Fall ist.

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Dem entsprechend ist die - für die Anwendung der Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG maßgebliche - Frage, ob die Windkraftanlagen in den Bereichen „Trennewurth-West“ und „…“ als eine „Windfarm“ mit mehr als 20 Anlagen anzusehen sind, in Bezug auf die Lärmauswirkungen anhand der Maßstäbe der TA Lärm zu beantworten.

37

Nach der TA Lärm erfolgt eine (energetische) „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen unter Berücksichtigung der Frage, ob und ggf. inwieweit die geplanten Anlagen der Beigeladenen für die in Betracht zu ziehenden Immissionsorte (Nr. 2.3 mit Anhang Nr. A.1.3 TA Lärm) einen relevanten Immissionsbeitrag leisten (s. dazu Anlage 5 der „Schallprognose“ vom 11.08.2014). Eine - im o. g. Sinne - relevante „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen ist somit nach der TA Lärm zu beurteilen, insbesondere nach der für die Relevanz von Immissionsbeiträgen maßgeblichen Nr. 3.2.1 Abs. 2 S. 2 und Abs. 6 S. 2 TA Lärm.

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Die „Schallprognose“ (a.a.O., S. 10) hat alle Immissionsorte im Außenbereich (IO 1 - IO 16) hinsichtlich ihrer Schutzbedürftigkeit zutreffend wie ein Dorfgebiet (MD; Nr. 6.1 c TA Lärm) eingestuft; das entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 19.01.2012, 1 KS 4/11, NordÖR 2012, 546). Nur für den an einem Allgemeinen Wohngebiet gelegenen Punkt IO 17 sind die Richtwerte - korrekt - nach Nr. 6.1 d TA Lärm angesetzt worden.

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Die „Schallprognose“ (a.a.O., S. 18) erfasst nur den Nachtbetrieb der Anlagen, da dafür eine „um 15 dB kritischere Beurteilung“ als für den Tagebetrieb gilt, so dass bei Einhaltung der Nacht-Richtwerte eine sichere Einhaltung der Tag-Richtwerte der TA Lärm gewährleistet ist. Das ist sachgerecht.

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Die Tabelle 3 der Schallprognose“ (a.a.O., S. 19) zeigt, dass die Immissionsbeiträge der von der Beigeladenen geplanten Anlagen jeweils um mindestens 15 dB unter dem Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 TA Lärm liegen. Damit unterschreitet die von ihnen ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort sogar um mehr als 6 dB(A), so dass ihre Genehmigung auch dann nicht versagt werden darf, wenn die Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung überschritten werden (Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 1 und 2 TA Lärm). Grund dieser Regelung ist, dass eine im genannten Umfang unterhalb der Richtwerte liegender Immissionsbeitrag für die Gesamtbelastung an den relevanten Immissionsorten irrelevant ist, weil dieser kausal zu schädlichen Umwelteinwirkungen nichts beiträgt und nicht mehr wahrnehmbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2013, 7 C 36.11, BVerwGE 148, 155 [bei Juris Rn. 46]; Jarass, a.a.O., § 5 BImSchG Rn. 17 m. w. N.). Die Irrelevanz besteht nicht nur für die - dem Grundstück der Antragstellerin nächstgelegenen - Immissionsorte IO 9 und 10, sondern auch für die - im erstinstanzlichen Beschluss (besonders) betrachteten - Immissionsorte IO 5 und 6 an der B 5. Der Umstand, dass der für diese Immissionsorte prognostizierte (Gesamt-)Beurteilungspegel um 1 dB oberhalb des Richtwerts nach Nr. 6.1 c TA Lärm liegt, ist nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm nicht genehmigungsschädlich. Anzumerken ist, dass sich das gleiche Ergebnis auch aus Nr. 3.2.1 Abs. 3 S. 1 TA Lärm ergibt.

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Der Antragsgegner hat - zusätzlich - darauf hingewiesen, dass in der „Schallprognose“ (Anlage 5) „für eine abgesicherte Prüfung“ auch solche Windkraftanlagen berücksichtigt worden sind, deren Immissionsbeitrag bis zu 20 dB unter dem Immissionsrichtwert der TA Lärm liegt, so dass mehr Anlagen einbezogen worden seien, als nach der TA Lärm gefordert. Soweit in der Anlage 5 zur „Schallprognose“ auch (vom Beigeladenen) geplante Anlagen aufgeführt werden, deren Immissionsbeitrag bezüglich einzelner Immissionsorte nicht mindestens 15 dB unter dem Immissionsrichtwert der TA Lärm liegt, bleibt für die betroffenen Immissionsorte die Gesamtbelastung auch in diesen Fällen (deutlich) unterhalb der Immissionsrichtwerte. Die Prognose der Lärmwirkungen sowohl der „neuen“ als auch der bestehenden Anlagen (bzw. der insoweit bestehenden Vorbelastung) liegt damit insgesamt auf der sicheren Seite.

42

Nach der TA Lärm ist somit keine relevante „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen festzustellen. Soweit das Verwaltungsgericht feststellt, dass der „Einwirkungsbereich des Windparks ‚…‘ über die an der Bundesstraße B 5 liegenden Immissionsorte“ hinausreiche (S. 13 u. des erstinstanzlichen Beschl.-Abdr.), mag dies zutreffen, doch ist die Einwirkung nach dem Beurteilungsverfahren der TA Lärm auf seine (jeweilige) Relevanz an den Immissionsorten zu prüfen. Diese ist - wie ausgeführt - nach den Regelungen in Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm (und auch nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 S. 1 TA Lärm) nicht gegeben.

43

Anzumerken ist, dass sich auch in Bezug auf sog. Infraschall-Immissionen keine andere Beurteilung ergibt. Der Senat hat dazu bereits entschieden, dass ab einem Abstand von 250 m zu einer Windkraftanlage in der Regel durch Infraschall keine erheblichen Belästigungen mehr zu erwarten sind und dass bei Abständen von mehr als 500 m die Windkraftanlage regelmäßig nur einen Bruchteil des in der Umgebung messbaren Infraschalls erzeugt. Es gibt keinen wissenschaftlich gesicherten Hinweis darauf, dass von dem von Windenergieanlagen verursachten Infraschallanteil, der unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs liegt, eine Gesundheitsgefahr oder eine erhebliche Belästigung ausgeht (Beschl. des Senats v. 31.07.2015, 1 MB 14/15, ZNER 2015, 613 [bei Juris Rn. 30 m. w. N.]). Mit Blick auf die vorliegend gegebenen Abstände zwischen den Bereichen „C-Stadt-Trennewurth“ und „Trennewurth-West“ sind danach Wirkungsüberlagerungen in dieser Hinsicht auszuschließen.

44

2.2.3 Von den bestehenden bzw. künftigen Windkraftanlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“ gehen auch in Bezug auf das Schutzgut „Landschaft“ keine signifikanten Wirkungsüberschneidungen aus.

45

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Kumulation von umweltrelevanten Auswirkungen nicht von optisch wahrnehmbaren Kriterien ab; es genügt nicht, dass die Anlagen „beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander liegen“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015, a.a.O., bei Juris Rn. 24-25). In Bezug auf das Schutzgut „Landschaft“ kommt es darauf an, ob ein durch bestimmte strukturelle oder funktionelle Merkmale oder eine charakteristische Nutzungsweise geprägter, abgrenzbarer Teil der Erdoberfläche durch die - als „Einheit“ wirkende - Gruppierung von Windkraftanlagen betroffen ist. Das schließt ggf. auch ästhetische Funktionen des Landschaftsbildes ein (vgl. Appold, a.a.O., § 2 UVPG, Rn. 37, 38).

46

Die Beurteilung der Frage, ob den Anlagen in Bezug auf das Landschaftsbild eine „überlagernde“ Wirkung zukommt, hängt nicht von Blickachsen ab, also auch nicht von der Zufälligkeit, dass - je nach Himmelsrichtung - unterschiedlich viele (vorhandene bzw. geplante) Windkraftanlagen in mehr oder weniger großer Entfernung wahrnehmbar sind (im Fall der Antragstellerin sind in Westrichtung mehr Anlagen als in Ostrichtung zu sehen, in Nord- oder Südrichtung allenfalls in größerer Entfernung). Die Bewertung muss - im Grundsatz - von der Vogelperspektive ausgehen und darauf abstellen, inwieweit der Landschaftsraum von einer bestimmten, in der Landschaft bisher nicht vorhandenen „Überprägung“ betroffen sein wird.

47

Für Windkraftanlagen gilt, dass diese stets - in mehr oder weniger großem Umfang - nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben, die nicht vermeidbar sind und daher durch eine Ersatzzahlung nach § 15 Abs. 6 BNatSchG ausgeglichen werden (vgl. Nr. 4.2 der „Grundsätze zur Planung von und zur Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei Windkraftanlagen“; Erlass vom 26.11.2012, Amtsbl. Schl.-H. 2012 S. 1352 i. d. F. vom 22.06.2016, Amtsbl. Schl.-H. 2016, S. 531). Dies ist schon bei einer Windkraftanlage der Fall, ebenso auch bei mehreren Windkraftanlagen oder bei einer „Windfarm“ (wobei offen bleiben kann, in welcher Relation die Zahl der Anlagen zu einer ggf. eintretenden Beeinträchtigung des Landschaftsbildes steht). Aus Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG wird deutlich, dass erst solche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, die von mehr als 20 Anlagen ausgehen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung veranlassen sollen; bei „kleineren“ Windfarmen wird dagegen zunächst eine Vorprüfung angeordnet. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist - mit anderen Worten - nur geboten, wenn das Landschaftsbild über das mit der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigt werden kann.

48

Das ist vorliegend nicht festzustellen.

49

Das Landschaftsbild ist im fraglichen Bereich nicht nur von Straßen (B 5, L 173, L 142, L 144) durchzogen und durch (Streu-)Bebauung gekennzeichnet, sondern - schon seit den 90er Jahren - durch Windkraftanlagen „vorbelastet“. Windkraftanlagen sind in der „freien Marsch“ - außerhalb der sog. Ortslagenabstandsbereiche - u. a. in den Bereichen Trennenwurth, Barlt (Ost und West), …, St. Michaelisdonn und Dingen vorhanden; auch die Situation zwischen „Trennewurth-West“ und den - in gleicher Entfernung errichteten - Anlagen (westlich) Helserdeich ist vergleichbar. Die Anlagen sind in dem ebenen Gelände weithin sichtbar und prägen das Landschaftsbild, das ansonsten - unstreitig - struktur- und artenarme, ackerbaulich intensiv genutzte Flächen der Dithmarscher Marsch zeigt. Besondere Landschaftsmerkmale, wie Knicks, Wälder, (größere) Fließgewässer oder Seen, fehlen; das Netz der für die Marsch typischen Entwässerungsgräben und Flethe ist aufgeweitet. Im Hinblick auf diese Situation kommt der Landschaftspflegerische Begleitplan vom Februar 2015 zu dem Ergebnis, dass das Landschaftsbild keine „besondere Empfindlichkeit“ gegenüber Windkraftanlagen aufweist (S. 9). Dem ist zuzustimmen. Die Errichtung der streitbefangenen Windkraftanlagen mag die vorgefundene Prägung (geringfügig) erweitern, sie führt aber ersichtlich zu keiner Belastung eines wegen seiner Schönheit oder Funktion besonders schutzwürdigen Landschaftsbildes. Eine (gerade) den Anlagen der Beigeladenen oder ihrem „Zusammenwirken“ mit den Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ zuzuordnende Verstärkung des bereits von Windkraftanlagen durchsetzten Landschaftsbildes ist nicht festzustellen. Das Landschaftsbild wird allenfalls punktuell verändert, ohne dessen vorgefundene Prägung zu beeinflussen.

50

2.2.4 Wirkungsüberschneidungen ergeben sich - schließlich auch nicht in naturschutzrechtlicher Hinsicht.

51

2.2.4.1 Dem erstinstanzlichen Beschluss nicht zu entnehmen, in welcher Hinsicht sich die Einwirkungsbereiche der Windkraftanlagen in Bezug auf Habitate in deren (näherer oder weiterer) Umgebung berühren oder überschneiden sollen.

52

Anhaltspunkte für solche Einwirkungen sind (mehr als) fernliegend: Nach den Genehmigungsunterlagen (Landschaftspflegerischer Begleitplan [Febr. 2015], zu 4.2) sind im „Umfeld“ der Anlagenstandorte keine Schutzgebiete betroffen. Das Vogelschutzgebiet „Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer“ (DE 0196-491, DE 0916-491) umfasst das Wattenmeer mit Vorlandflächen, Halligen, Stränden und Außensänden, z. T. auch Feuchtgrünlandflächen und Röhrichtbestände hinter der Deichlinie. Die hier betroffenen Windenergieanlagen liegen (weit) außerhalb dieser Bereiche und - auch - abgesetzt von sog. „Nebenverbundachsen“, die 2 km westlich des Windparks enden. Das mindestens 5 km entfernte FFH-Gebiet „Klev- und Donnlandschaft bei St. Michaelisdonn“ (DE 2020-301) dient nach dem dazu veröffentlichten Standarddatenbogen der Erhaltung einer ehemaligen Küstenlandschaft mit Steilhängen, Wäldern etc., nicht aber dem Schutz von (Zug-, Brut- oder Rast-) Vögeln.

53

Auch wenn insoweit nicht (förmlich) geschützte Habitate, insbesondere Biotope (vgl. § 21 LNatSchG) einbezogen werden, ergibt sich kein Ansatzpunkt dafür, dass die Windkraftanlagen solche tangieren. Auch für die im Landschaftspflegerischen Begleitplan (a.a.O.) angesprochenen Klein- bzw. Stillgewässer, Vorfluter und Ausgleichsflächen lässt sich dies nicht feststellen.

54

2.2.4.2 Unter artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht schon dann geboten, wenn sich artenschutzrechtliche Konflikte nicht vermeiden lassen (vgl. VGH Kassel, Beschl. vom 03.11.2015, 9 B 1051/15, u.a., BauR 2016, 486). Auch insoweit muss die „Häufung“ der Anlagen zu besonderen Risiken führen, die einen UVP-Untersuchungsbedarf auslösen. Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.

55

Nach dem Ergebnis des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags des Planungsbüros Mordhorst-Bretschneider werden durch die genehmigten Anlagen bzw. ihren Betrieb keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) erfüllt. Der günstige Erhaltungszustand lokaler Populationen bleibt gewahrt, ein ungünstiger Erhaltungszustand wird nicht weiter verschlechtert bzw. eine Wiederherstellung nicht erschwert.

56

Zum Vogelzug sieht es das Verwaltungsgericht nicht als „ausgeschlossen“ an, dass die Einwirkungsbereiche der Anlagen eine „Hinderniswirkung“ bewirken. Dem steht nicht nur entgegen, dass das Projektgebiet außerhalb von Vorranggebieten für Vögel liegt, sondern auch, dass es sich „abseits der Hauptzugwege“ der in Betracht kommenden Zugvögel befindet und für die Wiesen- und Rohrweihe, den Uhu und für sonstige Brutvögel als Nahrungshabitat bzw. Flugkorridor nur eine „geringe Bedeutung“ hat (s. S. 20, 21, 22 des Ornithologischen Fachgutachtens Mordhorst-Bretschneider/Langner, o. D.; ebenso: „Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag“, S. 12). Darauf hat der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung (Schriftsatz vom 05.07.2016, S. 2) - nochmals - überzeugend hingewiesen. Soweit Störungen der Brutzeiten zu besorgen sind, ist dem durch die in Auflage 2.7.2 bestimmte Bauzeitbeschränkung auf Zeiten außerhalb der Brutzeiten
(01.03.-15.07.) Rechnung getragen worden.

57

Für Fledermäuse ergibt sich ebenfalls kein Ansatzpunkt für eine signifikante Überschneidung der Einwirkungsbereiche der Anlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“. Insoweit hat der Antragsgegner - zu Recht - die Vermeidungsmaßnahme berücksichtigt, denen zufolge die Windkraftanlagen während der Migrationszeit der Fledermäuse (10.07.-30.09.) nachts abgeschaltet werden (s. A.I.2.3 der Entscheidung in den angefochtenen Genehmigungsbescheiden sowie - ergänzend - IV.4, Punkt 3 der Hinweise [zweijähriges Höhenmonitoring]). Das entspricht dem Ergebnis der „Fledermausuntersuchung“ des Dipl.-Biologen Leupolt vom 03.04.2013 (S. 19-20).

58

2.2.5 Damit ist - insgesamt - nicht davon auszugehen, dass die bestehenden bzw. künftigen Windkraftanlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“ als eine Windfarm i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG anzusehen sind. Der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigungen kann somit eine - (zu Unrecht) unterbliebene - Umweltverträglichkeitsprüfung nicht entgegengesetzt werden.

59

2.3 Die für die genehmigten acht Anlagen im Bereich „…“ nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3c Satz 1 UVPG hat stattgefunden; sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anlagen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben können, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären (s. S. 22 der Genehmigungsbescheide: „UVP-Pflicht“); dieses Ergebnis ist im Amtsblatt Schleswig-Holstein vom 12.01.2015 und im Internet bekannt gemacht worden (§ 3a Satz 2 UVPG). Die Vorprüfung ist gemäß § 3c Satz 6 UVPG auch dokumentiert worden (s. „Screening“ des Planungsbüros Mordhorst; Teil 9 der Beiakte E), so dass kontrolliert werden kann, ob eine angemessene, den Vorgaben des Gesetzes und der UVP-Richtlinie 2014/52/EU (Amtsbl. EU Nr. L 124/1 v. 25.04.2014) entsprechende Vorprüfung stattgefunden hat (vgl. EuGH, Urt. v. 10.06.2004, C-87/02, Slg 2004, I-5975 ff.).

60

Die mit der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls hier verbundene Feststellung der Behörde, dass eine UVP unterbleiben soll, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG gerichtlich nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

61

Die im „Screening (a.a.O.) dokumentierte Durchführung der UVP-Vorprüfung ist nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt die in Anlage 2 zum UVPG genannten Kriterien. Insbesondere sind die Lärmwirkungen (A.5., B.1.11-12), die naturschutzrechtlichen Fragen (B.1.-3., 9.) und die Auswirkungen auf die Landschaft (B.5-6.) erfasst und bewertet worden. Das Ergebnis der Vorprüfung, wonach eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist, da keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, ist auch nachvollziehbar. Dem Antragsgegner steht für die prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zu. Dementsprechend unterliegt die prognostische Beurteilung einer Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.06.2014, 9 A 1.13, BVerwGE 150, 92 ff. [bei Juris Rn. 26 m.w.N.]). Der Nachvollziehbarkeit im genannten Sinne stünden schwerwiegende, auf das Ergebnis durchschlagende Ermittlungsfehler der Vorprüfung oder Erwägungen entgegen, die außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzungen liegen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 23.02.2016, 3 S 2225/15, BauR 2016, 1148). Derartige Fehler oder Fehlerwägungen sind vorliegend weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

62

2.4 Die angefochtenen Genehmigungsbescheide durfte nach alledem ohne vorgängige Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden. Die - vom Verwaltungsgericht angesprochene - Frage der (Un-)Zulässigkeit einer „Nachholung“ der UVP stellt sich damit nicht. Auch die durchgeführte Vorprüfung weist - wie ausgeführt - keine Mängel i. S. d. § 3a Satz 4 UVPG auf, so dass auch insoweit kein Bedarf für deren - unter bestimmten Voraussetzungen mögliche (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, 4 C 11.07, BVerwGE 131, 352 ff.) - Nachholung besteht.

63

3. Der erstinstanzliche Beschluss war nach alledem - wie aus dem Tenor ersichtlich - zu ändern.

64

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

65

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Urteilsbesprechung zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 31. Aug. 2016 - 1 MB 5/16

Urteilsbesprechungen zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 31. Aug. 2016 - 1 MB 5/16

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 31. Aug. 2016 - 1 MB 5/16 zitiert 17 §§.

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

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(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten


(1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,2. wild lebende Tiere der

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 22 Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwi

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie5.

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 15 Verursacherpflichten, Unzulässigkeit von Eingriffen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen


(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 12 UVP-Pflicht bei hinzutretenden kumulierenden Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben noch im Zulassungsverfahren ist


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(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 07. März 013 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin betreibt als Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen landwirtschaftlichen Betrieb; sie wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung einer Asphaltmischanlage auf dem Flurstück … der Flur … in …. Der Standort liegt ca. 350 m von der Schwentine entfernt; die Schwentine und der Stendorfer See liegen in einem FFH-Gebiet (FFH DE 1830-391).

2

Eine Asphaltmischanlage war der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen bereits 1963 für eine maximale Produktionsmenge von 600 t/d genehmigt worden. 2011 beantragte die Beigeladene eine Genehmigung für eine Mischkapazität von 180 t/h; die alte Mischanlage sollte stillgelegt werden. Die Antragstellerin erhob gegen das Vorhaben planungs- und naturschutzrechtliche Einwendungen. Nach Erteilung der beantragten Genehmigung am 15.11.2012 und Widerspruchseinlegung durch die Antragsteller ordnete der Antragsgegner den Sofortvollzug der Genehmigung an; der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 26.02.2013 zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen Klage erhoben.

3

Ihren Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 07.03.2013 abgelehnt und zur Begründung i. w. ausgeführt, als unmittelbare Nachbarin der genehmigten Anlage sei die Antragstellerin antragsbefugt. Allerdings sei ihr die Berufung auf die Århus-Konvention verwehrt, weil dieser keine unmittelbare Wirkung zu Gunsten privater Dritter zukomme. In Rahmen des § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO habe die Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzugs schiedsrichterlichen Charakter. Es komme darauf an, ob die angefochtene Genehmigung für die Antragsteller schädliche Wirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG habe. Eine konkrete Beeinträchtigung durch Lärm oder andere Immissionen oder eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots würden nicht geltend gemacht. Soweit Verstöße gegen Naturschutzrecht (FFH-Richtlinie, Artenschutz) bzw. gegen Bauplanungsrecht angesprochen würden, komme eine Verletzung von subjektiven Rechten nicht in Betracht. Hinsichtlich des Erfordernisses einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehe gem. § 4 Abs. 3 UmwRG zwar ein Rügerecht, doch sei für die genehmigte Asphaltmischanlage weder eine Vorprüfung noch eine UVP erforderlich. Ein "Hineinwachsen" in die UVP-Pflicht wegen des benachbarten Kiesabbaus scheide aus, weil es sich dabei nicht um eine Anlage "derselben Art" handele.

4

Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Beschwerde vertritt die Antragstellerin die Ansicht, sie sei nach der Århus-Konvention antragsbefugt. Das genehmigte Vorhaben verletze FFH-Recht und umweltbezogenes Baurecht. Bei einer Kapazitätserweiterung um 30 % entstünden Lärmwirkungen durch stärkeren Zu- und Abgangsverkehr. Das Vorhaben liege im Bereich eines Landschaftsplans. Im Flächennutzungsplan sei die Vorhabenfläche als renaturierte Grünfläche dargestellt. Dem widerspreche die Genehmigung, was auch bei einem privilegierten Vorhaben relevant sei. Durch den im Zusammenhang mit der Anlage erfolgenden weiteren Kiesabbau und damit einhergehende Änderungen der Geomorphologie stünden dem Vorhaben auch Belange des Bodenschutzes entgegen. Das Vorhaben sei auch nicht nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB privilegiert. Zum Habitatschutz seien nicht nur zusätzliche Belastungen von FFH-Schutzzielen zu betrachten. Die "Wirkfaktoren" des Vorhabens seien unzureichend betrachtet worden. Das gelte für Stickstoffe und andere Luftschadstoffe. Nachdem der FFH-Verträglichkeitsprüfung zufolge die kritische Vorbelastung (CL) bereits überschritten sei, sei jede weitere Überschreitung eine erhebliche Beeinträchtigung. Es genüge nicht, insoweit auf Bagatellschwellen der CL-Werte zu verweisen. Im Rahmen der Verträglichkeitsuntersuchung sei auch der Verkehrslärm unzureichend untersucht worden, ferner seien einzelne Lebensraumtypen gänzlich ausgeblendet worden. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgericht bestehe auch eine UVP-Pflicht. Nach § 3e UVPG sei der Begriff des "Vorhabens" weit zu fassen. Der Kiesabbau und das Asphaltmischwerk umfassten eine Größe von mehr als 25 ha. Zu berücksichtigen seien auch die Kieswaschanlage, die Bauschuttaufbereitung oder die Anlage zur Herstellung von Transportbeton. Hilfsweise werde die Unzuständigkeit des Antragsgegners gerügt.

5

Da die Asphaltmischanlage, die im benachbarten Kiestagesbau gewonnene bergfreie Kiese und Kiessande weiterverarbeite, sei gem. § 6 BBergG das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie zuständig.

6

Der Antragsgegner verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss. Die anerkannten Umweltverbänden zustehende Rügebefugnis stehe der Antragstellerin nicht zu. Die Asphaltmischanlage sei eine Anlage nach Ziff. 2.15 des Anhangs zur 4. BImSchV und unterfalle nicht dem Bergrecht.

7

Die Beigeladene hält die Beschwerdeführerin für nicht antragsbefugt. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots komme im Hinblick auf die große Entfernung zum genehmigten Vorhaben nicht in Betracht. Auf die Århus-Konvention könne sich die Antragstellerin nicht berufen, da sie keine eigene Rechtsverletzung – im Sinne einer Klagebefugnis – geltend machen könne. Art. 9 Abs. 3 der Århus-Konvention sei nicht unmittelbar anwendbar.

II.

8

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.03.2013 ist unbegründet. Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind die fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO). Diese stellen das Ergebnis des erstinstanzlichen Beschlusses nicht in Frage.

9

1. Die Antragstellerin hat der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit darin festgestellt wird, dass "eine konkrete Beeinträchtigung durch Lärm oder andere Immissionen … nicht geltend gemacht wird" und dass (auch) "keine Umstände" vorgetragen werden, "aus denen sich eine Rücksichtslosigkeit ergeben könnte" (S. 4 des Beschl.-Abdr.), im Beschwerdeverfahren nichts entgegengesetzt. Sie hat sich vielmehr – ausschließlich – auf "umweltbezogene" Vorschriften des Bauplanungsrechts (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 und Nr. 5, § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB) sowie auf die Århus-Konvention ("Übereinkommen über die Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten" vom 25.06.1998, BGBl. 2006 II, S. 1251; jetzt i. d. F. vom 13.09.2012, BGBl. 2012 II, S. 1046) bezogen und (nur) in diesem Zusammenhang (auch) Lärmwirkungen durch stärkeren Zu- und Abgangsverkehr angesprochen. Lärm- oder sonstige Immissionsbelastungen, die die im Außenbereich gelegenen landwirtschaftlichen Nutzflächen bzw. das Gelände des (lt. Digitalem Atlas Nord) ca. 550 m entfernten Gutshofes konkret betreffen, hat die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht; Belästigungen in diesem Sinne sind – wie das Verwaltungsgericht richtig entschieden hat – auch nicht ersichtlich (s. dazu die Begründung des angefochtenen Genehmigungsbescheides, zu II.1.2).

10

2. Soweit die Antragstellerin für das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen eine Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich hält, verhilft dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg.

11

2.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin nach § 4 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung beanspruchen kann, wenn eine rechtlich erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Voraussetzung dieses Aufhebungsanspruchs ist allerdings, dass die Genehmigung der Anlage geeignet ist, eigene Rechte der Antragstellerin zu verletzen, die Antragstellerin m. a. W. antragsbefugt i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO ist. Aus § 4 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 UmwRG ergibt sich nichts anderes, weil dort nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens geregelt wird, nicht dagegen die Klagebefugnis. (BVerwG, Urt. v. 20.12.2011, 9 A 30.10, NVwZ 2012, 573 [Rn.20]; ebenso Urt. des Senats vom 08.03.2013, 1 LB 5/12, NordÖR 2013, 437 [bei Juris Rn. 32]; vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.04.2014, 5 S 534/13, NVwZ-RR 2014, 634 [Rn. 42]).

12

Soweit – jüngst – das OVG Münster (Beschl. v. 23.07.2014, 8 B 356/14, NuR 2014, 663 [bei Juris Rn. 19-46]) abweichend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.12.2011, a.a.O.) der Auffassung zuneigt, das Recht der Europäischen Union gebiete die selbständige "Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der UVP einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen", die "grundsätzlich jeden Verfahrensfehler" umfassen müsse, führt dies im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung. Die Antragstellerin wäre – nach dieser Argumentation – nur dann "betroffene Einzelne" und als klagebefugtes Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit analog § 42 Abs. 2 VwGO anzusehen, wenn sie durch die Zulassungsentscheidung inihren Belangen "berührt", m. a. W. durch die Entscheidung tatsächlich in ihren Interessen beeinträchtigt würde. Die Belange oder Interessen der Antragstellerin müssten sich – wenn man diesem Gedankengang folgt – von denjenigen abheben, die Jedermann oder die Allgemeinheit betreffen. Dafür genügt nicht die zufällige "Nachbarschaft" zu dem (ca. 550 m entfernten) Vorhaben.

13

2.2 Von einer Antragsbefugnis der Antragstellerin geht der erstinstanzliche Beschluss aus, weil diese sich als "unmittelbare Nachbarin" der genehmigten Anlage auf die drittschützende Vorschrift in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG berufen könne (S. 2 des Beschl.-Abdr.). Es bestehen Zweifel, ob dies richtig ist, denn allein die "Nachbarschaft" zu der genehmigten Anlage begründet noch nicht die Annahme, dass die im Außenbereich gelegenen Grundstücksflächen der Antragstellerin erheblichen Nachteilen oder Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein können. Die Antragstellerin hat zur Möglichkeit einer derartigen "Belastung" ihres Grundeigentums bislang nichts vorgetragen (s. o. 1.); die Möglichkeit einer diesbezüglichen Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin liegt schon im Hinblick auf den Abstand zur genehmigten Anlage fern, zumal im Außenbereich ohnehin nur der Schutz eines Grundstücks im Misch- oder Dorfgebiet beansprucht werden kann (vgl. [zuletzt] Beschl. des Senats v. 12.08.2014, 1 MB 13/14, n. v.; zu Ziff. 2.2).

14

2.3 Wenn unterstellt wird, dass die Antragstellerin (im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) antragsbefugt ist, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil der Antragsgegner das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu Recht verneint hat (Begründung des Bescheides vom 15.11.2012, Ziff. 2 [S. 13]; Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges vom 11.01.2013, S. 5; Widerspruchsbescheid vom 26.02.2013, S. 6-7).

15

Die Antragstellerin tritt dem – im Kern – entgegen, indem sie den Begriff des "Vorhabens" weiter zu fassen versucht, als es dem Gegenstand der angefochtenen Genehmigung entspricht, und (u. a.) auch die Kieswaschanlage, die Bauschuttaufbereitung oder die Anlage zur Herstellung von Transportbeton sowie die Flächengröße des Kiesabbaus von mehr als 25 ha einbeziehen möchte. Sie meint, eine UVP-Pflicht ergebe sich aus § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG i. V. m. Nr. 2.1.1 der Anlage 1 zum UVPG bzw. aus § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i. V. m. Nr. 2.1.2 der Anlage 1 zum UVPG (Schriftsatz vom 28.03.2013, S. 27). Dem ist nicht zu folgen.

16

Im Ausgangspunkt gehen die in § 3e UVPG geregelten Fälle von einem Vorhaben aus, für "das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht", und das geändert oder erweitert wird. Das trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu, denn die angefochtene Genehmigung ist keine Erweiterungs- oder Änderungsgenehmigung, sondern eine Neugenehmigung nach § 4 BImSchG (s. Genehmigungsbescheid vom 15.11.2012,

17

S. 1 sowie Begründung der Sofortvollzugsanordnung vom 11.01.2013, S. 5). Die Genehmigung der Asphaltmischanlage ändert oder erweitert somit nicht ein (anderes) Vorhaben, sondern beschränkt sich auf die im Genehmigungsbescheid (zu A.I.1) und in den Entscheidungsgrundlagen/Antragsunterlagen (insbes. zu 5. und 14) definierte Anlage. Soweit die Antragstellerin diese als "Kiesabbau mit Asphaltmischwerk" umreißt (Schriftsatz vom 28.03.2013, S. 27), deckt sich dies nicht mit dem in den genannten Bescheiden – klar – definierten Genehmigungsgegenstand.

18

Die Annahme der Antragstellerin, der Vorhabenbegriff im UVPG sei "unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben" weit zu fassen, trifft nicht zu. Der Begriff des "Vorhabens" ist in § 2 Abs. 2 UVPG in Anlehnung an denjenigen des "Projekts" in Art. 1 Abs. 2 der UVP-Richtlinie 85/337/EWG i.d.F. der Richtlinie 2009/31/EG vom 23.04.2009 definiert worden. Soweit der Begriff des "Vorhabens" gem. § 2 Abs. 2 UVPG technische oder sonstige "Anlagen" umfasst, kann auf das fachgesetzliche Begriffsverständnis zurückgegriffen werden (vgl. Appold, in: Hoppe u. a., UVPG, 2012, § 2 Rn. 76), vorliegend also dasjenige des Immissionsschutzrechts (vgl. § 3 Abs. 5 BImSchG). Der Umstand, dass ein Asphaltmischwerk – neu – im Bereich eines mehr als 25 ha großen Geländes errichtet wird, führt nicht dazu, dieses Werk als Teilelement eines größeren "Vorhabens" anzusehen. Die Antragstellerin kann sich insoweit nicht auf das Urteil des OVG Münster vom 15.03.2011 (20 A 2147/09, Juris, Rn. 118) stützen; diese Entscheidung verhält sich nur zu dem – hier nicht relevanten – Fall, dass ein nach der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG UVP-pflichtiges Vorhaben Vorhabens auch auf der Grundlagemehrerer Verwaltungsverfahren genehmigt werden kann.

19

Die Asphaltmischanlage unterliegt, wie in den angefochtenen Bescheiden korrekt ausgeführt, weder einer Vorprüfung noch einer UVP; auf die Anlage trifft (insbesondere) keiner der Tatbestände der Nr. 2.1 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG zu. Das Verwaltungsgericht hat – darüber hinaus – zutreffend entschieden, dass die Anlage auch nicht – unter Einbeziehung des Kiesabbaus, der Kieswaschanlage, der Bauschuttaufbereitung oder die Anlage zur Herstellung von Transportbeton - als ein "kumulierendes Vorhaben" gem. § 3b Abs. 2 UVPG angesehen werden kann (S. 4 des erstinstanzlichen Beschl.-Abdr.; vgl. – im gleichen Sinne – VGH München, Urt. v. 02.10.2002, 22 CS 02.1774, AbfallR 2003, 43 Ls. [bei Juris Rn. 16]). Dagegen werden mit der Beschwerde keine (neuen) Angriffe vorgetragen, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

20

3. Die unter Bezugnahme auf "umweltbezogene" Vorschriften des Bauplanungsrechts bzw. auf europarechtliche bzw. deutsche Vorschriften des Naturschutzrechts angeführten Argumente der Antragstellerin vermögen den Erfolg der Beschwerde ebenfalls nicht zu begründen.

21

3.1 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin keine Überprüfung der angefochtenen Bescheide auf ihre "objektive Rechtmäßigkeit" beanspruchen kann (S. 3 des erstinstanzlichen Beschl.-Abdr.). Bauplanungsrechtliche Vorschriften dienen i. d. R. nicht dem Schutz Einzelner, sondern allgemeinen städtebaulichen Zielen. Soweit die Antragstellerin insoweit § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB anführt, werden keine ihre privaten Belange betreffenden Auswirkungen benannt, sondern nur – allgemein – Lärmwirkungen durch verstärkten Zu- und Abgangsverkehr. In Bezug auf § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 1. Alt. BauGB spricht die Antragstellerin – nicht nachbarschützende – Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege an. Die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 20.12.1978, IV C 75.76, BauR 1979, 122, sowie Urt. v. 13.04.1984, 4 C 21.79, NVwZ 1985, 42) betrifft Genehmigungsstreitigkeiten, nicht aber nachbarliche Abwehransprüche. Auch der im Hinblick auf § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 3. Alt. BauGB angeführte Belang des Bodenschutzes ist nicht nachbarschützend; die Antragstellerin ist weder Sachwalterin der "Geomorphologie" noch des "raumbestimmenden Reliefs". Die Frage, ob das Vorhaben eine bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Gewerbebetriebes in "angemessenem" Umfang (§ 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 6 BauGB) ist, betrifft ebenfalls allgemeines Planungsrecht und (damit) keine spezifisch nachbarschützenden Belange.

22

Auch naturschutzrechtliche Vorschriften dienen dem Allgemeininteresse (vgl. § 1 BNatSchG). Das gilt sowohl für die Vorgaben des Habitatschutzrechts (§ 34 Abs. 2 BNatSchG) als auch für andere naturschutzrechtliche Anforderungen. Dem entsprechend fehlt der Antragstellerin eine diesbezügliche Überprüfungsbefugnis.

23

3.2 Die Antragstellerin meint, im Hinblick auf die Århus-Konvention (a.a.O.) müssten die "Verfahrensrechte der Mitgliedstaaten … im Wege der Auslegung einen weiten Zugang zu Gericht in Umweltangelegenheiten und einen effektiven Umweltschutz insgesamt ermöglichen" (Schriftsatz vom 28.03.2013, S. 10).

24

3.2.1 Diese Meinung übergeht die Umsetzung der (außerhalb des EU-Rechts vereinbarten) Århus-Konvention in EU-Recht und in nationales Recht. Die Århus-Konvention hat im Unionsrecht keine unmittelbare Wirkung, wie sich aus der Entscheidung des EuGH zum "slowakischen Braunbären" ergibt (vgl. EuGH, Urt. v. 08.03.2011 – C-240/09 -, NVwZ 2011, 673). Insbesondere das – von der Antragstellerin hervorgehobene – Recht von "Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit", Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht zu erlangen, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von bestimmten umweltrelevanten Entscheidungen anzufechten, ist – in Bezug auf Individualklagen – in Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU nicht umgesetzt worden (vgl. Siegel, DöV 2012, 709 / 715 - zu III.3.c.(2)). Im deutschen Recht ergeben sich in Bezug auf Individualkläger auch auf der Grundlage des Zustimmungsgesetzes zur Århus-Konvention vom 09.12.2006 (BGBl. 2006 II, S. 1252 ff) keine Rechte als "Mitglieder der Öffentlichkeit", weil Art. 9 Abs. 3 der Konvention keine hinreichend bestimmten Regelungen in diesem Sinne enthält. Das gilt – zum einen – für die Frage, ob der Zugang zu Überprüfungsverfahren sich nur auf verwaltungsbehördliche Verfahren oder auch auf gerichtliche Verfahren bezieht und – zum anderen – hinsichtlich des Vorbehalts, dass der Verfahrenszugang nur zu gewähren ist, wenn und soweit im "innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien" erfüllt werden. Zu diesen Kriterien gehören gerade die subjektive Klagebefugnis i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO und der Umfang des Überprüfungsanspruchs gem. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Damit genügt das (allgemeine) Zustimmungsgesetz zur Århus-Konvention nicht, um das Erfordernis einer subjektiven Rechtsverletzung i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO für Individualkläger im Umweltbereich zu beseitigen (Beschl. des Senats vom 12.08.2013, 1 LA 57/12, NordÖR 2014, 128 [bei Juris Rn. 51 m. w. N.]).

25

3.2.2 Die von der Antragstellerin angeführte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte München (Urt. v. 09.10.2012, M 1 K 12.1046, ZUR 2012, 699) und Wiesbaden (Urt. v. 10.10.2011, 4 K 757/11.WI, ZUR 2012, 113 sowie Urt. v. 16.08.2012, 4 K 165/12.WI, Juris – nachgehend BVerwG, Urt. v. 05.09.2013, 7 C 21.12, NVwZ 2014, 64) hilft im vorliegenden Fall nicht weiter, denn sie betrifft Umweltverbände bzw. einen aus Gründen des Gesundheitsschutzes klagebefugten Individualkläger (VG Wiesbaden, Urt. v. 10.10.2011, a.a.O., bei Juris Rn. 56). Der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes kann in Bezug auf die darin bestimmten Klagerechte nicht im Wege der Analogie auf Individualkläger (bzw. Antragsteller) erweitert werden, die nicht klagebefugt sind. Die im Umweltrechtsbehelfsgesetz getroffene Regelung ist abschließend und enthält keine planwidrige Regelungslücke (BVerwG, Urt. v. 19.12.2013, 4 C 14.12, NVwZ 2014, 1097).

26

3.2.3 Aus der Århus-Konvention bzw. dem diesbezüglichen Zustimmungsgesetz vom 09.12.2006 (BGBl. 2006 II, S. 1252 ff) kann die Antragstellerin keine Antragsbefugnis ableiten.

27

Eine solche Befugnis vermittelt die Århus-Konvention - wie ausgeführt (oben 3.2.1) unter den im Umweltrechtsbehelfsgesetz bestimmten Voraussetzungen anerkannten Umweltverbänden. Insoweit muss Art. 9 Abs. 3 der Århus-Konvention - konform mit europarechtlichen Vorgaben - so ausgelegt werden, dass es einer Umweltschutzvereinigung möglich ist, eine Verwaltungsentscheidung, die möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten. Demgegenüber ist es "Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen", wobei die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität zu beachten sind (EuGH, Urt. v. 08.03.2011, a.a.O.).

28

Auf den vorliegenden Fall angewandt führen die genannten Grundsätze zu der (ersten) Frage, ob die Antragstellerin, indem sie sich zur Begründung ihres Rechtsschutzbegehrens auf "umweltbezogene" Vorschriften des Bauplanungsrechts bzw. auf Vorschriften des europäischen und deutschen Naturschutzrechts bezieht, den Schutz von Rechten einfordert, die - ihr - aus dem Unionsrecht erwachsen. Das mag der Fall sein, soweit Umweltvorschriften angesprochen werden, die (auch) dem Schutz von Menschen vor schädlichen Immissionen zu dienen bestimmt sind (vgl. OVG Münster, Urt. v. 12.06.2012, 8 D 38/08.AK, NuR 2012, 722/723). Die Antragstellerin bezieht sich indes - allgemein - auf Habitatschutzrecht und Immissionen (Lärm, CL), die nicht sie oder ihr (Hof-)Grundstück betreffen, sondern aus ihrer Sicht - den Landschafts- und Bodenschutz bzw. ein FFH-Gebiet. Damit spricht sie - allenfalls mittelbar - unionsrechtliche Regelungen (v. a. die FFH-Richtlinie) an, die indes weder Individualrechte der Antragstellerin begründen noch dazu verpflichten, einzelnen Bürgern klagbare Rechte auf die Einhaltung der Richtlinien einzuräumen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.02.2001, 2 Bs 370/00, NVwZ 2001, 1173).

29

Unabhängig davon ist (zweitens) nicht ersichtlich, dass das Erfordernis einer individuellen Antragsbefugnis zu einer nicht äquivalenten und dem Effektivitätsprinzip widersprechenden Erschwerung des Individualrechtsschutzes führt. Wenn - etwa (auch abwägungsgesteuerte) private Lärmschutz- oder Lufthygieneansprüche, die unionsrechtlich geprägt sind, reklamiert werden, kann dies die Antragsbefugnis i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO begründen, so dass - auch - diesbezügliche Unionsrechte äquivalent und effizient wahrgenommen werden können. Soweit dagegen Allgemeinbelange verfolgt werden, darf die Zulässigkeit eines individuellen Rechtsbehelfs nach der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten geregelt werden, mithin auch von dem in § 42 Abs. 2 VwGO bestimmten Erfordernis abhängig gemacht werden. Zu einer "erweiternden Auslegung" des innerstaatlichen Prozessrechts (Berkemann, DVBl. 2011, 1253/257) besteht insoweit kein Anlass. Das wäre anders, wenn das Unionsrecht dem Einzelnen bestimmte Rechte zuordnet; in diesem Falle wären auch die Gerichte der Mitgliedstaaten gehalten, die "Verfahrensmodalitäten ... so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie ... einen effektiven Schutz der den Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten" (EuGH, Urt. v. 13.03.2007, C-432/05, NJW 2007, 3555 [Rn. 44] sowie Urt. v. 22.12.2010, C-279/09, EuZW 2011, 137 [Rn. 29]). Eine solche Situation besteht vorliegend nicht, weil die vorliegend relevanten "umweltbezogenen" bauplanungsrechtlichen Vorschriften und die Vorschriften des europäischen Naturschutzrechts - abgesehen von Fragen des Gesundheitsschutzes - dem Einzelnen keine individuellen Rechte zuweisen.

30

Soweit die Århus-Konvention in Art. 9 Abs. 2 und Abs. 3 auch "Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit" eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit eröffnen will, lässt sich daraus kein für die Antragstellerin günstigeres Ergebnis ableiten. In Art. 2 Nr. 5 der Århus-Konvention wird die von "umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran" angesprochen; eine nähere Regelung dazu, was "betroffen" bzw. "Interesse" erfordert, fehlt in der Århus-Konvention. Insoweit bleibt den Konventionsstaaten Raum für eine innerstaatliche Konkretisierung; die Århus-Konvention allein begründet keine Individualklagerechte (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 27.02.2013, 8 B 10254/13, NVwZ 2013, 881 [Rn. 10]).

31

3.3 Die europäischen Naturschutzrichtlinien vermitteln ebenfalls keine eigenständige Überprüfungsbefugnis der Antragstellerin. Insbesondere aus der (in der Beschwerdebegründung angesprochenen) FFH-Richtlinie 92/43/ EWG vom 05.06.1992 sind keine Rechte Einzelner abzuleiten; die Richtlinie zielt auf den Naturschutz "um seiner selbst willen" (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2007, 4 C 12.05, BVerwGE 128, 358 ff., Juris Rn. 33). Soweit der Europäische Gerichtshof einklagbare Rechte des Einzelnen aus umweltrechtlichen Richtlinien bejaht hat, hat er sich dabei auf das Ziel, die Gesundheit von Menschen zu schützen, bezogen (EuGH, Urt. v. 12.12.1996, Rs. C-298/95, Slg. 1996, I-6747, Rn. 15 f ). Auf Umwelt- und Naturschutzbelange, deren Wahrung im Interesse der Allgemeinheit liegt, ist das nicht übertragbar. Insoweit vermittelt - auch - das (materielle) europäische Recht keine subjektiv-öffentlichen Gemeinschaftsrechte, so dass auch unter dem Effektivitätsgrundsatz ("effet utile") keine Überprüfungsansprüche für Private bestehen (vgl. EuGH, Urt. v. 07.09.2004, Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-07405, Juris, Rn. 66). Die von der Antragstellerin geltend gemachten Einwände in Bezug auf einzelne Lebensraumtypen innerhalb eines FFH-Gebiets oder zusätzliche Belastungen von FFH-Schutzzielen, die aus evtl. unzureichend erfassten "Wirkfaktoren" des Vorhabens (Stickstoffe, andere Luftschadstoffe oder [Verkehrs-]Lärm) resultieren sollen, führen nur im Rahmen einer Verbandsklage gem. § 2 Abs. 1 UmwRG zu einer gerichtlichen Überprüfung; für Private - wie die Antragstellerin - bleibt es bei dem Erfordernis, eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen.

32

4. Der Einwand der Antragstellerin gegen die Zuständigkeit des Antragsgegners verfängt nicht. Die Zuständigkeit der Bergbehörde nach § 6 BBergG bezieht sich auf bergfreie, nicht auf grundeigene Bodenschätze (vgl. § 3 Abs. 2 und Abs. 3 BBergG). Um einen solchen bergfreien Bodenschatz mag es sich in dem - von der Antragstellerin angeführten - Fall des VG Leipzig (Urt. v. 20.06.2012, 1 K 1031/10, Juris) gehandelt haben, weil in der früheren DDR Kiese und Sande bergfrei waren und infolge des Einigungsvertrags (Anlage I Kapitel V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe a) auch geblieben sind. In Schleswig-Holstein gilt dies nicht; hier sind Kiese nicht bergfrei und deren Abbau durch eine Sondervorschrift in § 13 LNatSchG erfasst. Unabhängig davon wäre auch bei bergfreien Bodenschätzen eine bergrechtliche Behördenzuständigkeit nur für das "Aufsuchen" und "Gewinnen" (vgl. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 BBergG) gegeben. Um derartige Vorgänge geht es bei der hier betroffenen Asphaltmischanlage nicht; das Bergrecht würde allenfalls greifen, wenn das Schwergewicht dessen, was in der Asphaltmischanlage passiert, in der Aufbereitung (§ 4 Abs. 3 BBergG) des Bodenschatzes (Kies) und nicht in der Weiterverarbeitung läge (vgl. Boldt/Weller, BBergG, 1984, § 4 Rn. 17). Das ist weder aufgrund der Darlegungen im Beschwerdeverfahren noch anhand der Akten festzustellen. Die Entscheidung des Antragsgegners, die Asphaltmischanlage nach Ziff. 2.15 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV dem Immissionsschutzrecht ("Herstellung ... von Mischungen aus Bitumen oder Teer mit Mineralstoffen, ...) zuzuordnen, ist nach alledem rechtlich nicht zu beanstanden.

33

5. Die Beschwerde ist nach alledem zurückzuweisen.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil er sich schriftsätzlich und durch Anträge am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.

35

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).



Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 29. Januar 2013 werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässigen Beschwerden sind nicht begründet.

2

Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt keine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

3

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 29. Juni 2012 gerichteten Anträge gemäß § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig sind, weil es den Antragstellern an der Antragsbefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlt.

4

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat und von den Antragstellern auch nicht in Frage gestellt wird, können sich die Antragsteller zunächst weder auf eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten durch die angefochtene Baugenehmigung im Sinne von § 42 Abs. 2, letzter Halbsatz VwGO berufen, noch können sie im vorliegenden Fall als anerkannte Naturschutz- bzw. Umweltschutzverbände eine Antragsbefugnis aus § 64 BNatSchG oder aus § 2 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes - UmwRG - ableiten. Denn die vorliegend von ihnen angefochtene Baugenehmigung für den Neubau von Trocknergebäuden mit Rundsilos zur Erweiterung der „F. Mühle“ zählt zum einen nicht zu den in § 63 BNatSchG aufgeführten Entscheidungen, gegen die anerkannten Naturschutzverbänden gemäß § 64 BNatSchG ein ihnen unabhängig von der Verletzung in eigenen Rechten eingeräumtes Klagerecht zusteht. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, handelt es sich bei dem Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen zum anderen auch nicht um ein UVP-pflichtiges Vorhaben, gegen dessen Genehmigung den Antragstellern als anerkannten Umweltverbänden ein Klagerecht gemäß § 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG zustehen könnte.

5

Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht aber auch zutreffend entschieden, dass den Antragstellern im Hinblick auf die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung eine Anfechtungsbefugnis auch nicht aus Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25. Juni 1998 - Aarhus-Übereinkommen - (BGBl. 2006 II, S. 1252 ff.) zusteht. Denn dieser völkervertraglichen Bestimmung kommt keine unmittelbare Wirkung in dem Sinne zu, dass aus ihr ohne weiteren unionsrechtlichen oder innerstaatlichen Rechtsakt individuelle Anfechtungsrechte gegen die in der Vorschrift angesprochenen umweltbezogenen Entscheidungen abgeleitet werden könnten (1.). Eine Antragsbefugnis der Antragsteller kann auch nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung durch erweiternde Auslegung von § 42 Abs. 2 VwGO im Lichte von Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens begründet werden (2.).

6

1. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich aus Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens unmittelbar keine Rechte der darin angesprochenen „Mitglieder der Öffentlichkeit“ ergeben, weil die Vorschrift keine hinreichend bestimmte Regelung enthält.

7

Nach ständiger Rechtsprechung kann die durch das Zustimmungsgesetz bewirkte innerstaatliche Geltung eines völkerrechtlichen Vertrages nur dann zur unmittelbaren Anwendbarkeit einer völkervertraglichen Bestimmung mit Wirkung für und gegen die von der Regelung Betroffenen führen, wenn sie nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, also dafür keiner weiteren normativen Ausfüllung bedarf (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2010 - 7 B 64.10 -, NVwZ 2011, 752 und juris, Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK -, NuR 2012, 722 und juris, Rn. 204; jeweils m.w.N.). Daran fehlt es bei Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens in mehrfacher Hinsicht:

8

So gewährt Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens den Vertragsstaaten bereits einen Entscheidungsspielraum, ob sie den Mitgliedern der Öffentlichkeit zum Zwecke der Anfechtung umweltbezogener Entscheidungen Zugang zu einem verwaltungsbehördlichen oder zu einem gerichtlichen Verfahren gewähren. Entgegen der Ansicht der Antragsteller können weder dem Wortlaut der Vorschrift noch ihrem systematischen Zusammenhang mit den Absätzen 4 und 5 des Art. 9 hinreichende Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass insoweit nur eine eingeschränkte Wahlfreiheit der Vertragsparteien in dem Sinne gewollt ist, dass diese den Mitgliedern der Öffentlichkeit entweder ein verwaltungsbehördlichesund ein gerichtliches Verfahren oder nur ein gerichtliches Verfahren anbieten müssen, der Begriff „oder“ also inklusiv gemeint ist. Vielmehr will das Übereinkommen mit der Einräumung einer echten Wahlmöglichkeit zwischen einem gerichtlichen und einem (bestimmten Anforderungen genügenden) behördlichen Verfahren offenbar den ganz unterschiedlichen Rechtstraditionen der - mittlerweile 44 (vgl. Berkemann, DVBl. 2011, 1253) - Vertragsstaaten Rechnung tragen, die nicht alle eine eigenständige Verwaltungsgerichtsbarkeit kennen und zum Teil möglicherweise auch noch nicht über sonstige, den Anforderungen des Art. 9 Abs. 4 und 5 Aarhus-Übereinkommen genügende gerichtliche oder behördliche Überprüfungsverfahren für umweltbezogene Entscheidungen verfügen.

9

Darüber hinaus überlässt Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Übereinkommen aber auch die Regelung weiterer Verfahrensmodalitäten den Vertragsparteien. Denn diese Bestimmung eröffnet Anfechtungsrechte für Mitglieder der Öffentlichkeit nur, „soweit sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen“ (vgl. dazu z.B. Berkemann, a.a.O., S. 1256 und Schink, DÖV 2012, 622, 625). Im Hinblick auf diesen Vorbehalt zu Gunsten möglicher näherer Regelungen der Verfahrensmodalitäten durch die Vertragsstaaten hat der EuGH die unmittelbare Wirkung des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Übereinkommen im Unionsrecht verneint: Die Bestimmungen dieser Vorschrift enthielten keine klare und präzise Verpflichtung, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte; da nämlich nur „Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen“, Inhaber der in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vorgesehenen Rechte seien, hingen die Durchführung und die Wirkungen dieser Vorschrift vom Erlass eines weiteren Rechtsakts ab (vgl. EuGH, Urteil vom 8. März 2011 - Rs.C-240/09 - [„Slowakischer Braunbär“], NVwZ 2011, 673 und juris, Rn. 45). Im Übrigen geht auch die EU-Kommission davon aus, dass es noch einer unionsrechtlichen Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens bedarf; denn sie hat hierzu einen Vorschlag für eine Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vorgelegt, der indessen nicht angenommen wurde (vgl. auch dazu: Berkemann, a.a.O., S. 1254 und Fußnote 8).

10

Dass die Konvention den Vertragsstaaten relativ weite Spielräume zur Regelung der Verfahrensmodalitäten für die Anfechtung umweltbezogener Entscheidungen belassen will, liegt schließlich auch angesichts der sehr weit gefassten Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift - sowohl hinsichtlich des begünstigten Personenkreises als auch hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes - nahe. Denn anfechtungsbefugt sind nach dieser Vorschrift - anders als in Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens - nicht nur die „Mitglieder derbetroffenen Öffentlichkeit“ i.S.v. Art. 2 Abs. 5 des Übereinkommens, also primär die nach innerstaatlichem Recht anerkannten Umweltverbände, sondern die „Mitglieder der Öffentlichkeit“ i.S.v. Art. 2 Abs. 4 des Übereinkommens, d. h. im Ergebnis jedermann (vgl. Schink, a.a.O., S. 624); angefochten werden können alle Handlungen und begangenen Unterlassungen von Behörden und sogar von Privatpersonen, die gegen umweltbezogene Bestimmungen des jeweiligen innerstaatlichen Rechts verstoßen (vgl. dazu Berkemann, a.a.O., S. 1255). Gleichzeitig differenziert die Vorschrift - im Gegensatz zu Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens - nicht zwischen innerstaatlichen Rechtsordnungen, die für den Zugang zu Überprüfungsverfahren ein „ausreichendes Interesse“ genügen lassen und solchen, die hierfür die Geltendmachung einer Rechtsverletzung verlangen. Sie verzichtet konsequenterweise auch auf diesbezügliche Fiktionsregelungen zu Gunsten „nicht staatlicher Organisationen“, wie sie in Art. 9 Abs. 2, 3. Unterabsatz vorgesehen sind. Stattdessen begnügt sie sich damit, ohne nähere Einschränkungen pauschal auf die Möglichkeit der innerstaatlichen Festlegung von Kriterien für den Zugang zu Überprüfungsverfahren zu verweisen. Danach liegt die Annahme nahe, dass die außergewöhnliche Weite der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens durch die Einräumung entsprechend weitgefasster Entscheidungsspielräume zu Gunsten des innerstaatlichen Rechts hinsichtlich der Festlegung von Verfahrensmodalitäten kompensiert werden sollte. Keineswegs kann daher der Auffassung der Antragsteller gefolgt werden, solange der Vertragsstaat nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, gerade mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens im innerstaatlichen Recht besondere Kriterien für anfechtungsberechtigte Mitglieder der Öffentlichkeit festzulegen, werde jedermann unmittelbar durch diese Vorschrift ein Klagerecht eröffnet. Vielmehr bestätigt der in der Vorschrift ohne weitere Einschränkungen aufgenommene Vorbehalt zu Gunsten der innerstaatlichen Festlegung von (gegebenenfalls auch einschränkenden) „Kriterien“ für den Zugang zu Überprüfungsverfahren die Notwendigkeit innerstaatlicher Ausführungsakte zur näheren Ausgestaltung der Verfahrensmodalitäten und damit die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit der Vorschrift.

11

Ist somit Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens nicht unmittelbar anwendbar, d. h. ohne innerstaatlichen Umsetzungsakt nicht in der Lage, Anfechtungsrechte Einzelner zu kreieren, so handelt es sich bei dieser Vorschrift nicht um eine „anderweitige gesetzliche Bestimmung“ i.S.v. § 42 Abs. 2, 1. Halbsatz VwGO, die abweichend vom Erfordernis der Geltendmachung einer subjektiven Rechtsverletzung eine Anfechtungsbefugnis gegen umweltbezogene Maßnahmen und Entscheidungen begründen könnte (so auch Schink, a.a.O., S. 629).

12

2. Etwas anderes folgt auch nicht aus der in der Randnummer 50 des Urteils des EuGH vom 8. März 2011 (a.a.O.) enthaltenen Aufforderung an den nationalen Richter, „dann, wenn eine mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Habitatrichtlinie geschützte Art betroffen ist, sein nationales Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen (…), dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus festgelegten Zielen steht“.

13

Diesem obiter dictum (vgl. dazu Berkemann, a.a.O., S. 1256) der Entscheidung kann nach Überzeugung des Senats lediglich Appellcharakter dahingehend beigemessen werden, etwa bestehende Auslegungsspielräume im jeweiligen innerstaatlichen Recht im Rahmen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung „so weit wie möglich“ auszuschöpfen, um den Zielen des Aarhus-Übereinkommens möglichst weitgehend Rechnung zu tragen. Dies setzt indessen das Bestehen einer entsprechend interpretationsfähigen Rechtsvorschrift im nationalen Recht voraus. Eine erweiternde Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO etwa dahin, den der Vorschrift zugrundeliegenden Begriff des subjektiven Rechts unter Heranziehung der Absätze 6 bis 8 der Vorbemerkungen des Aarhus-Übereinkommens auf alle Umweltbelange als unmittelbar eigene Rechte der Bürger auszudehnen – wie dies die Antragsteller vertreten -, würde hingegen die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sprengen. Vielmehr fehlt es im deutschen Recht an einer prozessrechtlichen Vorschrift, die im Sinne eines derart weiten Zugangs zu den nationalen Gerichten in Umweltrechtsangelegenheiten ausgelegt werden könnte (so auch Schink, a.a.O., S. 629).

14

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf richterliche Rechtsfortbildung nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Die Aufgabe der Rechtsprechung beschränkt sich vielmehr darauf, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Auslegungsmethoden zu füllen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch-legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. zuletzt BVerfG, Urteil vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 -, NJW 2012 S. 3081 und juris, Rn. 75, m.w.N.).

15

Vorliegend hat der Bundesgesetzgeber - zuletzt mit der Novellierung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes durch das Gesetz zur Änderung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I 2013, 95) aus Anlass der „Trianel“-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 12. Mai 2012 - Rs.C-115/09 -, NVwZ 2011, S. 801 ff.) - klar zu erkennen gegeben, dass er grundsätzlich am Erfordernis der Geltendmachung einer Verletzung in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten in § 42 Abs. 2 VwGO auch für den Bereich der Anfechtung umweltbezogener Verwaltungsakte festhalten und abweichende gesetzliche Bestimmungen lediglich punktuell - soweit hierzu durch das Unionsrecht verpflichtet - zu Gunsten anerkannter Naturschutz- bzw. Umweltverbände - namentlich durch § 64 BNatSchG und §§ 1 Nr. 1, 2 UmwRG - zulassen will. Zugleich hat er deutlich gemacht, dass er davon ausgeht, jedenfalls mit der jüngsten Novellierung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes durch das Gesetz vom 21. Januar 2013 seinen Verpflichtungen aus dem Aarhus-Übereinkommen hinreichend Genüge getan zu haben (siehe dazu etwa den aktualisierten „Nationalen Umsetzungsbericht der Aarhus-Konvention für Deutschland“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, veröffentlicht auf der Homepage des Ministeriums www.bmu.de).

16

Würde demgegenüber - wie dies den Antragstellern vorschwebt - im Wege richterlicher Rechtsfortbildung eine umfassende Anfechtungsbefugnis von jedermann oder auch nur von anerkannten Umweltverbänden gegen alle behördlichen Maßnahmen und Entscheidungen anerkannt, die (zumindest auch) in Anwendung umweltbezogener Vorschriften des Unions- sowie ggf. auch des nationalen Rechts ergangen sind, würde dies dem erkennbaren Willen des deutschen Gesetzgebers widersprechen und daher die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten. Dabei kann offenbleiben, ob - wie das Verwaltungsgericht gemeint hat - die Annahme des deutschen Gesetzgebers zutrifft, dass er mit dem aktuellen Regelungsbestand allen seinen Verpflichtungen aus Art. 9 Abs. 2 und Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens bereits hinreichend gerecht geworden ist, oder ob dies nicht zutrifft. Die Überprüfung, ob dies der Fall ist, muss vielmehr dem in Art. 15 des Aarhus-Übereinkommens dafür vorgesehenen Verfahren vorbehalten bleiben. Es ist nicht Aufgabe des nationalen Richters, dem Ergebnis eines solchen Verfahrens durch erweiternde Auslegung des innerstaatlichen Rechts vorzugreifen.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

18

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Planfeststellung für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 in dem 5,8 km langen Planungsabschnitt von Nettelsee nach Stolpe. Er ist Eigentümer des Hofes "…", bestehend aus einem Wohnhaus, einem Altenteilerhaus und Wirtschaftsgebäuden. Die Hofstelle liegt auf dem Flurstück … der Flur …; das gut 10 ha große Grundstück soll im nördlichen Bereich durch die geplante Südumgehung Nettelsee durchschnitten werden.

2

Der Ausbau der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als "vordringlicher Bedarf" ausgewiesen (Nr. 30 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 des Fernstraßenausbaugesetzes; Neufassung vom 20.01.2005; BVWP-Nr. SH 5038).

3

Der Kläger hat im Planfeststellungsverfahren zu dem Vorhaben mit Schreiben vom 11. März 2010 Stellung genommen und dabei den Bedarf für die Straßenbaumaßnahmen und die zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen, die Alternativenwahl, sowie Lärmschutz- und artenschutzrechtliche Fragen angesprochen.

4

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2011 hat der Beklagte die Pläne für den vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 im Abschnitt von Nettelsee bis Stolpe (Baukilometer 14 + 003 bis Baukilometer 20 + 000) in den Gemeinden Nettelsee, Postfeld, Löptin und Stolpe festgestellt. Die Entscheidung umfasst auch die Verlegung der Landesstraße L 49 (Bordesholm-Nettelsee) nach Süden zu einer - dort vorgesehenen - Autobahn-Anschlussstelle bei Baukilometer 60 + 714 sowie - weiterhin - eine nordwärtige Verschwenkung der Landesstraße L 67 (Richtung Ascheberg) mit dem Ziel, diese ebenfalls an der vorgesehenen Autobahn-Anschlussstelle an die neu vorgesehene Autobahn anzubinden. Die Einwendungen des Klägers gegen das Vorhaben sind im Planfeststellungsbeschluss zurückgewiesen worden.

5

Nach dem Grunderwerbsplan (S. 61, lfd. Nr. 9) zum Planfeststellungsbeschluss sollen vom Flurstück … des Klägers 10174 qm erworben werden. Dabei handelt es sich um die nach Herstellung der "Südumfahrung" Nettelsee im Zuge der Landesstraße 49 nördlich der Trasse verbleibenden Restfläche dieses Flurstücks. Weiter ist im landschaftspflegerischen Begleitplan zum Planfeststellungsbeschluss vorgesehen, dass Grundstücksflächen des Klägers für Pflanz-, Schutz- und Minderungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden sollen (Teilflächen der Flurstücke …, … und … der Flur …).

6

Am 26. April 2011 hat der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben. Einen zugleich gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat der Senat mit Beschluss vom 09. November 2011 - 1 MR 3/11 - abgelehnt.

7

Der Kläger ist der Ansicht, für die festgestellten Straßenbauvorhaben fehle ein Bedarf. Der Beklagte sei bei seiner Planung von überhöhten Verkehrsannahmen ausgegangen. Die Einstufung des Ausbaus der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 in den vordringlichen Bedarf könne nicht hingenommen werden. Bei den für die Jahre 2020/2025 prognostizierten Verkehrsbewegungen habe der Gesetzgeber einen solchen Ausbaubedarf nicht annehmen dürfen. Die Erhebungen für den Bedarfsplan des Bundes beruhten auf veralteten Datengrundlagen. Der der Bedarfsfeststellung zu Grunde liegende Bundesverkehrswegeplan entspreche überdies nicht den Anforderungen der - europarechtlich gebotenen - Umweltverträglichkeitsprüfung. Im Hinblick auf die angenommenen Verkehrsmengen sei auch der vorgesehene Ausbauquerschnitt unangemessen. Ein geringerer Regelquerschnitt sei ausreichend. Fehlerhaft sei - weiter - der für die Planfeststellung gebildete Ausbauabschnitt der künftigen Autobahn A 21. Diesem komme keine eigene verkehrliche Wirkung zu, was sich - ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 1.2 - auch darin zeige, dass eine 1,6 km lange Teilstrecke bis zur Fertigstellung des Folgeabschnittes suspendiert werde.

8

Der Plan sei auch im Hinblick auf die Südumfahrung Nettelsee nicht gerechtfertigt. Diese Südumfahrung könne nicht als sog. "Folgemaßnahme" eingestuft werden; sie sei nicht notwendig. Das dafür angeführte Planungsziel, eine "leistungsfähige Verknüpfung" des Ost-West-Verkehrs auf den Landesstraßen L 49 und L 67 herzustellen, sei bei Zugrundelegung korrekt ermittelter Verkehrsprognosedaten nicht tragfähig. Die vom Beklagten angenommenen Zahlen aus der Verkehrsuntersuchung 2009 könnten einer Überprüfung nicht standhalten. Der Prognose liege ein erheblicher Netzfehler zu Grunde, was zu einem Fehler der Verkehrsmodellrechnung im Kieler Süden führe. Sie beruhe zudem auf den viel zu hohen Ausgangswerten aus dem Bundesverkehrswegeplan; die Fortschreibung solcher Werte führe zu überhöhten Prognosewerten. Im Hinblick auf die künftig wegfallenden Pkw-Bestandszahlen werde es zu einer erheblichen Reduzierung des Fahrzeug- und Fahrtenaufkommens kommen. Der Prognose liege außerdem ein veraltetes Netzmodell und ein nicht nachvollziehbar prognostizierter Verkehrszuwachs zu Grunde. Entgegen der Prognosen sei es wahrscheinlich, dass auf der Landesstraße L 49 beziehungsweise der Landesstraße L 67 auch künftig ein Verkehrsaufkommen abgewickelt werde, das dem jetzigen Aufkommen entspreche. Die Gesamtabwägung zur Anbindung der Landesstraßen L 49 und L 67 sei damit nicht haltbar. Die Variantenauswahl zur Südumfahrung sei zudem unzureichend. Durch diese Südumfahrung würden Flächen in Anspruch genommen, die zum Biotopverbundsystem Schleswig-Holstein gehörten, was zu zahlreichen artenschutzrechtlichen Konflikten führe und Lebensräume von Fledermäusen zerschneide. Das gleiche gelte für die landwirtschaftlichen Flächen des Klägers sowie für Jagdgebiete. Die Flächenzerschneidung führe auch zu einer erheblichen Wertminderung des Hofes, ferner zu dessen Verlärmung.

9

Der Kläger beantragt,

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den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Februar 2011 zum Az.: LS 408/4013-553.32-A 21 - 01/09 für den vierstreifigen Ausbau der B 404 zur BAB 21, Streckenabschnitt 3 B von Stolpe bis Nettelsee von Baukilometer 14 + 003 bis Baukilometer 20 + 000, aufzuheben;

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hilfsweise,

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den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig zu erklären.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Er ist der Ansicht, für eine Klage gegen den Ausbau der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger allein durch die Südumfahrung Nettelsee betroffen sei. Da für die Autobahn keine Grundflächen des Klägers in Anspruch genommen würden, könne er insoweit auch die Planrechtfertigung, insbesondere den Verkehrsbedarf für diese Maßnahme, nicht zur Überprüfung stellen. Durch die Autobahn A 21 würden in Bezug auf Rechte des Klägers auch keine Zwangspunkte gesetzt. Unabhängig davon sei der Bedarf für die Autobahn A 21 zu Recht angenommen worden. Auch der gewählte Regelquerschnitt sei sachgerecht, weil er auf den anderen Abschnitten der A 21 ebenfalls verwirklicht worden sei. Eine fehlerhafte Bildung des Planungsabschnitts zur Autobahn A 21 wirke sich auf die Rechtstellung des Klägers nicht aus.

16

Die den Planungen für die Südumfahrung Nettelsee zu Grunde liegenden Verkehrsprognosen seien ebenfalls zutreffend. Die insoweit erfolgte Variantenuntersuchung sei ausreichend. Die gemeinsame Anbindung der Landesstraße L 49 und der Landesstraße L 67 an die Autobahn A 21 sei vorgesehen worden, um Versatzverkehre über die Autobahn - in Folge unterschiedlicher Anknüpfungspunkte - auszuschließen. Die Umplanung des nachgeordneten Straßennetzes sei im Hinblick auf ausreichende Abstände von Anschlussstellen an die künftige Autobahn eine notwendige Folgemaßnahme. Die (weitere) Anbindung der Landesstraße L 49 an die Gemeindestraßen betreffe den Kläger nicht.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze - nebst Anlagen - sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen. Weiter wird Bezug genommen auf die - in der mündlichen Verhandlung erläuterte "Überprüfung der Quelle-Ziel-Matrizen des Verkehrsmodells der Verkehrsuntersuchung zur A 21, Kiel-Bad Segeberg" des Büros "RegioConsult" von September 2011 (Bl. 40 - 66 d.A.).

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage ist zulässig.

19

1. Das Oberverwaltungsgericht ist erstinstanzlich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO zuständig. Die Einbeziehung der Landesstraßen L 49 und L 67 in den Planfeststellungsbeschluss ändert an dieser Zuständigkeitszuweisung nichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 2011, § 48 Rn. 11 a. E.)

20

2. Der Kläger ist auch klagebefugt.

21

Das folgt, soweit die Südumfahrung Nettelsee angegriffen wird, ohne Weiteres daraus, dass dafür Grundstücksflächen des Klägers (Teilflächen des Flurstücks …) direkt in Anspruch genommen werden.

22

Soweit die Klage den - auf der vorhandenen Trasse der bisherigen Bundesstraße 404 vorgesehenen - Bau der Autobahn A 21 betrifft, werden hingegen keine Grundstücksflächen des Klägers in Anspruch genommen. Die Eigentumsbeschränkungen, die nach dem Planfeststellungsbeschluss - Ziff. 2.3.6 (1) der Nebenbestimmungen i. V. m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan - auf den Teilflächen des Flurstücks … der Flur … (6.147 m² von 17.420 m²) und des Flurstücks … der Flur … (129 m² von 7.283 m²) vorgesehen sind, betreffen sämtlich Pflanz-, Schutz- und Minderungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Südumfahrung Nettelsee (L 49 n). In Bezug auf die planfestgestellte Autobahn A 21 ist der Kläger somit eigentumsrechtlich nicht betroffen.

23

Der Autobahnbau bewirkt jedoch eine mittelbare Betroffenheit des Klägers, weil der Verkehrslärm sich auf das (Hof-)Grundstück des Klägers auswirken kann (wobei unerheblich ist, ob die derzeitige Lärmbelastung durch die B 404 geringer ist). Derartige mittelbare Beeinträchtigungen sind zwar nicht als Eigentumsbeeinträchtigungen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG anzusehen. Der Kläger ist aber auch insoweit klagebefugt, weil die Lärmauswirkungen der künftigen Autobahn in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1975, IV C 21.74, BVerwGE 48, 56/66 sowie Urt. v. 04.05.1988, 4 C 2.85, UPR 1988, 346/347). Dabei sind auch Lärmwirkungen unterhalb der Grenzwerte der 16. BImSchV abwägungsrelevant, soweit diese - jedenfalls - mehr als nur geringfügig sind. Von einer lediglich geringfügigen Lärmbetroffenheit kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Inwieweit die im Rahmen der Abwägung nach § 17 Satz 2 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) zu berücksichtigenden Lärmschutzbelange durchdringen, ist keine Frage der Klagebefugnis, sondern im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu klären.

24

3. Der Ansicht des Beklagten, dem Kläger fehle - da durch die Planfeststellung der Autobahn nicht enteignungsbetroffen - das Rechtsschutzbedürfnis, ist nicht zu folgen. Das Rechtsschutzbedürfnis folgt aus dem (zumindest) im Hinblick auf die Lärmschutzbelange gegebenen Anspruch auf fehlerfreie Abwägung; dieser Anspruch kann nur im Klagewege verfolgt werden. Eine andere Frage ist, ob die fehlende Enteignungsbetroffenheit den materiellen Überprüfungsanspruch des Klägers schmälert, soweit er die Planfeststellung des Autobahnneubaus angreift. Auch dies wird im Rahmen der Begründetheit zu klären sein.

25

II. Die Klage ist weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag begründet.

26

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss durfte auf der Grundlage des § 142 Abs. 1 LVwG sowie des § 17 FStrG - für den Ausbau der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 und der damit verbundenen notwendigen Folgemaßnahmen - sowie des § 40 Abs. 5 Satz 1 StrWG SH - für den Bau der Südumfahrung Nettelsee im Zuge der Landesstraße L 49 und die Nordverschwenkung der Landesstraße L 67 - ergehen. Die genannten Vorschriften ermächtigen den Beklagten zur straßenrechtlichen Fachplanung und räumen ihm - im Ausgangspunkt - eine umfassende planerische Gestaltungsfreiheit ein, sofern und soweit die Planvorhaben sachlich gerechtfertigt sind, den gesetzlichen Planungsleitsätzen entsprechen und mit den davon betroffenen öffentlichen und privaten Belangen abgewogen sind (§ 17 S. 2 FStrG; vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1975, a.a.O.)

27

1. Das Planfeststellungsverfahren ist ohne Verfahrensfehler durchgeführt worden. Allerdings sind der Autobahnbau – einerseits - und die Verlegung der Landesstraßen - andererseits - nicht, wie der Beklagte annimmt, im Sinne von Haupt- und "Folgemaßnahme" voneinander abhängig, sondern als zwei - zulässigerweise verbundene - Maßnahmen anzusehen.

28

Der Beklagte ist gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 LVwG grundsätzlich befugt, im Zusammenhang mit der Planfeststellung des Ausbaus der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 auch die "notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen" in seine Entscheidung einzubeziehen, soweit dadurch die durch den Autobahnbau ausgelösten planerischen Konflikte bewältigt werden. Ausgehend von dieser Vorschrift bestand Veranlassung, die bisher vorhandenen Anbindungen der nachgeordneten Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen an die Bundesstraße B 404 beziehungsweise deren Überquerungen neu zu ordnen und über Anschlussstellen an die Autobahn A 21 und höhenfreie (§ 1 Abs. 3 S. 1 FStrG) Kreuzungsbauwerke über die Autobahn zu entscheiden.

29

Die damit gegebene - Planungskompetenz des Beklagten für derartige Folgemaßnahmen ist allerdings nicht unbegrenzt. Das planungsrechtliche Gebot der Problembewältigung geht nicht so weit, dass mit der Planung der Autobahn auch andere Planungen - als Folgemaßnahme - mit erledigt werden, obwohl sie ein eigenständiges Planungskonzept erfordern. Folgemaßnahmen i. S. d. § 142 Abs. 1 S. 1 LVwG dürfen über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.10.2010, 9 A 12.09, NVwZ 2011, 626 [Tn. 21]; Gaentzsch, DVBl 2012, 129/131; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 2009, Rn. 4326 m. w. N.).

30

Die räumliche Begrenzung der Planung von Folgemaßnahmen an Landestraßen ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass damit in anderweitige Planungskompetenzen eingegriffen wird (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Beschl. v. 24.03.1999, 11 B 38.98, Juris, Tn. 5 m. w. N., sowie Beschl. v. 13.07.2010, 9 B 103.09, NVwZ 2010, 1244). Der Beklagte hat sowohl für den Autobahnbau (§ 55 Abs. 1 S. 2 StrWG SH) als auch für den Landesstraßenbau (§ 40 Abs. 1, § 52 Abs. 2 StrWG SH) die Planungskompetenz. Die begrenzte Reichweite von Folgemaßnahmen bleibt aber in materiell-rechtlicher Hinsicht bedeutsam: Als Folgemaßnahmen i. S. d. § 142 Abs. 1 S. 1 LVwG sind die vorgesehenen Baumaßnahmen an Landesstraßen nur insoweit anzusehen, als sie im Wesentlichen deren Anschluss an die Autobahn A 21 betreffen. Insoweit ergeben sich sowohl die Planrechtfertigung als auch die Abwägungserfordernisse aus der "Hauptmaßnahme", also dem Bau der Autobahn A 21. Weitergehende Straßenbaumaßnahmen, die ein eigenständiges planerisches Konzept erfordern, werden von diesem - materiellen - Rahmen der Folgemaßnahme nicht mehr umfasst (vgl. Gaentzsch, a.a.O., S. 131). Für die Südumfahrung Nettelsee im Zuge der Landesstraße L 49 folgt dies auch daraus, dass damit nicht mehr unmittelbar dem Ausbau der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 zuzuordnende Konflikte, sondern solche der Landesstraße und ihrer Trassierung im Ortsbereich Nettelsees gelöst werden sollen.

31

Die Planung der Südumfahrung Nettelsee überschreitet damit den "engen" Rahmen einer Folgemaßnahme; der Beklagte hat insoweit eine weitere - ebenfalls in seiner Planungskompetenz liegende - Maßnahme planfestgestellt. Das ist verfahrensrechtlich zulässig: Gemäß § 40 Abs. 5 Satz 1 StrWG SH wird im Rahmen einer Gesamtplanung eine solche objektive "Vorhabenhäufung" im Planfeststellungsverfahren ausdrücklich zugelassen; verfahrensrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht.

32

Die materielle Überprüfung der für das Vorhaben "Autobahnbau" bzw. der für die "Südumfahrung" festgestellten Maßnahmen muss auf die (dargestellte) Differenzierung Rücksicht nehmen.

33

2. Der Kläger kann eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses weder hinsichtlich des vierstreifigen - abschnittsweisen - Ausbaus der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 und der Planung der Anschlussstelle für das nachgeordnete (Landes-)Straßennetz (unten 2.1) noch in Bezug auf den Bau der Südumfahrung Nettelsee (unten 2.2) beanspruchen.

34

2.1 Der planfestgestellte Autobahnausbau einschließlich der damit verbundenen Folgemaßnahme - der für die Landesstraßen L 49 und L 67 vorgesehenen Anschlussstelle - verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

35

Der Autobahnbau wie auch der Bau der Anschlussstellen betrifft den Kläger - wie ausgeführt (oben I.2) - allein in Lärmschutzbelangen. Er hat insofern - als "sonstiger" Betroffener - ein subjektives öffentliches Recht auf eine gerechte Abwägung seiner Belange. Im Rahmen des § 17 e Abs. 6 Satz 1 FStrG kann der Kläger eine gerichtliche Überprüfung nur im Hinblick auf Nachteile füreigene Belange und deren gerechte Berücksichtigung in der planerischen Abwägung beanspruchen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1975, a.a.O. [bei Juris Tn. 41]). Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsumfangs ist eine vom planfestgestellten Autobahnbau und der damit verbundenen Folgemaßnahme (Anschlussstelle) ausgehende Verletzung von Rechten des Klägers nicht festzustellen.

36

2.1.1 Soweit der Kläger die gem. § 1 Abs. 2 S. 2 FStrAbG für die Planfeststellung verbindliche (gesetzliche) Bedarfsfeststellung für den Autobahnbau angreift (Nr. 30 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 FStrAbG; Neufassung vom 20.01.2005; BVWP-Nr. SH 5038), überschreitet dies seinen (eingeschränkten, s. o.) gerichtlichen Überprüfungsanspruch. Als insoweit lediglich mittelbar Planungsbetroffener kann der Kläger der Autobahn nur Einwände entgegensetzen, die aus zumindest auch seinem Schutz dienenden Normen abzuleiten sind (BVerwG, Urt. 06.10.1989, 4 C 14.87, BVerwGE 82, 343/344). Dazu gehört nicht die objektive Planrechtfertigung, wohl aber das (fach-)planungsrechtliche Abwägungsgebot (§ 17 S. 2 FStrG), das dem Kläger ein subjektives öffentliches Recht auf eine gerechte Abwägung seiner Lärmschutzbelange vermittelt. Abwägungsfehler sind dazu nicht festzustellen.

37

Der Beklagte hat die Lärmwirkungen der Autobahn berücksichtigt, in ihrer Größenordnung beanstandungsfrei prognostiziert und der Betroffenheit des Klägers abwägend gegenübergestellt. Die Schutzbedürftigkeit des - im Außenbereich gelegenen - Hofgrundstücks des Klägers gegenüber Lärmeinwirkungen ist im Planfeststellungsbeschluss (S. 118 f.) richtig bestimmt worden (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 (2. HS) der 16. BImSchV; vgl. auch VGH Kassel, Urt. v. 20.01.1987, 2 UE 1291/85, NuR 1988, 250 ff.). In seinem Beschlusses vom 09. November 2011 - 1 MR 3/11 - (zu 6.3) hat der Senat dazu ausgeführt:

38

»... Soweit die Hofgebäude keiner Wohnnutzung dienen, sind sie nicht lärmschutzbedürftig (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 09.10.2000, 5 S 1883/99, VBlBW 2001, 2078). Die Wohngebäude können allenfalls die Grenzwerte für Mischgebiete nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImschV beanspruchen (64 dB(A) tags bzw. 54 dB(A) nachts). Diese Werte werden eingehalten (s. "Unterlage 11.1 zum Planfeststellungsverfahren - Ergebnisse schalltechnischer Berechnungen -, S. 17 und 21). Ansatzpunkte für eine soweit fehlerhafte Prognose im Planfeststellungsbeschluss liegen nicht vor. «

39

Daran ist festzuhalten.

40

2.1.2 Der Kritik des Klägers an dem vorgesehenen Regelquerschnitt ("RQ 29,5") der Autobahn ist keine (eigenständige Abwägungs-)Betroffenheit des Klägers zuzuordnen. Soweit der Regelquerschnitt (überhaupt) Auswirkungen auf die Prognose des von der Autobahn ausgehenden Verkehrslärms hat, sind diese in der vom Beklagten veranlassten Lärmbeurteilung berücksichtigt worden; das zu 2.1.1 gefundene Ergebnis ändert sich insoweit nicht. Etwaige natur- oder artenschutzrechtliche Auswirkungen des Regelquerschnitts liegen außerhalb des vom Kläger geltend zu machenden Überprüfungsanspruchs (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19.01.2011, 7 KS 161/08, NVwZ-RR 2011, 934).

41

Das Gleiche gilt auch für die Kritik an der Begrenzung des Planungsabschnittes im Bereich Nettelsee - Stolpe. Insoweit nimmt der Senat ergänzend Bezug auf die Gründe seines Beschlusses vom 09.11.2011 - 1 MR 3/11 - (zu 5., Tn. 29 - 35).

42

2.1.3 Die Planung der Autobahn A 21 führt auch im Hinblick auf den vorgesehenen Bau der Anschlussstelle für die Landesstraßen L 49 und L 67 zu keiner Rechtsverletzung des Klägers. Soweit diese Anschlussstelle die künftige Lärmentstehung überhaupt beeinflusst, wird dadurch das (o. g.) Abwägungsergebnis zu dieser Frage in keiner Weise in Frage gestellt. In die Lärmprognose ist die die Anschlussstelle betreffende "Komponente" eingestellt worden.

43

2.1.4 Soweit die Planung der gemeinsamen Anbindung der Landesstraßen L 49 und L 67 an die Autobahn A 21 eine Vorgabe für die weitere Planung der Landesstraße enthält, wäre ein – erweiterter – Anspruch des Klägers auf eine diesbezügliche gerichtliche Kontrolle denkbar, wenn mit dieser Vorgabe bereits ein "Zwangspunkt" für die – im Zuge der weiteren Planung der Landesstraße 49 erfolgende – Inanspruchnahme von Grundeigentum des Klägers gesetzt wird. Diesen Zusammenhang spricht auch der Kläger mit dem Hinweis auf die Möglichkeit "anderer Anschlusssysteme" an (Schriftsatz vom 31.08.2011, S. 7). Insofern wäre die Sachlage mit der Abwehr eines "Zwangspunktes" in einem vorgelagerten Planungsabschnitt vergleichbar (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 26.06.1992, 4 B 1.92 u. a., NVwZ 1993, 572 [bei Juris Tn. 12], m. w. N.).

44

Ein solcher "Zwangspunkt" war allerdings mit der Planung der Anschlussstelle für die Landesstraßen im Bereich Depenau (noch) nicht verbunden. Das bestätigt die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens durchgeführte Variantenuntersuchung: Mit der Festlegung einer Anschlussstelle in Höhe Depenau war noch nicht unausweichlich verbunden, dass auch eine Südumfahrung Nettelsee entstehen würde. Im Rahmen der 2001 und 2009 betrachteten Varianten ist auch die Möglichkeit untersucht worden, an die Autobahn-Anschlussstelle bei Depenau nur die Landesstraße L 67 anzubinden und die Landesstraße 49 entweder (wie bisher) in Ortslage Nettelsee oder im Zuge einer sog. Nordumfahrung Nettelsee an die Autobahn A 21 mit Anschlussstelle bei Streckenkilometer 13,3 anzubinden (PFB S. 135 ff.; s. Beiakte O, Ordner XI, S. 143 ff.; Beiakte R, Ordner XIV, UVS S. 25). Das zeigt, dass die "autobahnseitige" Entscheidung für eine Anschlussstelle in Höhe Depenau noch keinen "Zwangspunkt" für die Planung der Südumfahrung Nettelsee im Zuge der Landesstraße L 49 setzte.

45

2.1.5 Unabhängig von der Frage eines "Zwangspunktes" ist die im Rahmen der Gesamtplanung (§ 40 Abs. 5 S. 1 StrWG SH) erfolgte Planung einer gemeinsamen Anschlussstelle für die Landesstraßen L 49 und L 67 an die Autobahn A 21 rechtlich nicht zu beanstanden. Die dazu erfolgte planerische Abwägung kann auf überzeugende Gründe verweisen.

46

Der Beklagte hat sich, was den "Ort" der Anschlussstelle anbetrifft, an den "Richtlinien für die Anlage von Autobahnen" (RAA, Ausgabe 2008) orientiert; danach ist für die - hier gegebene – Autobahn-Entwurfsklasse "EKA 1 B" zwischen Autobahn-Anschlussstellen ("teilplanfreie Knotenpunkte") ein regelmäßiger Mindestabstand von 5,0 km vorgesehen (Ziff. 3.1 [S. 16] und Ziff. 6.2.2 [S. 42] der RAA). Der Abstand zwischen dem vorgesehenen Anschluss der Landesstraßen L 49 und L 67 an die Autobahn A 21 und den nächsten Anschlussstellen Richtung Norden (Klein Barkau) beziehungsweise Richtung Süden (Stolpe) entspricht diesen Anforderungen. Diese Orientierungsvorgaben und ihre Anwendung auf den vorliegenden Fall sind rechtlich nicht zu beanstanden.

47

Die im Planungsverfahren erwogenen Alternativen zu der planfestgestellten Anschlussstelle sind mit rechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen verworfen worden. Die (angedachte) Möglichkeit, zwei Anschlussstellen vorzusehen - eine für die L 67 (an der Abzweigung nach Depenau) und eine für die L 49 [alt] (an der Dorfstraße) - hätte zu kürzeren Abständen zwischen den Anschlussstellen geführt; der Abstand wäre dann auf ca. 2,5 km verkürzt worden. Eine durch Parallelführung erfolgende Zuführung der Landesstraße L 67 zu einer Anschlussstelle im Bereich Nettelsee-Dorf wäre mit erheblichem zusätzlichem Aufwand verbunden gewesen. Auch die Planung einer Anschlussstelle (nur) für die Landesstraße L 49 nördlich von Nettelsee hätte zu Folgeproblemen bei der Anbindung der Landesstraße L 67 geführt (Parallelwegeführung zur Autobahn). Aus der "Sicht" der Planfeststellung der Autobahn A 21 einschließlich der als Folgemaßnahme zu planenden Anbindung der Landesstraßen ist daher die Planfeststellung nur einer Anschlussstelle und ihre Lokalisierung in Höhe Depenau nicht zu beanstanden (s. PFB S. 143).

48

Der Beklagte hat die Bestimmung des Anschlusspunktes (genau) bei Bau-km 16+713780 im Rahmen der Gesamtplanung letztlich aus einer im Zusammenhang mit den Landesstraßen L 49 und L 67 durchgeführten Variantenuntersuchung abgeleitet. Andernfalls wäre auch keine "Nordverschwenkung" der Landesstraße L 67 veranlasst gewesen. Das entspricht dem Verfahrenszusammenhang beider Maßnahmen (§ 40 Abs. 5 S. 1 StrWG SH) und entspricht einer sachgerechten Planung. Innerhalb der für einen regelkonformen Autobahnbau gegebenen Spielräume - insbesondere für den Regelabstand zwischen Anschlussstellen – ist die genaue Position der Anschlusspunkte so zu bestimmen, dass nachgeordnete Straßen - jedenfalls - in einer für den Netzzusammenhang und die Verkehrssicherheit vorteilhaften Weise an einen gemeinsamen Knotenpunkt herangeführt werden können. Das gilt umso mehr dann, wenn - wie hier - die verkehrlichen, finanziellen, volkswirtschaftlichen und - vor allem - ökologischen Folgen im Bereich des nachgeordneten Straßennetzes bei der Bestimmung des Anschlusspunktes berücksichtigt werden.

49

2.1.6 Mit seinem Argument, bei einem Wegfall "der Ausbaunotwendigkeit" der Bundesstraße B 404 zur Autobahn A 21 entfalle auch der planerische Zusammenhang zur vorgesehenen Anschlussstelle ("Folgemaßnahme") und zum Bau der Südumfahrung Nettelsee im Zuge der L 49, fordert der Kläger - letztlich - eine (Voll-)Überprüfung der Planrechtfertigung der Autobahn, die er als - von der Autobahn eigentumsrechtlich nicht Betroffener - nicht beanspruchen kann. Die "Ausbaunotwendigkeit" ist durch die Bedarfsfeststellung gem. § 1 Abs. 2 S. 2 FStrAbG und die Zuordnung des Vorhabens zum "vordringlichen Bedarf" (Nr. 30 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 FStrAbG; Neufassung vom 20.01.2005; BVWP-Nr. SH 5038) in rechtlich bindender Weise - auch für das gerichtliche Verfahren - festgestellt worden (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, 9 A 3.06, BVerwGE 130, 299 [bei Juris Tn. 43]).

50

2.1.7 Selbst wenn angenommen würde, dass der Kläger wegen des angeführten planerischen Zusammenhangs eine Vollüberprüfung - auch - der Bedarfsfeststellung beanspruchen kann, könnte dies seiner Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

51

Die gesetzgeberisch getroffene Bedarfsfeststellung für die Autobahn A 21 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist - insbesondere - nicht "evident unsachlich" (s. zu diesem Maßstab BVerwG, Beschl. v. 16.01.2007, 9 B 14.06, Juris [Tn. 7]); in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 132/133) wird der Ausbaubedarf zusätzlich belegt. Es kommt hinzu, dass der Beurteilung des Bedarfs für die Autobahn A 21 nicht nur eine "kleinräumige" Betrachtung im Bereich des hier betroffenen Planungsabschnitts oder der (noch unausgebauten) Bundesstraße B 404 bis Kiel zugrunde zu legen ist, sondern eine Betrachtung des durchgängigen Streckenverlaufs der vorgesehenen Autobahn von Kiel bis zur Autobahn A 1 (Hamburg – Lübeck); ob – weitergehend – auch eine Anbindung der A 24 (Hamburg – Berlin) einzubeziehen ist, mag offen bleiben. Selbst wenn sich die für die Bedarfsfeststellung angenommenen Grundlagen zur Verkehrsmenge und -entwicklung – beschränkt auf den verbliebenen (noch unausgebauten) Abschnitt der Autobahn A 21 - geändert hätten, würde dadurch die Verbindlichkeit der bundesrechtlichen Bedarfsplanung nicht entfallen. Auf etwaige Änderungen der Bedarfsgrundlagen hat der Bundesgesetzgeber im Rahmen des § 4 FStrAbG zu reagieren (BVerwG, Beschl. v. 14.07.2005, 9 VR 20.04 sowie Urt. v. 26.10.2005, 9 A 33.04, juris), was auch tatsächlich geschieht; die Überprüfung der vorliegend zugrundegelegten Bedarfsplanung wurde 2010 abgeschlossen; für 2015 steht die nächste Überprüfung an.

52

Die Rüge des Klägers, die bundesgesetzliche Bedarfsfeststellung sei ohne eine - erforderliche und vorgängige - strategische Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt, greift im vorliegenden Fall nicht durch. Das wird bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 177 f.) zutreffend nachgewiesen. Das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Fernstraßenbau-Bedarfspläne bestand bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (sog. SUP-Richtlinie, ABl. EG Nr. L 197/30 vom 21.07.2001) nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.09.1997, 4 B 147.97, NVwZ-RR 1998, 300). Die genannte Richtlinie hat diese Pflicht eingeführt (vgl. Sauthoff, ZUR 2006, 15/17; Köppel, Günnewig, Gassner u. a.: Anforderungen der SUP-Richtlinie an Bundesverkehrswegeplanung und Verkehrsentwicklungsplanung der Länder, Forschungsbericht 20296185 des Umweltbundesamtes, 2004, S. 10 f., S. 205; vgl. zu der nach Umsetzung der SUP-Richtlinie durch Gesetz vom 25.06.2005 [BGBl. I. S. 1746] geltenden Rechtslage: § 19 b UVPG). Für die Umsetzung ist allerdings in der Übergangsvorschrift des Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie bestimmt worden, dass die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltprüfung i. S. v. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie (erst) für die Pläne, deren "erster förmlicher Vorbereitungsakt"nach dem 21. Juli 2004 erstellt wird, gilt. Für Pläne, deren "erster förmlicher Vorbereitungsakt" vor diesem Zeitpunkt liegt und die mehr als 24 Monate danach angenommen oder in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden, gilt das Gleiche. Die danach maßgeblichen Voraussetzungen für eine (unmittelbare) Geltung der Richtlinie bzw. der Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung liegen nicht vor: Der - für die vorliegende Maßnahme maßgebliche - Bundesverkehrswegeplan 2003 ist durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes in Kraft gesetzt worden. Der "erste förmliche Vorbereitungsakt" dafür datiert vom 15.08.2003 (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 550/03). Der Gesetzentwurf wurde im Juli 2004 angenommen, also (deutlich) vor Ablauf der 24 Monate (s. o.). Damit gelten die Pflichten der SUP-Richtlinie (noch) nicht für den vorliegend maßgeblichen Bundesverkehrswegeplan 2003.

53

2.1.8 Der Kläger kann nach alledem mit seinen Einwänden gegen die Planrechtfertigung des Autobahnausbaus und der Folgemaßnahme (Anschlussstelle) nicht durchdringen. Auch die Einwände gegen die insoweit erfolgte planerische Abwägung bleiben erfolglos (s. o. 2.1.1 – 2.1.5).

54

2.2 Der Planfeststellungsbeschluss verletzt den Kläger auch im Hinblick auf den Bau der Südumfahrung Nettelsee nicht in seinen Rechten.

55

Die planfestgestellte Maßnahme sieht insoweit die Inanspruchnahme von Grundeigentumsflächen des Klägers vor (s. o. I.2), so dass er auch die dem Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zuzuordnenden Fragen der Planrechtfertigung (2.2.1), der Beachtung natur- und artenschutzrechtlicher Anforderungen (2.2.2) und der planerischen Abwägung (2.2.3) zur gerichtlichen Überprüfung stellen kann (BVerwG, Urt. v. 18.03.1983, 4 C 80.79, BVerwGE 67, 74).

56

2.2.1 Die Südumfahrung Nettelsee erfordert eine besondere Planrechtfertigung, weil die gesetzliche Bedarfsfestlegung für die Bundesautobahn A 21 dazu keine Aussage enthält (vgl. OVG Münster, Urt. v. 02.02.2009, 11 D 32/08.AK, NWVBl. 2010, 112 ff). Die Planrechtfertigung erfordert, dass für das beabsichtigte Straßenbauvorhaben gemessen an den Zielsetzungen der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 39 Abs. 1 StrWG SH ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist allerdings nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens gegeben, es genügt, wenn die Planung vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urt. v. 07.07.1978, IV C 79.76, BVerwGE 56, 110 ff. [bei Juris Tn. 47], sowie Urt. v. 16.03.2006, 4 A 1075.04, BVerwGE 124, 116 ff. [bei Juris Tn. 182 m. w. N.]).

57

2.2.1.1 Nach den Zielsetzungen der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 39 Abs. 1 StrWG SH ist das Vorhaben - Südumfahrung Nettelsee (mit Nordverschwenkung L 67) - vernünftigerweise geboten.

58

Der neu vorgesehene Netzzusammenhang der Landesstraßen schafft - funktional - eine verbesserte Ost-West-Verbindung im mittleren Schleswig-Holstein. Dies entspricht der Zweckbestimmung von Landesstraßen, "zusammen mit den Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz zu bilden und überwiegend dem weiträumigen Verkehr innerhalb des Landes zu dienen" (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 StrWG). Die verbesserte Netzverknüpfung vermeidet, wie in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert worden ist, den (bisherigen) Versatzverkehr für Verkehrsbewegungen von Nortorf/Bordesholm nach Ascheberg und Plön. Dieser weiträumigen Verbindungsfunktion ist es förderlich, die Landesstraße 49 aus der bisherigen Ortsdurchfahrt Nettelsee auf die - neue - Trasse der Südumfahrung zu verlegen. Die betroffenen Regionen in Mittelholstein und Plön/Ostholstein werden so besser als bisher miteinander verbunden, was zugleich verkehrslenkende und –entlastende Auswirkungen auf das Verkehrsnetz im Kieler Süden hat. Der bisherige "Versatzverkehr" über die B 404 würde - wollte man daran nach Fertigstellung der Autobahn festhalten - wie eine Lücke im Ost-/West-Verkehrsnetz zwischen Rendsburg/Nortorf und Ascheberg/Plön wirken; die Schließung einer solchen Lücke hat für die Planrechtfertigung ein erhebliches sachliches Gewicht. Die Südumfahrung nutzt die Gelegenheit des Autobahnbaus, um einen zügigeren und sicheren Verkehrsablauf in Ost-/West-Richtung zu ermöglichen. Unter dem Aspekt der Funktion der planfestgestellten Landesstraße ist die Bewertung des Beklagten, dass die Südumfahrung Nettelsee "vernünftigerweise geboten" ist, rechtlich nicht zu beanstanden.

59

2.2.1.2 Der Kläger bezweifelt den Bedarf für eine Südumfahrung Nettelsees im Zuge der Landesstraße L 49 wegen (künftig) zu geringer Verkehrsmengen. Seiner Kritik ist zuzubilligen, dass die prognostizierte quantitative Verkehrsbelastung der Landesstraße L 49 - als Autobahnzubringer bzw. als Teil einer Ost-West-Verbindung zwischen Rendsburg/Nortorf und Plön/Eutin - nicht das Ausmaß erreicht, das in anderen Fällen als Begründung für den Bau einer Ortsumgehung angeführt wird.

60

Die im Planfeststellungsverfahren vom Beklagten beauftragten Sachverständigen (IVV) haben für die Landesstraße 67 einen Verkehrsbelastung von 5.200 Kfz./24 h (durchschnittlicher täglicher Verkehr; DTV) und für die Landesstraße L 49 eine solche von 4.500 Kfz./24 h prognostiziert (IVV-Ergebnisbericht Nov. 2009, S. 28). Dabei wird ein Prognosehorizont bis 2020 berücksichtigt (S. 2); das liegt innerhalb des in der Praxis anerkannten Prognosezeitraums von 10 - 15 Jahren (Beschluss des Senats v. 28.06.2010, 1 LA 24/10, NordÖR 2010, 450 ff.). In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen erläutert, dass 2009 mehr als 4.500 Fahrzeuge gezählt worden seien. Zu 30 % sei mit "Versatzverkehr" und zu 70 % mit Verkehr zur oder von der Autobahn A 21 zu rechnen. Die erwartete Verkehrsmenge bewege sich damit in einem "unteren Bereich", ohne allerdings die Erforderlichkeit der Südumgehung in Frage zu stellen.

61

Das sehen der Kläger und der von ihm beauftragte Sachverständige (RegioConsult) anders: Sie halten die Verkehrsprognose des Beklagten bzw. des von ihm beauftragten Sachverständigen (wegen fehlerhafter Zellanbindungen, Netzfehlern im Bereich Meimersdorf, Eingabefehlern und fehlerhafter Datenfortschreibung bzw. Fahrtzeiten) für mangelhaft und (deutlich) niedrigere Verkehrsprognosen für sachgerecht: Im Zuge der Landesstraße L 49 sei eine Verkehrsmenge von 3.600 Fahrzeugen (DTV) im Bereich Nettelsee zu erwarten. Weiter sei mit einem Rückgang des Schwerlastverkehrs zu rechnen; eine Verkehrszunahme sei nicht absehbar. Dazu wurde in der mündlichen Verhandlung auf Zählergebnisse zwischen 1995 und 2005 verwiesen. Es bedürfe deshalb keiner Südumfahrung, weil (auch) nach den der Fachliteratur zu entnehmenden Angaben eine Verkehrsmenge von unter 4.000 DTV "städtebaulich integrierbar" sei.

62

Die Frage, ob ein Verkehrsweg "städtebaulich integrierbar" ist, ist in erster Linie von dem dafür zuständigen Planungsträger – hier der Gemeinde Nettelsee – zu beantworten; diese hat sich für die Südumfahrung ausgesprochen. Der Kläger ist – auch als eigentumsrechtlich Betroffener - nicht befugt, sich insoweit zum Sachwalter von Rechten zu machen, die nach der Rechtsordnung der gemeindlichen Planungshoheit zugewiesen sind (vgl. BVerwG, Urt v. 03.03.2011, 9 A 8.10, NVwZ 2011, 1256 [bei Juris Tn. 106 m. w. N.]).

63

Unabhängig davon bringt die Kritik des Klägers (bzw. von RegioConsult) an der – im Auftrag des Beklagten von der Ingenieurgruppe IVV erstellten Verkehrsprognose die daraus abgeleitete Rechtfertigung eines "vernünftigerweise gebotenen" Bedarfs für den Bau der Südumfahrung Nettelsees im Zuge der Landesstraße L 49 – im Ergebnis – nicht zu Fall. Der Kläger berücksichtigt nicht, dass Verkehrsprognosen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009, 9 A 39.07, BVerwGE 133, 239 [bei Juris Tn. 105 m. w. N.]). Die gegen einzelne Grundlagen (Verkehrszellen, Fahrzeug-, Fahrtenzahlen, Fahrtzeiten) der IVV-Prognose vorgebrachten Kritikpunkte des Klägers stellen nicht in Frage, dass die der Planung zugrundeliegende (quantitative) Verkehrsprognose insgesamt in methodisch korrekter Weise erarbeitet worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.07.1978, a.a.O., bei Juris Tn. 57; Beschl. des Senats v. 28.06.2010, a.a.O.). Ausgangspunkt der Prognose ist das "Verkehrsmodell Schleswig-Holstein", das aus einem Netzmodell, einer Verkehrsmatrix und einem Umrechnungsverfahren (zur Verteilung der Verkehre auf das Straßennetz) entsteht. Dieses Modell ist sachgerecht. Die kritisierten Verkehrs- und Bevölkerungszahlen gehen aus einer Fortschreibungsmethode hervor, die (jedenfalls) vertretbar ist. Soweit Fehler in Bezug auf einzelne Verkehrszellen am Rand des Netzmodells oder im Bereich Meimersdorf gerügt werden, sind diese, wie im Schriftsatz des Beklagten vom 17.01.2012, in der (weiteren) schriftlichen Stellungnahme der IVV (Bl. 82-85 d. A.) und in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist, für das Prognoseergebnis unerheblich. Die Frage der für verschiedene Fahrtstrecken zwischen Rendsburg, Kiel und Neumünster einerseits und Preetz, Ascheberg, Plön und Eutin andererseits anzusetzenden Fahrtzeiten betrifft typische Prognoseunsicherheiten, die auch durch sog. "Routenberechnungsprogramme" nicht ausgeräumt werden können. Wenn es zutrifft, dass das von RegioConsult eingesetzte Berechnungsprogramm "Map & Guide" – da von einem unbelasteten Straßennetz ausgehend – zu weniger verlässlichen Prognosen führt als das Programm "Venus", das IVV verwendet, spricht dies insoweit für die IVV-Prognosen. Unsicherheiten des künftigen Verkehrsflusses (einschließlich evtl. Ausweichverkehre) sowie Spitzelastsituationen können aber auch von der IVV-Prognose nur begrenzt erfasst werden. Wenn sich der Beklagte diese Prognose zu Eigen gemacht hat, hat er sich damit für eine – jedenfalls - vertretbare Vorausschau der im Prognosehorizont zu erwartenden Verkehrsentwicklung entschieden. Die Einwände des Klägers stellen - insgesamt - die Vertretbarkeit dieser Verkehrs(bedarfs)prognose nicht in Frage. Die abweichenden Einschätzungen des Klägers (bzw. von RegioConsult), die (lediglich) eine andere – mit keinem erkennbar größeren Gewissheitsgrad ausgestattete - Vorausschau der künftigen Entwicklung zum Ausdruck bringen, stellen dies nicht in Frage.

64

Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe des Gerichts, methodische Streitigkeiten von Verkehrsingenieuren zu Modellen oder Trends künftiger Verkehrsentwicklungen zu entscheiden. Der Streit der Sachverständigen um die Details der Prognose und der Bewältigung verschiedener Prognoseunsicherheiten trifft auch nicht den Kern dessen, was gerichtlich im Hinblick auf die Rechtfertigung des Vorhabens als "vernünftigerweise geboten" zu entscheiden ist. Die planerische Rechtfertigung der vorgesehenen Maßnahme ist - letztlich - nicht allein aus der Überschreitung eines von Verkehrsingenieuren angenommenen "Schwellenwerts" des erwarteten Verkehrsaufkommens abzuleiten. Wenn - wie hier - die im Prognosezeitraum zu erwartenden Verkehrsmengen (auch) nach der IVV-Prognose in einem "unteren Bereich" dessen liegen, was in anderen Fällen Veranlassung für den Bau von Ortsumgehungen gibt, führt dies nicht gleichsam automatisch zum Wegfall der Planrechtfertigung.  In der Planungspraxis von Verkehrsingenieuren mag es "Schwellenwerte" oder auch Anhaltszahlen für den Bau von Ortsumgehungen geben (vgl. Steierwald/Schoenharting/Seyboth, Entwicklung einer Methode zur Bewertung von Ortsdurchfahrten im Hinblick auf die Notwendigkeit des Baus von Umgehungsstraßen, Bonn 1986). Die rechtliche Beurteilung der Erforderlichkeit einer Umgehungsstraße durch die Planfeststellungsbehörde hängt indes nicht von "starren" Werten ab, weil in diese Beurteilung über prognostische quantitative Überlegungen hinaus auch die verschiedenen örtlichen Verhältnisse und die nach Art und "Profil" unterschiedlichen Verkehrszusammenhänge einfließen. Wie bereits oben (2.2.1) ausgeführt, ist es nicht erforderlich, dass das Vorhaben "unausweichlich" ist; das gilt auch für die quantitative Seite der Planrechtfertigung. In der Rechtsprechung finden sich - dementsprechend - Fälle, in denen die Erforderlichkeit einer Ortsumgehung auch bei einer von den Klägern als "unterhalb" der Grenze der Erforderlichkeit prognostizierten Verkehrsmenge anerkannt worden ist (vgl. z. B. VGH München, Urt. v. 28.01.2008, 8 A 05.40019, Juris [Tn. 58]: rd. 4.000 DTV , VG Trier, Urt. v. 14.03.2007, 5 K 901/06.TR, n. v.: 3.010 DTV).

65

Die im "unteren Bereich" einer quantitativen Betrachtung liegende Vorausschätzung der Verkehrsmenge auf der Südumfahrung Nettelsee vermag nach alledem – allein – die Planrechtfertigung für diese Maßnahme nicht zu beseitigen.

66

2.2.1.3 Der Beklagte leitet die Planrechtfertigung - selbständig tragend neben den auf die Netzverknüpfung und die (quantitative) Verkehrsprognose gestützten Erwägungen - auch aus Sicherheitsanforderungen und aus dem "eigenständigen" Ziel des Vorhabens ab, die Ortslage Nettelsee vom Durchgangsverkehr der Landesstraße L 49 zu entlasten (s. Ziff. 5.0.1.2 des Planfeststellungsbeschlusses [S. 130], Ziff. 2.2 des Erläuterungsberichts zur Planfeststellung [S. 8], Beiakte E, Ordner I); er vertritt die Ansicht, insoweit komme es auf eine prognostizierte Verkehrszunahme nicht an. Dem ist zuzustimmen.

67

In seinem Beschluss vom 09.11.2011 (a.a.O.) hat der Senat dazu ausgeführt:

68

» (23) ... Zu den gesetzlich erlaubten Planungszielen gehören nicht nur die Bewältigung eines "nachgewiesenen" Verkehrszuwachses, sondern auch geänderte Anforderungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und Gründe des Immissionsschutzes, insbesondere in Bezug auf Lärmwirkungen innerhalb bebauter Gebiete (vgl. BVerwG; Urt. v. 05.12.1986, 4 C 13.85, BVerwGE 75, 214 [bei Juris Tn. 91, 92], m. w. N.). Auch wenn Fehler im Netzmodell (...) und gesunkene Fahrzeugzahlen und Fahrleistungen die ... angenommene Verkehrsverlagerung ... in Frage stellen sollten, würde die Rechtfertigung der Verlegung der L 49 und ihre Anbindung an die L 67 dadurch nicht entfallen. Die Funktion der betroffenen Straßen als Landesstraßen, die zusammen mit den Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und dem weiträumigen Verkehr zu dienen bestimmt sind, erfordert es, dass diese den Erfordernissen der Verkehrssicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs entsprechend gebaut und unterhalten werden. Die gegenwärtige Verkehrssituation in der Ortsdurchfahrt von Nettelsee entspricht dem nicht. Schon diese - den Verkehrsfluss und die Sicherheit, nicht "lediglich" die Verkehrsmenge betreffenden - Aspekte rechtfertigen die Planung der Südumfahrung.

69

(24) Im Planfeststellungsbeschluss wird zur Planrechtfertigung - daneben -  auf das Ziel einer Entlastung der Ortslage Nettelsee auch im Hinblick auf verkehrsbedingte Lärm- und Schadstoffimmissionen hingewiesen (S. 130 des PFB). Das ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat entschieden, dass das Ziel einer Entlastung der innerörtlichen Situation von Verkehrsimmissionen und der damit verbundene Zugewinn an Verkehrssicherheit und Wohnqualität auch im Falle einer Verkehrsabnahme die Planung rechtfertigt (Beschl. v. 28.06.2010, a.a.O., bei Juris Tn. 16, 17). Anerkannt ist auch die Planrechtfertigung für eine Ortsumgehung, die durch eine Verlagerung des motorisierten Verkehrs - zugleich - die Attraktivität des Ortskerns, den Verkehrswert einer Straße für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer erhöht und eine Verkehrsberuhigung ermöglicht (OVG Lüneburg, Urt. v. 18.09.2003, 7 LB 2437/01, NdsVBl 2004, 127 [Juris Tn. 32]). Diese Planungsziele dienen einer "Verbesserung" der Straße i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 2 StrWG SH und entsprechen den gesetzlichen Leitvorstellungen in § 39 Abs. 1 StrWG SH i. V. m. § 5 Abs. 7 LEntwG.

70

(25) Die Einwände ... gegen den Bedarf für die festgestellte Maßnahme und die Planrechtfertigung sind damit nicht begründet. «

71

An diesen Ausführungen hält der Senat fest.

72

Sie sind bestärkt worden durch die – in der mündlichen Verhandlung erörterte – Erkenntnis, dass etwa 2/3 des Verkehrsaufkommens in der Ortslage Nettelsee auf den Durchgangsverkehr entfällt. Damit wird der durch die Südumfahrung erreichbare Entlastungseffekt unterstrichen. Sowohl die erheblichen positiven innerörtlichen Effekte als auch die Erhöhung der Verkehrssicherheit im Dorf - insbesondere - für "schwache" Verkehrsteilnehmer (Kinder, Radfahrer) sind sachlich tragfähige Gründe.

73

2.2.1.4 Eine zusammenfassende Gesamtwürdigung der Gründe der Netzverknüpfung, der erwarteten Verkehrsbewegungen und der innerörtlichen Verkehrsberuhigung führt dazu, dass die Beurteilung des Beklagten, die Ortsumgehung für Nettelsee als "vernünftigerweise geboten" anzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden ist.

74

2.2.2 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss für die Südumfahrung Nettelsee ist auch im Hinblick auf die insoweit zu beachtenden "zwingenden" natur- und artenschutzrechtlichen Anforderungen nicht zu beanstanden.

75

2.2.2.1 Wie jede rechtmäßige Planung muss auch eine Straßenplanung realisierbar sein, d. h. ihrer Umsetzung dürfen - voraussehbar - keine unüberwindlichen rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Das gilt auch für Verbotstatbestände des Natur- und Artenschutzrechts; wären diese nicht überwindbar, hätte dies die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.05.1999, 4 A 12.98, NVwZ 2000, 555; Urt. des Senats vom 22.04.2010, 1 KN 19/09, NordÖR 2011, 229 ff. - zu § 1 Abs. 3 BauGB [bei Juris Tn. 110 m. w. N.] sowie Urt. v. 01.07.2011, 1 KS 20/10 [Tn. 26]).

76

2.2.2.2 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss unterliegt in dieser Hinsicht keinen rechtlichen Beanstandungen. Der Beklagte hat im Planfeststellungsverfahren vorausschauend geprüft, ob natur- oder artenschutzrechtliche Hindernisse bei einer Realisierung des Straßenbauvorhabens in Betracht kommen und ob diese überwindbar sind oder nicht. Grundlage dieser Prüfung war eine ordnungsgemäße Bestandserfassung vorhandener Schutzgebiete und geschützter Arten im Trassenbereich, die in sachlicher und methodischer Hinsicht fachgerecht durchgeführt worden ist. Die nach dem Maßstab praktischer Vernunft erfolgte Bestandsaufnahme beruht auf umfassenden Untersuchungen vor Ort sowie auf aktuellen natur- und artenschutzfachlichen Erkenntnisquellen. Ein lückenloses Arteninventar war nicht erforderlich; die im Trassenbereich geschützten Arten und ihre Lebensräume sind – soweit ersichtlich – erfasst worden (vgl. zu den Ermittlungsanforderungen OVG Münster, Urt. v. 18.12.2009, 7 D 124/07.NE, BauR 2010, 1717 [bei Juris Tn. 84]). Der Beklagte war damit in der Lage,  die tatbestandlichen Voraussetzungen von natur- und artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen und Vermeidungsmöglichkeiten bzw. Befreiungslagen zu prüfen. Einwände gegen den methodischen Ansatz oder die Durchführung der Bestandserfassung sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

77

2.2.2.3 Eine - nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässige - erhebliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets "in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen" wird durch die planfestgestellte Maßnahme nicht bewirkt.

78

Soweit der Kläger darauf verweist, dass durch die Südumfahrung Nettelsee Flächen in Anspruch genommen würden, die zum Biotopverbundsystem Schleswig-Holstein gehörten (s. dazu S. 171, 187 f., 195 f. des PFB: zum Biotopverbundsystem "Nettelau"), ist dies sachlich - zwar - zutreffend (für den Uferbereich des Bothkamper Sees, das Depenauer Hochmoor, den Niederungsbereich der Nettelau sowie westlich der Moorlinse nördlich von Nettelsee sowie die östlich der B 404 gelegene Nettelau-Niederung; s. Beiakte O, 17 [Ordner XI], S. 13-14), doch sind damit keine Beeinträchtigungen eines Schutzgebiets im Netz "Natura 2000" verbunden. In dem - sachgerecht abgegrenzten - Untersuchungsraum zum Straßenbauvorhaben liegen weder Schutzgebiete noch Gebietsvorschläge, die nach der FFH-Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen gemeldet worden sind. Das belegt die Umweltverträglichkeitsstudie ((Beiakte O, 17 [Ordner XI], S. 189).

79

2.2.2.4 Auch artenschutzrechtliche Verbote stehen dem Vorhaben nicht entgegen. Das Vorkommen der vom Kläger (bereits) im Einwendungsschreiben vom 11.03.2010 angesprochenen Fledermäuse ist sorgfältig untersucht worden (Beiakte W / Ordner "Materialband 2", Anlage III: "Fachgutachten Fledermäuse" (Februar 2006), sowie Anlage IIIa: Fachgutachten Fledermäuse" (Nov. 2008); ferner Anlage V: "Fachgutachten zur Prüfung der artenschutzrechtlichen Belange" (Juli 2009), mit "Fazit" [S. 101]: "...kann festgestellt werden, dass unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Maßnahmen keine Verbotstatbestände nach § 42 (1) BNatSchG betroffen sind... ."). Im Planfeststellungsbeschluss (S. 178 - 185) werden die in Betracht kommenden artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote erörtert und - insbesondere - Vermeidungsmaßnahmen (§ 44 Abs. 1 und Abs. 5 BNatSchG) zum Kollisionsschutz (Leitpflanzungen und temporäre Kollisionsschutzzäune an der vorgesehenen Trasse der L 49 neu) angeordnet (s. Nebenbestimmungen 2.3.6, insbes. Ziff. (8)-(11), (15)-(17), (21), (22), (24), sowie PFB S. 183). Die Schutzmaßnahmen sind auch auf den (dafür) in Anspruch genommenen Grundflächen des Klägers vorgesehen (Bl. 08 und 09 des Lageplans zum Landschaftspflegerischen Begleitplan: Maßnahmen "M 7": Anpflanzung von Bäumen als Leitstruktur für jagende Fledermäuse; "E 4": Anbringung von Fledermausnistkästen).

80

Die angeordneten - und (unstreitig) wirksamen - Vermeidungsmaßnahmen führen dazu, dass ein Verstoß gegen einen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand ausscheidet. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat gefolgt ist (Urt. v. 01.07.2011, a.a.O. [Tn. 28 ff.]): Eine artenschutzrechtlich relevante, durch ein Straßenbauvorhaben verursachte "signifikante" Erhöhung des Kollisionsrisiko für eine Tierart liegt nicht vor, wenn die Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist. Dabei sind Maßnahmen zur Vermeidung oder Minimierung von Kollisionen, wie Überflughilfen, Leitstrukturen u.ä., in die Beurteilung einzubeziehen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274 ff.; ebenso Urt. v. 18.03.2009, 9 A 39.07, BVerwGE 133, 239 ff., Rn. 58, v. 13.05.2009, 9 A 73.07, NuR 2010, 711 ff., Rn. 86 und v. 12.08.2009, 9 A 64.07, BVerwGE 134, 308 ff., Rn. 56; krit.: Richers/Köpp, DVBl. 2011, 404 ff.).

81

Ausgehend von diesen - europarechtskonformen (vgl. Urt. des Senats v. 01.07.2011, a.a.O., Tn. 29) - Maßstäben sind Ansatzpunkte für die Annahme einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos geschützter Fledermausarten im Bereich der Südumfahrung Nettelsee nicht ersichtlich. Der Kläger greift die diesbezüglichen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss - ausdrücklich - nicht mehr an. Anlass zur weiteren Überprüfung hat sich insoweit auch aus der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht ergeben.

82

2.2.3 Die planfestgestellte Südumfahrung Nettelsee im Zuge der Landesstraße L 49 kann - schließlich - auch auf eine rechtmäßige planerische Abwägung (§ 17 S. 2 FStrG) verweisen.

83

2.2.3.1 Das Abwägungsgebot verlangt einen Ausgleich der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange untereinander und gegeneinander. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit darauf beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge einzustellen war, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Im Rahmen der Abwägung der verschiedenen Belange darf die Planfeststellungsbehörde dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969, 4 C 105.66, BVerwGE 34, 301/309, st. Rspr.).

84

Nach § 17 e Abs. 6 Satz 1 FStrG und nach § 41 Abs. 6 StrWG SH sind etwaige Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 24.11.2011, 9 A 23/10, Juris); erhebliche Mängel bei der Abwägung führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Erhebliche Abwägungsmängel in diesem Sinne sind nicht festzustellen.

85

2.2.3.2 Zwar kann der Kläger wegen seiner eigentumsrechtlichen Betroffenheit auch solche Abwägungsmängel hinsichtlich der der Südumgehung Nettelsee zuzuordnenden Abwägung geltend machen, die nicht speziell seine Belange als betroffener Grundstückseigentümer betreffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996, 4 A 27.95, NVwZ 1996, 1011/1012), doch müssen die Abwägungsmängel für die (enteignende) Inanspruchnahme seines Grundeigentums kausal sein.

86

In Bezug auf die Variantenuntersuchung wäre die Kausalität eines Abwägungsfehlers gegeben: Bei Annahme der Fehlerhaftigkeit der gewählten Variante wäre eine Inanspruchnahme von Grundeigentum des Klägers möglicherweise vermieden worden.

87

Auszugehen ist insoweit - zunächst - davon, dass der Beklagte bei der Auswahl einer von mehreren in Betracht kommenden Trassenvarianten eine planerische Gestaltungsfreiheit in Anspruch nehmen darf. Diese Freiheit ist - zum einen – durch die Leitsätze in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 39 Abs. 1 StrWG SH sowie dadurch gebunden, dass die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie bei der Variantenuntersuchung - gesondert - in die Abwägung einzustellen sind und - zum anderen - darauf orientiert, unter Berücksichtigung aller Abwägungsbelange die dem Planungsziel am besten gerecht werdende Variante zu finden.

88

Der Kläger beanstandet - im Kern -, dass die vom Beklagten vorgenommene Abwägung dem "Gewicht" der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie nicht entspreche. Das ist - schon - nicht offensichtlich (§ 17 e Abs. 6 FStrG); abgesehen davon ist es nicht von vornherein zu beanstanden, wenn die Wirtschaftlichkeit einer Variante und Verkehrsbelange (die nur dreifach benannt, aber nicht dreifach "gewogen" worden sind) im Rahmen der Abwägung den - ausdrücklich angesprochenen (in der UVS behandelten) - "nachhaltigsten Eingriffen in Natur und Landschaft" (S. 142 des PFB) vorgezogen werden. Dem "Votum" der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) kommt für die Abwägung zwar eine eigenständige, nicht aber zugleich auch eine (ohne Weiteres) ausschlaggebende Bedeutung zu. Die in der UVS zentrierte Vorabprüfung von Umweltauswirkungen des Vorhabens erfolgt unter Ausschluss anderer abwägungsbeachtlicher Belange, die sich für oder gegen die Trassierung anführen lassen. Die UVS begründet keine materielle Anreicherung der umweltrechtlichen Belange in der Abwägung (OVG Saarlouis, Urt. v. 29.04.1997, 2 M 1/96 [bei Juris Tn. 42]). Der Beklagte hat im Rahmen des § 17 S. 2 FStrG bzw. § 40 Abs. 5 S. 2 StrWG die verschiedenen Abwägungsbelange zu bewerten und zu gewichten. Wenn dies mit einem bestimmten – auch gegen das Ergebnis der UVS ausschlagenden – Ergebnis erfolgt, können dem im gerichtlichen Verfahren nicht eigene Erwägungen über eine "bessere" Planung entgegengehalten werden. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Beklagten bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann - in einer rechtlich zu beanstandenden Weise - überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Linienführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung darstellt, so dass sie sich der Planfeststellungsbehörde hätte aufdrängen müssen (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 13.08.2008, 8 C 10308/08 [bei Juris Tn. 28]). Das ist - eindeutig - noch nicht der Fall, wenn eine von der Planfeststellungsbehörde verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre (OVG Lüneburg, Urteil 20.11.2008, 7 KS 39/06 [bei Juris Tn. 59]). In einem solchen Fall wäre - zudem - kein  offensichtlicher Abwägungsmangel gegeben (§ 17 e Abs. 6 S. 1 FStrG).

89

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Abwägung zur Trassenwahl rechtlich nicht zu beanstanden:

90

Der Abwägungsentscheidung zur Variantenuntersuchung geht aus einer tragfähigen Grundlage hervor (s. S. 133/134 des PFB). In der UVS 2001 (Beiakte O; Ordner XI, S. 143 ff.) sind zunächst 7 Varianten untersucht worden. Nach der "Ergänzung und Erweiterung der UVS um weitere Varianten zur Führung des nachgeordneten Verkehrs" (Februar 2008/Juni 2009; Beiakte R; Ordner XIV) sind fünf Varianten untersucht worden. Es begegnet keinen Bedenken, wenn die Planungsbehörde im Laufe des Planungsprozesses früher verfolgte Alternativen ausscheidet und ihre Untersuchung - wie geschehen - auf eine vorläufige Auswahl "übrig" bleibender Varianten beschränkt (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 05.10.2006, 8 S 967/05, Juris Tn. 32). Die 2009 untersuchten fünf Varianten umfassen unterschiedliche Trassierungen der Landesstraßen und auch unterschiedliche Anbindungen (Anschlussstellen) an die Autobahn A 21: Untersucht wurden eine Süd- und eine Nordumfahrung Nettelsee (Varianten 2 und 3), zwei Anschlussstellen (an der L 49/K34 und an der L 67; Variante 1) und Parallelstrecken der L 67 bzw. der L 49 zur Autobahn A 21 (Varianten 4 und 5; vgl. Beiakte R; Ordner XIV, Ergänzende Untersuchungen, S. 24/25). Die Umweltverträglichkeit wird für die Variante 1 am besten beurteilt, für die - planfestgestellte - Variante 2 wird ein "erheblicher Eingriff in die bisher unbelasteten Bereiche des Schwerpunktgebiets im Schutzgebiets und Biotopverbundsystem" festgestellt (a.a.O., S. 68). Daran knüpft die Kritik des Klägers an, der meint, der Beklagte habe sich insofern für die "schlechteste Variante im Hinblick auf die Auswirkungen auf Natur und Umwelt" entschieden, weil er Aspekte der Verkehrsführung und Wirtschaftlichkeit bevorzugt habe. Dieser Einwand führt - im Ergebnis - zu keinem Abwägungsfehler.

91

Das Votum der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) für die Variante 1 und gegen die planfestgestellte Variante 2 (Südumfahrung) wird aus der Betrachtung der betroffenen Schutzgüter abgeleitet. In Bezug auf die Fledermäuse deckt sich die UVS mit dem "Fachgutachten Fledermäuse" (2006; Beiakte W; Anlage III, S. 33 und Karte), wonach die vorgesehene Südumgehung Flugwege der Fledermäuse im Bereich der alten Bahntrasse ("K 1") und des Zuflusses zum Nettelsee ("K 2") und - zugleich - die Niederungsgebiete der Nettelau kreuzt. Das Ergebnis der - sorgfältig erarbeiteten und begründeten - Umweltverträglichkeitsstudie war im Rahmen der Abwägung der untersuchten Trassenvarianten als ein Abwägungsbelang zu berücksichtigen (§ 12 UVPG).

92

Nach § 17 S. 2 FStrG mussten aber gleichzeitig auch andere private und öffentliche Belange bei der Trassenwahl abgewogen werden. Es ist nicht von vornherein fehlerhaft, wenn das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsstudie im Rahmen der Abwägung anderen Belangen nachgeordnet wird. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nur in methodischer Hinsicht ein verselbständigter Schritt bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials. In materieller Hinsicht führt sie zu keinem "erhöhten" oder - gegenüber anderen Belangen - vorrangigen Gewicht der untersuchten (Umwelt-)Schutzgüter (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996, 4 C 5.95, BVerwGE 100, 238 ff.).

93

Die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Maßnahmen zur Vermeidung von artenschutzrechtlichen Konflikten mindern die mit der Südumfahrung verbundenen Umweltkonflikte. Das Gleiche gilt für die Maßnahmen zur Minderung der Beeinträchtigungen des Biotopverbundsystems (z. B. Lebensraumverbundbauwerke, unterbrechungsfreie Führung der Gewässer und Uferzonen an der Nettelau; vgl. S. 109, 187 f. PFB).

94

Insbesondere im Hinblick auf diese (konfliktvermeidenden und -vermindernden) Maßnahmen war es dem Beklagten bei seiner Entscheidung "für" die Variante 2 (Südumfahrung) und "gegen" die (planfestgestellte) Variante 2 nicht verwehrt, anderen privaten oder öffentlichen Belangen (allein oder kumuliert) den Vorrang gegenüber den aus der Umweltverträglichkeitsstudie hervorgehenden Belangen einzuräumen, mit der Folge einer Entscheidung für die Variante 2 (Südumfahrung Nettelsee).

95

Die Abwägung berücksichtigt nicht - ausdrücklich - auch die Möglichkeit eines Ausbaus der bestehenden Ortsdurchfahrt von Nettelsee. Das ist indes unschädlich, denn die Ortsdurchfahrt führt nicht wegen ihres Ausbauzustandes zu Belastungen für die Anlieger, sondern infolge des durch den Ort fließenden Verkehrs.

96

Zu Gunsten einer Ortsumgehung durften auch die bereits im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung (s. o. 3.1.3) angesprochenen Gründe berücksichtigt werden. Diese Gründe "enthalten" öffentliche und auch private Belange (der Einwohnerinnen und Einwohner von Nettelsee), die in die Abwägung einzustellen sind. Das gilt sowohl für das Ziel einer verbesserten Verkehrssicherheit als auch für die privaten Interessen an einer Entlastung und Beruhigung der Ortsdurchfahrt von Nettelsee, was gleichermaßen zu einer Erhöhung der Wohnqualität im Dorf wie auch zu einer (deutlichen) Reduzierung von Lärm- und Schadstoffimmissionen führt (s. S. 130 des PFB).

97

Der Variante "Südumfahrung" durften im Rahmen der Abwägung auch die Vorteile einer Zusammenführung der L 49 und der L 67 an einer gemeinsamen Anschlussstelle für den Verkehrsfluss und die Zubringerfunktion zur künftigen Autobahn A 21 zugeordnet werden. Der damit beseitigte "Versatzverkehr" und die "verkehrswirksamere" Ost-West-Verbindung sind - auch unabhängig von einer (genauen) Vorausschätzung der künftigen Verkehrsmenge - sachgerechte verkehrsplanerische Abwägungsgesichtspunkte.

98

Der Beklagte hat - darüber hinaus - eine volkswirtschaftliche Betrachtung in die Abwägung einbezogen: Nach der "Wirtschaftlichkeitsuntersuchung" (vom 27.11.2009; Beiakte AI, Materialband 14, Anlage XVII) und der darin enthaltenen Kosten-/Nutzen-Betrachtung, die methodisch den "Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von Straßen" (EWS 1997) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) folgt, wird - im Ergebnis - der Variante 2 - Südumfahrung - der "vorteilhafteste Nutzen" attestiert (a.a.O., S. 16/17 [mit Rangfolge zu den anderen Varianten]). In diese Betrachtung werden auch umweltbezogene Gesichtspunkte mit einbezogen. Eine solche Vorgehensweise ist grundsätzlich nicht zu beanstanden; sie dient der Klärung des (neben der Umweltverträglichkeit zu berücksichtigenden weiteren) öffentlichen Belangs des - in Relation zu den aufzuwendenden Haushaltsmitteln - optimalen volkswirtschaftlichen Nutzens einer Trassenvariante. Die angewandten "Empfehlungen" EWS 1997 stellen im Einklang mit § 7 Abs. 2 S. 1 BHO darauf ab, bei welcher Variante der volkswirtschaftliche Nutzen im Verhältnis zum eingesetzten Aufwand am höchsten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2011, 9 A 8.10, BVerwGE 139, 150 ff. [bei Juris Tn. 99]; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 24.11.2011, 9 A 23.10, Juris).

99

Die genannten Erwägungen sind – insgesamt - geeignet, das Ergebnis der Abwägung für die planfestgestellte Südumfahrung und ihre Trassierung zu tragen.

100

2.2.3.4 Im Zusammenhang mit der Südumfahrung ergeben sich keine – neuen - Abwägungsgesichtspunkt zu den Lärmschutzbelangen des Klägers. Die Ausführungen in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses dazu (S. 118 f.) sind korrekt. Auf die Ausführungen zu oben 2.1.1 kann verwiesen werden.

101

2.2.3.4 Die Abwägung in Bezug auf die Inanspruchnahme von Eigentumsflächen des Klägers für Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen (s. o. 2.2.2.4) greift der Kläger nicht an; Abwägungsfehler i. S. d. § 17 e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind insoweit nicht ersichtlich. Die Belastung des Privateigentums ist in diesem Zusammenhang gering.

102

2.2.3.5 Die Abwägung berücksichtigt auch die Inanspruchnahme und "Zerschneidung" landwirtschaftlicher Flächen des Klägers bzw. von Jagdgebieten durch die Trasse der Südumfahrung Nettelsee.

103

Die Abwägung ist insoweit von zutreffenden tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen (s. S. 157 f. des PFB). Aus dem Grunderwerbsplan (Beiakte N / Ordner X; Gl.-Nr. 14.1 Blatt Nr. 9) ergibt sich, dass das Flurstück … (Ackerland) durch die Trasse der Südumgehung im nördlichen Bereich durchschnitten wird, so dass zwischen der Trasse und der Nordgrenze des Restflurstücks an der alten Bahntrasse eine Dreiecksfläche übrig bleibt. Über eine Entschädigung wegen der evtl. Bewirtschaftungserschwernisse infolge der "Zerschneidung" der Fläche wird außerhalb des Planfeststellungsverfahrens entschieden (s. Ziff. 3 des PFB [S. 23]).

104

Der Kläger hat in Bezug auf seine Flächen, die von der Südumgehung durchschnitten werden, nur geltend gemacht, dass infolge der Zerschneidung des Flurstücks … der Flur … ("Hofkoppel") einer erhebliche Wertminderung der Restflächen wie auch der Hofflächen zu erwarten sei. Der Beklagte hat diese Gesichtspunkte erkannt und im Rahmen der Abwägung berücksichtigt. Der Flächenverlust für den (verpachteten) landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers bleibt – in Relation zur verbleibenden Betriebsfläche – gering; eine Existenzgefährdung ginge davon auch dann nicht aus, wenn der Betrieb des Klägers (von ihm) noch bewirtschaftet würde. Der - verpachtete - Betrieb wird unverändert erschlossen und bleibt ebenso bewirtschaftungsfähig, wie dies für die verbliebenen landwirtschaftlichen Nutzflächen der Fall ist. Wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes vorliegen, darf die Planfeststellungsbehörde sich damit begnügen, den Eigentümer wegen der beabsichtigten Flächeninanspruchnahme auf das folgende Enteignungsverfahren zu verweisen. Der Kläger hat i. ü. nicht einmal Anhaltspunkte für die Annahme einer Existenzgefährdung dargelegt. Sein Vorbringen bleibt in dieser Hinsicht in allgemeinen Bewertungen und keiner weiteren Überprüfung zugänglichen Behauptungen stecken.

105

Auch hinsichtlich der (vom Kläger nicht konkret benannten) "Jagdgebiete" liegen keine substantiierten Anhaltpunkte für gravierende Verluste vor. Sowohl für die Eigentumsbeeinträchtigung als auch (ggf.) für das Jagdrecht (sofern dieses dem Kläger persönlich zusteht) ist ein Ausgleich vorgesehen. Damit wird eine zur objektiven Gewichtigkeit der betroffenen privaten Belange angemessene und verhältnismäßige Reglung erreicht. Abwägungsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

106

2.2.3.6 Unter Aspekten einer Wertminderung lässt sich ebenfalls kein Abwägungsfehler des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses begründen. Die Ausführungen dazu (S. 155 f. des PFB) sind durchweg rechtlich zutreffend.

107

Hinzuweisen ist insofern auf die nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge eine Grundstückswertminderung keinen eigenständigen Abwägungsposten darstellt (BVerwG, Beschl. v. 09.02.1995, 4 NB 17.94, BRS 57 Nr. 42). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung.

108

2.2.4 Die Einwände des Klägers gegen die planerische Abwägung zur Südumfahrung Nettelsee im Zuge der Landesstraße L 49 sind nach alledem nicht begründet.

109

Im Gesamtergebnis finden sich weder Argumente des Klägers noch sonstige aus den Vorgängen des Planfeststellungsverfahrens bzw. den dazu erstellten Gutachten und Studien ersichtliche Ansatzpunkte für relevante Abwägungsfehler des Beklagten. Im Rahmen der Abwägung haben die öffentlichen Belange, die aus der Netzverknüpfung der Landesstraßen L 49 und L 67 und aus den mit der Ortsumgehung Nettelsee verbundenen Vorteilen für die Verkehrssicherheit und den Schutz der Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Nettelsee vor Verkehrsimmissionen resultieren, den Ausschlag gegeben gegenüber anderen öffentliche Belangen (Umweltverträglichkeit) und privaten Interessen (des Klägers) am unveränderten Erhalt des (seines) Grundeigentums. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.

110

Selbst wenn der Beklagte die Belange des Klägers nicht in jeder Hinsicht zutreffend und abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hätte (was nach den bisherigen Ausführungen auszuschließen ist), würde dies nach § 17 e Abs. 6 S. 1 FStrG jedenfalls nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Im Hinblick auf die – rechtlich nicht zu beanstandenden - Belange, die für die Südumfahrung Nettelsee in die Abwägung eingestellt worden sind, kann ausgeschlossen werden, dass sich die Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf eine andere Gewichtung der privaten Belange des Klägers zu einer anderen Entscheidung veranlasst gesehen hätte.

111

3. Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

112

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

113

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.