Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 22. Dez. 2006 - 1 LA 125/06
Gericht
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 6. Kammer - vom 30. November 2006 wird abgelehnt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
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Der auf § 78 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 AsylVfG gestützte Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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1) Die aufgeworfene, als grundsatzbedeutsam erachtete Frage (S. 2 des Zulassungsantrags), „ob die Gefährdungslage für irakische Rückkehrer aufgrund der angespannten Sicherheitslage im Irak eine individuelle Bedrohung ist oder als allgemeine Gefahr i. S. von Ziffer 26 der RL [scil.: der Erwägungsgründe zur Qualifikationsrichtlinie 2004/83 EG] zu beurteilen ist“, führt nicht zur Berufungszulassung.
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a) Die Formulierung der aufgeworfenen Frage lässt schon keine verallgemeinerungsfähige Klärung erwarten, weil sie auf eine (nicht näher konkretisierte, derzeit angenommene) „angespannte“ Lage im Irak und auf eine individuelle, also den Einzelfall des Klägers betreffende „Bedrohung“ abstellt; soweit sie „allgemeine Gefahren“ anspricht, ist unklar, in welcher Hinsicht hier eine Klärung erfolgen soll.
- 4
Der Zusammenhang der aufgeworfenen Frage zu § 60 Abs. 7 AufenthG i. V. m. Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG hätte eine - zumindest eingrenzbare - Darlegung dazu erfordert, in welcher Hinsicht die Frage einer „ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“ (Art. 15 lit. C der Richtlinie) klärungsbedürftig und -fähig ist.
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b) Unabhängig davon wäre die aufgeworfene Frage im zugelassenen Verfahren nicht klärungsbedürftig. Nach dem derzeitigen Sachstand könnte der Kläger im zugelassenen Verfahren keine Entscheidung des Senats nach § 60 Abs. 7 AufenthG (unter Berücksichtigung des Art. 15 lit. c der Richtlinie 2004/83/EG) beanspruchen.
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Dem Kläger wird - derzeit - ein dem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gleichwertiger Schutz vor einer Abschiebung durch den Erlass des Innenministeriums Schleswig-Holstein vom 30. Juni 2005 (IV 605-212-29.233.20-7) vermittelt. Damit werden die Beschlüsse der Innenministerkonferenzen (zuletzt) vom 19. November 2004 (zu TOP 3, Ziff. 2) und vom 24. Juni 2005 umgesetzt; Rückführungen in den Irak erfolgen derzeit nicht. Damit bedarf es dazu keiner gerichtlichen Entscheidung, weil der Kläger aufgrund der genannten Erlasse bereits in einer Weise vor einer Rückführung in den Irak geschützt ist, die dem Schutz infolge einer gerichtlichen Entscheidung zu § 60 Abs. 7 AufenthG i. V. m. Art. 15 lit. c der Richtlinie 2004/83/EG entspricht (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 23.08.2006, 1 B 60.06 u. a. [Juris]; BVerwG, Beschluss v. 28.08.2003, 1 B 192.03, Buchholz 402.240, § 54 AuslG Nr. 7; Urt. v. 12.07.2001, 1 C 2.01 , BVerwGE 114, 379 ff.; Beschl. des Senats v. 02.08.2006, 1 LB 122/05 [S. 13, 15 d. Abdr.]; VGH Mannheim, Urt. v. 04.05.2006, A 2 S 1046/05, DVBl. 2006, 1059 [Ls.]; VGH München, Urt. v. 03.03.2005, 23 B 04.30631, EzAR-NF 051 Nr. 5).
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2) Für die weitere, für grundsatzbedeutsam erachtete Frage, ob „es für das Vorliegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung i. S. v. Art. 15 c RL ausreicht, wenn die Risiken unmittelbar drohen und nicht eine nur entfernt liegende Möglichkeit darstellen oder ob die Verletzung der genannten Rechtsgüter gleichsam unausweichlich sein muss“, gilt das zu 1) Ausgeführte entsprechend. Auch diese Frage wäre nur im Zusammenhang mit einer Entscheidung zu § 60 Abs. 7 AufenthG relevant, der es aber im Hinblick auf die fortbestehende Erlasslage nicht bedarf. Anzumerken ist, dass das (auch) nach Art. 15 lit. c der Richtlinie 2004/83/EG erforderliche Kriterium einer „individuellen“ Bedrohung die Berücksichtigung allgemeiner Bürgerkriegs- oder Kriegsgefahren im Rahmen der Schutzgewährung nicht eröffnet; der rechtliche Maßstab hat sich insoweit gegenüber der bisherigen Rechtslage nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht verschoben (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.1998, 9 C 4.98, BVerwGE 108, 77; OVG Münster, Urt. v. 05.04.2006, 20 A 5161/04.A [Juris]).
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3) Die geltend gemachte Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) liegt nicht vor. Für den Umstand, dass das Verwaltungsgericht zu einer inländischen Fluchtalternative im Irak keine Ausführungen gemacht hat, lässt sich den Urteilsgründen kein tragender „verallgemeinerungsfähiger Grundsatz“ entnehmen. Aus den Urteilsgründen ist nicht einmal zu entnehmen, ob dieser „Prüfungspunkt“ überhaupt gesehen worden ist. Damit fehlt eine Grundlage für eine Divergenz.
- 9
4) Aufgrund der Zulassungsbeschränkung in § 78 Abs. 3 AsylVfG, die bzgl. der dargelegten Gründe (s. o.) ein Berufungsverfahren nicht eröffnet, besteht keine Möglichkeit, die in Satz 1 des erstinstanzlichen Tenors ausgesprochene Verpflichtung zur Abänderung des Bescheides vom 09.11.2005 im Hinblick auf ein „Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG“ rechtlich zu überprüfen.
- 10
a) Anzumerken bleibt, dass die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ein wissenschaftlichen Mindeststandards entsprechendes Sachverständigengutachten erfordert (BVerwG, Beschl. v. 24.05.2006, 1 B 118.05). In den erstinstanzlich verwerteten „Gutachten“ des Dr. S. ist nur von einem „Verdacht“ auf PTBS (20.11.2006, S. 1) bzw. davon die Rede, dass bestimmte Symptome „am ehesten“ auf eine PTBS zurückzuführen seien (05.12.2005, S. 1). Das genügt bei weitem nicht für die Feststellung einer PTBS, wie sie in den Ausführungen auf S. 13-14 des erstinstanzlichen Urteils angenommen wird; ausgehend von der von Dr. S. benutzten Formulierung, es sei mit „appellativen selbstgefährdenden Fehlhandlungen“ (20.11.2006, S. 2) zu rechnen, ist eine dem § 60 Abs. 7 AufenthG zuzuordnende existenzielle Extremgefahr nicht zu erkennen.
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b) Zur Beurteilung der „angespannten Sicherheitslage“ im Irak hat der Senat in seinem Beschluss vom 02.08.2006 (1 LB 122/05) ausgeführt:
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„2.2.2 Ein Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG besteht ebenfalls nicht (vgl. dazu bereits Beschl. des Senats v. 12.07.2006, 1 LB 104/05).
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2.2.2.1 Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger - im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - bei einer Rückkehr in den Irak landesweit einer individuellen und erheblichen konkrete Gefahr für Leib, Leben oder für Freiheit ausgesetzt wäre, besteht nicht. Eine bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in diese Rechtsgüter zu werden, genügt für die Annahme einer solchen Gefahr nicht (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, a.a.O.). Der Kläger wäre als Rückkehrer wie andere Irakerinnen und Iraker einer - allgemeinen - Gefahr durch Anschläge terroristischer Banden oder durch Kriminelle ausgesetzt. Weder die angespannte Sicherheitslage noch örtliche Unzulänglichkeiten in der Versorgungslage im Irak begründen einen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG. Soweit daraus Gefährdungen erwachsen, können diese grundsätzlich nur bei einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 AufenthG berücksichtigt werden (vgl. die sog. Sperrklausel des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ).
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2.2.2.2 Der Rückgriff auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wäre - in verfassungskonformer Anwendung der Vorschrift - nur dann nicht gesperrt, wenn eine derart extreme Gefahrenlage bestünde, dass der Ausländer bei einer Rückkehr gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, a.a.O.), m. a. W., wenn eine mit dem Verfassungsrecht (Art. 1 und 2 GG) unvereinbare Abschiebung drohte.
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Eine (derart) extreme Gefahrenlage, die den Kläger individuell und konkret bedroht und deshalb im vorliegenden Fall eine Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG begründen könnte, liegt nicht vor. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Sicherheitslage in Teilen des Iraks nach wie vor sehr instabil ist und auch die Nahrungs-, Trinkwasser- und Stromversorgung in einigen Regionen zeitweise unzureichend ist (vgl. Lagebericht des Ausw. Amtes v. 24.11.2005, zu V. 3). Andererseits sind bewaffnete Anschläge, Auseinandersetzungen oder Konflikte bzw. ausgedehnte Kampfhandlungen seit geraumer Zeit schwerpunktmäßig in bestimmten Regionen (insb. Im Zentralirak) zu verzeichnen. Terroristischen Anschläge sind v. a. die Menschen in der irakischen Zentralregion ausgesetzt, wobei vor allem Polizisten, Soldaten, Intellektuelle, Ärzte und Politiker (auch des früheren Baath-Regimes) gefährdet sind. Im Hinblick auf die Gesamtbevölkerung des Irak von ca. 24 Mio. Menschen ist eine beachtlich wahrscheinliche individuelle Extremgefährdung des Klägers aus dieser - zu beklagenden - Situation, deren Verbesserung politisches Ziel sowohl der irakischen Regierung als auch der internationalen Militärallianz ist (vgl. SZ v. 04.05.2006), nicht abzuleiten. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Versorgungslage, die die irakische Regierung durch die Verteilung von Nahrungsmitteln abzumildern sucht (AA-Lagebericht, a.a.O.). Abschiebungsschutz analog § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG kann der 38-jährige Kläger nach alledem nicht beanspruchen; in seinem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass er als Rückkehrer in den Irak gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde (…).“
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An dieser Beurteilung ist festzuhalten; sie wird von anderen Oberverwaltungsgerichten geteilt (vgl. OVG Saarlouis, Urt. v. 29.09.2006, 3 R 6/06 [S. 84 - 98 der Gründe], m. w. N.).
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c) Das erstinstanzliche Urteil ist durch einen (entsprechend) geänderten Bescheid umzusetzen. Ob dem Kläger (nach Ende des „Abschiebestopps“ aufgrund des o. g. Erlasses des Innenministers vom 30.06.2005) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, hängt nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG davon ab, ob ihm die Ausreise nach den dann maßgeblichen Umständen möglich und zumutbar ist. Dazu wird zu prüfen sein, ob die geltend gemachten gesundheitlichen Gründe bestehen bzw. fortbestehen.
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5) Weitere Berufungszulassungsgründe hat die Beklagte nicht dargelegt.
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Der Zulassungsantrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 83 b AsylVfG, § 154 Abs. 1VwGO abzulehnen.
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
- 21
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.