Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 29. Mai 2017 - 3 L 184/15

bei uns veröffentlicht am29.05.2017

Tenor

1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 12. März 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Zulassungsverfahren sind nicht erstattungsfähig.

2. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Geboten ist eine summarische Prüfung des Zulassungsvorbringens auf die schlüssige Infragestellung der Auffassung des Verwaltungsgerichts. Ernstliche Zweifel sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 21.01.2009 -, 1 BvR 2524/06). Dabei hat das Zulassungsverfahren nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG 2. Kammer 1. Senat, B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163).

2

Derartige Zweifel werden in der Zulassungsschrift nicht aufgezeigt.

3

1. Die Bedenken, die der Kläger gegen die Denkmalbereichsverordnung „Östliche Altstadt“ geltend macht, rechtfertigen keine ernstlichen Zweifel.

4

a) Die zitierten Entscheidungen des VG Schwerin 2 A 259/10 und 2 A 147/08 betreffen nicht die hier streitige Verordnung. Aus ihnen können daher keine Zweifel an der Wirksamkeit der Verordnung hergeleitet werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in dem Urteil vom 03.12.2009 – 2 A147/08 – die dort getroffene Denkmalschutzverordnung wegen Verletzung des Zitiertgebots für unwirksam gehalten. Den Verstoß sah es darin, dass die Verordnung lediglich das Denkmalschutzgesetz ohne Nennung der Ermächtigungsvorschrift im Einzelnen zitiert hatte. Die hier in Rede stehende Verordnung “Östliche Altstadt“ nennt demgegenüber ausdrücklich § 5 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes als Ermächtigungsgrundlage.

5

b) Die Bedenken, die der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit der Denkmalbereichsverordnung „Östliche Altstadt“ von 2011 in der Zulassungsschrift geltend macht, greifen nicht durch.

6

Die Ausweisung der Denkmalbereiche ergeht gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 Denkmalschutzgesetz (DSchG M-V) i.d.F. der Bekanntmachung vom 06.01.1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 12), zul. geändert durch Gesetz vom 12.07.2010 (GVOBl. M-V S. 383, 392) nach Anhörung der Denkmalfachbehörde und im Einvernehmen mit den Gemeinden durch Rechtsverordnung der unteren Denkmalschutzbehörde; die Denkmalbereiche sind von der unteren Denkmalschutzbehörde ortsüblich bekannt zu machen. Gem. § 3 Satz 1 Nr. 2 DSchG M-V sind Denkmalschutzbehörden die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte als untere Denkmalschutzbehörden. Satz 2 regelt ergänzend, dass, sofern nichts anderes bestimmt ist, die unteren Denkmalschutzbehörden für den Vollzug dieses Gesetzes zuständig sind.

7

Danach erlässt der Beklagte eine Denkmalschutzverordnung als Rechtsverordnung. Das Einvernehmen des Beklagten ist hier nicht erforderlich. Die in § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 DSchG M-V vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient der Sicherung der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie. Dieses Schutzes bedarf die mit der unteren Denkmalschutzbehörde identische Gemeinde nicht; denn sie kann den Zweck des Einvernehmens selbst erfüllen. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 DSchG M-V ist auf das Verhältnis der Gemeinde zu der unteren Denkmalschutzbehörde eines anderen Rechtsträgers zugeschnitten. Die Gefahr, dass der zuständige Rechtsträger über den Kopf der Gemeinde hinweg eine Denkmalschutzverordnung erlässt, besteht nicht. Zwar ist vorstellbar, dass dann, wenn innerhalb der Gemeinde für den Erlass der Denkmalschutzverordnung und die Erklärung des Einvernehmens verschiedene Organe (Behörden) zuständig sind, bei Wegfall des förmlichen Einvernehmens eine Koordination unterbleibt und die Planungshoheit dadurch zu kurz kommt. Es ist aber Sache der Gemeinde selbst oder des Landesgesetzgebers, durch kommunalverfassungsrechtliche Regelungen dafür zu sorgen, dass die Belange der Planungshoheit hinreichend gewahrt bleiben (vgl. zu § 36 BauGB BVerwG, B. v. 17.01.2013 - 8 B 50/12 – juris). Solche Bestimmungen bestehen hier nicht.

8

Die Erforderlichkeit einer Beschlussfassung der Stadtvertretung des Beklagten ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht nach § 5 Abs. 3 KVerf M-V, schon weil es sich nicht um eine Satzung handelt. Eine inhaltlich wichtige Rechtsverordnung wird hierdurch nicht zu einer Satzung. Es kommt allein auf die Form der Rechtsvorschrift an. Im Übrigen wäre § 22 Abs. 3 Nr. 6 KVerf M-V einschlägig.

9

2. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Denkmalbereichsverordnung von 2011 abgestellt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger einen Bauvorbescheid bereits vor deren Inkrafttreten beantragt und erhalten hatte. Die Denkmalbereichsverordnung von 2011 musste nur dann außer Betracht bleiben, wenn der Bauvorbescheid die Vereinbarkeit des Vorhabens mit denkmalschutzrechtlichen Vorgaben verbindlich festgestellt hätte (vgl. § 75 LBauO M-V). Dafür trägt der Kläger nichts vor. Der Bauvorbescheid vom 28.02.2007 behandelt ausweislich des Inhalts der Verwaltungsvorgänge ausschließlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und die Frage einer Genehmigung nach § 145 BauGB. Für den Rechtsstreit über die Erteilung der Baugenehmigung kommt es daher im Rahmen der hier gebotenen und auch erhobenen Verpflichtungsklage hinsichtlich der nicht im Bauvorbescheid verbindlich geklärten Fragen des Denkmalschutzes auf den Zeitpunkt der letztlichen mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts an (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 217 m.w.N.).

10

Etwas anderes folgt auch nicht aus der zitierten Entscheidung des OVG Lüneburg (U. v 23.06.2009 - 12 LC 136/07 - NVwZ-RR 2009, 866). Sie befasst sich mit einer Baunachbarklage und den sich hier ergebenden Grundsätzen des Zeitpunktes der maßgebenden Sach- und Rechtslage. Für die hier zu beurteilende Fallgestaltung gibt diese Entscheidung nichts her.

11

Der Kläger steht damit entgegen seiner Einschätzung auch nicht rechtsschutzlos. Zum einen kann er dann, wenn aufgrund einer derartigen Rechtsänderung sein Vorhaben nicht mehr genehmigungsfähig sein sollte, unter Darlegung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses die Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Zum anderen stünde ihm dann, wenn allein aufgrund einer unangemessenen Verzögerung der behördlichen Entscheidung der ursprünglich gegebene Genehmigungsanspruch entfallen sein sollte, unter den weiteren Voraussetzungen des § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ein Schadensersatzanspruch zu. Es verbleibt aber bei dem Grundsatz, dass das Verwaltungsgericht die Behörde nicht (mehr) zu einem behördlichen Handeln verpflichten kann, dass der nunmehr geltenden Rechtslage nicht entspricht.

12

3. Der Kläger macht des Weiteren geltend, die Denkmalbereichsverordnung sei unwirksam, weil sie viel zu weitgehend sei, indem jedes Gebäude in den Denkmalbereich unabhängig von seiner eigenen Denkmalwürdigkeit einem Einzeldenkmal gleichgestellt werde. Dieser Einwand greift nicht durch. Es ist nachgerade Ziel und Inhalt einer Denkmalbereichsverordnung, dass auch bauliche Anlagen umfasst werden, die für sich genommen kein Denkmal darstellen. Nach § 2 Abs. 3 S. 1 DSchG M-V sind nämlich Denkmalbereiche Gruppen baulicher Anlagen, die aus den in Absatz 1 genannten Gründen erhaltenswert sind, unabhängig davon, ob die einzelnen baulichen Anlagen für sich Baudenkmale sind. Satz 3 der Vorschrift bestimmt ergänzend, dass mit dem Denkmalbereich das äußere Erscheinungsbild geschützt wird.

13

Aus der Unwirksamkeit einer Vorschrift der Gestaltungssatzung für diesen Bereich kann der Kläger ebenfalls nichts für sich herleiten. Die Gestaltungssatzung hat einen anderen Regelungsgegenstand, wie sich aus deren Ermächtigungsgrundlage in § 86 Abs. 1 Nr. 1 LBauO M-V ergibt. Im Übrigen betrifft die zitierte Entscheidung des VG Schwerin (U. v. 22.04.2010 - 2 A 38/08) die Gestaltung der Dachlandschaft des Gebiets, mithin einen völlig anderen Gegenstand.

14

Für die Funktionslosigkeit der Denkmalbereichsverordnung mit der Folge ihres Außerkrafttretens hat der Kläger nichts dargelegt. Sie tritt ein, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Stand erreicht haben, der eine Verwirklichung des mit der Regelung verfolgten Ziels auf Dauer ausschließt, und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. BVerwG, Urt.v.03.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71, 76). Auch hier bezieht sich der Kläger lediglich auf die Ausführungen zur Gestaltungssatzung, nicht aber auf die Ziele, die die Denkmalbereichsverordnung sichern soll.

15

4. Auch die Einwendungen des Klägers gegen die denkmalfachliche Beurteilung im Einzelnen begründen keine ernstlichen Zweifel.

16

Maßgeblich für die denkmalfachliche Beurteilung ist das Urteil eines sachverständigen Betrachters, wobei das entsprechende Fachwissen durch das Landesamt für Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde vermittelt wird (OVG Greifswald, U. v. 15.07.2015 - 3 L 62/10, juris). Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht allerdings nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, vielmehr verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage-und Überzeugungskraft zu überprüfen. Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf. Freilich muss es das begründen. Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nicht stets in einer von den Parteien und vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise überzeugend nachweisen, sondern nur dann, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (BVerwG, B. v. 14.06.2012 - 4 B 22/12 - BauR 2012, 1788). So ist das Verwaltungsgericht hier verfahren.

17

Trifft das Verwaltungsgericht auf Grund einer Würdigung des Sachverhalts unter Einschaltung externen Sachverstandes konkrete Feststellungen, so ist die schlichte Behauptung im Berufungszulassungsverfahren, die Feststellungen träfen nicht zu, nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu begründen. Der Zulassungsantragsteller muss sich vielmehr konkret mit der Beweisaufnahme auseinandersetzen und, soweit er die materielle Beweislast trägt, erläutern, wie der Beweis für seine Behauptungen erbracht werden soll (vgl. OVG Schleswig, B. v. 16.11.2001 - 1 L 225/01 - SchlHA 2002, 98 - zit. nach juris). Es bestehen regelmäßig keine solche ernstlichen Zweifel, wenn das Verwaltungsgericht von zutreffenden rechtlichen Vorgaben ausgegangen ist und seine Würdigung der Tatsachen in sich logisch ist; die nur abstrakte Möglichkeit, dass das Oberverwaltungsgericht die Sachlage nach einer eigenen, erneuten Beweisaufnahme anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgericht, reicht für den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel grundsätzlich nicht aus (OVG Bautzen, B. v. 26.01.1999 - 1 S 287/98 -, SächsVBl. 1999, 134; OVG Magdeburg, B. v. 04.01.2000 -, A 2 S 158/98 - zit. nach juris; zu alledem OVG Greifswald, B. v. 04.04.2012 -, 3 L 39/11).

18

Daran gemessen begründen die Einwendungen des Klägers keine ernstlichen Zweifel. Soweit er in der Zulassungsschrift pauschal auf seine Ausführungen in dem Schriftsatz vom 22.02.2013 verweist, fehlt es schon an der notwendigen Darlegung. Das Begründungserfordernis in § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO dient insbesondere der Entlastung des Rechtsmittelgerichts. Diese Entlastungswirkung wäre bei pauschaler Verweisung auf vorinstanzliches Vorbringen nicht zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1980 - 8 B 54.80 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 187, zit. nach juris). Daher genügt auch nicht die bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens (OVG Münster, B. v. 31.07.1998 - 10 A 1329/98 – NVwZ 1999, 202).

19

Konkret legt der Kläger lediglich dar, das Gebäude „A. 5“ habe keinen Sockel. Ob ein einzelnes in Bezug genommenes Gebäude einen solchen Sockel aufweist, stellt die gebietsbezogene Betrachtung nicht infrage. Insoweit stellt das Verwaltungsgericht auf das im Rahmen des Ortstermins am 5.9.2012 gefertigte Foto ab, auf dem zu erkennen sei, dass vor allem die Gebäude in der B. Straße einen Sockel aufwiesen. Diese Tatsachenfeststellung stellt der Kläger in der Zulassungsschrift nicht infrage. Deutlich wird daraus auch, dass hinsichtlich der Sockel das Verwaltungsgericht in erster Linie auf die B. Straße abstellt, nicht auf die von dem Kläger genannte Straße „A.“.

20

Im Übrigen geht der Kläger am Kern der Argumentation sowohl der Beigeladenen als auch des Verwaltungsgerichts vorbei. Tragend ist, dass die maßgebende Umgebung Gebäude aufweist, die zwar zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind – insoweit kommt den Ausführungen in dem Bezug genommen im Schriftsatz vom 20.2.2013 hinsichtlich der unterschiedlichen Bauzeitpunkte keine wesentliche Bedeutung zu –, die aber eine Gestalt aufwiesen, die auf Läden mit ein oder zwei Schaufenstern als einheitsstiftendes Element hinweisen. Indem davon gesprochen wird, dass entweder beim Neubau von Gebäuden Läden geplant oder nachträglich in die vorhandene Substanz eingefügt worden sind, ist deutlich gemacht, dass es in erster Linie auf das Erscheinungsbild ankommt. Demgemäß zitiert das Verwaltungsgericht die Stellungnahme der Beigeladenen (Urteilsabdruck Seite 13), in dem auf § 3 Abs. 2 a) der Denkmalbereichsverordnung Bezug genommen wird, wonach der Schutzgegenstand die durch die (Laden–)Nutzung geprägte Gestaltung ist.

21


5. Da das Verwaltungsgericht seine Entscheidung allein auf die Denkmalschutzverordnung „Östliche Altstadt“ gestützt hat und die Bedenken, die der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung in der Zulassungsschrift geltend macht, nicht durchgreifen, kommt es nicht auf die Rechtswirksamkeit früherer denkmalrechtlicher Regelungen an.

22

II. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG 3. Kammer 1. Senat, B. v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06). Die Zulassungsschrift - gegebenenfalls in Verbindung mit einem weiteren innerhalb der Begründungsfrist eingegangenen Schriftsatz - muss somit eine klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwerfen, von der zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Berufungsverfahren dazu dienen kann, diese Sach- oder Rechtsfrage in über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung zu klären und dadurch die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die angesprochene Frage muss zudem entscheidungserheblich sein. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

23

Nach diesen Grundsätzen kommt “der Frage der Nichtigkeit der Denkmalbereichsverordnung“ keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die vom Kläger hier aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich nicht bzw. sind eindeutig zu beantworten.

24

III. Gemäß gem. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung u.a. des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des erkennenden Gerichts - Abweichungen von der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte sind unerheblich - abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Für den Zulassungsgrund der Divergenz muss dargelegt werden, dass ein vom Verwaltungsgericht gebildeter, tragender abstrakter, inhaltlich bestimmter Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet worden ist oder sich doch aus der Entscheidung eindeutig in der Weise ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat. Dieser Rechtssatz muss von einem Rechtssatz abweichen, der aus einer benannten konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist. Eine - angeblich - nur unrichtige Anwendung eines in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und vom Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den Einzelfall stellt keine Abweichung dar. Die Divergenzrüge kann insbesondere nicht gegen eine reine Tatsachenwürdigung im Einzelfall erhoben werden (vgl. OVG Greifswald, B. v. 21.03.2001 - 1 M 115/00 -; so auch im Ergebnis - allerdings unter entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO – OVG Greifswald, B. v. 26.10.1999 - 2 O 379/98 -, NordÖR 2000, 154 m.w.N.).

25

Danach ist eine Divergenz nicht dargelegt. Eine Bezugnahme auf Entscheidungen eines anderen Oberverwaltungsgerichts, hier des OVG Lüneburg, scheidet von vornherein aus.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

27

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

28

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

29

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 29. Mai 2017 - 3 L 184/15

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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 11.11.2009 (Az.: …) für den Neubau einer Terrassenüberdachung auf ihrem Grundstück in A-Stadt, Flurstück 651, Flur 1, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2010 (Az.: ….) und der Bescheid über Abweichungen vom 11.11.2009 (Az.: …..) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2010 (Az.: …) werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

2. Die Zuziehung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nebst positiver Abweichungsentscheidung für den Bau einer Terrassenüberdachung.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstücke 650/1 und 650/2 der Flur 1 der Gemarkung … in der A-Straße. Südlich schließt sich das Grundstück der Beigeladenen in der …, Flurstück 651 der Flur 1 der Gemarkung …, an. Beide Grundstücke sind jeweils entlang der nördlichen Grundstücksgrenze ohne seitlichen Grenzabstand mit einem Hauptgebäude bebaut. Das Hauptgebäude der Beigeladenen weist eine etwas größere Tiefe als das Gebäude der Klägerin auf. In den jeweils rückwärtigen Grundstücksbereichen zur westlichen Grundstücksgrenze befinden sich kleinere Nebengebäude. Zwischen der jeweils westlichen Grundstücksgrenze und dem Abschluss des Hauptgebäudes befinden sich auf beiden Grundstücken überwiegend unbebaute Flächen. Zur jeweils südlichen Grundstücksgrenze weisen die Grundstücke folgende Abstände auf: das Gebäude der Beigeladenen einen Abstand von ca. 1 m im vorderen Bereich und jedenfalls nicht mehr als 1,90 m im hinteren Bereich, das Gebäude der Klägerin von 3 m im vorderen Bereich und ca. 2,60 m im hinteren Gebäudebereich. An das hintere Hauptgebäude jeweils der Klägerin und der Beigeladenen schließt sich eine Terrasse an. Auf der nördlichen Grundstücksgrenze der Klägerin hin zum Grundstück der Beigeladenen steht eine durchgehende ca. 1,90 m hohe Mauer. Zur Verdeutlichung der Bebauung und Grundstückseigenschaften wird auf den Lageplan vom 13.10.2009 als Anlage zur Baugenehmigung vom 11.11.2009 auf Blatt 3 der Behördenakten verwiesen.

3

Am 13.08.2009 beantragten die Beigeladenen die Errichtung einer Terrassenüberdachung. Die Grundfläche der Terrasse beträgt gemäß dem Antrag 21,30 m². Die Seite zur Grundstücksgrenze der Klägerin hin misst 4,46 m. Die Überdachung soll nach den Bauantragsunterlagen 2,10 m am westlichen Ende und 2,85 m am östlichen Ende hoch sein. Das Glasdach wird von einer Aluminiumkonstruktion getragen. Diese weist zwei Stützen im vorderen Bereich und Querstreben im Dachbereich auf. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die dem Bauantrag beigefügten Ansichten vom 12.08.2009 auf Blatt 11 der Behördenakten verwiesen.

4

Unter dem 02.09.2009 stellten die Beigeladenen einen Antrag auf Erteilung einer Zulassung über die Abweichung von den erforderlichen Abstandsflächen. Die Klägerin versagte im Zuge ihrer Beteiligung als Nachbarin die Zustimmung am 28.09.2009. Ihr sei ein weiteres, die Sicht nehmendes Bauvorhaben entlang der unbebauten Gartenfläche nicht zuzumuten. Würde man im rückwärtigen Bereich der Bebauung in diesem Block eine faktische Baulinie ziehen, springe ihr Haus 1,40 m hinter das der Beigeladenen zurück. Das Vorhaben verletze die erforderlichen Abstandsflächen und sei rücksichtslos. Die Inanspruchnahme des besonders schutzwürdigen rückwärtigen Bereiches schränke ihre Privatsphäre spürbar ein. Es sei ernsthaft zu befürchten, dass von der intensivierten Terrassennutzung nachteilige Auswirkungen wie Lärm ausgingen. Die Grundstückssituation werde erheblich verschlechtert.

5

Am 11.11.2009 erteilte der Beklagte unter Zulassung einer Abweichung von den erforderlichen Abstandsflächen die Baugenehmigung. Im Bescheid über die Zulassung der Abweichung führte er aus, die Unterschreitung der Abstandsflächen sei der sogenannten Tüschenbauweise geschuldet. Es handele sich hier um die nach der Erhaltungssatzung für …. und im Denkmalbereich … zwingend einzuhaltende Tüschenbauweise. Diese betreffe die jeweils südlichen Grundstücksgrenzen der Baugrundstücke. Zu den nördlichen Grundstücksgrenzen seien jeweils keine Abstandsflächen eingehalten, hier sei eine Grenzbauweise abzuleiten. Die Baugenehmigung wurde der Klägerin bekannt gegeben, die Abweichungsentscheidung nicht.

6

Am 18.11.2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung. Sie führte aus, die Terrassenkonstruktion halte in einer Höhe von 2,85 m auf einer 0,6 m über der Geländeoberfläche liegenden Terrasse die vorgeschriebene Abstandsfläche nicht ein. Eine Abweichung könne nicht zugelassen werden. Die Erhaltungssatzung gebe nicht zwingend geringere Abstandsflächen vor. Die Tüschenbauweise sei nur straßenseitig, nicht im rückwärtigen Grundstücksbereich gegeben. Für die rückwärtigen Bereiche sei typisch, dass die sich jeweils an das Haupthaus anschließende Bebauung zurückspringe und hierdurch einen größeren Abstand zu der gemeinsamen Grundstücksgrenze von 2 bis 3 m oder mehr bilde. Es fehle an einem für eine positive Abweichungsentscheidung atypischen, von der gesetzlichen Regelung nicht hinreichend erfassten oder bedachten Sachverhalt. Es sei nicht erkennbar, dass die Gestaltung des Straßenbildes oder andere städtebauliche Erfordernisse eine Verringerung der Abstandsflächen rechtfertigen könne. Eine rechtmäßige Ermessensausübung sei nicht erfolgt. Am 07.01.2010 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Abweichungsbescheid mit der gleichen Begründung ein.

7

Mit Bescheiden vom 15.02.2010 wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Baugenehmigung und gegen den Abweichungsbescheid als unbegründet zurück: Das Vorhaben füge sich in die nähere Umgebung ein. Eine Atypik sei vorhanden. Das Gebiet sei vorgeprägt durch eine abweichende Bauweise wegen Unterschreitungen der Abstandsflächen nach Süden hin. Die in den Hofbereichen bestehende städtebauliche Situation sei geprägt durch eine dichte und heterogene Bebauung. Diese Vorprägung bilde den Gestaltungsrahmen, in dem sich das Neuvorhaben bewegen müsse. Zu den südlichen Grundstücksgrenzen überwögen schmale Wege (sogenannte Tüschen) im vorderen Grundstücksbereich zwischen Grundstücksgrenze und Hauptgebäude. Im Hinblick auf die langjährige Genehmigungspraxis in vergleichbaren Fällen sei der Abweichungsbescheid ergangen. Bei der Ermessensausübung hätten die Interessen der Beigeladenen überwogen. Für die Klägerin nicht zumutbare nachteilige Auswirkungen seien nicht erkennbar. Das Interesse der Klägerin an der Erhaltung der Privatsphäre und der Wohnruhe sei berücksichtigt worden. Mögliche Beeinträchtigungen seien zumutbar. Eine erhebliche Verschlechterung der Grundstückssituation durch Lärmbeeinträchtigungen sei nicht zu erwarten. Es handele sich lediglich um die Überdachung einer bereits vorhandenen Terrasse.

8

Am 18.02.2010 wurden die Widerspruchsbescheide der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt.

9

Am 17.03.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie vertieft ihre Ausführungen und ergänzt, der Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze betrage lediglich 1,45 m. In der Umgebung seien vergleichbare Terrassenüberdachungen nicht vorhanden. Die Beigeladenen könnten das Vorhaben schmaler bauen und so die Abstandsflächen einhalten. Die Abweichung sei nicht wegen des Ortsbildes und zum Erhalt historischer Bausubstanzen erforderlich. Eine langjährige Genehmigungspraxis des Beklagten in vergleichbaren Fällen gebe es nicht. In etlichen Genehmigungsverfahren sei eine gestaffelte Bebauung genehmigt worden, bei der die Abstandsflächen der rückwärtigen Bebauung zur südlichen Grundstücksgrenze immer ca. 3 m aufweisen würden. Selbst die Abstandsflächen der Wohnhäuser würden bis zu 3 m betragen. Auch das im Widerspruchsbescheid ausgeübte Ermessen sei fehlerhaft. Fehlerhaft sei nur auf die konkrete Beeinträchtigung abgestellt worden. Die generelle Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks der Klägerin für zukünftige Vorhaben sei unerwähnt geblieben. Ferner komme es darauf an, ob die so gegebene Schmälerung der Interessen der Klägerin durch gewichtige öffentliche Belange gerechtfertigt sei. Daran fehle es. Die Interessen des Bauherrn seien in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich. Zum Hilfsantrag führt die Klägerin aus, ihr seien die Kosten des Widerspruchverfahrens zu ersetzen, da der Ausgangsbescheid rechtswidrig gewesen sei und eine Heilung erst durch den Widerspruchsbescheid und dessen Begründung herbeigeführt worden sei.

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Sie beantragt,

11

1. die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 11.11.2009 (Az.: …) für den Neubau einer Terrassenüberdachung auf ihrem Grundstück in …, C-Straße, Gemarkung …, Flurstück 651, Flur 1, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.201 (Az.: …) und den Bescheid über Abweichungen vom 11.11.2009 (Az.: ….) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2010 (Az.: ….) aufzuheben;

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hilfsweise,

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die Kostenentscheidungen in den vorbenannten Widerspruchsbescheiden des Beklagten vom 15.02.2010 (Az.: … und …) aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten der beiden Widerspruchsverfahren (nebst Anwaltskosten der Klägerin) zu tragen bzw. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die in den beiden Widerspruchsverfahren angefallenen Rechtsanwaltskosten in i.H.v. …. € zu erstatten.

14

2. Die Zuziehung der Prozessvertretung der Klägerin in den beiden Widerspruchsverfahren gemäß § 162 Ab. 2 VwGO für notwendig zu erklären.

15

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

17

Er vertieft seine Ausführungen und ergänzt, eine Schmälerung der nachbarlichen Interessen sei nicht gegeben. Die bestehende Terrasse sei nach allen Seiten offen und solle lediglich eine genehmigungspflichtige Überdachung erhalten. Eine Veränderung der Belüftungssituation des Grundstücks werde nicht entstehen.

18

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

19

Sie tragen vor, die Terrassenüberdachung bewege sich in einer finanziellen Größenordnung von etwa 20.000 €. Ein Grund für die Überdachung sei, dass auf dem nördlich angrenzenden Grundstück im hinteren Bereich eine Pension betrieben werde. Über die dort vorhandene Wendeltreppe zum ersten Obergeschoss beständen Einsichtsmöglichkeiten auf ihren Terrassenbereich. Auf der Wendeltreppe würden sich zeitweise Personen aufhalten, beispielsweise zum Rauchen. Sofern dies hilfreich sei, könne klargestellt werden, dass sich die Verglasung auf eine Überdachung beschränke und eine seitliche Verglasung der Aluminiumkonstruktion nicht erfolgen solle.

20

Das Gericht hat die Akten der Verfahren 2 B 256/10 und 2 B 1227/09 beigezogen. Ferner hat es Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme ausgedruckter Luft- und Satellitenbildern (Blatt 110 bis 113 der Akte). Ferner hat das Gericht einen ausgedruckten Auszug der automatischen Liegenschaftskarte für das Gebiet aus dem Geoportal Mecklenburg-Vorpommern in Augenschein genommen. Die Ausdrucke wurden mit den Beteiligten erörtert.

21

Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichts- und die Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es besteht die Möglichkeit, dass die Klägerin durch die angegriffenen Bescheide in ihren Rechten verletzt ist. Da die Regelungen zu den notwendigen Abstandsflächen nachbarschützend sind, kann die Klägerin grundsätzlich geltend machen, durch eine Zulassung einer Abweichung von den erforderlichen Abstandsflächen in eigenen Rechten verletzt zu sein. Gleiches gilt für die Baugenehmigung. Gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) sind auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren Abstandsflächen Gegenstand des Verfahrens, wenn die beantragten Abweichungen im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 Satz 2 der LBauO M-V Abstandsflächen betreffen. So liegt der Fall hier.

23

Die Klage ist begründet. Die Baugenehmigung und die Abweichungsentscheidung jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

24

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung von den erforderlichen Abstandsflächen gemäß § 67 Abs. 1 i.V.m. § 6 LBauO M-V liegen nicht vor.

25

1. Zunächst ist festzustellen, dass das genehmigte Vorhaben von den Anforderungen des Gesetzes im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V abweicht, denn es hält die gemäß § 6 LBauO erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Die Beteiligten haben dies zu Recht nicht in Streit gestellt.

26

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V fallen bauliche Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift. Beim Vorhaben der Beigeladenen handelt sich um eine Anlage in diesem Sinne. Lediglich kleine Aufschüttungen bis 1 m Höhe, Mauern unter 2 m Höhe oder sonstige Kleinstvorhaben entfalten in der Regel keine gebäudeähnlichen Wirkungen und fallen aus dem weit zu verstehenden Anwendungsbereich von § 6 LBauO M-V heraus. Um ein solches Kleinstvorhaben handelt es sich hier jedoch nicht. Die hier in Rede stehende Terrassenüberdachung ist als von einer Aluminiumkonstruktion getragenes Glasdach abstrakt auch ohne seitliche Verglasung durchaus geeignet, die Belüftung, Besonnung sowie den Wohnfrieden zu beeinträchtigen.

27

Die Regelungen zu den Abstandsflächen gemäß § 6 LBauO M-V werden hier auch nicht durch bauplanungsrechtliche Vorschriften verdrängt. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 LBauO M-V sind Abstandsflächen nur dann nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. So kann es gemäß § 34 Abs. 1 BauGB bei geschlossener Bauweise zulässig sein, ein Gebäude ohne Abstandsflächen an der Grenze zu errichten. Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorhaben der Beigeladenen jedoch nicht. Die Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen entspricht bereits nicht einer geschlossenen Bauweise. Das Hauptgebäude der Beigeladenen ist zur südlichen Grundstücksgrenze – nur diese ist hier relevant – hin in offener Bauweise errichtet und gerade nicht an die Grenze gebaut.

28

Die Tiefe der erforderlichen Abstandsfläche beträgt hier gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 LBauO M-V die Mindesttiefe von 3 m. Eine Ausnahme gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBauO M-V für Vorbauten, für welche gemäß Nr. 2 Buchstabe c eine Abstandsfläche von 2 m genügen würde, liegt nicht vor. Einen Abstand von 3 m hält das Vorhaben jedoch nicht ein. Der Abstand zur Grundstücksgrenze der Klägerin beträgt unstreitig jedenfalls nicht mehr als 1,90 m.

29

2. Die Voraussetzungen für eine Abweichung liegen nicht vor.

30

Die Bauaufsichtsbehörde kann Abweichungen gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist zwar zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber das materielle Bauordnungsrecht vollzugstauglich flexibilisieren wollte und zum Ziel hatte, die Erreichung des jeweiligen Schutzzieles der Norm in den Vordergrund zu rücken (vgl. Landtagsdrucksache 4/1810, Seite 170). Jedenfalls bei Abweichungen von der erforderlichen Mindestabstandsfläche jedoch greift dieser Gedanke nicht, da kein Fall der Flexibilisierung vorliegt, sondern das Ziel der Abstandsflächen - ausreichende Belichtung, Belüftung und Sozialabstand - bei Zulassung einer Abweichung nicht mehr vollständig erreicht werden kann. § 6 LBauO M-V sieht bereits differenzierter Weise in Absatz 6 und 7 Ausnahmen vom Grundsatz der Tiefe 0,4 H vor und setzt im Übrigen den erforderlichen Abstand auf ein Mindestmaß von 3 m fest. Abweichungen nach § 67 LBauO M-V von den erforderlichen Abstandsflächen können daher, insbesondere vom Mindestabstand, nur in besonderen Ausnahmefällen zugelassen werden. Die Zulassung einer Abweichung erfordert Gründe, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die etwa bewirkte Einbuße an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen lassen. Für die Zulassung einer Abweichung ist mithin eine atypische Situation zu fordern (VGH München, Urt. v. 22.09.2011, Az.: 2 B 11.762 – zitiert nach Juris). Liegt eine Atypik nicht vor, ist die Erteilung einer Abweichung grundsätzlich ausgeschlossen, weil die zu berücksichtigenden Belange und Interessen regelmäßig bereits durch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften und insbesondere durch diejenigen über den einzuhaltenden Mindestabstand in einen gerechten Ausgleich gebracht worden sind und die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs kein beliebiges Abweichen von den Vorschriften gestattet (Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage, 2011 § 73 Rn. 4 e). Eine Abweichung kommt daher grundsätzlich nur in Betracht, wenn der Nachbar nicht schutzbedürftig ist oder die Gründe, die für die Abweichung streiten, objektiv derartig gewichtig sind, dass die Interessen des Nachbarn ausnahmsweise zurücktreten müssen (Johlen a. a. O. Rn. 12). Bei der Zulassung einer Abweichung von nachbarschützenden Vorschriften wie Abstandsflächenvorschriften kann der Nachbar zudem nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspruchen. Er ist auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grund, etwa weil sie nicht mit im konkreten Fall zu erwägenden öffentlichen Belangen zu vereinbaren ist (VGH München, Urt. v. 22.09.2011, Az.: 2 B 11.762 – zitiert nach Juris), rechtswidrig ist.

31

Gemessen an diesen Maßstäben ist die hier in Rede stehende Abweichung mit öffentlichen und nachbarlichen Belangen nicht zu vereinbaren, da es an objektiv gewichtigen Gründen für eine Abweichung fehlt.

32

Die städtebauliche Situation stellt sich wie folgt dar: Die südlich der … beginnende bis zum Flurstück 632 in der …, zwischen … und … im Blockinnenbereich gelegene Bebauung stellt sich als heterogen dar. Dies ist erwiesen aufgrund der in der Verhandlung mit den Beteiligten erörterten Luftbilder und den Auszügen aus der Liegenschaftskarte. Diese zeigen im Blockinnern überwiegend weitgehend überbaute Grundstücke mit teilweise kleinen unbebauten Flächen, Höfen und Gängen, aber auch Grundstücke, die große Freiflächen aufweisen. Es überwiegen im Blockinnern Gebäude, die wie Nebengebäude erscheinen. Es befinden sich dort aber auch einige Gebäude, die nach ihrem Erscheinungsbild als Hauptnutzung erscheinen müssen. Die von der Klägerin vorgetragene abgestufte Bauweise ist dagegen nicht als durchgehendes Prinzip zu erkennen. Auch wenn diese Struktur nach dem Auszug aus der Liegenschaftskarte bei den Flurstücken 653, 647/4, 645, 644, 633 teilweise zu erkennen ist, zeigen die Ausdrucke eine zunehmende Verdichtung, bei der eine Abstufung mit sich daraus ergebenden Abständen jedenfalls als prägendes Prinzip nicht mehr zu erkennen ist. Nicht zutreffend ist anhand dieser Feststellungen auch der Vortrag des Beklagten, die nähere Umgebung sei durch eine Tüschenbauweise geprägt. Dies trifft lediglich auf die Gebäude unmittelbar an der Straße zu, nicht jedoch auf die Blockinnenbebauung und Nebenanlagen. Die Bebauung im Blockinnern bezeichnet der Beklagte zu Recht an anderer Stelle als heterogen.

33

Diese Sachlage lässt bezogen auf die hier in Rede stehende rückwärtige Grundstückssituation keine gewichtigen Belange städtebaulicher Art erkennen, die eine Abweichung von der Mindestabstandsfläche rechtfertigen könnten. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Tüschenbauweise zum historisch schützenswerten und geschützten Erscheinungsbild gehört und, wie vom Beklagten behauptet, durch die Erhaltungssatzung sowie die Festlegung als Denkmalbereich rechtlich wirksam geschützt ist (zur Nichtigkeit von Denkmalbereichsverordnung und Erhaltungssatzung für das Gebiet … vgl. VG Schwerin, Urt. v. 03.12.2009 - 2 A 174/08 -). Die Einhaltung der gesetzmäßigen Abstandsflächen im Blockinnern berührt bei dieser diffusen Prägung das Erscheinungsbild des Stadtbildes, insbesondere die Tüschenbauweise, nicht. Dass die Blockinnenbebauung mit ihrer heterogenen und diffusen Prägung zum historisch geschützten Erscheinungsbild gehört, an dessen Verdichtung ein städtebauliches Interesse bestehen könnte, ist weder ersichtlich noch vom Beklagten substantiiert vorgetragen. Vielmehr kann eine Blockinnen– und Hinterhofbebauung, die zunehmend Abstandsflächen unterschreitet wegen der damit verbundenen Steigerung bodenrechtlicher Spannungen kaum wünschenswert sein.

34

Ein atypischer Fall ist auch nicht aufgrund der Eigenschaften des Grundstücks der Beigeladenen anzunehmen. Eine grundstücksbezogene Atypik kann vorliegen, wenn anders als durch Zulassung einer Abweichung eine sinnvolle und angemessene Nutzung des Grundstücks nicht möglich ist, insbesondere weil die Abweichung in dem Bereich für die Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung einer überalterten Bausubstanz in einem dicht bebauten innerstädtischen Bereich erforderlich ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 14.07.2005, Az.: 3 M 69/05, NordÖR 2005, 424; vgl. VGH München, Urt. v. 22.09.2011, Az.: 2 B 11.762 – zitiert nach Juris).

35

Eine solche Sachlage ist hier nicht ersichtlich. Das Grundstück der Beigeladenen ist regelmäßig geschnitten und bereits mit einem Hauptgebäude bebaut. Auch die Terrasse kann genutzt werden. Die Überdachung mit einer aufwendigen Konstruktion mag zwar wünschenswert sein, sie ist jedoch nicht zwingender Bestandteil einer angemessenen Nutzung und dient auch nicht lediglich der Anpassung einer überalterten Bausubstanz an unentbehrliche oder nach dem Gesetz zwingende Nutzungsanforderungen. Dem steht der Vortrag der Beigeladenen, die Überdachung sei zu Abwehr unzumutbarer Einsichtsmöglichkeiten vom Nachbargrundstück an der Nordgrenze erforderlich, nicht entgegen. Zunächst kann eine frei von Einsichtsmöglichkeiten bestehende Terrasse in einem durch dichte Bebauung vorgeprägten Blockinnenbereich nicht als Standard vorausgesetzt werden. Ferner ist es nicht Zweck der Abweichungsvorschriften, einen städtebaulichen Missstand durch einen weiteren zu kompensieren und die sich daraus ergebenden Folgen an die Allgemeinheit und die Nachbarschaft weiterzureichen. Vielmehr sind die Beigeladenen gehalten, gegebenenfalls zivilrechtliche Abwehransprüche geltend zu machen oder die Ordnungsbehörden einzuschalten, wenn unzumutbare Störungen infolge der Einsichtsmöglichkeiten von dem Pensionsbetrieb vorliegen sollten. Doch auch aus tatsächlichen Gründen verfängt die Argumentation der Beigeladenen nicht. Wie auf dem Lichtbild der Anlage B 1, Blatt 105 der Akten, zu erkennen und von keinem Beteiligten in Abrede gestellt worden ist, verfügt das Haus der Beigeladenen über eine Markise. Die Beigeladenen sind aus diesem Grund Einsichtsmöglichkeiten nicht schutzlos ausgesetzt. Ferner bestände die Möglichkeit, eine kleinere Terrassenüberdachung unter Einhaltung der Abstandsflächen zu errichten, welche vor Einsichtsnahmemöglichkeiten vom Norden her schützen würde.

36

3. Die Klägerin ist durch die fehlerhafte Genehmigung und Zulassung der Abweichung auch in ihren Rechten verletzt.

37

Grundsätzlich kann sich ein Nachbar gegen jede Unterschreitung der (Mindest)Abstandsfläche zur Wehr setzen. Dieses Recht unterliegt mit Rücksicht auf den das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben jedoch Grenzen. Der baurechtliche Nachbarschutz beruht auf den Gedanken der gegenseitigen Rücksichtnahme; seine Grundlage ist das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis, in dessen Rahmen jeder Eigentümer zu Gunsten seines Nachbarn bestimmten Beschränkungen unterworfen ist und im Austausch dafür verlangen kann, dass der Nachbar diese Beschränkungen gleichfalls beachtet. Aus diesem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, billiger Weise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsfläche freihält. Damit kann ein Nachbar aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Rechtsausübung gehindert sein, die Verletzung des Grenzabstandes zu rügen. Der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entfällt nicht dadurch, dass das Gebäude des sich wehrenden Nachbarn in Einklang mit den damals geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist; maßgeblich ist allein, dass er mit seinem Gebäude den (jetzt) erforderlichen Grenzabstand nicht einhält. Denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einen Nachbarn den von den grenznahen baulichen Anlagen des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren. Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis erlaubt in diesen Fällen eine Abwehrmaßnahme nur dann, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht vergleichbar ist, sondern schwerer wiegt als die Inanspruchnahme des Bauwiches durch den sich wehrenden Nachbarn. Bei vergleichbaren Verstößen vermag dagegen der letztlich aus Treu und Glauben und dem Verbot eigenen widersprüchlichen Verhaltens ergebende Grundsatz nur dann eine Einschränkung zu finden, wenn anderenfalls in gefahrenrechtlicher Hinsicht völlig untragbare Zustände entstünden. Für die Vergleichbarkeit der die Nachbarn in diesem Sinne wechselseitig beeinträchtigenden Rechtsverstöße ist jeweils neben dem konkreten Grenzabstand auch die Qualität der mit der Verletzung der Abstandflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigung von wesentlicher Bedeutung (OVG Greifswald, Beschl. v. 14.07.2005, Az.: 3 M 69/05, NordÖR, 2005, 424 – zitiert nach Juris).

38

Hieran gemessen verhält sich die Klägerin nicht treuwidrig, wenn sie sich auf die Verletzung der Abstandsflächen beruft. Die Grenzmauer der Klägerin verletzt mit einer Höhe von ca. 1,90 m keine Abstandsflächen. Diese ist nach § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 LBauO M-V als bis zu 2 m hohe geschlossene Einfriedung ohne eigene Abstandsfläche zulässig.

39

Die Pflicht des Beklagten, die Kosten zu tragen folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

40

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 war auf Antrag der Klägerin hin die Zuziehung ihrer Prozessbevollmächtigten für das Vorhaben für notwendig zu erklären. Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten nur dann - aber dann grundsätzlich auch immer -, wenn es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es nicht nur um Sachfragen, sondern um die Beantwortung von nicht einfach gelagerten Rechtsfragen geht. Vor dem Hintergrund der aufgeworfenen abstandsflächenrechtlichen Sach- und Rechtsfragen war es der Klägerin nicht zuzumuten, das Verfahren selbst zu führen.

41

Hinsichtlich der Beigeladenen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Insbesondere haben die Beigeladenen keinen Sachantrag gestellt und sich so keinem Kostenrisiko ausgesetzt.

42

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 709 ZPO.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

Gründe

1

Der Kläger ist Stadtrat der Stadt W. und Mitglied des Ausschusses für Technik und Umwelt. Am 23. September 2009 beschloss der Gemeinderat eine neugefasste Hauptsatzung, die unter anderem die Zuständigkeit des Ausschusses für Technik und Umwelt als beschließenden Ausschuss für die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB nicht mehr vorsieht, stattdessen eine Information über laufende Baugenehmigungsverfahren bei für die Stadt- und Ortschaftsentwicklung besonders bedeutsamen Verfahren zur Wahrung der gemeindlichen Planungshoheit ausreichen lässt. Die Feststellungsklage des Klägers, dass sein Ausschluss und seine Nichtbeteiligung bei Entscheidungen nach §§ 31, 33 bis 35 BauGB durch den Beklagten sein Recht als Stadtrat verletze, blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

2

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig:

"Ist es mit Art. 3 GG vereinbar, dass nach §§ 24 Abs. 1 Satz 2 vorletzter Halbsatz, 44 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 GemO BW in der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs dem Gemeinderat in Gemeinden, die untere Baurechtsbehörden sind, keine (Mit-)Entscheidungsrechte im Bereich von § 36 BauGB zukommen, jedoch in Gemeinden, die keine unteren Baurechtsbehörden sind, der Gemeinderat über das Einvernehmen nach § 36 BauGB zu entscheiden hat?,

Ist es mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar, dass nach §§ 24 Abs. 1 Satz 2 vorletzter Halbsatz, 44 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 GemO BW in der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs dem Gemeinderat in Gemeinden, die untere Baurechtsbehörden sind, keine (Mit-)Entscheidungsrechte im Bereich von § 36 BauGB zukommen?"

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage liegt dann nicht vor, wenn sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit den üblichen Regeln sachgerechter Interpretation und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt (Beschluss vom 21. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 266.94 - Buchholz 406.401 § 8a BNatSchG Nr. 2 = NVwZ 1995, 601 f.). Überdies müsste die gestellte Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren auch entscheidungserheblich sein. Das ist vorliegend mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht der Fall.

4

Die Auslegung von § 24 Abs. 1 Satz 2 vorletzter Halbsatz, § 44 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 GemO BW durch den Verwaltungsgerichtshof wäre in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht an Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zu messen, weil die gemeindliche Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG in ihrer Ausgestaltung der gemeindlichen Planungshoheit den Gemeinden und Gemeindeverbänden zusteht, nicht jedoch den kommunalen Organen. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden im Sinne einer institutionellen Garantie das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln, so dass hieraus keine eigenständige Rechtsposition für kommunale Organe abgeleitet werden kann (BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 - 2 BvR 165/75 - BVerfGE 50, 50 f; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 17).

5

Hinsichtlich der Frage, ob die Auslegung und Anwendung von Landesrecht durch den Verwaltungsgerichtshof mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Die Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin geklärt, dass Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung für die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 BauGB durch das zuständige Organ auch für den Fall gebietet, dass die betreffende Gemeinde zugleich untere Baurechtsbehörde ist.

6

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtfertigt der Gedanke der Gleichbehandlung keine Befugnis der Gemeinde, die zugleich Baugenehmigungsbehörde ist, sich auf § 36 Abs. 1 BauGB zu berufen. Die in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Dieses Schutzes bedarf die mit der Baugenehmigungsbehörde identische Gemeinde nicht; denn sie kann den Zweck des Einvernehmens selbst erfüllen (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rn. 15). § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist auf das Verhältnis der Gemeinde zu der Baugenehmigungsbehörde eines anderen Rechtsträgers zugeschnitten. Die Gefahr, dass der zuständige Rechtsträger ein Bauvorhaben über den Kopf der Gemeinde hinweg genehmigt, besteht nicht. Zwar ist vorstellbar, dass dann, wenn innerhalb der Gemeinde für die Erteilung der Baugenehmigung und die Erklärung des Einvernehmens verschiedene Organe (Behörden) zuständig sind, bei Wegfall des förmlichen Einvernehmens eine Koordination unterbleibt und die Planungshoheit dadurch zu kurz kommt. Es ist aber Sache der Gemeinde selbst oder des Landesgesetzgebers, durch kommunalverfassungsrechtliche Regelungen dafür zu sorgen, dass die Belange der Planungshoheit hinreichend gewahrt bleiben. Aus Sicht des Bundesgesetzgebers bestand keine Veranlassung für die Einführung eines gesonderten Verfahrens zur internen Abstimmung zwischen verschiedenen Organen der Gemeinde; das Bundesrecht enthält insoweit auch keine verfassungsrechtlichen Vorgaben (Urteil vom 19. August 2004 - BVerwG 4 C 16.03 - BVerwGE 121, 339 <343> = Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 57 S. 12 m.w.N.). Der mit der Baugenehmigungsbehörde identischen Gemeinde wird durch den Ausschluss des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB zwar eine verfahrensrechtliche Position in vorprozessualen behördlichen Genehmigungsverfahren vorenthalten. Daraus erwächst ihr jedoch kein rechtlich relevanter Nachteil, weil ihr die Befugnis, sich gegenüber der Widerspruchsbehörde auf den Schutz der materiell-rechtlichen Planungshoheit zu berufen, nicht abgeschnitten wird (Urteil vom 19. August 2004 a.a.O. S. 344 bzw. S. 13 m.w.N.).

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt. Im Falle des Satzes 2 ist über die Genehmigung innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags bei der Baugenehmigungsbehörde zu entscheiden; § 22 Absatz 5 Satz 3 bis 6 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Genehmigungsfrist höchstens um zwei Monate verlängert werden darf.

(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass das Vorhaben, der Rechtsvorgang einschließlich der Teilung eines Grundstücks oder die damit erkennbar bezweckte Nutzung die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde.

(3) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die wesentliche Erschwerung dadurch beseitigt wird, dass die Beteiligten für den Fall der Durchführung der Sanierung für sich und ihre Rechtsnachfolger

1.
in den Fällen des § 144 Absatz 1 Nummer 1 auf Entschädigung für die durch das Vorhaben herbeigeführten Werterhöhungen sowie für werterhöhende Änderungen, die auf Grund der mit dem Vorhaben bezweckten Nutzung vorgenommen werden, verzichten;
2.
in den Fällen des § 144 Absatz 1 Nummer 2 oder Absatz 2 Nummer 2 oder 3 auf Entschädigung für die Aufhebung des Rechts sowie für werterhöhende Änderungen verzichten, die auf Grund dieser Rechte vorgenommen werden.

(4) Die Genehmigung kann unter Auflagen, in den Fällen des § 144 Absatz 1 auch befristet oder bedingt erteilt werden. § 51 Absatz 4 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Genehmigung kann auch vom Abschluss eines städtebaulichen Vertrags abhängig gemacht werden, wenn dadurch Versagungsgründe im Sinne des Absatzes 2 ausgeräumt werden.

(5) Wird die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn und soweit es ihm mit Rücksicht auf die Durchführung der Sanierung wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten oder es in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu nutzen. Liegen die Flächen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs sowohl innerhalb als auch außerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets, kann der Eigentümer von der Gemeinde die Übernahme sämtlicher Grundstücke des Betriebs verlangen, wenn die Erfüllung des Übernahmeverlangens für die Gemeinde keine unzumutbare Belastung bedeutet; die Gemeinde kann sich auf eine unzumutbare Belastung nicht berufen, soweit die außerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets gelegenen Grundstücke nicht mehr in angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich genutzt werden können. Kommt eine Einigung über die Übernahme nicht zustande, kann der Eigentümer die Entziehung des Eigentums an dem Grundstück verlangen. Für die Entziehung des Eigentums sind die Vorschriften des Fünften Teils des Ersten Kapitels entsprechend anzuwenden. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(6) § 22 Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine Genehmigung allgemein erteilt oder nicht erforderlich, hat die Gemeinde darüber auf Antrag eines Beteiligten ein Zeugnis auszustellen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 11. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Bauordnungsverfügung, mit der ihr u.a. die Entfernung einer sog. Holzkogge von ihrem festen Liegeplatz am Ufer des Schweriner Sees aufgegeben wurde.

2

Die sog. Holzkogge der Klägerin liegt seit dem Jahr 2000 an einem Anleger, der von dem Grundstück C. in Schwerin in den Schweriner See reicht. Auf dem Schiff befinden sich Büroräume für das am Standort betriebene Fahrgastschifffahrtsunternehmen der Klägerin sowie Lagerräume für das am Ufer befindliche Restaurant „D.“. Es handelt sich um ein früheres Ausflugsschiff, das durch eine Holzverkleidung und Holzmasten bzw. Aufbauten zum jetzigen Erscheinungsbild umgestaltet wurde. Der Anleger ist Teil einer Steganlage mit fünf Stegen, für die eine strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung und eine wasserrechtliche Genehmigung erteilt wurden.

3

Für das Gebäude am Ufer („Pavillon für die Abfertigung der Schiffe der A. mit Gastronomiebereich“) liegen ein Bauvorbescheid vom 13.10.1998, eine Baugenehmigung vom 23.02.1999 und eine Nachtragsgenehmigung vom 14.01.2000 vor, zu denen jeweils der Beigeladene sein Einvernehmen erteilte. Gegen einen zunächst geplanten größeren Baukörper waren denkmalpflegerische Einwendungen erhoben worden mit der Begründung, dass ein größerer Baukörper eine Beeinträchtigung dieses Bereichs mit seinen bemerkenswerten Sichtachsen darstelle.

4

Nach wiederholter Anhörung gab die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 08.09.2008, zugestellt am 10.09.2008, die vollständige und ersatzlose Beseitigung der sog. Holzkogge sowie eines weiteren sog. Büroschiffes auf, ordnete die sofortige Vollziehung an und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 EUR an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Es handele sich wegen der ortsfesten Benutzung um eine bauliche Anlage. Die Vorschriften der Landesbauordnung seien anwendbar; § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V gelte nicht. Die Ausnahme vom Geltungsbereich der Landesbauordnung beschränke sich auf Orte, an denen bereits eine gewisse Prägung durch eine Hafenanlage vorhanden sei. Werde ein Schiff dauerhaft an einem Steg vertäut, sei § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V nicht einschlägig. Ein Hafen sei beim Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg weder beantragt noch genehmigt worden. Wasserverkehrsrechtliche Regelungen seien für die Schlossbucht nicht getroffen worden. Auch im Falle der Herausnahme aus dem Geltungsbereich der Landesbauordnung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V seien die Bauaufsichtsbehörden zum Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände verpflichtet, wenn es um bauliche Anlagen gehe, die ausschließlich eine Funktion als solche hätten und dabei lediglich das Medium Wasser als Grundstück nutzten. Auch auf einer gewidmeten Bundeswasserstraße reiche das Fachplanungsprivileg nur so weit, wie dies zur Erfüllung der Fachaufgabe erforderlich sei. Die Holzkogge sei im Außenbereich unzulässig, da sie die öffentlichen Belange des Orts- und Landschaftsbildes beeinträchtige und eine ungeordnete Zersiedlung befürchten lasse. Zudem stünden denkmalrechtliche Belange entgegen, weil die wichtigen historisch gewachsenen Sichtbeziehungen zum bzw. vom Schloß, Marstall und Alten Garten sowie zwischen diesen Baudenkmalen und geschützten Freiflächen zum Teil deutlich gestört würden. Aus denkmalpflegerischer Sicht könne eine Genehmigung daher nicht erteilt werden. Ein milderes Mittel zur Wiederherstellung baurechtmäßiger Zustände sei nicht ersichtlich. Ein Substanzverlust sei mit der Entfernung der Schiffe nicht verbunden. Das Interesse der Klägerin am Weiterbestehen des baurechtswidrigen Zustandes sei nicht schutzwürdig; ferner müsse eine negative Vorbildwirkung verhindert werden.

5

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2009, zugestellt am 06.08.2009, als unbegründet zurück und führte u.a. aus: § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V sei nicht einschlägig, weil es sich nicht um einen Hafen im Sinne von § 8 Abs. 1 Wasserverkehrsgesetz M-V handele, sondern um eine Anlegestelle. Das Vorhaben sei formell rechtswidrig, weil eine Baugenehmigung nicht vorliege. Es sei ferner materiell-rechtlich unzulässig. Dies ergebe sich auch aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Das Vorhaben widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für den fraglichen Bereich Wasserflächen ausweise, während das Vorhaben der Klägerin gewerblichen Zwecken diene. Ferner stünden dem Vorhaben Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes entgegen. In den Ausführungen hierzu wird der objektübergreifende räumliche Zusammenhang betont, in dem die einzelnen Denkmale in der Umgebung stünden. Zu dem Ensemble, das die Kriterien für eine Ausweisung eines Denkmalbereichs erfüllen würde, gehörten auch die Frei- und Wasserflächen. Die Wahrnehmung des Erscheinungsbildes erfolge von allen einem Betrachter zugänglichen Standorten, die eine Sicht auf die gesamte flächenhafte Überlieferung oder auf Ausschnitte von ihr ermöglichen. Von einem Großteil dieser Standorte aus seien die ständig vertäuten Schiffe im Blickfeld und störten - anders als an- und ablegende Schiffe - das Gesamtbild erheblich und auf Dauer. Bereits durch die Errichtung des Restaurantgebäudes sei es zu einer Störung des Denkmalensembles gekommen. Diese Störung müsse einmalig bleiben und rechtfertige keine weiteren Störungen. Dass ohne die beiden Schiffe weder das Restaurant noch die Fahrgastschifffahrt weiter betrieben werden könnten, treffe nicht zu. Das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung ordnungsgemäßer Zustände überwiege auch auf Grund der besonderen Bedeutung der Denkmäler für das Stadtbild der Landeshauptstadt Schwerin.

6

Die Klägerin hat am 04.09.2009 Klage erhoben. Sie hat beantragt,

7

die Verfügung der Beklagten vom 08.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2009 aufzuheben.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Das ursprünglich ebenfalls geführte vorläufigen Rechtsschutzverfahren 2 B 575/08 wurde eingestellt, nachdem die Beklagte die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben hatte.

11

Mit Urteil vom 11.02.2010 hat das Verwaltungsgericht Schwerin der Klage hinsichtlich des sog. Büroschiffes stattgegeben, hinsichtlich der sog. Holzkogge jedoch die Klage abgewiesen, und hierzu ausgeführt:

12

Die Anwendung bauordnungsrechtlicher Vorschriften sei nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V ausgeschlossen, weil ein Hafen im Sinne dieser Vorschrift nicht vorliege. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei ein Hafen im Rechtssinn gemeint, der als solcher von dem zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt genehmigt worden sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen sein müssten, was bei einem natürlichen Hafen grundsätzlich nicht der Fall sei. Ferner dürften für einen Hafen im Rechtssinn in der Regel etwa Hafenanlagen, Hafenbecken und Hafenordnung erforderlich sein. Bei der Schweriner Schlossbucht handele es sich im Übrigen bereits historisch nicht um einen natürlichen Hafen.

13

Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung sei § 80 Abs. 1 LBauO M-V. Bei der sog. Holzkogge handele es sich um eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V und auch im Sinne des § 29 BauGB, weil durch das Schiff und seine Funktion als ortsfeste Büro- und Lagerstätte das Bedürfnis nach einer verbindlichen Bauleitplanung hervorgerufen werde. Dies ergebe sich vor allem aus der exponierten Lage in der Schweriner Schlossbucht in unmittelbarer Nähe des aus Schloss, Theater, Marstall, altem Garten und den Villen an der Werderstraße bestehenden denkmalgeschützten Ensembles, so dass gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB im Rahmen einer Bauleitplanung zu berücksichtigende Belange berührt würden.

14

Die sog. Holzkogge sei formell illegal, weil es an der gemäß § 59 Abs. 1 LBauO M-V erforderlichen Baugenehmigung fehle. Sie sei auch materiell illegal, weil ihr der denkmalrechtliche Umgebungsschutz nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DSchG M-V in Bezug auf die denkmalgeschützten Gebäude Schloss, Theater, Alter Garten, Marstall und die Gebäude an der Werderstraße entgegen stehe. Die sog. Holzkogge führe zu einer deutlich wahrnehmbaren Beeinträchtigung mit negativen Auswirkungen auf den Gesamteindruck des Denkmalensembles. Die Holzkogge sei nach ihrem äußeren Erscheinungsbild in der Umgebung der genannten Denkmale ohne Vorbild. Die deutlich wahrnehmbare negative Auswirkung betreffe insbesondere die Blickverbindung zwischen den Bereichen Werderstraße/Marstall und Schloss. Die Kogge hebe sich von den übrigen Schiffen der A. nach Farbgebung, Größe und Stil deutlich hervor. Der Unterschied zur Umgebung sei unmittelbar und in auffallender Weise sichtbar. Insbesondere habe sie ihrer Gestaltung nach in historischer Hinsicht keinerlei Bezug zu den zueinander in Beziehung stehenden Baudenkmalen Schloss, Theater, Alter Garten, Marstall und Villen an der Werderstraße, die für das Stadtbild Schwerins als Residenzstadt des 19. Jahrhunderts prägend seien. Sie wirke funktionslos, historisch, ästhetisch und funktional als Fremdkörper inmitten der Ausflugsschiffe der Klägerin und zudem in der Sichtachse zum Schloss deplatziert. Aus diesen Gründen sei das Vorhaben auch bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es sich um ein Außenbereichsvorhaben handele, das Belange des Denkmalschutzes beeinträchtige, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.

15

Die Klägerin hat gegen das am 05.03.2010 zugestellte Urteil am 01.04.2010 die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag am 05.05.2010 begründet.

16

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 27.10.2010, zugestellt am 11.11.2010, die Berufung zugelassen hatte, hat die Klägerin die Berufung am Montag, den 13.12.2010 begründet. Sie trägt vor:

17

Die Ordnungsverfügung könne nicht auf § 80 Abs. 1 LBauO M-V gestützt werden. Die Vorschriften der Landesbauordnung seien gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V nicht anwendbar, weil es sich um ein Schiff in einem Hafen handele. Maßgeblich sei nur, dass sich der Bereich von den angrenzenden Gewässerteilen abhebe und den anlegenden Schiffen gesteigerten Schutz gewähre. Auf die Größe oder darauf, ob der Hafen von einem oder mehreren Anliegern genutzt werde, komme es nicht an. Vorliegend bestehe die von der Klägerin genutzte Hafenanlage in dieser Form seit vielen Jahren. Sie verfüge über einen festen und zur Umgebung abgegrenzten Hafenbereich mit natürlichem Hafenbecken, fester Hafenmauer und festen Anlegestegen, die dem sicheren Aufenthalt der Schiffe dienten. Die Anlage habe nicht lediglich einen Haltestellencharakter. Sie liege in einer natürlichen Bucht des Gewässers, die sich als Hafenbecken darstelle und zusätzlichen Schutz für die anlegenden Schiffe gewährleiste. Eine Nutzung der Schlossbucht als Hafen bzw. Stützpunkt für die Schifffahrt auf dem Schweriner See sei seit dem 19. Jahrhundert belegt.

18

Soweit das Verwaltungsgericht eine Genehmigung durch das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt verlange, ergebe sich dies weder aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V. Ob ein Hafen vorliege, könne nicht vom Verhalten der zuständigen Behörde abhängen, nämlich davon ob diese wasserverkehrsrechtliche Regelungen treffe oder nicht. Im übrigen gälten wasserverkehrsrechtliche Regelungen für die Schlossbucht im Schweriner See bereits deshalb, weil es sich dabei um eine Bundeswasserstraße handele, für die die Vorschriften des Bundeswasserstraßengesetzes anzuwenden seien. Einer Hafenordnung bedürfe es nicht.

19

Im Übrigen sei die angefochtene Ordnungsverfügung auch dann rechtswidrig, wenn die Landesbauordnung anwendbar sei. Eine formelle Illegalität sei zu verneinen. Das Schiff bedürfe keiner Baugenehmigung, weil es sich nicht um eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V handele.

20

Auch eine bauliche Anlage im Sinne des § 29 BauGB liege nicht vor. Eine planungsrechtliche Relevanz sei nicht gegeben, weil die Fläche einer Bundeswasserstraße einer Beplanung durch Bebauungsplan nicht zugänglich sei.

21

Der Genehmigungsfähigkeit stünden öffentliche Belange nicht entgegen. Dies gelte insbesondere für solche des Denkmalschutzes. Von dem Schiff gehe keine erheblich wahrnehmbare Beeinträchtigung mit negativen Auswirkungen auf den Gesamteindruck eines Denkmalensembles aus. Es handele sich um ein ganz normales Schiff, das in seiner äußeren Gestaltung aufgrund seiner historischen Form geringfügig von den anderen Schiffen abweiche. Dass sich auf dem See Schiffe befänden, könne nicht verwundern. Die streitgegenständliche Kogge weise keine besondere Höhe auf. Die Sichtbeziehung zwischen den Baudenkmalen sei insofern, wenn überhaupt, allenfalls minimal beeinträchtigt. Aufgrund ihrer vertieften Lage im Wasser seien die Schiffe nur sehr eingeschränkt und nur von ausgewählten Standorten wahrnehmbar. Sowohl das Schloss als auch das Theater, das Museum und der Marstall überragten die Schiffe aus jeder Perspektive deutlich; sie blieben damit deutlich sichtbar. Das neue mehrstöckige IHK-Gebäude gegenüber Schloss und Schlossgarten, das die Beklagte gleichwohl genehmigt habe, führe zu einer erheblich größeren Beeinträchtigung des Denkmalensembles.

22

Die Klägerin beantragt,

23

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 11. Februar 2010 teilweise zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 08. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2009 insgesamt aufzuheben.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Sie trägt vor: Die Landesbauordnung sei anzuwenden. Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V greife nicht ein. Die Vorschrift setze nach ihrer Systematik wasserverkehrsrechtliche Regelungen voraus, die sich gerade auf einen Hafen bezögen, der als solcher einem gesonderten (Hafen-)Rechtsregime unterliege. Nur dann könne eine Konkurrenz zur Landesbauordnung bestehen. Hingegen könne es für den Ausschluss der Geltung der Landesbauordnung nicht ausreichen, dass der fragliche Bereich zum Schweriner See als Bundeswasserstraße gehöre, für die insgesamt im Bundeswasserstraßengesetz wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen seien. Denn spezielle Regelungen, die die Schlossbucht gerade als Hafen vom Rest der Bundeswasserstraße unterscheiden würden, treffe das Gesetz nicht.

27

Die Frage, ob es sich bei der Schweriner Schlossbucht um einen natürlichen Hafen handele, sei nicht relevant, weil § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V nicht etwa alle natürlichen Häfen vom Geltungsbereich der Landesbauordnung ausnehme. Anderenfalls wären alle Bereiche des Schweriner Sees, die als natürliche Häfen betrachtet werden könnten, der Anwendung der Landesbauordnung entzogen, mit der Folge, dass dort jeweils ortsfeste Schiffe angelegt werden könnten, ohne dass es eine Möglichkeit gebe hiergegen baurechtlich einzuschreiten. Dies könne nicht richtig sein und widerspreche der ausdrücklichen Intention des Gesetzgebers, der in § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V - als Ausnahme von der Ausnahme - eine Geltung der Landesbauordnung für schwimmende Häuser vorsehe. Zwischen einem schwimmenden Haus und einem ortsfesten Schiff bestehe aus bauordnungsrechtlicher Sicht kein Unterschied.

28

Die Beklagte trägt ferner ausführlich zur denkmalrechtlichen Bewertung des Vorhabens vor, insbesondere zu den Gesichtspunkten des Umgebungsschutzes und der Auswirkungen des Vorhabens auf diesen.

29

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

30

Der Senat hat durch Augenschein Beweis erhoben über die Sicht-, Funktions- und Strukturbeziehungen zwischen der Marstallinsel, der Villenbebauung an der Werderstraße von der Marstallinsel bis zur Schlossinsel, und der Schlossinsel, einschließlich der Bebauung auf den beiden Inseln.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die Bauordnungsverfügung der Beklagten vom 08.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2009, die nur noch hinsichtlich der sog. Holzkogge Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

33

Rechtsgrundlage der Beseitigungsverfügung ist § 80 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

34

1. Der Anwendungsbereich der Landesbauordnung ist nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V ausgeschlossen. Danach gilt die Landesbauordnung nicht für Schiffe und andere schwimmende Anlagen in Häfen, für die wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen sind, ausgenommen schwimmende Häuser. Diese Regelung greift vorliegend nicht ein.

35

Bei der sog. Holzkogge handelt es nicht um ein schwimmendes Haus, weil dies eine bauliche Anlage voraussetzen würde, die nicht zur Fortbewegung geeignet und bestimmt ist, sondern ausschließlich einer ortsfesten Nutzung auf dem Wasser dient.

36

Die Ausnahme des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V vom Anwendungsbereich der Landesbauordnung für Schiffe und andere schwimmende Anlagen in Häfen, für die wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen sind, greift jedoch mangels Vorliegens dieser Voraussetzungen nicht ein.

37

Die Ausnahme betrifft gerade solche Schiffe oder schwimmenden Anlagen, die ortsfest genutzt werden. Denn Schiffe, die dem See- oder Wasserverkehr dienen, wurden schon immer von der Landesbauordnung nicht erfasst (vgl. zu der entsprechenden Vorschrift in Schleswig-Holstein Domning/Müller/Suttkus Landesbauordnung Schleswig-Holstein Stand 10/2007 § 1 Rn. 43). Auch die Begründung des Gesetzentwurfs zur Landesbauordnung in der Fassung vom 18.04.2006 (GVOBl. M-V S. 102), in die erstmals die Rückausnahme für schwimmende Häuser aufgenommen wurde, geht davon aus, dass die Ausnahme des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V Schiffe betrifft, die dazu bestimmt sind, überwiegend ortsfest benutzt zu werden (LT-Drucks. 4/1810 S. 96). Entgegen der Auffassung der Beklagten kann deshalb die in § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V vorgesehene Rückausnahme für schwimmende Häuser nicht als Argument dafür herangezogen werden, dass die Landesbauordnung immer dann gelten soll, wenn es um ortsfeste Nutzungen geht und nicht um Schiffe als Verkehrsmittel.

38

Es sprechen jedoch erhebliche Gründe dafür, dass die sog. Holzkogge nicht in einem Hafen i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V liegt.

39

Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist Hafen ein meist ausgebauter Liegeplatz für Schiffe in geschützter Lage. Rechtlich kann als Hafen ein Gewässerteil verstanden werden, der sich von den angrenzenden Gewässerteilen dadurch abhebt, dass er durch seine natürliche oder künstliche Ausgestaltung den sich dort aufhaltenden Wasserfahrzeugen gesteigerten Schutz gewährt (vgl. BGH U. v. 06.12.1984 - III ZR 147/83 - BGHZ 93, 113 = Juris Rn. 32 mwN, zum Bundeswasserstraßengesetz). Vorliegend bestehen bereits auf der Grundlage dieser Begriffsbestimmung erhebliche Zweifel, ob ein Hafen vorliegt. Denn die Nutzung als Liegeplatz für Schiffe betrifft nicht die gesamte Schlossbucht als denjenigen Gewässerteil, der potentiell durch seine natürliche Ausgestaltung sich dort aufhaltenden Wasserfahrzeugen gesteigerten Schutz gewähren kann, sondern nur einen Teil dieses Bereichs. Nicht jede Anlegestelle in irgendeinem Teil der - entsprechenden natürlichen Schutz bietenden - Bucht eines Gewässers dürfte aber ein (Natur-)Hafen sein. Ebenso wenig dürfte jede solche Bucht insgesamt als Hafen angesehen werden können.

40

Sinn und Zweck der Vorschrift unter Rückgriff auf die Begründung des Gesetzentwurfs sprechen ferner dafür, dass ein Hafen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V nur ein ausdrücklich durch behördliche Entscheidung genehmigter oder gewidmeter Hafen ist (vgl. Domning/Müller/Suttkus aaO Rn. 40 mwN).

41

Die Begründung des Gesetzentwurfs zu der erstmals in der Landesbauordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.05.1998 (GVOBl. M-V S. 468) enthaltenen Vorschrift, in der die Rückausnahme für schwimmende Häuser noch nicht enthalten war, spricht von „vom Wasserverkehrsrecht erfassten Häfen“ und nimmt nach den weiteren Erläuterungen auf das Wasserverkehrsrecht des Landes mit seinen spezifischen Regelungen für Häfen Bezug (LT-Drucks. 2/3272). Ausdrücklich genannt wird § 8 Abs. 1 Wasserverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. März 1993 (GVOBl. M-V S. 155) (heute: § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Nutzung der Gewässer für den Verkehr und die Sicherheit in den Häfen - Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz - WVHaSiG M-V - vom 10.07.2008, GVOBl. M-V S. 296, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.05.2011, GVOBl. M-V S. 323). Diese Vorschrift regelt die Pflichten des Betreibers eines Hafens. Ferner wird in der Begründung des Gesetzentwurfs die Zuständigkeit der Hafenbehörde angesprochen, die sich aktuell aus § 3 Hafenverordnung vom 17.05.2006 (GVOBl. S. 355 - HafenVO) ergibt. Nach § 1 Abs. 3 HafenVO umfasst das Gebiet eines Hafens die Land- und Wasserflächen innerhalb der gekennzeichneten und öffentlich bekannt gemachten Hafengrenzen (Satz 1); die Grenzen des Hafengebietes und Änderungen dieser Grenzen sind von den Hafenbehörden zu kennzeichnen und bekannt zu machen (Satz 2). Die §§ 6 ff. HafenVO regeln sodann bestimmte Aspekte des Verhaltens im Hafengebiet und der Benutzung der Hafenanlagen. Die Einzelheiten kann die Hafenbehörde durch allgemeine Anordnungen (Hafennutzungsordnungen) oder durch Einzelverfügung regeln.

42

Die Errichtung und der Betrieb eines Hafens im Sinne des Wasserverkehrsrechts bedürfen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 WVHaSiG M-V der Genehmigung. Dies spricht dafür, dass die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V nach dieser Vorschrift genehmigte Häfen im Blick hat, bzw. solche, die nach den Vorschriften des Bundeswasserstraßengesetzes genehmigt oder gewidmet sind. Hierfür spricht auch der Zweck der Regelung, eine Abgrenzung der Anwendungsbereiche verschiedener Gesetze und der Zuständigkeiten verschiedener Behörden zu erreichen. Dies verlangt eine leichte Erkennbarkeit der Zuordnung und Handhabbarkeit der Abgrenzungskriterien. Ohne eine behördliche Entscheidung über die Errichtung bzw. den Betrieb eines Hafens einschließlich der Abgrenzung des Hafengebietes wäre dies nicht gewährleistet.

43

Jedenfalls ist vorliegend die weitere Voraussetzung des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V nicht erfüllt, dass wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen sind. Zweck der Vorschrift ist, ein rechtliches Doppelregime für Anlagen in Häfen zu vermeiden. Bestehen diesbezüglich wasserverkehrsrechtliche Regelungen, so soll die Landesbauordnung keine Anwendung finden. Gemeint sind also zunächst wasserverkehrsrechtliche Regelungen, die nicht allgemein alle Gewässer betreffen, sondern spezifische Regelungen, die gerade das Gebiet des Hafens betreffen. Soweit vertreten wird, jeder Naturhafen sei immer auch gleichzeitig im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V ein solcher, für den wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen sind, weil auf allen Gewässern wasserverkehrsrechtliche Vorschriften entweder des Wasserverkehrsgesetzes des Landes M-V oder des Bundeswasserstraßengesetzes gälten (so Erbguth/Schubert, BauR 2006, 454, 457), trifft dies nicht zu. Die Vorschrift würde damit so verstanden, als ob sie eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der Landesbauordnung für Schiffe und andere schwimmende Anlagen auf Gewässern regeln würde. Sowohl der Begriff des Hafens als auch der der wasserverkehrsrechtlichen Regelungen wären dann überflüssig. Bereits nach dem Wortlaut kommt dieses Verständnis daher nicht in Betracht. Der Vorschrift würde ferner eine Reichweite zugeschrieben, die ihr nach der Gesetzesbegründung nicht zukommen soll. Denn dort heißt es ausdrücklich: „Schiffe und schwimmende Anlagen ..., die außerhalb eines solchen Hafens überwiegend ortsfest benutzt werden, bleiben im Geltungsbereich der Landesbauordnung ...“ (LT-Drucks. 2/3272, S. 35).

44

Nach Auffassung des Senats setzt § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBauO M-V ferner Regelungen voraus, die sich - gewissermaßen konkurrierend mit den Vorschriften der Landesbauordnung - mit der Frage der Zulässigkeit ortsfester Anlagen überhaupt befassen. Dies ist hier nicht der Fall. Hafenspezifische wasserverkehrsrechtliche Regelungen nach dem Bundeswasserstraßenrecht gelten für den fraglichen Bereich nicht. Allerdings ist die Schlossbucht des Schweriner Sees Teil einer Bundeswasserstraße (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 WaStrG iVm Anlage 1 Nr. 35: „Müritz-Elde-Wasserstraße [Mecklenburgische Oberseen (Müritz, Kölpinsee, Fleesensee, Malchower See, Petersdorfer See, Plauer See), Elde-Seitenkanal] mit Verbindungskanal Elde-Dreieck, Stör-Wasserstraße [Schweriner See, Störkanal] nebst Ziegelsee“). Das Bundeswasserstraßengesetz enthält jedoch keine allgemeinen hafenspezifischen wasserverkehrsrechtlichen Regelungen. Für die Schlossbucht des Schweriner Sees ist auch keine Genehmigung für einen Hafen erteilt worden. Die Antragstellerin hat lediglich eine strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung des Wasser- und Schifffahrtsamtes Lauenburg für eine Anlegestelle für Fahrgastschiffe in Gestalt einer Steganlage mit fünf Anlegestegen erhalten.

45

Was die landesrechtlichen Vorschriften des Wasserverkehrsrechts angeht, gilt das Gesetz über die Nutzung der Gewässer für den Verkehr und die Sicherheit in den Häfen (Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz - WVHaSiG M-V) vom 10.07.2008 für Gewässer im Land Mecklenburg-Vorpommern nur, soweit diese keine Bundeswasserstraßen im Sinne des Bundeswasserstraßengesetzes sind, § 1 Nr. 1 WVHaSiG M-V; für Anlege- und Umschlagstellen und für Häfen und deren Zufahrten gilt es nur, soweit diese nicht der Unterhaltung nach dem Bundeswasserstraßengesetz unterliegen, § 1 Nr. 2 WVHaSiG M-V. Spezifische Regelungen über die Zulässigkeit von Anlagen der hier in Rede stehenden Art enthalten die Vorschriften nicht. Regelungen der Hafenbehörde über die Benutzung eines Hafengebietes und von Hafenanlagen, wie § 8 HafenVO M-V sie vorsieht, liegen nicht vor.

46

Nichts anderes folgt für den konkreten Fall aus dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben vom 16.06.2014, in dem die Beklagte sich – lediglich abstrakt – als Hafenbehörde bezeichnet.

47

2. Bei der sog. Holzkogge handelt es sich um eine bauliche Anlage i.S.d. § 2 Abs. 1 LBauO M-V. Allerdings sind ortsfest benutzte Schiffe in der konkreten Auflistung des § 2 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V - anders als z.B. in § 2 Abs. 1 Satz 2 LBauO Rheinland-Pfalz - nicht ausdrücklich genannt. Jedoch sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V erfüllt. Danach sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen; eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Vorliegend ist die Holzkogge aus Bauprodukten hergestellt; sie ist über die Befestigung an dem im Erdboden gegründeten Anlegesteg (Vertäuung) mit dem Erdboden verbunden und im übrigen dazu bestimmt überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Entsprechend hat das hiesige Gericht bereits in einem naturschutzrechtlichen Verfahren ein nur in den Sommermonaten ortsfest genutztes Hausboot als bauliche Anlage beurteilt (OVG Greifswald B. v. 26.04.2001 - 1 M 107/00 - Juris Rn. 7). Ebenso ist in der Rechtsprechung ein Fahrgastschiff, das ortsfest an einem Landungssteg liegt und als Gaststätte benutzt wird, als bauliche Anlage angesehen worden (VGH Kassel B. v. 14.04.1986 - 4 TH 449/86 - BRS 46 Nr. 130 = Juris Rn. 27 mwN; zustimmend Heintz in Gädtke ua BauO NRW 11. Aufl. 2008 § 2 Rn. 53; vgl. a. Dürr/Sauthoff Baurecht M-V 2006 Rn. 867), ferner ein Ponton mit Aufbauten, die einem Wohnhaus bzw. Ferienhaus entsprechen (vgl. VG Schleswig U. v. 30.04.2012 - 8 A 45/11 - NordÖR 2012, 454 = Juris Rn. 35 ff.).

48

3. Die Anlage widerspricht öffentlich-rechtlichen Vorschriften zunächst deshalb, weil sie formell illegal ist, d.h. es an der erforderlichen Baugenehmigung fehlt. Auf diesen Gesichtspunkt hat die Beklagte die Beseitigungsanordnung im Widerspruchsbescheid -jedenfalls auch - gestützt. Die Errichtung der Anlage bedarf gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V der Baugenehmigung, wenn in den §§ 60 bis 62, 76 und 77 nichts anderes bestimmt ist. Dies ist hier der Fall.

49

§ 60 Abs. 1 Nr. 1 LBauO M-V ist nicht einschlägig. Danach bedürfen nach wasserrechtlichen Rechtsvorschriften zulassungsbedürftige Anlagen, die dem Ausbau, der Unterhaltung oder der Nutzung eines Gewässers dienen oder als solche gelten, ausgenommen Gebäude, die Sonderbauten sind, keiner Baugenehmigung. Um eine die Erlaubnispflicht gemäß § 8 Abs. 1 WHG auslösende Benutzung im Sinne des Wasserrechts geht es vorliegend nicht. Einer der Fälle des § 9 WHG liegt nicht vor. Insbesondere handelt es sich nicht um ein „Einbringen von Stoffen in Gewässer“ gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG (vgl. VGH Mannheim U. v. 21.10.1971 - II 260/68 - Kurztext in Juris - zum Festlegen von Wohnbooten; vgl. Czychowski/Reinhardt WHG 11. Aufl. 2014 §§ 9 Rn. 31; Kotulla WHG 2. Aufl. 2011 § 9 Rn. 18 mwN; Berendes u.a. WHG § 9 Rn. 35 ff., 43; Breuer Öffentliches und privates Wasserrecht 3. Aufl. 2004 Rn. 223; a.A. Knopp in Sieder u.a. WHG Stand 01.09.2014 § 9 Rn. 39). Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 LWaG M-V sind ebenfalls nicht erfüllt. § 82 LWaG betrifft nur die Errichtung wasserrechtlich zulassungsfreier baulicher Anlagen und regelt lediglich eine Anzeigepflicht.

50

Auch ein Fall der Verfahrensfreiheit nach § 61 LBauO M-V ist nicht gegeben. An und in Gewässern sind lediglich Stege ohne Aufbauten verfahrensfrei gestellt, § 61 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. f LBauO M-V; im Übrigen ist in § 61 Abs. 1 Nr. 9 LBauO M-V nur von „Anlagen in Gärten und zur Freizeitgestaltung“ die Rede.

51

4. Die Anlage widerspricht weiterhin öffentlich-rechtlichen Vorschriften des (materiellen) Denkmalschutzrechts.

52

a) Öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 80 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V sind auch solche des Denkmalschutzrechts. Eine Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörde besteht für den Vollzug der Landesbauordnung sowie anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften für (u.a.) die Errichtung und Nutzung von Anlagen, „soweit nichts anderes bestimmt ist“, § 57 Abs. 2 Satz 1 LBauO M-V. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V haben die Bauaufsichtsbehörden u.a. bei der Errichtung und Nutzung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Danach kann ein bauordnungsbehördliches Einschreiten auch auf einen Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften gestützt werden, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind (vgl. § 64 Satz 1 Nr. 3 LBauO M-V). Dies ist bei den Vorschriften des Denkmalschutzrechts der Fall, die gemäß § 7 Abs. 6 DSchG M-V im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind.

53

b) Das Vorhaben verstößt gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DSchG M-V. Danach bedarf der Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde, wer in der Umgebung von Denkmalen Maßnahmen durchführen will, wenn hierdurch das Erscheinungsbild oder die Substanz des Denkmals erheblich beeinträchtigt wird. Ist die Maßnahme baugenehmigungspflichtig, so ersetzt die Baugenehmigung die denkmalschutzrechtliche Genehmigung, § 7 Abs. 6 Satz 1 DSchG M-V; sie bedarf des Einvernehmens des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde, § 7 Abs. 6 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 1 DSchG M-V. Die Genehmigung kann gem. § 7 Abs. 4 DSchG M-V versagt werden, wenn und soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen. Dies ist hier der Fall.

54

Die streitgegenständliche sog. Holzkogge führt zu einer gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DSchG M-V unter dem Gesichtspunkt des Umgebungsschutzes relevanten erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals „Schweriner Schloss“, der gemäß § 7 Abs. 4 DSchG M-V gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstehen. Gemäß § 2 Abs. 1 DSchG M-V sind Denkmale Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, geschichtliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen. Maßgeblich ist das Urteil eines sachverständigen Betrachters, wobei das entsprechende Fachwissen durch das Landesamt für Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde vermittelt wird (vgl. OVG Lüneburg U. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 - NuR 2013, 47, 52). Soweit es um den Schutz des Erscheinungsbildes des Denkmals mit Blick auf Maßnahmen in seiner Umgebung geht, muss die Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung für das Denkmal von Bedeutung sein (vgl. OVG Berlin-Brandenburg B. v. 28.09.2012 - OVG 10 S 21.12 - BRS 79 Nr. 214 = Juris Rn. 9; OVG Lüneburg U. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 - NuR 2013, 47, 52; OVG Münster U. v. 08.03.2012 - 10 A 2037/11 - NWVBl 2012, 381 = Juris Rn. 68). Allein dass der Anblick des Denkmals als Objekt aus irgendeiner Perspektive nur noch eingeschränkt möglich ist oder dieses nur noch zusammen mit einer veränderten Umgebung wahrgenommen werden kann, reicht nicht aus. Der Umgebungsschutz eines Denkmals verlangt nicht, dass sich neue Vorhaben in der Umgebung eines Denkmals völlig an dieses anpassen müssten oder anderenfalls zu unterbleiben hätten. Sie müssen sich aber in dem Sinne an dem Denkmal messen lassen, dass sie es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen oder es an der gebotenen Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten fehlen lassen dürften (vgl. OVG Hamburg B. v. 22.10.2013 – 2 Bs 283/13 – DVBl. 2014, 115 = Juris Rn. 5; VGH München U. v. 25.06.2013 - 22 B 11.701 - Juris Rn. 32; OVG Berlin-Brandenburg B. v. 28.09.2012 – OVG 10 S 21/12 – BRS 79 Nr. 214 = Juris Rn. 8; OVG Lüneburg U. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 - NuR 2013, 47, 51f).

55

Das Schweriner Schloss ist ein Denkmal von herausragender Bedeutung. Für seinen Denkmalwert sind auch städtebauliche Gründe maßgeblich. Das Schloss ist Kern des Residenzensembles Schwerin, das mit Beschluss der Kultusminister der Länder vom 12.06.2014 auf die deutsche Vorschlagsliste für das UNESCO-Weltkulturerbe (sog. tentative list) gesetzt worden ist. In der Begründung hierzu heißt es, das Residenzensemble Schwerin bilde in Gesamtbild und Erhaltung ein herausragendes Bespiel für die letzte Blüte höfischer Kultur im 19. Jahrhundert und stehe beispielhaft für die Repräsentation deutscher Kleinstaaten. Zu dem Residenzensemble gehören danach u.a. auch der Schlossgarten, das Hoftheater und das Museum am Alten Garten als Residenzplatz, der Marstall und die Villen an der Werderstraße im Bereich zwischen Marstall und Theater. Die Begründung der Weltkulturerbe-Bewerbung führt insoweit weiter aus, das Schloss reagiere mit seinen Fassaden als allansichtige Architektur auf das Umfeld und vermittele architektonisch zwischen Residenzstadt und Naturraum. Die Umgebung sei im 19. Jahrhundert durch Wege entlang der Ufer so erschlossen worden, dass sich ähnlich Landschaftsgemälden immer neue pittoreske Ausblicke auf das Schloss als Herrschaftszentrum ergäben. Das stadtseitige Seeufer mit Altem Garten und Marstall sei durch Staatsbauten, vornehme Villen und Promenaden auf das Wasser orientiert worden. Diese im 19. Jahrhundert geschaffene einzigartige Situation sei bis heute nacherlebbar und unterstreiche den romantischen Charakter des Ensembles. Die Verbindung aus Architektur, Natur und Wasser sei in dieser Qualität einmalig in Europa und in der Welt.

56

Die sog. Holzkogge der Klägerin führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Umgebungsschutzes des Schlosses, und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes stehen deren Verbleib am Anleger entgegen, weil sie die Sichtbarkeit des Schlosses von der Uferpromenade und die Sichtbeziehungen vom Schloss zu anderen Denkmalen des Residenzensembles, insbesondere dem Marstall beeinträchtigt. Der Senat hat bei der Beweisaufnahme durch Augenschein insbesondere festgestellt, dass von der - etwa einen Meter tiefer als die Straße gelegenen - Anlegestelle im Bereich des Steges Nr. 3/4 die Schlossinsel und das Schloss teilweise von der sog. Holzkogge und deren Aufbauten verdeckt werden. Anders als von dem Steg Nr. 5/6 aus waren die Gartenanlagen auf der Schlossinsel mit einem Rosenpavillon, der Bastion mit einem steinernen Pavillon sowie eine in das Wasser gebaute Grotte aus Feldsteinen nicht zu erkennen. Der Senat hat ferner festgestellt, dass vom Marstall her entlang der Uferpromenade kommend die Sicht auf das Schloss durch die Aufbauten der sog. Holzkogge mit Planen, die ein nicht begehbares Deck umschließen, und deren Masten einschließlich der sog. Krähennester beeinträchtigt ist. Die Aufbauten verdecken teilweise die Renaissance-Kapelle am Schloss, der – wie in der Begründung der Weltkulturerbe-Bewerbung näher ausgeführt ist – eine besondere kulturhistorische Bedeutung zukommt. Die Querstreben der Masten sind auf der Höhe der Wimperge der Kapelle zu sehen. Dabei stellt die Wegstrecke vom Marstall kommend nach den Erläuterungen der Vertreterin des Beigeladenen eine bedeutsame Wegeverbindung zum Schloss hin dar, die deshalb auch für die Sichtbarkeit des Schlosses und der Schlossinsel insgesamt von entsprechender Bedeutung ist.

57

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass an der Anlegestelle stets auch andere Fahrgastschiffe in der Sichtachse zum Schloss lägen, begründen diese keine vergleichbare Beeinträchtigung der Sichtbeziehungen. Fahrgastschiffe, die auch als solche genutzt werden, liegen nur zeitweise am Anleger und sind im Übrigen in Bewegung. Fahrende Schiffe gehören optisch zum See; historisch wird auch eine Fahrgastschifffahrt auf dem See und konkret im Bereich der Schlossbucht bereits seit dem 19. Jahrhundert betrieben. Hinzu kommt die besondere optische Dominanz der sog. Holzkogge durch ihre Höhe und die spezielle Art der Aufbauten. Auch ein etwaiger Verbleib des sog. Büroschiffes, hinsichtlich dessen das Verwaltungsgericht die Beseitigungsverfügung der Beklagten aufgehoben hat, und gegen das die Beklagte zwischenzeitlich nicht erneut eingeschritten ist, lässt die Schutzwürdigkeit des Schlosses gegen die (zusätzliche) Störung von Sichtbeziehungen durch ein (weiteres) ortsfestes Schiff – zumal ein optisch besonders dominantes - nicht entfallen. Was das am Ufer vorhandene und mit Zustimmung des Beigeladenen errichtete Gebäude des Restaurant „D.“ angeht, gilt Entsprechendes. Erst recht kommt es auf naturgemäß vorübergehende Blickbeeinträchtigungen durch Bauarbeiten am Schloss nicht an. Der Baumbestand auf der Schlossinsel gehört zu der historischen Anlage, so dass der Umstand, dass auch dieser die Fassade des Schlosses teilweise verdeckt, nicht als Argument gegen die Schutzwürdigkeit von Ansichten und Sichtbeziehungen angeführt werden kann. Soweit die Klägerin zu dem neu errichteten IHK-Gebäude vorträgt, liegt dieses weiter westlich an der Graf-Schack-Allee und damit nicht im Bereich des Residenzensembles.

58

Hinzu kommt nach den Erläuterungen der Vertreterin des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung eine Beeinträchtigung des Umgebungsschutzes des Schweriner Schlosses unter einem strukturellen bzw. funktionellen Aspekt, nämlich weil es sich bei der sog. Holzkogge historisch um einen Fremdkörper handelt, d.h. ein Element, das in den historischen Kontext nicht hineingehört. Eine Kogge ging historisch auf „große Fahrt“ und befuhr nicht einen Binnensee; entsprechende Dreimaster – im Übrigen mit nur einem statt wie hier drei sog. Krähennestern – sind dem 17./18. Jahrhundert zuzuordnen und nicht dem 19. Jahrhundert, in dem die Denkmale des Residenzensembles Schwerin entstanden sind.

59

5. Ob das Vorhaben auch gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften des (materiellen) Bauplanungsrechts verstößt, kann letztlich offen bleiben.

60

a) Ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor. Die für den Vorhabenbegriff erforderliche bodenrechtliche Relevanz der streitigen Anlage ist zu bejahen. Sie kann die Belange von Freizeit und Erholung berühren (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), ferner die Belange des Denkmalschutzes und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) sowie die Belange des Umweltschutzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 BauGB). Soweit die bodenrechtliche Relevanz auch die Möglichkeit einer kommunalen Planung voraussetzt, ist diese zu bejahen. Eine kommunale Planung kann auch Wasserflächen einbeziehen, § 5 Abs. 2 Nr. 7 sowie § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB. Auch soweit es sich dabei um Bundeswasserstraßen handelt, ist dies nicht auf Grund des fachplanungsrechtlichen Vorrangs des Bundeswasserstraßenrechts ausgeschlossen. § 13 Abs. 3 WaStrG regelt - ebenso wie § 16 Abs. 3 Satz 3 FStrG - lediglich einen Vorrang der Bundesplanung vor der Ortsplanung. Durch die kommunale Planung dürfen also lediglich keine Widersprüche zu der besonderen Zweckbestimmung der dem Bundeswasserstraßenrecht unterliegenden Flächen entstehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg U. v. 20.09.2006 - 2 A 10.05 - Juris Rn. 41; OVG Schleswig U. v. 01.04.2004 - 1 KN 17/03 - NordÖR 2004, 488 = Juris Rn. 34 sowie U. v. 25.06.1993 - 1 L 129/91 - Juris Rn. 45; VG Schleswig U. v. 30.04.2012 - 8 A 45/11 - NordÖR 2012, 454 = Juris Rn. 52 ff. mwN). Diese Auffassung zum Verhältnis von Fachplanung und Ortsplanung entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 11 = Juris Rn. 27 ff.). Die gegenteilige Aussage in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.07.1974 - IV C 76.71 (DÖV 1974, 814 = Juris Rn. 28) beruhte wohl auf einer früheren Gesetzeslage und ist überholt (vgl. ausführlich VG Schleswig U. v. 30.04.2012 - 8 A 45/11 - aaO Rn. 54 ff. mwN auch zur Gegenmeinung in Rn. 59; Söfker in Ernst ua BauGB § 9 Rn. 129; Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB § 9 Rn. 45; s. ferner OVG Schleswig U. v. 25.06.1993 - 1 L 129/91 - aaO).

61

b) Ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist, weil es sich um ein Vorhaben im Außenbereich handelt, das nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist und auch nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB im Einzelfall zugelassen werden kann, weil es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB, bzw. gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zum einen die natürliche Eigenart der Landschaft oder zum anderen Belange des Denkmalschutzes - im Sinne des Mindestmaßes an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz (vgl. BVerwG U. v. 21.04.2009 – 4 C 3/08 – BVerwGE 133, 347 = Juris Rn. 21; Roeser in Berliner Kommentar § 35 Rn. 75) – beeinträchtigt, bedarf danach keiner Entscheidung mehr. Entsprechendes gilt im Hinblick auf eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB. Auch wenn das Schiff nicht am Kopfende eines Steges angeordnet ist und dadurch in den Schweriner See hinausragt, sondern seitlich zwischen den Stegen liegt, dürften allerdings erhebliche Gründe dafür sprechen, dass das Vorhaben zumindest die unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lässt, weil die ortsfeste Nutzung zu gewerblichen Zwecken durch ihren Vorbildcharakter eine weitere Zersiedlung einleiten würde (vgl. BVerwG U. v. 19.04.2012 – 4 C 10.11 – NVwZ 2012, 570 = Juris Rn. 21 ff.). Im Übrigen dürfte das Vorhaben sich nach der Art der baulichen Nutzung in diesem Bereich auch nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, wenn der Bereich der Steganlagen noch als zum im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehörig zu beurteilen sein sollte.

62

6. Die Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat sich in Ausgangsbescheid und Widerspruchsbescheid mit den von der Klägerin geltend gemachten Belangen auseinandergesetzt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Behebung des rechtswidrigen Zustandes ist nach der Rechtsprechung des Senats im Sinne eines intendierten Ermessens geboten. Ein milderes Mittel als die Anordnung der Beseitigung ist nicht ersichtlich. Die sog. Holzkogge an einem anderen Steg festzulegen, würde die Sicht auf Schlossinsel und Schloss von anderen Standorten an der Uferpromenade - innerhalb des Residenzensembles - beeinträchtigen; die funktionelle Beeinträchtigung des Umgebungsschutzes des Schlosses bliebe dieselbe. Zudem könnte der Verstoß gegen Bauplanungsrecht dadurch nicht ausgeräumt werden.

63

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

64

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

65

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Mit der als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Frage, ob die mit der Eigentumsgarantie zu begründende Prüfung der Beeinträchtigung des dem jeweiligen Baudenkmal zustehenden Umgebungsschutzes an die durch den Inhalt der für die Unterschutzstellung gegebenen Begründung gesetzten Grenzen stößt, will die Klägerin wohl geklärt wissen, ob und in welchem Umfang die Beeinträchtigung eines Baudenkmals von den Gründen abhängt, die von der zuständigen Behörde für die Unterschutzstellung angeführt worden sind. Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie kein revisibles Recht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO betrifft. Ob eine Beeinträchtigung eines denkmalrechtlich geschützten Baudenkmals vorliegt, beurteilt sich hier nach § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG NRW (UA S. 22), an dessen Auslegung und Anwendung durch das Oberverwaltungsgericht der Senat gebunden ist (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Die Frage wird nicht dadurch zu einer solchen des revisiblen Rechts, dass die Klägerin einen Bezug zu Art. 14 GG herstellt. Das wäre nur dann der Fall, wenn - wie hier nicht - dargelegt wäre, dass diese Vorschrift selbst einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klärungsbedarf aufweist (vgl. Beschluss vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49).

3

Dem Gedanken, die Revision deshalb zuzulassen, weil die Basilika St. Gereon, um deren Schutz es der Klägerin geht, als eines der bedeutsamsten Baudenkmäler des mittelalterlichen Sakralbaus anzusehen ist, tritt der Senat nicht näher.

4

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Klägerin zeigt nicht auf, dass das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht. Sie legt nämlich nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der einem Rechtssatz aus den Entscheidungen des Senats vom 21. April 2009 - BVerwG 4 C 3.08 -(BVerwGE 133, 347) und 14. März 1990 - BVerwG 4 B 45.90 - (Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 7) widerspricht. Sollte das Oberverwaltungsgericht einen Rechtssatz des Senats fehlerhaft angewandt oder aus ihm nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen haben, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind, läge darin keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr).

5

3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

6

a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht dadurch einen Verfahrensfehler begangen, dass es aus den Äußerungen des Beigeladenen zu 2 nicht die Schlussfolgerungen gezogen hat, die die Klägerin für richtig hält. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist an die Stellungnahmen sachverständiger Stellen nicht gebunden, sondern im Gegenteil verpflichtet, deren Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Aussage-und Überzeugungskraft zu überprüfen (vgl. Urteil vom 20. Dezember 1963 BVerwG 7 C 103.62 - BVerwGE 17, 342 <343>). Dem entspricht es, dass das Gericht sich auch gegen die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens entscheiden darf. Freilich muss es das begründen (Beschluss vom 6. Juli 1999 BVerwG 5 B 93.99 - juris Rn. 3). Inwieweit eigene Sachkunde eingesetzt werden kann, liegt im gerichtlichen Ermessen. Woher das Gericht die eigene Sachkunde hat, muss es nicht stets in einer von den Parteien und vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise überzeugend nachweisen, sondern nur dann, wenn es einem Experten auf einem Sachgebiet nicht folgt, das durch Kompliziertheit und wissenschaftliche Bezogenheit gekennzeichnet ist (vgl. Beschluss vom 28. August 1995 - BVerwG 3 B 5.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 270). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, legt die Klägerin nicht dar.

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b) Das angefochtene Urteil leidet auch nicht unter einem Gehörsverstoß.

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Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, im Verfahren zu Wort zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist in der Regel davon auszugehen, dass das Gericht bei seiner Entscheidung dieser Pflicht genügt hat. Das Gericht ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), sondern darf sich auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Deshalb müssen, wenn ein Gehörsverstoß festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146> und 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.>). Solche Umstände sind hier nicht erkennbar. Denn das Oberverwaltungsgericht hat sich nicht nur beiläufig und oberflächlich, sondern eingehend und gewissenhaft mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Erscheinungsbild St. Gereons durch das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 beeinträchtigt wird (UA S. 25 Mitte bis 29 unten).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.