Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 18. Nov. 2008 - 2 O 61/07
Gericht
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21.03.2007 - 2. Kammer - wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
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Die Klägerin begehrt die Festsetzung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV der Anlage 1 des RVG in einem ausländerrechtlichen Gerichtsverfahren, welches sich nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis erledigt hat. Die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts hat den Antrag der Klägerin auf Festsetzung der Erledigungsgebühr abgelehnt; ihre Erinnerung hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 21.03.2007 zurückgewiesen.
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Die zulässige Beschwerde hat ebenfalls keinen Erfolg. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin steht die geltend gemachte Erledigungsgebühr nicht zu.
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Nach Nr. 1002 VV RVG entsteht die Erledigungsgebühr dann, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Letzteres ist hier zwar der Fall, da die Beklagte die Klägerin durch Erlass des bisher abgelehnten Verwaltungsaktes nach Klageerhebung klaglos gestellt hat und die Beteiligten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Eine Erledigungsgebühr entsteht aber nur dann, wenn der Rechtsanwalt bei der Erledigung der Rechtssache "mitgewirkt" hat. Satz 2 der Nr. 1002 VV RVG, wonach "das Gleiche" wie in Satz 1 der Nr. VV RVG für die Anfechtungssituation geregelte auch für den Verpflichtungsrechtsbehelf gilt, stellt klar, dass es auch bei letzterem auf die auf Erledigung gerichtete Mitwirkung des Anwalts ankommt (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 13/06 R -, juris Rn. 21).
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Für die anwaltliche Mitwirkung sind besondere Bemühungen mit dem Ziel einer Erledigung der Rechtssache ohne Sachentscheidung des Gerichts erforderlich, die über eine "normale", durch die Tätigkeitsgebühren abgegoltene Prozessführung hinausgehen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 01.09.2008 - 2 O 89/08 - sowie v. 26.08.1996 - 3 O 38/3 O 38/96 -, juris Rn. 7; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21.02.2006 - 2 O 223/05 -, juris Rn. 5). Grund hierfür ist, dass die Erledigungsgebühr eine Erfolgsgebühr ist und mithin die Entlastung des Gerichts und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um eine möglichst weitgehende Herstellung des Rechtsfriedens ohne gerichtliche Sachentscheidung honoriert. Die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen reicht mithin nicht aus (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 11.06.2007 - 2 OA 433/07 -, juris Rn. 7 m.w.N.). Dies gilt sowohl für die Erledigungserklärung eines Prozessbevollmächtigten (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 07.08.2007 - 2 O 70/06 -), als auch für die Klageerhebung und -begründung, ungeachtet dessen ob es sich um eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage handelt (vgl. ausführlich BSG, Urt. v. 07.11.2006 a.a.O. Rn. 21 ff.). Insofern kann auch allein die Erhebung und Begründung einer Untätigkeitsklage die Erledigungsgebühr nicht auslösen (VG Bremen, Beschl. v. 08.05.2008 - 8 E 1144/08 -, juris Rn. 17). Erforderlich ist auch im Verpflichtungsfall ein auf Erledigung der Rechtssache gerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwaltes, welches über die Rechtsbehelfs- oder Rechtsmitteleinlegung und -begründung hinausgeht (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 13/06 -, a.a.O.; ebenso vorhergehend LSG Bayern, Urt. v. 04.04.2006 - l 5 KR 251/05 -, juris Rn. 17 ff. unter Aufhebung des vorhergehenden Urt. d. SG München v. 09.08.2005 - S 47 KR 444/05 -, juris; BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 22/06 R -, zitiert nach juris; vorhergehend ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29.09.2005 - L 2 KR 43/05 - juris Rn. 15 ff. unter Aufhebung des vorgehenden Urt. d. SG Aachen v. 19.04.2005 - S 13 KR 15/05 -, juris). Die Klageerhebung ist auch keine auf unstreitige Erledigung, sondern auf Fortsetzung des Rechtsstreits durch Übergang des vorprozessualen in das prozessuale Verfahren gerichtete Handlung.
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Dies zugrunde gelegt, fehlt es im vorliegenden Fall an dem für eine Erledigungsgebühr erforderlichen auf unstreitige Beendigung des Rechtsstreits gerichteten "besonderen Bemühen" des Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Im Übrigen hat vorliegend auch nicht bereits die Klagebegründung zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes geführt, denn der Beklagte hat in der Klageerwiderung zunächst noch an seinem Standpunkt festgehalten und ist davon erst nach richterlichem Hinweis und nach Erfüllung der sodann von der Klägerin mit der Passvorlange durch den Beklagten verlangten weiteren Handlung abgewichen. Über die Klageerhebung und -begründung hinausgehende Handlungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die die Voraussetzungen einer anwaltlichen Mitwirkung an der Erledigung begründen könnten, etwa ein besonderes Einwirken auf die Klägerin hinsichtlich der vom Beklagten verlangten Vorlage von Passpapieren, sind hier nicht ersichtlich, zumal mit der Beschwerde auch nicht geltend gemacht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO, 11 Abs. 2 Satz 6 RVG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar, § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.
(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.
(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).
(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.
(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.