Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Jan. 2003 - 8 W 530/02

published on 21/01/2003 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Jan. 2003 - 8 W 530/02
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Tenor

ZPO § 91 Abs. 1, 2, BRAGO § 28

– Anwaltsreisekosten/Bankgeschäfte –

Auch nach Wegfall der Postulationsbeschränkungen hat eine Bank mit (Haupt-) Sitz außerhalb des Bezirks des Prozessgerichts in einem Rechtsstreit aus dem Bereich ihres Routinegeschäfts keinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltsreisekosten zur Terminswahrnehmung (Ergänzung des Senatsbeschl. vom 16.1.2003 – 8 W 414/02; Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung).

OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.1.2003 – 8 W 530/02

Gründe

 
Die – zulässige – Kostenbeschwerde der Klägerin gegen die Absetzung der geltend gemachten Anwaltsreisekosten im angegriffenen Festsetzungsbeschluss hat in der Sache keinen Erfolg.
1. a) Der Wegfall der Postulationsbeschränkungen hat zwar zur Folge, dass eine Partei, die nicht im Bezirk des Prozessgerichts ansässig ist, kostenrechtlich grundsätzlich befugt ist, einen Anwalt in ihrer Nähe mit der Prozessvertretung als Hauptbevollmächtigten zu beauftragen, und dass sie dann auch die Reisekosten des auswärtigen Anwalts zur Terminswahrnehmung regelmäßig erstattet verlangen kann. Dies ist nicht nur die Ansicht der von der Beschwerdeführer-Vertreterin zitierten Rechtsprechung; auch der Bundesgerichtshof hat sich – auf Rechtsbeschwerde – inzwischen in einer Leitsatzentscheidung auf diesen Rechtsstandpunkt gestellt (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02 – EBE/BGH 2002,398; bestätigt durch weiteren Leitsatz-Beschluss vom 12.12.2002 – I ZB 29/02 – Vorab-Info. bei "juris"). Dem hat sich der Senat angeschlossen (Beschluss vom 16.1.2003 – 8 W 414/02).
b) Diese Änderung des rechtlichen Ansatzes führt aber im vorliegenden Fall gleichwohl nicht zur Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Anwaltsreisekosten von Frankfurt nach Stuttgart in Höhe von 115,50 EUR. Vielmehr verbleibt es hier bei der bisherigen ständigen Senatsrechtsprechung (Beschluss vom 6.6.1983, Die Justiz 1983,340 = JurBüro 1983,1867), auf die die Rechtspflegerin zu Recht in Bezug genommen hat. Ob und inwieweit im übrigen die bisherige Rechtsprechung des Senats zur Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten bzw. von fiktiven Informationsreisen angesichts der veränderten Rechtslage und der BGH-Rechtsprechung einer Modifikation bedarf, ist hier nicht zu entscheiden.
Im vorliegenden Falle sind diese Reisekosten nicht "notwendig" im Sinne einer zweckmäßigen, am Gebot der Sparsamkeit orientierten Rechtsverfolgung. Die Klägerin ist eine (führende deutsche) Geschäftsbank, die ein für den Kauf einer Eigentumswohnung gewährtes Darlehen nach Kündigung zurückgefordert hat; der Beklagte hat im ersten Termin gegen sich Versäumnisurteil ergehen lassen. In einem solchen – rechtlich einfach gelagerten – Fall aus dem Bereich ihres Routinegeschäfts ist es der Klägerin, die nicht nur über eine Rechtsabteilung, sondern auch über sachkundige Fachabteilungen zur Kreditüberwachung verfügt, zuzumuten, einen Prozessanwalt am Ort des Gerichts schriftlich (und gegebenenfalls ergänzend telefonisch) zu beauftragen und über den Prozessstoff zu informieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht erforderlich.
Für solche Fälle hat der BGH (Beschl. v. 16.10.2002, Umdruck S. 13) in einer seine tragenden Gründe ergänzenden Erwägung ausdrücklich eine Ausnahme vom Grundsatz der Erstattungsfähigkeit von Anwaltsreisekosten angesprochen. Auch die Oberlandesgerichte, die im Ausgangspunkt auf der Linie der Rechtsposition der Beschwerdeführerin liegen, vertreten eine entsprechende Einschränkung, teils ausdrücklich (KG MDR 2001,473 = NJW-RR 2001,1002 = JurBüro 2001,257; OLG Köln JurBüro 2002, 425: OLG Bremen JurBüro 2001,532), teils in Gestalt allgemeiner Erwägungen (vgl. zB OLG Frankfurt MDR 2000, 1215 = JurBüro 2000,587; OLG Hamm MDR 2001,959 = JurBüro 2001,366). Bei allen Verschiedenheiten in den Begründungen besteht nach Einschätzung des Senats weitest gehende Übereinstimmung darin, dass in einem Fall der vorliegenden Art weder (fiktive) Informationsreisekosten der Partei noch Anwaltsreisekosten erstattungsfähig sind (vgl. zB auch OLG Brandenburg MDR 2001,1135 = JurBüro 2001,533; OLG Dresden JurBüro 2002,255; OLG Hamburg MDR 2001,294 = NJW-RR 2001,788; OLG Koblenz JurBüro 2002,202; OLG Karlsruhe MDR 2001, 293 = JurBüro 2001,201 = Die Justiz 2001,163; OLGRep 2002, 459; OLG München MDR 2001,773 = JurBüro 2001,422; OLG Zweibrücken MDR 2001,535 = JurBüro 2001,202).
2. Der Senat sieht angesichts der aufgeführten – im Ergebnis übereinstimmenden – Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und der Äußerung des BGH in seinem Beschluss vom 16.10.2002 keine Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr.2 ZPO, § 133 GVG nF.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

In Zivilsachen ist der Bundesgerichtshof zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Revision, der Sprungrevision, der Rechtsbeschwerde und der Sprungrechtsbeschwerde.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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Tenor ZPO § 91 Abs. 1, 2, BRAGO § 28 – Anwaltsreisekosten/Bankgeschäfte –
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Annotations

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

In Zivilsachen ist der Bundesgerichtshof zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Revision, der Sprungrevision, der Rechtsbeschwerde und der Sprungrechtsbeschwerde.