Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 09. Dez. 2010 - 6 WF 130/10

published on 09/12/2010 00:00
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 09. Dez. 2010 - 6 WF 130/10
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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 25. August 2010 – 39 F 328/09 UK PKH2 – insoweit aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – in Saarbrücken zurückverwiesen, als darin der Antragstellerin zu 1) Prozesskostenhilfe verweigert worden ist.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die Senatsentscheidung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht (BGH, Beschluss vom 3. November 2010 – XII ZB 197/10 –, juris, m.w.N.).

Die zulässige, allein von und im Namen der Antragstellerin zu 1) eingelegte sofortige Beschwerde hat einen vorläufigen Erfolg und führt, soweit der angefochtene Beschluss dem Senat mit jener Maßgabe zur Prüfung anfällt, zu dessen Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Der angefochtene Beschluss kann insoweit keinen Bestand haben. Er leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel; denn er enthält keine Begründung im Rechtssinne.

Der Begründungszwang als Bestandteil einer geordneten Rechtspflege verlangt, dass einer mit Rechtsmitteln anfechtbaren Entscheidung eine nachvollziehbare Begründung beigegeben wird, wobei eine nur floskelhafte Begründung einer fehlenden gleichsteht (OLG Frankfurt, Rpfleger 2010, 111; OLG Hamburg, MDR 2010, 1274).

Nur so ist gewährleistet, dass eine Partei, in deren Rechte eingegriffen oder deren Begehren abgelehnt wird, ihre Rechte sachgemäß wahrnehmen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 29. August 2006 – 6 UF 50/06 –; Beschluss des 2. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 13. Oktober 2006 – 2 UF 20/06 –, jeweils m.w.N.). Ein mit sofortiger Beschwerde angreifbarer Beschluss muss daher zumindest so weit mit einer Begründung versehen sein, dass die Parteien über die die Entscheidung tragenden Gründe in einer Weise unterrichtet werden, die es ihnen ermöglicht, die maßgebenden Erwägungen zu verstehen und nachzuvollziehen. Unbeschadet des auch für die Begründung von Beschlüssen geltenden Gebots der "bündigen Kürze" müssen die Entscheidungsgründe zumindest so präzise und ausführlich sein, dass den am Verfahren Beteiligten und auch dem Rechtsmittelgericht auf ihrer Grundlage eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist (Beschluss des 2. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 13. Juli 2007 – 2 W 122/07-14- –, OLGR 2007, 802, m.w.N.). Zudem verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen; dieses grundrechtsgleiche Recht ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung von Parteivorbringen nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG FamRZ 1992, 782; Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2010 – 6 W 233/10-6- –). Eine nicht oder nicht angemessen begründete gerichtliche Entscheidung kann – sofern das Gericht nicht durch Gesetz von einer Begründung freigestellt ist – auch das Willkürverbot verletzen; ob eine Entscheidungsbegründung angemessen ist, kann dabei nicht abstrakt bestimmt werden, sondern hängt von den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des Einzelfalls ab (vgl. BayVerfGH NJW 2005, 3771 m.w.N.).

An diesen Maßstäben gemessen genügen bei den vorliegend gegebenen Umständen weder die Begründung des angefochtenen Beschlusses noch die der Nichtabhilfe vom 29. November 2010, die sich in einer Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung erschöpft, den Anforderungen an eine Begründung im Rechtssinne.

Im angefochtenen Beschluss ist lediglich ausgeführt, dass der Antragsgegner ein bereinigtes Einkommen dargelegt habe, aus welchem er Kindesunterhalt in der titulierten Höhe zu leisten vermöge; für Unterhaltsleistungen an die Antragstellerin zu 1) sei er nicht leistungsfähig.

Diese nicht näher erläuterte, floskelhafte Begründung lässt bereits eine für die am Verfahren Beteiligten und den Senat nachvollziehbare Darstellung vermissen, von welchem Einkommen das Familiengericht ausgegangen ist, welche Abzüge davon es als unterhaltsrechtlich beachtlich angesehen hat und welchen unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt es dem Antragsgegner im Verhältnis zur Antragstellerin zu 1) zugebilligt hat. Dies zumindest knapp darzustellen war umso mehr geboten, als schon nach dem Sach- und Streitstand, wie er sich dem Familiengericht aktenersichtlich dargeboten hat, jedenfalls eine den Unterhalt für die Antragstellerin zu 1) bezügliche teilweise Leistungsfähigkeit des Antragsgegners vorliegt, womit sich das Familiengericht auseinanderzusetzen haben wird.

Denn der für das Fehlen seiner Leistungsfähigkeit darlegungs- und beweisbelastete (BGH FamRZ 1988, 930) Antragsgegner hat zwar einen Einkommensrückgang infolge des Wegfalls des kindbezogenen Familienzuschlags ab Januar 2009 auf 1.688,29 EUR behauptet. Diese Behauptung steht aber in Widerspruch zu der von der Antragstellerin zu 1) – zur Stützung ihres Vortrags, der Antragsgegner habe ein monatliches Nettoeinkommen von 1.873,12 EUR – vorgelegten Verdienstbescheinigung des Dienstherrn des Antragsgegners vom 21. Juli 2009. Aus dieser errechnet sich schon für die Zeit von Januar bis Juli 2009 ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von 1.842,49 EUR und ist außerdem ersichtlich, dass das Monatsentgelt des Antragsgegners – unter Außerachtlassung der sonstigen Leistungen – ab April 2009 gegenüber Dezember 2008 sogar gestiegen ist.

Ferner wird das Familiengericht zu beachten haben, dass die vom Antragsgegner geltend gemachten monatlichen Aufwendungen für ergänzende Altersvorsorge die – von Rechts wegen und daher auch ohne ein entsprechendes Bestreiten der Antragstellerin zu 1) zu beachtende – Grenze von 4 % seines monatlichen Bruttoeinkommens, bis zu der ihm solche Aufwendungen höchstens gutgebracht werden können (vgl. nur BGH FamRZ 2009, 1207 m.w.N.), deutlich übersteigen.

Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, dass der Antragsgegner zwar in der seinem Schriftsatz vom 8. Oktober 2009 als Anlage beigegebenen Unterhaltsberechnung – ersichtlich nach dem Computerprogramm von Gutdeutsch, Familienrechtliche Berechnungen – zu keinem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 1) mehr gelangt ist, in diesem Schriftsatz aber zugleich vorgetragen hat, dass aus dieser Berechnung ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 1) in Höhe von 30 EUR resultiere, der jedoch verwirkt sei.

Nach alledem ist die Sache wegen des wesentlichen Verfahrensfehlers unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen, soweit der Antragstellerin zu 1) darin Prozesskostenhilfe versagt wurde. Eine eigene Sachentscheidung erscheint dem Senat bei den gegebenen Umständen nicht sachdienlich, weil diesbezüglich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht weitere Feststellungen erforderlich sind und das Familiengericht – aus seiner Sicht folgerichtig – bisher die Frage der Kostenarmut der Antragstellerin zu 1), deren Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zudem vom 28. August 2009 datiert, nicht geprüft hat.

Der Kostenausspruch beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 574 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO).

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

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published on 03/11/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 197/10 vom 3. November 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 Ga, 85; FGG-RG Art. 111 a) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das
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published on 19/07/2012 00:00

Tenor 1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken vom 12. Juni 2012 - 2 F 407/11 AB - teilweise dahin abgeändert, dass der Antragsteller die gesamten Verfahrenskosten trägt.
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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.